ICOM Deutschland Mitteilungen 2016
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ICOM Deutschland Mitteilungen 2016
ICOM Deutschland Mitteilungen 2016 ISSN 1865-6749 | Heft 38 (23. Jahrgang) Kunst für Flüchtlinge Was Museen zur Integration beitragen Kulturgut in Gefahr Rote Listen gegen illegalen Handel Jahrestagung ICOM Deutschland Von der Weltausstellung zum Science Lab Impressum Herausgeber: ICOM Deutschland e. V. (verantwortlich: Dr. Michael Henker, Johanna Westphal M.A.) Redaktion: Anke Ziemer Gestaltung: Claudia Bachmann, Berlin, www.besseresdesign.de Druck: Druckerei Conrad, Berlin Aufgrund der besseren Lesbarkeit wird oft die männliche Form in der Bezeichnung von Personen und Funktionen verwendet. Sie gilt im Sinne der Gleichbehandlung für Männer und Frauen gleicher maßen. Copyrights liegen bei den Autoren und Fotografen. Inhaber von Bildrechten, die wir nicht ermitteln konnten, bitten wir um Kontakt aufnahme. Namentlich gekennzeichnete Beiträge entsprechen nicht unbedingt der Meinung der Redaktion oder der Herausgeber. Großes Titelfoto: Helmut Beier, Ludwig Museum Koblenz Kleine Fotos v.l.o.n.r.u.: [email protected]; Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg; Sasha Coachman, CC BY-SA 3.0; Boaz Paz; SPK – photothek.net, Florian Gärtner; Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Marianne Franke; Sven Hauschke; Milanocon gressi; Georg Pöhlein, FAU Erlangen-Nürnberg; ICOM Heft 38 (23. Jahrgang) Erscheinungsweise: seit 2004 einmal im Jahr Auflage: 6.500 Gefördert durch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien Berlin, Mai 2016 ISSN 1865-6749 Korrekturhinweis zu Ausgabe 2015, S. 8: Die Autorenzeile muss hei ßen: Gastbeitrag von Birte Brugmann, Constanze Fuhrmann und Rolf Gundlach. Versehentlich wurde Constanze Fuhrmann als Autorin nicht genannt. Editorial An Aktualität nicht zu übertreffen und auch international das alles beherrschende Thema ist der Um gang mit den Flüchtlingen, die un ter dramatischen Umständen in großer Zahl zu uns kommen. Hier sind wir als Museumsexperten und Vertreter von Museen ganz beson ders gefordert, einen unverzicht baren Teil von Willkommenskultur sowie Möglichkeiten des Verständ nisses von und für Kulturen einzubringen. Unsere Ange bote dazu werden dringend benötigt. Unsere gesellschaft liche Relevanz ist groß, ebenso wie die damit verbundene Verantwortung. Unsere Möglichkeiten der Mitwirkung sind vielfältig und entsprechend differenzierte Programme und Projekte sind denkbar und wünschenswert. Da die Initiativen in diesem Bereich vielfach schon be gonnen haben, berichten wir exemplarisch über das Projekt „Kunst für Flüchtlinge“ des Ludwig Museums in Koblenz. Wie aufmerksam solche Projekte auch im Ausland verfolgt werden, zeigt der Bericht in der New York Times Inter national Weekly vom 11. März 2016 über die erfolgreichen arabisch-sprachigen Führungsangebote von Pergamonmu seum, Bode-Museum und Deutschem Historischem Mu seum in Berlin. Sie wenden sich speziell an Flüchtlinge, denen sie zusätzlich die Möglichkeit bieten, sich zu mutter sprachlichen Museumsführern ausbilden zu lassen. Wichtig ist auch die Initiative des Deutschen Kulturrats, der Integration als langfristige Aufgabe in kulturpolitischer Verantwortung angemahnt und die Adhoc-Arbeitsgruppe „Bürgerschaftliches Engagement und Geflüchtete“ gegrün det hat. Die Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern bietet eine Fortbildung „Willkommenskultur im Museum – Angebote für Geflüchtete“ an und die Staats ministerin für Kultur und Medien Monika Grütters lobt einen Sonderpreis für Projekte zur kulturellen Teilhabe von geflüchteten Menschen aus, der am 21. Mai im Deutschen Historischen Museum verliehen wird. Tags darauf findet der Internationale Museumstag statt. So ergänzen sich Ereignisse und Themen in unserem Be reich, denn „Museums and Cultural Landscapes“ ist auch das Thema der ICOM-Generalkonferenz. Ich würde mich freuen, wenn viele deutsche ICOM-Mitglieder nach Mai land kämen. Die Jahrestagung von ICOM Deutschland findet vom 6. bis 8. Oktober unter dem Motto „Von der Weltausstel lung zum Science Lab. Handel – Industrie – Museum“ im Deutschen Technikmuseum in Berlin statt. Gemeinsam mit unseren Partnern bereiten wir ein weitgefächertes Pro gramm vor, das neben der Zugkraft des Veranstaltungs ortes hoffentlich starkes Interesse erregt und zum Besuch motiviert. Die Mitgliederversammlung, in deren Rahmen auch die turnusmäßig fälligen Vorstandswahlen abgehalten werden, findet im Rahmen der Tagung am 7. Oktober statt. Wie es bei ICOM Deutschland nunmehr gute Tradition ist, wollen wir unsere Jahrestagung 2017 wieder zusammen mit benachbarten Nationalkomitees im Ausland abhalten. Im Sommer 2015 haben wir uns daher mit den Vorstän den von ICOM North (Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Island) zu einem ersten Gespräch getroffen und den Kontakt bei einem Treffen im November in Berlin so weit vertieft, dass der organisatorische Rahmen und das Programm weiterentwickelt werden können. Als Arbeitstitel haben wir in Abstimmung mit ICOM North „Difficult Issues at Museums“ gewählt. Zusätzlich zu diesen Themen haben wir uns stark enga giert in den bisherigen Schritten zur Novellierung des Deut schen Kulturgutschutzgesetzes. Zur Teilnahme am Inter governmental Meeting of Experts im Mai 2015 bei der UNESCO in Paris, bei dem der Entwurf einer Empfehlung zu Museen und Sammlungen abschließend diskutiert wur de, hat uns die Bundesregierung gebeten. Die UNESCOGeneralkonferenz hat auf ihrer Sitzung am 17. November 2015 in Paris diese Recommendation on the Protection and Promotion of Museums and Collections, their Diversity and their Role in Society verabschiedet. Damit wurde erstmals seit 1960 durch die UNESCO wieder eine inter nationale Empfehlung beschlossen, die sich vollständig auf Museen und Sammlungen bezieht. Diese Fixierung von Rahmenbedingungen, Leitlinien und Standards wird die Grundlage zukünftiger Museumspolitik bilden. Unsere weit fortgeschrittene Planung zur Herausgabe eines deutschsprachigen Leitfadens zur Provenienzrecher che haben wir eingebracht in ein gleichartiges Projekt des neu gegründeten Deutschen Zentrums Kulturgutverluste. Das bündelt bestehende Expertise, nutzt und schafft Syner gien und ist insgesamt sinnvoll. Die letztgenannten The men werden weiterhin im Fokus unserer Arbeit stehen. „Museen und schwierige Themen“ ist 2017 das Motto des Internationalen Museumstages und der Arbeitstitel un serer Tagung mit ICOM North. Ein Aspekt davon, dem sich die Arbeit von ICOM Deutschland in den nächsten Jahren verstärkt widmen sollte, ist die Frage des Umgangs mit der kontinuierlich steigenden Zahl von Sammler- und Künstlernachlässen, die seit geraumer Zeit immer dring licher nach Antworten verlangt. Es gibt dazu seitens der Kulturpolitik im Bund und in den Ländern höchstens punktuell erste Überlegungen. Ich glaube, dass ICOM Deutschland den Anstoß zu einer qualifizierten Debatte darüber geben sollte. Auch zu diesem Themenbereich bit ten wir Sie um Ihre Unterstützung. Dieses kollegiale Zu sammenwirken ist die verlässliche Basis unserer Arbeit, die international und national beachtet und begrüßt wird. Dafür danke ich Ihnen herzlich. Ihr Michael Henker Präsident ICOM Deutschland Foto: ICOM Foto: Helmut Beier, Ludwig Museum Koblenz Inhalt Aktuelles Rückblick Kunst für Flüchtlinge Erfahrungen des Ludwig Museums in Koblenz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Verstärkter Kampf gegen illegal gehandelte Kulturgüter aus dem Irak Präsentation der Roten Notfall-Liste Irak. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Universitätssammlungen als Partner der Museen Die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland stellt sich vor. . . . . . . . . . 8 39. Internationaler Museumstag Museums and Cultural Landscapes – Museen und Kulturlandschaften. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion? Höhepunkte des Internationalen Bodensee-Symposiums 2015 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 20 Tätigkeitsbericht 2015 des Vorstandes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Protokoll der Mitgliederversammlung 2015. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 Von der Weltausstellung zum Science Lab. Handel – Industrie – Museum Einladung zur Jahrestagung 2016 von ICOM Deutschland. . . . . . 14 Museums and Cultural Landscapes Building up a Cultural Heritage Einladung zur 24. ICOM-Generalkonferenz 2016 in Mailand. . . . . 16 Internationale Komitees ICOM macht sich fit für die Zukunft Höhepunkte der Juni-Treffen 2015 in Paris. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Tagungsberichte How Global Can Museums Be? CIMAM – International Committee for Museums and Collections of Modern Art . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Documenting Diversity – Collections, Catalogues and Context CIDOC – International Committee for Documentation . . . . . . . . . 38 From Historism to the Multimedia Age. CIPEG – International Committee for Egyptology . . . . . . . . . . . . . . 39 Vom Sammeln und von Sammlungen COMCOL – International Committee for Collecting. . . . . . . . . . . . . 40 2 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: Boaz Paz Foto: Martina Krug Umschau Literature, Music and Cultural Heritage ICLM – International Committee for Literary Museums. . . . . . . . . 41 Wenn Museumsobjekte gefährlich werden Präventive Konservierung und Arbeitsschutz in Museen. . . . . . . . 48 Science and Technology, Innovation: Museum and Cultural Heritage Security ICMS – International Committee for Museum Security. . . . . . . . . . 42 Publikationen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 „Reflets de Venise“ GLASS – International Committee for Museums and Collections of Glass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Vorstand. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 Veranstaltungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51 Regional Museums and the Forging of Identities in a Multicultural Society ICR – International Committee for Regional Museums. . . . . . . . . . 44 Leadership for a Sustainable Museum INTERCOM – International Committee for Museum Management. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Museums and Communities: Diversity, Dialogue, Collaboration ICME – International Committee for Museums of Ethnography . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 www.facebook.com/icomdeutschland https://twitter.com/icomdeutschland ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 |3 AK Tuelles Kunst für Flüchtlinge Wie kann ein Museum Kindern und Jugendlichen in großer Not helfen, fragen sich die Mitarbeiter des Ludwig Museums in Koblenz und starteten spontan eine Initia tive mit offenem Ausgang. Ein Erfahrungsbericht in fünf Schritten. Foto: Helmut Beier, Ludwig Museum Koblenz Beate Reifenscheid-Ronnisch, Marko Sommer Die Marionettenfigur Pablo erleichtert dem Pädagogik-Team die Kommunikation mit den Kindern. Der Zustrom an Flüchtlingen hat durch die Öffnung der Grenzen zumindest in Deutschland zu einem erheblichen Zuzug an neuen Mitbürgern geführt, die jedoch zunächst in Auffanglagern untergebracht werden. Aufgrund von zahlreichen Bestimmungen und organisatorischen Aspekten (ärztlicher Gesundheitscheck, Datenerfassung, spätere Un terbringung in geeigneten Wohnungen, Schulpflicht der Kinder etc.) leben diese Flüchtlingsfamilien meistens für mehrere Monate in diesen Camps. Da sie diese am Anfang nicht verlassen dürfen, entsteht in gewisser Weise ein Va kuum der Unproduktivität. Die Familien „leben“ Bett an Bett mit den ihnen fremden Mitmenschen, die ebenfalls ihre Heimat fluchtartig verlassen haben. Nicht immer ist der „Nachbar“ aus dem gleichen Land, nicht immer gehört er derselben Religionsgemeinschaft an, nicht immer sprechen 4 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 sie dieselbe Sprache. Nichtverstehen, Barrieren der Kom munikation, Einsamkeit, Verlust an Privatheit und Intimi tät sind weitere Probleme, denen die Flüchtlinge ausgesetzt sind. Das sind – bei allem Hilfseinsatz, um buchstäblich ein Haus über dem Kopf zu haben, ein warmes Bett und geregelte Mahlzeiten am Tag – Probleme, die Kommuni kation und Integration zunächst schwer machen. Erste Begegnungen Als im Herbst letzten Jahres eine Welle der Hilfsbereit schaft und Willkommenskultur einsetzte, kamen erste Fa milien von zumeist syrischer Herkunft in Koblenz an und wurden in dem sogleich eingerichteten Erstaufnahmelager in der Turnhalle der Feuerwehr- und Katastrophenschutz schule Rheinland-Pfalz untergebracht. Seitens des Ludwig Museums wurde umgehend die Initiative ergriffen, ein ei genes Programm an museumspädagogischen Maßnahmen aufzulegen, um gezielt für die rund 60 Kinder unterschied lichster Altersgruppen Möglichkeiten zu schaffen, sich zu beschäftigen und dabei gegebenenfalls auch die trauma tischen Erlebnisse zum Ausdruck zu bringen. Dazu waren zahlreiche Vorgespräche mit den unterschiedlichsten Be hörden notwendig, auch, um schließlich überhaupt eine Genehmigung zum Einlass zu erhalten. Beginn der Aktivi täten des Pädagogik-Teams war der 23. September 2015. Das Ludwig Museum war damit eines der ersten Museen innerhalb der Republik, das sich der neu ankommenden Flüchtlinge angenommen und Kreativangebote realisiert hat. Zunächst war das Projekt auf zwei Monate angelegt, da noch nicht abzusehen war, auf welche Resonanz die Aktion langfristig stoßen würde – sowohl bei den Flüchtlingsfa milien als auch bei der Stadt Koblenz. Feststand allerdings bereits nach dem ersten Mal, dass es sowohl für die Muse umsmitarbeiter als auch für die Menschen in der Flücht Ak tue lles Foto: Helmut Beier, Ludwig Museum Koblenz Ein syrisches Mädchen zeigt ihr Bild, in dem sie den Krieg und Terror in der verlorenen Heimat verarbeitet. lingsaufnahmestelle Koblenz eine erfolgreiche Aktion war, bei der die Kinder viel Spaß an der Malaktion hatten. Regelmäßig am Mittwochnachmittag von 15 bis 16 Uhr besuchen zwei bis drei Mitarbeiter des Ludwig Museums die Kinder und bringen das Museumsmaskottchen, die Ma rionettenfigur namens Pablo, mit – ein absoluter Kinder liebling. Er sorgt dafür, dass die Kinder zunächst einmal ihre Hemmschwelle und möglicherweise auch ihre Angst über winden und sich spielerisch auf Kommunikation und die sich anschließende Malaktion einlassen. Unerlässlich ist jedoch auch immer wieder die Hilfe älterer Kinder oder gelegentlich auch eines Elternteils, denn deren Unterstüt zung in der Kommunikation schafft größere Nähe und Ver trautheit. Dem jeweiligen Motto des Nachmittags ange passt, werden unterschiedliche Mal- und Bastelmaterialien, buntes Herbstlaub, Äpfel und andere Dinge mitgebracht. Anfangs waren es 60 Kinder, nun sind es durchschnittlich 20 bis 25 Kinder im Alter von zwei bis fünfzehn Jahren sowie zum Teil ihre Eltern und andere Erwachsene, die sich eben falls für das schöpferische Malen und Werkeln interessieren. Flucht in Bildern Unser museumspädagogisches Ziel ist es, den Flüchtlingen nicht nur auf spielerische Art ihr Gastgeberland näherzu bringen, sondern auch der künstlerischen Auseinander setzung mit ihren eigenen, großenteils traumatischen, Er lebnissen Raum und Ausdrucksmöglichkeiten zu geben. Heimatverlust, Flucht und Vertreibung sind extreme Er lebnisse für Erwachsene und Kinder, die nicht nur die Zer störung ihrer Heimat, sondern auch Brutalität und Tod erlebt haben. Deshalb empfanden selbst unsere langjähri gen Museumsmitarbeiter es ebenso eindrücklich wie belas tend, als diese bei ihrer ersten Begegnung mit den Kindern, deren Eltern und Erwachsenen, die von den überstandenen Strapazen noch unmittelbar gezeichnet waren, in fassbaren Bildern von ihrer Flucht über das Meer erzählten. Wenn sich mündliche Kommunikation aufgrund von Sprachbarrie ren als äußerst schwierig gestaltet, ist das Kommunizieren über Bilder die beste Option. Neben den vom museumspä dagogischen Team vorgegebenen Apfelstillleben, das zu nächst als einfachste Option für eine gemeinsame Aktion ausgedacht war, malte etwa ein Familienvater Szenen der Flucht auf dem Schiff über das Mittelmeer. Viele Kinder fin gen ebenfalls sehr bald an, in einfachen Bildern ihr Schick sal zu skizzieren und zeigten verklärende, idyllische Szenen vor und katastrophale Zustände nach Beginn des Krieges und des IS-Terrors. Da finden sich mit Nationalflaggen ge schmückte Raketen, dichte Bombenschauer, Panzer, kleine, wie Spielzeug aussehende und an gefaltete Papierhüte erin nernde Schiffe auf einem weiten, blauen Meer unter einer riesigen, strahlendgelben Sonne, daneben Menschen in den Wellen und orangerote Rettungswesten auf dem Wasser. Die Bilder der Kinder erzählen bewegende Geschichten. Die Kinder gehen dabei relativ unproblematisch miteinan der um, trotz der Sprachbarrieren und der Tatsache, dass hier unterschiedliche Gruppierungen zusammenkommen. So gewinnt man den Eindruck, dass für sie die Herkunfts nationalität aus Pakistan, dem Irak oder aus Syrien keine Bedeutung hat. Auch ohne zu wissen, ob neben den Mus limen auch Christen und Jesiden unter den Asylanten sind, ist keine Spannung spürbar. Selbst der koedukative Ansatz, ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 |5 Foto: Helmut Beier, Ludwig Museum Koblenz Ak tue lles Beate Reifenscheid-Ronnisch und zwei Kolleginnen des Pädagogik-Teams basteln mit den Mädchen und Buben. Mädchen und Buben gemeinsam zu betreuen, ergab keine Probleme. Besonders zu Beginn des Projekts wurde die Schwierigkeit der Kommunikation ohne einen Übersetzer deutlich. Mit Englisch oder auch mit Händen und Füßen kann man sich verständigen, wobei insbesondere die Kin der sehr schnell deutsche Wörter lernen und auch stolz vor führen, wenn sie z. B. auf Deutsch immer weiter zählen können. Dennoch musste sich das Team der Museumspä dagogik erst einmal darauf einstellen, keine Transferleis tungen zu erwarten, sondern vergleichsweise einfache Auf gaben mit möglichst verschiedenen Materialien zu stellen und den Umgang mit verschiedenen Dingen wie teilweise unbekannten Scheren zu üben. Mediale Aufmerksamkeit Ein wichtiger Schritt war es dann, dass über zahlreiche Medien von der Aktion des Ludwig Museums im Auffang lager berichtet wurde. Erstmals ging das Museum zu den Menschen und nicht umgekehrt. Deshalb war es dann eine große Erleichterung, dass das Team sehr bald einen eigenen Raum zur Verfügung gestellt bekam, in dem unge stört miteinander umgegangen und gemalt werden konnte. Über die vergangenen Monate ist das Vertrauen unseren Mitarbeitern gegenüber enorm gewachsen. Es ist offen sichtlich, dass der Besuch für die Kinder, aber auch für die Mitarbeiter, etwas Besonderes ist. Nach erster Nervosität und Anspannung ist das Verhalten der Kinder inzwischen ganz natürlich, relativ ruhig, manchmal auch lebhafter. Einmal schlief ein kleines Kind am Tisch ein, während die anderen weiterm alten. Auch der Zusammenhalt in der 6 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Gruppe wurde immer besser, so dass die älteren Kinder auf die jüngeren aufpassen und ihnen helfen. Anders als Erwachsene leben Kinder ganz in der Gegenwart und stel len sich viel schneller und unkomplizierter auf die neuen Verhältnisse und Gegebenheiten ein und wirken emotio nal und psychisch erstaunlich belastbar. Dennoch ist bei einigen Kindern zu beobachten, dass Angst und Unsicher heit ihr bisheriges Leben dominiert haben. Die Kunst der Verständigung Mit der Zeit wurden vom museumspädagogischen Team auch Themen erarbeitet, die unmittelbar Kunstwerke aus dem Museum behandeln, wie z.B. Die Geburt des Pegasus des französischen Künstlerehepaars Anne und Patrick Poi rier. Das aus der griechischen Mythologie stammende ge flügelte Pferd Pegasus war das Kind des Meergottes Posei don und der Gorgo Medusa. Die Poiriers stellen Pegasus in einer schwarzen, antikisierenden Ruinenlandschaft aus Kohle dar, aus der er als vergoldetes Pferd (nach einem Vor bild des Renaissance-Bildhauers Giambologna) hervor kommt. Gleich einem Phönix entsteigt Pegasus einer ver kohlten und verschollenen Welt. Auch die Flüchtlingskinder sind aus einer verkohlten und im Bürgerkrieg untergegan genen Welt gestiegen und auf einer abenteuerlichen Reise nach Europa und nach Deutschland geflüchtet. Die an die sem Nachmittag entstandenen Pferdezeichnungen nehmen teilweise diesen Aspekt auf, künden aber auch von ganz normalen, altersgemäßen Träumen vom Reiten, wie ihn viele Mädchen und Buben haben. Zugleich sind Pferde, zumal die edlen Araberpferde, in ihren Herkunftsländern Ak tue lles Foto: Helmut Beier, Ludwig Museum Koblenz Die Museumsmitarbeiter engagieren sich mit Herzblut für die Flüchtlingskinder. ein prestigeträchtiges Statussymbol, das hier erst einmal in weiter Ferne liegt. Ein weiteres Werk aus der Koblenzer Ludwig-Sammlung wurde behandelt, das ebenfalls das Motiv des Reisens durch die Welt bis hin ins All thematisiert. Das Gemälde von Jan Voss Remèdes miracle bietet eine reiche narrative Grundlage zum eigenen Weitererzählen. Einige dieser Bilder aus dem Projekt, begleitet von Por trätfotos der Kinder, werden derzeit im Ludwig Museum Koblenz ausgestellt. Damit verfolgt es auch die Idee der Sammler, Mäzene und Initiatoren des Ludwig Museums, Peter und Irene Ludwig, die Kunst zur Verständigung den eigenen Besuchern nahe zu bringen und damit ebenfalls die Kommunikation in die eigene Kultur hinein zu unterstüt zen. Möglich wurde die Aktion dank großzügiger Geldund Sachspenden örtlicher Sponsoren und des finanziel len Engagements durch den Freundeskreis des Ludwig Museums, aber auch des Zonta-Clubs Koblenz-RheinMosel und des Inner Wheel Koblenz, mit deren Unter stützung mittlerweile zusätzliche Kräfte auf Honorarbasis finanziert werden können, die den doch erheblichen Zeit aufwand von monatlich rund 25 Stunden schultern hel fen. Daneben spendeten örtliche Sponsoren wie die Lokal zeitung und Koblenzer Kaufleute und last but not least ein Künstler aus Lahnstein Papier, Bunt- und Bleistifte, Öl kreiden und Farben. Neue Perspektiven Veränderung steht ab 30. Juni bevor, wenn die Feuerwehr schule ihre Halle wieder benötigt und die provisorische Notlösung beendet wird. Die Unterkunft soll dann in die ehemalige Hundeschule der Bundeswehr verlegt werden. Außerdem sind viele Kinder nun schulpflichtig und erhalten damit auch andere künstlerische Anregung. Auch wenn aus organisatorischen und vor allem aufenthaltsrechtlichen Gründen sowie wegen der Einhaltung der Quarantänebe stimmungen der Jour fixe bislang im Erstaufnahmelager stattgefunden hat, rückt nun die neue Perspektive in den Vordergrund, die Kriegsflüchtlinge und Asylbewerber und insbesondere deren Kinder an das Ludwig Museum zu bin den. Hier können in weit besserem Maße die kunst- und museumspädagogischen Angebote umgesetzt und gegebe nenfalls sogar mit mehr Stunden realisiert werden. Das Ludwig Museum hat hierfür eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung sowie seitens der Politik erhalten und wird diese erfolgreiche Integrationsarbeit fortsetzen. Nicht zuletzt konnte vorbildlich und exemplarisch belegt wer den, mit wie bescheidenen Mitteln jeder an seinem Ort und nach seinen Möglichkeiten aktiv werden kann. Professor Dr. Beate Reifenscheid-Ronnisch ist Direktorin des Ludwig Museums in Koblenz. Sie ist Mitglied im Vorstand von ICOM Deutsch land; [email protected]. Marko Sommer ist im Ludwig Museum als Museumspädagoge tätig; [email protected]. Zum 1. Februar 2016 wurde das Erstaufnahmelager in eine kommunale Einrichtung umgewandelt. Die nächste ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 |7 Ak tue lles Universitätssammlungen als Partner der Museen In Deutschland haben Universitätssammlungen lange im Schatten der Museen ge standen – zu Unrecht. Denn sie verfügen über einzigartige Sammlungen, sind gut miteinander vernetzt und bieten vielseitige Kooperationsmöglichkeiten mit anderen sammlungsbasierten Institutionen. Die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland unterstützt sie in ihrer Weiterentwicklung. Cornelia Weber Vernetzen – Erschließen – Forschen: So lautet der Titel der im letzten Jahr vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgeschriebenen Förderlinie „Allianz für universitäre Sammlungen“. Mit diesem Programm sol len universitäre Sammlungen in die Lage versetzt werden, sich inner- und / oder außeruniversitär zu vernetzen und Allianzen mit ressourcenstarken Partnern einzugehen. Eine Fördervoraussetzung ist die Einbindung von mindes tens einem Museum. Dahinter steht die Idee, die wissen schaftliche Nutzung, Sichtbarkeit, Erhaltung und Pflege von universitären Sammlungen u.a. durch die Vermittlung von museologischem Know-how nachhaltig zu begünsti gen. Von der Zusammenarbeit mit Museen werden wesent liche Impulse in grundlegenden Bereichen wie Sammlungs management, Sammlungserschließung und -digitalisierung sowie Konservierung und Restaurierung erwartet. Mit diesem Beitrag möchte ich einen Einblick in den Kosmos der universitären Sammlungen gewähren, Aktivi täten vorstellen, die auch für die Museumsarbeit von Be deutung sein können, und schließlich Potentiale der Zu sammenarbeit von Universitäten und Museen umreißen. Universitätssammlungen – verborgene Schätze Objektbasierte wissenschaftliche Sammlungen existieren weltweit an nahezu allen Hochschulen und stellen einen bedeutenden Teil des kulturellen Erbes dar. Seit 2001 wer den ihre Interessen von dem International Committee for University Museums and Collections (UMAC) vertreten. Zurzeit sind in Deutschland rund 940 Sammlungen an 85 Universitäten bekannt; zusammengenommen kommen sie auf mehrere Millionen von Objekten. Einen Überblick über die aktuelle infrastrukturelle Situation geben die Kennzahlen der Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland.1 Unter Universitätssammlungen versteht man im Allge meinen Sammlungen mit gegenständlichen oder audiovisuellen Objekten, die zu einer wissenschaftlichen, theo logischen oder künstlerischen Hochschule gehören. Dazu zählen auch Orte, an denen lebende Organismen aufbe wahrt werden (z. B. Botanische Gärten oder Aquarien), so 1 Die Kennzahlen wurden erstmals im Sommer 2015 veröffentlicht: http://portal.wissenschaftliche-sammlungen.de/kennzahlen [3.2.2016] 8 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 wie mit der Universitätsgeschichte verbundene Memorial einrichtungen. Die Sammlungen werden in Lehre und Forschung genutzt und erfüllen auch Bildungsaufgaben. An den Hochschulen gibt es eine große Vielfalt an Ob jekten, u. a. Präparate von Pflanzen, Tieren und Menschen, Gesteins- und Mineralienexemplare, Proben von Drogen und Farben, Münzen, historische Geräte und Instrumente, Lehrmodelle, jedoch auch Gemälde, Skulpturen und Gra fiken. Manche Sammlungsbestände sind einzigartig und sonst nirgendwo verfügbar. Sie repräsentieren ein breites Spektrum von Disziplinen. Diese reichen – um einige Bei spiele zu nennen – von der Afrikanistik, der Anatomie, der Archäologie und der Architektur über die Botanik, die Chemie, die Ethnologie, die Geowissenschaften, die Ma thematik, die Medizin, die Numismatik, die Physik, die Religionswissenschaft bis hin zur Zoologie. Ein großer Unterschied zu privaten, kommunalen und staatlichen Museen besteht darin, dass die Bestände in erster Linie als Gebrauchssammlungen für Forschung und Lehre genutzt werden. Sie stellen zunächst eine Art Archiv dar, in dem eine bestimmte Gruppe von Materialien erfasst, er schlossen, erhalten, ausgewertet und zugänglich gemacht wird. Gleichzeitig dienen sie als Labor, in dem man Ob jekte beobachten, beschreiben, miteinander vergleichen, untersuchen und deuten kann. Darüber hinaus werden sie als Anschauungsmaterial für die Vermittlung von Wissen genutzt. Das bedeutet mitunter, dass einzelne Objekte ge gebenenfalls für spezielle Studien verbraucht oder in der Lehre von Studierenden genutzt und untersucht werden. Ein weiterer Unterschied zu den regulären Museen liegt darin, dass die Sammlungen häufig von Fachwissenschaftlerin nen und Fachwissenschaftlern ohne einschlägige Erfahrun gen in der Museumspraxis betreut werden, leider vielfach keine angemessene Infrastruktur zur Verfügung steht und der größte Teil der Sammlungen nur auf Anfrage zugäng lich ist. Nur wenige Universitätssammlungen sind als Mu seen oder Schausammlungen organisiert. Die Koordinierungsstelle In seinen 2011 veröffentlichten Empfehlungen zu wissen schaftlichen Sammlungen als Forschungsinfrastrukturen hat der Wissenschaftsrat u. a. auf den schwierigen Stand der universitären Sammlungen hingewiesen, deren Po Ak tue lles Die Zoologische Lehrsammlung am Lehrstuhl für Entwicklungsbiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg umfasst Präparate von Vögeln, Schlangen, Insekten, Korallen, Fischen und Wirbeltieren. Foto: Georg Pöhlein tential „aus unterschiedlichen Gründen – wie unzureichen de Erschließung, Sichtbarkeit, Betreuung, Pflege oder Unterbringung – nicht angemessen ausgeschöpft werden kann“. 2 Um die Situation nachhaltig zu verbessern, hat das BMBF im Jahr 2012 auf Empfehlung des Wissenschaftsrats die Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitäts sammlungen in Deutschland, auch kurz Koordinierungs stelle genannt, als Projekt eingerichtet. Das Projekt ist in seinen Zielvorgaben einzigartig auf der Welt, es gibt weder in Deutschland noch im internationalen Raum vergleich bare Einrichtungen. Die Koordinierungsstelle ist am Hermann-von-Helm holtz-Zentrum für Kulturtechnik der Humboldt-Univer sität zu Berlin angesiedelt, das sich bereits seit Mitte der 1990er Jahre der Erfassung, Erforschung und Präsentation von Universitätssammlungen widmet. Die Koordinierungs stelle fördert bundesweit die Sichtbarkeit und Nutzbarkeit wissenschaftlicher Sammlungen. Ziel ist es, die Sammlun gen unter Beachtung ihrer Vielfalt und ihrer lokalen Be sonderheiten als dezentrale Infrastrukturen langfristig für Forschung, Lehre und Bildung weiterzuentwickeln und zu vernetzen. Der Koordinierungsstelle ist es in recht kurzer Zeit gelun gen, eine stabile Vernetzung sowie geeignete Initiativen und Maßnahmen zur Weiterentwicklung universitärer Samm 2 Wissenschaftsrat: Empfehlungen zu wissenschaftlichen Sammlungen als For schungsinfrastrukturen. Drs. 10464-11, Berlin 28. Januar 2011, S. 7. lungen anzustoßen und maßgeblich zu unterstützen. Ne ben den Aktivitäten im Netzwerk Universitätssammlungen konzentriert sich die Arbeit vor allem auf die Arbeitsfelder Qualitätssicherung und -entwicklung, Kommunikation und Vernetzung, Digitalisierung sowie auf Weiterbildungs- und Beratungsangebote. Zudem ist die Koordinierungsstelle eine wichtige Verbindung zu den Netzwerken im In- und Ausland, beispielsweise zu dem Arbeitskreis „Präparate menschlicher Herkunft in universitären Sammlungen“, zu dem europäischen Netzwerk „Universeum. European Academic Heritage Network“ oder zu dem ICOM-Komitee University Museums and Collections (UMAC). Die Kommunikationsangebote der Koordinierungsstelle zum Austausch von Informationen sowie zur virtuellen Vernetzung finden regen Zuspruch – nicht nur innerhalb der Community. Die Webseite bietet umfangreiche Infor mationen zu einschlägigen Publikationen, Projekten in Forschung und Lehre, Tagungen, Vorlesungsreihen, Aus stellungen und Stellenangeboten. Ein Newsletter berichtet regelmäßig über aktuelle Entwicklungen aus der Koordi nierungsstelle und aus den Sammlungen. Das Blog „Sam meln. Der Kosmos wissenschaftlicher Objekte“ ist als in terdisziplinäre Diskussionsplattform konzipiert und richtet sich auch an Sammlungsbereiche außerhalb der Universität. Ein zentrales Ziel der Koordinierungsstelle ist es, die Sammlungsarbeit stärker zu professionalisieren. Davon kön nen auch die regulären Museen profitieren, insbesondere kleinere Häuser. Beispielsweise bietet die Koordinierungs stelle auf ihrer Webseite Handreichungen und Materialien ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 |9 Die anatomische Sammlung am Anatomischen Institut I der Friedrich-Alexander-Universität präsentiert Modelle sowie Feucht- und Knochenpräparate, von denen einige aus dem frühen 19. Jahrhundert stammen. zum Umgang mit Sammlungen an, die kontinuierlich er gänzt werden. Bei den Handreichungen handelt es sich um eigene Veröffentlichungen, die in enger Zusammenarbeit mit Vertretern wissenschaftlicher Sammlungen an den Universitäten sowie externen Experten entstehen. Diese – regelmäßig evaluierten und weiterentwickelten – Hand reichungen sind zwar auf die Bedürfnisse der Universitäts sammlungen abgestimmt, können jedoch in weiten Teilen von anderen Akteuren genutzt werden. Bisher wurden folgende Handreichungen veröffentlicht: Statusbestimmung: Anleitung zur systematischen Erfas sung des aktuellen Zustands von Sammlungen, Qualitätskriterien: Allgemeine Kriterien für die Bewertung und Evaluierung wissenschaftlicher Sammlungen, Mindestanforderungen an Sammlungsordnungen: Eine Sammlungsordnung regelt den Umgang mit den Samm lungen auf universitärer Ebene, Leitfaden Sammlungskonzept und Leitbild, Leitfaden Universitätssammlungen und Urheberrecht, Leitfaden zu Besitz- und Eigentumsfragen. Darüber hinaus hat das Team der Koordinierungsstelle Leitfäden, Empfehlungen und Informationen anderer Insti tutionen zusammengestellt, die thematisch für die Arbeit in und mit – insbesondere universitären – Sammlungen rele vant sein können. Diese Informationen ermöglichen einen sehr guten Einstieg in die Sammlungsarbeit – auch für Mitarbeiter von privaten, kommunalen und staatlichen Museen. Das Netzwerk Universitätssammlungen mit engagierten Sammlungsvetretern, Kustoden und Koordinatoren trifft sich regelmäßig zu Workshops und Tagungen, bei denen 10 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: Georg Pöhlein Ak tue lles aktuelle sammlungsrelevante Entwicklungen, Projekte und Fragestellungen vorgestellt und diskutiert werden. Die nächste und mittlerweile achte Jahrestagung findet im Sommer 2016 in Hamburg statt. Alle, die an der Arbeit mit wissenschaftlichen Sammlungen interessiert sind, sind herzlich eingeladen, daran teilzunehmen. Potentiale der Zusammenarbeit von Universität und Museum Von einer Zusammenarbeit mit Museen profitieren sowohl die Universitäten als auch die Museen selbst, insbesondere in den Bereichen Museologie, Forschung, Lehre und Bildung. MUSEOLOGIE Die Mehrzahl der Sammlungsleiter sind Fachw issenschaftler ohne museumspraktische Erfahrung. Hier trägt eine engere Zusammenarbeit zwischen Muse um und Universität dazu bei, die Arbeit in den universi tären Sammlungen insgesamt stärker zu professionalisieren. Die Stiftung Deutsches Hygienemuseum Dresden hat bei spielsweise in Kooperation mit Universitätssammlungen, Museen und Hochschulen ein innovatives Verfahren zur Konservierung und Restaurierung von Moulagen entwickelt (KUR-Programm). Das Germanische Nationalmuseum Nürnberg arbeitet zusammen mit den Sammlungen der Universität Erlangen-Nürnberg an der Entwicklung einer virtuellen Forschungs- und Dokumentationsumgebung. FORSCHUNG Vielen Museen fehlen Ressourcen für die eigene Forschung oder diese wird zugunsten von Ausstel lungen und Begleitprogrammen zurückgestellt. Die Koo peration mit einer Universität, insbesondere mit einer uni versitären Sammlung, bietet den Museen die Möglichkeit, Ak tue lles die Universität Mainz die Tagung „Nicht nur Raubkunst! Sensible Dinge in Museen und wissenschaftlichen Samm lungen“ veranstaltet, wobei es u. a. darum ging, Fachleute aus Universitäten und Museen in einen Erfahrungsaus tausch zu bringen. Im Februar 2016 folgte in Freiburg die internationale Forschungs- und Netzwerktagung „museOn forscht: Museen und Universitäten – Orte des Wissens im Austausch“. Wenn wir diesen Austausch fortsetzen, wer den wir sicher noch viele produktive Partnerschaften zwi schen Universitätssammlungen und Museen erleben. Dr. Cornelia Weber ist Kultur- und Wissenschaftshistorikerin an der Humboldt-Universität zu Berlin. Seit 2012 leitet sie die Koordi nier ungss telle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland. Von 2004 bis 2010 war sie Präsidentin von UMAC; [email protected]. Weitere Informationen: Koordinierungsstelle für wissenschaftliche Universitätssammlungen in Deutschland: www.wissenschaftliche-sammlungen.de Foto: Georg Pöhlein UMAC: www.umac.icom.museum Moulagensammlung der Friedrich-Alexander-Universität: Die De monstrationsobjekte für Haut- und Geschlechtskrankheiten dienen als Ergänzung einer genauen Beschreibung des Krankheitsbildes. Foto: Georg Pöhlein sich aktiv an Forschungsprozessen zu beteiligen. In der Uni versität gehört die Forschung zum Alltagsgeschäft. Dabei werden immer wieder neue Methoden und Techniken ent wickelt, die im günstigsten Fall sogar zu neuen, unerwar teten Ergebnissen führen können. Dabei können die Re sultate umso spannender sein, je weiter man sich bei der Wahl des Kooperationspartners vom eigenen Fach entfernt und eine interdisziplinäre Perspektive wählt. Das BMBF-Programm „Die Sprache der Objekte“ för dert eine solche Zusammenarbeit. Eines der Ziele ist es, „Kooperationen zwischen Hochschulen und Museen zu stärken, Internationalisierungsprozesse zu vertiefen sowie – nicht zuletzt – neue Wege zu erkunden, um Forschung öf fentlichkeitswirksam zu präsentieren“3. Es müssen jedoch nicht immer Förderinitiativen sein, die zur Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Mu seen führen. Beispielsweise wurde im November 2015 auf Anregung des Botanischen Museums / Botanischen Gartens Berlin-Dahlem ein fächerübergreifender Forschungsver bund sammlungsbasierter Berliner Institutionen zur Wis senschaftsgeschichte gegründet. LEHRE UND NACHWUCHSFÖRDERUNG Dass sich das Studium vorwiegend auf die Arbeit mit Schriftquellen und Abbildungen konzentriert, war allgemeiner Konsens auf der Tagung „Objekte wissenschaftlicher Sammlungen in der universitären Lehre“, die die Koordinierungsstelle ge meinsam mit der Stiftung Mercator im Mai 2015 veran staltet hat. Demnach lernen Studierende nicht, Objekte zu „lesen“ und zu deuten. Auch der sachgerechte Umgang mit Objekten wird nicht vermittelt. Diese fehlende Quali fikation der Studierenden wirkt sich u. a. nachteilig auf die Forschung aus, denn es gibt zu wenig Nachwuchs für die Mitarbeit in einschlägigen Projekten sowie in den Samm lungen selbst. Objektgebundene Forschungsfragen wer den kaum noch diskutiert und fehlen somit im Prozess des Erkenntnisgewinns. Dieses Nachwuchsproblem betrifft nicht nur die Universitäten, sondern auch die Museen. Hochschuldozenten und Museumsmitarbeiter sind daher gefragt, gemeinsam über längerfristige Strategien und Pro gramme nachzudenken. BILDUNG Heute werden Universitätssammlungen zu nehmend in der Bildung eingesetzt, z. B. als Materialgrund lage für Ausstellungen, die sich an eine größere Öffent lichkeit richten. Eine Zusammenarbeit mit Museen vor Ort bietet sich hier geradezu an: etwa durch gemeinsame Ausstellungen, Besucherprogramme, lokal organisierte Werbemaßnahmen oder durch den Austausch von Leihga ben. Gemeinsam sind wir stärker Universitätssammlungen sind keine Konkurrenz für die Museen. Im Gegenteil: Die Zusammenarbeit stärkt beide Partner. Darüber hinaus fördern Kooperationen samm lungsbasierter Institutionen die Vernetzung und tragen zur Community-Bildung bei. Zurzeit können wir einen intensiveren Dialog zwischen Museen und Universitäten beobachten: Im Januar 2016 hat 3https://www.bmbf.de/de/die-sprache-der-objekte-entschluesseln-1897.html [3.2.2016] Die Martius-Pharmakognosie-Sammlung der Friedrich-AlexanderUniversität gibt einen fast vollständigen Überblick über die um 1800 bekannten Arznei- und deren Ausgangsstoffe. ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 11 Ak tue lles 39. Internationaler Museumstag Unter dem Motto „Museen in der Kulturlandschaft – Museums and Cultural Landscapes“ begeht die deutsche Museumsgemeinschaft am 22. Mai 2016 den 39. Int ernationalen Museumstag und lädt alle Menschen mit besonderen Aktio nen gastfreundlich ein. An vielen Orten feiern die Einrichtungen auch mit einer Museumsnacht in den Internationalen Museumstag hinein. Katja Margarethe Mieth Museen als Ankerpunkte der lokalen Geschichte „Kulturlandschaften sind Kulturgüter und stellen die in Artikel 1 des Über einkommens bezeichneten‚ gemeinsa men Werke von Natur und Mensch dar. Sie sind beispielhaft für die Ent wicklung der menschlichen Gesell schaft und Ansiedlung im Verlauf der Zeit unter dem Einfluss der physischen Beschränkungen und / oder Möglich keiten, die ihre natürliche Umwelt auf weist sowie der von außen und innen einwirkenden aufeinander folgenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Kräfte.“ Mit diesem Zitat aus den UNESCO-Richtlinien zur Durchführung des Übereinkom mens zum Schutz des Kultur- und Na turerbes der Welt vom 2. Februar 2005 wird zugleich partiell so manche Mu seums- und Ausstellungskonzeption mitbeschrieben, denn es sind Museen, denen die Aufgabe zukommt, diese gemeinsamen Werke von Natur und Mensch in ihren Entwicklungen und aus unterschiedlichen Perspektiven in ihrer Differenziertheit und gleichzei tigen Komplexität zu erschließen und zu vermitteln. Damit werden Museen zu wichtigen Ankerpunkten, an denen Geschichte, Gegenwart und Zukunft von Kultur und Landschaft vorgestellt, vermittelt und gemeinsam diskutiert werden können. Dabei wird die Ko operation mit zahlreichen institutio nellen Partnern ebenso wie Verbänden und Vereinen aus ganz unterschiedli chen Aktivitätsbereichen eine wachsen de Rolle spielen. Passend zum diesjährigen Motto wird der Internationale Museumstag (IMT) verbunden mit dem Auftakt der bun desweiten Initiative „Kultur öffnet Welten“, die den Welttag der kulturel len Vielfalt am 21. Mai 2016 zum Anlass nimmt, um in einer ganzen Ak tionswoche, in die sich der IMT gut integriert, kulturelle Teilhabe zu för dern. Gerade für all diejenigen, die in den letzten Monaten neu in unser Land gekommen sind, können Museen als wichtige Kommunikationsorte der in ter kulturellen Begegnung und des Aust auschs fungieren. Museen sind Ankerpunkte, um lokale, regionale Geschichte und Geschichten, Kultu ren und Landschaften oder landes typische Feste und Bräuche besser kennenzulernen. Sie wirken identitäts stiftend, indem sie Verständnis für historische Zusammenhänge oder kul 12 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 turelle Praktiken ebenso fördern wie die Kenntnis und Wertschätzung des vielfältigen kulturellen Erbes eines Ortes oder einer Region. Das diesjäh rige IMT-Motto fordert Museen ge radezu heraus, weit über die Grenzen ihrer Behausungen hinaus in den Stadtund Landschaftsraum zu wirken oder, um die diesjährige Motto-Erläuterung von ICOM Deutschland und dem Deutschen Museumsbund (DMB) zum diesjährigen IMT zu zitieren: „Museen sind Knotenpunkte in einem weitver zweigten Kulturnetz, das unsere Städ te und Regionen prägt. Ihre Sammlun gen und Ausstellungen zeugen von den dynamischen kulturellen Entwicklun gen, die unsere Kulturlandschaft for men. Phänomene wie demographischer Wandel, Migration, wirtschaftliche und ökologische Entwicklungen verändern (unsere) Kulturen. Museen bilden die se Veränderungen ab: Sie schützen, bewahren und präsentieren kulturelle Ausdrucksformen, Bilder und Ge schichten und machen auf diese Weise kulturelle Identität und Diversität er fahrbar und sichtbar. Dabei endet das Museum nicht an seinen Mauern oder Zäunen, sondern überschreitet Gren zen – zu anderen Kultursparten, zur Umwelt, zum Umfeld, zur Region, zu anderen Ländern und nicht zuletzt zu den Medien.“ Museumstag in aller Welt Der Internationale Museumstag wird vom Internationalen Museumsrat ICOM seit 1978 jährlich um den 18. Mai ausgerufen. Seit 1992 wird der Internationale Museumstag von einem jährlich wechselnden Motto beglei tet. Auf diese Weise möchte er auf das breite Spektrum der Museumsarbeit und die thematische Vielfalt der Mu seen in aller Welt aufmerksam machen. Ak tue lles Foto: Richard-Wagner-Stätten Graupa | KTP Das Jagdschloss gehört zu den RichardWagner-Stätten in Graupa/Pirna. Dort wird in Deutschland der Internationale Museumstag 2016 offiziell eröffnet. Foto: Richard-Wagner-Stätten Graupa | KTP Mit ihren Beiträgen stärken alle ICOMMitglieder gemäß der Devise „gemein sam statt einsam“ die nationale und internationale Museumsgemeinschaft. Der Tag bietet sich an, dass Museen von ihrer Arbeit berichten und Gäste quasi hautnah teilhaben lassen. Im vergangenen Jahr haben sich weltweit rund 35.000 Museen in mehr als 145 Ländern beteiligt, so etwa das Biodiversity and Environment al Re search Center in Nablus, Palästinen sische Autonomie-Gebiete, oder das Museo de Artesenia auf Teneriffa, Spanien. In diesem Jahr wird eine ähnlich hohe Beteiligung erwartet. Über eine interaktive Weltkarte, die auf der ICOM-Webseite bereitsteht, können alle Museen auf ihre Aktivi täten aufmerksam machen. Museumstag in Deutschland In Deutschland steht der Internatio nale Museumstag unter der Schirm herrschaft des Präsidenten des Bundes rates. In dieser Funktion, er ist übrigens der 70. Bundesratspräsident, wird der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich am Sonntag, dem 22. Mai 2016, den Internationalen Museumstag in den Richard-Wagner-Stätten Graupa / Pirna bundesweit eröffnen. Die Gäste erwartet ein facettenreiches Programm in Haus und Hof, das Muse(e)nbe gabten, Sangesf reudigen und KulturLandschafts-Liebhabern neben Ein blicken in Wagners Welten gemäß der Museumsdevise „Keine Angst vor Wagner – Oper ist ein Erlebnis!“ nicht nur Bühnenbild-, Masken- und Kos tümworkshops anbietet, sondern auch anlässlich des Geburtstags von Richard Wagner zum gemeinsamen Singen und Musizieren auf der Wagnerwiese eben so wie zu Spaziergängen auf den Spu ren des Komponisten in die sein Werk prägende Elbtal-Kulturlandschaft ein lädt. Die Umsetzung des Internationalen Museumstages erfolgt in partner schaftlicher Zusammenarbeit mit den regionalen Museumsverbänden und den Stiftungen und Instituten der Spar kassen-Finanzgruppe. Viele Aktionen auf lokaler Ebene werden in Koope ration mit den regionalen Sparkassen umgesetzt. Die jeweiligen Museums beratungsstellen in den einzelnen Bun desländern, die in der Konferenz der Museumsberater der Länder zusam mengeschlossen sind, fungieren unter der Ägide des Deutschen Museums bunds als Koordinatoren und wich tige Ansprechpartner für Ihre Fragen. Der Internationale Museumstag in Deutschland ist seit 2013 auch in den sozialen Netzwerken Facebook und Twitter vertreten. Eine rege Beteili gung stärkt die Welt-Museen-Gemein schaft. Katja Margarethe Mieth ist Direktorin der Sächsischen Landesstelle für Museumswe sen an den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und Sprecherin der Konferenz der Museumsberater der Länder 2016. Weitere Informationen: Internationale Aktivitäten: www.imd.icom.museum Nationale Aktivitäten: www.museumstag.de Social-Media-Aktion: #PaintMuseum Konferenz der Museumsberater: www.kmbl.de Welttag der kulturellen Vielfalt: www.unesco.org/new/en/ cultural-diversity-day Nächste Termine des Internationalen Muse umstages in Deutschland: 21. Mai 2017 und 13. Mai 2018 ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 13 Ak tue lles Von der Weltausstellung zum Science Lab. Handel – Industrie – Museum Welche Ursprünge haben Museen und wohin werden sie sich entwickeln? Vom 6. bis 8. Oktober veranstaltet ICOM Deutschland seine Jahrestagung und Mitglie derversammlung 2016. Im Deutschen Technikmuseum Berlin betrachten die Teil nehmer die Wurzeln und Entwicklungstrends von Museen. „Der Zweck dieser Ausstellung ist: durch eine Zusammen stellung der Rohprodukte aller Länder, sowie der Indus trie-Erzeugnisse aller Nationen, eine Übersicht alles beste henden im Gebiete der Industrie zu erlangen, welche für Künste, Gewerbe, Ackerbau und Handel von großem Vor theil zu werden verspricht, in dem im Zusammenhalte von Preis und Qualität der ausgestellten Produkte die größeren und geringeren Fortschritte, oder der Standpunkt der In dustrie aller Länder anschaulich gemacht wird. Die mit der Ausführung des Unternehmens in London beauftragten Commissare haben daher […] an alle Industriellen Auffor derung zur Einsendung solcher Gegenstände machen lassen, welche bezüglich ihres Nutzens, ihrer Neuheit oder Schönheit als vorzüglich oder ausgezeichnet erachtet werden können“. Deutsches Technikmuseum Berlin: Neubau mit dem charakteristischen Rosinenbomber Foto: Stiftung Deutsches Technikmuseum Berlin / C. Kirchner 14 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Ak tue lles Louis Haghe, Artfinder.com, via Wikimedia Commons Königin Victoria eröffnet die Weltausstellung im Crystal Palace in Hyde Park, London 1851. Farblithographie, 19. Jh., Victoria & Albert Museum. So fasst das Programm der am 1. Mai 1851 im eigens dazu errichteten Crystal Palace in London eröffneten „Great Ex hibition of all Nations“ die Motive für dieses Großunter nehmen zusammen, das schon bald als Weltausstellung bezeichnet wurde. Auf dieser internationalen Ausstellung entstand nach deren Ende das bis heute vorbildliche Vic toria & Albert Museum in London. Dieses für Industrie, Handel und Museumswesen gleichermaßen zentrale Ereig nis bietet uns Anknüpfungspunkte zu allen Aspekten des Themas unserer Jahrestagung „Von der Weltausstellung zum Science Lab. Handel – Industrie – Museum“. Wir freuen uns, die Detailplanung des Programms in enger Abstimmung mit dem Deutschen Technikmuseum dynamisch zu entwickeln. Wir denken an eine Präsentation in vier Themen-Sektionen: Ausgehend vom Ereignis an sich soll Sektion 1 Schlaglichter auf die historischen Grundla gen, Archetypen und Prototypen der Gattung „Museum“ werfen (z. B. Paris, Brüssel, Wien, Washington, New York), ebenso wie auf die Entwicklung bis heute (z. B. Science Labs). Sektion 2 soll sich mit der Produktion und dem Handel mit Artefakten sowie die Kulturgeschichte des Sammelns von antiken Objekten bis zu den großen Privatsammlungen und Stiftungen der Gegenwart (Sammlungen Ludwig, Würth, Brandhorst, Getty etc.) befassen. Sektion 3 wird sich spe ziell den Museen der Industrie und des Handels widmen, vor allem auch vor dem Hintergrund von Ausbeutung und Kolonialismus. Sektion 4 stellt das Verhältnis von Muse um und Arbeit in den Fokus des thematischen Kontextes. Im Rahmen des besonderen Formats „Project Slam“ sollen Kurzbeiträge zu allen Aspekten des Tagungsthemas aus den Reihen der Mitglieder in möglichst vielen Beispielen aus der Museumspraxis vorgestellt werden. Für die Beiträge sind jeweils drei Minuten vorgesehen. ICOM Deutschland lädt Sie dazu ein, bis zum 31. Juli Beitragsvorschläge mit kurzer Projektbeschreibung in der Geschäftstelle einzurei chen. gemäß der Satzung von ICOM Deutschland der Kassen prüfer/die Kassenprüferin sowie dessen/deren Stellvertre ter(in) gewählt, die nicht dem Vorstand angehören dürfen. ICOM-Mitglieder, die bereit sind, Verantwortung und Aufgaben zu übernehmen, sind herzlich eingeladen, sich um ein Amt zu bewerben. Es ist wünschenswert, dass sich im Vorstand des Verbandes die Verschiedenartigkeit der Museumslandschaft in Deutschland ebenso spiegelt wie Alter, Geschlecht und kultureller Hintergrund der dort tätigen Museumsfachleute. Wir bitten alle Bewerberinnen und Bewerber, ihre Kandidatur bis spätestens zum 30. Juni der Geschäftsstelle schriftlich mitzuteilen. Wir stützen uns dabei auf den bei ICOM Deutschland bisher beachteten Wahlmodus, aber auch auf die Wahlregularien des Inter nationalen Museumsrats ICOM. Im August werden die Kandidatinnen und Kandidaten auf unserer Webseite be kannt gegeben. Bitte beachten Sie, dass Mitglieder bei Nichtanwesenheit auf der Mitgliederversammlung ihr Stimmrecht auf andere stimmberechtigte Mitglieder schriftlich übertragen können, wobei jedes Mitglied zur Vertretung von höchstens zwei abwesenden Mitgliedern bevollmächtigt werden kann. Eine Vorlage zur Übertragung des Stimmrechts erhalten Sie in der Geschäftsstelle. Mitgliederversammlung und Wahl des Vorstandes Vorstand von ICOM Deutschland ICOM Deutschland wird seine diesjährige Mitgliederver sammlung im Rahmen der Jahrestagung am 7. Oktober im Deutschen Technikmuseum in Berlin durchführen. Dem dreijährigen Turnus von ICOM entsprechend stehen in der Mitgliederversammlung Wahlen für das Amt der Präsidentin/des Präsidenten und des Vorstandes für die Jahre 2017 bis 2019 an. Für die Mitarbeit im Vorstand sind insgesamt sechs Sitze zu vergeben. Des Weiteren werden Reisebeihilfen Im Sinne der Nachwuchsförderung gewährt ICOM Deutsch land 15 Reisebeihilfen in Höhe von bis zu 100 Euro. Deut sche ICOM-Mitglieder mit dem Status student können bis spätestens 31. August einen Antrag auf Reisekostenzu schuss stellen. Für die Bewilligung ist der Zeitpunkt der Antragstellung ausschlaggebend. Wir laden Sie herzlich zur Jahrestagung und zur Mitglie derversammlung nach Berlin ein und freuen uns auf die Begegnung und den gemeinsamen Austausch mit Ihnen! Weitere Informationen: Programm, Anmeldung und Call for Papers zum „Project Slam“: www.icom-deutschland.de Reisebeihilfen und Kandidatur für Vorstandswahl: Geschäftsstelle von ICOM Deutschland, [email protected] ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 15 Ak tue lles Museums and Cultural Landscapes Building up a Cultural Heritage Die Weltgemeinschaft der Museumsexperten trifft sich vom 3. bis 9. Juli 2016 wieder einmal in Europa. Der Internationale Museumsrat lädt seine Mitglieder und inter nationale Gäste zur 24. Generalkonferenz nach Mailand ein, um über Museen und ihre Rolle in Kulturlandschaften zu debattieren. Foto: Jakub Hałun - Eigenes Werk, GFDL Kultur-Landschaften Nationalmuseum für Wissenschaft und Technik „Leonardo da Vinci“, ehemalige Klosteranlage Mehr als 3.000 internationale Teilnehmer werden in Mai land, der Hauptstadt der Lombardei und einer der bedeuten den Kulturmetropolen Italiens, erwartet. Als international hochkarätige Gastredner sind eingeladen der Verpackungs künstler Christo (USA), der Architekt Michele De Lucchi (Italien), der Politiker Nkandu Luo (Sambia), der Schrift steller und Nobelpreisträger Orphan Pamuk (Türkei), der Historiker und Philosoph Krysztof Pomian (Polen) sowie der Kulturökonom David Throsby (Australien). Denkanstöße Diese namhaften Gastredner rahmen nicht nur das Haupt thema der Konferenz ein, sondern sollen einen Blick über den musealen Tellerrand gewähren. Ein Zugang aus den verschiedensten Perspektiven wird sicherlich die Fachdis kussion der Museumswelt befruchten und durch die eine oder andere provokante These den regen Gedankenaus tausch stimulieren. Die Beziehung zwischen Museen und den sie umgebenden und auch beeinflussenden Kulturland schaften ist ein zunehmend aktuelles Thema, das nicht nur in einer Kulturnation wie Italien eine besondere Rolle spielt. Sammlungen und Museen begreifen sich nicht mehr als elitäre Musentempel, sondern interagieren mit den sie umgebenden Gesellschaften und Dynamiken, die von Städ ten und ländlichen Regionen ausgehen – dies insbesondere unter interkulturellen und inklusiven Aspekten. 16 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Mit der sogenannten Siena Charter wurde von den italie nischen Museumskollegen bereits im Juli 2014 ein erstes Diskussionspaper zum Thema „Museen und Kulturland schaften“ vorgelegt. Wichtige Aspekte darin sind die unter schiedliche Wahrnehmung und Definition von „Land schaft“, die in den verschiedenen Regionen der Welt eine ganz eigene Rolle spielt. Zugrunde liegt ein sehr weites Konzept von „Landschaften“, das kulturanthropologische, soziale, ökonomische sowie physische, biologische und ge ographische Aspekte beinhaltet. Diese sind Teil des Kulturund Naturerbes, das erhalten, interpretiert und in seiner materiellen und immateriellen Form bewahrt werden sollte. ICOM möchte durch die Wahl des Konferenzthemas die soziale und auch regionale Rolle von Museen herausstrei chen. Folgende Fragen spielen dabei eine Rolle: Wie können Museen ihre kulturelle Verantwortung für das vielfältige Kulturerbe einbringen und zu deren Erhalt beitragen? Wie können Museen aktuelle Reflektionen über sich selbst und die sie umgebenen Gesellschaften liefern? Wie können Museen entsprechendes Wissen vermitteln? Wie können Museen dazu beitragen, nachhaltige Entwicklung und die Bewahrung von Landschaften zu unterstützen und gleich zeitig die touristischen Kapazitäten auszubauen, ohne das Kultur- und Naturerbe zu gefährden? Eine Interaktion von Museen und Kulturlandschaften kann zu neuen Netzwerken und Partnerschaften führen und dazu beitragen, interdisziplinäre Konzepte zu entwickeln. Generell können Museen eine aktive Rolle nicht nur in der Bewahrung ihrer eigenen Sammlungen, sondern auch des sie umgebenden materiellen und immateriellen Kultur- und Naturerbes spielen. All diese Fragen werden in Mailand diskutiert und sollen ermuntern, neue Perspektiven für die Selbstdefinition der Museen weltweit zu entwickeln, die ihre kulturelle sowie soziale Rolle stärker als bisher fokus sieren. Das Hauptthema der Generalkonferenz bietet also gleichermaßen eine Chance, aber auch die große Heraus forderung, sich neue Ziele zu stecken und die eigene gesell schaftliche Verantwortung zu überdenken. Tagungen der internationalen Komitees Neben diesem Austausch im großen Rahmen werden die insgesamt dreißig internationalen Komitees von ICOM auch in diesem Jahr ein sehr reiches Programm anbieten. An vier Tagen treffen sich die Mitglieder der verschiede nen Komitees, um die wissenschaftliche Diskussion zu Foto: Siegfried Weisenburger, CC BY-SA 3.0 Ak tue lles Castello Sforzesco den fachspezifischen Themen in kleinerer Runde fortzu führen. Ein zusätzlicher Exkursionstag offeriert allen Kon gressteilnehmern Ausflüge in die Region, u. a. nach Pavia, Mantua, Verona oder Parma, und bietet damit die Gelegen heit, die Kulturlandschaft Norditaliens kennenzulernen. einem aus dem 15. Jahrhundert stammenden Kastell im Zentrum von Mailand, stattfinden. Die Kongressteilneh mer haben die Gelegenheit, die Neuaufstellung von so hochkarätigen Werken wie Michelangelos Pietà Rondanini und Leonardos frisch restauriertem Fresco im Sala delle Asse zu sehen. Die verschiedenen Mailänder Museen bieten zudem Sonderöffnungen, Spezialprogramme oder auch Ein blicke hinter die Kulissen. So wird etwa das Nationalmu seum für Wissenschaft und Technik „Leonardo da Vinci“, das größte Naturkunde- und Technikmuseum Italiens, eine besondere Abendöffnung anbieten, bei der man verschie dene Abteilungen inklusive der ehemaligen Klosteranlage aus dem 16. Jahrhundert besuchen kann. Die Schlussveran staltung am 9. Juli wird dann als abschließender Höhe punkt im Triennale’s Palazzo dell’Arte stattfinden. Diese bietet Gelegenheit, das dortige Museum für angewandte Kunst, den Park sowie die 21st International Triennial Exhibition für Architektur, visuelle und dekorative Kunst, Design, Mode sowie Audio- und Videoproduktionen zu sehen. Sicherlich ein Höhepunkt im Rahmenprogramm ist ein Konzert im Mailänder Dom. Insbesondere diese infor mellen Veranstaltungen stellen immer wieder einen beson deren Reiz der großen ICOM-Generalkonferenzen dar, bieten sie doch die einzigartige Gelegenheit, Museumskol legen aus aller Herren Länder und vor allem mit den un terschiedlichsten kulturellen Hintergründen zu treffen. Gremienwahlen Als Ergänzung zum Hauptprogramm werden auf der Ge neralkonferenz auch die Entscheidungsgremien von ICOM tagen, namentlich das Executive Council sowie das Ad visory Committee, das Delegierte aller Nationalen und internationalen Komitees von ICOM als Beratergremium zusammenführt. Turnusmäßig finden im Jahr der ICOMGeneralkonferenz auch die Wahlen für das Executive Council statt. Es setzt sich aus dem Präsidenten, zwei Vize präsidenten, dem Schatzmeister und bis zu elf Mitgliedern sowie ex-officio dem Vorsitzenden des Advisory Committee zusammen. So wird z. B. nach sechs Jahren Amtszeit ein Nachfolger für Hans-Martin Hinz als Präsident von ICOM gesucht. Rahmenprogramm Das reichhaltige Tagungsprogramm wird eingerahmt durch die große Eröffnungsveranstaltung sowie verschiedene Abendempfänge und andere Begleitprogramme. Die feier liche Eröffnung wird am 4. Juli im Castello Sforzesco, Reisebeihilfen Mitglieder von ICOM Deutschland können einen Reise kostenzuschuss in Höhe von bis zu 400 Euro beantragen. ICOM Deutschland wird auch dieses Jahr einen Empfang für die deutschen Teilnehmer der Generalkonferenz aus richten. Bitte melden Sie sich bei uns, damit wir Sie recht zeitig über diese Veranstaltung informieren können. Gabriele Pieke Vorstandsmitglied von ICOM Deutschland Weitere Informationen: Programm, Anmeldung, Gebühren: www.milano2016.icom.museum Anfragen zu Reisebeihilfen und Treffen der deutschen Teilnehmer in Mailand: [email protected] Die 25. ICOM-Generalkonferenz wird 2019 in Kyoto, Japan, statt finden. Titel: Museums as Cultural Hubs: the Future of Tradition ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 17 Rückblick Verstärkter Kampf gegen illegal gehandelte Kulturgüter aus dem Irak Foto: SPK – photothek.net, Florian Gärtner Der Internationale Museumsrat ICOM und die Stiftung Preußischer Kulturbesitz haben am 14. Januar 2016 die Rote Notfall-Liste der gefährdeten Kulturgüter des Irak vorgestellt. Rund 120 Fachleute kamen auf Einladung in das Archäologische Zen trum der Staatlichen Museen zu Berlin. Die Rote Liste Irak beschreibt Objektgruppen, die häufig illegal gehandelt werden. Seit Jahrzehnten muss die Welt einen fortwährenden Verlust des Kulturerbes im Irak beklagen. Die anhaltenden Plünderungen und weitreichenden Zer störungen betreffen dabei einzigartiges Kulturgut. „Angesichts der dra mati schen Lage in der Region und des Aus maßes der Plünderungen hat ICOM seine bereits 2003 herausgegebene Emergency Red List of Iraqi Antiqui ties at Risk umfassend überarbeitet und eine aktualisierte Fassung herausgege ben, die nun auch in deutscher Über setzung vorliegt“, berichtete HansMartin Hinz, Präsident von ICOM. Ein internationales Expertenteam erstellte die Übersicht. Beschrieben werden Objekttypen und -kategorien, 18 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 die besonders gefährdet sind, illegal gehandelt zu werden, obwohl ihre Aus fuhr streng verboten ist. Dazu zählen frühe Keilschriftdokumente, Stempel und Rollsiegel, Architekturelemen te, Tonfiguren und Reliefs, Keramik, Schmuck, Werkzeuge, Waffen und Münzen aus der Zeit des Alten Meso potamien bis in die Zeit der osma nischen und Mamluken-Herrschaft. Diese Übersicht soll Museen, Auktions häuser, Kunsthändler und -sammler sowie Strafverfolgungs- und Zollbe hörden darin unterstützen, Kulturge genstände aus dem heutigen Irak zu erkennen, unklare Provenienz zu unter suchen und notwendige Vorsichtsmaß nahmen zu ergreifen. Um das Bewusstsein gerade auch in den Regionen zu schärfen, die vom il legalen Handel mit Kulturgütern aus dem Irak besonders betroffen sind, pu blizierte ICOM mehrere Sprachausga ben der roten Notfall-Liste des Irak. Im Juni 2015 wurden in Paris im Bei sein der UNESCO-Generalsekretärin Irina Bokowa die englische, französi sche und arabische Fassung vorgestellt, am 14. Januar 2016 in Berlin die deutsche Fassung, die mit großzügi ger Unterstützung der Stiftung Preußi scher Kulturbesitz ermöglicht wurde. Nach den Worten von Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preu ßischer Kulturbesitz, seien die Listen ein wirksames Mittel, um „dem dra matischen Schmuggel von geraubten Kulturgütern“ etwas entgegenzuset zen: „Der Westen darf sich nicht mit schuldig machen, indem er das IS-Ter rorregime indirekt unterstützt. Wir kennen die Wege des organisierten Schmuggels, der meist über den Liba non oder die Türkei nach Westeuropa führt. Hier ist es nötig, dass die Ermitt lungsbehörden erkennen, was illegal ins Land kommt.“ Die Staatsministerin und Beauftrag te der Bundesregierung für Kultur und Medien, Monika Grütters, betonte, dass der Kulturgutschutz ein zentra les Anliegen der Bundesregierung sei. „Mit der Gesetzesnovelle zum Kul turgutschutz wird Deutschland einen längst überfälligen Paradigmenwech sel einläuten“, sagte Monia Grütters. „Wer in Zukunft Antiken nach Deutschland einführt, braucht für je des Stück eine gültige Ausfuhrerlaub nis des jeweiligen Herkunftslandes, das bei Einfuhr vorzulegen ist.“ Hel fen können darüber hinaus insbeson dere die roten Listen des Internationa len Museumsrates. Deutschland ist das erste Land überhaupt, das die roten Listen gesetzlich verankert, denn die Kulturgutschutznovelle sieht erhöhte Sorgfaltspflichten für Kulturgut vor, das aus Ländern stammt, für die eine solche rote Liste erstellt wurde. Mo nika Grütters weiter: „Es ist wichtig, dass die rote Liste für den Irak nun aktualisiert und auf Deutsch vorliegt, denn allein der Verdacht, Deutschland könne sich als eine internationale Dreh scheibe für Hehlerware eignen, ist mit unserem Selbstverständnis als Kultur nation nicht zu vereinen.“ Michael Reiffenstuel, Beauftragter für auswärtige Kulturpolitik im Aus wärtigen Amt, verlas die Einführungs rede der Staatsministerin im Auswär tigen Amt, Maria Böhmer, die selbst nicht anwesend sein konnte. Anschlie ßend übergab er an den irakischen Bot schafter eine neusumerische Tontafel. Die Tontafel, die vermutlich aus der antiken Stadt Girsu (heute Telloh) stammt und um das Jahr 2000 v. Chr. entstand, wurde im Februar 2014 bei Ebay zum Verkauf angeboten. Die Tontafel konnte beschlagnahmt, von fachlicher Seite zugeordnet und auf der Veranstaltung an den Irak zurück gegeben werden. „Illegaler Erwerb und Handel von Kulturgut sind keine Bagatellverge hen – umso weniger, seit wir im Irak, aber auch in Syrien, in Mali oder Af ghanistan erleben, dass Kulturbarbarei zu einer Strategie der Kriegsführung und neben Drogen- und Waffenhan del zur Finanzquelle des internationa len Terrorismus geworden ist“, führte Maria Böhmer in ihrer Eingangsrede aus. „Gemeinsam mit dem Irak hat Deutschland in der Generalversamm lung der Vereinten Nationen 2015 eine Resolution eingebracht, die im Kon sens aller 193 Mitgliedsstaaten ange nommen wurde. Wir haben darin die Zerstörung von Kulturgütern im Irak als terroristischen Akt und mögliches Kriegsverbrechen geächtet und den illegalen Handel von Kulturgütern auf das Schärfste verurteilt“, rief sie in Erinnerung und forderte: „Aus den Be schlüssen müssen jetzt Taten werden – auch in Deutschland!“ Der Botschafter der Republik Irak, Hussain M. F. Alkhateeb, dankte für die Übergabe und sagte: „Die heute stattfindende Präsentation der deut schen Fassung der Roten Notfall-Liste von ICOM zu den gefährdeten Kul turgütern des Iraks und die in diesem Rahmen erfolgte Rückgabe eines ira kischen Artefakts zeigen das große Engagement Deutschlands, wenn es darum geht, kulturelles Erbe in enger Zusammenarbeit nicht nur mit dem Irak, sondern auch mit anderen betrof fenen Ländern zu retten und zu erhal ten.“ Seit dem Jahr 2000 gibt ICOM mit Unterstützung des US Department of State für die von Raubgrabungen und Plünderungen am stärksten betroffe nen Regionen der Welt rote Listen he raus, bisher insgesamt fünfzehn. Vor der aktuellen Liste Irak sind die roten Listen zu Afghanistan, Ägypten und Syrien erschienen, eine Liste für Libyen ist ebenfalls jüngst publiziert worden, in Vorbereitung ist sie für Westafrika mit Schwerpunkt Mali. In der anschließenden Diskussion mit Markus Hilgert, Direktor des Vorderasiatischen Museums der Staat lichen Museen zu Berlin, Hermann Parzinger, France Desmarais, Direk torin der Abteilung Programme und Partnerschaften von ICOM, Friede rike Fless, Präsidentin des Deutschen Foto: SPK – photothek.net, Florian Gärtner Rückblick ICOM-Präsident Hans-Martin Hinz Archäologischen Instituts, und Bot schafter Hussain M. F. Alkhateeb wa ren sich die Experten einig, dass Kul turgutschutz nur gemeinsam gelingen kann. Der Weg ist lang, aber die Rich tung ist klar: Ächtung des Handels mit Raubgut, politischer Wille, jedem Kul turobjekt seine ID, Kooperation mit der Polizei, internationale Zusammen arbeit, Open Access und Big Data. Der internationale Kampf gegen den ille galen Handel lohnt sich, Teilerfolge beweisen es. Johanna Westphal Geschäftsführerin ICOM Deutschland Weitere Informationen: Rote Notfall-Liste der gefährdeten Kultur güter des Irak (Pdf ): http://icom-deutschland.de/client/media/ 568/rote_liste_irak_de_bm_pages.pdf Übersicht der bisher erschienenen Roten Listen von ICOM: http://redlist.icom.museum ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 19 Rückblick Allen Besuchern die Teilhabe zu ermöglichen, ist ein hehrer Anspruch, dem die Museen gern gerecht werden wollen. Dies belegen zahlreiche Beispiele. Dennoch bleibt viel zu tun – so das Ergebnis der rund 180 Experten auf dem fünfzehnten Internationalen Bodensee-Symposium vom 18. bis 20. Juni 2015 in St. Gallen. Denn Fragen der Nachhaltigkeit, der Sammlungskonzepte und vor allem der Finanzie rung sind bislang nicht zufriedenstellend beantwortet. Klaus Weschenfelder 20 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion? Foto: Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen Rückblick Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen „Stoppt die Banalisierung“, forderte unlängst der Karlsruher Kunsthistoriker Wolfgang Ullrich (Die Zeit vom 26. 3. 2015), und beklagte den missionarischen Drang von Kunstvermittlern, alle Milieus zu erreichen und dabei so zu tun, als verlange die Beschäftigung mit der Kunst keine Zugangsvoraussetzungen. Die ser Warnung vor einer Verharmlosung von musealen Inhalten steht der ent schiedene politische Wille entgegen, Museen zu Instrumenten von Inklusion und Integration zu machen. Der damalige Staatsminister Bernd Neumann als Beauftragter des Bundes für Kultur und Medien in Deutschland brachte dieses Postulat auf den Punkt, als er anlässlich der Eröffnung der Tagung des Deut schen Museumsbundes „Alle Welt ins Museum? Museen in der pluralen Gesell schaft“ im Mai 2012 in Stuttgart das Fragezeichen im Tagungsthema beanstan dete. Auch flankieren längst internationale Konventionen und nationale Gesetze den Inklusionsgedanken. Bei all diesen aktuellen Tendenzen sollte aber nicht in Vergessenheit geraten, dass sich Museen auch ohne politischen Auftrag bereits in den 1970er Jahren mit der Vermittlungsarbeit für Randgruppen befassten, wovon „alte Hasen“ der Museumspädagogik zu berichten wissen. „Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion“, unter diesem Titel bot das erfreulich gut besuchte Internationale Bodensee-Symposium 2015 von ICOM Schweiz (Federführung), ICOM Österreich und ICOM Deutschland in einer klug strukturierten und mit vielen spannenden Beiträgen ausgestatteten Tagung die hervorragende Möglichkeit einer aktuellen Standortbestimmung. ICOMPräsident Hans-Martin Hinz erinnerte in seinem Grußwort zum Auftakt daran, dass in den drei Komitees ein Viertel aller Mitglieder von ICOM organisiert sind, verwies aber zugleich darauf, dass sich der Weltverband gerade auch dort, wo die Mitgliedszahlen deutlich geringer sind, um Plattformen für eine quali fizierte Diskussion dieser museologischen Fragen bemüht. Für den asiatischen Raum wurde dafür 2013 gemeinsam mit ICOM China das ICOM International Training Centre for Museum Studies im Palastmuseum in Peking einrichtet. Museum für alle: Zwischen Haltung und Handlung Roger Fayet (von 2009 bis 2015 Präsident ICOM Schweiz) eröffnete die Tagung, indem er die geläufige chinesische Redewendung „Wenn ein Weiser auf den Mond zeigt, schaut der Einfältige auf den Finger“ hinterfragte. Welcher Per spektive der Vorzug zu geben sei, der Blick in die Ferne oder das Interesse am Audience Development zwischen gesellschaftlicher Teilhabe und Umsatzoptimierung Matthias Henkel Museen sind populär. Museen sind unter Beobachtung. Museen sind unter Druck. Museen haben Chancen: Das Zeitalter der permanenten Verfügbar keit macht auch vor den Museen nicht halt. Der Wettbewerb mit anderen Kultureinrich tungen um die knappen Ressourcen Zeit und Aufmerksamkeit ist zum alltäglichen Geschäft geworden. Innehalten scheint angebracht, um nicht im Kosmos der Beliebigkeit zu entschwinden und um am Scheideweg zwischen gesellschaftlicher Teilhabe und Umsatzoptimierung die richtigen, das heißt werthaltigen und wertvollen Entscheidungen zu treffen. Der Vortrag beschreibt die Grat wanderung zwischen der Beibehaltung guter Traditionen und der Implementierung wünschenswerter Innovationen auf dem Weg zu Audience 3.0 – auf dem Weg, Museen zu „Third Places“ (Ray Oldenburg) zu entwickeln. Partizipation im Museum und die Frage der Nachhaltigkeit – ein Widerspruch? Elisabeth Tietmeyer Partizipative Strategien in der Museums arbeit sind unabdingbar, wenn das Museum ein Ort der Diskussion und der Identifikation sein soll. Gerade ein Museum der Alltagskultur bietet aufgrund seiner naturgemäß breiten Ausrichtung ungeahnte Möglichkeiten dafür. Die Umsetzung dieses methodischen Ansatzes führt aber schnell zu der Erkenntnis, dass partizipative Arbeit Grenzen hat, denn sie erfordert eine personell aufwendige, kontinuierliche und systemati sche Kooperation mit museumsexternen Menschen. Das Museum Europäischer Kulturen – Staatliche Museen zu Berlin arbeitet seit fünfzehn Jahren mit partizipativen Methoden in seinen Projekten und war dabei mehr als einmal mit der Frage konfrontiert, ob Inklusion eine Illusion ist. In dem Vortrag soll über Vorteile und Grenzen der Partizipation u. a. am Beispiel dieses Museums gesprochen werden. ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 21 Rückblick Foto: Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen Blick in die Ausstellung „Heilige Kunst für die Straße. Prozessionsfiguren aus Südindien” Publikum eines Nationalmuseums Andreas Spillmann Das Schweizerische Nationalmuseum will zu Debatten anregen und ermuntern. Es will ein lebendiges, das heißt ein offenes Museum sein, das weder gesellschafts politischen Diskussionen ausweicht noch zu bestimmten Besuchersegmenten auf Distanz geht. Es ist die Unabhängigkeit von eingeübten Denkrichtungen und von memorierten Kulturverständnissen, die das Nationalmuseum seinem Publikum gestatten will – vor allem hat es seinem Publikum aber historische Prozesse gut zu erzählen und wahrlich zu reflektieren. Naheliegenden, sollte sich an den Bedürfnissen und der Disposition der Rezi pienten orientieren, meinte Fayet. Dadurch könnten Barrieren, bedingt etwa durch geistige Behinderung, fruchtbar überwunden werden. Eine Überlegung, die sich ohne weiteres mit einer dreißig Jahre früher, beim Internationalen Bodensee-Symposium in Lindau 1985 vorgetragenen Analyse des Soziologen Heiner Treinen in Verbindung bringen lässt: „Die (…) Anziehungskraft auf Besucher und die Effekte von Museumsbesuchen selbst (…) sind von den Bil dungs- und Informationsinteressen der Adressaten direkt abhängig.“ Museen, so Treinen, haben massenmedialen Charakter und verbreiten symbolische In halte an ein heterogenes Publikum. Die Multiperspektivität verbietet eine Hi erarchisierung der Erkenntnismöglichkeiten potentieller Besucher. Es gibt wohl aber auch keinen Grund, die fachwissenschaftliche Perspektive, die das Museum als Instrument der Forschung und des Erkenntnisgewinns seit Jahr hunderten vorangetrieben hat, außer Wert zu setzen. Eine anschließende Podiumsdiskussion mit Vertretern verschiedener Einrich tungen, die sich in der Schweiz um die Erschließung der Museen für unterprivi legierte Gruppen bemühen, fächerte einen Strauß von Best-Practice-Beispielen auf. Explizit plädierte Hans-Konrad Schmutz (Naturkundemuseum Winterthur) dafür, auch die Reparatur von gesellschaftlichen Defiziten als Museumsaufgabe anzusehen, und sprach mit Bezug auf museumspädagogische Aktivitäten in der Ukraine vom Beitrag des Museums zur Stabilisierung von Gesellschaften. Über die Nutzung des Museums mit Alzheimerpatienten zu therapeutischen Zwecken berichtete Karin Wilkening (Zentrum für Gerontologie, Zürich). Auf die Fra 22 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen Rückblick Thomas Scheitlin, Stadtpräsident von St. Gallen ge, ob er in seiner Eigenschaft als Vorsitzender der Museumsstiftung St. Gallen sich Ähnliches in seinen Häusern vorstellen könne, entschlüpfte dem Kantons rat Arno Noger die Bemerkung, dass die Finanzierung solcher Projekte durch aus auch von der Klinik geleistet werden könne. Damit wurde ein bekanntes Dilemma sichtbar, das sich wie ein roter Faden durch die Diskussion in der Museumslandschaft zieht. Von verschiedenen Seiten werden hohe Anforderun gen gestellt, die Finanzierung der oftmals personalintensiven Aktivitäten bleibt meist im Ungefähren. Grenzen der Partizipation In einem inspirierenden, mit Blick auf die Markenbildung gehaltenen Vortrag bot Matthias Henkel (Berlin, Vorstand ICOM Deutschland) eine sinnlichmetaphorische Annäherung an das Thema Audience Development. Er plädierte für die Entwicklung des Museums als „Third place“ (Ray Oldenburg) in Sinne eines kuratierten, emotionalen und objektzentrierten sozialen Versammlungs ortes zwischen dem Zuhause und dem Arbeitsplatz: Nicht „Kultur für alle“ sondern „Kultur mit allen“. Zugleich hob er die Objektzentrierung als Allein stellungsmerkmal des Museums hervor, ähnlich wie Elisabeth Tietmeyer (Mu seum Europäischer Kulturen, Berlin). Auf fünfzehn Jahre Erfahrung mit par tizipativen Ansätzen in ihrem Haus zurückblickend, betonte sie einerseits deren Notwendigkeit und Fruchtbarkeit, gerade bei der Herstellung des Gegenwarts bezuges im Museum. Andererseits wusste sie neben den Vorzügen auch die Grenzen aufzuzeigen. So sind in Partizipationsprojekten erworbene Gegen stände mitunter kaum in museale Sammlungskonzepte einzuordnen, weil de ren subjektiver Objektbezug nur ein Narrativ darstellt. Das Museum kann, so ihre Einschätzung, nur in gewissem Umfang als Plattform für unterschiedliche Zielgruppen dienen, die Kernarbeit mit den historischen Sammlungen muss unter dem Primat der von den Kuratoren vertretenen Fachwissenschaft bleiben. Auch fehlt es an Nachhaltigkeit, wenn das Partizipationsinteresse der Zielgrup pe nicht auf Dauer angelegt ist. Nach Tietmeyers Erfahrung kommen partizipa torische Apelle in der Regel aus dem Museum heraus, und weniger vom Publi kum. Museen seien gut beraten, bei der Suche nach neuen Zielgruppen ihre alte Stammkundschaft nicht zu verlieren, diejenigen Besucher, die ins Museum gehen, um Sammlungsobjekte zu studieren. Das Internationale Rotkreuz- und Rothalbmondmuseum: Erfahrungen mit geistig behinderten Menschen Catherine Burer Ein Museum für alle, das war die Heraus forderung bei der Renovation des Internationalen Rotkreuz- und Rot halbmondmuseums für seine Neueröff nung in 2013. Die Geschichte des Roten Kreuzes geht alle an, es ist ein universales Thema. Das Heft Pas à pas, Schritt für Schritt, ist ein Projekt, das die Botschaft des Museums an Menschen mit geistiger Behinderung vermittelt. Die Besonderheit dieses Heftes ist, dass es in Zusammenarbeit mit Menschen mit geistiger Behinderung entworfen wurde. Wir werden die ersten Schritte beschreiben, die dazu geführt haben, das Heft Pas à pas zu gestalten. Das heißt eine Idee, Begegnungen mit Verei nen, der Austausch und die Interaktivität mit verschiedenen Gruppen, eine Partner schaft, ein Konzept und Anpassungen des Konzepts, damit es funktioniert. Die Abegg-Stiftung ist für alle da. Aber sicher! Regula Schorta Die Abegg-Stiftung versteht sich als Forschungsinstitut, das sowohl in nerhalb der Kunstgeschichte wie der Konservierungswissenschaften einen Nischenplatz besetzt. Schaufenster zur Öffentlichkeit sind die Dauer- und Sonderausstellungen. Die Konzentration auf einen kleinen Ausschnitt von Kunst und Geschichte, nämlich historische Textilien, und der kompromisslose Qualitätsanspruch, den die Abegg-Stiftung an ihre Arbeit stellt, rufen reflexartig die Reaktion „nur für Spezialis ten“ hervor. Warum eigentlich – wo doch Stoffe immer schon und auch heute noch eine völlig alltägliche Präsenz genießen, vom Verbrauchsmaterial bis zum Status symbol alles sein können? ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 23 Rückblick Foto: Wladimir Udilow Die Gründungsidee des Museums Arbeitswelt entsprang dem Bedürfnis, der Geschichte der Beschäftigten in der industriellen Produktion dauerhaft einen musealen Ort zu widmen. Seit dreißig Jahren wird das Museum Arbeitswelt vom Anspruch geprägt, nachhaltig ein lebendiges Museum zu sein, das die industrielle Arbeitswelt – von ihren Anfängen bis in die Gegenwart mit einem Ausblick in die Zukunft – nicht nur mit all ihren Dimensionen (Arbeit, Freizeit, Kultur, Gesellschaft, Wohnen) darzustellen versucht, sondern auch diese Sphären den Besuchern erlebbar macht. Anhand eines Vergleichs der Ausstellungen „Arbeit, Mensch, Maschine. Der Weg in die Indus triegesellschaft“ und „working_world.net – Arbeiten und Leben in der Globalisierung“ sollen nicht nur Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Narrative und Darstel lungen aufgezeigt, sondern auch Lehren für die Gestaltung einer neuen Ausstellung gezogen werden. Foto: Inatura – Erlebnis Naturschau Dornbirn Attraktion oder Alltag – Wie kann ein Museum die Geschichte der Arbeit erfolgreich vermitteln? Katrin Auer Inatura – Erlebnis Naturschau Dornbirn: Dauerausstellung Möglichkeiten der Partizipation Die Vielfalt der gebotenen Tagungsbeiträge machte deutlich, dass es keine Pa tentrezepte gibt. Jedes Haus muss Konzepte entwickeln, die auf den jeweiligen Museumsauftrag, auf die Sammlung und auf das je unterschiedliche Publikum reagieren. Regula Schorta von der Abegg-Stiftung in Riggisberg machte deutlich, dass ein Museum mit angeschlossenem Forschungsinstitut zwar durchaus offen für alle sein könne, diese Offenheit aber keineswegs durch Abstriche am Quali tätsanspruch erkaufen wolle. Von der Aufstellung von Verkleidungskisten habe man in dem auf Textilkunst spezialisierten Museum bisher abgesehen. Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz berich tete dagegen u. a. von Interpretationen historischer Themen mit Hilfe von Playmobil-Figuren. Die Ausstellungen seien bei Kindern und Familien äußerst beliebt, doch könnten bei weitem nicht alle Museumsthemen in diesem Sinne „barrierefrei“ aufbereitet werden. Museum Arbeitswelt: Auch eine partizipativ maßgeschneiderte Einrich tung, wie das vor fast dreißig Jahren im Zusammenhang mit der oberöster reichischen Landesausstellung „Arbeit – Mensch – Maschine“ entstandene Museum in Steyr muss sich immer wieder neu erfinden, wie Katrin Auer (Mu seum Arbeitswelt, Steyr) berichtete. Das Museum war dem Bedürfnis der Be schäftigten entsprungen, der Geschichte der industriellen Produktion der Region dauerhaft einen musealen Ort zu widmen. Bei einem Relaunch mit künstleri schen Interventionen unter dem Titel „working_world.net“ war dann der Stall geruch der industriellen Arbeiterschaft etwas verloren gegangen. Jetzt reorga nisiert sich das Haus unter Einbindung zahlreicher Gruppen mit neuen Zielen, auch vor dem Hintergrund einer veränderten sozialen Situation mit gestiegener Arbeitslosigkeit. Die Geschichtserzählung soll bei den Potentialen beginnen, die ihr innewohnen, um Entscheidungsspielräume sichtbar zu machen. Das Konzept folgt der Vorstellung der „Lernprovokation“ im Sinne von Oskar Negt und lässt einen starken (einseitigen) gesellschaftspolitischen Impetus erkennen, der in der Diskussion auch die Frage nach der notwendigen Neutralität eines Museums aufbrachte. Inatura: Eine relativ junge Entwicklung mit erheblichem Mobilisierungs potential stellen die neuartigen Natur- und Science-Museen dar. Dazu ge 24 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg Foto: Susanne Pöverlein Rückblick Archäologisches Landesmuseum Baden-Württemberg: Historische Themen werden durch Playmobil-Figuren interpretiert. hört die Inatura in Dornbirn, die von Ruth Swoboda vorgestellt wurde. Mit anschaulichen Darstellungen der Funktionen des menschlichen Körpers, von Lebenswelten und von physikalischen Gesetzmäßigkeiten, interaktiv und multi medial aufbereitet, trifft das Haus auf lebhaftes Interesse von Kindern aller Altersstufen, die mit der Familie kommen, aber auch mit der Schule. Schulklas sen lassen sich wegen des breiten Angebotes zunehmend auch zu Wiederho lungsbesuchen motivieren. Mehrsprachigkeit und leichte Sprache: Die junge amerikanische Museums forscherin Sarah Franke (Frankfurt am Main) schließlich ging in ihrem sehr fundierten Beitrag auf die Thematik der vielsprachigen Museumslandschaft im Vergleich zwischen den USA und Deutschland ein. Im Zeitalter der Mig ration und der Globalisierung, so Franke, sei Mehrsprachigkeit eine grund legende Frage der Zugänglichkeit. Doch zielte ihr Ansatz weniger auf die Verwendung einer lingua franca, wie sie von touristischen Besuchern gerne akzeptiert wird, sondern auf die Einbindung vieler Muttersprachen im Sinne der Partizipation von Minderheiten. Der Vergleich USA – Deutschland machte auch die gesellschaftlichen Unterschiede deutlich: Während in den USA nichtanglophone Bevölkerungsgruppen so groß und so zahlreich sind, dass eine Kommunikation in einer einheitlichen Landessprache kaum noch vorstellbar erscheint, wird in Deutschland dem Spracherwerb als Mittel der Integration große Bedeutung beigemessen. Deshalb werden kulturspezifische Programme für Schulklassen mit hohen Migrantenanteil beispielsweise in Deutsch ange boten. Vor dem Hintergrund von Kommunikationsproblemen, die unterschied Die multilinguale Museumslandschaft in den Vereinigten Staaten und in Deutschland Sarah Franke Im heutigen Zeitalter der Globalisierung und Migration ist die Mehrsprachigkeit im Museum eine grundlegende Frage der Zugänglichkeit, Inklusion und Relevanz. Dieser Vortrag untersucht die aktuellen Trends der mehrsprachigen Museumspraxis in Deutschland und den USA. Gemeinsam diskutieren wir, wie eine sprachliche Vielfalt der Schlüssel zur Zukunftsfähigkeit angesichts einer sich verändernden gesellschaftlichen Demographie sein kann. Wir werden auch die emotionalen Aspekte der Mehr sprachigkeit beleuchten und wie Museen diese einsetzen können, um engere Bindungen zu ihrer Gemeinde aufzubauen. ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 25 Rückblick Obwohl die Inatura von Anfang an als eine Erlebnis-Naturschau konzipiert und auch installiert wurde, brauchte es doch geraume Zeit, um die Museumspädagogik im Hause zu etablieren. Doch gerade in den letzten fünf bis sieben Jahren gelang es den Verantwortlichen in enger Zusammen arbeit mit Schulen des Landes und des Bodenseeraums, langjährige und nach haltige Partnerschaften zu festigen. Die Kunst besteht darin, die Kernaufgabe der Museumspädagogik, nämlich die Bereicherung eines Ausstellungsbesuchs, nicht aus den Augen zu verlieren und trotzdem der Nachfrage an speziellen Themen wie Genetik- oder Technik workshops gerecht zu werden. Der Inatura ist das gut gelungen, über 900 betreute Kinder- und Jugendgruppen bei durchschnittlich 100.000 Besuchern sprechen für sich. Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg: offen für alle? Jörg Heiligmann Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg verfügt in Konstanz über das größte archäologische Schau fenster der Landesarchäologie. Landesweit werden durch das Archäologische Landes museum die Grabungs- und Forschungser gebnisse der Landesarchäologie in sieben Zweigmuseen vermittelt. Ein Schwerpunkt der Vermittlungsarbeit richtet sich an Jugendliche und junge Familien. Im Zentralen Fundarchiv in der Dienst stelle Rastatt werden rund drei Millionen Fundstücke archiviert, konservatorisch betreut und für Ausstellungen oder wissenschaftliche Forschungen zur Verfügung gestellt. Das Archäologische Landesmuseum Baden-Württemberg ist für alle „offen“, für alle attraktiv zu sein, ist hingegen eine illusorische Forderung. Foto: Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen Die Inatura und die Schule: Lehrpläne als Zwang oder Bereicherung für Museumsthemen? Ruth Swoboda Eingangshalle des St. Galler Völkerkundemuseums liche Ursachen haben, kann das Konzept „leichte Sprache“ durchaus eine Möglichkeit sein, Nicht-Muttersprachlern und Gruppen mit Sprachdefiziten gleichermaßen eine Einstiegschance im Museum zu bieten. Fazit Das „Museum für alle“ ist Imperativ und Illusion zugleich. Dem Organi sationstalent von ICOM Schweiz und der Gastfreundschaft der Museen aus St. Gallen, Konstanz und Dornbirn ist es zu verdanken, dass diese Einsicht auf ebenso spannende wie entspannte Weise gewonnen werden konnte, zusammen mit einer Fülle von Anregungen und Gedanken im Austausch mit Kolleginnen und Kollegen. Das mehr als vierzig Jahre bestehende Internationale BodenseeSymposium hat sich wieder einmal bewährt. Dr. Klaus Weschenfelder ist Direktor der Kunstsammlungen der Veste Coburg. Von 2009 bis 2013 war er Präsident von ICOM Deutschland; [email protected]. Weitere Informationen: Der Tagungsband Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion? ist erschienen. Hinweise dazu auf S. 50 und unter www.museums.ch Das Internationale Bodensee-Symposium 2018 wird in Deutschland stattfinden. 26 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Rückblick Tätigkeitsbericht des Vorstandes von ICOM Deutschland für das Geschäftsjahr 2015 Mitgliederstatistik Die Zahl der Mitglieder von ICOM Deutschland stieg im Jahr 2015 weiter dynamisch an. Zum 31. Dezember 2015 hatte der Verband ei nen Mitgliederstand von 5.494, davon 5.268 persönliche, 208 institu tionelle und 18 fördernde Mitglieder. Dies bedeutet einen Zuwachs von 6,9 Prozent gegenüber dem Jahr 2014 mit 5.141 Mitgliedern. Damit ist ICOM Deutschland weiterhin der mitgliederstärkste Natio nalverband im Internationalen Museumsrat ICOM. Die Prüfung von Aufnahmeanträgen erfolgt von Geschäftsführung und Vorstand gemäß den vom Weltverband geforderten Kriterien für museum professionals. ICOM Deutschland versucht dabei, Verän derungen und Entwicklungen in den museumsspezifischen Berufs bildern und Beschäftigungsverhältnissen Rechnung zu tragen. In zunehmendem Maße kann die Mitgliedschaft nur befristet gewährt werden. Durch Tod hat ICOM Deutschland im Jahr 2015 folgende Mitglie der verloren: Professor Dr. Jean-Christophe Ammann, Alexander Bai er, Dr. Wolf-Dieter Dube, Professor Reiner Güntzer, Dr. Karl-Heinz Hering, Professor Dr. Hans-Jörg Kellner, Heinz Micheel, Professor Dr. Hanns J. Prem, Dr. Anne Reuter-Rautenberg, Dr. Imke Ristow, Dr. Hans-Joachim Schalles, Dr. Wolfgang Schulz, Professor Dr. Peter Springer, Dr. Max Tauch und Dorothea Weiß-Vossenkuhl. Projekte Internationaler Museumstag Im Mai 2015 begingen die Museen weltweit den 38. Internationalen Museumstag (IMT). Das von ICOM festgelegte Motto für 2015 laute te „Museums for a Sustainable Society“. Unter dem Slogan „Museum. Gesellschaft. Zukunft.” feierten die Museen in Deutschland das Er eignis am Sonntag, dem 17. Mai 2015. Planung und Durchführung des IMT 2015 erfolgte in der langjährig bewährten Zusammenarbeit von ICOM Deutschland, dem Deutschen Museumsbund und den re gionalen Museumsorganisationen sowie mit finanzieller Unterstüt zung der Stiftungen und Verbände der Sparkassen-Finanzgruppe. In einem gemeinsamen Schreiben an die deutschen Museen rie fen ICOM Deutschland, der Deutsche Museumsbund und der Deut sche Sparkassen- und Giroverband zum Mitwirken am IMT 2015 auf. In ganz Deutschland beteiligten sich 1.734 Museen mit mehr als 10.000 Angeboten am Aktionstag. Der IMT 2015 stand in Deutschland unter der Schirmherrschaft des Präsidenten des Bundesrates, Volker Bouffier, Ministerpräsident von Hessen. Bei der bundesweiten Pressekonferenz am 12. Mai 2015 in Darmstadt und der zentralen Auftaktveranstaltung am 17. Mai 2015 im Hessischen Landesmuseum vertrat der Präsident Dr. Michael Henker den Verband mit Pressestatement und Eröffnungsansprache. Jahrestagung 2015 ICOM Deutschland veranstaltete seine Jahrestagung im Rahmen des Internationalen Bodensee-Symposiums vom 18. bis 20. Juni 2015 in St. Gallen, Schweiz. Das traditionelle Bodensee-Symposium, das im Turnus von drei Jahren als gemeinsame Tagung der ICOM-National komitees von Deutschland, Österreich und der Schweiz ausgerichtet wird, wurde 2015 hauptverantwortlich von ICOM Schweiz organisiert. Veranstaltungsort war das Historische und Völkerkundemuseum in St. Gallen. Das Tagungsthema lautete „Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion?“. Das „Museum für alle“ – gibt es das? Wollen Museen „alle“ oder zumindest „viele“ Bevölkerungsgruppen erreichen, so müssen sie ihre Arbeit danach ausrichten, möglichst viele Menschen anzuspre chen. Barrieren, die bestimmten Menschen den Zugang erschwe ren, gilt es abzubauen und zukünftig zu vermeiden. Die Tagung warf anhand von Fallbeispielen einen realistischen, kritischen Blick auf die aktuelle Praxis mit dem Ziel, aus Erfolgen und Misserfolgen zu lernen. Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen gesell schaftlichen Interessensverbände unter anderem aus den Bereichen Politik, Soziales und Pädagogik gewährten einen vertiefenden Ein blick in die Thematik. Mit Referaten zur Ideengeschichte wurde die aktuelle Praxis theoretisch und historisch verortet. Im Rahmen der Tagung fanden Exkursionen zum Archäologischen Landesmuseum Baden-Württemberg in Konstanz und in die Inatura nach Dornbirn, Österreich, statt. ICOM Deutschland führte seine Mitgliederversammlung am 20. Juni 2015 im Historischen und Völkerkundemuseum in St. Gallen durch. Planung der Jahrestagung 2016 Die Jahrestagung 2016 wird vom 6. bis 8. Oktober 2016 im Deutschen Technikmuseum Berlin stattfinden. Im Rahmen der Veranstaltung wird auch die Mitgliederversammlung 2016 durchgeführt. Bei einem Vor gespräch mit der Museumsleitung am 14. Dezember 2015 hatten die Geschäftsführerin und Vorstandsmitglied Professor Dr. Elisabeth Tietmeyer Gelegenheit, die Tagungsräumlichkeiten in Augenschein zu nehmen und erste organisatorische Absprachen zu treffen. Kooperation mit den ICOM-Nordic Countries Am 10. November 2015 trafen sich Vorstand und Geschäftsführung mit Vertretern der ICOM-Vorstände der Nordic Countries in Berlin zur Vorbesprechung einer gemeinsam geplanten Tagung im Jahr 2017. Auf Einladung von ICOM Deutschland nahmen die ICOM-National komitees von Island, Norwegen, Schweden, Finnland und Dänemark teil. Als ein mögliches Thema der Tagung wurde „Difficult Museums“ diskutiert. Für den Veranstaltungsort werden zurzeit die Möglich keiten in Malmø und Helsingborg, Schweden, sondiert. Unter Betei ligung von ICOM Deutschland gründete sich ein Organization und Editorial Committee zur weiteren Planung der Tagung. Das nächste Treffen ist für 21. bis 23. April 2016 in Tampere, Finnland, angesetzt. BKM-Preis „Kulturelle Bildung“ ICOM Deutschland war berechtigt, für das Jahr 2016 drei Bildungsund Vermittlungsprojekte für den BKM-Preis „Kulturelle Bildung“ vorzuschlagen. Mit diesem Preis honoriert die Beauftragte der Bun desregierung für Kultur und Medien, Kulturstaatsministerin Professor Monika Grütters, hervorragende, bundesweit modellhafte Projekte der künstlerisch-kulturellen Vermittlung. ICOM Deutschland hat 2015 in den Museen geeignete Projekte sondiert und konnte zwei Pro jekte vorschlagen. Publikationen Als zentrales Informationsorgan des Verbandes sind die ICOM Deutschland – Mitteilungen 2015 in einer Auflagenhöhe von 6.500 Exemplaren vorgelegt worden. Sie geben einen umfassenden Über blick über die Arbeit von ICOM Deutschland und die Aktivitäten in den internationalen Komitees. Aktuelle Ergänzungen und Bericht ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 27 Rückblick erstattung bietet der Newsletter ICOM Deutschland, von dem 2015 drei Nummern an Abonnenten elektronisch übermittelt wurden. Die Veröffentlichung der Tagungsbeiträge „Museums and Politics“ zur gemeinsam von ICOM Deutschland, ICOM Russland und ICOM USA vom 9. bis 12. September 2014 in Sankt Petersburg veranstal teten Tagung ist als E-Publikation geplant. Die Federführung liegt bei ICOM Russland. Es stehen noch kleinere redaktionelle Ände rungen aus, die Herausgabe ist für das Frühjahr 2016 geplant. Kulturgutschutz ICOM gibt für die Krisen- und Konfliktregionen dieser Welt soge nannte Rote Listen des gefährdeten kulturellen Erbes heraus. Diese Roten Listen enthalten Beispiele von Objekttypen und -kategorien, die Ausfuhrbeschränkungen oder Ausfuhrverboten unterliegen und in besonderer Weise durch illegalen Handel gefährdet sind. Sie er scheinen in mehreren Sprachen und in Zusammenarbeit mit ICOM Deutschland auch in deutscher Übersetzung. 2015 wurde die deutschsprachige Ausgabe der Roten Notfall-Liste zu den gefährdeten Kulturgütern des Irak erarbeitet, die Anfang 2016 im Druck erschienen ist und am 14. Januar 2016 im Archäologischen Zen trum der Staatlichen Museen zu Berlin in Anwesenheit der Kultur staatsministerin Professor Monika Grütters und des Botschafters der Republik Irak, Hussain M. F. Alkhateeb, der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. Der Präsident von ICOM Deutschland führte ins Thema ein und stellte die Teilnehmer des Podiumsgespräches vor. ICOM Deutsch land lud im Anschluss zu einem Empfang ein. Ein Hauptthema der Kulturpolitik des Bundes war die Novellierung des Kulturgutschutzes in Deutschland. ICOM Deutschland wurde von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien gebe ten, sich am schriftlichen Anhörungsverfahren zu beteiligen, und gab am 29. August 2014 eine umfangreiche fachliche Stellungnahme dazu ab. Die mündliche Anhörung von Fachkreisen und Verbänden erfolgte am 22. April 2015, an der der Präsident und Vorstandsmit glied Dr. Gabriele Pieke für ICOM Deutschland teilnahmen. Am 15. September 2015 wurde ICOM Deutschland gebeten, zum überarbei teten Referentenentwurf erneut schriftlich Stellung zu nehmen, dies erfolgte am 3. Oktober 2015 durch den Präsidenten. Am 14. November hielt der Präsident an der Universität Heidel berg die Festansprache im Rahmen der Jahresfeier des Freundes kreises des Kurpfälzischen Museums zum Thema „Wozu Kulturgutschutz? Überlegungen zur Novellierung des Kulturgutschutzgesetzes in Deutschland“. In der Ausgabe Februar 2016 erscheint im britischen Kulturmagazin Apollo ein Beitrag des Präsidenten zum Thema. Am 12. und 13. November 2015 fand in Halle/Saale die internati onale Tagung der Konferenz Nationaler Kultureinrichtungen (KNK) zum Thema „kultur!gut!schützen! Sicherheit und Katastrophenschutz für Museen, Archive und Bibliotheken“ statt. Fachleute aus Kultur- und Lehreinrichtungen, Behörden und Verbänden waren der Einladung gefolgt, um sich über die aktuellen Gegebenheiten des Kulturgut schutzes auszutauschen. ICOM Deutschland war durch seine Ge schäftsführerin Johanna Westphal und Vorstandsmitglied Professor Dr. Friederike Waentig vertreten. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion, an der Professor Dr. Friederike Waentig für ICOM Deutschland teilnahm, wurde die Frage erörtert, ob Deutschland nach dem Vorbild anderer Länder ein Nationalko mitee Blue Shield benötige, um den Kulturgutschutz in Deutschland stärken und einen wirksameren Beitrag zur Bewältigung von Krisen und Katastrophen im Ausland leisten zu können. ICOM Deutschland unterstützt grundsätzlich die Bemühungen zur Gründung eines deutschen Nationalkomitees Blue Shield. 28 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Förderung der Mitglieder in internationalen Komitees ICOM Deutschland vergab zahlreiche Reisekostenzuschüsse für die Teilnahme deutscher Mitglieder an den Tagungen der internationa len Komitees von ICOM. Von den Mitgliedern werden eine aktive Mit arbeit und die Anfertigung eines Berichtes für die Veröffentlichung in den Mitteilungen von ICOM Deutschland erwartet. Des weiteren förderte ICOM Deutschland die vom 1. bis 4. September 2015 in München veranstaltete Jahrestagung von ICOM-CIPEG (Inter national Committee for Egyptology) zum Thema „From Historism to the Multimedia Age. Content – Concept – Design of Egyptian Mu seums and Collections“. Die Tagungen der internationalen Komitees von ICOM können in der Regel nicht ohne Bezuschussung durchge führt werden. Daher bietet ICOM Deutschland den in Deutschland stattfindenden ICOM-Tagungen einen begrenzten Zuschuss für die Durchführung an. ICOM Deutschland stellt die Gelder in der Regel für die Bereiche der Tagung zur Verfügung, die den internationalen Cha rakter fördern. Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Im Zusammenhang mit dem im Herbst 2014 kontrovers diskutierten Verkauf von Kunstwerken aus öffentlichem Besitz gab ICOM Deutsch land im Januar 2015 im Rahmen einer Pressemitteilung eine Stellung nahme ab, die das Thema in Bezug zu den Ethischen Richtlinien von ICOM stellte und bewertete. In einer gemeinsamen Pressemeldung vom 12. August 2015 haben der ICOM-Präsident, Professor Dr. Hans-Martin Hinz, und der Präsi dent von ICOM Deutschland, Dr. Michael Henker, ihre Unterstüt zung für die Novellierung des Kulturgutschutzes in Deutschland aus gesprochen. Seit Anfang August ist ICOM Deutschland erfolgreich in den sozi alen Medien Facebook (www.facebook.com/icomdeutschland) und Twitter (https://twitter.com/icomdeutschland) aktiv. Die gemeinsam von ICOM Deutschland, ICOM Russland und ICOM USA vom 9. bis 14. September 2014 in Sankt Petersburg und Jekaterinburg veranstaltete Tagung „Museums and Politics“ wurde von dem Blog „Museums, Politics and Power“ begleitet, der auch 2015 erfolgreich fortgeführt wurde. ICOM Deutschland war mit einem Informationsstand auf der Ex ponatec Cologne, der Internationalen Fachmesse für Museen, Kon servierung und Kulturerbe, vom 18. bis 20. November 2015 in Köln vertreten. ICOM-Mitglieder hatten freien Eintritt zur Messe. Der Deutsche Museumsbund und der Verband der Restauratoren veranstalteten begleitend zur Messe die Tagung „Mit vereinten Kräf ten – Kulturgüter schützen und sichern“, in deren Rahmen Professor Dr. Friederike Waentig die Publikation Präventive Konservierung. Ein Leitfaden von ICOM Deutschland vorstellte und mit Andrea Funck, Deutscher Museumsbund und Landesmuseum Württemberg, in einem öffentlichen Gespräch dessen Umsetzung in Museen disku tierte. Vorstand und Geschäftsführung Zum 31. Dezember 2014 war Frau Dr. Franziska Nentwig aus dem Vorstand von ICOM Deutschland ausgeschieden. Die nötige Nach wahl eines Vorstandsmitglieds fand am 20. Juni 2015 bei der Mit gliederversammlung von ICOM Deutschland in St. Gallen statt. Ge wählt wurde Frau Professor Dr. Elisabeth Tietmeyer, Direktorin des Museums Europäischer Kulturen der Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Rückblick Der Vorstand hat im Berichtszeitraum insgesamt drei Vorstandssit zungen in Berlin abgehalten (23. März, 18. Juni, 9. November). Vorstandsmitglied Professor Dr. Beate Reifenscheid-Ronnisch vertrat ICOM Deutschland beim Deutschen Kulturrat und Deutschen Kunstrat sowie im Fachausschuss Europa des Deutschen Kultur rates. Im Fachausschusses Kulturerbe des Deutschen Kulturrates ist ICOM Deutschland durch den Präsidenten vertreten. Die Vertretung des Verbandes bei der Deutschen UNESCO-Kommission erfolgte durch Vorstandsmitglied Dr. Gabriele Pieke. Im Deutschen Spiegel ausschuss von T-CEN 346 war Dr. Klaus Weschenfelder als ehema liger Präsident von ICOM Deutschland vertreten. Vorstandsmitglied Katrin Hieke war die deutsche Vertreterin im internationalen BlogTeam „Museums, Politics and Power“. Der Präsident und die Geschäftsführerin nahmen an Sitzungen der AG „Internationaler Museumstag“ in Berlin teil sowie an der Jahres tagung der Museumsämter und -verbände am 25. Juni 2015 im Institut für Museumsforschung in Berlin. Bei den Annual Meetings von ICOM in Paris vom 1. bis 3. Juni 2015 war ICOM Deutschland neben dem Präsidenten und der Geschäfts führerin vertreten durch die Vorstandsmitglieder Dr. Gabriele Pieke, Katrin Hieke und Professor Dr. Beate Reifenscheid-Ronnisch. Diese ver traten auch das deutsche Nationalkomitee bei der General Assembly von ICOM am 3. Juni 2015. Die Geschäftsführerin traf sich am 8. Oktober 2015 in Berlin mit der Generaldirektorin von ICOM, Anne-Catherine Robert-Hauglustaine, um über Möglichkeiten und Perspektiven einer stärkeren Zusam menarbeit von ICOM und ICOM Deutschland zu sprechen. Zu Fragen der Provenienzforschung und der Restitution von Kul turgut fanden Gespräche mit in- und ausländischen Organisationen statt, an denen der Präsident und Vorstandsmitglied Dr. Matthias Hen kel teilnahmen. Beide nahmen auch teil an der ersten Konferenz des neu gegründeten Deutschen Zentrums Kulturgutverluste zum Thema „Neue Perspektiven der Provenienzforschung in Deutsch land“, 27. und 28.11.2015 im Jüdischen Museum Berlin. Zum ersten Mal seit der Konvention von 1970 befasste sich die UNESCO mit einer neuen recommendation (Empfehlung), die die kul turgeschichtliche und gesellschaftliche Bedeutung von Museen und Sammlungen weltweit zum Gegenstand hat. Der umfangreiche, in enger Kooperation mit ICOM erarbeitete Entwurf wurde am 27. und 28. Mai 2015 bei der UNESCO in Paris behandelt. Der Präsident nahm auf Bitte der Bundesregierung als Experte an den Beratungen teil. Des weiteren war er Mitglied in dem adhoc gebildeten Unter komitee, das sich mit der Hereinnahme von „Sammlungen“ in den Wirkungsbereich der Empfehlung befasste. Die neue Empfehlung Recommendation Concerning the Protection and Promotion of Museums and Collections, their Diversity and their Role in Society wurde am 17. November 2015 von der UNESCO-Generalkonferenz in Paris verabschiedet. Darüber hinaus haben Präsident und Vorstandsmitglieder ICOM Deutschland bei zahlreichen Veranstaltungen durch Grußworte, Vor träge, Podiumsteilnahmen vertreten: z. B. Grußwort von Dr. Matthias Henkel zur Jahrestagung des Museumsverbandes Niedersachsen am 24. April 2015 in Hildesheim, Grußwort von Professor Dr. Beate Reifenscheid-Ronnisch zur Jahrestagung des Museumsverbandes Sachsen-Anhalt am 1. Juni 2015, Grußwort von Dr. Gabriele Pieke zur Eröffnung der Jahrestagung von CIPEG am 1. September 2015 in München, Vortrag über die deutsche Museumslandschaft von Katrin Hieke im Rahmen der Jahrestagung von ICOM Portugal „Challenges and Strategies of Museums Facing the Economical Crisis – Featu ring National and International Examples“ am 30. Oktober 2015 in Oporto, sowie Grußworte des Präsidenten zur Eröffnung der Jahrestagung von IC MEMO am 8. November 2015 in München, zur Besiegelung der Hochschulpartnerschaft zwischen den Universitä ten Würzburg und Kairo am 12. November 2015 in Würzburg und am 18. November bei der Präsentation von „The Best in Heritage“ im Rahmen der Exponatec in Köln. Geschäftsstelle und Personal Die Geschäftsstelle von ICOM Deutschland befindet sich in 14195 Berlin, In der Halde 1. Dank der Unterstützung der Staatlichen Mu seen zu Berlin sind zu günstigen Konditionen Räumlichkeiten im Institut für Museumsforschung angemietet. Beschäftigt werden eine Geschäftsführerin in Vollzeit (Johanna Westphal) und zwei weitere Angestellte in Teilzeit (Beate von Törne: Finanzen und Assistenz der Geschäftsleitung, 25 Stunden / Woche, und Juliana Ullmann: Sekretariat und Mitgliederverwaltung, 32 Stun den / Woche). Mit der Buchhaltung ist Frau Brigitte Laube auf freibe ruflicher Basis beauftragt. Die Administration der Mitglieder-Datenbank wird von Herrn Jan-Dirk Kluge freiberuflich betreut. Die Prüfung und Berechnung von Reisekostenabrechnungen für die von ICOM Deutschland beauftragten bzw. genehmigten Dienstreisen werden von Frau Ingrid Hiepko auf freiberuflicher Basis durchgeführt. Der Vorstand, im Februar 2015 ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 29 Rückblick Protokoll der Mitgliederversammlung von ICOM Deutschland e. V. 20. Juni 2015 Historisches und Völkerkundemuseum St. Gallen, Schweiz Leiter der Versammlung: Dr. Michael Henker, Präsident ICOM Deutschland Zahl der erschienenen, stimmberechtigten Mitglieder: 63 Anzahl der Stimmen: 72 Eröffnung der Versammlung Der Präsident von ICOM Deutschland, Dr. Michael Henker, eröffnet um 9:07 Uhr die Mitgliederversammlung 2015 und begrüßt die anwe senden Mitglieder. TOP 1: Billigung der Tagesordnung Die Zustimmung der Versammlung zur Tagungsordnung, die zu sammen mit dem Einladungsschreiben den Mitgliedern fristgerecht zugesandt wurde, wird festgestellt. Die Tagungsordnung wird ohne Änderungen gebilligt. TOP 2: Benennung der Protokollführung Auf Vorschlag des Präsidenten führen die Vorstandsmitglieder Pro fessor Dr. Friederike Waentig und Dr. Gabriele Pieke das Protokoll. TOP 3: Bericht des Präsidenten In einer Schweigeminute wird zunächst der verstorbenen Mitglieder gedacht: Curt Heigl, Dr. Karl-Heinz Hering, Dr. Frank Martin, Heinz Micheel, Professor Dr. Hanns J. Prem, Dr. Iris Reepen, Dr. Waldemar R. Röhrbein, Professor Dr. Peter Springer, Dr. Max Tauch, Dr. Sabine Vogel. Es folgt der Bericht des Präsidenten, der die Tätigkeiten von ICOM Deutschland seit September 2014 umfasst (Tätigkeitsbericht 2014 siehe: www.icom-deutschland.de/client/media/555/taetigkeits bericht_2014.pdf ). TOP 4: Finanzbericht Der Finanzbericht 2014 und der Wirtschaftsplan 2015 werden von der Geschäftsführerin Johanna Westphal vorgetragen und erläutert. TOP 5: Kassenprüfungsbericht Der Kassenprüfungsbericht wird von der Kassenprüferin Martina Krug vorgetragen. TOP 6: Aussprache Kassenprüfungsbericht Herr Dr. Kurt Winkler schlägt vor, zukünftig die Bezeichnungen der Ausgabentitel im Wirtschaftsplan und dem Kassenbericht anzuglei chen. Herr Professor Dr. Dr. Markus Walz macht die Anregung, dass eher unverständliche Kontobezeichnungen besser ausgewiesen werden sollten. 30 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Herr Dr. Bernhard Spies weist darauf hin, dass der unrechtmäßige Mehrfacheinzug von Mitgliedsbeiträgen im Jahr 2014 nicht ausrei chend dokumentiert worden sei. Im Kassenprüfungsbericht würde der Sachverhalt nicht detailliert erläutert, dies sollte entsprechend nach getragen werden. Er unterstützt jedoch die Erläuterungen der Ge schäftsführerin und bittet darum, dass diese schriftlich ausgeführt werden. Die Kassenprüferinnen erklären, dass sie den vorhandenen inter nen Vermerk zum Vorgang sachlich richtig zeichnen und dem Kas senprüfungsbericht als Erläuterung beifügen werden. Frau Petra Rotthoff erkundigt sich nach den eingereichten Taxifahrten, die laut Prüfbericht nicht ausreichend begründet wurden und gemäß Bundesreisekostenrecht dem Präsidenten somit unrechtmäßig er stattet wurden. Herr Dr. Michael Henker erläutert und kommentiert den Sachverhalt. Im Falle unrechtmäßig eingereichter Taxifahrten sei er bereit, diese privat zu bezahlen. Hinsichtlich der finanziellen Ausstattung eines Abendempfangs im Rahmen der European Museum Advisors Conference (EMAC) 2014 durch ICOM Deutschland und des im Kassenprüfungsbericht angemerkten fehlenden inhaltlichen Bezugs zur Arbeit von ICOM Deutschland sowie fehlenden satzungsmäßigen Beschlusses im Vorstand dazu macht Herr Spies die Anmerkung, dass, wenn dem so sei und der Präsident zu dem Empfang eingeladen habe, er auch zahlen müsse. Eingereichte Taxirechnungen sollten in jedem Fall gut begründet werden. Falls eine unrechtmäßige Zahlung durch ICOM Deutschland erfolgt sei, müssten ICOM Deutschland die Kos ten erstattet werden. Herr Henker verweist auf die Satzung von ICOM Deutschland, § 2, Ziffer 2 a, Absatz 4, demzufolge eine „Förderung des Museumswesen und internationale Kontaktpflege“ umgesetzt werden konnte. Der Argumentation der Kassenprüferinnen im Kassenprüfungsbericht, dass es keinen inhaltlichen Bezug gäbe, könne er nicht folgen. Frau Katja Mieth, Sächsische Landesstelle für Museumswesen, unter stützt die Bezuschussung von ICOM Deutschland zur EMAC-Tagung, da dies eine gute Veranstaltung gewesen sei. Allerdings wolle sie keinen Kommentar dazu abgeben, wie Beschlüsse im Vorstand zu stande kämen. Frau Ruth Türnich verweist darauf, dass die EMAC-Tagung sich durch ein sehr junges Publikum ausgezeichnet hätte und ihrer Mei nung nach förderwürdig gewesen sei. Frau Dr. Lieselotte Kugler fragt nach, ob es für die Förderung der EMAC-Tagung einen Vorstandsbe schluss gegeben habe oder dies eine alleinige Entscheidung des Präsidenten gewesen sei. Falls der Vorstand dies nicht beschlossen habe, müsse man fragen, warum diese Vorgehensweise gewählt wurde. Der Präsident antwortet, die Förderung sei eine sehr kurz fristige Entscheidung von ihm gewesen, die er in Absprache mit der Geschäftsstelle vorgenommen hätte. Frau Karin Kühlung, Kassenprüferin, präzisiert die Kommentierung im Kassenprüfungsbericht. Die von ICOM Deutschland bezahlte Rechnung ging über ein Abendessen mit hochprozentigen Geträn ken, dazu hätte es im Vorstand keinen Beschluss gegeben. Die Über nahme von Bewirtungskosten für andere, nicht ICOM-Tagungen, sei zuwendungsrechtlich problematisch. Herr Spies betont, dass die Haushaltsrichtlinien des Bundes, denen ICOM Deutschland unterliegt, im jeden Fall einzuhalten seien. Was nach diesen Richtlinien nicht abzurechnen ist, müsse privat gezahlt werden. Andernfalls würde ICOM Deutschland seine Bundeszuwen dung riskieren, auch das Finanzamt könne mit Forderungen an Rückblick ICOM Deutschland herantreten und die Gemeinnützigkeit in Frage stellen. Tätigkeitsbericht Dr. Klaus Weschenfelder bedankt sich beim Präsidenten und weist auf die Leistungen des Vorstandes hin. Er fragt, warum der Tätigkeits bericht 2014 nicht wie bisher in den Mitteilungen abgedruckt wurde. Dies sei eine gute Möglichkeit, die Mitglieder von ICOM Deutsch land zu informieren. Herr Henker antwortet, dass er auf Grund hoher Arbeitsbelastung nicht rechtzeitig zu einer Einreichung gekommen sei, die Tätigkeitsbereiche würden aber zukünftig wieder in den Mitteilungen erscheinen. Publikationen Frau Christiane Rittner fragt, ob die E-Publikation „Museums and Politics“ nicht auch in gedruckter Form erscheinen könne. Der Prä sident erläutert, dass die Kollegen von ICOM Russland wohl aus politi schen Gründen davon abgesehen hätten. Die Möglichkeit für einen Druck soll aber nochmals überprüft werden. Frau Türnich erkundigt sich nach der Veröffentlichung der Stel lungnahme von ICOM Deutschland zur Novellierung des Kulturgut schutzgesetzes in Deutschland. Herr Henker antwortet, dass es ju ristisch nicht klar sei, ob eine solche Stellungnahme veröffentlicht werden dürfe. Frau Pieke verweist auf den Artikel in den Mitteilungen 2015, in dem wesentliche Eckpunkte genannt seien. Bezuschussung von ICOM Frau Kugler fragt, ob nicht bei der Beauftragten der Bundesregie rung für Kultur und Medien (BKM) eine Anfrage zur Zuschusserhö hung gestellt werden könne oder dergleichen geplant sei, da ICOM Deutschland doch seit vielen Jahren eine Erfolgsstory vorzuweisen habe. Herr Henker antwortet, er würde sich mit diesem Thema be schäftigen, jedoch sei dies ein langfristiger Prozess. Man warte derzeit auf einen Termin bei der BKM. Die Sache werde erschwert, da ICOM Deutschland und der Deutsche Museumsbund (DMB) identische Fördersummen erhalten und die BKM dann wohl zwei Verbände im höheren Maße fördern müsste. Frau Kugler fragt nach, ob der DMB identische Mitgliederzahlen hätte, worauf der Präsident antwortet, ICOM Deutschland habe doppelt so viele Mitglieder. tigen Ausscheiden eines Vorstandsmitgliedes für die restliche Amts dauer ein von der nächsten Mitgliederversammlung neu zu wäh lendes Mitglied an dessen Stelle. Frau Professor Dr. Elisabeth Tietmeyer, Direktorin des Museums Europäischer Kulturen der Staatlichen Museen zu Berlin, ist hierfür vorgeschlagen und stellt sich kurz vor. Die Wahlliste wird geschlossen, da keine weiteren Bewerbungen vorliegen. Mit Zustimmung der Mitgliederversammlung wird Dr. Klaus We schenfelder als Wahlleiter und Frau Annegret Ehmann als Wahlbeo bachterin bestimmt. Als Wahlhelferinnen stehen die Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle, Frau Juliana Ullmann und Frau Beate von Törne, zur Verfügung sowie aus dem Kreis der Mitglieder Frau Linda Reiter und Frau Anke Bohne. Die Wahl wird gemäß den Bestimmungen der Satzung schriftlich und geheim durchgeführt. Der Wahlleiter gibt das Ergebnis der Wahl en unter Angabe der jeweiligen Stimmenanzahl bekannt: Abgegebene Stimmen: 72 Gültige Stimmen: 72 Ungültige Stimmen: 0 Ja-Stimmen: 58 Nein-Stimmen: 3 Enthaltungen: 11 Die Gewählte nimmt die Wahl an. TOP 9: Verschiedenes Herr Dr. Meinrad Maria Grewenig präsentiert die Völklinger Hütte und lädt zur ICOM-Jahrestagung 2016 dorthin ein. Als Generalthema wird „Industrie und Handel“ angekündigt. Der Präsident schließt die Mitgliederversammlung um 11.20 Uhr. Berlin, den 9. November 2015 Professor Dr. Friederike Waentig, Protokoll Dr. Gabriele Pieke, Protokoll Dr. Michael Henker, Sitzungsleitung Herr Dr. Michael Fuhr möchte wissen, warum es keine Zuschüsse für ICOM Deutschland von den Ländern gäbe. Der DMB bekomme so wohl vom Bund als auch den Ländern Zuschüsse. Herr Henker antwortet, er hätte kurz nach Amtsantritt einen entsprechenden Vor schlag im bayrischen Kultusministerium eingebracht, dieser sei dort aber nicht weiter verfolgt worden. TOP 7: Entlastung des Vorstandes Herr Weschenfelder beantragt die Entlastung des Vorstandes. Die anwesenden Mitglieder (Vorstand und Geschäftsstelle ausgenom men) stimmen dem Antrag per Handzeichen mit 59 Ja-Stimmen, 13 Enthaltungen und ohne Nein-Stimmen zu. TOP 8: Nachwahl eines Vorstandsmitgliedes Frau Dr. Franziska Nentwig hat zum 31. Dezember 2014 den Vorstand von ICOM Deutschland verlassen. Satzungsgemäß tritt beim vorzei ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 31 Internationale Komitees ICOM macht sich fit für die Zukunft Vom 1. bis 3. Juni 2015 trafen sich in Paris das Executive Council, die Generalver sammlung und das Advisory Committee von ICOM zu ihren jährlichen Arbeitssit zungen. Die rund dreihundert Teilnehmer befassten sich mit dem übergreifenden Thema Zukunftsorientierung. Stéphanie Wintzerith fokussiert im ersten Teil des Berichtes die Frage, wie ICOM das Wissen von siebzig Jahren Verbandsarbeit si chern und für künftige Genrationen nutzbar machen kann. Sylvia Wackernagel berichtet im zweiten Teil über die Debatten zur Zukunftsorientierung der Museen. Stéphanie Wintzerith, Sylvia Wackernagel Im Jahr 2015 war die Agenda der JuniTreffen, bei denen sich die ICOM-Fa milie in Paris zu den jährlichen Ver sammlungen des Vereins trifft, so dicht wie eh und je. Dabei kreisten viele Ge spräche um ein Thema, das zuneh mend zu einem wunden Punkt unserer Strukturen avanciert: die Kontinuität. Archive Die Teilgruppe International Com mittees des Advisory Committee etwa beschäftigte sich länger mit der Frage der Archive: Wie und wo sind die Ar chive der verschiedenen Komitees auf bewahrt, in welchem Zustand und in welchem Format befinden sie sich? Was wird behalten, wie wird es von einer Amtszeit zur anderen weiterge führt und weitergegeben? Die Antwor ten sind so vielfältig wie die Komitees selbst. ICOM ist paradoxerweise eine Organisation, die zwar für das Bewah ren des Kulturerbes steht, aber die ei genen Erzeugnisse kaum – oder kaum zugänglich? – archiviert, die eigene Arbeit wenig dokumentiert, das Wis sen um die eigene Geschichte zu wenig pflegt. Folglich erinnern sich nur we nige langjährige Mitglieder daran, was früher schon diskutiert, beschlossen oder erreicht wurde. Auch werden Ta gungs- und Arbeitsthemen der Komi tees teilweise Jahre später von anderen Komitees erneut aufgegriffen, ohne dass die Erkenntnisse beziehungsweise Sichtweisen der Vorgänger in die „neu aufgelegte“ Arbeit einfließen würden. Über verschiedene Lösungsansätze für Komitee-Archive wird nachgedacht: (1) die zentralisierte Archivierung im Sekretariat – die zwar schon lange an geboten, aber von den Komitees kaum wahrgenommen wird – stärken, (2) ein digitales Archiv auf der gemein samen Plattform ICOMmunity oder auf den Komitee-Webseiten anlegen und pflegen, (3) eine systematische Do kumentation der vorhandenen, vor allem digitalen Fotos vornehmen und dergleichen. Möglicherweise könnte sich eine Arbeitsgruppe diesem kom plexen Thema widmen und so einen Teil der Kontinuität der Organisation gewährleisten. 32 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Leitfäden Wie es die Statuten vorschreiben, wer den Präsident und Vorstand – in der Regel auch in den Komitees – im Drei-Jahres-Turnus neu gewählt, eine Wiederwahl in gleicher Funktion ist nur einmal möglich. Trotz der vielen Vorteile dieser Regelung leidet die Kon tinuität der Organisation darunter. Der stetige Wechsel in den Gremien – man denke etwa an das Advisory Com mittee, das bei jeder Sitzung neu ge wählte Komitee-Präsidenten begrüßt – kann als Chance genutzt werden, hat aber leider auch oft zur Folge, dass gleiche beziehungsweise ähnliche The men mehrfach aufgegriffen werden (müssen). Das Ergebnis ist Wiederho lung statt kontinuierlicher Entwick lung. Der Vorschlag wurde geäußert, für jedes Komitee einen Sprecher zu ernennen, der langfristig als Ansprech partner zur Verfügung steht. Es braucht viel Zeit, die Menschen kennenzulernen und die Strukturen, Abläufe und Vorgehensweisen wirk lich zu verstehen und effizient ein- Tagesthemen 26.2.2015 Foto: ICOM INTERNATIONALE KOMITEES Foyer vor dem großen Sitzungssaal im UNESCO-Hauptgebäude in Paris beziehungsweise umzusetzen. Dabei haben die Präsidenten und Vorstände oft kaum Gelegenheit, sich diese Er fahrung schnell genug anzueignen. Vorgeschlagen wurde die Entwicklung von ganz konkreten Leitfäden und How-to-Guidelines, die z. B. über den Umgang mit der Mehrwertsteuer oder die Handhabung der Bankkonten in formieren. Dies würde den Vorstän den helfen und die Amtsübergaben er leichtern, ohne das Rad jedes Mal neu erfinden zu müssen. Der Blick in die Rubrik Toolkit auf ICOMmunity wird wärmstens empfohlen. Status und Statuten Des Weiteren schwebt der immer wie derkehrende Gedanke in der Luft – Kontinuität der Themen –, den inter nationalen Komitees einen rechtlichen Status zu verleihen. Ein solcher Status gäbe den Komitees einen stabilen Rah men, in dem sie sich entfalten könnten und neue Möglichkeiten hätten. Kon kret ist in dieser Hinsicht noch nichts geplant, doch das Bewusstsein, dass dieses hochkomplexe Thema angegan gen werden muss, ist vorhanden. Indessen befasst sich die Arbeits gruppe Governance mit der Überar beitung der Statuten und Regelungen, wo es nötig erscheint, um auch hier die Zukunft von ICOM auf eine sichere Basis zu stützen. Neben den Strukturen ist auch die fachliche Arbeit langfristig zu sichern. Zurzeit wird die Beständigkeit der ICOM-Definition des Museums wie der überdacht. In einem Workshop wur de deutlich, dass eine Überarbeitung der jetzt gültigen Definition erwünscht, gar unerlässlich ist. „Schon wieder“, meinen einige, aber die meisten sagen „Endlich!“. Doch zunächst ist eine kurzfristige Aktion geplant. Im Jahr 2016 steht nicht nur die Generalkonferenz in Mai land, sondern auch ein Jubiläum an, das es gebührend zu feiern gilt: Vor siebzig Jahren wurde der Internationa le Museumsrat ICOM gegründet. Drei Generationen haben mit großem En gagement die Belange der Museen ver treten und vieles erreicht. Aus diesem Anlass werden alle Komitees gebeten, ihre Geschichte zusammenzufassen und den von ihnen geleisteten Beitrag darzu stellen. Ganz im Sinne der Kontinuität! Zukunftsorientierung Nachdem der 38. Internationale Mu seumstag unter dem Motto „Muse ums for a Sustainable Society“, in der deutschen Fassung „Museum. Gesell schaft. Zukunft.“, im Mai 2015 die gesellschaftliche Rolle von Museen und ihre Anteile an der Mitgestaltung der Zukunft in den Fokus gestellt hatte, war damit die normative Grundlage für zukunftsorientierte Diskurse auf den Juni-Treffen 2015 des Internatio nalen Museumsrates geschaffen: Mu seen des 21. Jahrhunderts regen zum Nachdenken an, indem sie sich nicht nur einem einzigen Narrativ hingeben. Sie stellen Fragen an die Gegenwart und Zukunft – ohne dabei selbst unbe dingt Antworten zu präsentieren. Aus tausch, Begegnung, Innovation, Par tizipation und Reflexion erscheinen als immer wiederkehrende Leitgedanken ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 33 Foto: ICOM INTERNATIONALE KOMITEES Sitzung des Advisory Committee von ICOM der neuen Museumsära, welche auf den Juni-Treffen aufgegriffen und weiter gedacht wurden. Museen des 21. Jahrhunderts In seiner Festrede „Defining the Muse um in a New Era” thematisierte Mark O’Neill Aspekte und Eigenschaften, die Museen des 21. Jahrhunderts sei ner Ansicht nach auszeichnen: Museen sollten mit Empathie reagieren und bewusst auf nichtmarktbezogene Werte setzen, sich mit mehrdeutigen Sammlungsgeschichten auseinander setzen, Besucherinnen und Besucher in ihren glokalen Kontexten wahrneh men und diese auch aktiv beteiligen. Dabei bezog sich Mark O’Neill in seinen Ausführungen auf marketing technische und kuratorische Aspekte der Partizipation. Was verstehen die Besucherinnen und Bescher unter Mu seen? Was sei für sie schön? Wie drü cken sich Gefühle der Zugehörigkeit aus? Mark O’Neill vertrat die These, dass es einen deutlichen Mehrwert für Museen bedeuten könnte, wenn sie noch stärker als bisher mit den Besu cherinnen und Besuchern als Co-Ku ratorinnen und Co-Kuratoren von Ge schichten zusammenarbeiteten. Er machte ebenso deutlich, dass Museen als zivilgesellschaftliche Akteure un längst zu Instrumenten der Demokra tieförderung geworden sind und im plizierte, dass sie auch als solche eingesetzt werden sollten. An der aktuellen Museumsdefinition des Internationalen Museumsrats kri tisierte er, dass dem eigentlichen Kern des leidenschaftlichen Engagements vieler Museumsmitarbeiterinnen und Museumsmitarbeiter bisher nicht aus reichend auf den Grund gegangen wor den sei. Woher komme überhaupt die se Leidenschaftlichkeit? offiziell gültige Museumsdefinition des Internationalen Museumsrats im TopDown-Ansatz formuliert ist, sollte eine neue Definition diesen durchbre chen. Die Öffentlichkeit müsse inzwi schen anders von Museen wahrgenom men werden, da sie von ihr Wissen, Ideen und Kreativität erhalten. Die Arbeitsgruppen befanden außerdem, dass die Rolle der Museen als Agenten des gesellschaftlichen Wandels sowie als Orte der Partizipation und der In spiration hervorgehoben werden müs se. Museen stünden nicht nur im Diens te der Gesellschaft, sondern handelten auch im Dienste von Communitys: „… in the service of society and com munities.“ Neue Museumsdefinition Im Zuge der zukunftsorientierten De batten, die die Juni-Treffen durchzo gen, überraschte es nur wenig, dass die Wahl des Ausrichtungsortes der 25. ICOM-Generalkonferenz im Jahr 2019 auf Kyoto fiel. Unter dem Motto „Museums as Cultural Hubs: the Der thematische Workshop „An Up date of the Museum Definition for the New Era“ verfolgte das Ziel, die Dis kussion um eine neue Museumsdefi nition zu vertiefen. Während die noch 34 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Kyoto 2019 INTERNATIONALE KOMITEES Kurz und knapp Foto: ICOM Suay Aksoy, Vorsitzende des Advisory Committee von ICOM Future of Tradition” traf die japani sche Delegation den Puls der Zeit – und das mit überwältigender Mehr heit. Zentrales Thema wird also die veränderte Rolle von Museen einst sta tischer Institutionen zu interaktiven Zentren für ein durch Diversität und Globalität geprägtes Publikum. Pas send dazu erschien „Hyperconnected Museums: New Approaches, New Publics“ als richtungsweisendes Mot to für den Internationalen Museums tag 2018. Nicht nur die Museen versuchen, sich neu zu erfinden. Der ICOM-Schatz meister Peter Keller lud dazu ein zu hinterfragen, ob die Grenzziehungen innerhalb der verschiedenen internatio nalen Komitees vor dem Hintergrund der sich immer stärker überschneiden den Spezialisierungen im 21. Jahr hundert immer noch Sinn ergeben. Es war festzustellen, dass der Wunsch nach Wandel den Internationalen Mu seumsrat erreicht hat. Wie dieser aus sehen wird, blieb zum Ende der JuniTreffen jedoch offen. Auf dem Treffen der internationalen Komitees schienen sich die Mitglieder zumindest einig, dass ICOM weit mehr tun müsse als die Anzahl seiner Stipendien zu erhö hen. Dr. Stéphanie Wintzerith ist selbständige Besucherforscherin. Sie führt Besucherbe fragungen und Evaluationen auf nationaler und internationaler Ebene für Museen und weitere Kultureinrichtungen durch. Sie ist Mitglied des Nominations and Elections Commitee (NEC) und des Vorstandes von CECA; [email protected]. Sylvia Wackernagel ist seit April 2015 Muse umspädagogin am Schlesischen Museum zu Görlitz. Zu ihren Arbeitsschwerpunkten gehört die Organisation und Konzeption von Vermittlungsprogrammen für verschie dene Zielgruppen unter Berücksichtigung des Diversity-Ansatzes. Sie ist Sekretärin von ICME; [email protected]. Am 1. Juni 2015 wurde im Louvre die Neufassung der Emergency Red List of Iraqi Cultural Objects at Rist präsentiert. An der Pressekonferenz nahmen u. a. die UNESCO-Generalsekretärin Irina Bokowa, der ICOM-Präsident Hans-Martin Hinz sowie die französische Kulturminis terin Fleur Pellerin teil. Am 2. und 3. Juni 2015 fand die 80. Sit zung des Advisory Committee von ICOM statt, auf der u. a. über den Austragungs ort der 25. ICOM-Generalkonferenz ab gestimmt wurde. Cincinnati erhielt 28 Stimmen, Kyoto 72 Stimmen. Am 2. Juni 2015 formulierte der Execu tive Council von ICOM auf seiner außer ordentlichen Sitzung die Motti für die nächsten Internationalen Museums tage: · 2017 – Museums and Contested His tories: Saying the Unspeakable in Museums, · 2018 – Hyperconnected Museums: New Approaches, New Publics. Am 3. Juni 2015 fand die 30. Sitzung der Generalversammlung von ICOM statt, auf der ICOM-Präsident Hans-Martin Hinz den Tätigkeitsbericht für das Jahr 2014 vortrug sowie Ausblicke auf die für 2015 gesetzten Ziele gab. ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 35 Die inhaltliche Arbeit von ICOM findet wesentlich in den international organisierten Komitees statt. Sie widmen sich den Bedürfnissen und Aufgabenstellungen eines bestimmten Museumstyps oder einer museumsverwandten Disziplin. Derzeit gibt es 30 internationale Komitees, die durch einen Präsidenten, einen Sekretär und einen Vor stand vertreten sind. Der Weltverband wünscht sich eine stärkere Beteiligung deutscher ICOM-Mitglieder in den internationalen Komitees. Auch ICOM Deutschland begrüßt Ihr Engagement sehr. Damit die Professionalität von ICOM Deutschland gerade in internationalen Fragen gesichert ist, sollte jedes Mitglied von ICOM Deutsch land auch Mitglied eines internationalen Komitees sein. Weitere Informationen finden Sie unter www.icom.museum oder www.icom-deutschland.de. 36 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: fotolia – Jonathan Stutz Tagungsberichte der internationalen Komitees INTERNATIONALE KOMITEES CIMAM – International Committee for Museums and Collections of Modern Art How Global Can Museums Be? Jahrestagung vom 7. bis 9. November 2015 in Tokio, Japan Britta Schmitz Die Jahrestagung 2015 bot eine intensive Plattform für Diskussionen, Fragen und Herausforderungen mit denen heute öffentliche Museen für zeitgenössische Kunst welt weit konfrontiert sind. Rund zweihundert Teilnehmerin nen und Teilnehmer erörterten die Herausforderungen im Museumsalltag. Besonderes Augenmerk richtete sich da rauf, neben anderen Fragen, ob ein einziger Museumsbe griff für alle Weltregionen mit seinen ethischen und mora lischen Verpflichtungen verbindlich sein kann, ob ein einziges Narrativ ausreicht, den Diskurs über moderne und zeitgenössische Kunst zu führen und welche Diskussi onen die Arbeit der Museumskollegen in den Kontinenten der Welt bestimmen. Die Konferenz war in drei thematische Sektionen aufge teilt. Mit der Frage Is the museum still a place for debate? begann der erste Tag, gefolgt von der Frage How has mo dernism been percieved globally?, am dritten Tag wurde erörtert Is there a global audience? Der Eröffnungsvortrag von Patricia Falguières aus Pa ris, zeichnete die historischen Entwicklungen der Debat tenkultur im Museum nach und erläuterte, dass sich erst nach 1968 mit den Emanzipationsbewegungen die Aus einandersetzungen in das Museum verlagerten und die folgende Institutionskritik einen Umbruch forcierte. Erzie hung und Bildung waren zwar historisch mit dem Mu seumsbegriff verbunden, aber gesellschaftspolitische De batten wurden in Universitäten, Salons, Presse und in der Politik geführt. Das ist heute grundlegend anders geworden. Mika Kuraya vom National Museum of Modern Art (MOMAT) in Tokio machte am Beispiel einer aktuellen Ausstellung mit dem japanisch-französischen Maler Fouji ta Tsuguharu deutlich, wie eine Debatte über den Zweiten Weltkrieg im Museum angestoßen wird. Seine Bilder hat ten im Paris der 1920er Jahre viel Erfolg. Als er während der Pazifischen Kriege nach Japan zurückkehrte und die militärischen Anstrengungen der Japaner darstellte, wur den die Bilder nach der japanischen Niederlage von der US-Regierung konfisziert und kehrten erst in den 1970er Jahren ins Museum zurück. Die Diskussion, ob die Bilder ausgestellt werden dürfen, wurde bis 2015 geführt. Es bleibt unklar, ob Foujita den Krieg verherrlichte oder ihn ablehnte. Durch die öffentliche Ausstellung im MOMAT hat nun eine rege und fruchtbare Diskussion auch darüber begonnen, wie die eigenen Bestände der Museumssamm lung aufgearbeitet werden können. Jack Persekian, Direktor des am 15. Mai 2016 eröff neten Palestinian Museum in Palästina, berichtete von dem jahrelangen Kampf, überhaupt ein Museum in Palästina zu etablieren. Schon die Frage, wer Palästinenser ist und was in dem Museum überhaupt ausgestellt werden kann, ist ein nicht abgeschlossener Prozess. Auch wie das Ver hältnis zu israelischen Institutionen gelebt werden kann. Das Museum ist entschlossen, ein Ort der offenen Türen zu werden, in dem jeder willkommen ist, in dem multiple Stimmen zu hören sein sollen und der Dialog immer mög lich sein wird. Brook Andrew, ein Künstler mit indigenen Wurzeln aus Melbourne, arbeitete in gut gewählten Beispielen das do minante westliche Narrativ heraus mit dem besonderen Fo kus Australien, das im globalen Kunstdiskurs lange eine Voreiterrolle besetzte. Shigemi Inaga aus Kyoto eröffnete den zweiten Tag mit der interessanten Frage, was eigentlich Moderne meint und was das Globale als etwas Anderes auszeichnet. Er analysierte in einem philosophischen Vortrag die Dichoto mie einer westlichen Moderne und den nicht-westlichen Traditionen. Eine Ausgrenzung von „The West and the Rest“ ist demnach nicht mehr zu rechtfertigen. Weitere Sprecher aus Hongkong, San Diego, Singapur, Berlin/Eurasia, Cochin und Malaysia legten anhand ihrer spezifischen lokalen Bedingungen dar, wie wichtig und weiterführend es ist, die Idee des Museums anzupassen und zu diskutieren. Die von unseren japanischen Kollegen so freundlich und präzise durchgeführte Konferenz bot neben dem offizi ellen Austausch in den Sektionen auch Möglichkeiten, ei nige staatliche und private Museen zu besuchen, sich zu begegnen und persönlich auszutauschen. Dr. Britta Schmitz, Nationalgalerie im Hamburger Bahnhof – Muse um für Gegenwart, Berlin, ist zuständig für die Kunst nach 1945 und globale zeitgenössische Kunst; [email protected]. Weitere Informationen: Umfangreicher Tagungsbericht: http://cimam.org/annual-conference/tokyo2015/tokyo-2015 ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 37 INTERNATIONALE KOMITEES CIDOC – International Committee for Documentation Documenting Diversity – Collections, Catalogues and Context Jahrestagung vom 5. bis 10. September 2015 in NeuDelhi, Indien Der Gastgeber der Jahrestagung 2015 war das National Museums Institute of History of Art, Conservation und Museology, das im Gebäude des Nationalmuseums behei matet ist. Die Tagungsorganisatorin Manvi Sharma arbei tete eng mit weiteren indischen Partnern, dem National Archives of India, dem Indira Ghandi National Center of Art, dem National Rail Museum, dem Nehru Memorial Museum and Library und dem benachbarten Vigyan Bha wan Complex zusammen. Vor der eigentlichen Konferenz fand, wie bei CIDOC üblich, ein Pre-Conference-Wochen ende mit halbtägigen Workshops, Arbeitsgruppen und tutorials in den Räumen der National Gallery of Modern Art statt. Workshops veranstalteten die LIDO- und die Documentation-Standards-Arbeitsgruppen, ferner tagten die Arbeitsgruppen zu CIDOC CRM und FBR00++, Exhibition und Performance Documentation sowie Intan gible Cultural Heritage (ICH). Die beiden letztgenannten Arbeitsgruppen sind noch relativ neu und insbesondere die Dokumentation des intangible heritage, des immateri ellen Kulturerbes, hat sich in Indien als wichtiges Thema erwiesen, was sich in einer Vielzahl von Tagungsbeiträgen zu diesem Thema und insbesondere zu storytelling oder der Dokumentation ethnischer Feste widerspiegelte. Aus aktuellem Anlass gab es einen Workshop über die (mögliche) Rolle CIDOCs in internationalen humanitären Programmen. Der CIDOC-Präsident Nicholas Crofts be richtete über Anfragen an das CIDOC-Komitee, dessen Kompetenz im Rahmen humanitärer Hilfe, beim Wieder aufbau nach Katastrophen und Kriegsfällen oder bei der Bekämpfung von illegalem Handel mit Kulturgut zu nut zen. Im praktischen Teil versuchten Teilnehmer des Work shops, mögliche Hilfen und Methoden zu skizzieren und zu erarbeiten. Nach der Eröffnungszeremonie begannen die Tagungstage mit Impulsreferaten von Kishor K. Basa, Kamal K. Mishra und Rajeev Lohan. Ihnen folgten 25 verschiedene Sessions mit 124 Vorträgen, eingeordnet unter drei Themenschwer punkte: Strategien und Richtlinien für die Dokumentation der Vielfalt von Kultur, Techniken und Methoden der Doku mentation sowie Zugang und Integration – Zusammenarbeit mit Archiven und anderen Kulturerbe-Institutionen. Drei Podiumsdiskussionen galten der Rolle der Frau bei der Dokumentation der Vielfalt in Indien und ihrem Zu gang zum Kulturerbe, der Herausforderung, das „zeitge nössische Indien“ zu sammeln und der Zusammenarbeit von Bibliotheken, Archiven und Museen. Einen Sonder beitrag leistete Nicolas Merrimans vom Manchester-Mu seum, der sich in seinem Vortrag „Campaign for Collecting“ nachdrücklich für eine aktive Sammlungstätigkeit der Mu seen einsetzte. Im Rahmenprogramm fanden Museumsführungen, high tea auf den Lawn sowie ein Nachmittag im Rhashtrapati 38 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Foto: Martina Krug Martina Krug, Monika Hagedorn-Saupe Eingangshalle des Nationalmuseums, die aus Anlass der Jahrestagung mit einem Blütenteppich geschmückt wurde. Das Konferenz-Logo zeigt in stilisierter Form das im 18. Jahrhundert erbaute Observato rium Jantar Mantar in Delhi. Bhawan Museum mit nachfolgendem Empfang durch den indischen Ministerpräsidenten statt. Der Exkursionstag führte nach Agra mit einem Besuch des Tadj Mahals. An der Tagung nahmen 308 Museumsexperten aus 42 Ländern, darunter 230 Kollegen aus Indien, teil. Martina Krug leitet das Städtische Museum Hann. Münden. Sie ist Mitglied im Vorstand von CIDOC; [email protected]. Professor Monika Hagedorn-Saupe ist stellvertretende Leiterin des Instituts für Museumsforschung, Berlin. Sie ist kommissarische Präsi dentin von CIDOC; [email protected]. Weitere Informationen: Umfangreiche Tagungsdokumentation mit Fotos und Referatstex ten: www.cidoc2015.in; CIDOC-Webseite: http://network.icom.museum/cidoc/arkiv/tidigare-konferenser/ 2015-new-delhi/L/11 sowie auf Facebook unter CIDOC Events Die Jahrestagung 2016 wird im Rahmen der ICOM-Generalkonferenz in Mailand mit einem gesonderten Veranstaltungstag für CIDOCTeilnehmer in Turin stattfinden. INTERNATIONALE KOMITEES From Historism to the Multimedia Age. Content – Concept – Design of Egyptian Museums and Collections Jahrestagung vom 1. bis 4. September 2015 in München Gabriele Pieke Nach einigen Jahren fand die CIPEG-Jahrestagung 2015 wieder einmal in Deutschland statt. Für die inhaltliche Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Aspekten und Herausforderungen des Kuratierens sowie den vielfäl tigen Möglichkeiten der Ausstellungsgestaltung bot das Staatliche Museum Ägyptischer Kunst – ein Museum, das erst 2013 in einen architektonisch sehr beeindruckenden Neubau im Münchner Museumsareal gezogen ist – den perfekten Rahmen. Der Umzug in neue Räume sowie die komplette Neuaufstellung einer alteingesessenen und hochkarätigen Sammlung stellt eine Herausforderung und gleichzeitig eine besondere Chance für Museumsleitung, Kuratoren und auch Restauratoren dar. Von daher war es der Wunsch vieler Mitglieder von CIPEG, im Kontext der Jahrestagung das Museum zu besuchen, einen Einblick in die Konzeption von Architektur und Ausstattung sowie Erfahrungsberichte der Münchner Kollegen zu erhalten. Eines der Highlights der Tagung war sicherlich der Rund gang mit der Direktorin und dem Ausstellungsarchitekten durch die neuen Sammlungsräume. Auch andere namhafte Museen waren oder sind größe ren Veränderungen unterworfen und berühmte ägyptische Sammlungen wie etwa in Berlin, Brooklyn, London oder auch Turin haben in den vergangenen Jahren ihre Dauer ausstellungen umgebaut. Insbesondere historische Gebäu de bringen dabei mancherlei Zwänge mit sich und können hinderliche Parameter für die verantwortlichen Kuratoren darstellen. Sammlungen wie etwa im British Museum oder dem Brooklyn Museum müssen sich zudem in ihren multi diziplinären Häusern der Konkurrenz mit anderen Abtei lungen stellen und sind häufig den Marketinginteressen der Generaldirektion unterworfen. Insgesamt bieten die zahl reichen weltweiten ägyptischen Sammlungen eine reiche Palette an Ausstellungsformen sowie konzeptionellen und gestalterischen Ansätzen, wobei je nach Standort die Ge wichtung der sozialen, kulturellen oder didaktischen Be dürfnisse anders in die Ausstellungskonzepte einfließt. Das reiche Vortragsprogramm der Tagung bot den 54 Teilneh mern aus elf verschiedenen Ländern vielfältige Gelegenheit, Erfahrungswerte auszutauschen, wobei neben Vorträgen zur Geschichte verschiedener Sammlungen insbesondere die Präsentationen von Neukonzeptionen und Ausstellungs gestaltungen einen spannenden Überblick vermittelten. Dank der Förderung durch ICOM Deutschland war es auch möglich, vier zentrale Figuren der derzeitigen Mu seumslandschaft in Ägypten einzuladen. Die Vorträge der Direktoren des National Museum of Egyptian Civilization sowie des derzeit im Bau befindlichen Grand Egyptian Museum an den Pyramiden von Giza wurden mit größter Spannung erwartet und boten Anlass für eine sehr lebhafte und höchst konstruktive Diskussion. Der fast zeitgleiche Bau zweier gigantischer Museumsgebäude und die daran anknüpfende maßgebliche Umstrukturierung der gesamten Sammlungsbestände des Ägyptischen Museums am TahrirPlatz, dem größten Museum für altägyptische Objekte weltweit, stellt für die Kollegen in Ägypten eine außeror dentliche Herausforderung dar. So wurde erstmalig eine Neukonzeption für dieses 1902 eröffnete und sehr eta blierte Museum vorgestellt, die diesem zentralen Haus eine neue Perspektive geben soll, auch nachdem der berühmte Grabschatz des Tutanchamun, die Königsmumien sowie andere Highlights in die beiden anderen Häuser abgezogen sein werden. Zudem berichtete die Leiterin der Museums abteilung im Antikenministerium über die Neueröffnung des Suez-Museums und ihre Bestrebungen der Fachausbil dung von Kuratoren und Restauratoren, wobei CIPEG und die internationale Museumsgemeinschaft um aktive Unterstützung gebeten wurden. Die CIPEG-Jahrestagung bot erneut ein reiches Diskus sionsforum mit vielfältigen Gelegenheiten, sich über neue Ausstellungskonzepte sowie damit zusammenhängende Probleme und Herausforderungen auszutauschen. Die von den Münchner Kollegen organisierten Führungen durch verschiedene andere Museen der Stadt befruchteten zudem das Thema und den Blick auf die Inszenierung der eigenen Sammlungen. Dr. Gabriele Pieke ist seit 2013 Präsidentin von CIPEG und derzeit als wissenschaftliche Sammlungsleiterin der Abteilung Altägypten bei den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim tätig. Sie ist Mitglied im Vorstand von ICOM Deutschland; [email protected]. Weitere Informationen: Abstracts und Präsentationen: http://cipeg.icom.museum Foto: Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, Marianne Franke CIPEG – International Committee for Egyptology Staatliches Museum Ägyptischer Kunst, München: Blick in den Ausstellungsraum Kunst und Form ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 39 INTERNATIONALE KOMITEES Vom Sammeln und von Sammlungen – Politik und Praxis der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und intellektuellen Nachhaltigkeit Jahrestagung vom 26. bis 28. Oktober 2015 in Seoul, Korea Léontine Meijer-van Mensch Im Januar 2016 veröffentlichte die Firma Larry’s List (Hong kong) ihren Bericht über private Kunstmuseen (Private Art Museums Report), „die erste Studie zur weltweiten Stellung von privat gegründeten Museen zeitgenössischer Kunst“. Der Bericht führt 317 Museen dieser Art auf, wovon über siebzig Prozent nach dem Jahr 2000 gegründet wurden. In Südkorea befindet sich die größte Anzahl (45) der durch Privatpersonen gegründeten Museen zeitgenössischer Kunst; die Hauptstadt Seoul allein beherbergt 13 Museen dieses Typus und führt damit die Rangliste unter den Städten an. Das Land hat somit mehr Privatmuseen als die Vereinigten Staaten (43) und Deutschland (42), Länder, die für solche Museen im Allgemeinen bekannter sind. Ein guter Grund also für COMCOL, sein Jahrestreffen in Südkorea abzu halten und über die nachhaltigen Beziehungen zwischen Privatmuseen und privaten Sammlern auf der einen Seite und staatlich finanzierten Museen auf der anderen zu re flektieren. Das Akronym COMCOL steht für Internationales Samm lungskomitee (engl.: International Committee for Collec ting). Das Ziel des Komitees liegt darin, Kenntnisse in der Theorie, Praxis und Ethik des Sammelns und der (Weiter-) Entwicklung von Sammlungen zu verbreiten und den Aus tausch in diesen Bereichen zu vertiefen. Die Jahrestagung 2015 wurde in Kooperation mit ICOM Korea und insbesondere mit dem National Folk Museum of Korea organisiert. Im Zentrum der Tagung stand das Thema „Nachhaltigkeit des Sammelns und von Samm lungen“, angelehnt an das Thema des Internationalen Mu seumstages 2015 „Museum. Gesellschaft. Zukunft“, wo bei der Fokus von COMCOL auf Nachhaltigkeit in den Aufgaben von Museen, privaten Sammlern und deren Sammlungen lag. In ihrer Broschüre Sustainability and museums. Your chance to make a difference (2008) bespricht die Museums Association, wie „Konzepte der Nachhaltigkeit das Poten tial haben, Museen zu helfen, ihre Arbeit im Dienste der Gesellschaft zu verbessern, Entscheidungen im Bereich Sammlungsmanagement zu treffen, eine langfristige finan zielle Stabilität sicherzustellen – und, selbstverständlich, zukünftigen Generationen angemessen zu dienen“. Zum Thema Sammlungen schlägt die Museums Association vor, Museen sollten zur Förderung der Nachhaltigkeit „den Beitrag früherer Generationen anerkennen und der nächs ten Generation ein fortentwickeltes Erbe aus Sammlungen, Informationen und Wissen hinterlassen“ sowie „Samm lungen auf solch eine Weise verwalten, dass zukünftige Generationen in ihnen keine Bürde, sondern eine Bereiche rung sehen.“ 40 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Auf der Tagung wollten die Teilnehmerinnen und Teil nehmer die Bedeutung des Begriffs Nachhaltigkeit im Sinne der Zusammensetzung und Ordnung von Samm lungen erörtern. Welche spezifischen methodologi s chen Ansätze zur Sammlungsentwicklung sind für ein nach haltiges Ergebnis erforderlich? In hervorragenden Bei trägen, Podiumsdiskussionen und Exkursionen befassten wir uns u. a. mit den folgenden Fragen: Es heißt, Museen arbeiten für die Ewigkeit. Akquisitions- und Verkaufs grundsätze und deren Umsetzung sind jedoch immer in ihrer Zeit verankert und das Ergebnis von Entscheidun gen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt getroffen werden, dann allerdings langfristige Konsequenzen haben. Wie können Museen und andere Institutionen des kulturel len Erbes verschiedenen – und manchmal widersprüch lichen – gesellschaftlichen Anforderungen gerecht werden? Was bedeutet Nachhaltigkeit für Privatsammlungen? Welche Rolle spielt die Sammlerin/der Sammler? Wie lange nach ihrem/seinem Tod sollte der Philosophie der Samm lerin/des Sammlers entsprochen werden? Was bedeutet das für unabhängige Museen, die auf der Grundlage einer Pri vatsammlung entstanden sind? Wenn eine Privatsammlung in eine größere Museumssammlung integriert wird, sollte die bestehende Zusammenstellung und Ordnung beibe halten werden und die Sammlung so eine separate Einheit bleiben? Vor allem die Besuche der privaten Museen und der Austausch mit den Kollegen vor Ort waren sehr lehr reich und inspirierend. Diese Konferenz und unsere anschließende Exkursion wären ohne die Hilfe der Kolleginnen und Kollegen und des National Folk Museum nicht möglich gewesen, und ich möchte mich aufrichtig bei allen Beteiligten bedanken. Es war äußerst interessant, Probleme der Nachhaltigkeit im räumlichen Kontext des „Wunders des Han-Flusses“ und innerhalb einer Gesellschaft, die sich nachhaltige Ent wicklung zur Priorität gemacht hat, zu reflektieren. Hof fentlich wird noch in diesem Jahr der Tagungsband in englischer Sprache erscheinen. Léontine Meijer-van Mensch ist stellvertretende Direktorin des Mu seums Europäischer Kulturen, Berlin, und Präsidentin von COMCOL, [email protected]. Foto: Danielle Kuijten COMCOL – International Committee for Collecting Seoul: Zugang zum Museum für Schlösser, Verschlüsse und Schlüs selanhänger INTERNATIONALE KOMITEES ICLM – International Committee for Literary Museums Literature, Music and Cultural Heritage Jahrestagung vom 25. bis 29. September 2015 in Tiflis, Georgien Lothar Jordan Zum ersten Mal fand die Jahrestagung in Georgien statt, 86 Mitglieder und Gäste kamen nach Tiflis, um sich dem Thema „Literature, Music and Cultural Heritage“ zu widmen und einige Museen des Landes kennenzulernen. Hauptveranstaltungsort war das Historische Museum des Georgischen Nationalmuseums, das an der schönen und lebendigen Rustaweli-Avenue im Zentrum der Hauptstadt liegt, die nach dem georgischen Nationaldichter Schota Rustaweli benannt ist. Zu Beginn wurde in diesem Muse um eine Ausstellung des Tschaikowski-Museums (Klin, Russland) eröffnet. Von den 86 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen ne ben der Präsidentin des ICLM, Galina Alexejewa (Jasnaja Poljana, Museumsdomäne Leo Tolstoi) weitere 51 aus Russland und 18 aus Georgien. Die meisten der insgesamt 32 Vorträge des reichhaltigen Programms wurden auf Rus sisch gehalten, zahlreiche weitere auf Georgisch, jeweils mit Synchronübersetzung ins Englische. Selbst der deutsche Sekretär des ICLM, Dr. Bernhard Lauer (Brüder-GrimmMuseum, Kassel) sprach auf Russisch. Er schlug einen weiten Bogen von Herders Theorien zur sprachlichen und kulturellen Vielfalt zu den zahlreichen Literaturmuseen in Mittel- und Osteuropa, die nach dem Ende des Kalten Krieges die jeweiligen Nationalsprachen und -literaturen in neuer Freiheit und mit großer Bedeutung für das natio nale kulturelle Selbstverständnis in die Museumsarbeit auf genommen haben. Ein nicht geringer Teil der Referentinnen und Referenten verstand das Thema der Tagung als Auf forderung, die Geschichte und die Arbeit des je eigenen Museums darzustellen. So ergaben sich interessante Ein blicke vor allem in die mir bis dahin unbekannten georgi schen Museen. Einen anderen Ansatz verfolgte der Vortrag von Gabriella Gulyás vom Petöfi-Museum, Budapest, dem ungarischen Nationalmuseum für Literatur. Sie verband hervorragend eine abstrahierende Reflexion auf die Zielgruppen ihres Hauses, insbesondere unter didaktischen Aspekten, da runter auch Weiterbildung für das eigene Team, mit Beispie len aus der eigenen Praxis, wie junge Menschen in konkre ten Aktionen für das Lesen, die Literatur und den Besuch des Museums gewonnen werden können. Es war interessant, die gute Zusammenarbeit zwischen den russischen und den georgischen Kolleginnen und Kol legen zu beobachten. Und doch gab es eine wiederholte, ungewöhnlich heftige Diskussion, die zeigte, dass das rus sisch-georgische Verhältnis auch im Umgang mit der teils gemeinsamen Kulturgeschichte noch nicht harmonisch ist. So etwa eine Diskussion um das „Smirnow-Museum“, ei nen Erinnerungsort prominenter russischer Besucherinnen und Besucher, darunter etlicher Schriftsteller vor allem des 19. Jahrhunderts. Es befindet sich in einer jetzt „Kauka sisches Haus“ genannten, auch von deutschen Stiftungen geförderten Einrichtung, die sich kaukasischer Kultur widmet und auch Flüchtlingen aus Tschetschenien als Zuflucht diente. Ein kleiner Teil soll, so war dort zu er fahren, als Smirnow-Museum im Jahre 2016 wiedereröff net werden. Dass es zur Zeit geschlossen ist, wurde von etlichen russischen Teilnehmern heftig kritisiert. Eine so hitzige Debatte habe ich in ICLM noch nicht erlebt. Eine interessante europäische Initiative stellte Adriano Rigoli, der Präsident der Associazione Nazionale Case della Memoria (Italien), vor. Das unter dem Schirm der EXPO 2015 entstandene Projekt „Taste in History. Eno-Gastro nomy and Culture in Historic Homes“ will Tourismus und kulturelle Arbeit sinnlicher zusammenbringen. Literatur museen und andere Personalmuseen sollen dabei eine wich tige Rolle spielen und so sind ICLM und auch DEMHIST beteiligt. Die Museumsbesuche, betreut von überwiegend jungen engagierten Mitarbeiterinnen der Museen und von ICOM Georgien unter der Leitung der Präsidentin Inga Karaia, und eine Exkursion nach Kachetien gaben einen guten Ein druck von der Vielfalt und der Bedeutung der georgischen Museumsszene. Besichtigt wurden in Tiflis das Staatliche Museum für Volksmusik und volkstümliche Instrumente und das Giorgi-Leonidse-Museum für georgische Litera tur. Dessen Nutzen für die ausländischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer hielt sich in Grenzen, da alle erläuternden Texte nur in Georgisch zu lesen waren. In meinem Referat habe ich darauf aufmerksam gemacht, dass die Trias der Sprachenpolitik der UNESCO – Förderung von sprachli cher Vielfalt (auch der Nationalsprachen), Mehrsprachig keit und Übersetzungen – gerade für Literaturmuseen be sonders plausibel ist. Dr. Lothar Jordan ist seit 2013 Vizepräsident des UNESCO-Programms Memory of the World (Weltdokumentenerbe). Von 2007 bis 2013 war er ICLM-Präsident und von 2008 bis 2013 Mitglied des Vor standes von ICOM Deutschland; [email protected]. Weitere Informationen: Programm und Fotodokumentation: http://network.icom.museum/iclm ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 41 INTERNATIONALE KOMITEES Science and Technology, Innovation: Museum and Cultural Heritage Security 41. Jahrestagung vom 19. bis 23. Oktober 2015 in Zhengzhou, China Hans-Jürgen Harras Die Museumswelt Chinas hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Anstrengungen unternommen, um das Sicher heitsniveau in ihren Häusern zu erhöhen. Die dabei erreich ten Erfolge und die Erfahrungen beim Einsatz verschie dener neuer Technologien war den chinesischen Kollegen eine Herzensangelegenheit. In China hat sich eine starke nationale Gruppe von Spezialisten der Museumssicherheit gebildet, die unter der Führung des Direktors des HenanMuseum, Tian Kai, diese Jahrestagung begleitet und mit gestaltet hat. Es kamen insgesamt 130 Teilnehmer, von denen 57 bereits Mitglieder im ICMS waren. Aufgrund aktueller Anlässe wurde in mehreren Vorträ gen der Fokus auf die Bedrohung durch Terrorismus und die unterschiedlichen Herangehensweisen zur Gefahren erkennung und -abwehr gelegt. Deng Yi aus China erläu terte etwa eine neue Videomethode, durch die alle Muse umsbesucher per Gesichtserkennung erfasst und in einer Datenbank gespeichert werden. Dadurch können Besucher identifiziert werden, die das Museum mehrmals besuchen. Durch die genauere Observation dieser Mehrfachbesu cher wird dann analysiert, ob sich hinter den wiederhol ten Besuchen eventuell unlautere oder gar gefährliche Absichten oder Aktionen verbergen. Hinsichtlich des Datenschutzes ist eine solche Herangehensweise im euro päischen Raum sicher auszuschließen. Bob Combs vom Getty Museum gab in seiner Präsenta tion einen Überblick über diverse Vorfälle in Museen wie Brände, Einbrüche, Diebstähle, Überfälle und andere Be drohungen. Dabei ging er auch auf die Hintergründe, Vor gehensweisen und ähnliches ein, um all dies als Grundlage für weitere Risikobetrachtungen nutzen zu können. Stephen St. Laurent vom Boston Museum of Fine Arts stellte anhand der in seinem Museum eingeführten OpenSource-Management-Lösung dar, wie durch die Abkehr von proprietären Sicherheitssystemen und die Hinwendung zu offenen Systemen in seinem Museum eine wesentlich bessere Übersicht über die Sicherheitsanlagen bei redu zierten Kosten gewonnen werden konnte. Betty Karanja aus Kenia berichtete über die dortigen Be drohungen für die Sammlungen im Nationalmuseum in Nairobi und den – gegenüber dem europäischen oder auch chinesischen Herangehen sehr vereinfachten – technischen und organisatorischen Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit. Neben allen technischen Vorträgen hatten die chinesi schen Kollegen auch ein umfangreiches Rahmenprogramm vorbereitet. Mit großem Stolz führten sie die Tagungsteil nehmer zu den übergroßen Buddha-Statuen in Luoyang (Drachentor-Grotten), die seit 2000 zum UNESCO-Welt kulturerbe gehören, sowie zum Tempel der Shaolin-Mönche in Dengfeng. So lernten wir neben bekannten auch wirklich neue, interessante Präsentationsformen kennen – wir sahen 42 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 z. B. in einer Vitrine mittels 3D-Medienstation eine chi nesische Oper, die im Raum zu schweben schien. Auch alte Buchdrucktechniken wie mehrfarbiger Bilddruck in mehreren handwerklichen Arbeitsschritten wurden vor geführt und konnten von den Teilnehmern und Besuchern selbst ausprobiert werden. Die ICMS-Mitglieder haben beschlossen, im Jahre 2016 einen Workshop zur Museumssicherheit in Nairobi, Kenia, mit Vorträgen und auch finanzieller Hilfe zu unterstützen. Hans-Jürgen Harras leitet das Referat Sicherheit der Staatlichen Mu seen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz; [email protected]. Weitere Informationen: Die Jahrestagung 2016 wird vom 3. bis 9. Juli im Rahmen der ICOMGeneralkonferenz in Mailand stattfinden. Titel: Museums and Cultu ral Landscapes Building up a Cultural Heritage (siehe http://network.icom.museum/icms). Mitglieder aus Entwicklungsländern können Stipendien beantra gen. Die Jahrestagung 2017 wird voraussichtlich in Boston, USA, stattfinden. Foto: Barbara Fischer ICMS – International Committee for Museum Security Luoyang: Die Longmen-Grotten beherbergen die umfangreichste Sammlung buddhistischer Statuen in China. Die größte Statue misst mehr als 17 Meter . INTERNATIONALE KOMITEES „Reflets de Venise“ Gemeinsame Tagung mit AIHV – Association International pour l’Histoire du Verre – vom 7. bis 14. September 2015 in Fribourg und Romont, Schweiz Sven Hauschke Die ICOM-Glass-Jahrestagung fand im Rahmen der im dreijährigen Rhythmus ausgerichteten Tagung der AIHV statt. Ausgangspunkt war die Überlegung, beide internatio nale Glasvereinigungen nach langer Zeit wieder einmal zu sammenzubringen und neue Mitglieder zu gewinnen. Von den mehr als 250 Teilnehmern, die aus 33 Ländern stamm ten, waren zugleich 24 auch Komitee-Mitglieder. Insgesamt gab es mehr als 100 Vorträge und 80 Poster. Die Teilneh mer kamen aus den Bereichen Museum, Forschung, Uni versität, Denkmalpflege, Archäologie, Kunsthandel und Sammlerwesen. Die Vorträge boten vielfältige Einblicke in aktuelle Forschungen sowie intensive Diskussionsmög lichkeiten. Daneben wurden naturwissenschaftliche Ana lysemethoden und ihre Aussagefähigkeit vorgestellt sowie grundsätzliche Fragen zum Objekttransfer erörtert. Traditionell liegt der Schwerpunkt der AIHV auf der Archäologie, doch gab es im Jahre 2015 auch einen Fokus auf das nachmittelalterliche Glas, insbesondere wegen der von Erwin Baumgartner organisierten Ausstellung „Reflets de Venise“ in Romont, die einen Großteil der schweizeri schen Bestände der in Venedig oder „a la Façon de Venise“ gefertigten Gläser versammelte. Im Rahmen einer zum Vi tromusée Romont geführten Exkursion gab es neben einer Führung durch die Sonderausstellung auch eine Glasbläser demonstration von William Gudenrath aus Corning, der venezianische Gläser fertigte und historische Techniken am Brennofen vorführte. Die Präsentation von historischen Objekten in der Sonderausstellung und ihre live zu erlebende Nachbildung bot reichlich Anschauungsmaterial und zog eine lebhafte Diskussion über die unterschiedlichen Her stellungsweisen nach sich. Die zwei Post-Conference-Touren fokussierten sich auf das archäologische bzw. moderne Glas: Am Samstag ging es in das größte archäologische Museum der Schweiz, das Latenium in Neuchâtel, und in das römische Museum von Avanches. Am Sonntag fuhr eine kleinere Gruppe nach Genf zum Musée Ariana, dem schweizerischen Museum für Keramik und Glas. Die Kuratoren Stanislas Anthonioz und Ana Quintero Pérez führten uns durch die Ausstellungen zum künstlerisch gestalteten Glas der Glashütte Saint-Prex sowie zu derjenigen der englischen Künstlerin Anna Dickinson. Ihre in einer unglaublichen Perfektion ausgeführten Ob jekte aus Glas stellen zwar von ihrer Funktion her Gefäße dar, in ihrer formalen Kraft und der Kombination mit Me talleinsätzen sind sie aber Skulpturen. Anschließend fuh ren wir nach Lausanne in das Musée de design et d’arts appliqués contemporains (Mudac), wo uns die Kuratorin Bettina Tschumi durch die Sammlung und die Ausstellung zu den Glaserwerbungen der letzten Jahre führte. Zum Abschluss der Exkursion zeigte uns Stefan Trümpler, Direktor des Vitromusée Romont, in der Kathedrale von Lausanne den Zyklus von Glasfenstern des 20. Jahrhun derts sowie die vom Musée Romont restaurierten Glasfens ter der Rosette im südlichen Querhaus aus dem frühen 13. Jahrhundert. Die Post-Conference-Tour des ICOM Glass Committee konzentrierte sich auf Zürich und normalerweise nicht zugängliche Bereiche. In Affoltern am Albis führte uns Christine Keller Lüthi durch das in einem ehemaligen Mi litärdepot untergebrachte Sammlungszentrum des Schwei zerischen Nationalmuseums. Es ist zugleich Zentraldepot und Restaurierungszentrum. Beeindruckend waren Tau sende von Glasfragmenten von Schloss Hallwyl, die zwi schen 1910 und 1916 bei der systematischen Ausgrabung des Wassergrabens geborgen wurden. Die unter dem schwe dischen Archäologen Nils Lithberg erfolgte Reinigung, Er fassung und teilweise Montage der über einen Zeitraum von sechs Jahrhunderten gefertigten Funde ist ein historisches Zeugnis der Archäologie. Momentan werden in einem mehr jährigen Projekt, das in einer neuen Dauerausstellung mün den soll, die Funde neu erfasst und gereinigt und die Gläser nach Möglichkeit wieder zusammengefügt. Am Nachmittag konnten wir das Depot des im letzten Jahr im Toni-Areal neu untergebrachten Museums für Ge staltung besuchen. Franziska Müller-Reissmann zeigte uns die Glasbestände, deren Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert liegt, aber auch aktuelles Studioglas um fasst. Die ICOM-Glass-Jahrestagung bot intensiven Austausch mit Kollegen aus Deutschland, Europa, Amerika und Asien und brachte ganz unterschiedliche Bereiche zusammen. 2016 wird das Treffen innerhalb der ICOM Generalkon ferenz in Mailand stattfinden und zahlreiche Exkursionen zu den reichhaltigen norditalienischen Glassammlungen bieten. Dr. Sven Hauschke ist Leiter der Sammlung Kunsthandwerk und des Europäischen Museums für Modernes Glas der Kunstsamm lungen der Veste Coburg. Er ist Schatzmeister von ICOM Glass; s.hauschke@ kunstsammlungen-coburg.de. Foto: Sven Hauschke GLASS – International Committee for Museums and Collections of Glass Glasfragment von Schloss Hallwyl; Montage um 1916 ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 43 INTERNATIONALE KOMITEES Jahrestagung vom 19. bis 24. Oktober 2015 in Jerusalem und Tel Aviv, Israel Otto Lohr Die Jahrestagung fand auf Einladung von ICOM Israel statt. Das mit dreißig Beiträgen dichte Vortragsprogramm beleuchtete das Tagungsthema unter verschiedensten Ge sichtspunkten. Zur Einstimmung auf das gastgebende Land gab Idit Amihai einen Überblick über die Museen in Israel, das seit 1983 ein Museumsgesetz zur Bewahrung der Sammlungen hat. Von ungefähr zweihundert Museen, die sich meist mit Geschichte und Identität Israels beschäftigen, sind 56 akkreditiert. Nur diese Museen können staatliche Unterstützung erhalten, sofern sie über eine Mindestfläche von 1.000 Quadratmetern verfügen. Insgesamt besitzen die Museen, die jährlich dreihundert Ausstellungen anbieten, rund 1,25 Million Objekte und ziehen jährlich fünf Millio nen Besucher an. Während in Israel multikulturelle Fragen dominieren, spielen sie etwa in Japan mit seinen 5.700 Museen nur eine geringe Rolle. Mehr Bedeutung haben dort Programme für Besucher mit körperlichen Behinderungen. In Nepal fördert die Politik das Miteinander der mehr als hundert ethnischen Gruppen im Land. Das Tharu-Kulturmuseum und das Narayanhiti-Palastmuseum in Katmandu sowie zahlreiche ethnische Museen, verteilt im ganzen Land, neh men sich dieser Aufgabe an. Eindrucksvoll waren Birendra Mahatos Bilder von Gebäuden und Museen vor und nach dem jüngsten Erdbeben in Nepal. Liang Min vom Shaanxi History Museum beschrieb die Bedeutung der Museen für die gesellschaftliche Erziehung in einem multiethnischen Land wie China. Ihr Museum bemüht sich besonders da rum, jüngere Studenten frühzeitig auf traditionelle Werte zu lenken. Die Geschichte verschiedener ethnischer Grup pen und Minderheiten Mexikos zeigte Blanca Gonzales am Beispiel eines Kochbuchs auf. Shakes Shamir wies am Beispiel der Wanderausstellungen des Design Centers in Australien auf die Bedeutung der Kulturvermittlung an multikulturelle Gruppen in den Regionen hin. Said Abu Shakra sprach von seiner Vision, in einem Haus im Dorf Umm el-Fahem die Kunst von Palästinensern und Israelis mit internationaler Kunst zu vereinigen, aber auch von sei ner Befürchtung, dass das Angebot scheitern könnte. Die Bedeutung der Regionalmuseen im 21. Jahrhundert für Be sucher mit verschiedenem kulturellem und sozialem Hin tergrund betonte Goranka Horjan, Mitglied des Executive Council von ICOM. An Best-Practice-Beispielen verschie dener europäischer Museen, die mit internationalen Preisen ausgezeichnet wurden, schilderte sie deren Anstrengungen, der Aufgabe gerecht zu werden. Das Vortragsprogramm wurde abgerundet durch Exkur sionen. Besucht wurden das Joe Alon Center mit dem Mu seum zur Kultur der Beduinen, Yad Vashem und das L.A. Mayer Museum für islamische Kunst, das Museum des jüdischen Volkes Beit Hatfutsot sowie in Jaffa das IlanaGoor-Museum. 44 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 Dr. Otto Lohr arbeitet in der Landesstelle für die nichtstaatlichen Museen in Bayern, München, dort ist er verantwortlich für die kunstund kulturhistorischen Museen in Mittelfranken und der Oberpfalz sowie für die jüdischen Museen; [email protected]. Weitere Informationen: http://icr.icom.museum Foto: Eva Adamek Regional Museums and the Forging of Identities in a Multicultural Society Auch 2015 hatte ICR ein Reisestipendium für einen jun gen Kollegen ausgeschrieben, das an Birendra Mahato aus Nepal vergeben wurde. Am Rande der Tagung, die unge fähr siebzig Teilnehmer besuchten, wurde die neue ICRPublikation Regional Museums and Local Gastronomic Heritage vorgestellt. Foto: Eva Adamek ICR – International Committee for Regional Museums Jaffa: Ilanan-Goor-Museum INTERNATIONALE KOMITEES Leadership for a Sustainable Museum Jahrestagung vom 28. bis 31. Oktober 2015 in Washington, USA Katharina Bechler Das internationale Komitee INTERCOM, das sich Fragen des Managements widmet, hatte für die Konferenz folgen des Programm zusammengestellt: An erster Stelle standen strategische, kommunikative und betriebswirtschaftliche Qualifikationen von Museumsdirektoren, u. a. plädierte John Wetenhal, Direktor des Textile Museum in Washing ton, im Sinne eines verantwortlichen Umgangs mit perso nellen und finanziellen Ressourcen für die Führung eines Museums nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen. Beim Thema „Entwicklung von langfristig brauchbaren Organisationsstrukturen“ erläuterte Tony Butler, Direk tor des Derby City Council Museum, den behutsamen und strukturierten Umgestaltungsprozess bei der Umstruk turierung der Museumslandschaft in Derby, Großbritan nien. Spannende Perspektiven bot die Thematik „Zielgruppen und Communitys, wer sind unsere Zielgruppen, was sind ihre Bedürfnisse, wie dienen wir Ihnen, und wem dienen wir nicht?“ Hier stellte Rich Harwood, Harvard University, die Krisenkommunikation nach einem Amoklauf an einer Schule zum Wiederaufbau von Vertrauen bei Lehrern, Schülern und in der betroffenen Kleinstadt in den Vereini gten Staaten vor. Der von Harwood moderierte Kommu nikationsprozess bot – auf anderer Ebene – inspirierende Anregungen für systematische Kommunikation zwischen Museen und dem Gemeinwesen in ihrer Umgebung. Zum Themenbereich „Kunst und internationale Bezie hungen“ wurden drei Projekte vorgestellt: ein Workshop für pakistanische Migranten der Philipps Collection, Washington, in Zusammenarbeit mit der George Washing ton University, Ausstellungen im Dienst einer strategischen „Museums-Diplomatie“ sowie ein dänisches Programm zur internationalen kulturellen Zusammenarbeit; die Re ferenten waren Klaus Ottmann, The Philipps Collection, Washington, Jette Renneberg Elkjær, Kulturattaché der Königlich Dänischen Botschaft in Washington u. a. Zu „Open Data von Museen“, stellte Eleanor E. Fink, Uni versity of Southern California, aktuelle Forschungs- und Arbeitsergebnisse der American Art Collaborative Partners für die Vernetzung von museumsrelevanten Daten einer Gruppe von dreizehn prominenten Museen und Archiven in den Vereinigten Staaten vor. Einige Vorträge hatten das Thema Rewriting the Narra tives of Cultural Heritage. Lonnie Bunch, Gründungsdi rektor des zukünftigen National Museum of African Ameri can History and Culture, plant, die Geschichte Amerikas als eine optimistische Erzählung zu amerikanischer und afrikanischer Geschichte zu präsentieren. Das Museum soll demzufolge Amerika besser machen und Menschen Vertrauen und Mut geben. Der zukünftige Museumsdi rektor präsentierte bereits die konkrete Raum- und The menplanung. Noch viel beeindruckender waren sein En thusiasmus und die Vision für das Museum, das nahe dem Washington-Denkmal in Washington entstehen wird. Eine andere Facette der Thematik bot der Vortrag zur Hanauer Museumskonzeption mit Aspekten der Hanauer Migrationsgeschichte. Unter anderem soll der Transfer von französischen Märchen durch Hanauer Hugenottenfami lien und ihre Verbreitung durch die Brüder Grimm mit der Schaffung einer Brüder-Grimm-Erlebniswelt in Schloss Philippsruhe vermittelt werden. Ziel ist u. a. eine verstärkte kulturelle Bildung für junge Menschen, insbesondere Mi granten- und Flüchtlingskinder. Die Tagung wurde von Museen in Washington und dem Lehrstuhl Museum Studies an der George Washington University durchgeführt. Gastgeber waren das George Washington University Museum / Textile Museum, das National Building Museum, das National Museum of Women in the Arts, das National Museum of the American Indian, das Hirshorn Museum und die Philips Collection. Resümee: Eine Tagung mit einer Vielfalt an interessanten und ungewöhnlichen Strategien zum Thema Nachhaltig keit in Museen. Dr. Katharina Bechler ist Direktorin der Städtischen Museen Hanau; [email protected]. Weitere Informationen: Fotodokumentation: www.facebook.com/Intercom-2015-1465235117100049 Foto: Michael Barnes / Smithsonian Insitution INTERCOM – International Committee for Museum Management Das National Museum of African American History and Culture in Washington, D.C. plant seine Eröffnung für den 24. September 2016. ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 45 INTERNATIONALE KOMITEES ICME – International Committee for Museums of Ethnography Museums and Communities: Diversity, Dialogue, Collaboration Jahrestagung vom 22. bis 26. Oktober 2015 in Hanoi, Vietnam Lydia Icke-Schwalbe Erstmalig fand eine ICME-Jahreskonferenz in Südostasien statt. Die Mitgliedschaft jener Länder in UNESCO-Ar beitsgruppen ist vergleichsweise jung. Sie mussten zunächst die Folgen und Auswirkungen langer kolonialer Überfrem dung, von Kriegen und politischer Teilung überwinden. Hanoi beherbergt heute rund neun Millionen Einwohner in einem von Delta-Armen des Roten Flusses umschlossenen Siedlungsgebiet. Die ICME-Gruppe war vom Direktor des neuen Vietnam Museum of Ethnology (VME), Vo Quang Trong, zusammen mit dem Direktor des Cultural Heritage Department, Nguyen The Hung (Präsident von ICOM Viet nam), eingeladen worden. Mit Hilfe der UNESCO und vielfältiger ausländischer Unterstützung konnten moderne Kultur- und Bildungsstätten in Nord-Vietnam errichtet wer den, darunter das VME und das Vietnam Women’s Muse um. Drei ausdrucksstarke Gebäudeteile bilden den Komplex des VME in einem ausgedehnten Hanoier Neubauviertel. Im sogenannten Bronze-Trommel-Bau sind die historischen ethnographischen Sammlungen ausgestellt sowie verschie dene Lernorte eingerichtet. Ein Open-Air-Architekturgarten zeigt die typischen, aufwendigen Holzhauskonstruktionen der ethnischen Gemeinschaften Vietnams beziehungsweise Südostasiens frei zugänglich aufgebaut. Die ICME-Konfe renz fand im jüngsten Gebäudeteil, dem sogenannten KiteBau, der ausschließlich den Völkern Südostasiens gewid met ist, statt. Klugerweise war diesmal die Exkursion den Konferenz runden im Raum vorangestellt. Sie führte durch die sumpfige Landschaft des Red-River-Deltas bis hin zu den markan ten Felsen-Inseln der Halong-Bucht. Die vietnamesischen Begleiter nutzten die Busfahrt, um uns in Geschichte, Land wirtschaft – ausgedehnter Nassreisanbau mit Wasserbüf feln in gemeinsam wirtschaftenden Großfamilien und Dorfgemeinschaften – Handwerk und Handel entlang der Straßen, soziales Brauchtum wie Bestattung oder Heirat einzuführen. In lebhaften Gesprächen und ausgewählten Besichtigungen wurde uns die regionale sozial-politische Gegenwart der sozialistischen Republik Vietnam seit Ho Chi Minh kompetent erläutert. Insgesamt waren etwa 45 Teilnehmer angereist. An zwei intensiven Arbeitstagen nahmen zwanzig Sprecher zu spe zifizierten Themen Stellung wie „Stimmen, Dialoge und Ausstellungen“, „Identität, Ethnizität und Objekte“ oder „Schwierige Geschichte, Nationen und Ideologien“. Ein leitend gaben der Direktor des Ethnologischen Museums Vietnam sowie die Leiterin des Frauen-Museums eine kon zeptionelle Übersicht über ihre Aufgaben, Wege und Ziele musealer Gestaltung in der Gegenwart. Vorausgegangen waren Dialoge-Rundgänge durch die jeweiligen Ausstel lungsräume und Häuser. Es wurde betont, dass beide Mu 46 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 seen mit den ethnischen Gemeinschaften des Landes im Fluss-Delta sowie in den nördlichen Bergregionen eng zu sammenarbeiten. In Vietnam leben 54 ethnische Gemein schaften, die fünf verschiedenen Sprachfamilien angehören. Aus allen Sprachfamilien wurden Gruppen ausgewählt, die ihre Kultur, Traditionen, Besonderheiten und Wirtschafts formen mit eigenen Produkten und Objekten im Museum darstellen sollten, mit konventioneller Ausstellungstechnik wie auch mit modernsten Medien, wo es angebracht er schien. Die materielle und immaterielle Kultur der Berg siedlungen in Richtung des chinesischen Grenzgebietes, die für Fremde schwer oder nicht zugänglich sind, werden so mit sehr anschaulich. Auch Phi-Chun Chang aus Taiwan betonte das ethnographische Museum als Sammelbecken des nationalen Erbes, das die Vergangenheit mit der Ge genwart verbindet und die Zukunft mit eigener Identität staatsbildend vorbereiten kann. Multikulturelle Perspektiven basierten auf neuer Ethnizität und interkultureller Praxis. In diesem Sinne präsentierte Kennedy Atsuke aus Ghana ein neues Museum, Cape Coast Castle, das sich der Ge schichte der Sklaverei in seinem Land widmet. In der letz ten Abteilung seines Museums wird das Leben der gegen wärtigen Gemeinschaften in Ghana in Handwerk, Handel und Ritualen mit Objekten vorgestellt, die von den Men schen selbst zusammengetragen und beigebracht werden. Dies sei eine ganz junge afrikanische museale Initiative als Bildungsprojekt für die jüngeren Generationen. Über die neue Arbeit ethnisch-nationaler Gruppen ge meinsam mit und in ethnographischen Museen berichtete auch Tone C. Karlgard aus Oslo. Die mehr als 3.000 Ob jekte des Museums für Kulturgeschichte der Universität Oslo werden gegenwärtig mit Hilfe der kongolesischen An siedler neu studiert und identifiziert. Die Museumssamm lung bilde eine wertvolle Basis für Erziehung und Bildung der in Norwegen lebenden kongolesischen Gemeinschaf ten, derzeit über 12.000 Menschen. In Zusammenarbeit mit der Demokratischen Republik Kongo werden Ausstel lungen von Kongolesen in Oslo kuratiert, um das kultu relle Profil der Menschen in der Fremde zu bewahren und ihre Identifizierung mit dem Heimatland zu erhalten. Im Tenor vieler Beiträge wurde die notwendige interkul turelle Arbeit mit den historischen Sammlungen ethnogra phischer Museen herausgestellt. Auf der Basis des bewahrten kulturellen Erbes der Völker der Welt kann die mensch heitsgeschichtliche Vielfalt ebenso wie der Wertebeitrag der Einzelnen vorgestellt werden. Im 21. Jahrhundert bedeutet diese Arbeit, bewusstseinsbildend zur gegenwärtigen Ent wicklung der Staaten und Nationen zu wirken. So könnten einerseits die globalen humanitären Verknüpfungen, aber auch die Unterschiede in Kultur und Lebensweise als indi viduelle Stärke erkannt werden. Die offenen, von wechselseitigem Respekt getragenen Aussprachen und Begegnungen kennzeichneten erneut den stimulierenden Charakter der ICME-Tagungen. Leider werden sie von Ländern Mitteleuropas mit den ältesten musealen Sammlungen immer weniger wahrgenommen. Dr. Lydia Icke-Schwalbe war viele Jahre im Staatlichen Museum für Völkerkunde in Dresden tätig; [email protected]. Foto: fotolia, kasto Foto: fotolia, Wolfgang Jargstorff Foto: Milanocongressi 24. Generalkonferenz von ICOM – International Council of Museums – vom 3. bis 9. Juli 2016 in Mailand, Italien In diesem Jahr das weltweit größte Treffen der Museumsexperten, auf dem Sie Kontakte knüpfen, Brücken bauen und Neues entdecken können unter dem Motto: Museums and Cultural Landscapes Building up a Cultural Heritage Anmeldung: www.milano2016.icom.museum UMSCHAU Wenn Museumsobjekte gefährlich werden Maßnahmen der präventiven Konservierung sollen Objekte schützen und dürfen Mitarbeitern nicht schaden. Daher wird Arbeitsschutz in Museen immer wichtiger. Elise Spiegel, Boaz Paz, Wigbert Maraun In den vergangenen Jahrzehnten wur den zum Erhalt und Schutz von Samm lungsobjekten auch gesundheits- und materialgefährdende Substanzen ein gesetzt. Die verwendeten Wirkstoffe – vor allem die Biozid-Wirkstoffe zur Vermeidung von Schädlingsfraß so wie Pilz- und Schimmelbefall – führen bis heute zu einer hohen Schadstoff belastung auf den Oberflächen der Sammlungsobjekte. In Abhängigkeit von der Flüchtigkeit der Substanzen befinden sich diese auch im Staub und in der Raumluft. Museumsmitarbeiter werden daher immer wieder mit der Frage der Be lastung von Objekten und Innenräu men konfrontiert. Die präventiven Maßnahmen zum Erhalt des Kultur gutes mittels insektizider und fungizi der Chemieprodukte stellen ein ernst zunehmendes Gefährdungspotential für die Museumsbeschäftigten dar, insbesondere wenn ein direkter Kon takt mit dem belasteten Kulturgut er folgt. Damit werden einzigartige Kunstwerke zu einer Gefahrenquelle für Mensch und Umwelt. Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist hier ein dringender Handlungsbedarf ge geben. Grundsätzlich hat der Arbeit geber zu ermitteln, in welcher Form seine Mitarbeiter durch ihre Tätigkei ten gefährdet und welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind. Im Rahmen einer ganzheitlichen Schadstoffberatung wird die Schad stoffexposition am Arbeitsplatz unter Berücksichtigung der Schadstoffkon zentration und der jeweiligen Tätig keiten beurteilt. Dank eines voranschreitenden Be wusstseins für den Arbeitsschutz im musealen Bereich beschäftigen sich auch Verantwortliche und Entschei dungsträger immer häufiger mit folgen den Fragen: Wie sind kontaminierte Museumsobjekte und Arbeitsbereiche in Museen, Depots, Archiven und Bib liotheken zu bewerten? Welche gesetz lichen Regelungen gelten? Welche Kon sequenzen hat dieses für den Umgang mit den kontaminierten Objekten? Rechtskreise Relevant für Museen sind das Arbeits stättenrecht und das Gefahrstoffrecht. Das Arbeitsstättenrecht spricht dem Mitarbeiter eine gesundheitlich zuträg liche Atemluft am Arbeitsplatz zu und geht hierbei von einem unbeabsichtig ten Umgang mit Gefahrstoffen aus, wobei für die qualit ative Bewertung „Innenraumwerte“ (Innenraumricht werte, Orientierungswerte) herangezo gen werden.1 Für den beabsichtigten Umgang mit Gefahrstoffen gelten hingegen die Arbeitsplatzg renzwerte, wobei rechtsform al alle Tät igkeiten mit Gefahrstoffen durch die Gefahr stoffverordnung geregelt werden. 48 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 In Museen, Depots, Archiven und Bibliotheken wird in der Regel nicht mit Gefahrstoffen gearbeitet, sondern mit Objekten, die mit Gefahrstoffen, z. B. Arsen oder Quecksilber, behandelt wurden und als kontaminiert bezeich net werden. Die Exposition der betrof fenen Personen erfolgt nicht nur über die Raumluft, sondern auch durch Kon takt mit den kontaminierten Objekt oberflächen sowie sekundär belaste ten Materialien und angereicherten Stäuben. Ob der Umgang mit kontaminierten Objekten gemäß der Gefahrstoffver ordnung einer Tätigkeit mit Gefahr stoffen gleichzusetzen ist oder ob der Arbeitsplatz im Museum im Sinne eines klassischen Innenraumarbeits platzes gemäß der Arbeitsstättenver ordnung bewertet werden muss, war bislang nicht eindeutig geklärt. Die Schwierigkeit bei der Beurteilung der vorliegenden Arbeitsbedingungen lag in der Abgrenzung zwischen Gefahr stoffrecht und Arbeitsstättenrecht. Neu ist, dass Tätigkeiten mit konta minierten Objekten gefahrstoffrecht lich relevant sind, sie werden bei der Beurteilung der Arbeitsplatzbedingun gen denjenigen Tätigkeiten gleichge stellt, bei denen ein Umgang mit Ge fahrstoffen erfolgt. Laut der Gefahrstoffverordnung ist eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen jede Arbeit mit Stoffen, Gemischen (Zu Umschau Foto: Elise Spiegel bereitungen) oder Erzeugnissen, ein schließlich Herstellung, Mischung, Ge- und Verbrauch, Lagerung, Auf bewahrung, Be- und Verarbeitung, Ab- und Umfüllung, Entfernung, Ent sorgung und Vernichtung. Zu den Tätigkeiten zählen auch das innerbe triebliche Befördern sowie Bedien- und Überwachungsarbeiten. Mit Gefahr stoffen behandelte Museumsobjekte werden nun, laut schriftlicher Mittei lung 2 von Robert Kellner (Deutsche Ge setzliche Unfallversicherung, DGUV), gefahrstoffrechtlich als Erzeugnisse angesehen. Konsequenzen Eine verbindliche Zuordnung der gel tenden Rechtskreise (Arbeitsstätten recht/Gefahrstoffrecht) erfolgt durch eine individuelle Beurteilung, bei der die Tätigkeiten genau definiert wer den. Die Fotodokumentation von Ob jekten dient als Beispiel: Das reine Fotografieren von Objekten in den Schauräumen ist laut DGUV keine Tä tigkeit im Sinne der Gefahrstoffverord nung. Werden die Objekte im Rahmen der Fotodokumentation aber bewegt, angefasst oder aufbereitet, so liegt eine Tätigkeit mit Gefahrstoffen vor. Dieses hat weitreichende Folgen, denn es gelten die Anforderungen der Gefahrstoffverordnung, die dem Arbeit geber die Durchführung einer Gefähr Kontaminierte Objekte einer Privatsammlung dungsbeurteilung sowie die Festlegung von Schutzmaßnahmen auferlegen. Darüber hinaus ist der Arbeitgeber bei Tätigkeiten mit ausgewählten Ge fahrstoffen angehalten, eine Pflicht vorsorge für seine Mitarbeiter zu ver anlassen. 3 Um einen optimierten Personen- und Objektschutz gewährleisten zu kön nen, bedarf es eines ganzheitlichen Beratungsansatzes. So lassen sich Ar beits- und Objektschutz zu einer Winwin-Situation im musealen Bereich vereinen. Wozu Gefährdungsbeurteilungen? Dr. Elise Spiegel ist Geschäftsführerin von Care for Art; [email protected]. Dr. Boaz Paz ist Geschäftsführer der Paz Labo ratorien für Archäometrie; [email protected]. Dr. Wigbert Maraun ist Geschäftsführer des ARGUK Umweltlabor; [email protected]. Sie kooperieren im Verbund Museumsschad stoffe und erstellen für Museumseinrich tungen u. a. Konzepte zur Gefahrenbeurtei lung und Schutzmaßnahmenermittlung. Gefährdungsbeurteilungen dienen der Einhaltung des Arbeitsschutzes der Beschäftigten und sind gemäß Arbeits schutzgesetz vorgeschrieben. Nur über eine Analyse der Arbeits platzsituation unter Berücksichtigung des Tätigkeitsprofils der Mitarbeiter (Restauratoren, wissenschaftliches Per sonal, Wachpersonal, Reinigungskräf te, Betriebsdienst) und der Aufenthalts dauer der exponierten Personen in den betroffenen Räumlichkeiten kann eine Gefährdungsbeurteilung mit de finierten Gefährdungsmerkmalen er folgen. Diese bildet die Grundlage für die Ableitung von Schutzmaßnahmen. Museen, Depots, Archive und Bib lio t heken stellen bei der Gefähr dungsbeurteilung und der Schutzmaß nahmenermittlung eine besondere Herausforderung dar, denn die Schutz maßnahmen sollen nicht nur der Ge sundheit der Mitarbeiter dienen, son dern auch der Erhaltung der Objekte, im Sinne präventiver Konservierungs strategien. 1 Für Büroräume existieren jedoch keine eigenstän digen Innenraum-Richtwerte. Die Arbeitsplatz grenzwerte (AGW) für den gewerblich-industriel len Bereich können für Büroräume nicht zugrunde gelegt werden, da es sich hierbei um die Überwa chung bekanntermaßen freigesetzter Substanzen handelt. 2 Dr. Robert Kellner, schriftliche Mitteilung vom 16.12. 2015. Er ist Vertreter im Koordinierungs kreis Gefährliche Arbeitsstoffe (KOGAS) der DGUV. 3 Eine Pflichtvorsorge ist bei Tätigkeiten mit be stimmten Gefahrstoffen, die im Anhang Teil 1 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge aufgelistet sind, wie z. B. Arsen, Quecksilber oder CMR-Stoffen der Kategorie 2, zu veranlassen, (a) wenn eine wiederholte Exposition nicht ausge schlossen werden kann und/oder (b) der Stoff haut resorptiv ist und eine Gesundheitsgefährdung durch Hautkontakt nicht ausgeschlossen werden kann. Beides ist in der Regel bei Tätigkeiten im musealen Bereich der Fall. ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 | 49 Umschau Rote Notfall-Liste der gefährdeten Kulturgüter Libyens Deutsche Fassung, ICOM, 2016, 8 Seiten Seit Beginn dieses Jahres liegt die Rote Notfall-Liste der gefährde ten Kulturgüter Libyens, die deut sche Fassung der Originalausgabe Emergency Red List of Libyan Cul tural Objects at Risk, vor. ICOM möchte damit die Museen, Kunst sammler, Auktionshäuser sowie Zollund Polizeibehörden der deutschsprachigen Länder unterstützen, eventuell ge raubte oder illegal gehandelte Kulturgüter Libyens zu iden tifizieren und zu schützen. Die Broschüre enthält Objektkategorien, deren Handel und Ausfuhr durch nationale und internationale Gesetz gebung eingeschränkt bzw. gänzlich verboten sind. Dazu gehören etwa Skulpturen, Reliefs, Architekturelemente, Gefäße, Accessoires und Münzen aus der Zeit vom 5. Jahr tausend v. Chr. bis zum 16. Jahrhundert. Museen, Sammler, Händler und Auktionshäuser sind angehalten, derartige Objekte nicht zu erwerben, ohne zuvor deren Herkunft und Unterlagen sorgfältig geprüft zu haben. Übersicht aller 15 roten Listen von ICOM: http://icom.museum/resources/red-lists-database Countering Illicit Traffic in Cultural Goods. The Global Challenge of Protecting the World’s Heritage Herausgegeben von France Desmarais. Paris: ICOM 2015, 196 Seiten. Täglich verschwinden Kulturgü ter, entweder weil sie aus Museen, oder aber aus archäologischen Gra bungsstätten gestohlen werden, und gelangen dann in den illegalen An tikenhandel. Die ICOM-Informa tionsstelle Observatory on Illicit Traffic in Cultural Goods ist gegründet worden mit dem Ziel, die Täter zu identifizie ren, die Pfade der Objekte nachzuzeichnen und den illega len Handel möglichst zu unterbinden. Die vorliegende Publikation fasst die Erkenntnisse der ersten drei Jahre Arbeit zusammen. Sie enthält Essays 14 internationaler Experten aus verschiedenen Disziplinen (Archäologen, Kuratoren, Rechtsanwälte, Journalisten), die mit ihrer breiten Palette an Erfahrungen unterschied liche Aspekte des illegalen Handels mit Kulturgütern be leuchten. Anhand von Fallstudien zeichnen sie die Wege des illegalen Handels nach, diskutieren die Relevanz und Wirkung möglicher Gegenmaßnahmen und bieten Anre gungen für das zukünftige Handeln des Observatory on Illicit Traffic in Cultural Goods. Open-Source-Publikation: https://issuu.com/internationalcouncilof museums/docs/book_observatory_illicit_traffic_ve Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion? Herausgegeben von ICOM Schweiz – Internationaler Museumsrat. Zürich: ICOM Schweiz 2016, 96 Seiten Globalisierung, Migrationen und demographischer Wandel stellen grundsätzliche Fragen nach der Zugänglichkeit von Museen. Zu gänglichkeit aber hat viele Facetten, die sich etwa in der Aufarbeitung schwieriger Themen durch Betroffene und für Betroffene manifestieren. Die Annäherung an das The ma Audience Development zeigt die Entwicklung des Mu seums zum sozialen Versammlungsort der „Kultur mit allen“. Überwindung von Barrieren, Multiperspektivität und heterogenes Publikum spielen demnach eine immer wesentlichere Rolle. Können Museen all ihren Ansprüchen gerecht werden? Der vorliegende Band versammelt die Referate des In ternationalen Bodensee-Symposiums 2015 in St. Gallen und gewährt einen Einblick in die Möglichkeiten und Grenzen einer Orientierung der Museen hin zur Inklusion – zur Öffnung, wenn nicht für alle, so doch für möglichst ver schiedene Menschen. Wie das Symposium, so bietet auch die Edition der Akten eine Fülle an Anregungen und Denk anstößen. www.museums.ch/publikationen/empfohlene-publikationen Bestellung: ab 1. Juni bei ICOM Deutschland möglich, siehe S. 51 Museumszukünfte. Wir haben die Wahl Herausgegeben vom Verband der Museen der Schweiz. Zürich 2016, 13 Seiten. Wie könnte eine Zukunftskultur für Museen aussehen und wie können sich Museen zu diesen Zukunfts fragen verhalten? Museen sind seit jeher in das Spannungsfeld zwi schen Herkunft und Zukunft eingebunden. Als Orte der Sammlung, Dokumentation und Konservierung von Ob jekten und Beständen haben sie einen bewahrenden und bestandssichernden Charakter. Als Orte der Präsentation, Forschung, Valorisierung und Vermittlung haben sie einen zukunftsorientierten, bildenden Charakter. Anhand der drei großen Spannungsfelder Inhalte und Publikum, Rahmenbedingungen und Finanzierungsmodel le sowie Arbeitsmodelle und Organisationsstrukturen wer den mögliche Konsequenzen der globalen Megatrends auf den Museumssektor herausgearbeitet. Dabei ist entschei dend, dass die Konsequenzen nicht eindeutig sind, son dern vielmehr Fragen aufwerfen, die von den Museen eine Haltung einfordern und zu einer Positionierung aufrufen. www.museums.ch/publikationen/empfohlene-publikationen 50 | ICOM Deutschland – Mit te ilung e n 2016 UMSCHAU Veranstaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Sonntag, 22. Mai 2016 Internationaler Museumstag Museen in der Kulturlandschaft – Museums and Cultural Landscapes www.museumstag.de network.icom.museum/international-museum-day 3. bis 9. Juli 2016, Mailand, Italien 24. Generalkonferenz von ICOM Museums and Cultural Landscapes Building up a Cultural Heritage www.milano2016.icom.museum 2017 Sonntag, 21. Mai 2017 Internationaler Museumstag Museums and Contested Histories Die deutsche Übersetzung des Mottos wird demnächst bekannt gegeben. www.museumstag.de network.icom.museum/internationalmuseum-day 22. bis 24. September 2016, Dubrovnik, Kroatien The Best in Heritage 2016 www.thebestinheritage.com 6. bis 8. Oktober 2016, Berlin Jahrestagung ICOM Deutschland Von der Weltausstellung zum Science Lab. Handel – Industrie – Museum www.icom-deutschland.de 10. bis 12. November 2016, Leipzig MUTEC Internationale Fachmesse für Museums- und Ausstellungstechnik www.mutec.de Aktuelle Termine der Tagungen der Internationalen Komitees: http://icom.museum/calendar.html bitte abtrennen Bestellung | Hiermit bestelle ich folgende Publikationen von ICOM Deutschland aus der Liste der lieferbaren Schriften: Stk. Das Museum für alle – Imperativ oder Illusion? Tagungsband des Internationalen Bodensee-Symposiums 2015. Hrsg. von ICOM Schweiz – Internationaler Museumsrat. 2016. 96 Seiten. ISBN 978-3-906007-25-0, 12,00 €* Stk. Waentig, Friederike u. a.: Präventive Konservierung. Ein Leitfaden. Berlin: ICOM Deutschland. 2014. 96 Seiten (Beiträge zur Museologie, Bd. 5). ISBN 978-3-00-046939-8. (Gratis) Stk. Zur Ethik des Bewahrens. Tagungsband der Jahrestagung von ICOM Deutschland 2013. Hrsg. von ICOM Deutschland. 2014. 148 Seiten (Beiträge zur Museologie, Bd. 4). ISBN 978-3-00-045736-4, 15,00 €* Stk. 60 Jahre ICOM Deutschland. Ein Rückblick auf die deutsch-deutsche Geschichte von ICOM Deutschland 1953 bis 2013. Hrsg. von ICOM Deutschland. 2013. 56 Seiten. (Gratis) Stk. Die Ethik des Sammelns. Tagungsband der Jahrestagung von ICOM Deutschland 2010. Hrsg. von ICOM Deutschland. 2011. 176 Seiten (Beiträge zur Museologie, Bd. 3). ISBN 978-3-00-034461-9, 15,00 €* Stk. Museen und Denkmäler – Historisches Erbe und Kulturtourismus. Tagungsband des Internationalen Bodensee-Symposiums 2009. Hrsg. von ICOM Deutschland. 2010. 176 Seiten (Beiträge zur Museologie, Bd. 2). ISBN 978-3-00-028961-3, 15,00 €** Stk. Definition des CIDOC Conceptual Reference Model. Hrsg. und übersetzt aus dem Engl. von K.-H. Lampe, S. Krause, M. Doerr. 2010. 208 Seiten (Beiträge zur Museologie, Bd. 1). ISBN 978-3-00-030907-6, 10,00 € Stk. Ethische Richtlinien für Museen von ICOM. Hrsg. von ICOM Schweiz, ICOM Deutschland und ICOM Österreich. Dt. Fassung. 2., überarb. Aufl. 2010. 32 Seiten. ISBN 978-3-9523484-5-1, 4,00 € Stk. Wissenschaftskommunikation – Perspektiven der Ausbildung – Lernen im Museum. Hrsg. von ICOM Deutschland, ICOM Frankreich und Deutsches Technikmuseum. 2009. 166 Seiten. ISBN 978-3-631-58095-0, 15,00 €* Stk. Das Museum als Global Village. Versuch einer Standortbestimmung am Beginn des 21. Jahrhunderts. Internationales Symposium am Bodensee 2000. Hrsg. von Hans-Martin Hinz. 2001. 162 Seiten. ISBN 3-631-37692-8, 15,00 € Stk. Museen unter Rentabilitätsdruck. Engpässe – Sackgassen – Auswege. Bericht zum internationalen Symposium am Bodensee 1997. Hrsg. von Hans-Albert Treff. 1998. 279 Seiten. ISBN 3-00-002395-X, 20,00 € Stk. Reif für das Museum? Ausbildung – Fortbildung – Einbildung. Bericht zum internationalen Symposium am Bodensee 1994. Hrsg. von Hans-Albert Treff. 1995. 258 Seiten. ISBN 3-87023-050-9, 10,00 € Alle Preise verstehen sich zuzüglich Versandkosten. Eine Mehrwertsteuer wird nicht erhoben. * 10,00 € für Mitglieder von ICOM und für Tagungsteilnehmer ; **10,00 € für Mitglieder von ICOM und ICOMOS sowie für Tagungsteilnehmer Vorstand Präsident: Dr. Michael Henker, [email protected] Vorstandsmitglieder: Dr. Matthias Henkel, [email protected] Katrin Hieke, [email protected] Dr. Gabriele Pieke, [email protected] Professor Dr. Beate Reifenscheid-Ronnisch, [email protected] Professor Dr. Elisabeth Tietmeyer, [email protected] Professor Dr. Friederike Waentig, [email protected] Geschäftsstelle ICOM Deutschland e. V.: Johanna Westphal M.A. Beate von Törne M.A. Juliana Ullmann M.A. In der Halde 1 14195 Berlin Tel.: +49 30 69504525 Fax: +49 30 69504526 [email protected] www.icom-deutschland.de www.facebook.com/icomdeutschland https://twitter.com/icomdeutschland bitte abtrennen Bitte im ausreichend frankierten Umschlag einsenden. 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