3. Hallescher Ruderverein

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3. Hallescher Ruderverein
3. Hallescher Ruderverein „Böllberg“ von 1884 e.V.
Vorgeschichte der Vereinsgründung
Mitte 1884 gab es in Halle nach Dokumenten damaliger Zeitzeugen bis zu 13 Rudervereine,
von denen jedoch nur 3 als Amateur-Rudervereine von Bedeutung waren und von denen jeder
nur ein eigenes Renn- bzw. Sportboot besessen hat.
Trafalgar
Riemenvierer “Schwalbe”
Im Trafalgar-Bootsschuppen
neben dem „Saalschlößchen
in Trotha
Nelson
Gigvierer “Undine”
(als erstes eigenes Sportboot am 23.03.1883 gekauft,
dem 1884 der Rennvierer „Nelson“ folgte)
im Bootshaus gegenüber der Saalschloßbrauerei
auf der Peißnitz (damals „Nachtigalleninsel)
Germania
Riemenvierer “Vorwärts”
(für 600,-RM aus England beschafft)
im Bootshaus auf der Peißnitz, auf dem
Gelände des Rittergutsbesitzers Bartels
(später im HRV-Bootshaus)
Für diese drei Vereine bestanden fast gleiche Eigentumsverhältnisse und ihre Erfolge waren
bis dahin gleich Null.
Während einer gemeinsamen Bootsfahrt der Rudervereine nach Wettin gab es erste
Anregungen einer Fusion zu einem Verein, mit einem neuen Namen, dem Halleschen
Ruderverein. Dieser würde durch seine Synergieeffekte allen Beteiligten großen Vorteil
bringen und den halleschen Rudersport gegenüber den inzwischen sehr erstarkten
Konkurrenzvereinen stärken.
In einer späteren Beratung zeigten die beiden Vereine Germania und Trafalgar Interesse zu
einer Fusion unter den genannten Bedingungen, während Nelson es vorzog, auch fernerhin
separat zu bleiben.
In der Gründerversammlung am 5. Juli 1884 im halleschen „Krug zum grünen Kranze“
entstand dann der „Hallesche Ruderverein von 1884“, der bereits mit seiner Gründung dem
Deutschen Ruderverband beitrat.
Der Hallesche Ruderverein von 1884 wurde am 5. Juli 1884 im „Krug zum grünen Kranze“ gegründet.
31 Gründungsmitglieder (8 Aktive und 7 Passive von Trafalgar, 7 Aktive und 8 Passive von der Germania sowie ein
Ehrenmitglied) bildeten den ersten Bestand.
Am Gründungstag wurde auch der erste Vorstand gewählt: Franz Küstner1. Vorsitzender
A. KneffelInstrukteur, Carl Schwarz 2. Vorsitzender
Wilhelm DankwarthBootswart
Fr. Richter
Schriftführer
Rud. Ehrhardt Kassierer
Auf dem Privatgelände des Vereinsmitgliedes, dem Rittergutsbesitzer Bartels, auf der
Peißnitz, errichtete der HRV auf dem von der „Germania“ bisher genutzten Gelände zur
Unterbringung seiner beiden Boote, den Rennvierer „Vorwärts“ und den Übungsvierer
„Schwalbe“ als Vereinssitz diesen Holzbau.
Damit war der HRV der erste Ruderverein auf der Saale, der ein eigenes “Bootshaus“ hatte.
Am 12. April 1885 wurde
ein neues Boot, ein Zweiriemer-Dollen-Renngig, wie
dieses Boot damals
genannt wurde, auf den
Namen Bismarck getauft,
mit dem der erste auswärtige Start eines halleschen Rudervereins in
Leipzig erfolgte
(C. Schröder, W. Dank-warth,
R.Ehrhardt als Stm.).
Das erste Ruderheim des Halleschen Rudervereins von 1884 auf der Peißnitz
1885 übernahm Franz Richter den Vereinsvorsitz und hatte sofort die Erweiterung dieses
Bootshauses betrieben. Ein Anbau wurde zum Sommerfest 1886 feierlich übergeben, wo der
Gönner des Vereins, Rittergutsbesitzer Bartels, zum Ehrenmitglied ernannt wurde. Von ihm
wurde das Bauland zur Verfügung gestellt und weitere Unterstützung gegeben.
(1821 ging die Peißnitz wie auch das Vorwerk Gimritz mit Mühle durch hohe Verschuldung der Stadt Halle an den Giebichensteiner
Dömänenpächter Bartels über. 1887 verkaufte Herr Bartels das Landgut Gimritz nebst Insel wieder an die Stadt Halle für 1 105 600 Mark)
Das Anrudern 1886 wurde in Gemeinschaft mit dem Ruderclub Nelson veranstaltet.
In diesem Jahr errangen auf einer Weißenfelser Regatta die Mannschaft M. Nester, H. Berthold, Stm. R. Ehrhardt gegen den Magdeburger Ruderclub und dem Ruderclub Deutschland,
Leipzig, den ersten Auswärtssieg des Halleschen Rudervereins.
Das erste Jahrzehnt des Halleschen Ruder-Vereins war bald erreicht, da bildeten sich dunkle
Wolken am Himmel des Vereins. Nach Jahren friedlichen Einvernehmens traten Differenzen
auf und etwa 30 Herren trennten sich vom Verein und gründeten den Halleschen Ruder-Club.
Da diese nicht die schlechtesten waren, traf die Rennruderei ein schwerer Schlag.
Man schloß sich danach noch fester zusammen und neue Mitglieder brachten neues Leben in
den Verein.
Am 4. Dez. 1895 wurde von dem kleinen Verein der Beschluß gefasst, an gleicher Stelle des
alten Bootsschuppens auf der Peißnitz, unterhalb der Gimritzer Schleuse, ein neues Ruderhaus
zu errichten.
Am 16. August 1896 war der Bau, den Baumeister Schulze für 4.500 M errichtete, fertig und
konnte in feierlicher Weise seiner Bestimmung übergeben werden. (Das Bootshaus wurde später
von der Stadt für 8000 M gekauft und als Schüler-Bootshaus genutzt. Im Jahre 1931 wurde es abgerissen)
Um am Rudersport mehr Interesse zu wecken
und eine zentrale Organisation der Regatten zu
erreichen, gründete man 1904 den SaaleRegatta-Verein.
Das 25. Gründungsjahr nahte, in dem man auch
größere sportliche Erfolge verzeichnen wollte.
Dazu stellte man als erster Ruderverein einen
bezahlten Ruderlehrer ein. Herr Götz aus Berlin
war vom März bis Mai zwei Monate tätig, dann
ging das Geld aus. Jedoch im Jubiläumsjahr
1909 stellte man Ruderlehrer Eiser ein, was sich
dann auch mit Erfolgen in 6 Siegen auszahlte.
Nach Differenzen im Vorstand trat der damalige 2. Vorsitzende, Franz Joest, aus dem Verein
aus.
Am 2. und 3. Oktober 1909 wurden dann die
Feierlichkeiten zum 25jährigen Bestehen im
Stadtschützenhaus durchgeführt.
Das 1896 errichtete neue Bootshaus des
Halleschen Rudervereins v. 1884
Die durch Mißverständnisse eingetretenen Unstimmigkeiten mit dem Saale-Regatta-Verein
führten zum Wechsel in der Leitung. Der 1. Vorsitzende Bertram legte sein Amt nieder und
auf Wunsch sämtlicher Mitglieder wurde Herr Joest wieder als Mitglied geworben und
einstimmig am 16. Oktober 1909 zum 1. Vorsitzenden gewählt.
Mir seine Devise: Bewußt-Bedacht-Planmäßig-Zielsicher verstand er es, dem Verein nunmehr
eine bedeutende Wende zu geben.
Mit steigenden Mitgliederzahlen und weiteren Bootskäufen wurde das Bootshaus auf der
Peißnitz zu klein und man
fasste auf Betreiben von
Franz Joest am 5. Dez. 1910
den Beschluss, Land für ein
neues Bootshaus zu suchen.
Einstimmig war man der
Überzeugung, aus dem
„Gondelteichbetrieb“ an der
Peißnitz herauszu
kommen, weil dort ein
ordnungsgemäßes Training nicht möglich war.
Im Frühjahr 1911 schloss
man mit der Witwe Naumann, Böllberg 23, einen
Die beiden Bootshäuser lagen, getrennt durch den Mühlgraben,
Pachtvertrag für eine Wiese
nur etwa 200m voneinander getrennt, auf der Peißnitzinsel
für 150 M/Jahr und sicherte
sich die Vorkaufsrechte.
Derweil ging der Ruderbetrieb zielgerichtet weiter. Aus Bamberg kam zum Verein Oskar
Elsmann, der wohl einer der talentiertesten Ruderer von Halle war. Der HRV erstritt von
1911-1914 insgesamt 16 Siege, an denen allein Elsmann 13 mal im Einer und 3mal als
Schlagmann im Vierer beteiligt war (Oskar Elsmann ist im I. Weltkrieg gefallen).
Auf die gepachtete Wiese in Böllberg wurde durch Baumeister Lerche für 500 Mark ein
Bootsschuppen errichtet, zu dem bereits ab 11. Mai 1912 die Trainingsleute einzogen und hier
auf dem Saaleabschnitt außerhalb des Freizeitrummels im Stadtgebiet rudern konnten.
Die Gaststätte Kurzhals in Böllberg wurde als „Vereinslokal“ genutzt.
Vor dem Umzug des gesamten Vereins wurde in der Hauptversammlung am 8. Februar die
Namensänderung mit dem Zusatz Böllberg beschlossen und nach Genehmigung des
Deutschen Ruder-Verbandes als: Hallescher Ruder-Verein „Böllberg“von 1884 e.V., Halle
Saale, in das Vereinsregister eingetragen.
Am 17. Februar 1914 wurden für das über
5000m² große Grundstück und die zu
bebauende Fläche von 812m² die Grenzen
gezogen und am 24. Mai 1914 der erste
Spatenstich getan.
Ziel war die Fertigstellung zum 30jährigen
Stiftungsfest im November 1914 geplant.
Da brach am 2. August der I. Weltkrieg aus
und damit ruhten erstmal bis Oktober alle
Arbeiten.
Eine enorme Leistung war es, bei dem
durch Krieg entstandenen Mangel an
eigenen Kräften und besonders auch an
Handwerkern dennoch das Bootshaus am
11. September 1915 fertigzustellen.
Das Bootshaus in Böllberg war das einzige
in seiner Art und in seiner Zeit.
Sehr großen Anteil an dieser Leistung und der
enormen Entwicklung des HRV hatte Franz
Joest, der, selbst ein begeisterter Ruderer, 13
Jahre lang 1. Vorsitzender und bis zu seinem
Tode am 4.12.1938 Ehrenvorsitzender des
Halleschen Rudervereins Böllberg war.
Oben: Gedenkstein für gefallene Ruderkameraden
(am 22.11.1922 eingeweiht, Architekt Georg Schmidt)
Links: Eingangsbereich
Unter: Bootshaus von ehem. Festwiese aus
gesehen
(alle Fotos wurden von dem Fotobetrieb
Pieper zum 50. Vereinsjubiläum
angefertigt)
1926 wurde die Terrasse aufgestockt, weil diese trotz erheblich
aufgewendeter Reparaturkosten
nicht mehr dicht zu kriegen war.
Daraus entstand ein Gesellschaftszimmer.
Weihnachten 1926 wurde ein
Ruderbecken, das aus Eigenmitteln
selbsterbaut wurde, in Betrieb genommen.
Es war das erste Ruderbecken, das
ein hallescher Ruderverein besaß.
Obwohl das Bootshaus in Böllberg um 1915 von der Stadt Halle relativ weit entfernt lag, bot
es viele Vorteile für einen ungestörten Trainingsbetrieb.
Die Saale um die Burg Giebichenstein und um die Peißnitz war in der Hauptsaison von
Freizeitpaddlern, anderen Wassersportlern und Booten belegt. Es gab vielfach, teilweise
öffentlich ausgetragene Auseinandersetzungen. Die nahe beieinanderliegenden Wehre
erschwerten längere Trainingsfahrten.
In Böllberg gab es diese Probleme nicht. Die Saale war relativ unbefahren und man konnte
ohne Beeinträchtigung auf einer Strecke von über 10km trainieren.
Mit dem Anrudern beginnt in jedem Jahr der
kontinuierliche Trainingsbetrieb. Dabei werden
in der Regel die Aktiven zum Training verpflichtet und oft neuangeschaffte Boote getauft.
Die Trainingsverpflichtung legt jedem Aktiven
bestimmte festgelegte Verhaltensregeln auf, die
ein Optimum an Trainingsleistung und Wettkampfstärke sichern sollen.
Am 14. September 1916 wurde auf Betreiben des ersten Vorsitzenden Franz Joest einstimmig
beschlossen:
- die Gründung einer Kanu-Abteilung und Beitritt des Vereins zum Deutschen KanuVerband
und die
- Gründung einer Jugendabteilung und Beitritt des Vereins zum Jugendruderverband.
Die Gründung der Kanu- und Jugendabteilung brachte dem Verein in den schweren
Kriegsjahren wieder Mitglieder und fand allseitig begeisterte Aufnahme.
Im Jahre 1917 führte der HRV Böllberg
dann auch noch das Damenrudern ein,
obwohl Damenrudern als Wettkampfsport
vom Deutschen Ruder-Verband erst 1926
zugelassen wurde.
1919 wurde der Damenruderverband des
DRV gegründet.
Links: Skull-Damen-Achter des HRV Böllberg
Unten: Franz Büsching mit seinem Einer
Das Training begann 1923 unter guten Anzeichen.
Dem Ruderältesten Herrn Timpernagel und dem
Ruderlehrer Herrn Eckl stellten sich 30 Ruderer
zum Training.
Am Ende gab es auf offenen Regatten des Deutschen Ruder-Verbandes 11 Siege. 3 im Vierer
und 8 im Einer durch Franz Büsching jun.
Ein besonderes Ereignis war die
Teilnahme des Doppelzweiers
Franz Büsching/Max Hauer an
der Deutschen Meisterschaft
1924 in Frankfurt.
Vom späteren Meister, Germania
Frankfurt aus der Bahn gedrängt,
fuhren sie dennoch ein bemerkenswertes Rennen, das Franz
Joest in einem Sonderbeitrag des
Böllberger Vereinsboten 9/1924
würdigte.
Franz Büsching (Schlag) du Max Hauer nahmen teil an den Deutschen Rudermeisterschaften 1924 in Frankfurt a.M. und 1926 in
Hamburg
Die Kanuabteilung im HRV
Obwohl die kleinere Abteilung, war die Kanuabteilung die erfolgreichste Sparte im
Halleschen Ruderverein von 1884.
Von Franz Joest 1916 ins Leben gerufen, wurde sie 1921 von Otto Blankenstein
übernommen, der sie in den erfolgreichstem Jahr 1923 zum führenden Kanuverein ganz
Deutschlands entwickelte (von 10 Meisterschaften 7 Siege).
Siegreich begonnen hatte man mit der ersten Kanuregatta des Ober-Elbe und des Lausitzer
Kreises am 9. Sept. 1917, die dann bis 1921 als Kreismeisterschaften jährlich ausgetragen
wurden und für den HRV mit 10 Kreismeistertiteln so erfolgreich endeten:
1917: Einerkajak-Kreismeister:
Ernst Scheffler
Zweierkajak- Kreismeister: : Max Leibrich, Otto Schubert
1918: Einerkajak- Kreismeister:
Max Leibrich
Zweierkajak- Kreismeister:
Otto-& Paul Schubert
1919: Einerkajakl - Kreismeister:
Ernst Soheffler
Zweierkajak- Kreismeister:
Heinrich Stöcker, Herm. Schaaf
1920: Einerkajak- Kreismeister:
Ernst Scheffler
Zweierkajak- Kreismeister:
Ernst Scheffler, W.Ulrich
1921: Einerkajak- Kreismeister:
W. Ulrich
Zweierkajak- Kreismeister:
Ernst Scheffler, W. Grün.
1927 konnte der HRV an seine Flagge heften:
17 deutsche Meistertitel
und zwar:
6facher Deutscher Meister im Einerkajak
7facher Deutscher Meister im Doppelkajak
3facher Deutscher Kampfspielmeister
1 mal Deutscher Faltbootmeister
Links unten:
Paul Turich
Rechts:
Werner Feustel, Paul
Turich, Gerhard Geike
Erfolgreichste Sportler der Kanuabteilung waren:
Paul Turich: 10facher Deutscher Meister im Kajak, 56 Siege
Gerhard Geike: 5facher Deutscher Meister im Kajak 22 Siege
Wilhelm UlricH: 3facher Deutscher Meister im Kajak
und Deutscher Kampfspielmeister
Werner Feustel: Deutscher Meister im Doppelkajak 29 Siege
Ernst Scheffler: Deutscher Meister im Doppelkajak
Rudolf Weingärtner:
Deutscher Meister im Doppelkajak und
Deutscher Kampfspielmeister
Die Erfolgsserie von 140 Siegen endete, als das Boot von Paul
Turich zu den Meisterschaften in Potsdam ausgeschlossen wurde und
deshalb der HRV aus dem Deutschen Kanu-Verband austrat.
Im Jahre 1930 begann in sportlicher Hinsicht eine sehr erfolgreiche Zeit. Der Wanderruderlehrer des Deutschen Ruder-Verbandes, Bernhard Bach, wurde für ein Jahr verpflichtet.
Danach konnte der bekannte Amateurtrainer, ehemaliger Europameister (Gent, 1913 im
Achter) aus Frankfurt a.M., Werner Furthmann, der beruflich in Halle tätig war, als ehrenamtlicher Ruderlehrer gewonnen werden. Er brachte unseren Ruderern „die letzten
Feinheiten“ bei.
Dies alles sollte sich für den HRV auszahlen.
Oben: Werner Furthmann
Links: „Hauer-Vierer“ mit
Trainer Werner Furthmann, Max
Hauer, Heinz Tempel, Ruderältester Franz Büsching und Kurt
Hartick
Bemerkenswert die Erfolgsserie des 1. Senior-Vierers mit Franz Werner, Heinz Tempel, Kurt
Hartick und Max Hauer (Schlag) die 1931 dreimal im Vierer ohne und fünfmal im Vierer mit
Steuermann Bernhard Nilius erfolgreich waren . Ihre Überlegenheit war so groß, dass sie leider keine Gegner im mitteldeutschen Raum mehr fanden und einige Rennen, so auch beide
Hauptrennen der halleschen Regatta, ausfielen. Sie errangen bis 1932 achtzehn Siege.
Auch eine Achtermannschaft bildete sich heraus, die 1930 zwei Sieg errang.
Ruderelite des HRV
Böllberg von 1884
im Jahre 1931
Siegreicher Achter im Jahre 1930 in Neu-Ragoczy
„Max-Hauer-Vierer“ 1931 vor dem Wehr
Das Jahr 1934 sollte mit seiner Feier zum 50. Stiftungsfest ein festliches Jahr werden,die Feierlichkeiten wurden sehr gründlich durch eine Gesellschaftskommission unter Leitung
des neuen 1. Vorsitzenden, Otto Metz, der 1933 das Amt von Otto Blankenstein übernommen
hatte, vorbereitet. Viel Aufwand wurde vorher auch durch eine weitere Restaurierung des
Bootshauses betrieben.
In sportlicher Hinsicht war das Jahr des 50. Stiftungsfestes völlig ungenügend, denn es war
das einzige Jahr der Vereinsgeschichte ohne jeglichen Sieg.
Zu groß war die Lücke durch die Auflösung des in den letzten Jahren so erfolgreichen
„Hauer-Vierers“
Am 20. und 21. Oktober 1934 fand dann die Feier unter Teilnahme der Gründungsmitglieder
Wilhelm Dankwarth und Oskar Breitter, den „Groß-Böllbergern“ Franz Joest, Hans Mylius
und Otto Blankenstein sowie Dutzenden von Gästen befreundeter Vereine, der Staatsregierung, der Stadt und dem Deutschen Ruder-Verband statt.
In seiner Festrede erinnerte Franz Joest nochmals an die Erfolge des Vereins, den 275 Siegen,
wovon 131 auf den Ruder-Verband und 144 auf den Kanu-Verband entfielen.
Der Verein hatte hervorgebracht 126 Sieger im Rennrudern und 19 siegreiche Steuerleute.
An der Spitze steht Max Hauer mit 42 Siegen. Er ist obendrein der erfolgreichste Rennruderer
der Stadt Halle. An zweiter Stelle folgt Franz Büsching mit 28 Siegen, 3.Kurt Hartick mit 25-,
4. Franz Werner mit 21-, Heinz Tempel mit 16-, Oskar Elsmann mit 14-,und Otto Schubert
mit 10 Siegen.
Die hervorragenden Meister im Kanusport waren Paul Turich, Gerhard Geike, Rud. Weingärtner, Wilh. Ulrich, Ernst Scheffler, Max Leibrich, Werner Feustel und Otto Schubert.
Die 5. Dekade von 1924-1934 nach Otto Blankenstein benannt, war die erfolgreichst mit 51
Siegen.
Den nach dem Jubiläumsjahr wieder erreichten
sportlichen Aufschwung in den Jahren 1935 und
1936 verdanken wir vorrangig zwei Ruderern, H.
Fakiner und W. Oswald, die im Einer und Doppelzweier 7 Siege mit heimbrachten.
Der Vierer Schönauer, Barthold, Kowalka und
Blume mit dem jungen Steuermann Karl Hering jr.
siegte viermal.
Durch die für 1937 angedachten Regattameldungen fühlten sich H. Fakiner und W. Oswald
unterfordert und wechselten zum Halleschen Ruderclub, wo sie in den nächsten drei Jahren
sehr erfolgreich waren.
Vielleicht wegen rückgehender Siege bildeten die Ruderclubs der Nelsonen und
Böllberger 1938 eine Renngemeinschaft. Bis dahin
ruderten die halleschen
Ruderclubs im fairen
Wettkampf getrennt.
Lediglich gemeinsames
Anrudern (erstmals 1896)
führten beide Ruderclubs
gemeinsam durch.
Durch den Kriegsausbruch wurden keine Mitgliederversammlungen mehr durchgeführt und
der Vorstand (nach dem Tod von Otto Metz am 13.01.1939 wurde Kurt Heuermann 1. und Franz Büsching 2.
Vorsitzender) blieb deshalb in dieser Form bestehen.
Der Ruderbetrieb flachte in den Kriegsjahren sehr ab und wurde hauptsächlich von den
Jugendruderern wahrgenommen. Die letzte beschickte Regatta fand am 29.09 1940 in Leipzig
statt, wo der Verein nochmal einen Vierer- und einen Achtersieg einfuhr.
Damit hatte der Verein in seiner Geschichte bei offenen Ruderregatten insgesamt 162 Siege
errungen.
Das Bootshaus wurde im Krieg glücklicherweise nicht beschädigt. Da die Rudervereine aber
in der Nazizeit Mitglied des Nationalsozialistischen Reichsbundes für Leibesübungen war,
fielen sie unter das „Kontrollratsgesetz Nr. 2 zur Auflösung und Liquidierung von
Naziorganisationen vom 10. Oktober 1945“ der Alliierten und wurden verboten.
Das Vermögen und der Grundbesitz wurden eingezogen,- die Boote durch die Sowjets
abtransportiert. Das Bootshaus wurde zum Volkshaus umfunktioniert. Das Rudern verboten.
Wie es nach langem und vielseitigem Bemühen gelang, wieder in Halle zu rudern und wie
sich die Ruderer der halleschen Vereine zusammentaten um unter Auflagen am 19. Februar
1949 eine Sparte Rudern im demokratischen Sportverein ZSG KWU, Abt. Fichte, zu gründen,
wird im nächsten Kapitel beschrieben.