Zeitung in der Hauptschule – Ideen für den Unterricht
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Zeitung in der Hauptschule – Ideen für den Unterricht
Zeitung in der Hauptschule – Ideen für den Unterricht „Lesemotivation ist […] nicht nur eine Hintergrundsvariable für Leseleistung […], sondern das Motiviert-Sein zum Lesen ist selbst ein Teil von Lesekompetenz“. Bettina Hurrelmann: Leseleistung – Lesekompetenz, In: Praxis Deutsch, Heft 176, S. 13 In Zeiten wachsender „Sprachlosigkeit“ den Umgang mit Wörtern, Sätzen, Texten wieder attraktiv zu machen, ins Zentrum „lustvoller“ Begegnung zu rücken, ist eines der Hauptanliegen des Zeitungsprojekts. Das Zeitungsstudium kann – durch aktuelle und authentische Texte – einen erheblichen Beitrag leisten zur Lesemotivation und damit zur Erweiterung entsprechender Fertigkeiten, sowie Fundamente legen bezüglich eines kompetenten Umgangs mit dem meinungsbildenden Medium Zeitung. Die folgenden Anregungen, Tipps und Ideen für eine Begegnung mit der Zeitung werden als in sich geschlossene Module angeboten, die man so zusammenfügen, variieren kann, wie es der individuellen Vorstellung von Unterricht sowie der jeweiligen Lerngruppe entspricht. Dies gilt ebenfalls für den Zeitrahmen; je nach Intensität und Umfang kann man eine oder mehr Stunden ansetzen oder auch einen Projekttag gestalten. Einstieg – Eine Annäherung Die Begegnung mit etwas Neuem sollte immer anknüpfen an bereits vorhandene Wissensnetze. Ein gemeinsames Brainstorming zum Thema Zeitung bietet die Möglichkeit, Vorkenntnisse, Erfahrungen, Assoziationen, Gedanken und Ideen der Jugendlichen zu aktivieren. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Anknüpfen am Erfahrungshorizont der Jugendlichen Anregungen zum Unterrichtsgespräch: Zeitung – Was ist das eigentlich? Was macht man damit? Wo gibt es sie? / Wozu braucht man sie? Brainstorming Beiträge sammeln, clustern und als Wandzeitung präsentieren Mögliche Mind-Map nach dem ersten Brainstorming zum Thema Zeitung Wir lesen Zeitung – Eine Entdeckungsreise Nun ist der Weg offen für die eigentliche Begegnung mit der Zeitung. Die sollte möglichst handlungsorientiert, praktisch und haptisch sein. Wann ist die Zeitung der treueste Begleiter? – Natürlich morgens beim Frühstück. Was liegt also näher, als den Auftakt mit einem zünftigen Zeitungs-Frühstück zu begehen. Bei Kaffee und Brötchen wird erst einmal in aller Ruhe das in Augenschein genommen, was in den kommenden Unterrichtsstunden Gegenstand näherer Untersuchung sein wird. Dabei soll den Schülern auch deutlich werden: Eine Zeitung ist kein Buch – man liest sie nicht von Anfang bis zum Schluss. Eine Zeitung ist vor allem ein Angebot an den Leser; man findet für jeden Geschmack etwas und kann nach seinen individuellen Interessen auswählen. Selektives Lesen jedoch ist gar nicht so einfach; das muss man lernen und trainieren. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Zeitungsfrühstück – Stöbern durch die Zeitung eine Stunde mit der Zeitung (Schüler sammeln erste Eindrücke/Erfahrungen.) Material: Frühstücksangebot, Klassensatz Tageszeitungen Schüler stellen zusammen, was ihnen aufgefallen ist gefallen/nicht gefallen hat was sie nicht verstanden haben worüber sie mehr wissen wollen etc. Schüler notieren reihum ihre Eindrücke auf einer auf dem Tisch ausgebreiteten Tapete. Sie achten beim Notieren auf Redundanzen und nehmen Bezug auf bereits Notiertes. Variante: Notizen auf Karteikarten/Din-A-4/5-Blättern; so kann man sie leichter zuordnen. Vertiefung: Diskussion und Besprechung der notierten Begriffe/Sätze/Fragen Ordnen, Strukturieren, Zuordnen der Notizen auf vorbereiteten Plakaten Formulierung von Arbeitsaufträgen/Gruppenzuordnung Arbeitsaufträge – Gruppenarbeit Schüler arbeiten in Kleingruppen an einem Thema ihrer Wahl. Sie sammeln zu „ihren“ spezifischen Themenschwerpunkten Artikel für eine Wandzeitung. Aus aller Welt Kleinanzeigen Werbung/Anzeigen Familienanzeigen „Jugendseite“ Sport Anzeigen Ihr Gruppenthema sollte für alle anderen ersichtlich sein. Ein solcher Expertentisch kann durch entsprechende Schilder markiert werden. Schüler sammeln Artikel/Bilder etc. zu einem gewählten Thema, schneiden sie aus und kleben sie auf. Schüler bündeln Fragen/Aspekte/Themenbereiche, über die sie mehr erfahren möchten, über die sie „forschen“ möchten. Präsentation der Ergebnisse an einer Wandzeitung Diskussion und Klärung von Fragen Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Sich in der Zeitung zurechtfinden – Aufbau und Struktur Das Eingangstor zur Zeitung – Die Titelseite Nach ihren ersten Erfahrungen mit der Zeitung haben die Schüler erkannt, dass sie in verschiedene Bereiche unterteilt ist. Dieser Aufbau soll nun näher untersucht werden. Zunächst entdecken die Schüler die Besonderheiten einer Titelseite und befassen sich mit Aufbau, Inhalt, Gestaltung. Schüler assoziieren frei, was ihnen zur Titelseite der aktuellen Ausgabe einfällt. Lehrkräfte präsentieren die Mustertitelseite (s. S. 20) per Folie/Kopie. Schüler erarbeiten gemeinsam mit dem Lehrer anhand der Musterseite Schritt für Schritt die entsprechenden Fachbegriffe und die Struktur. Da die Begriffe häufig sehr bildhafte sind, kann diese Erarbeitung spielerisch geschehen. (Beispiel: oberster Teil beim Menschen = Kopf = Zeitungskopf/Aufsetzer/Aufmacher) Die neuen Begriffe werden an einer Wandzeitung und/oder im Zeitungstagebuch (s. S. 14) notiert. Vertiefung Zuordnung der Fachbegriffe zur aktuellen Titelseite Schüler kleben die Titelseite auf ein Plakat, so dass ihnen ringsherum ein Rahmen zum Beschriften bleibt. Wie auf der Mustertitelseite ordnen sie nun die Fachbegriffe den entsprechenden Teilen zu. Eigenes Gestalten einer Titelseite Schüler erhalten die Aufgabe, nun eine eigene Titelseite zu gestalten – mit Artikeln, die sie für wichtig und interessant erachten. Die ausgeschnittenen Artikel werden auf die Layout-/Plakatbögen geklebt und evtl. mit eigenen Schlagzeilen versehen. Aufbau – Vom Mantel und anderen Seiten einer Zeitung Schüler erschließen sich die Zeitung über ihre einzelnen Elemente. Sie lernen den Gesamtaufbau und die entsprechenden Termini kennen. Im Unterrichtsgespräch erarbeiten Lehrer und Schüler die unterschiedlichen Elemente einer Zeitung: Was kehrt immer wieder? Schlagzeilen/Bilder/Grafiken/Wetterbericht etc. Die einzelnen Teile haben Namen: Mantel/Buch/Lokalteil/Sparten/Ressort (u. a. Sport, Kultur, Wirtschaft, Aus aller Welt etc.) Die Namen stehen oben in den Seitenköpfen. Auch das „Outfit“ der Zeitungsseite hat einen Namen: Layout Welche Unterschiede gibt es zwischen Titelseite und Innenteil, Mantel und Lokalteil? (vgl. S. 21/22) Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Vertiefung Schüler erhalten verschiedene Artikel und Bilder/Fotos, die sie den entsprechenden Seitenköpfen/Ressorts zuordnen. Als Wettspielvariante: Der Lehrer präsentiert jeden Morgen ein paar aktuelle Artikel aus der Tageszeitung. Schüler ordnen sie den entsprechenden Ressorts zu und kleben sie auf vorbereitete Layoutbögen an der Wand. Die jeweils schnellste Gruppe bekommt Punkte, die während des gesamten Zeitungsprojekts gesammelt werden. Artikelsuche: Schüler erhalten Schlagzeilen aus der aktuellen Zeitung und ordnen diese ausgewählten Artikeln zu. Diese Übung kann auch von den Schülern selbst erstellt werden. (Artikel und Schlagzeilen getrennt ausschneiden, Artikel oder Schlagzeilen an Pinnwand heften, Schlagzeilen bunt gemischt an Kleingruppen oder Partner verteilen, zuordnen lassen.) Eignet sich auch als Wettspiel. Artikel, Meldung & Co – Was steht da eigentlich drin? Schüler befassen sich intensiver mit Inhalt und Struktur von Artikeln. Sie lernen den klassischen Aufbau einer Meldung kennen. Schüler einer Kleingruppe wählen einen Artikel aus der aktuellen Tageszeitung zu einem Thema, das sie interessiert. Jeder Schüler hat einen eigenen Text. Schüler lesen den Text, unterstreichen Wörter/Begriffe, die sie nicht verstehen, tauschen sich aus und beraten über Inhalt und Fragen; sammeln Fragen, die sie nicht allein beantworten können. (Stichwörter auf Karteikarten) Die Klärung der Fragen erfolgt – je nach Relevanz – im Plenum, mit Hilfe des Lehrers oder eines Nachschlagewerks in der Gruppe. Wichtige neue Wörter werden nach dem Nachschlagen notiert und mit einer eigenen Erklärung aufgeschrieben (-> Wortschatz-Dossier, S. 14). Im Unterrichtsgespräch wird nun erarbeitet, wie man die wesentlichen Gedanken eines Textes herausarbeitet; mit Hilfe der 7-W-Fragen lässt sich das am besten bewerkstelligen. Die Lehrkraft erläutert, dass dies auch die Struktur einer jeden Nachricht ist. Sie macht dies an einem Beispiel deutlich. Schüler üben die Fragetechniken anhand kurzer Meldungen aus der Tageszeitung; gut geeignet sind Polizeimeldungen, die der Lehrer auch verteilen kann. Schüler schreiben die wichtigsten Fakten auf und geben das Wesentliche mit eigenen Worten (zunächst mündlich) wieder. Sie sind nun Experten, können den Inhalt vorstellen und sind in der Lage, ihren Mitschülern Fragen zum Artikel zu beantworten. Darüber hinaus stellen sie der Klasse ihre neuen Wörter vor und erklären sie mit eigenen Worten. Schüler schreiben ihre Version auf, gestalten sie mit 7-W-Fragen eigenen Bildern oder Fotos aus der Zeitung; kleben sie auf Was ist passiert? Pappe/Layoutbögen an der Pinnwand/PräsentationsWer ist beteiligt? fläche. Wann ist es geschehen? Mögliche Variante: Schüler erhalten nur die Fakten (AntWo ist es geschehen? worten auf W-Fragen) und schreiben eine eigene Meldung. Wie ist es passiert? Warum ist es geschehen? Woher stammt die Information? Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Nachrichtenpyramide Die journalistischen Darstellungsformen Nachricht und Bericht sind nicht chronologisch, sondern nach inhaltlichen Kriterien in Form einer Pyramide aufgebaut. In der Spitze stehen die interessantesten Informationen mit dem höchsten Neuigkeitsund/oder Aufmerksamkeitswert. Im mittleren Teil folgen die erläuternden Details, und den Schluss bilden die weniger bedeutenden Fakten. Dieser formale Aufbau - den alle Nachrichtenagenturen anwenden - zwingt den Schreiber zu einer logischen Ordnung der Informationen und erleichtert dem Leser das Verständnis des Textes. Der (Spitzen-)Einstieg kann auch die Quintessenz des ganzen Artikels sein und in wenigen Sätzen die Meldung oder den Bericht zusammenfassen. Journalisten nennen diese Form den Nachrichten-Vorspann. Woher wissen die das eigentlich? – Vom Ereignis zur Meldung Schüler erforschen den Weg der Nachricht vom Ereignis in die Zeitung. Einstieg in die Forschungsreise kann ein Bild sein, das der Lehrer mitbringt, oder eine Mitteilung über ein Ereignis im lokalen Umfeld der Schule. Schüler stellen Mutmaßungen darüber an, wie der Verfasser an die nötigen Informationen gekommen ist. Schüler arbeiten im Workbook mit Bildern aus der Serie „Vom Ereignis zur Nachricht“. Jeder Schüler erhält einen Satz Bilder; in Kleingruppen beraten sie darüber, welchen Weg die Nachricht nimmt, und bringen die Bilder in die entsprechende Reihenfolge. Vorstellung der Vorschläge im Plenum mit anschließender Diskussion. Schüler schreiben anhand der Bilder eine Meldung. Nach einigen Stunden Arbeit mit der Zeitung ist den Schülern das Medium vertrauter. Nun können sie eine eigene kleine Titelseite gestalten. Die Jugendlichen sammeln ihre eigenen Artikel, die sie während der Arbeit an den Zeitungstexten erstellt haben, suchen entsprechende Fotos, eigene Bilder und Zeichnungen dazu aus, formulieren die passenden Schlagzeilen und kreieren eine eigene Titelseite. Hier können sie natürlich auch Texte benutzen, die sie in anderen Zusammenhängen/Fächern erstellt haben. Eine reizvolle Aufgabe besteht dann darin, diese Texte zeitungsgemäß zu verändern. Schüler setzen sich in einer „Redaktionskonferenz“ zusammen und diskutieren, welche Artikel, Bilder etc. ausgewählt werden. Die endgültige Seite wird an einer entsprechenden (Stell-)Wand im Forum der Schule präsentiert. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Journalistische Objektivität Objektivität journalistischer Texte meint, dass ein Text ein Ereignis oder einen Sachverhalt faktentreu, wertungsfrei und unparteiisch wiedergibt. Absolute Objektivität kann es allerdings im Journalismus nicht geben. Für Nachrichten, Meldungen und Berichte gilt aber das Postulat, Objektivität als Norm anzusehen. Die Frage nach den Quellen, der Einsatz sprachlicher Mittel, Fakten, Vollständigkeit wie auch die Informationsübermittlung haben entscheidenden Anteil daran, wie „objektiv“ ein Artikel ist. Quellenfrage Um dem Anspruch von Objektivität gerecht zu werden, müssen Journalisten unter Berücksichtigung des Informantenschutzes die Quellen ihrer Information benennen. Damit machen sie ihre Rolle als Berichterstatter kenntlich und geben dem Leser die Möglichkeit, selbst kritisch zu werten. Die Nennung der Quelle hilft dem Leser, den Inhalt einer Information einzuordnen. Wichtig ist dabei, wie und an welcher Stelle im Text die Quelle genannt ist. Ist der Inhalt einer Nachricht unumstritten, muss die Quelle nicht sofort mitbenannt werden. Ist die Quellengrundlage unsicher, gibt es statt gesicherter Erkenntnisse nur Vermutungen oder fehlen offizielle Bestätigungen, muss der Redakteur das direkt deutlich machen. Im Falle von wertenden Äußerungen ist die Quelle gleich mitzunennen und die Aussage auch als Meinung zu kennzeichnen. Sprache Die Wahl von Indikativ oder Konjunktiv zeigt an, ob das Gesagte tatsächlich so ist oder so sein könnte. Beispiel: „Der Schulausschuss hat sich vertagt, berichtete der Pressesprecher, weil über die Standortfrage keine Einigung zu erzielen war.“ Oder: „Der Schulausschuss habe sich vertagt, so der Pressesprecher, weil über den Schulstandort keine Einigung zu erzielen gewesen sei.“ Wichtige Differenzierungen werden durch die Modalverben dürfen, können, mögen, müssen, sollen, wollen und wissen getroffen. Wertende Adjektive, Substantive und Verben beeinträchtigen die Objektivität. Euphemismen und Metaphern erwecken häufig den Eindruck von Objektivität, können jedoch einen positiven oder negativen Beigeschmack transportieren und den eigentlichen Inhalt verschleiern. Z. B. Nullrunde statt realer Lohnverlust, Seniorenwohnheim statt Altersheim, Wohnpark statt Wohnsiedlung, Ausländerschwemme statt steigende Zahl an Ausländern etc. Auch unauffälligere Formulierungen können einen Text in seiner Objektivität beeinträchtigten. Vgl. die Formulierungen: „Der Ausschuss hat die Standortfrage der Schule endlich geklärt.“, „Die Glaubwürdigkeit des Angeklagten bröckelte während der Verhandlung immer mehr.“ Faktentreue Um objektiv zu sein, müssen die dargestellten Fakten stimmen und in dem erforderlichen Maße vollständig sein. Der Redakteur darf keine maßgeblichen Zahlen oder Angaben weglassen. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Vollständigkeit Der Leser braucht eine möglichst vollständige Information über das Ereignis oder einen Sachverhalt. Der Redakteur kann zwar versuchen, diesem Anspruch gerecht zu werden, doch oftmals ist es ihm nicht möglich, die gesamte Komplexität mit allen ihren Facetten zu vermitteln. Der Redakteur trifft immer eine Auswahl an Informationen, die er dem Leser präsentiert. Informationsübermittlung Die Arbeit in den Zeitungsredaktionen und besonders in den Nachrichtenagenturen ist von ständigem Zeitdruck geprägt. Durch die geforderte Schnelligkeit können Fehler entstehen, die unter Umständen sogar den Sinn entstellen. Bei aller Verpflichtung zur Faktentreue unterliegen darüber hinaus die Zeitungsredaktionen spezifischen Bedingungen, die die Annäherung an die Wahrheit beeinträchtigen können: Der vorhandene Platz macht eine Selektion der Informationen erforderlich. Der Redakteur interpretiert die Bedeutung eines Ereignisses daraufhin, wie wichtig es für den Leser sein könnte. Um ein Ereignis oder einen Sachverhalt verständlich zu machen, vereinfacht oder verallgemeinert ein Journalist oder stellt Bezüge zu anderen Themenkomplexen her. Pressekodex – gültig für Text und Bild Um die Wahrung der journalistischen Berufsethik sicherzustellen, hat der deutsche Presserat – Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle der Printmedien – den so genannten Pressekodex festgelegt. Neben grundsätzlichen Richtlinien für einen ethisch korrekten Journalismus schreibt der Kodex auch einen wahrheitsgemäßen Umgang mit Bildern vor. In Ziffer 2 des Pressekodex wird die Presse verpflichtet, alle „zur Veröffentlichung bestimmte[n] Informationen in Wort, Bild und Grafik [...] mit der nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu wiederzugeben. Ihr Sinn darf [...] weder entstellt noch verfälscht werden.“ Der Fotograf muss ein Ereignis faktentreu, d.h. wahrheitsgemäß dokumentieren. Sobald er nachträglich Veränderungen am Bild vornimmt, die das dargestellte Ereignis oder die Person in einem absichtlich konstruierten Sinne zeigen, muss er diese Veränderung angeben. Laut eines Memorandums des Bundesverbands der Pressebild-Agenturen und Bildarchive muss eine Veränderung am Bild immer dann angezeigt werden, wenn: „Personen und/oder Gegenstände hinzugefügt und/oder entfernt werden, verschiedene Bildelemente oder Bilder zu einem neuen Bild zusammengefügt werden, maßstäbliche und farbliche, inhaltsbezogene Veränderungen durchgeführt werden.“ Absolute Objektivität kann es im Fotojournalismus jedoch genauso wenig geben wie bei journalistischen Texten. Denn oftmals entscheidet bereits die Wahl eines speziellen Bildausschnittes darüber, wie der Betrachter das dargestellte Ereignis interpretiert. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Fotos lügen nicht, oder? Im Herbst 2005 setzten sich Schüler der Jahrgangsstufe 9 im Rahmen der Lernstandserhebungen mit den Auswirkungen von Foto-Retusche auf den Betrachter auseinander. Auf der neuen Variante eines bereits bestehenden, offiziellen Pressefotos des Siemens-Konzerns fehlte am Handgelenk des neuen Chefs Klaus Kleinfeld die hochwertige Armbanduhr. Nachdem Kleinfeld massive Stellenstreichungen angekündigt hatte, passte die teure Uhr nicht mehr ins Bild. Solche und ähnliche Tricks gehören nicht zu den höchsten Finessen moderner Bildbearbeitung. Für Zeitungen sind sie allerdings unzulässig. Zeitungen leben von der Glaubwürdigkeit ihrer Nachrichten. Um diesem Anspruch an Glaubwürdigkeit gerecht zu werden, bemühen sich Zeitungen um eine wahrheitsgemäße Berichterstattung. Alle Informationen müssen vor ihrer Veröffentlichung sorgfältig überprüft, nichts darf beschönigt werden. Dieser Anspruch gilt gleichermaßen für Texte wie für Fotos. Zeitungsfotos präsentieren einen Ausschnitt der Wirklichkeit, in dem ein Ereignis objektiv dokumentiert werden muss. Doch die Grenzen der Objektivität liegen in der Sichtweise des Fotografen. Bei den Bildern zum Artikel „Gefährliche Reisen ins Feindesland“ im Arbeitsmodul „Journalistische Objektivität“ (S. 36f) wurden keine elektronischen Mittel zur Veränderung eingesetzt. Schon der einfache Bildausschnitt genügte, um deutliche Unterschiede in der Bildwirkung zu erreichen. Ziel dieses Moduls ist es, den Schülern bewusst zu machen, wie sich durch die Wahl eines bestimmten Bildausschnittes der Eindruck eines Ereignisses verändern kann. Während Foto 2 die Aggressivität gewaltbereiter Fans in Konfrontation mit der Polizei herausstellt, zeigt Foto 3 den Ausschnitt einer relativ harmlos wirkenden Fangruppe. Durch die Auswahl des Bildausschnittes kann sich schließlich auch die Lesbarkeit des Textes verändert. Indem die Schüler die verschiedenen Bildausschnitte in Bezug setzen zum dazugehörigen Reportagetext, erarbeiten sie sich sowohl die im Kernlehrplan geforderte Fähigkeit, Informations- und Unterhaltungsfunktionen von Texten und Bildern zu unterscheiden als auch die Intention und Wirkung verschiedener medienspezifischer Formen zu erkennen und zu bewerten. Foto: dpa Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Schüler betrachten die Fotos, beschreiben die unterschiedlichen Ausschnitte und äußern, wie sich ihre persönliche Wahrnehmung der Bilder mit den Ausschnitten verändert. In Kleingruppen werden neue Bildunterschriften für die Bildausschnitte und entsprechend der Bildausschnitte - zwei neue Schlagzeilen für den Artikel formuliert. Mit Hilfe weiterer Kopien des Arbeitsblattes können die neuen Varianten montiert und gemeinsam mit dem Original als Wandbild in der Klasse präsentiert werden. Schüler diskutieren gemeinsam mit dem Lehrer über die verschiedenen Möglichkeiten der manuellen und digitalen Bildbearbeitung und ihrer Auswirkung auf den „Wahrheitsgehalt“ von Bildern. Vertiefung Schüler diskutieren, welche äußeren Faktoren die Bildauswahl des Fotografen beeinflussen könnten (z.B. Nähe / Entfernung zum Objekt / Geschehen - Gedränge - Zeitdruck - Preise für ein besonders gelungenes Foto ...) Schüler diskutieren, auf welche Weise die Wahl des Motivs, die Perspektive des Fotografen usw. die Bildauswahl bestimmen. Untersuchung zur journalistischen Objektivität der Reportage: Grundlage bilden die „10 goldenen Regeln“ für Journalisten (Schülerworkbook, S. 34f) sowie evtl. ein Exkurs zur „Journalistischen Objektivität“ (vgl. S. 10f). Schüler untersuchen, welche wertenden Adjektive, Substantive, Verben es in der Reportage gibt. Aus einer Reportage entsteht ein Bericht: Schüler notieren die wichtigsten Informationen aus der Reportage und schreiben mit Hilfe der 7-W-Fragen eine Nachricht. Eigene Erfahrungen nutzen: Schüler schreiben selbst über ein Spiel (z.B. Fußball, Handball, Streetball ...), bei dem sie als Spieler oder als Fan Konflikte beobachtet haben oder in Konflikte verwickelt waren. Der Info-Kasten: Mit Hilfe der Hintergrundinformationen verfassen die Schüler eine eigenständige Meldung zu den rassistischen Übergriffen auf Gerald Asamoah, inklusive einer passenden Schlagzeile. Die 7-W-Fragen dienen als Orientierung. Metaphern und Synonyme - Tücken der Pressesprache Schüler suchen nach Metaphern im Text (z.B. „Feindesland“, „Sammelbecken“, „Eindämmen“) und diskutieren über ihre Wirkung / Funktion im Text. Synonyme in der Pressesprache: Schüler untersuchen, wie oft die Spieler des SV Yesilyurt in der Reportage genannt werden und notieren die verschiedenen Synonyme. Anschließende Diskussion darüber, inwiefern Synonyme der sprachlichen Abwechslung dienen, oder eher als störend / verwirrend empfunden werden. Fächerübergreifende Einsatzmöglichkeiten des Moduls Kooperation mit dem Informatik-Unterricht: Möglichkeiten von Bildbearbeitungsprogrammen Kooperation mit dem Fach Politik/Sozialwissenschaften zum Thema „Polizei-Einsätze“: Wer ordnet Polizei-Einsätze an? Wer bezahlt sie? Welche Polizei wird eingesetzt? Welche Möglichkeiten der Gegenwehr gegen fremdenfeindliche und rassistische Pöbeleien gibt es? Kooperation mit dem Fächern Erdkunde/Politik zum Thema „Ostdeutschland“: Wo liegen die Orte, von denen in der Reportage die Rede ist? Wie ist ihre wirtschaftliche und politische Lage? Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Ideenpool Anregungen, Tipps und vieles mehr Zeitungstagebuch Hier sammeln Schüler während des Projekts alles, was für sie wichtig ist: besondere/eigene Artikel, Bilder/Fotos/wichtige neue Begriffe/Zeitungswörter etc. (Material: Kladde/Mappe/Portfolio) Wortschatz-Dossier Zeitungswörter und andere Wortschätze Schüler sammeln während der Projektzeit unbekannte Fachwörter/Begriffe. Die Zeitung ist kein didaktisch reduziertes Medium, was im Rahmen dieses Unterrichtsangebotes als Vorteil gilt. In einer solchen ‚reichen’ Lernumgebung entscheidet der Lehrer auch in Absprache mit dem Schüler, welche Begriffe er lediglich um der Verständlichkeit willen erklärt und welche in den aktiven bzw. passiven Wortschatz der Schüler aufgenommen werden sollen. Während bestimmter Phasen im Projekt – das kann direkt geschehen oder während festgesetzter Zeiten im Unterricht – werden Erklärungen im Lexikon nachgeschlagen und mit eigenen Worten aufgeschrieben. Diese Wörterliste wächst und begleitet die Schüler während des Projekts – gut sichtbar an der Pinnwand oder/und im Zeitungstagebuch. Spielzeit für Phasen zwischendurch, Freiarbeit und Warm–up, Binnendifferenzierung etc. Zeitungs-Quiz (nach der Art: Wer wird Millionär?) Schüler/Lehrer denken sich Fragen zum Inhalt der aktuellen Tageszeitung (oder zur Zeitung generell) aus, die von einem Mitschüler oder Team beantwortet werden müssen. Begrifferaten Ein Teil der Klasse einigt sich auf einen Zeitungsbegriff oder ein markantes Wort aus der aktuellen Ausgabe, den/das ein Schüler oder eine Kleingruppe erraten muss. Die Kunst besteht darin, den Begriff so geschickt zu umschreiben, dass der Ratende möglichst lange knobeln muss. Man kann die Zeit begrenzen. Variante: Die Ratenden dürfen Fragen stellen, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr Für Zeitungsdetektive Die Aufgaben dienen zum einen der Übung und Vertiefung des Gelernten; zum anderen sorgen sie dafür, dass den Jugendlichen der Umgang mit der Zeitung immer vertrauter und selbstverständlicher wird. Die sehr offen und individuell angelegte Arbeit mit den Schülermaterialien erfüllt den Anspruch der Richtlinien nach ganzheitlichem Lernen. Sie motiviert und unterstützt die individuelle Entfaltungsmöglichkeit der Schüler und bietet Gelegenheit, soziales Miteinander im Lebens- und Erfahrungsraum der Schule zu üben. Die Schüler erarbeiten in Partner- oder Gruppenarbeit Fragen zum Inhalt der aktuellen Tageszeitung. Das Team erhält einen Schnellhefter mit entsprechenden Arbeitsaufträgen, in dem sie auch die Lösungen/Antworten/Arbeitsergebnisse abheften. Das kann in Form eines Wettspiels stattfinden oder auch als Übung und Vertiefung des Gelernten. Zum Beispiel: - Auf welcher Seite findet ihr den Wetterbericht? - Was gibt es Neues aus ... (Stadtteile/Orte, aus denen die Schüler kommen)? - Auf welcher Seite steht die Nachricht über ... (aktuelles Ereignis)? - Welche Ressorts findet ihr in der Tageszeitung? - Was steht im Impressum? - Gibt es etwas speziell für Jugendliche und, wenn ja, was steht dort? - Welche Werbeanzeigen findet ihr in dieser Tageszeitung? (mindestens fünf) - Auf welchen Seiten gibt es Comics/Karikaturen? - Warum hat die Zeitung so ein großes Format? - Was ist eine Zeitungsente? - Warum heißt die Überschrift in der Zeitung „Schlagzeile“? Varianten - „Die drei Tagesfragen“: Die Lehrerin hängt am Morgen drei Karten mit Fragen zur aktuellen Tageszeitung aus. Die Auflösung findet am Mittag mit kleinen Preisvergaben statt. - Schnelles Orientierungsspiel zur täglichen Übung: Ausgeschnittene Artikel sollen in der Zeitung wiedergefunden werden. Alle suchen den Artikel gleichzeitig, schlagen die Zeitung entsprechend auf und das Ressort wird benannt. (Das geht auch mit Fotos/Schlagzeilen etc.) Zusammenspiel mit anderen Fächern Vor allem der fächerübergreifende Unterricht kann vom Zeitungsprojekt enorm profitieren, findet man doch zu vielen Bereichen Anknüpfungspunkte, z. B.: Aktuelle Zeitungsausgabe: Schüler suchen Länder/Städte von der Titelseite (aus dem Mantel) im Atlas; suchen weitere Informationen in entsprechenden Nachschlagewerken/Internet etc. Werbung und ihr Einfluss auf uns: Schüler sammeln Werbeanzeigen und diskutieren über Art und Wirkung. Schüler befassen sich anhand von aktuellen Reportagen mit Menschen und Kulturen aus anderen Ländern (z. B. mit der Heimat von Klassenkameraden). Bei der Arbeit mit der Zeitung untersuchen und reflektieren sie Medienangebote und (ihren eigenen) Medienkonsum. Copyright © 2008 by Journalistenschule Ruhr ne li 80 ot 5 - H 7-3 er 6 hr -58 Le 11 2 0 Lehrerheft - Ideen für den Unterricht mit der Zeitung H e ra u s g e b e r : H a r a l d H e u e r, stellvertretender Leiter der Journalistenschule Ruhr, Essen P äd ag o g is c h e u n d f ac h l ic h e B er at u n g : H o r s t Br et t ma n n , Konrektor und Hauptschullehrer, Kleve Ga b ri e l e C w i k , Rektorin, pädagogische Mitarbeiterin im Ministerium für Schule und Weiterbildung, Düsseldorf G a b y En g e l , wissenschaftliche Referentin, Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat 72, Soest M ic h a el Sc h u l t e, Hörfunkjournalist, Berlin Re d aktio n : D r. A n d r ea Da h ms, medienpädagogische Referentin, ZEUS, Essen H ar ald Heu e r, Projektleiter, ZEUS, Essen L a yo u t u n d g r a fi s c h e G es t alt u n g : H e i k e S c h e l l e n b e rg , U ms c h l ag g es t a lt u n g : Dipl.-Designer, HeikeSchellenbergDesign, Hagen T o bias V ette r, WAZ Mediengruppe, Essen F ot o s : H ans B lo sse y, I lj a H ö p p in g , M at th ias S ch r ad er (dpa) D ru c k : WA Z Dr u ck, Duisburg Alle Rechte vorbehalten © ZEUS Zeitung und Schule, Essen 2008 Das Projekt „ ZeitungsZeit - Nachrichten für die Schule“ wird getragen vom Zeitungsverlegerverband NRW, dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Landesanstalt für Medien NRW (LfM). Die Stiftung Partner für Schule NRW unterstützt die Umsetzung und ZEUS, Journalistenschule Ruhr, erarbeitet die Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Schüler. Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. 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