Das Fahrrad: ein simples Prinzip, zig Varianten. Dieses

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Das Fahrrad: ein simples Prinzip, zig Varianten. Dieses
AUCTION
© Embacher-Collection, Foto: Andreas Müller
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R AD
AUF
Das Fahrrad: ein simples Prinzip, zig Varianten. Dieses Faszinosum
ließ Michael Embacher über zehn Jahre lang eine der besten
Fahrradsammlungen der Welt zusammenstellen. Rund 220
internationale Modelle daraus kommen am 19. Mai zur Auktion.
VON DORIS KRUMPL
DR A H T
Ein Dachboden voller Fahrräder:
Sammler Michael Embacher in seinem Reich
AUCTION
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Wie oft im Leben spielen Zufälle eine Rolle. Michael Embacher, Architekt in
Wien, bekam ein Fahrrad zu einem Zeitschriften-Abo geschenkt. Und etwas
kam buchstäblich ins Rollen: Er entdeckte das Radfahren. Er kam auf den
Geschmack, unterschiedliche Modelle auszuprobieren, interessierte sich
zunehmend für historische und außergewöhnliche Fahrräder. „Auch ,besonders hässlich‘ war ein Kriterium“, schmunzelt Embacher, in dessen Fabriksbürohalle Fahrräder wie Kunstobjekte an der Wand hängen. Rund 220 seiner über zehn Jahre in aller Welt erworbenen Zweiräder sollen bei
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der Dorotheum-Auktion am 19. Mai den Besitzer wechseln.
Im nun nicht mehr verfügbaren Dachboden über Michael Embachers
ehemaligem Büro standen die gesammelten Fahrräder nach Farben
geordnet für Ausfahrten zur Verfügung. „Am Rad gefällt mir, dass es
ein demokratisches Produkt ist“, schwärmt Embacher, der allgemein einen
ebenso entspannten wie ironisch-distanzierten Umgang mit der Materie pflegt. „Es ist für jeden leistbar, braucht keine komplizierte Elektronik.“ Warum gerade Fahrräder sammeln? „Ein Fahrrad zeigt mir immer
Tel Aviv und Wien. Seine Sammlung hat prominente Fürsprecher: Das
wieder, wie einfach Design sein kann, wenn es nicht darum geht, etwas
in mehrere Sprachen übersetzte „Cyclepedia“ ist mit einem Vorwort des
hübsch zu machen, etwas hinzuzufügen, damit es besser aussieht.“ Seine
britischen Modedesigners und Radfans Sir Paul Smith versehen. Desig-
Sammlung entstand vielleicht aus dem Versuch heraus, „anhand eines
ner Sir James Dyson versandte das Buch als Weihnachtsgeschenk an Kunden.
Objektes zu zeigen: Was ist Design? Wie reduziert ist es? Und wie viele
Varianten generiert es dennoch?“
Manche Enthusiasten erklärten Embachers Sammlung zu einer der
bedeutendsten weltweit. Sein „Funicolo“ etwa, 1937 entworfen vom Fran-
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Weltweite Furore machte Embacher mit den im Eigenverlag bzw. bei
zosen Jacques Schulz, ist tatsächlich das Einzige von drei existierenden
Thames & Hudson erschienenen Büchern „SmartMove“ und „Cyclepedia“,
Exemplaren, das noch fahrbereit ist. „Es ist ein junges Sammelgebiet“,
mit einer speziellen App sowie mit Ausstellungen in Portland (Oregon),
sagt Embacher. Als Anlage habe er die Räder niemals gekauft, eher auf
deren Kuriositätenbonus hin. Hier verweist er etwa auf das Rad „Skoot“,
das mit Henkel wie ein Koffer getragen werden kann, oder auf ein TrussardiDamenrad mit Lederapplikation.
Seine absoluten Lieblingsräder behält Embacher. An diesem Morgen sei
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er mit einem französischen Rad ins Büro gefahren. „Es ist total verrostet,
und genau das gefällt mir daran! Der unrestaurierte, lediglich zeitgemäß
konservierte Zustand ist derzeit auch bei Oldtimern und Möbeln en vogue“,
weiß der passionierte Radfahrer. Um noch einen Vergleich mit Architektur
anzustellen: „Ein völlig restauriertes Venedig wäre nicht mehr Venedig.“
Das Räder-Sammeln verhalf ihm zu ungewöhnlichen Begegnungen. „Ein
Fan ist von Barcelona bis zu mir geradelt und war ganz glücklich, dass es
diesen Dachboden wirklich gibt“, erzählt Embacher, „er dachte, die Fotos
davon seien eine Animation.“ Unvergesslich auch die 90er-Geburtstagsfeier von Alex Moulton, Miterfinder des Mini, an der britischen Südküste.
Moulton-Räder sind handgemacht und gefedert. „Unglaublich, da stehen
acht Kerle in einer Garage und löten fröhlich vor sich hin.“
Die Auktion, glaubt Embacher, komme gerade richtig – im Zuge des Nos-
1 Kofferfahrrad Skoot,
Großbritannien 2001, Rufpreis € 400
2 Bianchi, C-4 project, Italien 1988, Rufpreis € 6.000
3 Alex Moulton, One Off Moulton Special,
Großbritannien 1991 (Unikat), Rufpreis € 6.000
4 Colnago, Brügelmann, Italien 1979, Rufpreis € 1.000
Alle Fotos: Embacher-Collection
talgie-Radbooms, da viele Firmen wieder alte Modelle reanimieren.
Doris Krumpl, ehemalige Kulturjournalistin, ist seit 2004
Pressesprecherin des Dorotheum.
Spektakulär:
App zur Sammlung

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