Schutz gegen digitales Foto
Transcription
Schutz gegen digitales Foto
Schutz gegen digitales Foto-Sampling Als Sampling bezeichnet man in der Musik ein Verfahren, bei dem einer Tonaufnahme einzelne Teile entnommen werden, um sie in einem anderen musikalisches Kontext zu verwenden. Überspitzt formuliert geht es beim Sampling um das Ausschlachten fremder Werke zum eigenen Nutzen. Auch digitale Fotografien lassen sich auf diese Weise ausschlachten. Dazu genügt ein Computerprogramm wie Photoshop, mit dem sich einzelne Ausschnitte aus einem Foto herausschneiden und in ein anderes Bild einsetzen lassen. Solche Foto-Samplings sind einfach herzustellen und sehr beliebt. Die Frage ist allerdings, ob sie auch erlaubt sind. Natürlich weiß jeder juristische Laie, dass er fremde Fotos nicht einfach komplett übernehmen und für seine Zwecke verwenden darf. Eine solche Selbstbedienung verbietet das Urheberrecht. Wie aber sieht es mit der Verwendung einzelner Ausschnitte eines digitalen Bildes aus? Sind auch solche Ausschnitte gegen eine Übernahme geschützt oder dürfen einzelne Teile eines Fotos insbesondere dann, wenn sie sehr klein sind, frei verwertet werden? Bei der Beantwortung dieser Fragen wurde früher danach unterschieden, ob es sich bei dem für das Sampling verwendete Foto um ein urheberrechtlich geschütztes Lichtbildwerk (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG) oder um ein einfaches Lichtbild handelt, für das lediglich ein Leistungsschutz besteht (§ 72 UrhG). Bei den Lichtbildwerken betrachtete man die Übernahme einzelner Teile als unzulässig, wenn diese Teile für sich betrachtet eine hinreichende schöpferische Individualität erkennbar werden ließen. Bei den einfachen Lichtbildern kam dagegen ein Teileschutz nur dann in Frage, wenn die entnommenen Teile noch als Gegenstandsfotografie zu identifizieren waren. Die Übernahme einzelner Bildausschnitte war damit in gewissen Grenzen zulässig. Inzwischen dürfte diese Rechtsauffassung aufgrund von zwei BGH-Entscheidungen, die zum Musik-Sampling ergangen ist, überholt sein. In dem vom BGH entschiedenen Fall ging es um das Stück „Metall auf Metall“, das Mitglieder der Gruppe Kraftwerk in den 70er Jahren komponiert hatten. Aus diesem Stück hatte der Musikproduzent Moses Pelham eine zwei Sekunden lange Rhythmussequenz gesampelt und sie als Schleife einem Song von Sabrina Setlur unterlegt. Der BGH wertete diese Übernahme als Eingriff in die Verwertungsrechte der Gruppe Kraftwerk. Ein solcher Eingriff ist nach Auffassung des BGH nicht nur bei der Übernahme längerer Tonfolgen, sondern bereits dann anzunehmen, wenn einem Tonträger kleinste Tonfetzen entnommen werden. Dabei kommt es weder auf die Qualität noch auf die Quantität der entnommenen Töne an, denn das Urheberrechtsgesetz schützt nicht die Tonfolgen als solche, sondern die mit der Produktion der Tonträger verbundene organisatorische und technische Leistung des Tonträgerherstellers. Da diese unternehmerische Leistung nicht nur für einzelne Tonfolgen, sondern für den gesamten Tonträger erbracht wird, sind sämtliche Teile des Tonträgers unabhängig von ihrer Größe gegen eine Übernahme geschützt. Dementsprechend wird bereits durch die Entnahme kleinster Tonpartikel in unzulässiger Weise in die Rechte des Tonträgerherstellers eingegriffen. Den Einwand, dass die kurze Rhythmussequenz aus dem Stück „Metall auf Metall“ in einen neuen Song eingearbeitet worden sei und es sich somit um eine zulässige freie Benutzung handele, ließ der BGH nicht gelten. Zwar erlaubt das Gesetz die freie Benutzung fremder Werke, wenn daraus ein neues selbständiges Werk entsteht (§ 24 UrhG). Nach Auffassung des BGH ist diese Regelung aber nicht anwendbar, wenn die Möglichkeit besteht, die auf dem Tonträger aufgezeichnete Tonfolge selbst einzuspielen bzw. nachzubauen. Was der BGH zur Übernahme kurzer Tonfolgen entschieden hat, lässt sich ohne weiteres auf die Entnahme einzelner Ausschnitte aus einem Lichtbild übertragen. Ebenso wie beim Tonträgerschutz geht es bei dem in § 72 UrhG geregelten Lichtbildschutz nicht um den Schutz des Dargestellten, sondern darum, die mit der Herstellung eines Lichtbildes verbundene organisatorische und technische Leistung vor unzulässiger Ausbeutung zu schützen. Da die organisatorischtechnische Leistung für das gesamte Bild erbracht wird, sind auch sämtliche Teile des Bildes gegen eine Übernahme geschützt. Das bedeutet, dass der Lichtbildschutz für jedes einzelne Pixel eines digitalen Bildes besteht und eine Übernahme noch so kleiner Teile unzulässig ist, solange die Möglichkeit besteht, den betreffenden Ausschnitt selbst zu fotografieren oder digital nachzubauen. Das Sampeln von Lichtbildern führt daher unabhängig davon, wie groß der übernommene Bildausschnitt ist, stets zu einem unzulässigem Eingriff in die Rechte des Fotografen, der das Bild aufgenommen hat. Lediglich in denen Fällen, in denen keine Möglichkeit besteht, den betreffenden Ausschnitt selbst zu fotografieren oder mit einem Bildbearbeitungsprogramm nachzubauen, kann die Übernahme ausnahmsweise als freie Benutzung im Sinne des § 24 UrhG zulässig sein, sofern auch die weiteren Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Diese Schlussfolgerungen aus der „Metall auf Metall“-Entscheidung des BGH gelten zunächst einmal nur für die einfachen Lichtbilder. Ob sie sich auch auf Lichtbildwerke übertragen lassen, ist fraglich. Gegen eine solche Übertragung spricht die Tatsache, dass der Schutz der Lichtbildwerke etwas anderes bezweckt als der Lichtbildschutz. Während es beim Lichtbildschutz darum geht, die für die Bildproduktion erforderliche organisatorische und technischen Leistung vor unzulässiger Ausbeutung zu bewahren, zielt der Urheberrechtsschutz für Lichtbildwerke darauf ab, die in dem Werk verkörperte persönliche geistige Schöpfung vor unerlaubten Verwertungen zu schützen. Angesichts dieser unterschiedlichen Schutzgegenstandes ließe sich durchaus der Standpunkt vertreten, dass die Übernahme einzelner Teilte eines Lichtbildwerkes nur dann unzulässig ist, wenn der übernommene Teil für sich betrachtet eine individuelle schöpferische Leistung erkennbar werden lässt. Letztlich wird man aber wohl doch zu dem Ergebnis kommen müssen, dass für den Teileschutz bei Lichtbildwerken dieselben Grundsätze zu gelten haben wie bei den Lichtbildern, denn es wäre einem Fotografen kaum zu vermitteln, weshalb die einfachen Lichtbilder gegen ein Sampling besser geschützt sein sollen als die Lichtbildwerke. Die Gleichstellung der Lichtbildwerke mit den Lichtbildern entspricht nicht nur dem Gerechtigkeitsempfinden, sondern ist auch dogmatisch durchaus begründbar. Dazu muss man sich nur klar machen, dass für diejenigen Teile eines Lichtbildwerkes, die keine individuellen schöpferischen Züge enthalten und die daher nicht unter den Schutz des § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG fallen, zumindest ein Lichtbildschutz gemäß § 72 UrhG besteht. Folglich sind diese Teile auch wie bei jedem Lichtbild unabhängig davon, wie klein oder groß sie sind, gegen eine Übernahme geschützt. BGH, Urteil v. 20. November 2008, GRUR 2009, 403 – Metall auf Metall I BGH, Urteil v. 13. Dezember 2012, BeckRS 2013, 07703 – Metall auf Metall II Erschienen in PROFIFOTO Heft 7-8/2013