Leben in der Servicewüste - QZ

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BESUCH BEI DEUTSCHLANDS KUNDENCHAMPIONS 2008 (TEIL 1)
Leben in der Servicewüste
Der Wettbewerb
Ziel des Wettbewerbs um „Deutschlands
Kundenchampions 2008“ ist es, vorbildliches Kundenbeziehungsmanagement in
Deutschland auszuzeichnen und ein Benchmarking für die Qualität von Customer Relationship Management (CRM) zu etablieren.
Gemeinsam mit der QZ wurde der Wettbewerb von der Deutschen Gesellschaft für
Qualität e. V. (DGQ), der forum! Marktforschung GmbH und dem Wirtschaftsmagazin
impulse initiiert. Bereits im ersten Wettbewerbsjahr ließen fünfzig hochkarätige Bewerber ihre Kundenbeziehungen messen
und bewerten (siehe QZ 8/2008, S. 16).
Unterdessen läuft die Bewerbungsphase
für das nächste Wettbewerbsjahr: Bewerbungsschluss ist am 19.12.2008, Frühbucherrabatt gibt es bis zum 31.10.2008.
Weitere Informationen sowie die Teilnahmebedingungen finden Sie unter:
www.deutschlands-kundenchampions.de
Die Besten
Folgende Unternehmen stellen wir Ihnen in
dieser Serie vor:
QZ 9/08 QVC Deutschland Inc. & Co. KG,
Düsseldorf (Handel non-food)
QZ 9/08 E+S Rückversicherung AG,
Hannover (Versicherung)
QZ 10/08 Optik Schlemmer e. K. Nürnberg
(Handel non-food)
QZ 10/08 Fachklinik Heiligenfeld GmbH,
Bad Kissingen (Gesundheit)
QZ 11/08 Jäger Direkt GmbH & Co. KG,
Reichelsheim (Elektro/Elektrotechnik/Mechatronik)
QZ 11/08 Domino e. V. Gesundheits- und
soziale Dienste, Birkenwerder (Gesundheit)
QZ 12/08 TNT Express GmbH, Troisdorf
(Transport/Logistik)
QZ 12/08 Webasto AG, Stockdorf
(Maschinen- und Anlagenbau)
Sämtliche bisher erschienenen Berichte
finden Sie unter:
www.qm-infocenter.de/dkc2008
QZ102655
Was haben „Deutschlands Kundenchampions 2008“, was
andere nicht haben? Inwiefern können die Spitzenreiter des
gleichnamigen Wettbewerbs mit ihrem Kundenbeziehungsmanagement als Best Cases gelten? Die QZ hat die acht
erfolgreichsten Unternehmen besucht und stellt fest:
Die „Servicewüste Deutschland“ füllt sich mit Leben!
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TELESHOPPING-SENDER QVC DEUTSCHLAND SETZT AUF KUNDENVERTRAUEN
„Die sind wirklich gut“
In den Düsseldorfer Rhein Studios herrscht
bereits seit dem frühen Nachmittag dieses
Tages freudige Entspannung. Denn seit das
Teleshopping-Unternehmen QVC ab Mitternacht mit dem aktuellen Verkaufsangebot
einer neuen Armbanduhr auf Sendung ist,
schießen die Bestellungen nur so in die Höhe. Auch Gerhard Neumann (Name von der
Redaktion geändert) ist begeistert. Er freut
sich am Telefon über den Kauf „seiner“ Uhr,
die er selbst mitgestaltet hat, und kann den
Liefertermin kaum erwarten. Bis dahin erfreue er sich an den drei anderen Zeitmessern, die er bereits vor geraumer Zeit aus
dieser Serie des Verkaufssenders erworben
habe, berichtet er am zugeschalteten Telefon. Jetzt hat er einen neuen Vorschlag parat, wie man das Produkt durch Diversifizierung noch einzigartiger gestalten könnte.
Moderator Ansgar Kessemeier vermittelt
den QVC-Kunden an den im Studio anwesenden Produktmanager des Uhrenherstellers.
Der Dialog mit dem Kunden beginnt.
Im Frühjahr hatten die Kunden das Chronometer via Internetbefragung nach eigenen
Vorstellungen konfiguriert. Kundenwünsche
bezüglich Material, Verarbeitung, Design, Farbe und anderen Eigenschaften flossen also
direkt in das Endprodukt ein. Von den kundenkonfigurierten Armbanduhren hatte der
Sender 4000 Stück in den Farben vergoldet,
rose vergoldet und Edelstahl produzieren
lassen. Bis auf wenige vergoldete Exemplare wurden diese heute komplett verkauft.
„Eine solche Aktion ist zwar nur von Zeit zu
Zeit möglich“, gibt Thomas Müller zu bedenken. Doch unterstreiche sie den Charakter
der „QVC-Familie“ und „dass wir für die Kunden erlebbar sind“, so der Director Customer Focus weiter. Und das ist möglich an
365 Tagen und 24 Stunden live auf Sendung. Einen direkteren Draht zum Kunden
gibt es für Müller nicht. Produkte aus den
Bereichen Home, Schmuck, Mode sowie
Lifestyle and Beauty, aber auch Do-it-yourself- und Technikartikel machen im Wesentlichen das Sortiment aus.
Aktiver Kundendialog baut Vertrauen auf
Alle „on Air“ eingeblendeten Zahlen sind
echt. Wäre dies nicht der Fall, würde das gesamte Unternehmen beim Kunden seine
Glaubwürdigkeit verlieren. So bildet der Kundendialog das zentrale Thema im Verkaufs-
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kanal. Regelmäßige Informationen der Kunden und Befragungen nach den Angeboten,
den Produkten sowie den Produkterklärungen, die über den Sender gehen, bestimmen
das Beziehungsmanagement. „Wir hören
den Kunden aktiv zu“, sagt Müller. Diese
Preisnachlass auf dem Markt profitieren,
nennt Müller „eine faire Behandlung, die
Glaubwürdigkeit schafft“.
Die Kunden ihrerseits empfanden diesen Schritt als ein „ungewohntes Erlebnis“
im Sinne der Vertrauensbildung und Kunden-
George Foreman, Ex-Boxchampion, präsentiert während seiner Europa-Promotion als Gast
bei QVC seinen fettlosen Schnellgrill.
durchgängige Kundenorientierung kommt
darüber hinaus durch eine vom Management
getragene Philosophie zum Ausdruck. „Das
Management lebt Werte vor.“ So werden
Kunden etwa über noch gar nicht erkannte
Abweichungen von Leistungsversprechen informiert. So geschehen bei der Präsentation eines neuen Flachbildschirm-Fernsehers
vor der Markteinführung durch den Hersteller. Der anschließend einsetzende Run auf
das Produkt hatte zum Preisverfall des Geräts geführt: Im Handel war es nun weitaus
günstiger zu beziehen. Der Sender reagierte prompt und informierte seine Kunden darüber, dass er ihnen die Differenz zwischen
dem Marktpreis und seinem im Vergleich dazu höheren Erstpreis erstatte. Die Tatsache,
dass auch diese Kunden im Nachhinein vom
bindung. Das ist wichtig. Mehr als 80 Prozent der Kunden sind Frauen im Alter von
rund 50 Jahren. „Geld muss ein vorhandener und Zeit ein verfügbarer Faktor unserer
Kunden sein“, bestätigt das Mitglied der
QVC-Geschäftsführung. Zwar seien einige
QVC-Produkte auch im Einzelhandel erhältlich, jedoch könne der Kunde dort nicht mit
der intensiven Beratung rechnen, die der
Sender mit seiner intensiven System- und
Produkterklärung biete.
QVC steht für Quality, Value, Convenience – Qualität, Wert, Bequemlichkeit. Um
die Botschaft hinter diese Initialien an den
Mann bzw. an die Frau zu bringen, wendet
der Düsseldorfer Versandhändler eine differenzierte Marketingstrategie an, die sich di
rekt an den Kunden richtet. Über sei-
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ne Grundzufriedenheit mit den Produkten
wird er zum „Botschafter“ des Unternehmens. „Unsere Kundenbeziehungen sind
hochemotional, häufig haben wir es nicht
bloß mit Kunden, sondern mit Fans zu tun“,
freut sich Müller und ergänzt: „Wir gewinnen
aber auch neue Erkenntnisse aus den Rückmeldungen unserer Kunden.“ So kam es
kürzlich zu einem erfolgreichen „Pilot“ in Sachen Übergrößen. Das Angebot bestand anfangs ausschließlich aus großformatiger
Bettwäsche, wurde später durch Nachtwäsche und Bademäntel im XXL-Format ergänzt
und zur „Reihe“ aufgewertet. Jetzt denkt
man in Düsseldorf über möglichst erfolgreiche Folgeprodukte nach.
Globale Trendscouts und Produkttests
Ein 80-köpfiges Einkaufsteam ist dabei weltweit als Trendscout auf der Suche nach neuen Artikeln unterwegs. Die Vorgaben lauten:
innovativ, exklusiv, hochwertig. Nachdem die
Einkäufer ihre Produktmuster präsentiert
haben, setzt die QVC-interne „Quality Assurance“ ein. Die Qualitätskontrolle führt Produkttests nach den Kriterien Sicherheit,
Funktionalität, Zuverlässigkeit, Design und
Qualität durch. Besteht das Produkt den Falltest aus 1,50 Meter Höhe? Ist das Textil
nach der fünfzigsten Wäsche noch farbidentisch? In gleicher Weise erfolgt die Qualitätssicherung bei Ankunft einer Großlieferung.
Auch die Erstmusterprüfungen mit Lieferantenfreigaben drücken den intensiven Kundenfokus aus. Bei fehlerhafter Lieferung
geht das Ganze an den Lieferanten zurück.
Müller: „In einem solchen Fall ändern wir
kurzfristig unser TV-Programm und informieren den Kunden so schnell wie möglich.“
Rund 1600 der mehr als 3500 Mitarbeiter in Deutschland stehen im direkten Kundenkontakt. Die eigene Unternehmenskultur „QVC-Difference“ wird jedoch – anhand
von Schulungsmodulen – vom Staplerfahrer
VORGESTELLT
Der Teleshop und seine Kunden
QVC Deutschland ist mit einem Marktanteil von über fünfzig Prozent der erfolgreichste deutsche Teleshopping-Anbieter.
Er erzielte 2007 einen Nettoumsatz von
634 Mio. Euro. Seinen Kunden bietet QVC
und bei der Kundenbewertung 459 von je
500 möglichen Punkten und errang damit
den ersten Platz. Der Index für Kundenorientierung der Mitarbeiter liegt bei 88
von 100 möglichen Punkten; den höchsten Wert erhielt QVC hier
bezüglich der Aussage: „Die
Mitarbeiter fühlen sich persönlich für die Zufriedenheit
der Kunden verantwortlich.“
Sämtliche Imagewerte liegen
70 000 Anrufe täglich:
das QVC-Call-Center
durchschnittlich 18 000 Produkte in den
Segmenten Home, Schmuck, Lifestyle &
Beauty und Mode. Einkäufer und Trendscouts recherchieren ständig nach innovativen Produkten für das QVC-Sortiment.
Anders als seine Wettbewerber erbringt
QVC alle Leistungen in Eigenregie – das
gilt für die TV-Produktion und die Logistik
ebenso wie für die Call-Center.
Beim Wettbewerb um „Deutschlands
Kundenchampions 2008“ erhielt das Unternehmen bei der Selbstbewertung 490
bei über 90 von 100 möglichen Punkten; die höchsten
Werte erzielt QVC für Fairness, Zuverlässigkeit, Sympathie und Erfolg. Auszug aus der Fremdbewertung durch die DGQ: „QVC ist völlig
durchdrungen von der Orientierung auf die
Kunden. Respekt und Wertschätzung für
die Kundenfamilie sind gestützt auf die
hohe Qualität der Produkte und kompromisslose Fairness und Transparenz in der
Kundenbeziehung.“
Monika Steuten
T 02 11/30 07–5427
[email protected]
www.qvc.de
im Auslieferungslager bis zum Call-CenterAgent jedem Mitarbeiter durchgängig vermittelt. „Gerade im Call-Center sind flexible
Arbeitseinsätze an der Tagesordnung“, sagt
der Director Customer Focus. Da kommt es
schon vor, dass der eine Agent eine Stunde
früher kommen, ein anderer mal eine Stunde länger bleiben muss. Trägt die Unternehmenskultur wesentlich zur inneren Motivation dieser Kundenkontakter bei, so sorgt eine weit über dem Branchendurchschnitt liegende Bezahlung auch für deren äußere
Motivation. So etwas spricht sich in der Szene herum und erklärt auch die hohe Bewerberzahl. Denn in den Call-Centern in Bochum
und Kassel gehen täglich mehr als 70 000
Anrufe von Kunden ein. Nachdem dort die
Seriosität des Anrufers sichergestellt ist,
wird er mit seiner repräsentativen Frage live
mit dem aktuellen Moderator im Studio verbunden, wie kurz zuvor Gerhard Neumann.
Seit dem Sendebeginn in Deutschland
1996 verzeichnet der Verkaufskanal ein
enormes Wachstum mit jährlich zweistelligen Steigerungsraten: Trotz einer Wachstumsdelle im Jahr 2007 ist auf lange Sicht
Expansion angesagt. Das Unternehmen ist
mit der Muttergesellschaft in den USA und
weiteren Standorten in England und Japan
international aufgestellt. „QVC ist nicht überall der erste Anbieter gewesen“, sagt Müller, „aber dafür sind wir heute überall dort
Marktführer, wo wir präsent sind.“ Die Erfahrungen aus den intensiven Kundenkontakten hätten dies erleichtert. Man wisse, wie
wichtig es ist, auf die jeweilige Mentalität in
den einzelnen Ländern einzugehen.
„Wir vertrauen unseren Kunden, unsere
Kunden vertrauen uns. Deshalb sind wir leistungsfähig“, bekräftigt die Pressestelle von
QVC. Das Vertrauen der Kunden entsteht
nur über Wertschätzung und Einstellung,
nicht über großspurige Hochglanzbroschüren und lautsprecherische Billigangebote.
„Unsere Kunden denken über uns: Die sind
wirklich gut, die tun nicht nur so“, sagt Thomas Müller und kommt auf den Wettbewerb
„Deutschlands Kundenchampions 2008“ zu
sprechen. Dort belegte QVC auf Anhieb den
ersten Platz. Bei so viel Kundenbeziehungsmanagement habe sich eigentlich niemand
über den Gewinn gewundert, stolz sei man
aber sehr darauf. Um das auch nach außen
hin zu demonstrieren, läuft der Trailer über
den Sieg in der Kundenchampions-Liga einige Male pro Tag über den Sender. Müller:
„Wer Verbesserungspotenziale aus seinen
Kundenbeziehungen gewinnen will, sollte
diesen Wettbewerb für sich nutzen.“ Rolf Henning, Frankfurt/M .
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E+S RÜCKVERSICHERUNG SETZT AUF LANGFRISTIGEN KUNDENDIALOG
„Qualitätsmängel sprechen sich schnell herum“
Ob sie denn wisse, dass die E+S Rückversicherung AG (E+S Rück) im aktuellen Wettbewerb um Deutschlands Kundenchampions unter den Top Ten rangiert? Die Dame
am Empfang lächelt und verneint. Als Grund
Denn bei den Kunden handelt es sich um
Profis im Versicherungsgeschäft. „Wir sind
der Versicherer der Versicherungen“, erklärt
Michael Pickel. Für das Mitglied des E+SRück-Vorstands liegt deshalb eine der wich-
Bodenständigkeit und Gediegenheit strahlt der Versicherer der Versicherungen für seine
Kunden aus.
vermutet sie leicht stockende Informationskanäle zum Empfangs- und Sicherheitspersonal, das von externen Dienstleistern gestellt wird.
Dirk Kohlenberg, Chief Controller im
Group Controlling Services, nimmt diese Vorlage direkt auf. Gemeinsam mit der Pressestelle will er die Kommunikation mit den externen Mitarbeitern künftig verbessern.
Denn bei dem Kundenchampion soll nicht
nur die Außen-, sondern bei rund 900 Mitarbeitern auch die Innenpolitik stimmen.
Dass die Kundenpolitik bei der E+S Rück
stimmt, wurde ihr als bestplatzierter Finanzdienstleister unter den deutschen Kundenchampions bereits bestätigt.
Die Kundenbeziehungen sind durch ein
Spezialwissen auf beiden Seiten geprägt.
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tigsten Aufgaben seines Unternehmens darin, „einem Erstversicherer Schutz und Sicherheit für einen Teil seiner Risiken zu bieten“. Karsten Faber, Leiter des Deutschlandgeschäfts, veranschaulicht das am Beispiel
des Terroranschlags auf das New Yorker
World Trade Center, der unter dem Datum
„nine-eleven“ in die Geschichte einging:
„Dies ist der bisher größte Schaden der Versicherungsgeschichte, der von Menschen
verursacht wurde. Die weltweite Versicherungswirtschaft musste schätzungsweise
40 bis 60 Milliarden Dollar aufbringen. Davon entfallen aus unserer Sicht 70 Prozent
auf den Rückversicherungsmarkt mit rund
300 Teilnehmern.“ Das Bedürfnis der Erstversicherer, Verluste aus Großschadenereignissen aufzuteilen, ist daher für den Zentral-
bereichsleiter Deutschland nachvollziehbar.
Die E+S Rück gehört mehrheitlich der
Hannover Rückversicherung (HR) AG. Während sich die HR auf das internationale Geschäft konzentriert, ist die E+S Rück auf den
deutschen Markt spezialisiert. Als qualitativ hochwertiger Rückversicherer verfolgt sie
eine kundenorientierte Strategie, die langfristig ausgerichtet ist und eine umfassende Servicepalette offeriert. Neben einer Vielzahl von Dienstleistungen werden auch innovative Produktideen angeboten.
„Unsere Kunden bescheinigen uns in
der Markenwahrnehmung eine ausgeprägte
Bodenständigkeit, verbunden mit einer überdurchschnittlichen Kundenorientierung“, versichert Vorstand Michael Pickel mit Bezug
auf eine Studie über die Kundenbeziehungen seines Unternehmens. „Wir haben das
Vertrauen unserer Kunden, die sich gern
über uns äußern“, bestätigt auch Dirk Kohlenberg. Schnelles Feedback an die Kunden
über kurze Entscheidungswege im Haus bildet dafür die Grundlage. Mitentscheidend
hinzu kommt für Karsten Faber der menschliche Faktor. „Wir machen mit weniger Leuten ein genauso gutes Geschäft, wie unsere größeren Mitbewerber es im großen Stil
machen. Unser Erfolg resultiert aus unseren persönlichen Beziehungen zum Kunden
– auch mal ganz privat beim Bier.“
Menschlicher Faktor im Kundendialog
Aktive Kundeneinbeziehung beginnt für die
Rückversicherer bereits bei der eigenen
Strategie. Workshops mit Kundenbefragung
und Kundenfragen zur Detail- und Langzeitstrategie, das jährliche Hannover-Forum mit
einem Schwerpunktthema sowie die Jahresfachtagung mit einem Spezialthema, diverse Rückversicherungsseminare für die Kunden und mehrfach im Jahr ein Meinungsaustausch in kleiner Besetzung am „runden
Tisch“ charakterisieren ein hoch entwickeltes Kundenbeziehungsmanagement. „Allen
deutschen Kunden ermöglichen wir auch
den elektronischen Direktkontakt über Extranet-Zugang“, ergänzt Angela Sprinkmann,
Deputy Controller.
Über die finanzielle Beteiligung an der
E+S Rück besteht darüber hinaus eine enge Verzahnung mit den Schlüsselkunden.
Teilweise in Partnerschaft mit den Kunden
werden auch deren Produkte und
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Dienstleistungen erweitert und weiterentwickelt. Das erfordert eine aktive Information
und Kommunikation mit den Kunden. All diese Komponenten schätzen die Chefstrategen Pickel und Faber als „ein ständiges Review unserer Strategie“ ein. „Das macht kein
Wettbewerber“, bekennt Faber. So ist die
E+S Rück im Rahmen einer Marktstudie von
ihren Kunden gegenüber ihren drei Hauptmitbewerbern mit Schulnoten zwischen 1,7
und 1,0 als sehr gut aufgestellt beurteilt
worden. Die Zahlen sprechen für sich, obwohl der direkte Wettbewerb mit rund hundert Anbietern weltweit relativ überschaubar
ist. Auch darf man den indirekten Wettbewerb nicht aus den Augen verlieren, obwohl
dieser über eine Vielzahl von Strukturberatern mit Rückversicherungskonzepten stark
segmentiert ist.
Das alles wissen auch sämtliche Mitarbeiter. Alle sind in die Kundenbeziehungen
eingebunden. Auf allen Hierarchieebenen
bestehen intensive Kundenkontakte. Jeder
Mitarbeiter ist vom Fach und seit mindestens zehn Jahren dabei. „Das Know-how unserer Mitarbeiter ist die Basis für unseren
Erfolg beim Kunden“, verrät Michael Pickel.
Permanente Weiterbildung ist für jeden Einzelnen Pflicht. Die Befähigung der Mitarbeiter führt zur emotionalen Bindung an das
Unternehmen.
Qualität, Excellence, Benchmarking
„Unsere Welt ist ein kleines Universum.
Wenn es da an Qualität hapert, spricht sich
das schnell herum“, weiß Deutschlandleiter Faber und zitiert die Kunden, die bestätigen, dass E+S Rück zum Beispiel schnell
auf Anfragen reagiert. „Das ist ein Qualitätsfaktor.“ Was wirklich zählt, ist Qualität,
sagt bereits die Homepage mit dem abgebildeten ISO 9001-Zertifikat. Darüber hinaus ist man in Sachen Business Excellence
aktiv. „Innerhalb der Levels of Excellence
VORGESTELLT
Der Rückversicherer und seine Kunden
Die E+S Rückversicherung AG ist mit
einem Prämienvolumen von rund 8 Milliarden Euro eine der führenden Rückver-
landgeschäft der Gruppe wird von der
Tochtergesellschaft E+S Rück betrieben.
Das Unternehmen arbeitet nach dem
Performance-Excellence-Managementsystem, das auf
dem Excellence-Modell der
EFQM basiert.
Beim Wettbewerb um
„Deutschlands
Kundenchampions 2008“ erhielt
das Unternehmen bei der
Selbstbewertung 457 und
bei der Kundenbewertung
380 von je 500 möglichen
Punkten. Es errang damit
den insgesamt sechsten
Platz und ist der beste Finanzdienstleister im WettbeDeutschlandleiter Karsten Faber (Mitte) und ein Teil sei- werb. Auszug aus der Fremdnes Teams freuen sich über positive Kundenreaktionen.
bewertung durch die DGQ:
„Die Zusammenarbeit mit in
sicherungsgruppen der Welt. Sie betreibt
der Branche vergleichsweise kleinen Kunalle Sparten der Schaden- und Personenden erfordert eine hohe Flexibilität und
Rückversicherung und unterhält RückverVielseitigkeit. E+S zeichnet sich daher
sicherungsbeziehungen mit über 5 000
konsequent durch hohe InnovationsfähigVersicherungsgesellschaften in rund 150
keit aus und entwickelt für seine Kunden
Ländern. Ihre weltweite Infrastruktur beProdukte und Dienstleistungen.“
Angela Sprinkmann
steht aus über 100 Tochter- und BeteiliT 05 11/56 04–2122
gungsgesellschaften, Niederlassungen
[email protected]
und Repräsentanzen in rund 20 Ländern
www.es-rueck.de
mit ca. 1 800 Mitarbeitern. Das Deutsch-
werden wir derzeit mit 569 Punkten bewertet“, so der Zentralbereichsleiter. Damit
jeder das EFQM-Modell versteht, gehen die
Rückversicherer mit normalem Menschenverstand an dessen Vermittlung heran. Was
extern als die sogenannten Befähiger und
deren Kriterien definiert ist, bedeutet intern die systematische Klärung der Frage:
„Wie tun wir die Dinge?“ Den ErgebnisBereich des EFQM-Modells vermittelt die
E+S Rück ihren Mitarbeitern mit der Erklärung: „Was wir erreichen!“
Bei so viel Qualitätsaktivitäten sei die
Teilnahme am Wettbewerb um die deutschen
Kundenchampions fast die logische Folge
der eigenen Firmenstrategie gewesen, fasst
Vorstandsmitglied Michael Pickel zusammen. Insbesondere die Kundenbefragung
durch einen Externen habe E+S Rück über
die eingegangenen Rückmeldungen neue
Impulse vermittelt. „Wir hatten eigentlich mit
mehr Teilnehmern aus der Versicherungsbranche gerechnet als nur mit der Barmenia“, gesteht der Zentralbereichsleiter
Deutschland. Vielleicht bedauert er aber insgeheim diese Tatsache gar nicht, denn anschließend bemerkt Karsten Faber: „Wir profitieren jetzt von den neuen, branchenübergreifenden Benchmarks.“
Auf den Lorbeeren ausruhen wolle man
sich keinesfalls. Aber ständige Befragungen für die Teilnahme an Wettbewerben
müssten künftig verantwortungsvoll dosiert
werden. „In der Welt der Rückversicherung
gehen die Uhren eben etwas langsamer“,
sagt Faber. Damit meint er, dass eine Kundenzufriedenheitsstudie, die Self-Assessments nach EFQM sowie weitere informelle Kundenerhebungen fast jedes Mal bei
denselben Adressaten landeten. „Es werden immer wieder die gleichen Leute befragt. Irgendwann ist mal gut“, so der Originalton Faber. Wie bereits bei der Kundenzufriedenheitsstudie der E+S Rück wolle
man sich künftig bei ähnlichen Aktionen an
einen vernünftigen Drei-Jahres-Turnus halten. Rückversicherung sei ein komplexes
und vertrauensbetontes Geschäft. Oberstes Ziel sei es, für den Kunden stets ansprechbar zu sein. „Wir sind offen für den
Austausch“, betont Faber, „deshalb bleiben
wir im Dialog mit unseren Kunden. Das
zahlt sich aus.“
Schichtwechsel nach einigen Stunden:
Beim Abschied von der E+S Rück sitzt eine
neue Dame am Empfang. Nachdem sie ein
Taxi bestellt hat, erkundigt sie sich, wie denn
das Interview mit dem deutschen Kundenchampion gelaufen sei. Rolf Henning, Frankfurt/M.
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