Unverwechselbarkeit
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Unverwechselbarkeit
T h e ma d e s M o n at s Uniformität nicht mehr gefragt Japans Konsumenten suchen nach ihrem eigenen Stil. Von Detlef Rehn, gtai, Tokyo D as Interesse der japanischen Verbraucher an hochwertigen Lifestyle-Produkten ist ungebrochen. Daran ändern auch die Wirtschafts- und Finanzkrise oder der vielfach zu beobachtende Trend zum Billigerzeugnis nichts. Vor allem in den Großstädten werben zahlreiche Lifestyle-Unternehmen um die Gunst der Kundschaft. Sie für sich zu gewinnen, ist kein ganz leichtes Unterfangen. Denn der Verbrauchergeschmack ändert sich permanent und die Verschiebungen zu erfassen und sich darauf einzustellen, erfordert von Seiten der Anbieter große Anstrengungen. Doch wer dies nicht scheut, kann mit guten Geschäften in Japan rechnen. Eines der wichtigsten Merkmale im Verbraucherverhalten ist, dass die Käufer durch den Erwerb eines hochwertigen Konsumguts vor allem ihren Lebensstil ausdrücken wollen. Allerdings ist Uniformität nicht mehr gefragt, dafür aber umso mehr Unverwechselbarkeit. Diese Neuausrichtung ist besonders bei jüngeren Leuten zwischen Mitte 20 und 30 anzutreffen, gilt aber auch für andere Altersgruppen, so zum Beispiel für die sehr kaufkräftige Generation der heute 50- bis 60-Jährigen. War früher eine bestimmte Lebensart an den zur Schau getragenen Waren gängiger Marken ablesbar, werden heute vor allem die Güter gekauft, die dem Konsumenten das Gefühl geben, für sich selbst „Mehrwert“ zu schaffen. Dies kann etwa ein besonders schönes Design sein, an dem sich das Auge jeden Tag erfreuen kann, oder auch ein Erzeugnis, das dem populärer werdenden Umweltgedanken gerecht wird. Vor diesem Hintergrund bieten sich auch für Produkte vollkommen unbekannter Anbieter gute Chancen, wenn sie den spezifischen Kundenpräferenzen Rechnung tragen. Zu beobachten ist ferner, dass häufig westliche und japanische Stile miteinander kombiniert werden. 12 J A PA N M A R K T AUGUST 2009 1 Conran-Shop in Shinjuku: Japanischen Alltag verschönern Ein anderes Charakteristikum des Verbraucherverhaltens ist, dass viele Konsumenten ihre Lifestyle-Produkte gezielt einkaufen und teilweise sehr viel Zeit darin investieren, das ihren Vorstellungen am besten entsprechende Erzeugnis zu einem möglichst günstigen Preis zu finden. Dieser allein ist aber nicht ausschlaggebend. Japaner sind durchaus bereit, für ein Produkt, das ihnen besonders gefällt, auch tiefer in die Tasche zu greifen. In der Regel sind die Konsumenten sehr gut informiert. Vor allem das Internet dient als Auskunftsplattform zu Preisen und Qualität sowie als Meinungsaustausch. Daneben berichten zahlreiche Zeitschriften zu Design und Innenausstattung oder Frauen- und Modemagazine über interessante Neuheiten und Trends. Es gibt in Japan zahlreiche LifestyleUnternehmen. Auch ausländische Anbieter sind prominent vertreten. Bekannte Namen sind Conran, Interdecor, Actus, Bals (FrancFranc) und Muji. Allen gemeinsam ist die Idee, „unter einem Dach“ eine ganze Palette von Lifestyle-Produkten und -ideen zu präsentieren, die das Wohnen und den Alltag verschönern. So finden sich in den Geschäften zum Beispiel nicht nur Möbel, sondern auch passende Heimtextilien, Elektrogeräte oder Badezimmerartikel. Die Unterschiede zwischen den Ketten zeigen sich unter anderem in der spezifischen Geschäftsphilosophie. Muji zum Beispiel betont gemäß dem eigenen Namen (Muji = ohne Marke) vor allem die Essenz und Funktionalität von Produkten und verbannt die jeweilige Herstellermarke konsequent. Demgegenüber sind etwa bei Conran die verschiedensten Erzeugnisse bekannter oder weniger bekannter Unternehmen zu finden. Voraussetzung für die Aufnahme in das Sortiment ist, dass sie mit den Design- und Produktideen des Firmengründers Terence Conran übereinstimmen. Mindestens ebenso wichtig für die Attraktivität der Kette bei den heimischen Verbrauchern ist, dass sich die Conran-Produkte gut in das japanische Lebensumfeld integrieren lassen. Im Sinne dieses Grundgedankens bittet eine Reihe von Konsumenten Bauentwickler und Lifestyle-Unternehmen um Hilfe und Impulse bei der Neugestaltung und/oder Renovierung von Häusern und Wohnungen. Dies ist zwar kein ganz neuer Trend in Japan, doch scheint er an Bedeutung zu gewinnen. So kooperiert zum Beispiel Conran mit Sekisui House. Partner von BoConcept ist Universal Home, und Cassina ixc. arbeitet mit Mitsui Home zusammen. Teilweise ist die Kooperation auf einzelne Projekte beschränkt. Angesichts der neuen Lifestyle-Vorstellungen kommt es hierbei auch zu wichtigen Veränderungen im Wohnungsdesign. Bisher ist in Japan immer noch die Aufteilung einer Wohnung in kleine Parzellen verbreitet. Im Rahmen des neuen Konzepts "Infill" wird die Raumgröße flexibel angepasst. So werden häufig offene Küchen entworfen, die in den Wohnraum integriert sind. Möbel oder Küchengeräte müssen daher attraktiv beziehungsweise präsentabel gestaltet sein. Für europäische Unternehmen bieten sich vor diesem Hintergrund gute Geschäftsmöglichkeiten. Wichtiges Instrument zur Präsentation neuer DesignIdeen und Produkte sind Lifestyle-Messen. Die wichtigste von ihnen, die „Interior Lifestyle“ findet vom 2. bis 4. Juni 2010 in Tokyo Big Sight statt.