Was ist bei der Verwalterbestellung zu beachten?

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Was ist bei der Verwalterbestellung zu beachten?
22. Deutscher Verwaltertag 18. -19.09.2014
Damit es losgehen kann: Was ist bei der
Verwalterbestellung zu beachten?
RA Dr. Andreas Ott
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht
Ausblick
Was kommt auf Sie zu ?
1. Wer kann Verwalter sein?
2. Die Bestellung
1.
2.
3.
4.
5.
Trennungstheorie
Bestellung als Rechtsgeschäft
Abstimmungsverfahren
Beschlussfehler
Dauer der Bestellungszeit
© Dr. Andreas Ott
2
Ausblick
Was kommt auf Sie zu ?
3. Besonderheiten der Erstbestellung
1. Bestellung in der GemO?
2. Dauer der Erstbestellung
4. Taktische Überlegungen: Wie werde ich (wieder) Verwalter?
© Dr. Andreas Ott
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Person des Verwalters
 Verwalter kann grds. jede geschäftsfähige natürliche Person oder
handlungsfähige juristische Person oder Gesellschaft sein.
o Natürliche Personen
o Juristische Personen
o Personengesellschaften
Nicht:
o GbR, weil Handlungsfähigkeit nicht sichergestellt ist
und Wechsel der Gesellschafter oder Änderung von
Vertretungsbefugnisse zum Schutz des Rechtsverkehrs
nicht sicher erkennbar sind (BGH, ZWE 2006, 183)
o Personenmehrheit
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Die Bestellung
Trennungstheorie:
 Es ist zwischen der Bestellung und dem Abschluss des Verwaltervertrages zu
unterscheiden. Der Abschluss des Verwaltervertrages ist nicht Voraussetzung
der Bestellung.
 Bestellungsrechtsverhältnis: Der Verwalter wird Organ der WEG mit den
gesetzlichen Aufgaben und Befugnissen (§§ 24, 25 Abs. 4, 27, 28 WEG)
 Verwaltervertrag: Inhalt des Verwaltervertrages sind sonstige Rechte und
Pflichten (z.B. Vergütung, Sonderpflichten)
 Achtung: Die Rechtsprechung differenziert
nicht immer hinreichend!
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Die Bestellung
Bestellung als Rechtsgeschäft:
 Die Bestellung ist ein mehrseitiges Rechtsgeschäft. Erforderlich sind:
 Bestellungsbeschluss
 Erklärung gegenüber dem Verwalter
 Annahmeerklärung des Verwalters
(BGH, NZM 2002, 788, 789)
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Abstimmungsverfahren
Fall:
In der beschlussfähigen Versammlung sind 20 WEer anwesend
oder vertreten. 10 WEer stimmen für den bisherigen Verwalter
Weißnicht, 7 WEer für Verwalter B und 3 WEer für Verwalter C.
Welches Beschlussergebnis soll Weißnicht verkünden?
Variante:
Wie ist zu entscheiden, wenn Weißnicht selbst WEer ist
und für sich selbst stimmt und 11 Stimmen (von 21)
auf sich vereinigt?
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Abstimmungsverfahren
 Bei Abstimmung über mehrere Kandidaten gilt § 26 Abs. 1 WEG,
die relative Mehrheit genügt nicht. (BayObLG, ZMR 2004, 125)
 Die Abstimmung über den ersten Kandidaten ist eine
Entscheidung über alle Kandidaten; kommt ein
Mehrheitsbeschluss zustande, bedarf es keiner Abstimmung über
die weiteren Kandidaten
 Die WEer können durch Mehrheitsbeschluss das
Abstimmungsverfahren regeln (z.B. Stichwahl, relative Mehrheit)
 § 25 Abs. 5 WEG gilt nicht
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Beschlussfehler
 Formelle Beschlussfehler
 Keine unzulässigen Beschränkungen der Bestellung
 Der Beschluss muss den Grundsätzen ordnungsmäßiger
Verwaltung entsprechen.
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Beschlussfehler
Unzulässigen Beschränkungen der Bestellung (§ 26 Abs. 1 Satz 5):
 Erhöhung des Mehrheitsquorums
 Verpflichtung der Wohnungseigentümer zu Bestellung eines
bestimmten Verwalters
 Bestimmung des Verwalters durch Dritte
 Längere Laufzeit des Verwaltervertrages als Bestellungszeit
(BGH, NZM 2002, 788, 792)
 Nicht: Erleichterung der Bestellung (Relative Mehrheit)
 Rechtsfolge: Nichtigkeit nach § 134 BGB
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Beschlussfehler
Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses:
BGH, Urt. v. 22.6.2012 – V ZR 190/11:
 Den WEern steht ein weiter Beurteilungsspielraum zu. Dieser ist
erst überschritten, wenn
 ein wichtiger Grund nach den für die außerordentliche
Abberufung geltenden Grundsätzen vorliegt
und
 die Bestellung aus objektiver Sicht als nicht mehr vertretbar
erscheint.
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Beschlussfehler
Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses:
Kritik: Es gelten unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe
 Bei einer außerordentlichen Abberufung liegt eine willentliche
Beschränkung des Beurteilungsspielraums auf einen wichtigen
Grund vor. Es sind Pflichtverletzungen zu beurteilen.
 Bei der Bestellung geht es dagegen um eine
Prognoseentscheidung: Dem Interesse der Gesamtheit der WEer
entspricht es bei objektiver Betrachtung, den Kandidaten zu
bestellen, der persönlich und fachlich in der Lage ist, das Amt
ordnungsgemäß auszuüben.
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Beschlussfehler
Wichtige Gründe nach h.M.:
o Ganz erhebliche Pflichtverletzungen in der Vergangenheit
o Vorherige Abberufung aus wichtigem Grund
o Annahme von Provisionen / Tätigkeit als Immobilienmakler bei
vereinbarter Veräußerungszustimmung
o Vorstrafen
o Fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit / keine Vermögensschaden –
Haftpflichtversicherung
 Unter Berücksichtigung aller Umstände ist eine Zusammenarbeit
unzumutbar und das erforderliche Vertrauensverhältnis von Anfang an
nicht zu erwarten.
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Beschlussfehler
Fall:
Verwalter Taschevoll ist seit Jahren gut im Geschäft. Auf
Anweisung seiner Ehefrau Taschevoll-Ängstlich gründet er kurz
seiner Bestellung in einer neu akquirierten Wohnanlage eine
Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) mit einem
Stammkapital von 500 EUR. Eine Haftpflichtversicherung kann T.
nicht nachweisen und ist auch nicht bereit, die persönliche
Haftung für die Gesellschaft zu übernehmen. Obgleich er nicht der
günstigste Anbieter ist, wird T. bestellt.
Wohnungseigentümer Knauserig ficht den Beschluss an.
Mit Erfolg?
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Beschlussfehler
BGH, Urt. v. 22.6.2012 – V ZR 190/11
(so auch LG Frankfurt/M., IMR 2014, 294)
 Die Bestellung widerspricht nicht bereits deshalb den Grundsätzen
ordnungsmäßiger Verwaltung, weil der Verwalter eine UG
(haftungsbeschränkt) ist.
 Die Prognose, ob der Verwalter seine Aufgaben ordnungsgemäß erfüllt,
bestimmt sich nicht nach der Rechtsform, sondern nach finanziellen
Mitteln, nach in Anspruch genommenen Krediten und Sicherheiten.
 Die Wohnungseigentümer müssen bei Zweifeln an der Bonität ihre
Entscheidung auf einer Tatsachengrundlage treffen und ggfs.
Unterlagen, Auskünfte etc. einholen.
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Beschlussfehler
Fall:
Die WEer beschließen, Verwalter Liebgewonnen wieder zu
bestellen. Erst in einer weiteren Versammlung beschließen die
WEer den Abschluss eines Verwaltervertrages mit einer
monatlichen Vergütung von 130,00 EUR pro WE.
WEerin Q ficht den Bestellungsbeschluss an. Mit Erfolg?
(Revision anhängig: BGH – V ZR 114/14)
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Beschlussfehler
h.M.
 Im Bestellungsbeschluss sind die wesentlichen Elemente des
Verwaltervertrages (Vergütung, Laufzeit) zu regeln.
(OLG Düsseldorf, NJW 2006, 3645; OLG Hamm, ZWE 2002, 486; LG Düsseldorf, ZWE
2012, 327; LG Berlin, Urt. v. 8.4.2014 – 85 S 200/13; Abramenko in: Riecke/Schmid, §
26 Rn. 14; Spielbauer in: Spielbauer/Then, § 26 Rn. 16; Greiner, WEG, Rn. 1371)
BGH, Urt. v. 22.6.2012 – V ZR 190/11
 Die Auswahl des Verwalters wird wesentlich durch die wirtschaftlichen
Eckpunkte des Verwaltervertrages bestimmt.
 Eine getrennte Beschlussfassung über Bestellung und Verwaltervertrag ist
jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn beide Beschlüsse
in derselben Versammlung gefasst werden.
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Beschlussfehler
Kritik:
 Die Vergütung ist im Verwaltervertrag zu regeln und nicht
Gegenstand der Bestellung (Trennungstheorie).
 Ein Angebot mit nicht akzeptablen Vertragsbedingungen muss
nicht angenommen werden.
 Der Verwalter erhält eine ortsübliche Vergütung (§§ 675, 612
BGB) oder kann das Amt niederlegen.
 Die Vereinbarung einer ortsüblichen Vergütung entspricht immer
ordnungsmäßiger Verwaltung.
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Bestellungszeit
Fall:
Der teilende Eigentümer Schlau begründet im Jahr 1994
Wohnungseigentum und bestellt in der Folgezeit vier Verwalter. In
der Änderungsurkunde zur GemO aus dem Jahr 2009 wird
Verwalterin Rührig vom 01.10.2009 bis 31.12.2014 bestellt. Kurz
nach Vollzug der Änderungsurkunde veräußert Schlau die ersten
Wohnungseigentumsrechte. Am 26.3.2013 erhebt Rührig
Wohngeldklage gegen Wohnungseigentümer Tascheleer.
Tascheleer hält die Klage für unbegründet.
(AG Hamburg, ZWE 2014, 374 ff. m. Anm. Ott)
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Bestellungszeit
§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters
(1) ... Die Bestellung darf auf höchstens fünf Jahre vorgenommen
werden, im Falle der ersten Bestellung nach der Begründung von
Wohnungseigentum aber auf höchstens drei Jahre. …
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Bestellungszeit
Erstbestellungszeit – wann beginnt sie ?
 Was ist die „erste Bestellung nach Begründung von
Wohnungseigentum“?
 Wohl h.M.: Beginn der drei Jahresfrist frühestens mit Entstehen
der werdenden Wohnungseigentümergemeinschaft
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Bestellungszeit
§ 26 Bestellung und Abberufung des Verwalters
(2) Die wiederholte Bestellung ist zulässig; sie bedarf eines erneuten
Beschlusses der Wohnungseigentümer, der frühestens ein Jahr
vor Ablauf der Bestellungszeit gefasst werden kann.
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Erstbestellung
 Der Verwalter kann in zulässiger Weise in der Teilungserklärung
bestellt werden.
(BGH, NZM 2002, 788, 791; BayObLG, NJW-RR 1994, 784; OLG Düsseldorf, ZWE
2001, 386, 387; Schmidt, ZMR 2009, 725, 733 ff.)
Argumentation:
 Der „Entschluss“ des teilenden Eigentümers ist formeller Bestandteil der
GemO.
 Es muss erst recht möglich sein, Regelungen in Beschlussangelegenheiten
entsprechend §§ 5 Abs. 4, 8 Abs. 2 WEG zu treffen.
 Der Entschluss des Gründers ist wie ein einstimmiger schriftlicher Beschluss
i.S.d. § 23 Abs. 3 WEG zu behandeln.
(siehe dazu Merle in: Bärmann, § 26 Rn. 75 f.)
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Erstbestellung
Antithese:
- es gibt keinen Einmannbeschluss („Entschluss“)
- nur Vereinbarungen können zum Inhalt des SE gemacht
werden
§ 5. Gegenstand und Inhalt des Sondereigentums.
(4) Vereinbarungen über das Verhältnis der Wohnungseigentümer untereinander
können nach den Vorschriften des 2. und 3. Abschnittes zum Inhalt des
Sondereigentums gemacht werden …
§ 10. Allgemeine Grundsätze.
(3) Vereinbarungen, durch die die Wohnungseigentümer ihr Verhältnis
untereinander in Ergänzung oder Abweichung von den Vorschriften dieses
Gesetzes regeln … wirken gegen Sondernachfolger … nur, wenn sie als Inhalt
des Sondereigentums im Grundbuch eingetragen sind.
(4) Beschlüsse der Wohnungseigentümer … bedürfen zu ihrer Wirksamkeit gegen
den Sondernachfolger … nicht der Eintragung in das Grundbuch.
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Erstbestellung
Fall:
In der GemO ist als erster Verwalter die P. Hausverwaltung,
Inhaber Herr P. ab Eintragung einer Vormerkung und Übergabe
an den ersten Erwerber bestellt. In der Anfechtungsklage des
teilenden Eigentümers gegen die Bestellung eines neuen
Verwalters ist die P-GmbH als Zustellungsvertreter der übrigen
Wohnungseigentümer bezeichnet. Der Geschäftsführer informiert
die Beklagten formlos. Ist die Anfechtungsklage rechtzeitig
erhoben ?
Variante:
In § 4 der Änderungsurkunde ist die P-GmbH bestellt. Die
Eintragungsbewilligung bezieht sich auf §§ 1 bis 3.
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Erstbestellung
§ 7 Grundbuchvorschriften
(3) Zur näheren Bezeichnung des Gegenstandes und des Inhalts des
Sondereigentums kann auf die Eintragungsbewilligung Bezug
genommen werden.
© Dr. Andreas Ott
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Erstbestellung
© Dr. Andreas Ott
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Bestellung des Verwalters
Fall:
In der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage ist eine
weitest gehende wirtschaftliche Trennung geregelt. In einer
Versammlung bestellt die Untergemeinschaft Haus Autonom
„ihren Verwalter“.
Hiergegen richtet sich die Anfechtungsklage.
© Dr. Andreas Ott
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Bestellung des Verwalters
LG Düsseldorf, Urteil vom 22.10.2009 – 19 S 40/09; NZM 2010, 288
Die Untergemeinschaft einer Mehrhausanlage ist nicht
rechtsfähig. Sie kann deshalb auch nicht über die Bestellung des
Verwalters beschließen.
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Taktische Überlegungen
Wie werde ich (wieder) Verwalter? - Tipps für den Konkurrenten
 Verhalten vor der Versammlung
o Einholung von Informationen (Leistungsprofil, Pflichtverletzungen,
Unzulänglichkeiten, Konditionen des bisherigen Verwalters; Wünsche und
Nöte der Eigentümer; Besichtigung des Objekts; Instandsetzungszustand)
o Mobilisierung der Massen (z. B. Infoschreiben)
o „Suche nach Verbündeten“




Vermeidung der Zurückweisung eigener Vollmachten
Prüfung der Vollmachten des amtierenden Verwalters
Sachliche Vorstellung (eigenes Leistungsprofil, Referenzen)
Flexibles reagieren auf Wünsche der Erwerber (Vergütung, Laufzeit)
© Dr. Andreas Ott
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Taktische Überlegungen
Wie werde ich (wieder) Verwalter? - Tipps für den amtierenden Verwalter
 Verhalten vor der Versammlung
o Aktionismus
o Beschaffung erforderlicher Mehrheiten
o Einholung von Vergleichsangeboten?
o Gestaltung der Einberufung (Reihenfolge der TOPs) und des
Versammlungsablaufs
o Beschaffung von Informationen über Konkurrenten
 Vermeidung der Zurückweisung eigener Vollmachten
 Prüfung der Vollmachten des Konkurrenten
 Bericht über die bisherige Tätigkeit - „Tu` Gutes und sprich darüber“
 Verhalten bei Dumpingangeboten von Konkurrenten?
 Die beste Empfehlung ist gute Arbeit – sie genügt jedoch nicht immer.
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Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Kanzlei Müller Radack
Französiche Str. 9-12
10117 Berlin
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Detlef Müller
Steffi Radack-Müller
Sven Häberer
Dr. Andreas Ott
Prof. Dr. Martin Häublein
Dr. Jens Trogemann
Dr. Ron Baer
Michaela Kettner
Friederike Matz, LL.M
Jörg Rosenthal
Anne Schlosser
Julia Küster
Enrico Schwarz
Prof. Dr. Fred Breinersdorfer
Prof. Dr. Arnold LehmannRichter
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