Whale Rider - filmpodium thalwil
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Whale Rider - filmpodium thalwil
Dienstag, 13. Dezember 2005, 20:00 Uhr, Bar offen ab 19:45 Uhr Singsaal Schulhaus Feld, Tödistrasse 77, 8800 Thalwil Whale Rider Regie Drehbuch Kamera DarstellerInnen Musik Version Spieldauer Altersempfehlung Niki Caro, Neuseeland/Deutschland 2002 Niki Caro, nach einem Roman von Sir Witi Ihimaera Leon Narbey Keisha Castle-Hughes, Rawiri Paratene, Vicky Haughton, Cliff Curtis Lisa Gerrard, Jeremy Sweet Englisch, deutsch untertitelt 97 Minuten ab 10 Jahren Gefühlvoll, mitreissend und in wunderschönen Bildern erzählt „Whale Rider“ die bewegende Geschichte um ein Mädchen, das unverfroren und beharrlich gegen Geschlechterrollen und tausende Jahre alte Traditionen ankämpft. Der bisher erfolgreichste neuseeländische Film aller Zeiten basiert auf dem gleichnamigen, bereits 1987 erschienen Roman von Sir Witi Ihimaera. Er beleuchtet wie „Once Were Warriors“ von Lee Tamahori die Lebenssituation der (heute noch 15 Prozent der Bevölkerung ausmachenden) Ureinwohner Neuseelands. Die Maori des kleinen Küstenorts Whangara führen ihre Herkunft auf Paikea zurück. Dieser mythische Urvater soll vor mehr als tausend Jahren auf einem Wal reitend die heutige Heimat des Stammes erreicht haben. Seither trägt in jeder Generation der Erstgeborene des Häuptlings den Titel des Walreiters. Als der für diesen Titel vorgesehene Enkel des Stammesoberhauptes Koro bei der Geburt stirbt und der Vater, gegen die Regeln verstossend, der überlebenden Zwillingsschwester den Namen Pai-Kea gibt, bricht für den traditionsbewussten Grossvater eine Welt zusammen. Koro ist nicht imstande, seine bei ihm aufwachsende Enkelin als zukünftiges Oberhaupt zu akzeptieren und beharrt stur darauf, dass ein Junge dieses Erbe antreten muss. Doch die mittlerweile 12jährige Pai lässt sich nicht so leicht zur Seite schieben. Sie besitzt alle Fähigkeiten und Eigenschaften, die eine gute Anführerin kennzeichnen und fühlt sich berufen, die Nachfolge des Walreiters anzutreten und ihren Clan in die Zukunft zu führen. Hartnäckig kämpft sie um ihren Anspruch auf diese Rolle und vielmehr noch um die Anerkennung und Liebe ihres Grossvaters. Langsam und subtil entwickelt Niki Caro die Dramatik der Geschichte – ohne Action und ohne ‚Special-Effects’. Stattdessen gibt sie sich und den Zuschauern viel Zeit und Gefühl für die Figuren. Sie lässt den ungleichen Gegenspielern, die eine tiefe Liebe verbindet, viel Raum, um sich wortlos auszudrücken. Der engstirnige, aber achtbare alte Mann und das aufmüpfige Kind dürfen sich entwickeln und wachsen, auch aneinander. Ihre Konfrontation widerspiegelt vielschichtig und unterstützt von zahlreichen starken Nebenfiguren einen Konflikt, der weit über die Maori-Problematik hinausweist. Anders als Lee Tamahori, der in „Once Were Wariors“ in kompromisslosem Realismus eine Maori-Familie zusammenbrechen liess, sucht „Whale Rider“ nach der Aussöhnung zwischen Tradition und Moderne. Der Halt der Gemeinschaft in den gemeinsamen Wurzeln gibt dabei die nötige Kraft für den Neuanfang. Der Film der weissen Regisseurin bewegt die Maori-Ureinwohner ebenso wie die Kolonialnachfahren und ist auch in Europa ein Publikumsrenner. Grossen Anteil an diesem Erfolg hat die schauspielerische Leistung von Keisha Castle-Hughes. Die 13jährige Jungdarstellerin gibt in „Whale Rider“ ihr Schauspieldebüt und brilliert. Ihrer eindrücklichen Selbstbehauptung und ihrem beharrlichen und schmerzhaften Kampf um die Anerkennung ihres Grossvaters kann sich kaum jemand entziehen. Und so erstaunt es nicht, dass der Film an Filmfestivals wie Toronto, Sundance, Rotterdam und San Francisco mit Publikumspreisen ausgezeichnet wurde. Über die Kultur der Maori heisst es, sie sei zu komplex und zu stolz, um ihr Wesen in einem Film zu offenbaren. Doch mit „Whale Rider“ beweist uns Niki Caro das Gegenteil. Der Film ist so schlicht und atemberaubend schön, dass man den Glauben an die Bilderkraft des Kinos so leicht nicht verliert. Claudia Schuwerk