Leben in der Servicewüste - QZ
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Leben in der Servicewüste - QZ
REPORT © 2008 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 52 BESUCH BEI DEUTSCHLANDS KUNDENCHAMPIONS 2008 (TEIL 1) Leben in der Servicewüste Der Wettbewerb Ziel des Wettbewerbs um „Deutschlands Kundenchampions 2008“ ist es, vorbildliches Kundenbeziehungsmanagement in Deutschland auszuzeichnen und ein Benchmarking für die Qualität von Customer Relationship Management (CRM) zu etablieren. Gemeinsam mit der QZ wurde der Wettbewerb von der Deutschen Gesellschaft für Qualität e. V. (DGQ), der forum! Marktforschung GmbH und dem Wirtschaftsmagazin impulse initiiert. Bereits im ersten Wettbewerbsjahr ließen fünfzig hochkarätige Bewerber ihre Kundenbeziehungen messen und bewerten (siehe QZ 8/2008, S. 16). Unterdessen läuft die Bewerbungsphase für das nächste Wettbewerbsjahr: Bewerbungsschluss ist am 19.12.2008, Frühbucherrabatt gibt es bis zum 31.10.2008. Weitere Informationen sowie die Teilnahmebedingungen finden Sie unter: www.deutschlands-kundenchampions.de Die Besten Folgende Unternehmen stellen wir Ihnen in dieser Serie vor: QZ 9/08 QVC Deutschland Inc. & Co. KG, Düsseldorf (Handel non-food) QZ 9/08 E+S Rückversicherung AG, Hannover (Versicherung) QZ 10/08 Optik Schlemmer e. K. Nürnberg (Handel non-food) QZ 10/08 Fachklinik Heiligenfeld GmbH, Bad Kissingen (Gesundheit) QZ 11/08 Jäger Direkt GmbH & Co. KG, Reichelsheim (Elektro/Elektrotechnik/Mechatronik) QZ 11/08 Domino e. V. Gesundheits- und soziale Dienste, Birkenwerder (Gesundheit) QZ 12/08 TNT Express GmbH, Troisdorf (Transport/Logistik) QZ 12/08 Webasto AG, Stockdorf (Maschinen- und Anlagenbau) Sämtliche bisher erschienenen Berichte finden Sie unter: www.qm-infocenter.de/dkc2008 QZ102655 Was haben „Deutschlands Kundenchampions 2008“, was andere nicht haben? Inwiefern können die Spitzenreiter des gleichnamigen Wettbewerbs mit ihrem Kundenbeziehungsmanagement als Best Cases gelten? Die QZ hat die acht erfolgreichsten Unternehmen besucht und stellt fest: Die „Servicewüste Deutschland“ füllt sich mit Leben! REPORT © 2008 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 53 TELESHOPPING-SENDER QVC DEUTSCHLAND SETZT AUF KUNDENVERTRAUEN „Die sind wirklich gut“ In den Düsseldorfer Rhein Studios herrscht bereits seit dem frühen Nachmittag dieses Tages freudige Entspannung. Denn seit das Teleshopping-Unternehmen QVC ab Mitternacht mit dem aktuellen Verkaufsangebot einer neuen Armbanduhr auf Sendung ist, schießen die Bestellungen nur so in die Höhe. Auch Gerhard Neumann (Name von der Redaktion geändert) ist begeistert. Er freut sich am Telefon über den Kauf „seiner“ Uhr, die er selbst mitgestaltet hat, und kann den Liefertermin kaum erwarten. Bis dahin erfreue er sich an den drei anderen Zeitmessern, die er bereits vor geraumer Zeit aus dieser Serie des Verkaufssenders erworben habe, berichtet er am zugeschalteten Telefon. Jetzt hat er einen neuen Vorschlag parat, wie man das Produkt durch Diversifizierung noch einzigartiger gestalten könnte. Moderator Ansgar Kessemeier vermittelt den QVC-Kunden an den im Studio anwesenden Produktmanager des Uhrenherstellers. Der Dialog mit dem Kunden beginnt. Im Frühjahr hatten die Kunden das Chronometer via Internetbefragung nach eigenen Vorstellungen konfiguriert. Kundenwünsche bezüglich Material, Verarbeitung, Design, Farbe und anderen Eigenschaften flossen also direkt in das Endprodukt ein. Von den kundenkonfigurierten Armbanduhren hatte der Sender 4000 Stück in den Farben vergoldet, rose vergoldet und Edelstahl produzieren lassen. Bis auf wenige vergoldete Exemplare wurden diese heute komplett verkauft. „Eine solche Aktion ist zwar nur von Zeit zu Zeit möglich“, gibt Thomas Müller zu bedenken. Doch unterstreiche sie den Charakter der „QVC-Familie“ und „dass wir für die Kunden erlebbar sind“, so der Director Customer Focus weiter. Und das ist möglich an 365 Tagen und 24 Stunden live auf Sendung. Einen direkteren Draht zum Kunden gibt es für Müller nicht. Produkte aus den Bereichen Home, Schmuck, Mode sowie Lifestyle and Beauty, aber auch Do-it-yourself- und Technikartikel machen im Wesentlichen das Sortiment aus. Aktiver Kundendialog baut Vertrauen auf Alle „on Air“ eingeblendeten Zahlen sind echt. Wäre dies nicht der Fall, würde das gesamte Unternehmen beim Kunden seine Glaubwürdigkeit verlieren. So bildet der Kundendialog das zentrale Thema im Verkaufs- QZ Jahrgang 53 (2008) 9 kanal. Regelmäßige Informationen der Kunden und Befragungen nach den Angeboten, den Produkten sowie den Produkterklärungen, die über den Sender gehen, bestimmen das Beziehungsmanagement. „Wir hören den Kunden aktiv zu“, sagt Müller. Diese Preisnachlass auf dem Markt profitieren, nennt Müller „eine faire Behandlung, die Glaubwürdigkeit schafft“. Die Kunden ihrerseits empfanden diesen Schritt als ein „ungewohntes Erlebnis“ im Sinne der Vertrauensbildung und Kunden- George Foreman, Ex-Boxchampion, präsentiert während seiner Europa-Promotion als Gast bei QVC seinen fettlosen Schnellgrill. durchgängige Kundenorientierung kommt darüber hinaus durch eine vom Management getragene Philosophie zum Ausdruck. „Das Management lebt Werte vor.“ So werden Kunden etwa über noch gar nicht erkannte Abweichungen von Leistungsversprechen informiert. So geschehen bei der Präsentation eines neuen Flachbildschirm-Fernsehers vor der Markteinführung durch den Hersteller. Der anschließend einsetzende Run auf das Produkt hatte zum Preisverfall des Geräts geführt: Im Handel war es nun weitaus günstiger zu beziehen. Der Sender reagierte prompt und informierte seine Kunden darüber, dass er ihnen die Differenz zwischen dem Marktpreis und seinem im Vergleich dazu höheren Erstpreis erstatte. Die Tatsache, dass auch diese Kunden im Nachhinein vom bindung. Das ist wichtig. Mehr als 80 Prozent der Kunden sind Frauen im Alter von rund 50 Jahren. „Geld muss ein vorhandener und Zeit ein verfügbarer Faktor unserer Kunden sein“, bestätigt das Mitglied der QVC-Geschäftsführung. Zwar seien einige QVC-Produkte auch im Einzelhandel erhältlich, jedoch könne der Kunde dort nicht mit der intensiven Beratung rechnen, die der Sender mit seiner intensiven System- und Produkterklärung biete. QVC steht für Quality, Value, Convenience – Qualität, Wert, Bequemlichkeit. Um die Botschaft hinter diese Initialien an den Mann bzw. an die Frau zu bringen, wendet der Düsseldorfer Versandhändler eine differenzierte Marketingstrategie an, die sich di rekt an den Kunden richtet. Über sei- REPORT © 2008 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 54 ne Grundzufriedenheit mit den Produkten wird er zum „Botschafter“ des Unternehmens. „Unsere Kundenbeziehungen sind hochemotional, häufig haben wir es nicht bloß mit Kunden, sondern mit Fans zu tun“, freut sich Müller und ergänzt: „Wir gewinnen aber auch neue Erkenntnisse aus den Rückmeldungen unserer Kunden.“ So kam es kürzlich zu einem erfolgreichen „Pilot“ in Sachen Übergrößen. Das Angebot bestand anfangs ausschließlich aus großformatiger Bettwäsche, wurde später durch Nachtwäsche und Bademäntel im XXL-Format ergänzt und zur „Reihe“ aufgewertet. Jetzt denkt man in Düsseldorf über möglichst erfolgreiche Folgeprodukte nach. Globale Trendscouts und Produkttests Ein 80-köpfiges Einkaufsteam ist dabei weltweit als Trendscout auf der Suche nach neuen Artikeln unterwegs. Die Vorgaben lauten: innovativ, exklusiv, hochwertig. Nachdem die Einkäufer ihre Produktmuster präsentiert haben, setzt die QVC-interne „Quality Assurance“ ein. Die Qualitätskontrolle führt Produkttests nach den Kriterien Sicherheit, Funktionalität, Zuverlässigkeit, Design und Qualität durch. Besteht das Produkt den Falltest aus 1,50 Meter Höhe? Ist das Textil nach der fünfzigsten Wäsche noch farbidentisch? In gleicher Weise erfolgt die Qualitätssicherung bei Ankunft einer Großlieferung. Auch die Erstmusterprüfungen mit Lieferantenfreigaben drücken den intensiven Kundenfokus aus. Bei fehlerhafter Lieferung geht das Ganze an den Lieferanten zurück. Müller: „In einem solchen Fall ändern wir kurzfristig unser TV-Programm und informieren den Kunden so schnell wie möglich.“ Rund 1600 der mehr als 3500 Mitarbeiter in Deutschland stehen im direkten Kundenkontakt. Die eigene Unternehmenskultur „QVC-Difference“ wird jedoch – anhand von Schulungsmodulen – vom Staplerfahrer VORGESTELLT Der Teleshop und seine Kunden QVC Deutschland ist mit einem Marktanteil von über fünfzig Prozent der erfolgreichste deutsche Teleshopping-Anbieter. Er erzielte 2007 einen Nettoumsatz von 634 Mio. Euro. Seinen Kunden bietet QVC und bei der Kundenbewertung 459 von je 500 möglichen Punkten und errang damit den ersten Platz. Der Index für Kundenorientierung der Mitarbeiter liegt bei 88 von 100 möglichen Punkten; den höchsten Wert erhielt QVC hier bezüglich der Aussage: „Die Mitarbeiter fühlen sich persönlich für die Zufriedenheit der Kunden verantwortlich.“ Sämtliche Imagewerte liegen 70 000 Anrufe täglich: das QVC-Call-Center durchschnittlich 18 000 Produkte in den Segmenten Home, Schmuck, Lifestyle & Beauty und Mode. Einkäufer und Trendscouts recherchieren ständig nach innovativen Produkten für das QVC-Sortiment. Anders als seine Wettbewerber erbringt QVC alle Leistungen in Eigenregie – das gilt für die TV-Produktion und die Logistik ebenso wie für die Call-Center. Beim Wettbewerb um „Deutschlands Kundenchampions 2008“ erhielt das Unternehmen bei der Selbstbewertung 490 bei über 90 von 100 möglichen Punkten; die höchsten Werte erzielt QVC für Fairness, Zuverlässigkeit, Sympathie und Erfolg. Auszug aus der Fremdbewertung durch die DGQ: „QVC ist völlig durchdrungen von der Orientierung auf die Kunden. Respekt und Wertschätzung für die Kundenfamilie sind gestützt auf die hohe Qualität der Produkte und kompromisslose Fairness und Transparenz in der Kundenbeziehung.“ Monika Steuten T 02 11/30 07–5427 [email protected] www.qvc.de im Auslieferungslager bis zum Call-CenterAgent jedem Mitarbeiter durchgängig vermittelt. „Gerade im Call-Center sind flexible Arbeitseinsätze an der Tagesordnung“, sagt der Director Customer Focus. Da kommt es schon vor, dass der eine Agent eine Stunde früher kommen, ein anderer mal eine Stunde länger bleiben muss. Trägt die Unternehmenskultur wesentlich zur inneren Motivation dieser Kundenkontakter bei, so sorgt eine weit über dem Branchendurchschnitt liegende Bezahlung auch für deren äußere Motivation. So etwas spricht sich in der Szene herum und erklärt auch die hohe Bewerberzahl. Denn in den Call-Centern in Bochum und Kassel gehen täglich mehr als 70 000 Anrufe von Kunden ein. Nachdem dort die Seriosität des Anrufers sichergestellt ist, wird er mit seiner repräsentativen Frage live mit dem aktuellen Moderator im Studio verbunden, wie kurz zuvor Gerhard Neumann. Seit dem Sendebeginn in Deutschland 1996 verzeichnet der Verkaufskanal ein enormes Wachstum mit jährlich zweistelligen Steigerungsraten: Trotz einer Wachstumsdelle im Jahr 2007 ist auf lange Sicht Expansion angesagt. Das Unternehmen ist mit der Muttergesellschaft in den USA und weiteren Standorten in England und Japan international aufgestellt. „QVC ist nicht überall der erste Anbieter gewesen“, sagt Müller, „aber dafür sind wir heute überall dort Marktführer, wo wir präsent sind.“ Die Erfahrungen aus den intensiven Kundenkontakten hätten dies erleichtert. Man wisse, wie wichtig es ist, auf die jeweilige Mentalität in den einzelnen Ländern einzugehen. „Wir vertrauen unseren Kunden, unsere Kunden vertrauen uns. Deshalb sind wir leistungsfähig“, bekräftigt die Pressestelle von QVC. Das Vertrauen der Kunden entsteht nur über Wertschätzung und Einstellung, nicht über großspurige Hochglanzbroschüren und lautsprecherische Billigangebote. „Unsere Kunden denken über uns: Die sind wirklich gut, die tun nicht nur so“, sagt Thomas Müller und kommt auf den Wettbewerb „Deutschlands Kundenchampions 2008“ zu sprechen. Dort belegte QVC auf Anhieb den ersten Platz. Bei so viel Kundenbeziehungsmanagement habe sich eigentlich niemand über den Gewinn gewundert, stolz sei man aber sehr darauf. Um das auch nach außen hin zu demonstrieren, läuft der Trailer über den Sieg in der Kundenchampions-Liga einige Male pro Tag über den Sender. Müller: „Wer Verbesserungspotenziale aus seinen Kundenbeziehungen gewinnen will, sollte diesen Wettbewerb für sich nutzen.“ Rolf Henning, Frankfurt/M . © Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 53 (2008) 9 REPORT © 2008 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 55 E+S RÜCKVERSICHERUNG SETZT AUF LANGFRISTIGEN KUNDENDIALOG „Qualitätsmängel sprechen sich schnell herum“ Ob sie denn wisse, dass die E+S Rückversicherung AG (E+S Rück) im aktuellen Wettbewerb um Deutschlands Kundenchampions unter den Top Ten rangiert? Die Dame am Empfang lächelt und verneint. Als Grund Denn bei den Kunden handelt es sich um Profis im Versicherungsgeschäft. „Wir sind der Versicherer der Versicherungen“, erklärt Michael Pickel. Für das Mitglied des E+SRück-Vorstands liegt deshalb eine der wich- Bodenständigkeit und Gediegenheit strahlt der Versicherer der Versicherungen für seine Kunden aus. vermutet sie leicht stockende Informationskanäle zum Empfangs- und Sicherheitspersonal, das von externen Dienstleistern gestellt wird. Dirk Kohlenberg, Chief Controller im Group Controlling Services, nimmt diese Vorlage direkt auf. Gemeinsam mit der Pressestelle will er die Kommunikation mit den externen Mitarbeitern künftig verbessern. Denn bei dem Kundenchampion soll nicht nur die Außen-, sondern bei rund 900 Mitarbeitern auch die Innenpolitik stimmen. Dass die Kundenpolitik bei der E+S Rück stimmt, wurde ihr als bestplatzierter Finanzdienstleister unter den deutschen Kundenchampions bereits bestätigt. Die Kundenbeziehungen sind durch ein Spezialwissen auf beiden Seiten geprägt. QZ Jahrgang 53 (2008) 9 tigsten Aufgaben seines Unternehmens darin, „einem Erstversicherer Schutz und Sicherheit für einen Teil seiner Risiken zu bieten“. Karsten Faber, Leiter des Deutschlandgeschäfts, veranschaulicht das am Beispiel des Terroranschlags auf das New Yorker World Trade Center, der unter dem Datum „nine-eleven“ in die Geschichte einging: „Dies ist der bisher größte Schaden der Versicherungsgeschichte, der von Menschen verursacht wurde. Die weltweite Versicherungswirtschaft musste schätzungsweise 40 bis 60 Milliarden Dollar aufbringen. Davon entfallen aus unserer Sicht 70 Prozent auf den Rückversicherungsmarkt mit rund 300 Teilnehmern.“ Das Bedürfnis der Erstversicherer, Verluste aus Großschadenereignissen aufzuteilen, ist daher für den Zentral- bereichsleiter Deutschland nachvollziehbar. Die E+S Rück gehört mehrheitlich der Hannover Rückversicherung (HR) AG. Während sich die HR auf das internationale Geschäft konzentriert, ist die E+S Rück auf den deutschen Markt spezialisiert. Als qualitativ hochwertiger Rückversicherer verfolgt sie eine kundenorientierte Strategie, die langfristig ausgerichtet ist und eine umfassende Servicepalette offeriert. Neben einer Vielzahl von Dienstleistungen werden auch innovative Produktideen angeboten. „Unsere Kunden bescheinigen uns in der Markenwahrnehmung eine ausgeprägte Bodenständigkeit, verbunden mit einer überdurchschnittlichen Kundenorientierung“, versichert Vorstand Michael Pickel mit Bezug auf eine Studie über die Kundenbeziehungen seines Unternehmens. „Wir haben das Vertrauen unserer Kunden, die sich gern über uns äußern“, bestätigt auch Dirk Kohlenberg. Schnelles Feedback an die Kunden über kurze Entscheidungswege im Haus bildet dafür die Grundlage. Mitentscheidend hinzu kommt für Karsten Faber der menschliche Faktor. „Wir machen mit weniger Leuten ein genauso gutes Geschäft, wie unsere größeren Mitbewerber es im großen Stil machen. Unser Erfolg resultiert aus unseren persönlichen Beziehungen zum Kunden – auch mal ganz privat beim Bier.“ Menschlicher Faktor im Kundendialog Aktive Kundeneinbeziehung beginnt für die Rückversicherer bereits bei der eigenen Strategie. Workshops mit Kundenbefragung und Kundenfragen zur Detail- und Langzeitstrategie, das jährliche Hannover-Forum mit einem Schwerpunktthema sowie die Jahresfachtagung mit einem Spezialthema, diverse Rückversicherungsseminare für die Kunden und mehrfach im Jahr ein Meinungsaustausch in kleiner Besetzung am „runden Tisch“ charakterisieren ein hoch entwickeltes Kundenbeziehungsmanagement. „Allen deutschen Kunden ermöglichen wir auch den elektronischen Direktkontakt über Extranet-Zugang“, ergänzt Angela Sprinkmann, Deputy Controller. Über die finanzielle Beteiligung an der E+S Rück besteht darüber hinaus eine enge Verzahnung mit den Schlüsselkunden. Teilweise in Partnerschaft mit den Kunden werden auch deren Produkte und REPORT © 2008 Carl Hanser Verlag, München www.qm-infocenter.de/QZ-Archiv Nicht zur Verwendung in Intranet- und Internet-Angeboten sowie elektronischen Verteilern 56 Dienstleistungen erweitert und weiterentwickelt. Das erfordert eine aktive Information und Kommunikation mit den Kunden. All diese Komponenten schätzen die Chefstrategen Pickel und Faber als „ein ständiges Review unserer Strategie“ ein. „Das macht kein Wettbewerber“, bekennt Faber. So ist die E+S Rück im Rahmen einer Marktstudie von ihren Kunden gegenüber ihren drei Hauptmitbewerbern mit Schulnoten zwischen 1,7 und 1,0 als sehr gut aufgestellt beurteilt worden. Die Zahlen sprechen für sich, obwohl der direkte Wettbewerb mit rund hundert Anbietern weltweit relativ überschaubar ist. Auch darf man den indirekten Wettbewerb nicht aus den Augen verlieren, obwohl dieser über eine Vielzahl von Strukturberatern mit Rückversicherungskonzepten stark segmentiert ist. Das alles wissen auch sämtliche Mitarbeiter. Alle sind in die Kundenbeziehungen eingebunden. Auf allen Hierarchieebenen bestehen intensive Kundenkontakte. Jeder Mitarbeiter ist vom Fach und seit mindestens zehn Jahren dabei. „Das Know-how unserer Mitarbeiter ist die Basis für unseren Erfolg beim Kunden“, verrät Michael Pickel. Permanente Weiterbildung ist für jeden Einzelnen Pflicht. Die Befähigung der Mitarbeiter führt zur emotionalen Bindung an das Unternehmen. Qualität, Excellence, Benchmarking „Unsere Welt ist ein kleines Universum. Wenn es da an Qualität hapert, spricht sich das schnell herum“, weiß Deutschlandleiter Faber und zitiert die Kunden, die bestätigen, dass E+S Rück zum Beispiel schnell auf Anfragen reagiert. „Das ist ein Qualitätsfaktor.“ Was wirklich zählt, ist Qualität, sagt bereits die Homepage mit dem abgebildeten ISO 9001-Zertifikat. Darüber hinaus ist man in Sachen Business Excellence aktiv. „Innerhalb der Levels of Excellence VORGESTELLT Der Rückversicherer und seine Kunden Die E+S Rückversicherung AG ist mit einem Prämienvolumen von rund 8 Milliarden Euro eine der führenden Rückver- landgeschäft der Gruppe wird von der Tochtergesellschaft E+S Rück betrieben. Das Unternehmen arbeitet nach dem Performance-Excellence-Managementsystem, das auf dem Excellence-Modell der EFQM basiert. Beim Wettbewerb um „Deutschlands Kundenchampions 2008“ erhielt das Unternehmen bei der Selbstbewertung 457 und bei der Kundenbewertung 380 von je 500 möglichen Punkten. Es errang damit den insgesamt sechsten Platz und ist der beste Finanzdienstleister im WettbeDeutschlandleiter Karsten Faber (Mitte) und ein Teil sei- werb. Auszug aus der Fremdnes Teams freuen sich über positive Kundenreaktionen. bewertung durch die DGQ: „Die Zusammenarbeit mit in sicherungsgruppen der Welt. Sie betreibt der Branche vergleichsweise kleinen Kunalle Sparten der Schaden- und Personenden erfordert eine hohe Flexibilität und Rückversicherung und unterhält RückverVielseitigkeit. E+S zeichnet sich daher sicherungsbeziehungen mit über 5 000 konsequent durch hohe InnovationsfähigVersicherungsgesellschaften in rund 150 keit aus und entwickelt für seine Kunden Ländern. Ihre weltweite Infrastruktur beProdukte und Dienstleistungen.“ Angela Sprinkmann steht aus über 100 Tochter- und BeteiliT 05 11/56 04–2122 gungsgesellschaften, Niederlassungen [email protected] und Repräsentanzen in rund 20 Ländern www.es-rueck.de mit ca. 1 800 Mitarbeitern. Das Deutsch- werden wir derzeit mit 569 Punkten bewertet“, so der Zentralbereichsleiter. Damit jeder das EFQM-Modell versteht, gehen die Rückversicherer mit normalem Menschenverstand an dessen Vermittlung heran. Was extern als die sogenannten Befähiger und deren Kriterien definiert ist, bedeutet intern die systematische Klärung der Frage: „Wie tun wir die Dinge?“ Den ErgebnisBereich des EFQM-Modells vermittelt die E+S Rück ihren Mitarbeitern mit der Erklärung: „Was wir erreichen!“ Bei so viel Qualitätsaktivitäten sei die Teilnahme am Wettbewerb um die deutschen Kundenchampions fast die logische Folge der eigenen Firmenstrategie gewesen, fasst Vorstandsmitglied Michael Pickel zusammen. Insbesondere die Kundenbefragung durch einen Externen habe E+S Rück über die eingegangenen Rückmeldungen neue Impulse vermittelt. „Wir hatten eigentlich mit mehr Teilnehmern aus der Versicherungsbranche gerechnet als nur mit der Barmenia“, gesteht der Zentralbereichsleiter Deutschland. Vielleicht bedauert er aber insgeheim diese Tatsache gar nicht, denn anschließend bemerkt Karsten Faber: „Wir profitieren jetzt von den neuen, branchenübergreifenden Benchmarks.“ Auf den Lorbeeren ausruhen wolle man sich keinesfalls. Aber ständige Befragungen für die Teilnahme an Wettbewerben müssten künftig verantwortungsvoll dosiert werden. „In der Welt der Rückversicherung gehen die Uhren eben etwas langsamer“, sagt Faber. Damit meint er, dass eine Kundenzufriedenheitsstudie, die Self-Assessments nach EFQM sowie weitere informelle Kundenerhebungen fast jedes Mal bei denselben Adressaten landeten. „Es werden immer wieder die gleichen Leute befragt. Irgendwann ist mal gut“, so der Originalton Faber. Wie bereits bei der Kundenzufriedenheitsstudie der E+S Rück wolle man sich künftig bei ähnlichen Aktionen an einen vernünftigen Drei-Jahres-Turnus halten. Rückversicherung sei ein komplexes und vertrauensbetontes Geschäft. Oberstes Ziel sei es, für den Kunden stets ansprechbar zu sein. „Wir sind offen für den Austausch“, betont Faber, „deshalb bleiben wir im Dialog mit unseren Kunden. Das zahlt sich aus.“ Schichtwechsel nach einigen Stunden: Beim Abschied von der E+S Rück sitzt eine neue Dame am Empfang. Nachdem sie ein Taxi bestellt hat, erkundigt sie sich, wie denn das Interview mit dem deutschen Kundenchampion gelaufen sei. Rolf Henning, Frankfurt/M. © Carl Hanser Verlag, München QZ Jahrgang 53 (2008) 9