Matti Vanhanen - Mann der Goldenen Mitte

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Matti Vanhanen - Mann der Goldenen Mitte
Matti Vanhanen - Mann der
Goldenen Mitte
Als Matti Vanhanen Anfang Sommer 2003 als Notnagel quasi über Nacht
finnischer Regierungschef wurde, haftete ihm das Image eines unscheinbaren
Langweilers an. In den vergangenen Jahren erwarb sich der heute 51-Jährige
durch seinen besonnene Art Anerkennung und Profil. Dieses konnte er sich trotz
einem Auf und Ab seines Bildes in der Medienöffentlichkeit bis heute erhalten:
Seine Zentrumspartei ging bei den Parlamentswahlen vom Sonntag trotz
geringer Verluste erneut als stärkste Kraft hervor, so dass Vanhanen
Ministerpräsident bleiben dürfte.
Matti Taneli Vanhanen wurde am 4. November 1955 in der mittelfinnischen
Skisport- und Universitätsstadt Jyväskylä geboren. Der studierte
Staatswissenschaftler arbeitete vor seiner Wahl ins Parlament im Jahr 1991 als
Journalist sechs Jahre lang bei einer regionalen Gratiszeitung. Einen ersten
Höhepunkt erreichte seine Karriere, als ihn das Parlament als finnischen
Vertreter im Jahr 2002 zum EU-Verfassungskonvent schickte.
Nach dem Wahlsieg seiner Zentrumspartei im März 2003 übernahm er zunächst
das Amt des Verteidigungsministers. Nach der Demontage von Anneli
Jäätteenmäki als Spätfolge einer Wahlkampf-Affäre wurde Vanhanen mit dem
Sanktus des sozialdemokratischen Koalitionspartners Premier. Einige Monate
später wählte ihn das ländlich-konservative Zentrum auch zum Parteichef.
Vanhanen, der an schlechten Tagen etwas linkisch wirkt und an guten Tagen
durch seine ruhige und freundliche Rhetorik besticht, durchlebte in den fast vier
Jahren als Regierungschef so manches Wechselbad. Schon im Sommer 2004
hatte Vanhanen eine Krise zu bewältigen, als sein Vater, der emeritierte
Professor Tatu Vanhanen, mit merkwürdigen Rassentheorien für Kopfschütteln
sorgte. Als sich seine langjährigen Ehefrau Merja vor zwei Jahren scheiden ließ,
nahm die finnische Boulevardpresse den Regierungschef gezielt aufs Korn.
Die Suche nach einer neuen Partnerin via Internet wurde dabei ebenso
breitgetreten wie die Information, wonach er seiner Freundin per SMS den
Laufpass gegeben haben soll. Zuletzt veröffentlichte jene enttäuschte ExFreundin auch noch ein Buch mit mehr oder weniger pikanten Details aus dem
Privatleben der beiden.
Obwohl er vor gut einem Jahr als Präsidentschaftskandidat neben dem
aggressiver auftretenden Konservativen Sauli Niinistö als Herausforderer von
Präsidentin Tarja Halonen total verblasste und mit 18,6 Prozent der Stimmen ein
enttäuschendes Resultat erzielte, dürften ihm die Skandälchen ganz
offensichtlich politisch nicht nachhaltig geschadet haben. Vielmehr trugen sie
zur Ausdifferenzierung seines „Langweiler“-Images in Richtung eines typischen
pragmatischen Finnen mit kleinen Schwächen bei. Politisch ist Vanhanen durchaus im Hauptfeld der finnischen Meinungslandschaft - als NATOSkeptiker und als vorsichtiger Atom-Kritiker bekannt.
Während des abgelaufenen EU-Vorsitzes Finnlands konnte sich Vanhanen - mit
dem erfahrenen Außenminister Erkki Tuomioja als Navigator - in ganz Europa
als sympathischer und kollegialer Ratsvorsitzender profilieren. Der stets zu
einem riskanten Witz aufgelegte scheidende französische Staatspräsident
Jacques Chirac erwies ihm noch einen medialen Sonderservice, als er Vanhanen
im Herbst auf dem EU-Asien-Gipfel gegenüber Kollegen scherzhaft als den
„sexiesten Mann Finnlands“ vorstellte.
Matti Vanhanen hat mit seiner geschiedenen Ehefrau zwei Töchter im TeenageAlter. Er trinkt keinen Alkohol.

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