Inszenierte Einkaufswelten - Nationalatlas

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Inszenierte Einkaufswelten - Nationalatlas
Inszenierte Einkaufswelten
Kristin Acker und Barbara Hahn
die ersten großen Kaufhäuser, Passagen
und Galerien entstanden. In den Konsumtempeln sollten eine aufwändige
Architektur und raffinierte Dekorationen und Auslagen den Kunden in eine
Traumwelt versetzen und Wünsche wecken. In den vergangenen Jahrzehnten
ermöglichten die Zunahme von Kaufkraft und frei verfügbarer Zeit, dass das
ziellose Shoppen zu einer immer beliebteren Freizeitbeschäftigung wurde. In
der postmodernen Gesellschaft wird der
Konsument häufig nicht vom Gebrauchswert eines Produkts angezogen,
sondern durch dessen übergeordnete Inhalte und Bedeutungen. Einkaufen ist
zunehmend zu einem Erlebnis geworden.
Sony Center, Berlin
Einkaufen geht heute weit über die reine Versorgung hinaus und wird zunehmend durch die Begriffe Shopping oder
Shoppen ersetzt. Shopping ist eine Freizeitbeschäftigung, die sich durch Flanieren, Bummeln, Auswählen und Konsumieren auszeichnet. Eingeleitet wurde
diese Entwicklung bereits im 19. Jh., als
Shopping-Center 2004
nach Ländern
SchleswigHolstein
(zu HB)
Hamburg
MecklenburgVorpommern
Bremen
Niedersachsen
Berlin
Brandenburg
SachsenAnhalt
NordrheinWestfalen
Thüringen
Sachsen
Hessen
RheinlandPfalz
Saarland
Bayern
BadenWürttemberg
Bodensee
Gesamtfläche
und Mietfläche Tsd. m²
1mm² = 10 000 m²
1739
1500
1000
500
250
25
100
82
Gesamtfläche
m²
250 - 293
200 - 250
100 - 150
50 - 100
45 - 50
Mietfläche
Anzahl der Center
1 Center
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2006
34
Mietfläche je
1000 Einwohner
Staatsgrenze
Ländergrenze
Autorinnen: K.Acker, B. Hahn
Hyperreale Einkaufwelten
In Zeiten von Massenproduktion und konsum wird die Produktpräsentation zu
einem wichtigen Erfolgsfaktor. In den
vergangenen Jahrzehnten haben die
USA die Vorreiterrolle für globale Konsummuster und die immer aufwändigere
Präsentation von Waren übernommen.
Es sind zunehmend hyperreale Einkaufswelten konzipiert worden. Einen Höhepunkt findet diese Entwicklung in Themenhotels, wie dem Venetian oder Caesars Palace mit angegliederten Shopping Malls in Las Vegas.
Auch bei uns werden immer häufiger
inszenierte Einkaufswelten geschaffen,
um den Kunden zu verzaubern (und zum
Kauf anzuregen). Dies kann durch eine
verschwenderische Dekoration mit
Frühlingsblumen im März, durch eine
aufwändige weihnachtliche Inszenierung oder durch besondere Attraktionen an ausgesuchten Tagen geschehen.
Einzelne Geschäfte, Fußgängerzonen
und Märkte können durch gezielte Aktionen oder eine außergewöhnliche Gestaltung der Verkaufsräume zum Erlebniseinkauf einladen. Außerdem können
Kunden durch Freizeit- und Unterhaltungsangebote angezogen werden.
Insbesondere die professionell gemanagten Einkaufszentren haben in den vergangenen Jahren das Freizeitangebot
ausgebaut. Während diese bis in die
1980er Jahre mehr oder weniger als reine Verkaufsmaschinen konzipiert waren, wurden sie seit den 1990er Jahren
immer häufiger durch Multiplex Kinos,
Fitness-Center, Diskotheken, Spielhallen und Bowling-Center ergänzt. Fast
die Hälfte der ca. 350 Einkaufszentren
in Deutschland verfügt heute
zumindest über einen Teil dieser Einrichtungen . Allerdings werden diese
Freizeiteinrichtungen bevorzugt in den
Abendstunden aufgesucht, wenn die
Geschäfte geschlossen sind, d.h. es entstehen nur wenige Synergieeffekte.
Tagsüber wird versucht, die Kunden
Nationalatlas Bundesrepublik Deutschland – Leben in Deutschland
durch besondere Ereignisse wie Konzerte, Mode- oder Autoshows anzuziehen.
Ergänzend sollen Themenrestaurants
die Attraktivität steigern und Kunden
zum Verweilen einladen. Dieses gilt
insbesondere für neuere Einkaufszentren
wie das Centro in Oberhausen, das wohl
über das größte Freizeitangebot in
Deutschland verfügt.
Urban Entertainment Center
Das Centro sowie der Potsdamer Platz
in Berlin mit dem Einkaufszentrum
Potsdamer Platz Arkaden, dem Sony
Center sowie benachbartem Veranstaltungszentrum und Spielcasino werden
auch als Urban Entertainment Center
bezeichnet. Im Sony Center steht relativ wenigen Geschäften ein großes Unterhaltungs- und Gastronomieangebot
gegenüber, das ein Cinestar Multiplex-
kino mit acht Sälen, ein IMAX 3DFilmtheater sowie neun Restaurants und
Cafés und eine faszinierende Traumwelt
umfasst, die sich durch stets wechselnde
Wasserspiele und Lichteffekte laufend
verändert. Hier gilt es weniger, den Betrachter an Ort und Stelle zum Kauf zu
animieren, als die Hightech Produkte
des Sony Konzerns zu vermarkten. Da
der Bau von Urban Entertainment Centern sehr teuer ist, rentieren sie sich nur
an Standorten mit einem großen Besucheraufkommen, wie es der Potsdamer
Platz garantiert. Der 650 Mio. Euro teure Space Park Bremen, der allerdings
nur gegen Eintrittspreis zu besuchen
war, musste 2004 aufgrund zu geringer
Besucherzahlen nach nur wenigen Monaten wieder schließen.웇
Wertung einzelner Aspekte beim Besuch des Weihnachtsmarktes
Freundlichkeit der Händler
Stimmung/Atmosphäre
Sauberkeit des Marktes
Imbiss- und Getränkeangebot
Dekoration
Angebot weihnachtstypischer Artikel
Geschenkartikelangebot
Möglichkeit, Freunde zu treffen
Angebotszusammensetzung
Angebot für Kinder
Kulturprogramm/Unterhaltung
Angebot an Kunstgewerbe
0
20
sehr
wichtig
40
eher
wichtig
60
unentschieden
Angebotszusammensetzung
11,2
Spielwaren
3,2
typische
Weihnachtsartikel
25,6
Textilwaren
100
Prozent
eher
unwichtig
völlig
unwichtig
Motive der Besucher
Anteile in %
Sonstiges
80
in % der Nennungen
Kinderangebote
2,8
Sonstiges
4,1
Kulturveranstaltung
8,6
Essen/
Trinken
Freunde
treffen
7,2
36,4
9,9
Süßwaren
8,8
Imbiss
18,4
Weihnachtsmärkte
Geschenkartikel
25,6
Bummeln/
Atmosphäre
genießen
15,9
Geschenkekauf
22,3
Heute gibt es in Deutschland in vielen Gemeinden einen Weihnachtsmarkt, und ihre Zahl steigt ständig.
Allein rund 2 500 der Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern laden in der Vorweihnachtszeit zum
Bummeln und Einkaufen auf einem solchen Markt ein. Angebot und Präsentation der Ware werden an
weihnachtliche oder winterliche Bräuche und Traditionen angelehnt.
Viele der Märkte können auf eine lange Tradition zurück blicken. Der Dresdner Striezelmarkt wurde 2005
bereits zum 571. Mal abgehalten, und der Nürnberger Christkindlesmarkt wurde erstmals 1628 schriftlich
erwähnt. Während die historischen Warenmärkte vor allem Versorgungsfunktion für das bevorstehende
Fest hatten, stehen heute für die ca. 160 Mio. Besucher unserer Weihnachtsmärkte soziale Motive im
Vordergrund. Mit insgesamt 57 % stellen Geschenkartikel und typische Weihnachtsmarktartikel den
größten Teil des Angebots. Die wirtschaftliche Bedeutung der Märkte darf nicht unterschätzt werden.
Zumindest zeitweise werden hier knapp 190 000 Arbeitsplätze geschaffen, die Gesamtumsätze der
Weihnachtsmärkte liegen jährlich bei knapp 5 Mrd. €.
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2006
Entertainment in Shopping-Centern 2002/3/4
Eidelstedt
Center
Einkaufs
Treffpunkt Hamburg
Farmsen
Kiel
SchleswigHolstein
Rahlstedt Center
EKZ Hamburger Straße
Quarrée Wandsbek-Markt
Rostock
Warnow Park
Raisdorf
Ostsee-Park Raisdorf
Mecklenburg-
Schweriner
See
Schwerin
Schenefeld
Stadtzentrum Schenefeld
Aurich
Carolinenhof
Hamburg
Bremen
Papenburg
Ems Center
Vorpommern
Elb
e
Hannover
Mülheim
RheinRuhrZentrum
Mülheim
Forum City Mülheim
We
Wolfenbüttel
Forum Wolfenbüttel
r
se
Bocholt
Shopping Arkaden Bocholt
Sachsen-
Paderborn
Libori-Galerie
Anhalt
Halle
Kaufland Center
Grevenbroich
Montanushof
Solingen
Clemens Galerien
Dormagen
Rathaus Galerie
Westfalen
Leißling
Saale-Unstrut-Center
Gummersbach
Bergischer Hof
Ful
da
Eisenach
Prima EinkaufsPark Eisenach
Hürth
Hürth Park
Wer
ra
Torgau
Prima Einkaufs-Park Torgau
Günthersdorf
Saale Park
Sachsen
Grimma
Prima Einkaufs-Park
Erfurt
Dresden
Rh e
Schwarzenberg
Ring-Center Schwarzenberg
Hessen
Dresden
Hohenbusch Center Weixdorf
Dresden
SEC Seidnitz-Center
Flächen und Funktionen
Fläche
m²
Funktionen
140940
100000
50000
20000
10000
5000
1000
l
Mo se
Frankfurt a.M.
Zeilgalerie
Wiesbaden
Rheinland-
Ma
Mainaschaff
Main Park Center
Mainz
in
1mm² = 1000m²
Pfalz
Nürnberg
Franken-Center
Ludwigshafen
Walzmühle
Karlsruhe
Post Galerie
Art der Unterhaltung
Baden-
Staatsgrenze
Ingolstadt
WestPark
Stuttgart
Sindelfingen
Stern Center
n
Do
Autobahn
Verdichtungsraum
Augsburg
Schwabencenter
Rhein
Württemberg
Dachau
InCenter Dachau
Weil am Rhein
Rhein Center
Bo d
en
se
e
au
Die Symbo le sind dem Namen des Centers
zugeordnet, d.h. nicht lagetreu dargestellt.
Besucher
70000
50000
Starnberger
See
20000
10000
5000
2000
Chiemsee
1mm² = 250 Besuchern
Lindau
Lindaupark
keine Angabe
0
© Leibniz-Institut für Länderkunde 2006
Besucher/Tag
München
Villingen-Schwenningen
City-Rondell Schwenningen
Ammersee
Autorinnen: K.Acker, B.Hahn
Do
n
au
In
n
Kiel Landeshauptstadt
Fitness, Wellness
Bowling, Kegeln
Diskothek
Billard
Kino
Spielothek
andere
Bayern
Ludwigsburg
Marstall Center
Ländergrenze
Gastronomie
Entertainment
Sho pping-Center o hne und mit kleinen Entertainmentflächen sind nicht dargestellt. Die Entertainmentflächen
sind nicht Teil der Mietfläche.
Erlangen
Neuer Markt
Fürth
City-Center Fürth
Saarbrücken
Einzelhandelsfläche
k.A.
Viernheim
Rhein-Neckar-Center
Saarland
Mietfläche
Dienstleistung
Der Wertmaßstab gilt
für alle Flächen.
n
Mai
Trier
Alleen-Center
sit
Dresden
ODC Center am
Otto-Dix-Ring
Chemnitz
Alt-Chemnitz-Center
Chemnitz
Neefepark
Thüringen
L au
Riesa
Riesapark
Leipzig
Petersbogen
Chemnitz
Galerie Roter Turm
S aale
in
Halle-Bruckdorf
Hallescher Einkaufspark HEP
e
Düsseldorf
Groß Gaglow
Lausitz Park
S
Arnsberg
Brückencenter
Arnsberg
Bochum
Ruhr Park
Düsseldorf
Kö Galerie
Elbe
N ei ß
zer
Dortmund
Westfalen Einkaufszentrum
Frankfurt(Oder)
Lenné Passagen
Potsdam
Werder/ Bahnhofspassagen
Havel Potsdam
Werderpark
Bernburg
Prima Einkaufs-Park Bernburg
le
aa
Recklinghausen
Löhrhof
Gosen
Müggelpark
Potsdam
Brandenburg
Halberstadt
Rathaus Passagen
Nordrhein-
Marl
Marler Stern
Bernau
Bahnhofs-Passage
BERLIN
Wust
Brandenburger
Einkaufszentrum
Wust
Magdeburg
Flora-Park
Magdeburg
Gropius Passagen
r
Garbsen
Nord-West-Zentrum
Forum Neukölln
Forum Steglitz
e
Od
Garbsen
Shopping Plaza
Park Center
Eberswalde
Rathauspassage
Berlin
Essen
Allee-Center
Gelsenkirchen
Bahnhofs-Center
Friedrichstadt Passagen
Neues Kranzler Eck
Kurfürstendamm Karree
Oranienburg
Oranienpark
Niedersachsen
Oberhausen
Bero-Zentrum
Schönhauser Allee Arcaden
Spandau Arcaden
Wittenberge
Westprignitzer EKZ
Werder Karree
Märkisches Zentrum
Hallen am Borsigturm
Europa-Center
Roland-Center
Oberhausen
Centro
Tegel-Center
Müritz
Ludwigslust
Linden-Center
Bremen
Delmenhorst
Jute-Center
Berlin
Parchim
Parchim Center
Hamburg
Walle-Center Bremen
Hansa-Carré
Schwerin
Schlosspark-Center
Stavenhagen
Einkaufszentrum
Reutereiche
25
50
75
Maßstab 1: 2750000
Grenzüberschreitende Kooperationsräume
35
100 km