ECU - Internationales am KIT

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ECU - Internationales am KIT
Erfahrungsbericht USA
East Carolina University (ECU), Greenville, North Carolina
Robert Stasch
Studium:
Bei der Anmeldung zu Kursen gibt es einiges zu beachten. In den USA gibt es oft reine
Online-Kurse. Das bedeutet, dass ein bis zweimal die Woche zu festgesetzten Terminen
Übungsaufgaben abgegeben werden müssen. Teilweise ähneln sich die Online-Kurse den
Onsite-Kursen sogar so weit, dass man zu bestimmten Zeiten online verfügbar sein muss, um
an einer „Konferenz-Vorlesung“ über das Internet teilzunehmen.
Diese Art von Kursen ist sehr geeignet um seinen Stundenplan aufzufüllen. Besonders bedingt
durch die Tatsache, dass in Amerika normalerweise die Anmeldung zu den Kursen am Ende
des vorhergehenden Semester abgeschlossen ist und sehr restriktive
Teilnehmerbeschränkungen herrschen (ca. 20 Leute pro Kurs), sind die meisten guten OnsiteKurse schon längst voll. Meistens gibt es noch zwei Möglichkeiten.
Entweder man meldet sich regulär in den Kursen an, in denen noch Plätze verfügbar sind,
oder man spricht direkt mit den Professoren.
Ersteres bedeutet in aller Regel, dass die Kurse um 8Uhr morgens, freitags oder spät abends
stattfinden. Kurse von 6.30pm-9.30pm sind keine Ausnahme. Allerdings kann ich aus eigener
Erfahrung sagen, dass selbst diese Kurse einige Vorteile haben. Ich hatte beispielsweise im
2.Aufenthaltssemester nur Kurse die zu dieser späten Zeit stattfanden. Dadurch konnte ich
morgens ausschlafen, nachmittags Sport treiben (ich war im College-Tennis Team, aber
davon später), um dann abends an die Uni zu gehen. Vor allem ergibt sich dadurch ein reger
Kontakt zu den amerikanischen Mitstudenten, da man oft noch nach dem Kurs gemeinsam
einen Trinken geht.
Die zweite Möglichkeit besteht darin die Professoren direkt anzusprechen und sie um eine
Sondergenehmigung zu bitten. Wenn man Ihnen erklärt, dass man als Austauschstudent die
normalen Anmeldetermine nicht wahrnehmen konnte, aber Ihre Vorlesung besonders gerne
hören würde – vor allem weil man gerade diesen Kurs an der Heimatuniversität angerechnet
bekommt – lässt sich eigentlich immer etwas machen. Ich habe auch eindeutig festgestellt,
dass die durchschnittliche Reaktionszeit von Professoren in den USA bei einem Tag liegt
(wenn die Mail die um 2 Uhr nachts von mir versendet wurde, nicht sogar 10min später schon
beantwortet war). Wie schon gesagt: Sucht den persönlichen Kontakt zu euren Professoren,
die helfen euch gerne. Das ist nicht wie in Deutschland. Es ist nichts unübliches, dass sich
Studenten nach einer versäumten Stunde - oder wenn der Stoff unklar geblieben ist - mit dem
Professor treffen um die Unklarheiten zu klären bzw. den Stoff nachzuholen.
Der Gedanke: „Professor als Dienstleistender“ ist eben doch weiter verbreitet.
Zur Benotung wäre noch folgendes anzumerken:
Es gibt keine Abschlussprüfung aus der sich die Endnote bestimmt. In den meisten Kursen
ergeben die wöchentlichen Übungen/Zwischenprüfungen auf 50-60% der Endnote. 20%
ergeben sich durch Anwesenheit und Beteiligung und nur die letzten 20-30% kommen aus
dem „Final“.
Oft ist es sogar möglich kein Final zu schreiben, wenn dadurch die Note nicht mehr verändert
werden kann. D.h. wenn man schon ein A erreicht hat, oder am B nichts mehr zu machen ist.
Schlechtere Noten sollte man (vor allem als graduate student) allerdings nicht mehr erhalten.
Allerdings ist es schon fast eine Kunst schlechter als mit B bewertet zu werden, wenn man die
wöchentlichen Aufgaben abgibt.
Sport:
Die Amis sind verrückt nach Sport. Die Beliebtheitsskala wird deutlich von American
Football angeführt und dann von Basketball, Baseball und Poker (ja Poker!!!) gefolgt.
Zum Football geht jeder! Unsere Mannschaft war die drittschlechteste in der Nation. Dies ist
von der Liga ungefähr mit einem Fußballspiel Rüppur gegen Grötzingen in der Kreisliga
vergleichbar - Im gigantischen Stadion mit mehr als 20.000 Zuschauern! Aber durch die
Stimmung macht es tatsächlich Spaß. Vor allem wenn man mit Football-Verrückten Amis
zum Spiel geht. Allerdings sollte man das vorangehende „Tailgating“ nicht auslassen.
Tailgating bedeutet, dass sich 10.000 der 20.000 Zuschauer 5 Std. vor jedem Spiel vor dem
Stadion treffen, um dort zu grillen und sich auf der Strasse zu besaufen. Ja, ihr habt richtig
gelesen. Beim tailgating ist es völlig normal in der Öffentlichkeit zu trinken. Ist nicht legal,
aber was soll ein Polizist schon gegen 10.000 begeisterte Football-Fans ausrichten, die
„friedlich“ auf ihren Pickup-Trucks den Grill anschmeißen, ganze Schweine braten und ein
oder mehrere Dosen Bud-light genießen. Es leben die Widersprüche!
Baseball und Basketball sind vor allem dann Highlights, wenn die Uni-Mannschaft gute
Resultate erzielt. Es ist ganz klar, dass man die eigene Uni anfeuert und auch in T-Shirts und
Schals der Uni zu den Spielen geht.
Poker dagegen ist der Massensport. In fast jedem Wohnheim finden sich nächtliche Runden
zusammen, die um mehr oder weniger Geld spielen. Jedoch geht es hierbei nicht um das uns
mehr oder weniger bekannte Poker mit 5 verdeckten Karten. Nein, jeder bekommt zwei
Karten verdeckt, die restlichen 3 Karten kommen aus einem gemeinsamen Pool von 5 offen
gelegten Karten. Diese Pokervariante heißt Texas-Holding und wird auch ständig im
Fernsehen ausgestrahlt. Wer sich im Vorfeld darüber informieren möchte, kann dies unter
www.partypoker.com machen. Dort gibt es Online-Spiele (mit und ohne Einsatz) sowie
Tutorials, um das Spiel zu erlernen.
Ich empfehle außerdem jedem, der die Möglichkeit dazu hat, College-Sport auszuüben.
Ich hatte das Glück in die Tennis-Mannschaft aufgenommen zu werden. Das Team bestand
aus 3 Brasilianern, 1 Südamerikaner, 2 Deutschen, 1 Kanadier und immerhin 2 Amerikanern.
Bei den Mädels sah es nicht anders aus. Trainiert wurde täglich von 14-17 Uhr gefolgt von 3x
die Woche Fitness-Training. EINMALIG! Wer denkt, das sei zu viel irrt sich. Ist ohne
weiteres machbar. Vor allem die Erfahrungen und Reisen werden mir nie in Vergessenheit
geraten. Wer hat sonst schon die Möglichkeit einmal für 5 Tage mit Team im Hilton zu
übernachten, als Entschädigung 30$ pro Tag zu erhalten um an einem größeren Turnier
mitspielen zu können. Eine Erfahrung, die ich mehrmals miterleben durfte. Außerdem ist es
nichts ungewöhnliches, am Tag vor einem Spieltag schon an den Spielort anzureisen, um am
nächsten Tag frisch aus den Federn auf den Platz zu kommen.
Wer im Tennis nun nicht so bewandert ist, der sollte seine Chance in anderen Sportarten
suchen. Fußball ist immer einen Versuch wert. Denn sind wir einmal ehrlich: Selbst als
Hobby-Fußballer kann man dort im Team mitspielen. Vielleicht nicht als Leistungsträger,
doch aber als Verstärkung. Austauschstudenten sind auch gern gesehen, da sie im Normalfall
den Notenschnitt des Teams verbessern jedoch die Uni lediglich Ausrüstung und Verpflegung
übernehmen muss (sprich: keine Studiengebühren wie für die Sport-Stipendiaten).
Ein weiterer Vorteil des Sportes ist natürlich die körperliche Betätigung, die sonst gerne
vernachlässigt wird. Es ist aber auch komisch, wenn man der einzige ist, der bei Wegstrecken
von mehr als 100 Metern zu Fuß unterwegs ist. ;-)
Bei einem Sportpensum oben genannten Ausmaßes spielt dies allerdings keine Rolle mehr.
Da kann man ohne schlechtes Gewissen in der „all you can eat“-Mensa zuschlagen, oder bei
McD, Burger King oder Wendy’s seine Kalorien zu sich nehmen.
Freizeit:
Die Party-Kultur ist besonders in Greenville weit verbreitet. Bekannt durch seine Parties und
die Rekordrate an STDs (sexual transmitted diseases), wird man sehr schnell lernen wo wann
was los ist. Vor allem die internationals haben zu meiner Zeit ein sehr gutes Verhältnis
gepflegt und dadurch innerhalb kürzester Zeit Kontakte untereinander wie auch zu
Amerikanischen Mitstudenten herstellen können.
Ausgehen kann man (wenn man es wünscht) jeden Tag. Doch gibt es auch hier einige Dinge,
die uns Deutsche verwundern. In North Carolina schließen die Discos um 2 Uhr nachts. Dies
ist eine gesetzliche Vorgabe und wird auch (manchmal mit etwas Verspätung) eingehalten.
Dies tut dem Spaß allerdings keinen Abbruch. Es gibt ja schließlich noch andere Orte, an
denen man danach weiterfeiern kann. Außerdem ist man zu diesem Zeitpunkt gewöhnlich
schon etwas weiter als in Deutschland, da man dadurch auch früher zu feiern beginnt.
Die etlichen „Privat-Parties“ gehen auch hier open-end. In Anführungszeichen stehen sie
deshalb, weil Privat hier nicht sehr genau genommen wird. Wenn eine Party bekannt wird,
geht man auch hin. Egal ob man die Leute kennt.
Das läuft dann daraus hinauf, dass man am Eingang für ca. 3-5$ einen Plastikbecher kauft und
mit diesem dann die Getränke frei sind. Das liegt daran, dass der Party-Eigentümer ja keine
Lizenz hat und somit nicht die Getränke verkaufen darf. Wenn die Parties gut sind, werden sie
des Öfteren auch von der Polizei gesprengt. Das ist nicht weiter schlimm, nur sollte man nicht
gerade als Minderjährige(r) – d.h. unter 21 – mit Alkohol erwischt werden. Damit kann man
nämlich ganz schön in Probleme geraten.
Ein weiterer merkwürdiger Aspekt ist die amerikanische Tanz-Kultur. Es muss dazu noch
gesagt werden, dass North Carolina im „Bible-Belt“ liegt und so ziemlich die christlichste
Gegend in den USA ist. Doch trotzdem kann man das, was in den Discos stattfindet nicht
tanzen nennen. Es entspricht viel mehr „Sex mit Kleidern“! Es sollte einen auch nicht
verwundern, wenn man von einer öffentlich bekennenden Jungfrau (ich rede hier nicht vom
Sternzeichen) so angetanzt wird, wie man es hier nicht einmal vom provokantesten PartyHäschen gewohnt ist. Schon merkwürdig am Anfang, und es kann leicht ein falsches Bild
entstehen.
Für diejenigen unter euch, die weniger auf Parties aus sind, werden anderweitig reichlich
Betätigungsmöglichkeiten geboten. Viele der lokalen Kirchen bieten genügend Möglichkeiten
sich zu engagieren. Bekannt ist vor allem „Habitat for Humanity“, wo von Freiwilligen
Häuser für die Bedürftigen gebaut werden. Soziales Engagement ist viel höher angesiedelt als
bei uns, und fast jeder mischt irgendwo mit. Neben diesen Möglichkeiten gibt es noch
zahlreiche Clubs und Gremien der Universität in denen man jederzeit teilnehmen kann und
auch das „international office“ freut sich ständig über Helfer.
In diesem Sinne: Genießt eure Zeit in den USA – es ist eine einmalige Gelegenheit eine
andere Kultur kennen zu lernen, in der vieles ähnlich abläuft, aber manches doch ganz anders
gehandhabt wird.
[Hiermit genehmige ich, dass dieser Bericht vom Akademischen Auslandsamt und der Baden-Württemberg
Stiftung veröffentlicht werden darf]

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