Neu auf dem Markt - Arznei
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Neu auf dem Markt - Arznei
A 4330 E a-t im Internet: www.arznei-telegramm.de 7/11 Die Information für Ärzte und Apotheker Neutral, unabhängig und anzeigenfrei arznei-telegramm 42. Jahrgang, 8. Juli 2011 Fakten und Vergleiche für die rationale Therapie NEU AUF DEM MARKT ............................................................................... 57 Cannabinoid SATIVEX bei Spastik aufgrund von Multipler Sklerose Apixaban (ELIQUIS) zur Thromboembolieprophylaxe Me-too-Statin Pitavastatin (LIVAZO) THERAPIEKRITIK ....................................................................................................... 61 Studie mit retardierter Nikotinsäure (NIASPAN) gestoppt LESER FRAGEN UND KOMMENTIEREN 61 ... Zum Off-label-Gebrauch von Bevacizumab bei altersbedingter Makuladegeneration KURZ UND BÜNDIG ............................................................................................ 62 FOLFIRINOX-Regime bei Pankreaskarzinom Brustimplantate halten nicht das ganze Leben lang Lichtschutzfaktoren irreführend NETZWERK AKTUELL ................................................................................ 63 Leberschäden unter UMCKALOABO NEBENWIRKUNGEN ....................................................................................... 63 Myopathien unter 80 mg Simvastatin (ZOCOR, Generika) Aus für Glitazon-Antidiabetikum Pioglitazon (ACTOS u.a.) FDA: Angiotensin-II-Antagonisten ohne Krebsrisiko e a-t IM INTERNET ................................................................................................................ Was bringt der Meningokokken-Konjugatimpfstoff MENVEO? STICHWORTVERZEICHNIS Apixaban AT-II-Antagonisten Bevacizumab Brustimplantate Cannabinoid ELIQUIS FOLFIRINOX Gemcitabin Harnblasenkarzinom 59 64 61 62 57 59 62 62 64 Hypercholesterinämie Leberschaden Lichtschutzmittel LIVAZO Makuladegeneration Multiple Sklerose Myopathie Nikotinsäure Pankreaskarzinom 60 63 63 60 61 57 63 61 62 Pioglitazon 64 Pitavastatin 60 Ranibizumab 61 SATIVEX 57 Simvastatin 60,61,63 Spastik 57 Thromboembolieprophylaxe 59 UMCKALOABO 63 GLOSSAR – Äquivalenzstudie: Äquivalenzstudien untersuchen, ob sich der Nutzen therapeutischer Maßnahmen so wenig unterscheidet, dass dieser Unterschied ohne klinische Bedeutung bleibt. Ein Bereich, für den Gleichwertigkeit angenommen wird, muss hierfür prospektiv definiert werden. Die Interventionen gelten als gleichwertig, wenn der beobachtete Unterschied, einschließlich statistischer Unsicherheit, innerhalb dieses Bereichs liegt. = Vorsicht: weniger als 5 Jahre im Handel, geringe Erfahrungen. Neu auf dem Markt CANNABINOID SATIVEX BEI SPASTIK AUFGRUND VON MULTIPLER SKLEROSE Im Verlauf von Multipler Sklerose (MS) wird Spastik – anhaltende oder intermittierende, teilweise schmerzhafte Erhöhung des Muskeltonus – bei 60% der Betroffenen zu einem erheblichen Problem.1 Die Datenlage für die bei Spastik verwendeten Arzneimittel – z.B. Baclofen (LIORESAL, Generika), Tizanidin (SIRDALUD, Generika) und Gabapentin (hierfür nicht zugelassen) – ist, ebenso wie für Physiotherapie, schlecht, deren Effekt daher schwer einschätzbar. Ein besonderes Problem für den in Studien zu erfassenden Nutzen ist, dass eine gut validierte Messmethode der Spastik fehlt, die auch eine Vergleichbarkeit verschiedener Behandlungen ermöglichen würde.2 Seit 1. Juli ist mit Tetrahydrocannabinol (THC) plus Cannabidiol (CBD) erstmalig ein cannabishaltiges Fertigarzneimittel (SATIVEX) zur Behandlung der Spastik bei MS in Deutschland im Handel. Die Anwendung ist auf Patienten beschränkt, die auf andere Mittel nicht ansprechen und bei denen eine „klinisch erhebliche Verbesserung während eines Anfangstherapieversuches” nachweisbar ist.3 Die in Großbritannien erfolgte Referenzzulassung war erst im zweiten Anlauf erfolgreich. Ein erster Antrag wurde vom Hersteller 2007 zurückgezogen, als die britische Behörde wegen unzureichender Wirksamkeitsdaten einen negativen Bescheid4 ankündigte. 2010 wurde das Cannabinoid schließlich doch zugelassen,5 nachdem der Hersteller eine weitere Studie eingereicht hatte.6 Damit das Cannabinoid in Deutschland in den Handel gelangen konnte, war eine Änderung des Betäubungsmittelgesetzes notwendig. Cannabishaltige Fertigarzneimittel gelten nunmehr als „verkehrs- und verschreibungsfähig”.7 EIGENSCHAFTEN: Endocannabinoide sollen über Bindung an neuronale Rezeptoren eine Rolle bei zentralnervösen Vorgängen spielen, u.a. bei Gedächtnis, Emotionen und Schmerzwahrnehmung.8 SATIVEX enthält Extrakte der Hanfpflanze Cannabis sativa, die auf den psychotrop wirkenden Hauptbestandteil des Cannabis Delta-9-Tetrahydrocannabinol (THC) und das gering psychoaktive Cannabidiol (CBD) standardisiert sind. Beide wirken agonistisch an Cannabinoidrezeptoren. Eine Regulierung exzitatorischer Wirkungen verschiedener Neurotransmitter (z.B. Glutamat) soll die Spastik bei MS lindern. Zusammensetzung Anwendung/ Dosierung Aufnahme/ Spitzenspiegel Verstoffwechselung 1 Sprühstoß zu 100 μl enthält 2,7 mg Tetrahydrocannabinol + 2,5 mg Cannabidiol Spray für die Mundhöhle; wegen lokalreizender Wirkung (Ethanolgehalt) an wechselnden Stellen anwenden; während der Titrationsphase Dosis schrittweise um einen Sprühstoß pro Tag bis zur optimalen Symptomlinderung erhöhen (maximal 12 Sprühstöße täglich) innerhalb von 45 bis 120 Minuten Spitzenspiegel von 4 ng/ml bei erheblicher interindividueller Variabilität ausgeprägter First-pass-Metabolismus beider Cannabinoide; Verstoffwechselung über mehrere Enzyme des Cytochrom P450-Systems vor ®