Sexuelle Belästigung von Polizistinnen durch Asylbewerber

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Sexuelle Belästigung von Polizistinnen durch Asylbewerber
Sexuelle Belästigung von Polizistinnen durch Asylbewerber | Manuskript
Sexuelle Belästigung von Polizistinnen durch Asylbewerber
Bericht: Stephan Kloss
Unterwegs im Raum Berlin-Brandenburg zu einem vertraulichen Treffpunkt. Wir sind mit
einer Polizistin verabredet.
„Wir sind jetzt in der Nähe. In 20 Minuten auf der vereinbarten Ecke, in 20 Minuten, alles
klar.“
Die Beamtin will nicht erkannt werden. Es hat lange gedauert, bis sie zum Interview bereit
war. Sie ist Mitglied der Gewerkschaft der Polizei. Es geht um Einsätze in Asylunterkünften.
Davon, dass sie dort immer wieder sexuell beleidigt und als Beamtin nicht ernst genommen
wird.
„In einer Unterkunft gab es Auseinandersetzungen. Meine Kollegen klärten den
Sachverhalt auf. Ich kontrollierte draußen bei drei Asylbewerbern die PersonalDokumente. Sie grinsten. In ihren Dokumenten hatten sie kleine Zettel. Darauf stand:
‚Willst Du mit mir ficken, bläst Du mir einen, willst du mit mir Liebe machen‘.“
„Diese Zettelchen sind neu, aber abfällige Bemerkungen sind mittlerweile Alltag – bei
Einsätzen in und außerhalb von Asylunterkünften. Da kommen oft Sprüche wie „Hey
Schnitte“ oder „Du geiles Luder“. Das ist respektlos. Da fällt man vom Glauben ab.“
Berlin vor einigen Tagen. Ein Flüchtlingssymposium der Gewerkschaft der Polizei. 100
Beamte aus dem Bundesgebiet tauschen Erfahrungen aus. Auch innerhalb der Gewerkschaft
wird das Thema sexuelle Beleidigungen oder gar Übergriffe auf Beamte diskutiert.
Dietmar Schilff, stellv. Bundesvorsitzender Gewerkschaft der Polizei
„Also etwas zu verschweigen bringt gar nichts. Man muss sich mit dem Thema
auseinandersetzen. Man muss das auch in Flüchtlingsunterkünften und auf der Straße.
Weil im täglichen Dienst ist es ja in Einzelfällen auch so, dass unsere Kolleginnen nicht
akzeptiert werden. Das muss man dem polizeilichen Gegenüber, wie man das in unserem
Jargon heißt, sehr deutlich erklären. Und da muss man dann gerade auch bei den
Flüchtlingen Beschulungen durchführen, dass wir hier Frauen und Männer gemeinsam in
der Bundesrepublik arbeiten und leben und dass es da keine Unterschiede gibt.“
Wie weit die Beleidigungen gehen, erzählt uns eine weitere Polizistin. Auch sie ist Mitglied
der Gewerkschaft. Auch sie möchte unerkannt bleiben. Die Beamtin schildert einen
konkreten Zwischenfall. Einer von zahlreichen, wie sie sagt.
Hinweis: Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt und darf nur für den privaten Gebrauch des Empfängers
verwendet werden. Jede Verwertung ohne Zustimmung des Urheberberechtigten ist unzulässig.
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„In einer Unterkunft mit über 100 Asylbewerbern hatte es eine Schlägerei gegeben. Mein
Kollege redete mit drei Asylbewerbern. Ich stand seitlich, sicherte ihn. Dicht vor mir
standen zwei Asylbewerber. Dahinter eine Gruppe - so 20 Männer. Die beiden waren
aggressiv und machten sexistische Sprüche. „Frauen ohne Kopftuch und Körperkleid
dürfen wir nehmen, auch Dich“ oder „Du willst es doch auch“ und noch mehr. Sie kamen
näher und versuchten sogar mich zu berühren. Nur mit straffem Ton konnte ich die
Situation im Griff behalten.“
Reden Sie mit Kolleginnen darüber?
„Ja, natürlich. Von Kolleginnen aus Mitteldeutschland und den alten Bundesländern weiß
ich, dass es solche Vorfälle überall gibt. Wir sind keine Einzelfälle.“
Hagen Husgen, Gewerkschaft der Polizei Sachsen
„Ich denke nicht, dass das Einzelfälle sind. Ich bin ganz klar der Auffassung, dass wir eine
große Dunkelziffer haben. Dass sich viele Kolleginnen nicht trauen, etwas zu sagen. Es gibt
sehr viele Einsätze in Erstaufnahme-Einrichtungen, in Asylbewerberunterkünften, auch auf
der Straße, und da kommt es uns zu Ohren als Gewerkschaft, dass es häufiger passiert als
uns lieb ist, dass Kolleginnen von uns verbal angegriffen werden, oder, ich sag mal, bis
unter die Gürtellinie eben beleidigt werden.“
Aus welchen Ländern kamen die Asylbewerber, von denen Sie sexuell beleidigt wurden?
„Aus Nordafrika und aus Afghanistan. Oft gibt es Kussgesten und es werden
Annäherungsversuche gestartet. Wenn sie merken, dass dies nichts bewirkt, reagieren sie
aggressiv und beleidigend.“
Warum werden die Vorfälle nicht angezeigt?
„Weil vor Ort kaum Zeit bleibt, sich darum zu kümmern. Wir sind zu wenige Beamte.“
Hagen Husgen, Gewerkschaft der Polizei Sachsen
„Das kann ich mir gut vorstellen, dass einiges nicht zur Sprache kommt in dieser Frage.
Weil sich die Kolleginnen nicht trauen, etwas zu sagen, in dem sie das eventuell gar nicht
erst in Informationsberichte reinschreiben, in den Lagebericht reinschreiben und sagen,
das hat am Ende sowieso keinen Zweck das zu tun.“
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Tauchen derartige Vorfälle in Einsatzberichten auf? Wir fragen in allen Innenministerien
nach. Es seien keine Vorfälle bekannt, heißt es bei den meisten. Oder: für eine Antwort
benötige man mehr Zeit. Einige Behörden reagieren gar nicht. Auf erneute Nachfrage
antwortet zumindest Sachsen:
„Eine Prüfung nach Straftaten der ... Beleidigung auf sexueller Grundlage ... mit der
Tatörtlichkeit „Asylbewerberheim/Flüchtlingsunterkunft“ ergab einen Fall der Beleidigung
im Jahr 2015, bei dem zwei Polizeibeamtinnen als Geschädigte erfasst sind.
Bitte beachten Sie, dass nicht alle Fälle zur Anzeige kommen ... Im polizeilichen Alltag
reagieren die Beamten nicht auf jede Bemerkung ... Ein gesundes Selbstvertrauen gehört
mit zum Berufsbild.“
Quelle: Innenministerium Sachsen
Gesundes Selbstvertrauen? Oder ungenügendes Problembewusstsein bei Polizeibehörden
und Ministerien? Wir sprechen mit einer dritten Polizistin.
„Wenn man vielleicht dreimal die Woche in einer Asylunterkunft war und sich anhören
musste `ey du Schlampe mit Dir spreche ich nicht‘. Was macht das mit Dir als Mensch, was
macht was mit Dir als Polizistin? Man ist frustriert. Die haben ein ganz anderes
Respektverhalten gegenüber Frauen, gegenüber Polizistinnen, das ist ein ganz anderer
Kulturkreis, mit einem ganz anderen Rechtsverständnis.“
Ein Rechtsverständnis, mit dem man sich dringend auseinandersetzen müsse, meinen
zahlreiche Mitglieder der Gewerkschaft der Polizei in Berlin. Auch Tania Kambouri ist
gekommen. In ihrem Bestseller beklagt die Deutsche mit griechischen Wurzeln die
zunehmende Respektlosigkeit von Migranten gegenüber Polizeibeamten. Ihr Rat ist
eindeutig: Nicht klein beigeben!
Tania Kambouri, Polizistin und Autorin
„Natürlich die Anzeige schreiben, dass es auch strafrechtlich verfolgt wird, oder erst mal
festgehalten wird. Die Vorgesetzten sollten in dem Punkt die Kollegen unterstützen. Ich
hatte Glück … meine Vorgesetzten haben mich unterstützt. Ich hab es aber aus anderen
Behörden erfahren, wo die Kollegen mundtot gemacht wurden, dass gesagt wurde „Pass
auf, Du äusserst Dich jetzt nicht“, oder es wurde heruntergespielt. Und das ist auch nicht
der richtige Weg.“
Tanja Kambouri warnt: Der Staat darf sich verbale oder gar körperliche Übergriffe auf
Polizeibeamte nicht gefallen lassen.
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Tania Kambouri, Polizistin und Autorin
„Schweigen wir es tot, kriegen wir die Probleme gar nicht mehr in den Griff. Und wenn
Leute, die jetzt neu in unserem Land sind und die Grundregeln nicht kennen, wie wird das
in einigen Jahren sein, also wir werden massive Probleme bekommen. Dann müssen wir
offen reden, ohne diskriminierend zu sein.“
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