Künftig längere Abgabefristen für Steuererklärungen

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Künftig längere Abgabefristen für Steuererklärungen
Dok.-Nr.: 0652918
Deubner Verlag
Kurzbeitrag vom 17.05.2016
Künftig längere Abgabefristen für
Steuererklärungen
Der Bundestag hat, nachdem der Finanzausschuss den Gesetzentwurf der Bundesregierung zur
Modernisierung modifiziert hatte, das Gesetz zur Modernisierung des Steuerrechts in der Form der
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses auf die Zielgerade gebracht.
Das Gesetz führt in erster Linie zwei neue Prinzipien in die Abgabenordnung ein: Die Prinzipien der
Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit sollen künftig die bisherigen Grundsätze der Gleichmäßigkeit,
Gesetzmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit der Besteuerung ergänzen. Dazu ist der ursprüngliche
Gesetzentwurf der Bundesregierung aus dem Februar 2016 vom Ausschuss noch in folgenden wesentlichen
Punkten – insbesondere hinsichtlich der Änderungsvorschläge zur Abgabenordnung – modifiziert worden:
o
Verlängerung der Steuererklärungsfrist für nicht beratende Steuerpflichtige um zwei Monate auf
insgesamt sieben Monate (§ 149 Abs. 2 AO-E).
o
Steuererklärungsfrist: Verlängerung der Frist im Fall der Vorabanforderung der Steuererklärung von drei
Monaten auf vier Monate (§ 149 Abs. 4 AO-E).
o
Verspätungszuschlag (§ 152 AO-E): Ausnahme der Nullfestsetzungen und Erstattungsfälle von der
Mussregelung; Sonderregelung für gesonderte und einheitliche Feststellungen; Ausnahme der
Jahreslohnsteueranmeldungen von der Mussregelung.
o
Verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO-E: Bearbeitungsfrist für Anträge auf Erteilung einer
verbindlichen Auskunft auf sechs Monate festgelegt.
o
Für die verbindliche Auskunft nach § 89 Abs. 2 AO-E in Sachverhalten, die mehrere Personen oder
Unternehmen gemeinsam betreffen, wurde eine einheitliche Bindungswirkung und Beschränkung der
Gebühren eingefügt.
o
Vereinfachungen der Regelungen zur Bekanntgabe von Steuerverwaltungsakten durch Bereitstellung
zum Datenabruf (§ 122a AO-E).
Für die breite Masse der Steuerpflichtigen dürften zunächst nur die Neuregelungen für die Abgabefristen
der Steuererklärungen einschließlich deren Vorabanforderung und des Verspätungszuschlags von
Bedeutung sein.
Geplante Neuregelung der Abgabefristen für Steuererklärungen
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Die Frist zur Abgabe der Steuererklärung für den Fall, dass der Steuerpflichtige dies nicht durch einen
Steuerberater erledigen lässt, verlängert sich um zwei Monate bis Ende Juli des Folgejahres. Gleichzeitig
sollen dabei Steuererklärungen möglichst automatisiert bearbeitet werden und lediglich kritische
Steuererklärungen, die durch sogenannte Risikomanagementsysteme (RMS) identifiziert werden, noch durch
einen Steuerbeamten geprüft werden. Dies soll die Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung verbessern und, was
die Beschlussempfehlung allerdings nicht schreibt, den personalen Aufwand der Finanzverwaltung
verringern bzw. das Personal soll an anderer Stelle nutzbringender eingesetzt werden.
Für steuerlich beratene Steuerpflichtige verbleibt es bei den bisherigen Vorschlägen zur Neuregelung: Die
Abgabefrist läuft bis zum Ende Februar des übernächsten Jahres.
Geplante Änderungen bei der Vorabanforderung von Steuererklärungen
Die gesetzliche Frist für die Abgabe von vorab angeforderten Steuererklärungen soll nach der
Beschlussempfehlung nunmehr einen Monat länger laufen und damit vier Monate nach Bekanntgabe der
Anordnung betragen. Der Ausschuss geht in seiner Beschlussempfehlung davon aus, dass die
Finanzverwaltung erst, wenn die für die Voranmeldung nötigen Grundlagen (z.B. Formulare, elektronische
Schnittstellen) geschaffen wurden, die Vorabanforderung versendet – dies ist jedoch nicht im
Gesetzesentwurf gesetzlich festgelegt. Damit sollen Steuerberater in Zukunft etwas entlastet werden, indem
vor allem bei einer Zusendung von zahlreichen Vorabanforderungen beim Steuerberater der normale
Kanzleiablauf aufrechterhalten bleiben soll.
Gleichzeitig soll nach der Vorstellung des Finanzausschusses der Widerruf der Vorabanforderung u.a. für den
Fall erfolgen, dass der Steuerpflichtige seine Bilanz nach dem Handelsrecht erst zu einem Zeitpunkt erstellen
muss, der mehr als vier Monate nach Bekanntgabe der Vorabanforderung liegt, und ihm eine vorzeitige
Bilanzerstellung nicht möglich oder nicht zuzumuten ist. Diese Änderungen sollen für die Steuererklärungen
ab dem Veranlagungszeitraum 2018 gelten.
Vorgesehene Änderung des Verspätungszuschlags
Künftig sollen Verspätungszuschläge automatisch bei einer verspäteten Abgabe festgesetzt werden. Dies soll
jedoch nicht der Fall sein, wenn keine Steuer festgesetzt wird (also die Steuerfestsetzung 0 € beträgt) oder es
zu einer Steuererstattung kommt. In diesen Fällen steht es weiterhin im Ermessen des zuständigen
Sachbearbeiters der Finanzbehörde, ob ein Verspätungszuschlag erhoben wird. Schließlich soll die
Mindesthöhe des Verspätungszuschlags von monatlichen 50 € auf 25 € halbiert werden.
Weitere wesentliche Regelungen
Weiterhin ist vorgesehen, dass Anträge auf verbindliche Auskunft der Finanzbehörden, die dazu dienen, im
Vorfeld einer geplanten Gestaltung Klarheit über deren steuerliche Behandlung von Seiten der
Finanzbehörden zu erlangen, innerhalb von sechs Monaten beschieden werden sollen. Sofern dies nicht
möglich ist, sollen dem Antragsteller die Gründe dafür mitgeteilt werden. In diesem Zusammenhang ist auch
vorgesehen, dass verbindliche Auskünfte, die gegenüber mehreren Beteiligten ergehen, allen Beteiligten
gegenüber Bindungswirkung entfalten und im Gegenzug aber auch mit lediglich einer Gebühr abgerechnet
werden sollen. Diese Änderungen sollen – wie die Neuregelung des Verspätungszuschlags – ab dem
Veranlagungszeitraum 2017 gelten.
Praxishinweis
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Zwar muss der Bundesrat dem Gesetz noch zustimmen, wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat
dürfte dessen Zustimmung aber wohl reine Formsache sein. Steuerpflichtige können sich also im Prinzip
jetzt schon auf die Neuregelungen einstellen – jedoch tritt die Mehrzahl der Änderungen erst ab 2017 bzw.
2018 in Kraft. Insbesondere ist zunächst die maßgebliche Abgabefrist für Steuererklärungen, die ohne
Mitwirkung des Steuerberaters eingereicht werden, in diesem Jahr weiterhin Ende Mai. Insgesamt dürften
die Neuregelungen aber sowohl bei den Steuerpflichtigen als auch deren Beratern zu etwas Entlastung
führen – auch wenn die Hauptentlastung wohl auf Seiten der Finanzverwaltung zu finden ist.
Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz
Normen:
AO:Allgemein
Redaktionelle Hinweise:
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Zitate:
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Normen
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Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses (7. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der
Bundesregierung – Drucksache 18/7457 – Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des
Besteuerungsverfahrens v. 11. 5. 2016 BT-Drs. 18/8434
Themenlexikon:
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Steuererklärungen, Abgabefristen
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