HOTELIER RAPHAEL WYNIGER (TEUFELHOF BASEL)
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HOTELIER RAPHAEL WYNIGER (TEUFELHOF BASEL)
HOTELIER RAPHAEL WYNIGER (TEUFELHOF BASEL) TIEFSTAPLER AUF HOHEM NIVEAU Der Teufelhof Basel («das Kultur- und Gasthaus»). Er und seine Partnerin haben alles auf eine Karte gesetzt, als sie vor zwei Jahren den legendären Teufelhof in Basel übernahmen. «Hotelier»-Autorin Nicole Amrein traf den ehemaligen Vizechef von Basel Tourismus, Raphael Wyniger, zum Gespräch. Was macht den «Teufelhof», dieses traditionsreiche Kultur- und Gasthaus mit eigenem Theater, Kunstzimmern und 16-Punkte-Gastronomie, so einzigartig? Text: Nicole Amrein Porträt-Bild: Hans R. Amrein 10 10I2011 szene schweiz Hotelier und Teufelhof-Inhaber Raphael Wyniger. Wer beim ehemaligen Vizechef von Basel Tourismus absteigt, sucht das Spezielle, nicht die Sterne, von denen Hotelier Wyniger mit Leichtigkeit einen vierten ergattern könnte, dafür aber keinen Bedarf sieht. 10I2011 11 Restaurant Bel Etage: Kreative, leichte und ehrliche Küche auf 16-Punkte-Niveau. Das Kunsthotel. Alle acht Zimmer sind als bewohnbare Kunstwerke zu mieten. Das Theater im Teufelhof. Bühne für Kabarettisten und Satiriker. Kocht seit Jahren auf hohem Niveau: Küchenchef Michael Baader. 12 10I2011 S einen Tessiner Grosseltern ist zweierlei zu verdanken: die Merlot-Raritäten im Weinkeller des Hotels und die grundlegende Tatsache, dass Raphael Wyniger Hotelier geworden ist. In der Sonnenstube der Schweiz war er schon als Bub fasziniert von der Nonna und dem Nonno, wie sie in ihrem Parahotelleriebetrieb den Kontakt zu den Gästen pflegten, berauscht von der Vielfalt der zwischenmenschlichen Beziehungen. Es folgte die Handelsmittelschule, jobben im Bahnhofbuffet Basel und schliesslich der Entscheid, die Hotelfachschule in Luzern zu besuchen. Eines der Service-Praktika fand im Hotel Teufelhof statt. Eine Basler Institution, erschaffen von den Theaterleuten Monica und Dominique Thommy, weit herum bekannt für die harmonische Verbindung von Kunst und Gastronomie. Der Chefkoch hiess schon damals Baader, Michael mit Vornamen, Spitzenkoch aus dem Württembergischen. Und da war eine gewisse Nathalie Reinhardt, die ihre Ausbildungen im Teufelhof machte – und heute die Frau an Wynigers Seite ist. Doch immer schön der Reihe nach! Anschliessend an die Hotelfachschule Luzern verdiente sich Wyniger die sprichwörtlichen Sporen im Castello del Sole in Ascona und im Beau Rivage Palace in Lausanne ab. Sein Engagement bei Price Waterhouse Coopers war nur kurz, jenes bei Basel Tourismus von grossem Erfolg gekrönt, zeichnete er doch für das Projekt Euro 2008 verantwortlich. Eine spannende Zeit, während der das Paar Nathalie Reinhardt und Raphael Wyniger mit einem «unglaublichen Angebot» von Seiten der Teufelhof-Inhaber konfrontiert wurden: «Wollt ihr unseren Betrieb übernehmen, das Haus in unserem Sinne weiterführen?» Ja, aber. Woher das Geld nehmen? Zweieinhalb Jahre lang verhandelte Wyniger mit den Banken. Zweihunderttausend Franken Eigenkapital waren da, die restlichen Millionen investierte schliesslich eine traditionsreiche Basler Privatbank. Am 1. September 2009 dann der Neuanfang, der keiner war. Bewusst haben Wyniger und seine szene schweiz Partnerin drei Monate lang alles beim Alten belassen, wollten sich in den Betrieb einleben und die darin handelnden Menschen verstehen. Es wurden keine Arbeitsplätze gestrichen, die Ethik des Zusammenarbeitens weiterhin hochgehalten – und das erklärte Ziel, jedes Jahr ein grösseres Projekt anzugehen, wurde gross auf die Hotelfahne geschrieben. Konferenzräume wurden errichtet, das Bistro-Restaurant im Erdgeschoss modernisiert, sein Publikum verjüngt. In der Bel Etage nach wie vor die 16-Punkte-Küche von Michael Baader, der auch nach zweiundzwanzig Jahren Teufelhof keine Ermüdungserscheinungen zeigt. Im Gegenteil: Was auf die Tische kommt, ist schlicht gekonnt. Das Theater mit seinen hundert Plätzen ist zwar primär ein Kostenverursacher, doch für Raphael Wyniger ist es ein «nicht wegzudenkender Bestandteil» des Gesamtkonzepts Teufelhof. «Als ehemaliger Stadtvermarkter weiss ich, wie bedeutungsvoll unser Haus für Basel ist, denn wir treffen genau die Positionierung, die Basel anstrebt: Kultur und Gastfreundlichkeit unter einem Dach.» Unter besagtem Dach finden – neben einem begehbaren Weinkeller mit öffentlichem Verkauf – auch zwei verschiedene Hoteltypen Platz. Das Kunsthotel mit acht Zimmern und einer Suite, die alle als bewohnbares Kunstwerk zu mieten sind, und das Galeriehotel, in dem achtzehn Zimmer, drei Junior-Suiten und drei Suiten mit wechselnden thematischen Ausstellungen bestückt werden. Müssig zu erwähnen, dass alle 33 Lebensräume während der Art Basel, immerhin die wichtigste Kunstmesse der Welt, schon auf Jahre hinaus ausgebucht sind. Wer hier absteigt, sucht eben das Spezielle, nicht die Sterne, von denen Hotelier Wyniger mit Leichtigkeit einen vierten ergattern könnte, dafür aber keinen Bedarf sieht. Lieber überrascht er mit unerwarteten Leistungen auf den Zimmern wie Nespresso-Maschine, Bademantel, ausgewählter Dusch- und Pflegeserie, kostenlosem Mineralwasser und einem Buch auf dem Bett, für jeden Gast vom Gastgeber persönlich ausgewählt! Basel scheint ein Mekka überdurchschnittlicher Dreistern-Hotels zu sein: das Hotel Krafft am Rhein, der Schweizerhof beim Bahnhof, Bad Bubendorf etwas ausserhalb der City – diese Betriebe definieren sich nicht primär über Sterne, sondern über Leistung und eine einzigartige Positionierung. Sie überraschen mit einem «Mehr», das die Gäste wiederkehren lässt. Ihre Preise sind gehoben (Zimmer Nr. 9 im Kunsthotel Teufelhof kostet zwischen 378 und 748 Franken), doch der Frankenbetrag ist nicht das Thema. Wer hier absteigt, kann sich gelebter Gastfreundschaft sicher sein, bis hin zum Frühstück, das bis in den frühen Nachmittag serviert wird. Raphael Wyniger und seine Partnerin, das ganze Team vom Teufelhof, sie haben begriffen, worum es heute geht, will man im Hotelgeschäft Erfolg haben: Man muss auf den Menschen (Gast) eingehen, ihm Top-Leistungen im kulinarischen und kulturellen Bereich bieten, ohne die Atmosphäre des Abgehobenen zu kultivieren. Und noch etwas: Der Gast will authentische Angebote – mit Stil, Charme und der nötigen Professionalität «inszeniert». Der Teufelhof macht es vor. Ein hervorragendes Beispiel auch, wenn es um die Frage geht: Wie kann ein sogenanntes «Mittelklassehaus» erfolgreich und nachhaltig positioniert werden? Lieber Raphael H Wyniger, weiter so! WIR WISSEN GENAU, WAS IHRE RÄUME BRAUCHEN. walder, werber INNENGRÜN #6018 INNENGRÜN #1005 AUSSENGRÜN #5018 INNENGRÜN #6 001 044 942 93 93, www.hydroplant.ch 10I2011 13