Porsche Scene Live "Der dynamische Dicke"
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Porsche Scene Live "Der dynamische Dicke"
Farbwechsel: Der ehemals grün-gelbe GT3-MR zeigt sich seit 2007 in WeißBlau Was ist eigentlich aus dem Siegerwagen des 24-Stunden-Rennens 2006 geworden? Damals auf dem Nürburgring triumphierte Olaf Manthey mit dem 996 GT3 MR. Sein erfolgreichstes Pferd im Stall taufte er vor Freude ”Dicker”. Das Nachfolgemodell 997 GT3 RSR stand zur Ablöse bereit. Es verteidigte zwölf Monate später plangemäß den 24-Stunden-Titel, während Mantheys Matchwinner unplanmäßig fehlte. Insider behaupten, er hätte noch einmal gewinnen können. 2008 winkt die nächste Chance. 1977 war Armin Hahne einer der Shooting-Stars in der Deutschen Rennsportmeisterschaft. Der jüngste Spross einer Rennfahrer-Dynastie vom Niederrhein ergatterte bei Erich Zakowski den zweiten Zakspeed-Escort. Teamleader war Hans Heyer, der Mann mit dem Tirolerhut. Hahne hatte ein Problem: Er stand im Schatten des gleichzeitig gegründeten BMW-Junior-Teams des Krefelder Quasi-Nachbarn Jochen Neerpasch. Mit ihren BMW 320 geigten Manfred Winkelhock, Eddie Cheever und Marc Surer skrupellos auf. Ihnen waren die Zuneigung der Sportkommissare und vor allem die Schlagzeilen sicher. Wilde Reiter GmbH”, titelten die Gazetten. Hahne konterte mit der ihm eigenen Coolness und erlernte den Beruf des Zahntechnikers. Das gefiel Willy Maurer, dem Geldgeber des Zakspeed-Teams. Der Jungmillionär ließ beide Ford in den Farben seines Kräuterlikörs ”Mampe Halb und Halb” rennen. Weil ein Elefant als Markenzeichen posierte, gestaltete sich die Präsentation im Vorfeld der Saison 1977 spektakulär. Maurer ließ Rüsseltier, Fahrerduo und Rennwagen auf dem Berliner Kurfürstendamm antreten. Zwei Jahre später fiel der Beschluss, einen eigenen Monoposto für die Formel 2 zu bauen. Gustav Brunner zeichnete den ”Maurer MM”, den Armin Hahne steuerte. Heyer war als Enddreißiger dafür zu alt. Doch das Projekt kam schleppend in die Gänge. Hahne stieg nach Der dynamische einem Jahr erfolglos aus. Die Karriere erlitt einen Knacks. Maurer dagegen setzte 1982 den jungen Stefan Bellof in seinen Formel 2. Der Gießener siegte in den beiden ersten Läufen zu Saisonbeginn. Willy Maurer war von Stunde an nicht nur Bellofs Arbeitgeber, sondern gleichzeitig auch Manager. 1985 verunglückte das Supertalent in Spa-Francorchamps. Der Mentor zog sich zurück und betrat nie wieder eine Rennstrecke. Armin Hahne nahm unterdessen einen zweiten Anlauf als Berufspilot. Die Deutsche Produktionswagen-Meisterschaft erfreute sich wachsender Beliebtheit. 1987 vertraute ihm Walter Wolf einen Ford Sierra RS 500 Cosworth an. Hahne stieg zwar erst kurz vor Saisonende ein, fand aber sofort Anschluss. Bestens etabliert im Feld: Olaf Manthey, einer der schnellsten Privatiers im BMW M3. Die beiden lagen auf derselben Wellenlänge: weder impulsiv noch um jeden Preis an Publicity interessiert. Lieber steckten sie ihre Energie in die Fahrwerksabstimmung. Beiden brachte das einen exzellenten Ruf ein. Armin Hahne erhielt einen Job das Reifentestfahrer. Manthey stieg in einen Mercedes um und bei den Schwaben zum Technischen Leiter des Teams Persson auf. 1998 war für die Weggefährten ein entscheidendes Jahr. Hahne kehrte zu Zakspeed zurück. Zwei neue Porsche 911 GT1/98 im Grün der Brauerei Jever standen bereit, einer für den Routinier. Zeitgleich mauserte sich Olaf Manthey im Porsche-Supercup zum Seriensieger. Sein Fahrerduo Patrick Huisman und Oliver Mathai fuhr locker vo- Hall of Fame: Siegerkränze in Doppelreihe verpflichten zu neuen Ring-Erfolgen raus. Einen der zwei erfolgreichen 996 GT3 übernahm der Wittener Industrielle Ulrich Galladé für den Langstreckenpokal. Auf der Nürburgring-Nordschleife wehte ein anderer Wind als auf den GrandPrix-Kursen des Supercups. Nach den ersten Probeläufen fasste Galladé zusammen: ”Eine tolle Erfahrung. Auf den Sprungkuppen der Nordschleife bin ich mit allen vier Rädern in der Luft!” Olaf Manthey wirkte als zweiter Mann im Cockpit Triumph zum Abschied: beim 24-Stunden-Rennen 2006 auf dem Nürburgring (Halter- bzw. Herstellerangaben) Typ: 2004er 911 (996) GT3 RS MR Blick ins Cockpit: langer Hebel der sequenziellen Sechsgang-Schaltung Unverkennbar Nordschleife: der 996 GT3 MR im Streckenabschnitt “Karussell“ mit. Es fiel der Beschluss, die Aerodynamik auf maximalen Anpressdruck zu trimmen. Verbreiterungen, Spoiler und Unterboden-Verkleidung nahmen Formen an. Im Oktober 1999 war Premiere. Ein Rennen später – es sollte die letzte Veranstaltung des alten Jahrtausends sein – lag Manthey erstmals in Führung. Das Potenzial war deutlich geworden. Über den Winter entstanden weitere Breitbauten, einer davon mit Straßenzulassung. 2000 erfolgte der Einsatz beim 24-Stunden-Rennen. Den Sieg schnappte ein anderer Porsche weg, gefahren Line-up: Fahrzeugbesitzer Christian Haarmann und Armin Hahne sind Stammpiloten 78 Porsche Scene Live Einstelldaten des aus Amerika gelieferten GT3 RS hätten ohnehin nicht übernommen werden können. Auf US-Stadtkursen ist der Fahrbahnbelag eben, auf der Nürburgring-Nordschleife geht es über Sprungkuppen. Das Anforderungsprofil entsprach der Anpassung des Cup-GT3 im Jahr 1999. Diesmal musste von vermehrter Querbeschleunigung ausgegangen werden. Ein sequenziell geschaltetes Sechsgang-Getriebe verkürzte die Rundenzeiten um sechs bis sieben Sekunden. Der geforderte Fahrstil war nun aggressiv wie im DTM-Tou- renwagen. Den letzten Schritt ergab der Wechsel der Reifenmarke. Statt Dunlop belieferte Michelin den Eifeler Rennstall. Der 500 PS starke Porsche zackte auf einem Gripniveau um die Kurven, das für kaum möglich gehalten worden war. Olaf Manthey leistete ganze Arbeit und schnürte ein Paket aus günstigem Benzinverbrauch, Speed und geringer Experimentierfreude. Motor: wassergekühlter Sechszylinder-Boxer, Motorblock und Zylinderköpfe aus Aluminium, vier obenliegende Nockenwellen, vier Ventile pro Zylinder, Ölkühlung mit Öl-Wasser-Wärmetauscher, variable Steuerzeiten (VarioCam), hydraulischer Ventilspielausgleich, Einzeldrosselklappen, Trockensumpfschmierung, Kühlwasser- und Motoröl-Druckbefüllung, zwei Lambda-Sonden mit Stereo-Regelung, elektronisches Motor-Management MS 4.0, elektronische Zündung mit ruhender Zündverteilung (sechs Zündspulen), sequenzielle Multipoint-Einspritzung Das einzige Problem: Er konnte sich keinen zweiten GT3 MR leisten, um den ersten nach hinten abzuschirmen. So ging Schnitzer-BMW vor. Motorleistung: 493 PS bei 7.960/min Hubraum: 3.865 ccm maximales Drehmoment: 460 Nm bei 7.090/min Höchstdrehzahl: 9.000/min Kraftübertragung: Motor und Getriebe zu einer Antriebseinheit verschraubt, Antrieb über Doppelgelenkwellen auf die Hinterräder, manuell-sequenzielles Sechsgang-Klauengetriebe, Schaltkraftsensor für Zugkraftunterbrechung, Öl-Wasser-Wärmetauscher, Einmassenschwungrad, Dreischeiben-CFK-Rennkupplung, 114,3 mm Kupplungsdurchmesser, Sperrdifferenzial, Traktionskontrolle von Uwe Alzen, Bernd Mayländer, Michael Bartels und Altfrid Heger. 2003 setzte Manthey auf einen Turbomotor. Es sprang der dritte Platz dabei heraus. Ein belgisches Kundenteam kaufte den Doppellader, was Kapital freisetzte. 2004 nutzte es Manthey zum Kauf eines 996 GT3 RS aus der American Le Mans Series (ALMS). Er wusste, dass sein inzwischen fünf Jahre altes Aerodynamik-Konzept auch mit dieser Basis harmonieren würde. Es musste nur auf neuesten Stand gebracht werden. Im Klartext: Turbo-Scheinwerfer vorn und weiter nach hinten ausladende Ausleger des Heckflügels. Sie verbesserten die Hebelwirkung. Die konkurrierenden Porsche-Teams zogen nach. Olaf Manthey begab sich in Lauerstellung, griff nach dem 24-Stunden-Rennen. Der ersehnte Triumph war ihm 25 Anläufe wert. Weder 2004 noch 2005 sollte es klappen. Dabei lag der 996 GT3 MR auf einem Level mit dem BMW M3 GTR von Schnitzer. Das war nicht zuletzt das Ergebnis von Abstimmungsfinesse. 2004 wechselte Manthey den Fahrwerkspartner. Karosserie: selbsttragendes Coupé; beidseitig verzinkte, gewichtsoptimierte Leichtbau-GanzstahlKonstruktion; eingeschweißter Stahl-Sicherheitskäfig, Manthey-Lightweight-Breitbau aus KohlefaserSandwich-Komponenten, Frontspoiler-Skidpads aus hochfestem Holz, hintere Seitenwände mit speziellem Luftfahrt-Klebstoff fixiert, Heckflügel auf nach hinten versetztem Ausleger gemäß ADAC-Reglement “24 Stunden Spezial“, Unterboden-Verkleidung, Fondund Heckscheiben aus Kunststoff, Lufthebeanlage, Schnellbetankung Fahrwerk: vorn Federbeinachse mit Uniballgelenken, einzeln an Querstreben und Längslenkern aufgehängte Räder, doppelte Schraubenfedern (Haupt- und Hilfsfeder), Gasdruck-Stoßdämpfer, Servolenkung mit elektrischem Antrieb; hinten Mehrlenker-Achse mit Uniballgelenken, einzeln an fünf Lenkern geführte Räder, starr aufgehängter Radträger, doppelte Schraubenfedern (Haupt- und Hilfsfeder), Gasdruck-Stoßdämpfer Bremsanlage: Zweikreis-System, achsweise Aufteilung und Waagebalken-Regulierung, Brembo-SechskolbenAluminium-Festsättel vorn; Brembo-Vierkolben-Aluminium-Festsättel hinten; innenbelüftete Scheiben (380 x 35 mm vorn und 355 x 32 mm hinten) Räder: dreiteilige BBS-Rennsportfelgen (11J x 18 vorn und 13J x 18 hinten Reifen: Michelin-Motorsportreifen (260/655-18 vorn und 330/680-18 hinten) Gewicht: 1.250 kg gemäß ADAC-Reglement “24 Stunden Spezial“ Ausblick: Die Langstreckensaison 2008 ist gesichert – inklusive 24Stunden-Rennen Interieur: Motec-Display mit Datenaufzeichnung, Rennschalensitz mit schwer entflammbarem Bezugsstoff, Sechspunkt-Sicherheitsgurt, elektrisch betätigte Feuerlöschanlage Fahrzeugpreis (2004): ca. 295.000 Euro Porsche Scene Live 79 Paarlauf mit dem Nachfolgemodell: alter und neuer Manthey-Porsche im Duett 2005 schlug nach sicherer Führung der Defektteufel zu. Manthey analysierte, blieb gelassen und holte 2006 zum nächsten Versuch aus. Diesmal ging alles glatt: der erste Sieg! Den GT3-MR taufte er liebevoll ”Dicker”. Er wusste, dass ein neues Modell in den Startlöchern stand. Bei seiner Triumphfahrt sammelte der ”Dicke” Daten, die für die Premiere des 997 GT3 RSR unerlässlich sein sollten. Der Neue führte sich bei den 24 Stunden von Spa-Francorchamps in den WeltErzeugt verstärkt Hebelwirkung: weit nach hinten auslegender Flügel am Heck markt ein. Manthey führte Regie, wie 1999 beim Stapellauf des 996 GT3R in Le Mans. Wer mit Konzernen zusammenarbeitet, darf sich keine Sentimentalitäten leisten. Das aktuelle Produkt zählt. Die Konsequenz: Manthey schrieb den ”Dicken” zum Verkauf aus. Die Szene rechnete mit einem Sammler, der ihn auf Nimmerwiedersehen im Privatmuseum verschwinden lassen würde. Doch es kam anders. Plötzlich stand Armin Hahne auf der Matte, im Schlepptau Christian Haarmann. Der Aachener kaufte den Renner, um ihn für die Nordschleife zu erhalten. Armin Hahne unterstützte Haarmann als Spielertrainer. Der 52-Jährige war nie wirklich weg gewesen. Für das 24-Stunden-Rennen reaktivierte er ab 2001 seinen 94er Honda NSX aus dem ADAC-GT-Cup. Im österreichischen Altschach-Team verlernte der NSX das Siegen. Statt dessen trieb eine Defektserie Hahne und Leibmechaniker Alex Zöchling in die Verzweiflung. Eine Rechnung Für Lenkpräzision und Bremsenergie: Vorderräder in 11J x 18 mit 260/655-18 80 Porsche Scene Live Blick zurück: Der “Dicke“ startet seit 2004 in dieser Form auf dem Nürburgring blieb zurück, die der Siegerwagen des 24-Stunden-Rennens 2006 begleichen sollte. Ein Crash in der Vorbereitungsphase kam dazwischen. ”Unser 24-Stunden-Rennbudget liegt am Streckenabschnitt Galgenkopf in den Leitplanken”, hieß es nüchtern. Davon ist dem ”Dicken” nichts mehr anzusehen. Beim Sechs-Stunden-Rennen folgte er dem 997 GT3 RSR wie ein Schatten, setzte sich an zweiter Stelle fest. Das lässt auf die Saison 2008 hoffen. Mit Wilhelm-Dieter Kern gesellte sich ein dritter Fuhrmann hinzu, der bis 2004 eine eigene MantheyBreitversion besaß. Der vierte Platz wäre frei für einen Profi von Armin Hahnes Kaliber. Hans-Joachim Stuck zum Beispiel war bis zuletzt an BMW gebunden, wechselte kürzlich als Berater zu VW. Für einen Porsche könnte ”Strietzel” eine Freigabe erwirken. Es würde ja in der Familie bleiben. Text: Carsten Krome Fotos: Carsten Krome (10), Marcel Kühler (1), VLN-Presse (1) Antriebskraft: BBS-Dreiteiler in 13J x 18 mit Michelin der Dimension 330/680-18