Jelinek-Monolog "Körper und Frau" im MUWA
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Jelinek-Monolog "Körper und Frau" im MUWA
Kleine Zeitung, 19. September 2002 Jelinek-Monolog "Körper und Frau" im MUWA Am stillen Örtchen ist gut philosophieren über "Körper und Frau" und die Welt an sich. Ernst M. Binder hat Elfriede Jelinek für Graz bewegt. Sie hat Österreich wegen der FPÖ-Regierungsbeteiligung boykottiert. Er will im Moment mit seiner angestammten Heimstätte, dem Forum im grünen Herzen von Graz, nichts zu tun haben. Zwei Protestler unterschiedlichster Natur haben sich zusammengefunden. Elfriede Jelinek hob mittlerweile ihren Bann auf und bewilligte Regisseur Ernst M. Binder erstmals wieder die Inszenierung ihrer Texte in der Alpenrepublik. Gedankenspiralen. Um die Gedankenwelt des Models Claudia schifft der Monolog "Körper und Frau", mit dem das Grazer "forum stadtpark theater" ins Museum der Wahrnehmung im Augarten siedelte. Hell beleuchtet sind die stillen Örtchen im Foyer, wo Juliane Werner königlich erhaben vor dem Publikum thront und mit ihren konzentrierten Gedankenspiralen wartet, bis das letzte Klosett-rauschen verklingt. Optimale Körpermaße. Kein Theater im herkömmlichen Sinn ist angesagt. Angespanntes Mitdenken erfordern Jelineks weibliche Abgrenzungsversuche, die Binder mit Auszügen aus "Der Wanderer", "Totenauberg", "Sportstück" und einem Essay der Autorin zum Thema Mode montiert. Aufkeimender Witz offeriert sich Kennern der doppelzüngigen Zornabladerin Jelinek im Mix von banalen Kaffeekränzchen-Weisheiten und beklemmenden Einsichten, die über optimale Körpermaße hinausgehen. Hausmuttchen. Dass sich Werner dann während ihrer fast regungslosen, aber fesselnden Textwiedergabe als Hausmuttchen auf der Klomuschel entpuppt, erheitert nicht nur, sondern verleiht der Modelprinzessin Boulevardnähe zu Frau Jedermann. "Besetzt" signalisiert die innere und äußere Abgeschirmtheit gegenüber familiären wie gesellschaftlichen Verletzungen nicht nur bildlich. Nischentheater. Unter der Mitwirkung von Carlos Schiffmann (Bühne) sowie Lisa D. und Andrea Plabutsch (Kostüme) ist Binder bestes Nischentheater gelungen, das als Co-Produktion vom "forum stadtpark theater Graz" mit dem "schauspielfrankfurt" zu Jahresbeginn nach "Mainhattan" übersiedelt.