Zeitung in der Hauptschule – Ideen für den Unterricht

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Zeitung in der Hauptschule – Ideen für den Unterricht
Zeitung in der Hauptschule –
Ideen für den Unterricht
„Lesemotivation ist […] nicht nur eine Hintergrundsvariable
für Leseleistung […], sondern das Motiviert-Sein zum Lesen ist
selbst ein Teil von Lesekompetenz“.
Bettina Hurrelmann: Leseleistung – Lesekompetenz, In: Praxis Deutsch, Heft 176, S. 13
In Zeiten wachsender „Sprachlosigkeit“ den Umgang mit Wörtern, Sätzen, Texten
wieder attraktiv zu machen, ins Zentrum „lustvoller“ Begegnung zu rücken, ist eines
der Hauptanliegen des Zeitungsprojekts.
Das Zeitungsstudium kann – durch aktuelle und authentische Texte – einen erheblichen
Beitrag leisten zur Lesemotivation und damit zur Erweiterung entsprechender Fertigkeiten, sowie Fundamente legen bezüglich eines kompetenten Umgangs mit dem
meinungsbildenden Medium Zeitung.
Die folgenden Anregungen, Tipps und Ideen für eine Begegnung mit der Zeitung
werden als in sich geschlossene Module angeboten, die man so zusammenfügen,
variieren kann, wie es der individuellen Vorstellung von Unterricht sowie der jeweiligen
Lerngruppe entspricht. Dies gilt ebenfalls für den Zeitrahmen; je nach Intensität und
Umfang kann man eine oder mehr Stunden ansetzen oder auch einen Projekttag
gestalten.
Einstieg – Eine Annäherung
Die Begegnung mit etwas Neuem sollte immer anknüpfen an bereits vorhandene
Wissensnetze. Ein gemeinsames Brainstorming zum Thema Zeitung bietet die Möglichkeit, Vorkenntnisse, Erfahrungen, Assoziationen, Gedanken und Ideen der Jugendlichen zu aktivieren.
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Anknüpfen am Erfahrungshorizont der Jugendlichen
Anregungen zum Unterrichtsgespräch:
Zeitung – Was ist das eigentlich?
Was macht man damit?
Wo gibt es sie? / Wozu braucht man sie?
Brainstorming
Beiträge sammeln, clustern und als Wandzeitung präsentieren
Mögliche Mind-Map nach dem ersten Brainstorming zum Thema Zeitung
Wir lesen Zeitung – Eine Entdeckungsreise
Nun ist der Weg offen für die eigentliche Begegnung mit der Zeitung.
Die sollte möglichst handlungsorientiert, praktisch und haptisch sein.
Wann ist die Zeitung der treueste Begleiter? – Natürlich morgens beim Frühstück. Was
liegt also näher, als den Auftakt mit einem zünftigen Zeitungs-Frühstück zu begehen.
Bei Kaffee und Brötchen wird erst einmal in aller Ruhe das in Augenschein genommen,
was in den kommenden Unterrichtsstunden Gegenstand näherer Untersuchung sein
wird.
Dabei soll den Schülern auch deutlich werden: Eine Zeitung ist kein Buch – man liest
sie nicht von Anfang bis zum Schluss. Eine Zeitung ist vor allem ein Angebot an den
Leser; man findet für jeden Geschmack etwas und kann nach seinen individuellen
Interessen auswählen. Selektives Lesen jedoch ist gar nicht so einfach; das muss man
lernen und trainieren.
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Zeitungsfrühstück – Stöbern durch die Zeitung
eine Stunde mit der Zeitung
(Schüler sammeln erste Eindrücke/Erfahrungen.)
Material: Frühstücksangebot, Klassensatz Tageszeitungen
Schüler stellen zusammen, was ihnen
aufgefallen ist
gefallen/nicht gefallen hat
was sie nicht verstanden haben
worüber sie mehr wissen wollen
etc.
Schüler notieren reihum ihre Eindrücke auf einer auf dem Tisch ausgebreiteten
Tapete. Sie achten beim Notieren auf Redundanzen und nehmen Bezug auf bereits
Notiertes.
Variante: Notizen auf Karteikarten/Din-A-4/5-Blättern; so kann man sie leichter
zuordnen.
Vertiefung:
Diskussion und Besprechung der notierten Begriffe/Sätze/Fragen
Ordnen, Strukturieren, Zuordnen der Notizen auf vorbereiteten Plakaten
Formulierung von Arbeitsaufträgen/Gruppenzuordnung
Arbeitsaufträge – Gruppenarbeit
Schüler arbeiten in Kleingruppen an einem Thema ihrer Wahl. Sie sammeln zu „ihren“
spezifischen Themenschwerpunkten Artikel für eine Wandzeitung.
Aus aller Welt
Kleinanzeigen
Werbung/Anzeigen
Familienanzeigen
„Jugendseite“
Sport
Anzeigen
Ihr Gruppenthema sollte für alle anderen ersichtlich sein. Ein solcher Expertentisch
kann durch entsprechende Schilder markiert werden.
Schüler sammeln Artikel/Bilder etc. zu einem gewählten Thema, schneiden sie aus
und kleben sie auf.
Schüler bündeln Fragen/Aspekte/Themenbereiche, über die sie mehr erfahren
möchten, über die sie „forschen“ möchten.
Präsentation der Ergebnisse an einer Wandzeitung
Diskussion und Klärung von Fragen
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Sich in der Zeitung zurechtfinden – Aufbau und Struktur
Das Eingangstor zur Zeitung – Die Titelseite
Nach ihren ersten Erfahrungen mit der Zeitung haben die Schüler erkannt, dass sie in
verschiedene Bereiche unterteilt ist. Dieser Aufbau soll nun näher untersucht werden.
Zunächst entdecken die Schüler die Besonderheiten einer Titelseite und befassen sich
mit Aufbau, Inhalt, Gestaltung.
Schüler assoziieren frei, was ihnen zur Titelseite der aktuellen Ausgabe einfällt.
Lehrkräfte präsentieren die Mustertitelseite (s. S. 20) per Folie/Kopie.
Schüler erarbeiten gemeinsam mit dem Lehrer anhand der Musterseite
Schritt für Schritt die entsprechenden Fachbegriffe und die Struktur. Da die
Begriffe häufig sehr bildhafte sind, kann diese Erarbeitung spielerisch
geschehen. (Beispiel: oberster Teil beim Menschen = Kopf = Zeitungskopf/Aufsetzer/Aufmacher)
Die neuen Begriffe werden an einer Wandzeitung und/oder im Zeitungstagebuch (s. S. 14) notiert.
Vertiefung
Zuordnung der Fachbegriffe zur aktuellen Titelseite
Schüler kleben die Titelseite auf ein Plakat, so dass ihnen ringsherum ein Rahmen zum Beschriften bleibt. Wie auf der Mustertitelseite ordnen sie nun die
Fachbegriffe den entsprechenden Teilen zu.
Eigenes Gestalten einer Titelseite
Schüler erhalten die Aufgabe, nun eine eigene Titelseite zu gestalten – mit
Artikeln, die sie für wichtig und interessant erachten.
Die ausgeschnittenen Artikel werden auf die Layout-/Plakatbögen geklebt
und evtl. mit eigenen Schlagzeilen versehen.
Aufbau – Vom Mantel und anderen Seiten einer Zeitung
Schüler erschließen sich die Zeitung über ihre einzelnen Elemente. Sie lernen den
Gesamtaufbau und die entsprechenden Termini kennen.
Im Unterrichtsgespräch erarbeiten Lehrer und Schüler die unterschiedlichen Elemente
einer Zeitung:
Was kehrt immer wieder? Schlagzeilen/Bilder/Grafiken/Wetterbericht etc.
Die einzelnen Teile haben Namen: Mantel/Buch/Lokalteil/Sparten/Ressort
(u. a. Sport, Kultur, Wirtschaft, Aus aller Welt etc.)
Die Namen stehen oben in den Seitenköpfen.
Auch das „Outfit“ der Zeitungsseite hat einen Namen: Layout
Welche Unterschiede gibt es zwischen Titelseite und Innenteil, Mantel und Lokalteil?
(vgl. S. 21/22)
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Vertiefung
Schüler erhalten verschiedene Artikel und Bilder/Fotos, die sie den entsprechenden Seitenköpfen/Ressorts zuordnen.
Als Wettspielvariante:
Der Lehrer präsentiert jeden Morgen ein paar aktuelle Artikel aus der Tageszeitung. Schüler ordnen sie den entsprechenden Ressorts zu und kleben sie
auf vorbereitete Layoutbögen an der Wand. Die jeweils schnellste Gruppe bekommt Punkte, die während des gesamten Zeitungsprojekts gesammelt
werden.
Artikelsuche:
Schüler erhalten Schlagzeilen aus der aktuellen Zeitung und ordnen diese
ausgewählten Artikeln zu. Diese Übung kann auch von den Schülern selbst
erstellt werden. (Artikel und Schlagzeilen getrennt ausschneiden, Artikel oder
Schlagzeilen an Pinnwand heften, Schlagzeilen bunt gemischt an Kleingruppen oder Partner verteilen, zuordnen lassen.) Eignet sich auch als
Wettspiel.
Artikel, Meldung & Co – Was steht da eigentlich drin?
Schüler befassen sich intensiver mit Inhalt und Struktur von Artikeln. Sie lernen den
klassischen Aufbau einer Meldung kennen.
Schüler einer Kleingruppe wählen einen Artikel aus der aktuellen Tageszeitung zu einem Thema,
das sie interessiert. Jeder Schüler hat einen eigenen Text.
Schüler lesen den Text, unterstreichen Wörter/Begriffe, die sie nicht verstehen, tauschen
sich aus und beraten über Inhalt und Fragen; sammeln Fragen, die sie nicht allein beantworten können. (Stichwörter auf Karteikarten)
Die Klärung der Fragen erfolgt – je nach Relevanz – im Plenum, mit Hilfe des Lehrers oder
eines Nachschlagewerks in der Gruppe.
Wichtige neue Wörter werden nach dem Nachschlagen notiert und mit einer eigenen Erklärung aufgeschrieben (-> Wortschatz-Dossier, S. 14).
Im Unterrichtsgespräch wird nun erarbeitet, wie man die wesentlichen Gedanken eines Textes herausarbeitet; mit Hilfe der 7-W-Fragen lässt sich das am besten bewerkstelligen.
Die Lehrkraft erläutert, dass dies auch die Struktur einer
jeden Nachricht ist. Sie macht dies an einem Beispiel
deutlich.
Schüler üben die Fragetechniken anhand kurzer
Meldungen aus der Tageszeitung; gut geeignet sind
Polizeimeldungen, die der Lehrer auch verteilen kann.
Schüler schreiben die wichtigsten Fakten auf und geben
das Wesentliche mit eigenen Worten (zunächst mündlich)
wieder. Sie sind nun Experten, können den Inhalt vorstellen und sind in der Lage, ihren Mitschülern Fragen zum
Artikel zu beantworten. Darüber hinaus stellen sie der
Klasse ihre neuen Wörter vor und erklären sie mit eigenen
Worten.
Schüler schreiben ihre Version auf, gestalten sie mit
7-W-Fragen
eigenen Bildern oder Fotos aus der Zeitung; kleben sie auf
Was ist passiert?
Pappe/Layoutbögen an der Pinnwand/PräsentationsWer ist beteiligt?
fläche.
Wann ist es geschehen?
Mögliche Variante: Schüler erhalten nur die Fakten (AntWo ist es geschehen?
worten auf W-Fragen) und schreiben eine eigene Meldung.
Wie ist es passiert?
Warum ist es geschehen?
Woher stammt die Information?
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Nachrichtenpyramide
Die journalistischen Darstellungsformen Nachricht und Bericht sind nicht chronologisch, sondern nach inhaltlichen Kriterien in Form einer Pyramide aufgebaut.
In der Spitze stehen die interessantesten Informationen mit dem höchsten Neuigkeitsund/oder Aufmerksamkeitswert. Im mittleren Teil folgen die erläuternden Details, und
den Schluss bilden die weniger bedeutenden Fakten. Dieser formale Aufbau - den alle
Nachrichtenagenturen anwenden - zwingt den Schreiber zu einer logischen Ordnung
der Informationen und erleichtert dem Leser das Verständnis des Textes.
Der (Spitzen-)Einstieg kann auch die Quintessenz des ganzen Artikels sein und in wenigen Sätzen die Meldung oder den Bericht zusammenfassen. Journalisten nennen diese
Form den Nachrichten-Vorspann.
Woher wissen die das eigentlich? – Vom Ereignis zur Meldung
Schüler erforschen den Weg der Nachricht vom Ereignis in die Zeitung.
Einstieg in die Forschungsreise kann ein Bild sein, das der Lehrer mitbringt, oder eine Mitteilung über ein Ereignis im lokalen Umfeld der
Schule. Schüler stellen Mutmaßungen darüber an, wie der Verfasser an die nötigen Informationen gekommen ist.
Schüler arbeiten im Workbook mit Bildern aus der Serie
„Vom Ereignis zur Nachricht“.
Jeder Schüler erhält einen Satz Bilder; in Kleingruppen beraten
sie darüber, welchen Weg die Nachricht nimmt, und bringen die
Bilder in die entsprechende Reihenfolge.
Vorstellung der Vorschläge im Plenum mit anschließender
Diskussion.
Schüler schreiben anhand der Bilder eine Meldung.
Nach einigen Stunden Arbeit mit der Zeitung ist den Schülern das
Medium vertrauter. Nun können sie eine eigene kleine Titelseite
gestalten.
Die Jugendlichen sammeln ihre eigenen Artikel, die sie während der
Arbeit an den Zeitungstexten erstellt haben, suchen entsprechende Fotos, eigene
Bilder und Zeichnungen dazu aus, formulieren die passenden Schlagzeilen und kreieren eine
eigene Titelseite. Hier können sie natürlich auch Texte benutzen, die sie in anderen
Zusammenhängen/Fächern erstellt haben. Eine reizvolle Aufgabe besteht dann darin, diese
Texte zeitungsgemäß zu verändern.
Schüler setzen sich in einer „Redaktionskonferenz“ zusammen und diskutieren, welche
Artikel, Bilder etc. ausgewählt werden.
Die endgültige Seite wird an einer entsprechenden (Stell-)Wand im Forum der Schule
präsentiert.
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Journalistische Objektivität
Objektivität journalistischer Texte meint, dass ein Text ein Ereignis oder einen Sachverhalt faktentreu, wertungsfrei und unparteiisch wiedergibt. Absolute Objektivität
kann es allerdings im Journalismus nicht geben. Für Nachrichten, Meldungen und
Berichte gilt aber das Postulat, Objektivität als Norm anzusehen. Die Frage nach den
Quellen, der Einsatz sprachlicher Mittel, Fakten, Vollständigkeit wie auch die
Informationsübermittlung haben entscheidenden Anteil daran, wie „objektiv“ ein
Artikel ist.
Quellenfrage
Um dem Anspruch von Objektivität gerecht zu werden, müssen Journalisten unter
Berücksichtigung des Informantenschutzes die Quellen ihrer Information benennen.
Damit machen sie ihre Rolle als Berichterstatter kenntlich und geben dem Leser die
Möglichkeit, selbst kritisch zu werten. Die Nennung der Quelle hilft dem Leser, den
Inhalt einer Information einzuordnen. Wichtig ist dabei, wie und an welcher Stelle im
Text die Quelle genannt ist.
Ist der Inhalt einer Nachricht unumstritten, muss die Quelle nicht sofort mitbenannt werden.
Ist die Quellengrundlage unsicher, gibt es statt gesicherter Erkenntnisse nur
Vermutungen oder fehlen offizielle Bestätigungen, muss der Redakteur das
direkt deutlich machen.
Im Falle von wertenden Äußerungen ist die Quelle gleich mitzunennen und die
Aussage auch als Meinung zu kennzeichnen.
Sprache
Die Wahl von Indikativ oder Konjunktiv zeigt an, ob das Gesagte tatsächlich so
ist oder so sein könnte.
Beispiel: „Der Schulausschuss hat sich vertagt, berichtete der Pressesprecher, weil über die Standortfrage keine Einigung zu erzielen war.“ Oder:
„Der Schulausschuss habe sich vertagt, so der Pressesprecher, weil über den
Schulstandort keine Einigung zu erzielen gewesen sei.“
Wichtige Differenzierungen werden durch die Modalverben dürfen, können,
mögen, müssen, sollen, wollen und wissen getroffen.
Wertende Adjektive, Substantive und Verben beeinträchtigen die Objektivität.
Euphemismen und Metaphern erwecken häufig den Eindruck von Objektivität,
können jedoch einen positiven oder negativen Beigeschmack transportieren
und den eigentlichen Inhalt verschleiern. Z. B. Nullrunde statt realer Lohnverlust, Seniorenwohnheim statt Altersheim, Wohnpark statt Wohnsiedlung, Ausländerschwemme statt steigende Zahl an Ausländern etc.
Auch unauffälligere Formulierungen können einen Text in seiner Objektivität
beeinträchtigten. Vgl. die Formulierungen: „Der Ausschuss hat die Standortfrage der Schule endlich geklärt.“, „Die Glaubwürdigkeit des Angeklagten bröckelte während der Verhandlung immer mehr.“
Faktentreue
Um objektiv zu sein, müssen die dargestellten Fakten stimmen und in dem
erforderlichen Maße vollständig sein. Der Redakteur darf keine maßgeblichen Zahlen
oder Angaben weglassen.
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Vollständigkeit
Der Leser braucht eine möglichst vollständige Information über das Ereignis oder
einen Sachverhalt. Der Redakteur kann zwar versuchen, diesem Anspruch gerecht zu
werden, doch oftmals ist es ihm nicht möglich, die gesamte Komplexität mit allen ihren
Facetten zu vermitteln. Der Redakteur trifft immer eine Auswahl an Informationen, die
er dem Leser präsentiert.
Informationsübermittlung
Die Arbeit in den Zeitungsredaktionen und besonders in den Nachrichtenagenturen
ist von ständigem Zeitdruck geprägt. Durch die geforderte Schnelligkeit können
Fehler entstehen, die unter Umständen sogar den Sinn entstellen. Bei aller Verpflichtung zur Faktentreue unterliegen darüber hinaus die Zeitungsredaktionen
spezifischen Bedingungen, die die Annäherung an die Wahrheit beeinträchtigen
können:
Der vorhandene Platz macht eine Selektion der Informationen erforderlich.
Der Redakteur interpretiert die Bedeutung eines Ereignisses daraufhin, wie
wichtig es für den Leser sein könnte.
Um ein Ereignis oder einen Sachverhalt verständlich zu machen, vereinfacht
oder verallgemeinert ein Journalist oder stellt Bezüge zu anderen Themenkomplexen her.
Pressekodex – gültig für Text und Bild
Um die Wahrung der journalistischen Berufsethik sicherzustellen, hat der deutsche
Presserat – Einrichtung der freiwilligen Selbstkontrolle der Printmedien – den so
genannten Pressekodex festgelegt. Neben grundsätzlichen Richtlinien für einen
ethisch korrekten Journalismus schreibt der Kodex auch einen wahrheitsgemäßen
Umgang mit Bildern vor.
In Ziffer 2 des Pressekodex wird die Presse verpflichtet, alle „zur Veröffentlichung bestimmte[n]
Informationen in Wort, Bild und Grafik [...] mit der
nach den Umständen gebotenen Sorgfalt auf ihren
Wahrheitsgehalt zu prüfen und wahrheitsgetreu
wiederzugeben. Ihr Sinn darf [...] weder entstellt noch
verfälscht werden.“
Der Fotograf muss ein Ereignis faktentreu, d.h. wahrheitsgemäß dokumentieren.
Sobald er nachträglich Veränderungen am Bild vornimmt, die das dargestellte Ereignis
oder die Person in einem absichtlich konstruierten Sinne zeigen, muss er diese Veränderung angeben.
Laut eines Memorandums des Bundesverbands der Pressebild-Agenturen und Bildarchive muss eine Veränderung am Bild immer dann angezeigt werden, wenn:
„Personen und/oder Gegenstände hinzugefügt und/oder entfernt werden,
verschiedene Bildelemente oder Bilder zu einem neuen Bild zusammengefügt
werden,
maßstäbliche und farbliche, inhaltsbezogene Veränderungen durchgeführt
werden.“
Absolute Objektivität kann es im Fotojournalismus jedoch genauso wenig geben wie
bei journalistischen Texten. Denn oftmals entscheidet bereits die Wahl eines
speziellen Bildausschnittes darüber, wie der Betrachter das dargestellte Ereignis
interpretiert.
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Fotos lügen nicht, oder?
Im Herbst 2005 setzten sich Schüler der Jahrgangsstufe 9 im Rahmen der Lernstandserhebungen mit den Auswirkungen von Foto-Retusche auf den Betrachter auseinander. Auf der neuen Variante eines bereits bestehenden, offiziellen Pressefotos
des Siemens-Konzerns fehlte am Handgelenk des neuen Chefs Klaus Kleinfeld die
hochwertige Armbanduhr. Nachdem Kleinfeld massive Stellenstreichungen
angekündigt hatte, passte die teure Uhr nicht mehr ins Bild. Solche und ähnliche Tricks
gehören nicht zu den höchsten Finessen moderner Bildbearbeitung. Für Zeitungen
sind sie allerdings unzulässig. Zeitungen leben von der Glaubwürdigkeit ihrer Nachrichten.
Um diesem Anspruch an Glaubwürdigkeit gerecht zu werden, bemühen sich Zeitungen
um eine wahrheitsgemäße Berichterstattung. Alle Informationen müssen vor ihrer Veröffentlichung sorgfältig überprüft, nichts darf beschönigt werden. Dieser Anspruch gilt
gleichermaßen für Texte wie für Fotos.
Zeitungsfotos präsentieren einen Ausschnitt der Wirklichkeit, in dem ein Ereignis
objektiv dokumentiert werden muss. Doch die Grenzen der Objektivität liegen in der
Sichtweise des Fotografen.
Bei den Bildern zum Artikel „Gefährliche Reisen ins Feindesland“ im Arbeitsmodul „Journalistische
Objektivität“ (S. 36f) wurden keine elektronischen Mittel zur Veränderung eingesetzt. Schon der
einfache Bildausschnitt genügte, um deutliche Unterschiede in der Bildwirkung zu erreichen. Ziel
dieses Moduls ist es, den Schülern bewusst zu machen, wie sich durch die Wahl eines bestimmten
Bildausschnittes der Eindruck eines Ereignisses verändern kann. Während Foto 2 die Aggressivität
gewaltbereiter Fans in Konfrontation mit der Polizei herausstellt, zeigt Foto 3 den Ausschnitt einer
relativ harmlos wirkenden Fangruppe. Durch die Auswahl des
Bildausschnittes kann sich schließlich auch die Lesbarkeit des
Textes verändert. Indem die Schüler die verschiedenen Bildausschnitte in Bezug setzen zum dazugehörigen Reportagetext,
erarbeiten sie sich sowohl die im Kernlehrplan geforderte Fähigkeit, Informations- und Unterhaltungsfunktionen von Texten und
Bildern zu unterscheiden als auch die Intention und Wirkung verschiedener medienspezifischer Formen zu erkennen und zu
bewerten.
Foto: dpa
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Schüler betrachten die Fotos, beschreiben die unterschiedlichen Ausschnitte und
äußern, wie sich ihre persönliche Wahrnehmung der Bilder mit den Ausschnitten
verändert.
In Kleingruppen werden neue Bildunterschriften für die Bildausschnitte und entsprechend der Bildausschnitte - zwei neue Schlagzeilen für den Artikel
formuliert. Mit Hilfe weiterer Kopien des Arbeitsblattes können die neuen
Varianten montiert und gemeinsam mit dem Original als Wandbild in der Klasse
präsentiert werden.
Schüler diskutieren gemeinsam mit dem Lehrer über die verschiedenen Möglichkeiten der manuellen und digitalen Bildbearbeitung und ihrer Auswirkung auf den
„Wahrheitsgehalt“ von Bildern.
Vertiefung
Schüler diskutieren, welche äußeren Faktoren die Bildauswahl des Fotografen
beeinflussen könnten (z.B. Nähe / Entfernung zum Objekt / Geschehen - Gedränge
- Zeitdruck - Preise für ein besonders gelungenes Foto ...)
Schüler diskutieren, auf welche Weise die Wahl des Motivs, die Perspektive des
Fotografen usw. die Bildauswahl bestimmen.
Untersuchung zur journalistischen Objektivität der Reportage: Grundlage bilden
die „10 goldenen Regeln“ für Journalisten (Schülerworkbook, S. 34f) sowie evtl. ein
Exkurs zur „Journalistischen Objektivität“ (vgl. S. 10f). Schüler untersuchen,
welche wertenden Adjektive, Substantive, Verben es in der Reportage gibt.
Aus einer Reportage entsteht ein Bericht: Schüler notieren die wichtigsten
Informationen aus der Reportage und schreiben mit Hilfe der 7-W-Fragen eine
Nachricht.
Eigene Erfahrungen nutzen: Schüler schreiben selbst über ein Spiel (z.B. Fußball,
Handball, Streetball ...), bei dem sie als Spieler oder als Fan Konflikte beobachtet
haben oder in Konflikte verwickelt waren.
Der Info-Kasten: Mit Hilfe der Hintergrundinformationen verfassen die Schüler eine
eigenständige Meldung zu den rassistischen Übergriffen auf Gerald Asamoah,
inklusive einer passenden Schlagzeile. Die 7-W-Fragen dienen als Orientierung.
Metaphern und Synonyme - Tücken der Pressesprache
Schüler suchen nach Metaphern im Text (z.B. „Feindesland“, „Sammelbecken“,
„Eindämmen“) und diskutieren über ihre Wirkung / Funktion im Text.
Synonyme in der Pressesprache: Schüler untersuchen, wie oft die Spieler des SV
Yesilyurt in der Reportage genannt werden und notieren die verschiedenen
Synonyme. Anschließende Diskussion darüber, inwiefern Synonyme der sprachlichen Abwechslung dienen, oder eher als störend / verwirrend empfunden
werden.
Fächerübergreifende Einsatzmöglichkeiten des Moduls
Kooperation mit dem Informatik-Unterricht: Möglichkeiten von Bildbearbeitungsprogrammen
Kooperation mit dem Fach Politik/Sozialwissenschaften zum Thema „Polizei-Einsätze“: Wer ordnet Polizei-Einsätze an? Wer bezahlt sie? Welche Polizei wird eingesetzt? Welche Möglichkeiten der Gegenwehr gegen fremdenfeindliche und rassistische Pöbeleien gibt es?
Kooperation mit dem Fächern Erdkunde/Politik zum Thema „Ostdeutschland“: Wo
liegen die Orte, von denen in der Reportage die Rede ist? Wie ist ihre wirtschaftliche und politische Lage?
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Ideenpool
Anregungen, Tipps und vieles mehr
Zeitungstagebuch
Hier sammeln Schüler während des Projekts alles, was für sie wichtig ist:
besondere/eigene Artikel, Bilder/Fotos/wichtige neue Begriffe/Zeitungswörter etc.
(Material: Kladde/Mappe/Portfolio)
Wortschatz-Dossier
Zeitungswörter und andere Wortschätze
Schüler sammeln während der Projektzeit unbekannte Fachwörter/Begriffe.
Die Zeitung ist kein didaktisch reduziertes Medium, was im Rahmen dieses Unterrichtsangebotes als Vorteil gilt. In einer solchen ‚reichen’ Lernumgebung entscheidet der Lehrer auch in Absprache mit dem Schüler, welche Begriffe er lediglich
um der Verständlichkeit willen erklärt und welche in den aktiven bzw. passiven Wortschatz der Schüler aufgenommen werden sollen.
Während bestimmter Phasen im Projekt – das kann direkt geschehen oder während
festgesetzter Zeiten im Unterricht – werden Erklärungen im Lexikon nachgeschlagen und mit eigenen Worten aufgeschrieben. Diese Wörterliste wächst und
begleitet die Schüler während des Projekts – gut sichtbar an der Pinnwand oder/und
im Zeitungstagebuch.
Spielzeit
für Phasen zwischendurch, Freiarbeit und Warm–up, Binnendifferenzierung etc.
Zeitungs-Quiz (nach der Art: Wer wird Millionär?)
Schüler/Lehrer denken sich Fragen zum Inhalt der aktuellen Tageszeitung (oder
zur Zeitung generell) aus, die von einem Mitschüler oder Team beantwortet
werden müssen.
Begrifferaten
Ein Teil der Klasse einigt sich auf einen Zeitungsbegriff oder ein markantes Wort
aus der aktuellen Ausgabe, den/das ein Schüler oder eine Kleingruppe erraten
muss. Die Kunst besteht darin, den Begriff so geschickt zu umschreiben, dass
der Ratende möglichst lange knobeln muss. Man kann die Zeit begrenzen.
Variante: Die Ratenden dürfen Fragen stellen, die mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden können.
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Für Zeitungsdetektive
Die Aufgaben dienen zum einen der Übung und Vertiefung des Gelernten; zum anderen
sorgen sie dafür, dass den Jugendlichen der Umgang mit der Zeitung immer vertrauter
und selbstverständlicher wird. Die sehr offen und individuell angelegte Arbeit mit den
Schülermaterialien erfüllt den Anspruch der Richtlinien nach ganzheitlichem Lernen.
Sie motiviert und unterstützt die individuelle Entfaltungsmöglichkeit der Schüler und
bietet Gelegenheit, soziales Miteinander im Lebens- und Erfahrungsraum der Schule zu
üben.
Die Schüler erarbeiten in Partner- oder Gruppenarbeit Fragen zum Inhalt der
aktuellen Tageszeitung.
Das Team erhält einen Schnellhefter mit entsprechenden Arbeitsaufträgen, in
dem sie auch die Lösungen/Antworten/Arbeitsergebnisse abheften. Das kann in
Form eines Wettspiels stattfinden oder auch als Übung und Vertiefung des
Gelernten.
Zum Beispiel:
- Auf welcher Seite findet ihr den Wetterbericht?
- Was gibt es Neues aus ... (Stadtteile/Orte, aus denen die Schüler kommen)?
- Auf welcher Seite steht die Nachricht über ... (aktuelles Ereignis)?
- Welche Ressorts findet ihr in der Tageszeitung?
- Was steht im Impressum?
- Gibt es etwas speziell für Jugendliche und, wenn ja, was steht dort?
- Welche Werbeanzeigen findet ihr in dieser Tageszeitung? (mindestens fünf)
- Auf welchen Seiten gibt es Comics/Karikaturen?
- Warum hat die Zeitung so ein großes Format?
- Was ist eine Zeitungsente?
- Warum heißt die Überschrift in der Zeitung „Schlagzeile“?
Varianten
- „Die drei Tagesfragen“: Die Lehrerin hängt am Morgen drei Karten mit Fragen
zur aktuellen Tageszeitung aus. Die Auflösung findet am Mittag mit kleinen
Preisvergaben statt.
- Schnelles Orientierungsspiel zur täglichen Übung:
Ausgeschnittene Artikel sollen in der Zeitung wiedergefunden werden. Alle
suchen den Artikel gleichzeitig, schlagen die Zeitung entsprechend auf und
das Ressort wird benannt. (Das geht auch mit Fotos/Schlagzeilen etc.)
Zusammenspiel mit anderen Fächern
Vor allem der fächerübergreifende Unterricht kann vom Zeitungsprojekt enorm
profitieren, findet man doch zu vielen Bereichen Anknüpfungspunkte, z. B.:
Aktuelle Zeitungsausgabe: Schüler suchen Länder/Städte von der Titelseite
(aus dem Mantel) im Atlas; suchen weitere Informationen in entsprechenden
Nachschlagewerken/Internet etc.
Werbung und ihr Einfluss auf uns: Schüler sammeln Werbeanzeigen und diskutieren über Art und Wirkung.
Schüler befassen sich anhand von aktuellen Reportagen mit Menschen und
Kulturen aus anderen Ländern (z. B. mit der Heimat von Klassenkameraden).
Bei der Arbeit mit der Zeitung untersuchen und reflektieren sie Medienangebote und (ihren eigenen) Medienkonsum.
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- H 7-3
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hr -58
Le 11
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Lehrerheft - Ideen für den Unterricht mit der Zeitung
H e ra u s g e b e r :
H a r a l d H e u e r,
stellvertretender Leiter der Journalistenschule Ruhr, Essen
P äd ag o g is c h e u n d f ac h l ic h e B er at u n g : H o r s t Br et t ma n n ,
Konrektor und Hauptschullehrer, Kleve
Ga b ri e l e C w i k ,
Rektorin, pädagogische Mitarbeiterin im Ministerium für Schule
und Weiterbildung, Düsseldorf
G a b y En g e l ,
wissenschaftliche Referentin, Ministerium für Schule und
Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen, Referat 72, Soest
M ic h a el Sc h u l t e,
Hörfunkjournalist, Berlin
Re d aktio n :
D r. A n d r ea Da h ms, medienpädagogische Referentin, ZEUS, Essen
H ar ald Heu e r, Projektleiter, ZEUS, Essen
L a yo u t u n d g r a fi s c h e G es t alt u n g :
H e i k e S c h e l l e n b e rg ,
U ms c h l ag g es t a lt u n g :
Dipl.-Designer, HeikeSchellenbergDesign, Hagen
T o bias V ette r, WAZ Mediengruppe, Essen
F ot o s :
H ans B lo sse y, I lj a H ö p p in g , M at th ias S ch r ad er (dpa)
D ru c k :
WA Z Dr u ck, Duisburg
Alle Rechte vorbehalten © ZEUS Zeitung und Schule, Essen 2008
Das Projekt „ ZeitungsZeit - Nachrichten für die Schule“ wird getragen vom Zeitungsverlegerverband
NRW, dem Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Landesanstalt
für Medien NRW (LfM). Die Stiftung Partner für Schule NRW unterstützt die Umsetzung und ZEUS, Journalistenschule Ruhr, erarbeitet die Unterrichtsmaterialien für Lehrer und Schüler.
Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der
engen Grenzen des Urheberrechtsgesetz ist ohne Zustimmung von ZEUS Zeitung und Schule, Essen,
unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und
die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
A n sch r i f t
ZEUS - Zeitung und Schule
Journalistenschule Ruhr
Telefax: 0201/804 - 1958
E-Mail: [email protected]
www.zeusteam.de
www.zeuskids.de