Getriebeölwechsel

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Getriebeölwechsel
Schmierstoffe
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Serviceleistungen
Getriebeölwechsel – was ist das?
Foto. Dominsky
Von Lifetime-Füllungen versprechen sich Autobauer viel – manchmal zu viel, sagt ZF
Dieter Völp von der
ZF-Niederlassung
Darmstadt demonstriert das Prinzip des
Getriebölwechsels mittels Durchlaufspüler.
Diesen bieten sämtliche Niederlassungen
als Serivceleistung an
– auch für Nicht-ZFGetriebe.
„Lebenslang“: Jener Begriff, der Straftäter
zusammenzucken lässt, löst in Marketingetagen der Fahrzeughersteller scheinbar
Verzückung aus. „Lifetime“ lautet das
Schlagwort in Sachen Getriebeölfüllung.
Ein klitzekleines, aber immerhin ein mögliches Argument, das potenzielle Autokäufer dazu verleiten könnte, die Unterschrift
unter den Kaufvertrag bei einem Händler
der eigenen Marke und nicht dem der
Konkurrenz zu setzen; so das Kalkül der
Marketingstrategen – keine laufenden
Kosten für den Getriebeölwechsel.
Bestes Beispiel in Sachen Lifetime-Befüllung ist der Volkswagen-Konzern: Seit
Anfang der Neunziger verfügen alle
Schalt-, seit Anfang 2000 auch alle Automatikgetriebe über eine solche Getriebeölbefüllung. „Und das ohne Kilometer-,
Alters- oder Einsatzbeschränkung“, heißt
es aus Wolfsburg. Einzige Ausnahme: das
Sechsgang-DSG, das alle 60.000 Kilometer nach frischem Öl verlangt. Auch bei
Opel heißt es seit rund zehn Jahren bei
Schaltgetrieben Lifetime-Befüllung – bei
Automatikgetrieben ebenfalls seit etlichen
Jahren.
Nun sind Getriebeöle nicht den Belastungen ausgesetzt, mit denen sich Motorenöle konfrontiert sehen: der Eintrag von
Kraftstoffen, Feststoffen und
Gasen aus Verbrennungsrückständen, Kühlmittel usw.
Ein ewiges Leben war ihnen
lange Zeit dennoch nicht beschieden, zumindest so lange
nicht, bis besagte LifetimeBefüllungen aufkamen. Ein-
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mal eingefüllt, soll der Schmierstoff in
einem Getriebe ein Autoleben lang halten,
der Fahrzeughalter ihn nie mehr wechseln
lassen müssen – so die Theorie.
Dass es bei Letzterer den oft beschworen Unterschied zur Praxis gibt, dieses
Eingeständnis machte kürzlich das Unternehmen ZF. „Wir von ZF Services empfehlen, bei Automatikgetrieben das Öl alle
80.000 bis 120.000 Kilometer bzw. sechs
bis acht Jahre zu wechseln“, erklärt Thomas Bothe, Leiter Servicestandorte
Deutschland bei ZF Services im Rahmen
einer Fachveranstaltung. Das klingt interessant. Interessant deshalb, weil ZF als
Getriebebauer einerseits seine Produkte
mit besagter Dauerfüllung an die OEMs
dieser Welt liefert, andererseits die eigene
Serviceorganisation einen regelmäßigen
Austausch des schmierenden Lebenselixiers dieser Getriebe empfiehlt.
Einen Widerspruch sieht Alois Ludwig,
Vorsitzender der Geschäftsleitung von ZF
Services, darin jedoch nicht. Zum einen
schränkt mancher Hersteller den Begriff
„lebenslang“ mit Sternchen versehen im
Kleingedruckten von vornherein ein. „Maximal 160.000 Kilometer oder acht Jahre“,
kann man dort z. B. lesen. „Auch die Fahrzeughersteller geben intern Anweisungen
heraus, dass das Getriebeöl gewechselt
werden sollte – gerade dann, wenn der
Kunde ein verändertes Schaltverhalten
bzw. Komforteinbußen reklamiert“, ergänzt Bothe. Aktuell empfiehlt BMW das
seinen Servicepartnern, Mercedes-Benz,
als Marke mit sehr hohem Automatikanteil, tut dies bereits seit geraumer Zeit. ZF
betont, dass es sich lediglich um eine Empfehlung handelt.
Nach wie vor altern
Getriebeöle und verschleißen
Diese kann man beim genaueren Hinsehen als weit mehr als eine solche interpretieren. So stimmten bei besagter Veranstaltung exemplarisch ausgestellte Ölproben aus diversen gelaufenen Getrieben
durchaus nachdenklich. Eine dunkelbraune bis schwarze „Brühe“ war das, weit
entfernt vom ehemals bernsteinfarbenen
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oder rötlichen Ton neuer ATF-Öle (siehe
Foto S. 44). Die Folgen eines gealterten
und mit Abrieb verunreinigten Öls dürfte
jeder kennen. Diese sind:
▶ eine Anfahrschwäche
▶ das verspätete Einlegen der Fahrstufen (höherer Spritverbrauch)
▶ ein ruppiges Schaltverhalten vor allem
unter großer Last
▶ das Aufkommen von Vibrationen
Nachdem die Aftermarket-Spezialisten
von ZF Services einerseits um den Wartungsbedarf ihrer Automaten wissen, andererseits die Situation gerade in Freien
Werkstätten kennen, bieten sie als
Konsequenz unter der Marke
f den P unk t
„ZF Parts“ spezielle ÖlAu
wechselkits an. Dank
Theoretisch sollte man
sie nie mehr wechseln müssen
ihnen schlägt der
– sogenannte Lifetime-Getriebeöle.
Praktiker sämtliche
Doch
nicht selten ist die Praxis ein andeFliegen mit einer
re, machen Schaltprobleme, KomforteinbuKlappe. Die Kits
ßen oder Geräusche einen regelmäßigen
beinhalten alles,
Wechsel notwendig. Das erklärt ZF Services
was man für den
und empfiehlt bei Automatikgetrieben
professionellen
den Wechsel des Schmierstoffs alle
80.000 bis 120.00 Kilometer oder
Automatikgetriebealle sechs bis acht Jahre.
ölwechsel benötigt:
vom passenden Filterelement über die exakt benötigte Menge Getriebeöl bis hin
zu Befestigungselementen.
Doch damit kommt man in der Praxis
nicht immer zum Ziel. Das Problem: Beim
Ablassen gibt ein modernes Automatikgetriebe bestenfalls ein Viertel bis ein Drittel
seines Ölinhalts frei – der große Rest verbleibt in Gehäuse und Leitungen. Ölablassschrauben an Wandlern? Geschichte!
Das Getriebe schaltet „doof“? Vielleicht ist ein
verschlissener Dämpferkolben die Ursache?
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Eingemachtes: Der „Premium-Getriebeölwechsel“ von ZF Services beinhaltet
umfangreiche Prüf- und Reinigungsarbeiten – Beispiel Schieberkasten.
Hier hilft ausschließlich das Prinzip der
Spülung. Das alte Öl wird mittels eingepumpten Frischöls ausgespült. Einen entsprechenden Durchlaufspüler hat z. B. die
Firma Tim Eckart entwickelt (www.automatikoelwechselsystem.de).
Über genau den verfügen übrigens
auch sämtliche ZF-Services-Niederlassungen – 20 Stück von diesen gibt es im Bundesgebiet. Mit seiner Hilfe wird die komplette Erstbefüllmenge, und wenn nötig
Foto: Dominsky
Foto: Dominsky
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So sehen neue Getriebeöle aus (Vordergrund) bzw. gebrauchte nach Jahren
des Gebrauchs (im Hintergrund) – schwarz wie die Nacht.
zusätzlich 20 bis 50 Prozent mehr Frischöl,
durch bzw. in das Getriebe gepumpt. Auf
zusätzliche Reiniger verzichten die ZFSpezialisten.
Apropos Serviceniederlassungen: Die
stehen neben Endkunden auch Firmenkunden und Werkstätten offen. Kfz-Betriebe erhalten hier Unterstützung bzw. können eine Getriebespülung fremdvergeben.
ZF bietet neben dem Standard- auch einen
„Premium-Ölwechsel“ an. Er beinhaltet
Tipp von Motul
Foto: Motul
„Ein Getriebeölwechsel ist bei einem Schaltgetriebe unter normalen
Umständen dank des Einsatzes vollsynthetischer Getriebeöle heutzutage oftmals nicht mehr notwendig. Dennoch gilt: Wird ein Fahrzeug unter erschwerten Betriebsbedingungen betrieben, weist es
eine hohe Gesamtlaufleistung auf, tauscht die Werkstatt die Kupplung bzw. erneuert Dichtungen/Simmeringe, ist ein Getriebeölwechsel technisch notwendig bzw. wirtschaftlich sinnvoll.
Bei Automatikgetrieben, CVT-Getrieben bzw. Direktschaltgetrieben
existieren noch häufiger feste Wechselintervalle für das Getriebefluid. Hinzu kommt die Thematik des sogenannten Getriebespülens.
Werkstätten mit dem richtigen Fachwissen sowie den notwendigen
Alexander Honrnoff, Leiter
Produkten und der passenden Ausrüstung bietet sich hier die MögTechnik bei der Motul
lichkeit,
sich in einer Marktnische zu spezialsieren, die in den komDeutschland GmbH.
menden Jahren spürbar wachsen wird. Dank einer professionellen
Dienstleistung können Kfz-Werkstätten hierbei interessante Zusatzumsätze erwirtschaften.
Motul bietet seinen Partnern ein umfangreiches Produktsortiment mit einer breiten Herstellerabdeckung an. Wir unterstützen Werkstätten sowohl bei der Anschaffung notwendiger Servicegeräte
als auch mit unserem Service, z. B. in Form umfassender technischer Schulungen, die Hintergrundwissen sowie Praxistipps vermitteln.“
zusätzlich zum Spülvorgang eine umfangreiche Steuergeräteprüfung sowie das
Zerlegen, Reinigen und Kontrollieren der
Steuerhydraulik inklusive Austausch von
Verschleißteilen wie z. B. des Dämpferkolbens (siehe Bild S. 43). Die Kosten hierfür
belaufen sich auf circa 450 bis 550 Euro.
Ihren Ölwechsel/Spülservice bieten die
ZFler übrigens nicht nur für eigene Schaltboxen an. Auch die Schalt- und Automatikgetriebe nahezu aller anderen Marken
spülen und diagnostizieren bzw. setzen die
Getriebespezialisten instand – oftmals zu
deutlich günstigeren Tarifen, als der Fahrzeughersteller z. B. ein Tauschgetriebe
anbietet, wie man in der ZF-Services-Niederlassung Darmstadt betont.
Wie weit es mit der Lifetime-Befüllung
oftmals her ist oder auch nicht, soll zum
Abschluss das Beispiel Subaru deutlich
machen: Auch die Japaner geben ihr stufenloses CVT-Getriebe („Lineartronic“) als
Liftime-Variante aus. Verfügt das Fahrzeug
allerdings über eine Anhängerkupplung,
schrumpft das scheinbar ewige Intervall
auf extrem magerere 45.000 Kilometer!
Was lernen wir daraus? Werkstätten sollten Serviceempfehlungen stets genau
durchlesen bzw. diese in aktueller Ausführung bereithalten – es könnte sich lohnen!
Steffen Dominsky
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