Fraktionschefs geteilter Meinung zum Stopp des Kunsthauses Gera

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Fraktionschefs geteilter Meinung zum Stopp des Kunsthauses Gera
Fraktionschefs geteilter Meinung zum Stopp des
Kunsthauses Gera
Feier zum 120. Geburtstag von Otto Dix im Kunsthaus Gera mit Podiumsdiskussion und Tanzmusik.
Geras Oberbürgermeisterin Viola Hahn will die ehemalige Landeszentralbank verkaufen, statt sie in ein
Kunsthaus zu verwandeln. Linke und SPD vermissen Miteinander. Kunsthaus-Kuratorium hat die "Wendung
fast schon erwartet" und steht nun vor der Auflösung.
Gera. Vom geplanten Verkauf der einstigen Landeszentralbank für vier Millionen Euro erfuhren die
Fraktionsvorsitzenden im Geraer Stadtrat am Montag. Sie waren ohne Tagesordnung von
Oberbürgermeisterin Viola Hahn (parteilos) eingeladen worden.
"Ich halte es für einen mutigen Schritt, dem Gebäude neue Perspektiven zu geben", sagt der CDUFraktionsvorsitzende und Chef des Finanzausschusses, Hans-Jörg Dannenberg. "Die zuletzt geplanten
Investitionskosten von 8,5 Millionen Euro waren nicht solide ausfinanziert. Weder Stadt noch Freistaat noch
private Geldgeber konnten das Geld bis zum Dix-Jubiläum 2011 aufbringen." Der Bauunterhalt und die
Betriebskostens seien jährlich mit mehr als einer Dreiviertel Million Euro anzusetzen und würden zu Lasten
freiwilliger Leistungen gehen, da die Stadt kein zusätzliches Geld habe. Das bedeute Einschnitte im sozialen,
Sport- und Kulturbereich. "Das ist politisch nicht durchsetzbar." Seit zwei Jahren habe die CDU-Fraktion
wegen der fehlenden Finanzen dafür plädiert, das Vorhaben in eine Stiftung umzuwandeln, erinnerte
Dannenberg. "Die Einnahmen aus einem Verkauf sollten vorrangig für Investitionen in das Otto-Dix-Haus
und die anderen Museen verwendet werden, wo baulich katastrophale Zustände herrschen." Optimal wäre
aus Sicht Dannenbergs "ein Käufer, dessen Konzept Kunstausstellungen einschließt."
"Für mich sieht ein Miteinander anders aus", erklärte gestern Margit Jung, Fraktionsvorsitzende der Linken
gegenüber dieser Zeitung. "Wenn Stadtratsbeschlüsse Grundlage für das Kunsthaus waren, so braucht es
auch Beschlüsse, diese außer Kraft zu setzen", sagte sie. Sonst würde in diesem Fall städtisches Vermögen
ohne Stadtratsbeschluss veräußert.
Obendrein wundere sich Frau Jung, dass der Verkauf ohne Zweck ausgeschrieben werden solle. Für ihre
Fraktion fordert sie deshalb, dass die Fraktionen offiziell informiert und das Kuratorium des Kunsthauses
und der Förderverein vor der Ausschreibung einbezogen werden.
"Überrascht" ist auch SPD-Fraktionsvorsitzender Armin Allgäuer. "Wir verschließen uns dem Verkauf nicht,
doch wollen wissen, wie der Ausschreibungstext aussieht", sagt er. Hoffen lasse ihn, dass der Verkaufserlös
in Geras Museumslandschaft investiert werden soll. "Otto Dix muss weiter auf dem Plan bleiben. Am DixHaus muss etwas passieren".
Mit 1,5 Millionen Euro den Kauf gefördert
"Uns vergammelt das Dix-Haus, der Kitt fällt aus den Fenstern", setzt auch Kerstin Thiel,
Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft "Arbeit für Gera" auf Investitionen in Geraer Museen. Dass
aus dem Kunsthaus nicht das geworden sei, was man sich 2008 vorgestellt habe, bedauere sie. Ihre Sorge ist
wie auch die von Margit Jung, dass die 1,5 Millionen Euro Fördermittel, die zusammen mit dem Eigenanteil
von 500 000 Euro den Kauf ermöglicht haben, zurückgezahlt werden müssen. Andere vermuten, dass der
Verkaufspreis mit vier Millionen angesetzt werde, um Spielraum für die Rückzahlung zu haben. Kommt es
zum Verkauf, sieht Kerstin Thiel neue Arbeit am Museumskonzept.
Eines Kommentars enthielt sich der Vorsitzende des Kulturausschusses, Klaus Peter Creter (CDU). "Es gibt
zum Kunsthaus keine neue Beschlusslage. Ich fasse das als Absichtserklärung auf".
"Es war ja im Wahlkampf eindeutig gesagt, dass neue Wege gegangen werden", verteidigt Harald Frank,
Vorsitzender der FDP-Fraktion, die Oberbürgermeisterin. "Die Entscheidung bedeutet für mich nicht die
Rückführung des Kaufpreises, sondern die Entpflichtung von den Betriebskosten", erklärt er. Für Frank wäre
es toll, wenn sich jemand findet, der privat Geld übrig hat und das Kunsthaus gemeinsam mit der Stadt
entwickelt.
Kuratoriumsmitglieder bedauern die Wendung
Dass er über eines der kontroversesten Themen in der Stadt aus dem Radio erfährt, hat Grünen-Stadtrat
Eugen Weber schockiert. "Was sagt das Kuratorium dazu?", fragt er.
"Wir haben diese Wendung fast schon erwartet und bedauern sehr, dass dieses sicherlich ambitionierte
Projekt aus finanziellen Gründen nicht realisiert werden kann. Der Förderverein wird Anfang Oktober über
die Konsequenzen der Entscheidung für seine weitere Arbeit beraten", kündigte Professor Klaus Hekking,
Vorsitzender des Kunsthaus-Kuratoriums und Vorsitzender des Vorstandes der SRH Holding in Heidelberg
an.
Dass das Kuratorium aufgelöst wird, davon geht Unternehmer Peter Carqueville aus, der als Privatperson
gespendet hatte und darauf setzt, das Geld zurück zu erhalten. "Schade, aber der Zweck hat sich dann
erledigt."
Das Kuratorium habe das letzte Mal im Dezember 2011 getagt, sagte der Vorstandsvorsitzende der
Sparkasse Gera-Greiz, Wolfgang Reichert. "Da war klar, dass das Geld für die geplante Bausumme nicht
gereicht hat, die Pläne sollten reduziert werden. Eine Förderzusage gibt es bis heute nicht."
Für das Kuratoriumsmitglied Ulrich Schütt war klar, dass bei einem politischen Wechsel an der
Rathausspitze das Kunsthaus in Frage gestellt wird. Der Grafiker würde es begrüßen, wenn ein Teil der
Geraer Museumslandschaft an einem Ort konzentriert würde.
Sylvia Eigenrauch, Angelika Munteanu / 12.09.12 / OTZ