Das Männer-Magazin

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Das Männer-Magazin
Das Männer-Magazin
Quelle der Inspiration für die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG
Autor: U. Gellermann
Datum: 18. März 2013
Da hatte ich doch immer geglaubt, die Läden von BULGARI (fette Klunker),
LOUIS VUITTON (Taschen mit dem Logo-Futter nach außen) oder DOLCE &
GABBANA (Protz-Logos auf allen Produkten) am Berliner Ku-Damm seien nur
für die Familien russischer Oligarchen da: Die haben die Knete sich
Kirmes-Geschmeide für 200.000 Euro, Lederjacken für 4.000 oder
Kroko-Taschen für 5.000 Euro zu kaufen. Die sind auch die einzigen, die immer
die Läden füllen. Und denen, weil sie noch nicht so lange reich sind, könnte
man nachsehen, dass sie die teuren Marken als Krückstöcke für ihren
Geschmack benutzen müssen. Aber ich nehme alles zurück. Denn das bunte
Magazin der SÜDDEUTSCHEN ZEITUNG (SZ) ist nicht für Russen. Aber vielleicht
für deutsche Oligarchen?
Mit fast einer halben Million Auflage bringt die SZ - sie wird zu den deutschen
Leitmedien gezählt - ihr Magazin jeden Freitag unter die Leute.
Hochglanz-Magazine sind immer Anzeigenfänger. Deshalb haben die
angeblichen Edelschneider ganzseitige Anzeigen im SZ-Magazin, deshalb muss
Davidoff mit einem Parfüm namens "The Game" untertitelt mit "Winner takes
all" vertreten sein, und die Firma Tods, die diese unsäglich albernen, aber
schweineteuren Schuhe mit den vielen Noppen unter der Sohle herstellt, darf
sogar den Rücktitel belegen. Aber was schreibt die ach so gebildete
Redaktionsmannschaft um die Anzeigen herum? Diesmal ein Männer-Magazin.
Und wer sich unter einem Männermagazin nackte Tatsachen vorstellt und sich
das wiederum bei der seriösen SZ nicht denken mag, der hat erstens recht und
zweitens irrt er sich. Die SZ widmet sich geschlagene zehn Seiten einer
Nudisten-Kreuzfahrt.
Neben Fotos jeder Menge nackter Menschen ist zu lesen, dass eine Reisende
mit den Brüsten zucken kann, und "er mit seinem Penis das gleiche vermag".
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Was wir nicht erfahren ist, dass der FOCUS das nackte Schiff schon vor Wochen
referiert hat. Macht nichts, inhaltlich wird die SZ dem FOCUS ohnehin immer
ähnlicher. Welcher Herrenduft welchem Typ ähnlich ist will eigentlich keiner
wissen, aber die Parfum-Hersteller Hermés, Chanel oder Bulgari haben
wahrscheinlich ordentlich Geld für dieses Thema rübergeschoben. So hat die SZ
den Phantombildzeichner eines Landeskriminalamtes engagiert, der nach den
sachdienlichen Angaben diverser Damen, die eine Vorstellung von einem in
Chanel getränkten Mann haben, Typen gezeichnet. So viel Parfüm-Geld für so
viele Verbrecher-Visagen: Ob sich Hermès dieses Ergebnis wirklich gewünscht
hat?
Der Gipfel journalistischer Männerrecherche ist ein Portrait des
Schwarzwald-Arztes und Traumschiff-Fahrers Sascha Hehn, der als
maskulines Muster der besonderen Art bewundert wird: "Der Patriarch sitzt
immer noch hier", sagt der Schauspieler und man sieht das stolze Lächeln
durch die dünnen Zeilen schimmern. Dass er, wenn er mal einen
S-Bahnschläger in der S-Bahn träfe, den eigenhändig erschlagen würde,
versteht sich bei jemandem, der weiß, dass Franz-Josef Strauß immer versucht
hat "die Dinge zu regeln." Ordentlich "Druck hinter der Stimme" attestiert einer
der Magazin-Autoren einem, der den Speck der letzten 50 Jahre mit Stolz trägt
und seit 31 Jahren, als Mitglied einer schlagenden Verbindung, Schmisse im
Gesicht sammelt: "Das letzte große Abenteuer." Dann darf ein durchgeknallter
Werbe-Fuzzi noch sagen: "Echte Kämpfer essen keinen Honig- sie kauen
Bienen", flankiert von einer Anzeige mit künstlichen Straßenkämpfern, die in
falschem Kyrillisch behaupten, sie kämen von der Klamotten-Firma Antony
Morato.
Wer danach die Samstags-Ausgabe der Süddeutsche liest, erkennt im
dümmlichen aber total schicken Magazin, die Quelle der Inspiration für die
normale SÜDDEUTSCHE: Aufgemacht mit einem Rembrandtschen Pilger auf
der ersten Seite wird vom "Rebell Gottes" geschwafelt. Gemeint ist der neue
Papst. Und so wie die Zeitung vorne zu wissen scheint was der Wille Gottes ist,
so verspricht sie, nach ausgiebigem Weihrauchschnüffeln, weiter hinten in zwei
langen Spalten vom Latino-Papst: "Da lebt einer einen anderen Stil, und schon
ändert er was." Später, auf den Wirtschaftsseiten, darf ein Jesuiten-Pater seinen
religiösen Orden als Manager-Schule preisen. Das korrespondiert vorzüglich mit
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der Lobpreisung eines SZ-Schreibers, der die europäische
Banken-Finanzierung in Zypern als "alternativlos" bezeichnet. Auch das
Feuilleton der SZ bleibt von schleimiger Anpassung nicht verschont. In einem
fünfspaltigen Bericht über eine Biennale im Emirat Sharjah verpackt die
Autorin ihre wenigen kritischen Bemerkungen behutsam in Fragen, dass im
Emirat die Scharia in brutalster Form herrscht, erfährt der Leser nicht. Dafür
plappert man devot ständig über "Herrscherfamilie" und die Tochter des
Despoten heißt natürlich "Prinzessin", das Wort Diktatur kommt einfach nicht
vor. Es wird Zeit, dass die SZ ein Frauen-Magazin macht. Die
Biennale-Berichterstatterin hat sich ihr Chanel-Kostümchen tapfer verdient.
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