141 2/12.2012 - Fitness Tribune

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141 2/12.2012 - Fitness Tribune
Editorial
25 Jahre Fitness Tribune
Was wird der Herausgeber und Chefredakteur
in seinem Editorial zur 25sten FITNESS TRIBUNE Ausgabe wohl schreiben?
Ich habe mir in der Tat viele Gedanken um dieses Editorial gemacht. 25 Jahre ist eine lange Zeit, nicht nur
für ein Fachmagazin in der Gesundheitsförderungsbranche, sondern auch für ein Menschenleben.
Für fitte und eigenverantwortliche Menschen sind
25 Jahre erst ein Viertel ihres Lebens, für uneinsichtige doch schon ein halbes Menschenleben!
So schreibe ich in diesem Editorial nicht über die
Höhepunkte und die diversen Inhalte der 25-jährigen Geschichte der FITNESS TRIBUNE, sondern
über meine persönliche Erfahrung als eigenverantwortlicher Mensch, der vor 22 Jahren von Zürich
auswanderte, um in eine neue Sprach- (italienisch) und Mentalitätsregion, eben nach Locarno
am schönen Lago Maggiore einzuwandern. Die
Parallelen in meinem Leben zu meiner geliebten
Gesundheitsförderungsindustrie und einige der
folgenden Wortpassagen werden Ihnen, geehrte
Leserin und Leser der FITNESS TRIBUNE als ein
„déjà vu“ vorkommen.
Vor 41 Jahren, 1972 (bis 1983) eröffnete ich mit 18
Jahren bereits die „Karate & Kung Fu Academy”.
1983, also vor 30 Jahren, mein erstes Fitnesscenter, ein mittelgrosses, aber erfolgreicher Fitnesscenter in Zürich, das „David Gym“ (1988 verkauft).
Ich hatte zudem eine Handelsfirma und produzierte während einer gewissen Zeit meine eigenen Kraftsportmaschinen unter dem Name „Gym
88“, nachdem ich 1987 mit einem guten Freund
den damals wohl grössten Fitness-Shop Europas
„Shark Fitness World“ eröffnet hatte. Ich verfüge
also über einiges Wissen darüber, wie man erfolgreich einen Fitnessclub mit über 600 Mitgliedern
auf 500 Quadratmetern führt und gleichzeitig
Handel betreibt mit führenden Kraftsportgeräteherstellern, (UNIVERSAL, ATTILA (1979-1983), DAVID 1981-1987,
erster Distributor weltweit), JOHNSON (1981-1999, zweiter Distributor
in Europa) GYM80 (1983-1987), GYM88 (1988-1990), PANATTA (19902001), Sporternährungsproduzenten (WEIDER-BRUMMER (1987-1993),
dann bis 2001 diverse Marken auch eigene Produkte (1990 bereits vom
BAG bewilligte L-Carnitin Produkte) verkauft, Textilmarken (CASALL
1980-2001) usw., denn meine erste Handelsfirma, die
Top Ten Articles wurde bereits 1979, also vor 34
Jahren gegründet. Ich kann Ihnen versichern, was
die Herstellung und Vertrieb von biomechanisch
und ergonomisch korrekten Kraftsportgeräten mit
und ohne Exzenter angeht, da weiss ich Bescheid,
genauso, wie man gesunde und wertvolle Zusatzergänzungsnahrung herstellt und vertreibt und wie
man erfolgreich Fitnessclubs einrichtet sowie führt
und als Kampfsportexperte habe ich auch meine
Erfolge gefeiert und immer den Kunden oder das
Mitglied in den Mittelpunkt stellt. Denn, dass der
Kunde König ist, haben heute in vielen Branchen
die meisten vergessen! Im Jahr 2001 habe ich dann
die letzte meiner Handelsfirmen verkauft und mich
zu 100% nur noch um die Herausgabe der FITNESS TRIBUNE gekümmert.
Die Quintessenz nach 25 Jahren FITNESS TRIBUNE ist aber nicht das Wissen, das ich mir selber
erarbeitet habe, sondern die Erkenntnis, dass sich
eigentlich sehr wenig geändert hat. Das betrifft vor
allem die Eigenverantwortung jedes einzelnen Menschen auf unserem Planeten.
In einer Gemeinde wie Locarno (oder besser im
Vorort Minusio) - das geht Ihnen bestimmt auch
so in Ihrer Stadt oder in Ihrem Dorf - konnte ich in
25 Jahren den Wertegang der mir bekannten Menschen beobachten; wie in einer Zeitmaschine. Ich
brachte meine Kinder in den Kindergarten, dann in
die Schule, dann ins Gymnasium und sah, wie sich
die anderen Mütter und Väter mit der Zeit äusserlich veränderten. Selbstverständlich verändere
auch ich mich.
Letzthin sagten mir meine heute 14-jährigen Zwillingsbuben: „Papa, langsam wird es peinlich mit
dir an Veranstaltungen zu gehen. Immer hören die
Leute von dir das Gleiche: «Trainiert Eure Muskeln,
denn das Krafttraining ist unser Jungbrunnen.
Esst möglichst wenig Fleisch, maximal einmal in
der Woche». Das hast Du schon im Kindergarten
gesagt und auch später überall immer wiederholt“.
Tatsächlich ertappe ich mich immer mehr dabei,
wie ich mit den heute 35- bis 60-jährigen Bekannten, auch Eltern anderer Kinder, immer über dieses
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für mich so wichtige „Gesundheits-Thema“ spreche. Die meisten Bekannten antworten so etwas
wie: „Meinst du? Ja, ich werde wieder mit Tennis
spielen beginnen“ oder „Ich steige jeden Tag meine
40 Stufen die Treppen zum Haus hoch“. Tatsächlich
aber zerfallen sie körperlich immer mehr und ihre
„kranke“ Zukunft ist einfach vorprogrammiert.
Ich sehe aber zunehmend Menschen, die nicht
nur äusserlich zerfallen, sondern auch innerlich.
Meine Frau sagt immer: „Du alleine kannst nicht die
Gesellschaft verändern, es wird viele Generationen
brauchen, bis die Menschen wieder lernen natürlich
und gesund zu leben“.
Sorry, ich habe keine Geduld. Ich sehe einfach, wie
vor allem die sozial unterste Schicht der menschlichen Gesellschaft an Übergewicht zunimmt, vorneweg die Kinder, und weder die Politiker, schon gar
nicht die Wirtschaft diese Katastrophe wahrnehmen will, sondern diesen Mega-Gesundheits-Gau
einfach ignoriert und fast nichts dieser Druckwelle
von einer bereits explodierten Atombombe entgegen zu setzen gedenkt.
Ich weiss, ich bin der geborene Gesundheitsprediger. Mir tut es weh, Menschen und vor allem Kinder zu sehen, die eigentlich nicht aus angeborener
Faulheit körperlich zerfallen, sondern weil ihnen
die Gesellschaft nicht hilft, ihnen das Wissen aus
unserer Präventionsbranche «Fitnessclub» weiterzugeben. Zum Beispiel in Form eines Pflichtfaches
könnte das Motto „VOLKGESUNDHEIT durch MUSKELTRAINING“ an den Schulen unterrichtet werden, theoretisch sowie praktisch. Zudem könnten,
wie schon in einigen Universitäten (Berlin, Basel
usw.) vorgezeigt, nur noch vegetarische Nahrung in
den Kantinen der Schulen angeboten werden.
Ein Vogel Strauss bin ich nicht und ich stecke meinen Kopf nicht in den Sand. „Lass sie doch sein, lass
doch deine Mitmenschen früher sterben“, höre ich
da und dort. Natürlich könnte ich auf diese Stimmen
hören. Aber da ist ein anderes Problem, dass unsere
Politiker immer noch nicht gelöst haben. Da ist dieser Solidaritätsgedanke. Die GESUNDEN finanzieren
die KRANKEN in den Krankenkassen und die JUNGEN die ALTEN in den Altersversicherungen.
Dieses Prinzip ist eben komplett falsch. Jeder
Mensch mit Eigenverantwor tung kann seine
Gesundheit selber in die Hand nehmen und ebenso
kann ein gesunder, alter Mensch sich um sich
selbst kümmern. Eigenverantwortung muss man
lernen, muss man Kindern in die Wiege legen. Aber,
wenn schon „verfette“, „verrauchte“ und „vergammelte“ Eltern nicht fähig sind, für sich Eigenverantwortung zu entwickeln, wie sollen sie als Vorbilder
dienen und ihrem eigenen Nachwuchs diese Eigenverantwortung beibringen?
Hier ist der Staat gefragt, das Schulwesen, ein
neuer Lernplan. Der obligatorische Turnunterricht
an Kraftmaschinen 3 x die Woche, verordnet ohne
jegliche Dispensation, der muss her!
Mein Fazit nach 25 Jahren FITNESS TRIBUNE lautet also: Wenn wir unsere Gesellschaft nicht bald
radikal ändern, werden die Mechanismen der
Unzufriedenheit, Ungerechtigkeit, Armut, Krankheit,
usw. unsere Gesellschaft in eine noch nie dagewesene tiefe Rezession führen. Es werden Depression
und möglicherweise ein Krieg folgen. Leider sind
die grössten Innovationen in der Menschheit immer
erst nach einem Krieg umgesetzt worden und so
möchte ich gerne unserer Branche Folgendes für
die nächsten 25 Jahre auf den Weg geben.
Wen wir also bald über 10% unserer Bevölkerung
alleine im D-A-CH Europas zum Training motiviert
haben und wir doch ach so viele neue Fitness-Studios haben, mit teuren oder extrem tiefen Mitgliedschaftsbeiträgen, wieso haben wir dann im D-A-CH
Europas, vor allem in Deutschland (übrigens auch in
allen anderen sogenannten ENTWICKELTEN Industrieländer wie die USA) immer mehr Übergewichtige,
ja schon eine regelrechte Adipositas Epidemie?
Wieso haben wir auf der einen Seite immer mehr
Fitnessclubs und doch auf der anderen Seite immer
mehr „verfettete Menschen“ auf unseren Strassen?
Die Antwort ist einfach. WIR LEBEN IN PARALLELWELTEN, wo die eine Industrie nicht mehr
weiss, was die andere tut. Für die meisten Ärzte
in Deutschland sind die Fitnessclubs schlicht und
einfach „Muckibuden“. Zum grössten Teil falsch
aber die Kommunikation nach Aussen stimmt nicht,
Jean-Pierre L.
Schupp
Ja hrga ng 1954,
verheiratet, 3 Kinder und bekennender Christ und
somit Monotheist.
Überzeugter Nichtraucher und seit 1998 Vegetarier.
Seit 1968 in der Martial Arts-, seit 1972 in der Fitness& Gesundheitsförderungsbranche tätig
Seit 1980 Träger des 5. Dan, Karate/Kick-Boxen usw.
Seit 1987 Chefredakteur und Herausgeber verschiedener Fitness-, Wellness- und Gesundheitsförderungs-Fachmagazine
Seit 1992 Mitglied des Schweizer Fachjournalisten
Verbandes (SFJ)
2004-2012: 5-facher Strenflex-Fitness-Decathlon
Weltmeister Altersklasse 50-59, 100kg+
Seit 2011 Buchautor: „Das Medaillon Gottes”
ISBN Nr. 978-3-033-02861-6
E-Mail: [email protected]
denn, unsere Fitnessclub-Branche hat es bis heute
noch nicht geschafft einen USP „Unique Sales Proposition“ zu erarbeiten, d.h. einen gemeinsamen
Nenner, ein Alleinstellungsmerkmal zu finden, mit
dem wir unsere „für die Gesellschaft überlebenswichtige“ Arbeit des Muskeltrainings im Fitnessclub vermarkten können.
Für mich ist der USP für die nächsten 25 Jahre klar:
VOLKSGESUNDHEIT durch
MUSKELTRAINING!
Muskeltraining verbindet Jung und Alt! (siehe mein
Editorial in der FT 140 www.fitnesstribune.com)
So wünsche ich mir, aber vor allem der menschlichen Gesellschaft, dass ich in 25 Jahren, beim
50-jährigen Jubiläum der FITNESS TRIBUNE nicht
wieder auf einer inoffiziellen Titelseite, eine zerlegte
Schaufensterpuppe abdrucken muss, als Symbol
für eine nicht funktionierende Gesellschaft in allen
Bereichen, auch in den Bereichen Gesundheitswesen und leider auch in unserer Fitnessstudiobranche, wo einige wenige ihre Macht missbrauchen
und vollkommen vergessen, dass sie damit einem
Industriezweig wohl mehr Schaden zufügen als diesem im Weiteraufbau zu dienen.
Da es unsere Branche auch noch nicht geschafft
hat, eine Nachfolgegeneration von Entscheidungsträgern in Sachen Prävention und eben «Volksgesundheit durch Mukeltraining» aufzubauen, werden
wir also leider noch einige Jahre von Unfähigkeit
gebremst werden. Oder es gibt immer mehr Entscheidungsträger die, wie ich, folgendes Statement unterstützen: „Glaube nur einem Menschen
seine Aussagen, wenn du auch siehst, dass er
selber nach diesen Grundsätzen lebt”, denn
Sprücheklopfer gibt es viele aber Visionäre, die
ein Vorbild für Kind und Gesellschaft sind, gibt es
wenige. Aber - und das ist das Erfreuliche an meinem Fazit nach 25 Jahren FITNESS TRIBUNE – es
gibt derer immer mehr, siehe die diversen z.T. positiven Artikel in dieser Jubiläumsausgabe FT 141!
Ich freue mich, mit genau diesen Vorbildern - einige
haben mir sogar ein Foto für «Ich lese die Fitness
Tribune» gemailt, siehe Seiten 58 bis 67 in dieser
Ausgabe - auch die nächsten 25 Jahre an einer
gesunden, positiven Gesellschaftsform weiter zu
arbeiten und danke meinen Abonnentinnen und
Abonnenten für ihre langjährige Treue, denn sie sind
das Rückgrat für meine oft kritischen Artikel. Denn
ohne finanzielle Unabhängigkeit dank der zahlenden Abonnenten und Inserenten, kann ein Fachmagazin auch nicht ein gewisses „Gewissen“ im Druck
umsetzen. Es würde seine Neutralität verlieren und
ohne neutralen Journalismus ist die Demokratie in
jeder Gesellschaft aufs Höchste gefährdet.
Vielen herzlichen Dank dafür!
Ihr, Jean-Pierre L. Schupp

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