Kino

Transcription

Kino
Kino
10
NUMMER 20
Blutiges
Los Angeles
Kino kompakt
MOVIE 43
Hollywoods Superstars
machen Komödie
„Gangster Squad“
inszeniert die Gewalt
Die Komödie „Movie 43“ versammelt ein selbst für HollywoodVerhältnisse ungewöhnlich illustres
und populäres Cast: Richard Gere
(„Chicago“), Halle Berry („Catwoman“), Kate Winslet („Titanic“),
Hugh Jackman („X-Men“), Uma
Thurman („Pulp Fiction“), Emma
Stone („The Amazing SpiderMan“), Gerard Butler („300“) und
manch klingenden und zugkräftigen
Name mehr. Dazu kommen einige
erfahrene Regisseure, von Brett
Ratner („Rush Hour“) bis Peter
Farrelly („Dumm und Dümmer“),
die all die Hollywood-Mimen in
mehreren miteinander verwobenen
Episoden aufeinanderprallen lassen. Halle Berry etwa versucht, sich
in einer brutalen Variante des
Spiels „Wahrheit oder Pflicht“ zu
bewähren. (dpa)
****
VON FRED DURAN
O Start in Aichach, Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, Kempten, Königsbrunn, Neu-Ulm, Ulm
FRANKENWEENIE
Zweites Leben für
Lieblingshund Sparky
Victor hat es wirklich geschafft! Er
hat seinen geliebten Hund Sparky,
der bei einem Unfall getötet wurde,
mithilfe eines abgeleiteten Blitzschlags wieder zum Leben erweckt.
Victors Freude ist riesig, doch der
Neid seiner Mitschüler auch. Denn
sie befürchten, dass er mit seinem
Frankenweenie – „Frankenhund“ –
den Wissenschaftswettbewerb ihrer Klasse haushoch gewinnen wird.
Deshalb stehlen sie die Anleitung
seines Experiments und buddeln
ebenfalls ihre toten Kuscheltiere
aus, um sie zurück ins Diesseits zu
holen. Doch anders als Sparky verwandeln sich diese in Monster. Der
detailverliebte Schwarz-WeißGruselfilm von Tim Burton verbindet die Stop-Motion-Technik mit
3-D-Animation. (dpa)
***
O Start in Aichach, Ingolstadt, Kaufbeuren, Königsbrunn, Neu-Ulm, Nördlingen, Ulm
Victor und sein Hund Sparky sind unzertrennlich.
Foto: Disney
DONNERSTAG, 24. JANUAR 2013
Ein besonnener, aber schillernder US-Präsident: Daniel Day-Lewis als Abraham Lincoln und Sally Field als seine Ehefrau Mary Todd.
Foto: 20th Century Fox
Der machtbewusste Idealist
Lincoln Steven Spielberg zeichnet ein differenziertes Porträt des 16. US-Präsidenten und
inszeniert dessen Kampf für das Verbot der Sklaverei als spannenden historischen Politkrimi
VON MARTIN SCHWICKERT
Der 16. Präsident der Vereinigten
Staaten, Abraham Lincoln, gehört
zu den beliebtesten Helden des amerikanischen Kinos. Nun hat sich Steven Spielberg der historischen Ikone
angenommen und konzentriert sich
in seinem Film auf die letzten vier
Monate im Leben des Präsidenten,
in denen dieser alles daran setzt, die
Abschaffung der Sklaverei in der
US-Verfassung zu verankern.
Im November 1864 ist der Sieg
der Unionisten im Bürgerkrieg unabwendbar. Bevor ein Friedensabkommen geschlossen wird, will
Lincoln (Daniel Day-Lewis) den
13. Zusatzartikel im Repräsentantenhaus durchsetzen, weil er befürchtet, dass im wieder vereinten
Nachkriegsamerika die Mehrheitsverhältnisse dazu nicht ausreichen
werden. Für die umstrittene Verfassungsänderung braucht er nicht nur
die Unterstützung seiner republikanischen Partei, sondern auch einige
Stimmen aus dem Oppositionslager.
Zur Disposition steht mit dem
Verbot der Sklaverei ein idealistisches Vorhaben von historischer
Tragweite, aber auch durch den
Wettlauf mit dem herannahenden
Frieden eine Grundsatzfrage der
politischen Moral: Darf um des
hehren Anliegens willen das Ende
des Krieges hinausgezögert und
weiteres Blut vergossen werden?
Außerdem liegen auf dem Weg zum
Ziel die parlamentarischen Mühen
Der Hauptdarsteller
Von seinen ersten Rollen an konnte
der britisch-irische Schauspieler
Daniel Day-Lewis (* 29. April 1957
in London) Publikum und Kritiker
gleichermaßen begeistern. Mühelos
wechselte er vom ArbeiterklassePunk in „Mein wunderbarer Waschsalon“ (1985) zum viktorianischen
Gecken in „Zimmer mit Aussicht“
(1986). Hochgelobt wurde er für
seine Rollen in „Die unerträgliche
Leichtigkeit des Seins“ (1988),
„Im Namen des Vaters“ (1993), „Hexenjagd“ (1996) und als „Der Boxer“ (1997). Seinen ersten Oscar bekam er für die Rolle des Künstlers
und zerebral gelähmten Christy
Brown in „Mein linker Fuß“
(1989), seinen zweiten für die Rolle
als Ölmagnat Daniel Plainview in
„There Will Be Blood“ (2007). (loi)
und ein zermürbender Kleinkrieg in
den Niederungen demokratischer
Machtpolitik. Wer Mehrheiten will,
kann nicht nur mit Argumenten
kämpfen, sondern muss die Parteidiplomatie beherrschen und Kompromisse aushandeln.
Darüber hinaus beauftragt Lincoln eine außerparlamentarische
Spezialeinheit, die potenziell abtrünnige Demokraten besticht und
unter Druck setzt. Vom edlen Idealismus über pragmatische Zwänge
bis zu den schmutzigen Tricks des
politischen Geschäfts spannt Spielberg das Spektrum des demokratischen Entscheidungsprozesses, den
er zu einem äußerst spannenden historischen Politkrimi ausbaut.
Darin eingebettet wird ein differenziertes Porträt Lincolns, der aus
seiner Ikonografie herausgelöst und
als besonnene, schillernde und sehr
menschliche Figur gezeichnet wird.
Und da leistet der wunderbare Daniel Day-Lewis hervorragende Arbeit. In der Körpersprache zurückgenommen und jegliche Tour-deForce-Allüren vermeidend konzentriert er seine Ausdruckskraft auf das
gesprochene Wort. Mit fein modulierter Intonation konturiert er die
charakterlichen Facetten Lincolns,
der auf sanfte Art sehr bestimmt
auftritt, einen endlosen Schatz an
Anekdoten zum Besten gibt und nur
einen einzigen kurzen Moment im
Film mit der Hand auf den Tisch
schlägt und seine Stimme erhebt.
Echos der Gegenwart
von Präsident Obama
In den USA ist „Lincoln“ fünf Tage
nach der Präsidentschaftswahl in die
Kinos gekommen, und natürlich liegen die Echos der politischen Gegenwart in dem Historienfilm auf
der Hand. Wie Lincoln kämpfte
auch Barack Obama in seiner ersten
Amtszeit gegen die Blockadepolitik
des Repräsentantenhauses, das sich
gegen seine Sozial- und Gesundheitsreformen stemmte. Im Gegensatz zu Lincoln unterlag Obama im
parlamentarischen Zermürbungskrieg. Dem setzt Spielbergs „Lincoln“ auf historischem Terrain einen äußerst spannenden Demokratie-Thriller entgegen, der die Niederungen des Parlamentarismus,
aber auch die politischen Gestaltungsmöglichkeiten des Systems
gründlich auslotet.
****
O Start in Augsburg, Ingolstadt, Ulm,
Neu-Ulm
„Ich bin der Fortschritt“, sagt Mickey Cohen (Sean Penn), und wer in
sein finsteres Gesicht schaut, der
weiß, dass es um die Zukunft von
Los Angeles schlecht bestellt ist.
Man schreibt das Jahr 1949. Der
Krieg ist vorbei. Die Stadt boomt.
Hollywood feiert sein „Goldenes
Zeitalter“ und der Boxer Mickey
Cohen ist aus New York an die
Westküste gekommen, um die kriminelle Kontrolle über die Stadt zu
erlangen. Das System aus Korruption und Gewalt hat die Strukturen
von Politik und Polizei längst unterminiert. Aber Sergeant John O’Mara (Josh Brolin) formiert ein Sondereinsatzkommando, das Cohens Geschäfte mit wenig gesetzeskonformen Methoden sabotieren soll.
Zweifellos wäre dies der Stoff für
ein stilvolles Film-noir-Reload.
Curtis Hansons „L. A. Confidental“
(1997) hat das cineastische Potenzial
der Ära voll ausgeschöpft und ein
vielschichtiges Gesellschaftsporträt
in den Krimiplot eingeflochten. Von
all dem ist „Gangster Squad“ weit
entfernt. Es werden lang anhaltende
Schussgefechte vom Zaun gebrochen, und danach wird mit Fäusten
aufeinander eingedroschen, bis das
Blut spritzt und die Schädeldecke
kracht. Die hyperrealistische Inszenierung körperlicher Gewalt erweist sich als ebenso kontraproduktiv wie die Geradlinigkeit, mit der
„Gangster Squad“ seine Helden als
tapfere Ritter für Gesetz und Ordnung feiert. Dabei hat Fleischer mit
Josh Brolin, Ryan Gosling, Giovanni
Ribisi und Michael Peña Schauspieler unter Vertrag genommen, die
durchaus in der Lage wären, die
Brüche im Machismo ihrer Charaktere herauszuarbeiten.
**
O Start in Aichach, Augsburg, Ingolstadt, Kaufbeuren, Kempten, Königsbrunn, Ulm, Neu-Ulm
Selten so friedlich: Sean Penn als brutaler Gangster Mickey Cohen mit Emma
Stones als Grace Faraday. Foto: Warner
Weiter sehenswert
● Django Unchained **** Quentin
Tarantinos Westernverschnitt
● Die Nacht der Giraffe **** Ein
Kinogedicht des Indonesiers Edwin
● Der Geschmack von Rost und
Knochen **** Antihelden als Paar
● Paradies: Liebe **** Schonungsloser Blick auf Sexurlaub in Afrika
Unsere Wertungen
* sehr schwach
** mäßig
*** ordentlich
**** sehenswert
***** ausgezeichnet
I Bei uns im Internet
● Alle Programme Filme sämtlicher Kinos in der Region
● Trailer Eindrücke der aktuellen
Filme vermitteln unsere Trailer.
● Tickets gewinnen Wir verlosen
täglich Eintrittskarten fürs Kino.
● Quiz Kennen Sie sich aus mit Klassikern? Testen Sie Ihr Wissen.
● Hollywood An welchen Projekten
arbeiten Regisseure und Stars?
I Direkt ins Kino-Special unter
augsburger-allgemeine.de/kino
Los von den Drogen
Auftritt zu Ehren von Verdi
Flight Ein Höhenflug von Robert Zemeckis
Quartett Dustin Hoffman gibt sein Regiedebüt mit Senioren-Komödie
VON GÜNTER H. JEKUBZIK
Beim Frühflug aus Orlanda hat der
Pilot Whip Whitaker (Denzel Washington) wieder vollgeladen: Alkohol, Koks und 102 Menschen in seinem Flieger. Doch sein permanenter chemisch verstärkter Höhenflug
verliert plötzlich den Boden unter
den Füßen, als ein technischer Defekt die Maschine rasant abstürzen
lässt. Noch spektakulärer fällt allerdings Whitakers Rettung aus: Kopfüber fängt er sich wieder, landet auf
einem Feld und fällt ins Koma.
Nun ist Whip Whitaker ein Held,
was ihm ausgerechnet sein übercooler Dealer (John Goodman) verklickert. Doch man findet Drogen im
Blut, den Piloten erwartet Gefängnis statt Ruhm. Noch vor der Anklage schmeißt er seine Drogen weg,
den Alkohol, das Gras. Die Kollegen
von der Fliegergewerkschaft und ihr
gerissener Anwalt Hugh Lang (Don
Cheadle) schaffen es, den Vorwurf
auszuräumen. Jetzt muss Whitaker
trotz familiärer Katastrophen bis
zur Anhörung nüchtern bleiben . . .
Aus einem psychologisch wie dramaturgisch
genialen
Dilemma
macht Robert Zemeckis einen in-
tensiven und komplexen Film. Dieser Höhenflug von einem oscarreifen Regisseur und mit einem sensationellen Denzel Washington bleibt
seinem Dilemma treu wie der Trinker der Flasche. Ein extrem spannendes Kino-Muss.
****
VON HARALD WITZ
sen (Krisen-)Sitzungen. Doch in
diesem Jahr steht er unter besonderem Druck, denn Becham House ist
so gut wie pleite und die Einnahmen
würden das nächste Jahr sichern.
Da kommt Neuankömmling Jean
Horton (Maggie Smith) gerade
recht. Sie war einst ein gefeierter
Opernstar. Der Startschuss ihrer
großen Karriere war das legendäre
„Quartett“ aus Verdis „Rigoletto“,
Ingolstadt, Kaufbeuren, Königsbrunn,
Neu-Ulm, Nördlingen, Ulm
Es ist eine Ansammlung von Diven,
Maestros und sonstigen Gesangstalenten, die ihren Alterssitz im ehrwürdigen Beecham House bezogen
haben. Wie jedes Jahr feiern die
pensionierten Opernstars Verdis
Geburtstag am 10. Oktober mit einer Gala. Regisseur Cedric (Michael
Gambon) organisiert alles in diver-
Los von den Drogen: Pilot Whip Whitaker (Denzel Washington). Foto: Paramount
Pensionierte Opernstars haben im ehrwürdigen Beecham House ihren Alterssitz genommen. Heiter proben sie für Verdis Geburtstagsfeier.
Foto: DCM
O Start in Aichach, Augsburg, Füssen,
das sie damals zusammen mit Reggie
(Tom Courtenay), Wilf (Billy Connolly) und Cissy (Pauline Collins)
eingespielt hatte. Die drei Freunde
leben schon lange in dem Altersheim
und wären bereit, das prestigeträchtige Quartett zum Wohle des Hauses
noch einmal aufzuführen. Doch
Jean hat seit Jahren nicht mehr gesungen. Außerdem ist da noch die
Sache mit Reggie. Jean hatte sich
einst gegen ihn und für die Karriere
entschieden. Das nimmt er ihr heute
noch übel; er hat sich geschworen,
niemals mehr mit ihr zu reden.
Dustin Hoffman gibt mit 75 sein
Regiedebüt mit einer federleichten
Komödie (Buch: Sir Ronald Harwood). Leichte Dialoge, frivole Anspielungen – Wilf ist ein alter Casanova – und harmlose Verwicklungen ergeben kaum eine kompakte
Erzählung, aber dafür bietet Hoffman eine große Liebe zu Details und
schlagfertige Leinwandikonen, die
noch einmal groß auftrumpfen. Bester britischer Humor, sanfte Emotionen und herzliche Freundschaften sind die Zutaten, die „Quartett“
letztlich sehenswert machen. ****
O Start in Augsburg, Ingolstadt, Ulm.