Ein Piper aus Leidenschaft - Holzwerk Spezialitäten AG

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Ein Piper aus Leidenschaft - Holzwerk Spezialitäten AG
PERSÖNLICH
125 JAHRE SCHREINERZEITUNG NUMMER 15 11. APRIL 2013
Das Herz klopfte, die Hände zitterten, aber Harry Buttazoni wusste, da musste er durch. Auf dem Flug nach
Edinburgh kämpfte er gegen seine Flugangst an, doch
das Military Tattoo, das grösste Musikfestival Schottlands zu erleben, «war das Herzklopfen wert», sagt der
Vorarlberger. Denn mit Harry Buttazoni besuchte nicht
einfach ein Tourist das Tattoo, sondern ein waschechter Piper, wie die Dudelsackspieler im Fachjargon heissen. Nur: Wie um alles in der Welt kommt ein Österreicher zum Dudelsack? Der 49-Jährige lacht entwaffTagsüber Schreiner,
abends und am
Wochenende Piper:
Harry Buttazoni (49)
hat den Dudelsack
stets griffbereit.
Ein Piper aus Leidenschaft
nend: «Aus purem Jux.» Es war Ende der Achtziger-
und fördert drei Diplome des «College of Piping» zuta-
jahre an einem Sommerfest in Vorarlberg, Buttazoni
ge, von insgesamt drei Intensivwochen bei einem
und seine Kollegen feierten, was der Abend hergab,
schottischen Lehrer. Und weil es sich nicht gut ge-
«Holladrio halt», da hörte «tutschartig» die Musik auf.
macht hätte, mit einem billigen Touristeninstrument
Damit wollte sich das festfreudige Trio nicht abfinden.
ein College zu besuchen, leistete sich jeder von ihnen
einen echten Dudelsack, später
kam ein original schottisches
«Was machen wir jetzt? Gitarre
und Handorgel holen?», hatte
Buttazoni damals gefragt. Doch
sein Kollege rief: «Naa, a Dudelsack wärs doch jetzt!» Er erntete dafür Spott, denn Dudelsäcke
«Unser erster Dudelsack war
ein Touristenmitbringsel für
etwa 200 Franken»
Outfit dazu – massgeschneidert,
notabene. Zusammen mit drei
Drummern waren sie damals
schon als Band unterwegs. Als
sind auf österreichischen Som-
es in der Band zum Bruch kam,
merfesten doch eher selten zu
fackelte Buttazoni nicht lange
finden. Also war die Idee fürs Erste gegessen, aber wirk-
und gründete «Mac Laut’s, The Happy Pipes & Drums
lich nur fürs Erste, denn einen Monat später rief der
from Austria», die nun seit 14 Jahren besteht und in Ös-
Kollege an: «Du, jetzt hab ich einen Dudelsack aufgetrieben.» Harry Buttazoni lacht, als er an das Instru-
terreich einige Popularität erlangt hat, weil sie eben
nicht nur schottische Weisen spielt, sondern auch Sam-
ment denkt: «Unser erster Dudelsack war ein Touris-
ba – und im Jahr 2000 für «Techno Pipes» die Auszeich-
tenmitbringsel für etwa 200 Franken.»
nung «Lied des Jahres» erhielt. Wo immer Buttazoni mit
Doch das kümmerte das Trio wenig: Nachdem sie dem
Dudelsack die ersten Töne entlockt hatten, meinten sie
zwischen auch auf einer CD anzuhören.
seiner Band auf der Bühne steht, geht die Post ab – in-
es plötzlich ernst und wollten das Instrument beherr-
Das Fotoalbum zeugt von unzähligen Auftritten: Als
schen. Allein, sie klapperten die Musikschulen nach
Vorgruppe von Rod Stewart in Zürich oder München,
einem Pipe-Lehrer so erfolglos ab wie einst das Som-
an der Modeschau der Star-Designerin Vivienne West-
merfest nach einem Dudelsack.
Die Reise an die Frankfurter Musikmesse brachte die
wood am Live Ball Wien, am Empfang für den österreichischen Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel und,
Wende: Dort trafen sie auf Peter Brinckmann, den bes-
und, und ... Mindestens so gern spielt Buttazoni aber
ten Piper Deutschlands, und der machte sie nicht nur
auf «The German Summer School of Piping, Drumming
einfach so zu Hause oder an der Firmenweihnachtsfei-
and Dancing» aufmerksam, sondern attestierte den
in Montlingen im Rheintal. Und ab und zu an einem
er seines Arbeitgebers, der Holzwerk Spezialitäten AG
Jung-Pipern Talent: «Er hat gesagt: ‹Jungs, ihr seid der
Vorarlberger Sommerfest, wo es heute viel, viel ein-
Wahnsinn!›», grinst Buttazoni. «Dabei beherrschten wir
facher ist als damals, einen Dudelsack zu finden, «The
damals erst einige Lieder.» Er kramt in seiner Tasche
Happy Pipes & Drums from Austria» sei Dank.
HID
Bild: Franziska Hidber
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