Essen und Trinken 2 1 2016

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Essen und Trinken 2 1 2016
ESSEN UND TRINKEN
SAMSTAG
2. JANUAR 2016
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Pizza morgens um halb vier
In der Nacht und in den frühen Morgenstunden kann man mehr tun als schlafen, essen gehen zum Beispiel. Auch Mannheim hat für
hungrige Nachtschwärmer einiges zu bieten – sogar dann, wenn es kein Döner sein soll.
VON ANNE KATHRIN DOERR
kann sie nur spät weggehen. Und berufsbedingt sei sie sehr kritisch.
Durch ihren Freund ist sie in die Spaghetti-Oper gekommen. „Hier gibt
es nichts zu meckern, es gibt die besten selbstgemachten Nudeln.“
Freitags und samstags ist das Lokal bis 5 Uhr geöffnet. Küchenschluss ist kurz vor 4.30 Uhr. Unter
der Woche schließt die SpaghettiOper um 1 Uhr. In den Räumen des
Restaurants waren schon immer
Nachtschwärmer zu Hause, früher
noch mehr als heute. Einst hieß das
Lokal Geheimrat und war eine bekannte Szenekneipe. Daran erinnert
sich der heutige Inhaber Rainer Neff.
Der Mannheimer war auch mal Gast
dort. 2010 übernahm er es mit seiner
Frau. Damals hatte es schon ein anderes Konzept, hieß Spaghetti-Oper.
Vor der Übernahme sei es nicht gut
um das Lokal bestellt gewesen.
„Heute ist es jeden Abend voll.“
E
s ist Sonntagmorgen, zwei
Uhr. Schlafenszeit für einige,
Zeit zum Feiern für andere –
oder Zeit, um sich eine Pizza
oder eine Portion Pasta zu gönnen,
vielleicht mit Panna cotta oder
Crème caramel als Nachtisch. Im
Mannheimer Restaurant Frenk’s,
nicht weit vom Wasserturm entfernt,
merkt man die fortgeschrittene Uhrzeit nicht. Das gemütliche Restaurant mit seinen 100 Plätzen ist gut
besucht. In der offenen Küche wirbelt ein Pizzabäcker Teig durch die
Luft. Er wird das noch oft in dieser
Nacht tun. Bis fünf Uhr hat das Lokal
geöffnet – jeden Tag.
In der Raucherlounge sitzen Giuseppe Zingale und Salem Tayeb. Sie
lassen sich Spaghetti frutti di mare
und Canneloni schmecken. Die Teller sind fast leer. „Heute sind wir ausnahmsweise früh dran. Sonst essen
wir hier meist um drei oder vier
Uhr“, erzählen sie. Die beiden arbeiten im Palazzo und besuchen das
Frenk’s beinahe täglich nach der Arbeit. „Oder nach dem Feiern“, sagen
sie.
Nudeln am frühen Morgen
Feierabend im Frenk’s
„Es hat wieder gut geschmeckt, wie
immer.“ Salem kennt viele Gerichte
aus der Karte, er isst selten das Gleiche. Der gebürtige Tunesier hat das
Restaurant vor sieben Jahren entdeckt. Damals war er neu in Mannheim und in Deutschland. Ihm und
Giuseppe gefällt, dass sie nachts aus
der kompletten Karte wählen und
gemütlich sitzen können. Einer ihrer
Arbeitskollegen kommt rein, holt
seine Pizza ab und begrüßt die beiden. „Auch die anderen Kollegen
sind oft hier und viele, die im Rosengarten arbeiten“, erzählt Salem. „Die
anderen italienischen Restaurants
schließen schon um 23 Uhr. Hier bekommt man spät Essen, es schmeckt
einfach gut, das Team arbeitet großartig zusammen, und alle sind sehr
nett.“
Verantwortlich dafür, dass die
Teller am frühen Morgen gefüllt
sind, ist Giacomo Manici. Der Mann
aus Süditalien ist seit 29 Jahren, seit
der ersten Stunde, Geschäftsführer
im Frenk’s. Ursprünglich war das
Frenk’s eine Pianobar, in der man
Muskatnuss
sparsam
dosieren
Dass man mit Muskatnuss sparsam
sein sollte, wissen die meisten. Das
liegt an den Inhaltstoffen Myristicin
und Elemicin, erläutert der Verbraucherinformationsdienst aid. In größeren Mengen können diese Stoffe
bei manchen Menschen einen
rauschähnlichen Zustand auslösen.
Und das wiederum ist mitunter mit
Herzbeklemmungen,
Übelkeit,
Kopfschmerzen und Schwindel verbunden. Aber: Die Dosierung
macht’s.
Leichte Schärfe, volles Aroma
Wer etwas Muskatnuss beispielsweise über eine Soße reibt, muss sich
keine Sorgen machen. Ansonsten
besteht die Muskatnuss zu rund
zehn Prozent aus ätherischen Ölen,
sie hat ein volles Aroma mit einer
leichten Schärfe. Mit Muskatnuss
lassen sich bekannterweise vor allem helle Soßen und Suppen verfeinern, sie passt zu Gemüse wie Spinat, Kohlrabi, Lauch und Blumenkohl. Muskat verleiht aber auch Kartoffelpüree, Fisch, Wild und Lamm
eine interessante Note. Und: Das besondere Muskat-Aroma kann auch
süße Speisen aufpeppen, wer will,
kann es beispielsweise auch zu
Pfannkuchen, Eis und Obstsalat dazugeben.
tmn
Giacomo Manici, Pizzabäcker und Geschäftsführer bei Frenk’s, wirbelt den Teig durch die Luft.
Salem Tayeb (mittleres Bild, links) und Guiseppe Zingale lassen es sich nach der Arbeit schmecken.
Kleinigkeiten essen und einen Aperitif trinken konnte. Aus dieser Zeit
stammt auch der Name. „Der ehemalige
Restaurantleiter
hieß
Franco“, sagt Manici.
Das Klavier gibt es noch im hinteren Teil des Lokals, in dem man un-
ter Straßenlaternen Platz nehmen
kann. Seit vielen Jahren schon ist das
Frenk’s ein Speiselokal und bekannt
für die Nachtküche. „Zu uns kommen Geschäftsleute, Liebespaare,
Gastronomen oder Freundeskreise
nach der Party.“ Auch Thomas Gott-
schalk, Helmut Kohl, Mario Barth
und bekannte Fußballspieler seien
schon dort gewesen. Ebenfalls meist
zu fortgeschrittener Stunde. „Wenn
eine Veranstaltung zu Ende ist,
möchte man nicht den Druck haben,
schnell bestellen und essen zu müs-
BILDER: DOERR
sen. Man möchte gemütlich sitzen
und höflich bedient werden.“ Im
Sommer kämen viele, die sich
nachts einen Eisbecher bestellen.
„Das kann man sonst nirgends um
die Uhrzeit“, sagt Manici.
Ein paar Straßen weiter in den
Quadraten, in K2, sitzt eine Gruppe
vor gefüllten Tellern in der Spaghetti-Oper. Es ist fast halb vier. Vorher
waren sie feiern, danach hätten sie
meist Hunger, erzählen sie. Auch
Inga Dubs aus Frankenthal war
schon öfters frühmorgens in der
Spaghetti-Oper. Sie hat ihre Portion
Nudeln bereits verspeist. „Wer Nudeln liebt, der muss hier hingehen“,
schwärmt sie. Die Frankenthalerin
betreibt ein Restaurant mit deutschrussischer Küche. Berufsbedingt
Hirschgulasch mit Knoblauchtomaten
Die Kochpsychiater präsentieren in
dieser Woche das Rezept für Hirschgulasch, und zwar für zwei bis drei
Portionen. 250 Milliliter Rinderfond,
500 Milliliter Wildfond, 100 Milliliter
dunkler Rotwein (zum Beispiel Dunkelfelder) und 30 Milliliter Portwein
in einen Topf geben und auf die
Hälfte reduzieren.
Danach eine Zwiebel in sehr feine
Würfel schneiden und 500 Gramm
Hirschgulasch in großen Stücken
(vier mal vier Zentimeter) portionsweise in Öl kräftig anbraten. Die
Zwiebelwürfel im gleichen Topf
leicht braun werden lassen und mit
braunem Zucker karamelisieren.
Mit einem guten Schluck Portwein ablöschen und ganz einkochen
lassen. Das Hirschgulasch dazugeben und mit dem reduzierten Fond
aufgießen. Ein Lorbeerblatt, zwei Pimentkörner und zehn Wacholderbeeren dazugeben und leicht salzen.
Den Pfeffer erst am Schluss beim Abschmecken dazugeben.
Das Ganze bei geschlossenem
Deckel unterhalb des Siedepunktes
etwas 50 Minuten lange ziehen lassen. Die Soße kann – je nach Geschmack – mit in Portwein angerührtem Pfeilwurzelmehl oder Speisestärke leicht gebunden werden.
Die Beilage
Dazu schmecken ofengebackene
Knoblauch-Tomaten. Das ist ganz
einfach, versprechen die Kochpsychiater: Kleine Tomaten vierteln, mit
Das Hirschgulasch sollte unterhalb des Siedepunktes ziehen, damit es weich wird, raten die Kochpsychiater.
DIE KOCHPSYCHIATER STELLEN SICH VOR
Wir heißen Birgitt und Michael
(Bild: Kochpsychiater), leben in
Baden-Württemberg und sind im
wirklichen Leben
natürlich keine Psychiater.
In der Blogger-Welt
wechseln wir aber
die Identität und führen diesen
Blog als „Herr und Frau Doktor
mit eigener Küchen-Praxis“. Sind
wir ein bisschen durchgeknallt?
Vielleicht. Aber „normale“ Foodblogs
gibt es schließlich wie „Sand am
Meer“.
Seit über 40 Jahren stehen wir beide
schon in der Küche und backen und
kochen. Nein, nicht beruflich, sondern
rein privat.
In unserer neuen Serie „Lecker
gebloggt“ stellen Ihnen künftig Blogger ihre Lieblingsrezepte vor.
Süßkartoffeln
ab ins Wasser
In vielen Restaurants werden inzwischen auch Süßkartoffel-Pommes
angeboten. Wer sie auch zu Hause
zubereiten möchte, braucht dazu im
Idealfall eine Fritteuse – oder brutzelt die Pommes in einem Topf mit
viel Fett. Das Problem dabei: Oftmals werden die SüßkartoffelPommes nicht so knusprig wie die
aus Kartoffeln.
Doch Koch Felix Wessler aus dem
Restaurant „Esszimmer“ auf Norderney kennt einen Trick, damit
man auch daheim eine leckere Kruste bekommt: Dafür müssen Köche
einfach die geschnittenen Süßkartoffeln durch einen Teig aus Wasser
und Stärke ziehen.
BILD: KOCHPSYCHIATER
reichlich Olivenöl, ordentlich Knoblauchscheiben, frischem Rosmarin,
jeweils einem Teelöffel Zucker und
Salz gut vermengen. In eine Auflaufform geben und bei 180 Grad Oberund Unterhitze so lange backen, bis
sie schön weich sind. Das dauert
zwischen 15 bis 20 Minuten – je nach
Größe der Tomaten und gewünschter Weichheit. Und wer sie leicht karamellisiert will, gibt sie am Schluss
unter den Grill, bis sie braun werden
und knusprig.
w
Auch zwischen Mitternacht und vier
Uhr kämen oft noch 25 Gäste. Das
Angebot ist unabhängig von der
Uhrzeit. „Unsere Spezialität sind
hausgemachte weiße und grüne
Spaghetti und grüne Bandnudeln.
Dazu kann man aus 60 verschiedenen Soßen wählen“, sagt Neff. Wenn
am Wochenende um kurz nach vier
niemand mehr da sei, würden sie
aber schließen, denn er mache den
Service mit seiner Frau allein.
Im Rhodos im Jungbusch denkt
man noch lange nicht daran, die Tür
zuzusperren. Nach 4 Uhr ist der Laden voll, die Musik ist laut und die
Gäste sind in bester Feierlaune. Es
braucht ein wenig Zeit, bis man sich
einen Weg zu den Tischen gebahnt
hat. An der Theke stehen zwei Männer und essen Pommes rot-weiß.
„Hier gibt’s die besten Pommes und
den größten Spaß“, sagen sie. „Die
einen bestellen nachts eine riesige
Platte, die anderen Pommes rotweiß“, sagt Athanasios Kosmadakis,
der die Kultkneipe von seinem Vater
übernahm. „Wir sind ein Nachtladen und versuchen ehrliches Essen
zu bieten. Wer ein Sternelokal erwartet oder mit der Familie weggehen
will, ist hier falsch.“ In seinem Lokal
fänden Menschen unterschiedlicher
Kulturen zusammen. „Hier bleibt
niemand allein!“
Weitere tolle Rezepte unter
www.diekochpsychiater.de
Gewürze gleich dazu
„Dieser Stärke-Wasser-Mischung
kann man auch gleich ein paar leckere Gewürze mit beimengen“, rät
Felix Wessler. Außerdem empfiehlt
der Profi, die geschnittenen
Pommes schon vorher am besten
zweimal unter klarem Wasser abzuspülen.
Doch generell seien die Süßkartoffeln nicht mit der normalen Kartoffel vergleichbar, sagt der Koch.
„Das liegt daran, dass der Stärke-Anteil geringer ist als bei der altbekannten Knolle.“ Lecker seien die Süßkartoffeln aber nicht nur als knusprige
Pommes, sondern auch als Stampf
oder als Ofenkartoffel.
tmn