Getriebeölwechsel
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Getriebeölwechsel
Schmierstoffe [email protected], 0931/4 18 - 25 71 Serviceleistungen Getriebeölwechsel – was ist das? Foto. Dominsky Von Lifetime-Füllungen versprechen sich Autobauer viel – manchmal zu viel, sagt ZF Dieter Völp von der ZF-Niederlassung Darmstadt demonstriert das Prinzip des Getriebölwechsels mittels Durchlaufspüler. Diesen bieten sämtliche Niederlassungen als Serivceleistung an – auch für Nicht-ZFGetriebe. „Lebenslang“: Jener Begriff, der Straftäter zusammenzucken lässt, löst in Marketingetagen der Fahrzeughersteller scheinbar Verzückung aus. „Lifetime“ lautet das Schlagwort in Sachen Getriebeölfüllung. Ein klitzekleines, aber immerhin ein mögliches Argument, das potenzielle Autokäufer dazu verleiten könnte, die Unterschrift unter den Kaufvertrag bei einem Händler der eigenen Marke und nicht dem der Konkurrenz zu setzen; so das Kalkül der Marketingstrategen – keine laufenden Kosten für den Getriebeölwechsel. Bestes Beispiel in Sachen Lifetime-Befüllung ist der Volkswagen-Konzern: Seit Anfang der Neunziger verfügen alle Schalt-, seit Anfang 2000 auch alle Automatikgetriebe über eine solche Getriebeölbefüllung. „Und das ohne Kilometer-, Alters- oder Einsatzbeschränkung“, heißt es aus Wolfsburg. Einzige Ausnahme: das Sechsgang-DSG, das alle 60.000 Kilometer nach frischem Öl verlangt. Auch bei Opel heißt es seit rund zehn Jahren bei Schaltgetrieben Lifetime-Befüllung – bei Automatikgetrieben ebenfalls seit etlichen Jahren. Nun sind Getriebeöle nicht den Belastungen ausgesetzt, mit denen sich Motorenöle konfrontiert sehen: der Eintrag von Kraftstoffen, Feststoffen und Gasen aus Verbrennungsrückständen, Kühlmittel usw. Ein ewiges Leben war ihnen lange Zeit dennoch nicht beschieden, zumindest so lange nicht, bis besagte LifetimeBefüllungen aufkamen. Ein- 42 www.kfz-betrieb.de mal eingefüllt, soll der Schmierstoff in einem Getriebe ein Autoleben lang halten, der Fahrzeughalter ihn nie mehr wechseln lassen müssen – so die Theorie. Dass es bei Letzterer den oft beschworen Unterschied zur Praxis gibt, dieses Eingeständnis machte kürzlich das Unternehmen ZF. „Wir von ZF Services empfehlen, bei Automatikgetrieben das Öl alle 80.000 bis 120.000 Kilometer bzw. sechs bis acht Jahre zu wechseln“, erklärt Thomas Bothe, Leiter Servicestandorte Deutschland bei ZF Services im Rahmen einer Fachveranstaltung. Das klingt interessant. Interessant deshalb, weil ZF als Getriebebauer einerseits seine Produkte mit besagter Dauerfüllung an die OEMs dieser Welt liefert, andererseits die eigene Serviceorganisation einen regelmäßigen Austausch des schmierenden Lebenselixiers dieser Getriebe empfiehlt. Einen Widerspruch sieht Alois Ludwig, Vorsitzender der Geschäftsleitung von ZF Services, darin jedoch nicht. Zum einen schränkt mancher Hersteller den Begriff „lebenslang“ mit Sternchen versehen im Kleingedruckten von vornherein ein. „Maximal 160.000 Kilometer oder acht Jahre“, kann man dort z. B. lesen. „Auch die Fahrzeughersteller geben intern Anweisungen heraus, dass das Getriebeöl gewechselt werden sollte – gerade dann, wenn der Kunde ein verändertes Schaltverhalten bzw. Komforteinbußen reklamiert“, ergänzt Bothe. Aktuell empfiehlt BMW das seinen Servicepartnern, Mercedes-Benz, als Marke mit sehr hohem Automatikanteil, tut dies bereits seit geraumer Zeit. ZF betont, dass es sich lediglich um eine Empfehlung handelt. Nach wie vor altern Getriebeöle und verschleißen Diese kann man beim genaueren Hinsehen als weit mehr als eine solche interpretieren. So stimmten bei besagter Veranstaltung exemplarisch ausgestellte Ölproben aus diversen gelaufenen Getrieben durchaus nachdenklich. Eine dunkelbraune bis schwarze „Brühe“ war das, weit entfernt vom ehemals bernsteinfarbenen 33-34/2013 Schmierstoffe [email protected], 0931/4 18 - 25 71 Foto: Dominsky oder rötlichen Ton neuer ATF-Öle (siehe Foto S. 44). Die Folgen eines gealterten und mit Abrieb verunreinigten Öls dürfte jeder kennen. Diese sind: ▶ eine Anfahrschwäche ▶ das verspätete Einlegen der Fahrstufen (höherer Spritverbrauch) ▶ ein ruppiges Schaltverhalten vor allem unter großer Last ▶ das Aufkommen von Vibrationen Nachdem die Aftermarket-Spezialisten von ZF Services einerseits um den Wartungsbedarf ihrer Automaten wissen, andererseits die Situation gerade in Freien Werkstätten kennen, bieten sie als Konsequenz unter der Marke f den P unk t „ZF Parts“ spezielle ÖlAu wechselkits an. Dank Theoretisch sollte man sie nie mehr wechseln müssen ihnen schlägt der – sogenannte Lifetime-Getriebeöle. Praktiker sämtliche Doch nicht selten ist die Praxis ein andeFliegen mit einer re, machen Schaltprobleme, KomforteinbuKlappe. Die Kits ßen oder Geräusche einen regelmäßigen beinhalten alles, Wechsel notwendig. Das erklärt ZF Services was man für den und empfiehlt bei Automatikgetrieben professionellen den Wechsel des Schmierstoffs alle 80.000 bis 120.00 Kilometer oder Automatikgetriebealle sechs bis acht Jahre. ölwechsel benötigt: vom passenden Filterelement über die exakt benötigte Menge Getriebeöl bis hin zu Befestigungselementen. Doch damit kommt man in der Praxis nicht immer zum Ziel. Das Problem: Beim Ablassen gibt ein modernes Automatikgetriebe bestenfalls ein Viertel bis ein Drittel seines Ölinhalts frei – der große Rest verbleibt in Gehäuse und Leitungen. Ölablassschrauben an Wandlern? Geschichte! Das Getriebe schaltet „doof“? Vielleicht ist ein verschlissener Dämpferkolben die Ursache? 33-34/2013 www.kfz-betrieb.de 43 Schmierstoffe Eingemachtes: Der „Premium-Getriebeölwechsel“ von ZF Services beinhaltet umfangreiche Prüf- und Reinigungsarbeiten – Beispiel Schieberkasten. Hier hilft ausschließlich das Prinzip der Spülung. Das alte Öl wird mittels eingepumpten Frischöls ausgespült. Einen entsprechenden Durchlaufspüler hat z. B. die Firma Tim Eckart entwickelt (www.automatikoelwechselsystem.de). Über genau den verfügen übrigens auch sämtliche ZF-Services-Niederlassungen – 20 Stück von diesen gibt es im Bundesgebiet. Mit seiner Hilfe wird die komplette Erstbefüllmenge, und wenn nötig Foto: Dominsky Foto: Dominsky [email protected], 0931/4 18 - 25 71 So sehen neue Getriebeöle aus (Vordergrund) bzw. gebrauchte nach Jahren des Gebrauchs (im Hintergrund) – schwarz wie die Nacht. zusätzlich 20 bis 50 Prozent mehr Frischöl, durch bzw. in das Getriebe gepumpt. Auf zusätzliche Reiniger verzichten die ZFSpezialisten. Apropos Serviceniederlassungen: Die stehen neben Endkunden auch Firmenkunden und Werkstätten offen. Kfz-Betriebe erhalten hier Unterstützung bzw. können eine Getriebespülung fremdvergeben. ZF bietet neben dem Standard- auch einen „Premium-Ölwechsel“ an. Er beinhaltet Tipp von Motul Foto: Motul „Ein Getriebeölwechsel ist bei einem Schaltgetriebe unter normalen Umständen dank des Einsatzes vollsynthetischer Getriebeöle heutzutage oftmals nicht mehr notwendig. Dennoch gilt: Wird ein Fahrzeug unter erschwerten Betriebsbedingungen betrieben, weist es eine hohe Gesamtlaufleistung auf, tauscht die Werkstatt die Kupplung bzw. erneuert Dichtungen/Simmeringe, ist ein Getriebeölwechsel technisch notwendig bzw. wirtschaftlich sinnvoll. Bei Automatikgetrieben, CVT-Getrieben bzw. Direktschaltgetrieben existieren noch häufiger feste Wechselintervalle für das Getriebefluid. Hinzu kommt die Thematik des sogenannten Getriebespülens. Werkstätten mit dem richtigen Fachwissen sowie den notwendigen Alexander Honrnoff, Leiter Produkten und der passenden Ausrüstung bietet sich hier die MögTechnik bei der Motul lichkeit, sich in einer Marktnische zu spezialsieren, die in den komDeutschland GmbH. menden Jahren spürbar wachsen wird. Dank einer professionellen Dienstleistung können Kfz-Werkstätten hierbei interessante Zusatzumsätze erwirtschaften. Motul bietet seinen Partnern ein umfangreiches Produktsortiment mit einer breiten Herstellerabdeckung an. Wir unterstützen Werkstätten sowohl bei der Anschaffung notwendiger Servicegeräte als auch mit unserem Service, z. B. in Form umfassender technischer Schulungen, die Hintergrundwissen sowie Praxistipps vermitteln.“ zusätzlich zum Spülvorgang eine umfangreiche Steuergeräteprüfung sowie das Zerlegen, Reinigen und Kontrollieren der Steuerhydraulik inklusive Austausch von Verschleißteilen wie z. B. des Dämpferkolbens (siehe Bild S. 43). Die Kosten hierfür belaufen sich auf circa 450 bis 550 Euro. Ihren Ölwechsel/Spülservice bieten die ZFler übrigens nicht nur für eigene Schaltboxen an. Auch die Schalt- und Automatikgetriebe nahezu aller anderen Marken spülen und diagnostizieren bzw. setzen die Getriebespezialisten instand – oftmals zu deutlich günstigeren Tarifen, als der Fahrzeughersteller z. B. ein Tauschgetriebe anbietet, wie man in der ZF-Services-Niederlassung Darmstadt betont. Wie weit es mit der Lifetime-Befüllung oftmals her ist oder auch nicht, soll zum Abschluss das Beispiel Subaru deutlich machen: Auch die Japaner geben ihr stufenloses CVT-Getriebe („Lineartronic“) als Liftime-Variante aus. Verfügt das Fahrzeug allerdings über eine Anhängerkupplung, schrumpft das scheinbar ewige Intervall auf extrem magerere 45.000 Kilometer! Was lernen wir daraus? Werkstätten sollten Serviceempfehlungen stets genau durchlesen bzw. diese in aktueller Ausführung bereithalten – es könnte sich lohnen! Steffen Dominsky Der Beitrag ist urheberrechtlich geschützt. Bei Fragen zu Nutzungsrechten wenden Sie sich bitte an [email protected] 44 www.kfz-betrieb.de 33-34/2013