Raiffeisenbank LECK 1907–1986

Transcription

Raiffeisenbank LECK 1907–1986
AU S D E R R E G I O N F Ü R D I E R E G I O N
Raiffeisenbank
LECK
1907–1986
1911–2011
Die Raiffeisenbank Leck ist hervorgegangen aus den drei ehemaligen
Spar- und Darlehnskassen in Stadum, Achtrup und Klixbüll.
Bei der Fusion dieser „Kassen“, wie sie auf den Dörfern noch heute
gerne bezeichnet werden, im Jahre 1968, war die Spar- und
Darlehnskasse Stadum die sogenannte übernehmende Genossenschaft.
Deshalb ist das Gründungsdatum ausgehend von der Gründung der
Spar- und Darlehnskasse Stadum auf den 15. November 1907 festgelegt.
Am 15. November des Jahres 1907 haben sich in der Gastwirtschaft
Jacobsen 29 Bürger zusammengefunden, um eine Spar- und
Darlehnskasse zu errichten.
192
| Raiffeisenbank Leck »
Leck
Genossenschaft
im Herzen Südtonderns
Es war die Zeit vor dem ersten Weltkrieg,
halt der Bevölkerung gefordert. Hierdurch
die von unseren Vätern als das „goldene Zeit-
wurde der Genossenschaftsgedanke immer
alter“ geschildert wurde. Aber so rosig, wie
mehr in den Vordergrund gerückt. Die Dienst-
gesprochen, waren die Zeiten eben nicht. Die
boten wurden jährlich entlöhnt und die Hand-
Landwirtschaft begann, sich langsam positiv
werker schrieben halbjährlich ihre Rechnung,
zu entwickeln. In dieser Zeit war Zusammen-
so dass immer ein Mangel an Bargeld vorhanden war. Aus dem Gründungsprotokoll
der Spar- und Darlehnskasse ersieht man, dass
die Mitglieder nicht nur Bauern waren, sondern
von den 29 Erschienenen über die Hälfte Handwerker und andere Berufe.
Man gab der Genossenschaft den Namen
„Spar- und Darlehnskasse Stadum, eingetragene Genossenschaft mit unbeschränkter
Haftpflicht zu Stadum“.
In den Vorstand wurden gewählt:
> Heinrich Ruwoldt, Lehrer (Vorsitzender)
> Hans-N. Petersen, Landmann (Rendant)
In den Aufsichtsrat wurden gewählt:
> Lütje Petersen, Kaufmann (Vorsitzender)
> August Jürgensen, Zimmermann
> Sönke Cordsen, Landmann
193
1907
1921
» Raiffeisenbank Leck »
Es ist interessant zu verfolgen, wie die Kreditnehmer ihre Bürgen in der Verwandtschaft
suchten, und so spann sich das Netz weiter
über die Nachbargemeinden. Durch die ansteigende Mitgliederzahl waren die in Anspruch
genommenen 20.000,–Goldmark nicht mehr
ausreichend und wurden auf 40.000,–Goldmark
erhöht.
In der nächsten Generalversammlung brachte die Bankaufsichtsbehörde zum Ausdruck,
die Geschäftsanteile nunmehr voll aufzufüllen
Wilhelm Jacobsen,
Rendant 1911–1921
und strengstens auf die Eintragung der Mitglieder in das Genossenschaftsregister beim
Amtsgericht zu achten.
Aus dem Geschäftsbericht geht hervor, dass
Alle vorgenannten Personen sowie die rest-
der Reingewinn ganze 3,05 Mark betrug, und
lichen Mitglieder waren wohnhaft in Stadum.
wurde auf Vorschlag des Vorsitzenden auf
Ehrend sei jener Männer gedacht, die mit
neue Rechnung vorgetragen. Die Bilanzsumme
ihrem gesamten Vermögen hafteten. Als Ein-
bewegte sich in den folgenden Jahren zwischen
trittsgeld wurden 3,–Mark erhoben. Die Ge-
60.000,– und 70.000,–Mark und erreichte bis
schäftsanteile wurden festgelegt und mussten
zum Jahre 1914 die Höhe von 107.546,–Mark.
jährlich mit 10 Mark aufgefüllt werden.
Nach Fortzug des Lehrers Ruwoldt als Vor-
Der Vorstand (Vorsitzender und Rendant)
sitzender des Vorstandes wurde Johann Oldsen
wurden zu einem Lehrgang geschickt, um
aus Stadum gewählt, und als H. N. Petersen
über Bankwesen, vor allem Überweisungs-
nach Hörup verzog, wurde der Kaufmann
und Scheckverkehr, unterrichtet zu werden.
Lütje Petersen zum Rendanten gewählt, der
Dieselben hielten dann bei der ersten General-
später nach Langenhorn verzog und von Wil-
versammlung einen Vortrag über ihre erlang-
helm Jacobsen abgelöst wurde.
ten Kenntnisse und wurden mit großem Beifall
von allen Mitgliedern belohnt.
Das Warengeschäft nahm langsam seinen
Anfang. Es wurde Kainit und Thomasmehl
Um nun flüssig zu werden, wurde ein Kredit
bezogen. Damit wurden die höher gelegenen
in Höhe von 20.000,–Goldmark bei der Lan-
Schläge gedüngt, denn die gesamten Niede-
desgenossenschaftsbank in Kiel in Anspruch
rungen standen damals im Winter unter
genommen. Kredit an Mitglieder wurde nur
Wasser. Man bediente sich des Staurechts.
gegen Wechselbürgschaft gewährt. Das hatte
Als Stickstoff wurden geringe Mengen Chile-
zugleich den Vorteil, dass der Bürge auch Mit-
salpeter verwandt. Der Hackfruchtbau war
glied werden musste und so stieg die Zahl der
bis auf die Kartoffel unbekannt. Die
Mitglieder in einem Jahr auf das Doppelte.
Haupteinnahmequelle war die Pferdezucht.
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» Raiffeisenbank Leck »
1924
Sämtliche Lasten wurden mit Pferdefuhrwerk
bewältigt. Da die Straßen sich in einem trostlosen Zustand befanden, war das Auto auf
den Dörfern unbekannt. Die nächste Bahnstation war Sprakebüll, mit der die Gemeinde
Stadum mit einem Feldweg verbunden war.
Dieser Weg war im Winter kaum passierbar,
so dass der bezogene Dünger zum Teil in
Schafflund oder Leck entladen werden
musste. Da keine Brückenwaage vorhanden
war, wurde der lose Dünger mit einer Dezi-
Peter Jensen,
Rendant 1921–1950
malwaage verwogen.
Als weitere Einnahmequelle diente der Verkauf von Magervieh, was durch reichlich, aber
minderwertiges Heu durch den Winter gebracht
wurde. Durch die schlechte Futtergrundlage
Jacobsen legte im Jahre 1921 seinen Posten
bedingt war die Frühjahrstalgung selbstver-
nieder. Für ihn wurde Peter Jensen zum neuen
ständlich, und man kann sich kaum die Ren-
Rendanten gewählt.
tabilität der damaligen Meiereien vorstellen,
Man sprach von der kaiserlichen, der schreck-
die mit einer Tagesanlieferung in den Winter-
lichen Zeit. Nach Einführung der Rentenmark
monaten von 400 bis 500 Litern arbeiten muss-
war ein großer Kreditbedarf vorhanden. Die
ten. Das Milchgeld wurde jahrelang in bar
Ländereien waren verarmt, da in der Inflati-
ausgezahlt. Man kam erst später auf den
onszeit kaum Dünger gehandelt wurde.
Gedanken, sich der Sparkasse mit Überweisungsverkehr zu bedienen.
Durch den Ausbruch des ersten Weltkrieges
kam die Weiterentwicklung der Spar- und
Darlehnskasse ins Stocken. Die Generalversammlungen waren schwach besucht, da sich
fast alle wehrfähigen Mitglieder an der Front
befanden.
Nach dem Zusammenbruch 1918 setzte die
Inflation ein und nahm im Laufe der nächsten
Jahre einen Umfang an, der die gesamte Wirtschaft zum Erlahmen brachte.
In der Generalversammlung vom 9. April
1924 wurde die Summe von 341 Billionen Mark
in Aktiva und Passiva genehmigt. Wilhelm
195
Geschäftsstelle mit
Rendant P. Jensen und Frau
1935
» Raiffeisenbank Leck »
gekanntem Ausmaß brachte die gesamte Wirtschaft zum Erlahmen und die Banken wurden
kurzerhand geschlossen. Selbst über Guthabenkonten konnte man nicht verfügen. Viele
Betriebe gerieten damals „unter den Hammer“
und wurden zu Schleuderpreisen versteigert.
Die damalige Regierung half sich durch Notverordnungen über die Runden. Durch das
Bankstillhalteabkommen wurden die Betriebe
umgeschuldet und dem weiteren Verfall der
Wirtschaft Einhalt geboten. In den 30er Jahren
Andreas Jensen,
Rendant 1950–1954
erholten sich die Preise und somit trat eine
Gesundung der Wirtschaft ein.
In der Generalversammlung vom 2. Februar
Die Dörfer wurden mit Elektrizität versorgt.
1935 schrieb man unter Punkt Sonstiges, Herr
Aber diese Maßnahme verursachte erhebliche
Lütje von der LGB brachte längere Erklärungen
Kosten. Entwässerungsmaßnahmen in den
über das Entschuldungsverfahren. Es fand
Niederungen wurden vorgenommen, um die
eine rege Aussprache statt und viele Zweifel
Wiesen in einen guten Kulturzustand zu brin-
wurden geklärt. Herr Krämer von der Haupt-
gen. Sorglos wurden Kredite aufgenommen,
genossenschaft sprach über die richtige
denn man war der Meinung, dass das Geld
Anwendung von Dünger und empfahl, den
sich bald wieder entwerten würde. Der Zinssatz
Verbrauch zu steigern, zumal der Dünger zins-
betrug 24%. Die Spar- und Darlehnskasse war
los bis zur Ernte und zu verbilligten Preisen
natürlich nicht in der Lage, den Kreditbedarf
zur Verfügung stand. Der Rat wurde befolgt
zu decken. In kurzer Zeit waren die Betriebe
und es begann die damals sogenannte „Erzeu-
mit hohen Hypotheken belastet.
gungsschlacht“, und zwar zu kostendeckenden
Wohl aus Gründen der Bequemlichkeit bil-
Preisen.
deten sich in Hörup und Sprakebüll neue Spar-
Alles wäre in Ordnung gewesen, hätte nicht
und Darlehnskassen. Ein an sich bedauerns-
der zweite Weltkrieg einen Strich durch die
werter Vorgang, da die Mitglieder aus diesen
Rechnung gemacht. Nach dem Zusammen-
Dörfern aus der Stadumer Spar- und Darlehns-
bruch 1945 setzte erneut die Geldentwertung
kasse ausschieden und dadurch die Liquidität
ein und der Schwarzhandel feierte Orgien.
und Rentabilität geschmälert wurde. Trotz
Nach Einführung der DM erhielt jeder Bürger
Intensivierung der Betriebe war es nicht mög-
40,– DM als Startgeld und neues Leben wuchs
lich, den Zinsendienst aufrecht zu erhalten.
aus den Ruinen. Es war bewundernswert, wie
Aus der erhofften Inflation entwickelte sich
schnell sich die Wirtschaft normalisierte.
die Deflation, hervorgerufen durch den New
Nach der Währungsreform fand die erste
Yorker Börsenkrach. Ein Preisverfall von nie
Mitgliederversammlung am 11. Januar 1950
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» Raiffeisenbank Leck »
1954
in der Form einer außerordentlichen Generalversammlung statt. Unter dem Punkt Wahlen traten erhebliche Veränderungen ein. Aus
Altersgründen schieden der Vorsitzende des
Vorstandes Johann Oldsen und der Rendant
Peter Jensen aus der Geschäftsführung aus.
Beide hatten der Genossenschaft ca. 30 Jahre
treu gedient und wurden hochgeehrt aus
ihren Funktionen entlassen. Neu gewählt wurden als Vorsitzender Nicolaus Thomsen und
als Rendant Andreas Jensen, derselbe wechselte
Max Matthiesen,
Rendant 1954 bis 1968
nach einiger Zeit zur Privatwirtschaft über.
Als Nachfolger wurde Max Matthiesen gewählt,
der schon einige Jahre als Buchhalter bei der
Spar- und Darlehnskasse tätig war.
Der Warenverkehr nahm einen bedeutenden
Im folgenden Jahr schied satzungsgemäß
Aufschwung an, und bald war man genötigt,
Nicolaus Thomsen aus dem Vorstand aus und
neue Lager und Geschäftsräume zu erstellen.
stellte sich zur Wiederwahl nicht mehr zur
Zunächst wurden die Büroräume und der
Verfügung. Deshalb wurde als Vorsitzender
Lagerschuppen in Stadum erstellt. Diese Bau-
des Vorstandes Andreas Jacobsen und als Vor-
maßnahmen erforderten bald eine drastische
sitzender des Aufsichtsrates Carsten Carsten-
Anhebung der Geschäftsanteile, um das für
sen, Holzacker gewählt, der Christian Cars-
diese Maßnahmen benötigte Eigenkapital dar-
tensen, der aus Altersgründen ausschied,
zustellen.
ablöste.
Das Wirtschaftswunder ging nicht spurlos
Im Jahre 1952 beschloss die Spar- und Dar-
an der Region Stadum vorüber. Durch die
lehnskasse Sprakebüll auf Ansinnen zweier
Intensivierung und Maschinisierung war stets
besonnener Männer, nämlich Christian Nissen,
ein enormer Kreditbedarf vorhanden. Für
Bährenshöft und Peter Petersen, Sandacker,
unabdingbare Anschaffungen im Mühlenbe-
sich mit Stadum zu verschmelzen. Dieser
trieb sowie Erweiterungen des Fuhrparks
Beschluss wurde in der Generalversammlung
mussten erhebliche Investitionen in den Folge-
vom 10. März 1953 angenommen. Vorgenannte
jahren beschlossen werden.
Herren wurden in den erweiterten Vorstand
In vielen Sitzungen von Vorstand und Auf-
bzw. Aufsichtsrat übernommen. Die Übergabe
sichtsrat wurden die Prüfungsberichte des
verursachte keine Schwierigkeiten, da die Sta-
Raiffeisenverbandes eingehend diskutiert und
tuten beider Genossenschaften die gleichen
die Beanstandungen zur Liquidität der Bank
waren. Zur Vereinfachung des Geschäftsver-
immer wieder zur Kenntnis genommen.
kehrs blieb eine Zahlstelle bei Herrn Peter
Petersen bestehen.
Die Spareinlagen stiegen nur langsam an
und standen in keinem Verhältnis zum
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1957
» Raiffeisenbank Leck »
Haus“ in Leck in Anspruch genommen. Der
Saal war bis auf den letzten Platz besetzt. Die
Veranstaltung nahm unter Teilnahme vieler
Ehrengäste einen harmonischen Verlauf.
Aus der Tagesordnung der Mitgliederversammlung vom 22. Juli 1958 geht hervor, dass
unter Punkt 2 das Jahresergebnis ein gutes
gewesen sei und der Vorsitzende des Aufsichtsrates schlug vor, den Bilanzgewinn von
1.430,–DM der gesetzlichen Rücklage zuzuweisen und außerdem 12.000,–DM als Warenrückvergütung auszuschütten.
In den Organen hatte sich ein Wechsel vollzogen. Carsten Carstensen, Holzacker, hatte
sich als Vorsitzender des Aufsichtsrates nicht
mehr zur Verfügung gestellt. An seiner Stelle
Einweihung der Raiffeisenstraße,
links Rendant Matthiesen, rechts
Bürgermeister Jacobsen
Kreditbedarf. Der Not gehorchend, die Zah-
wurde Christian Hansen, Stadum gewählt,
lungsschwierigkeiten zu überbrücken, griff
der dann später von Peter Petersen, Holzacker,
man zum Wechsel. Schweinemast- und Grä-
abgelöst wurde.
serwechsel wurden ausgestellt und wieder
Eine Erleichterung im Zahlungsverkehr
verlängert. Die Reverse entsprachen nicht
brachte die Flurbereinigung mit sich. Die Teil-
immer den Gegebenheiten.
nehmergemeinschaften unterhielten hohe
In den Mitgliederversammlungen der folgen-
Guthaben bei der Bank, die zum Ausbau des
den Jahre wurden die Jahresergebnisse bekannt
Straßennetzes verwendet wurden. Das Gesicht
gegeben, aber nicht widerspruchslos hin-
unserer Landschaft wandelte sich durch die
genommen. Man erwartete große Warenrück-
Aussiedlung landwirtschaftlicher Betriebe,
vergütungen und dadurch eine gute Verzinsung
wofür die Spar- und Darlehnskasse auch die
der Geschäftsanteile. Eine den Investitionen
entsprechenden Zwischenfinanzierungen
entsprechend zu bildende Eigenkapitalver-
bereitstellte. Die Bilanzsummen zeigten von
stärkung wurde zur damaligen Zeit nicht in
Jahr zu Jahr eine steigende Tendenz.
Betracht gezogen.
In der Mitgliederversammlung vom 25. Juli
Eine bemerkenswerte Haftform vollzog sich
1957 wurde beschlossen, das 50-jährige Beste-
im Jahre 1964. Aus der G.m.u.H. wurde eine
hen der Spar- und Darlehnskasse Stadum zu
G.m.b.H. Das Warengeschäft erweiterte sich
feiern. Vorstand und Aufsichtsrat wurden mit
mehr und mehr. So wurde beschlossen, eine
der Ausgestaltung der Jubiläumsfeier beauf-
Getreide- und Lagerhalle mit Trocknungsanlage
tragt. Da die Lokalitäten in Stadum nicht aus-
in Stadum sowie einen Düngerschuppen in
reichend waren, wurde das Lokal „Deutsches
Sprakebüll zu erbauen.
198
» Raiffeisenbank Leck »
Ehrenamt, Hauptamt (Stadum)
> Peter Jensen, Stadum
1910–1921
> Heinrich Friedrichsen, Stadum 1911–1943
Vorstand:
> D. Lüthje, Holzacker
> Heinrich Ruwoldt, Direktor
> Paul Peter Nommsen,
Lehrer
1907–1910
> Hans Nicolai Petersen,
Rendant
> Janne Johannsen, Stadum
1907–1910
> Peter Christian Thomsen,
Landmann
1907–1919
1910–1911
> Johann Oldsen, Direktor
1910–1950
> Wilhelm Jacobsen, Rendant,
1922–1933
1923–1930
> Christian Carstensen,
Stadumfeld
> Lütje Petersen, Rendant
Stadum
Engerheide
1912–1928
1930–1952
> Hans Christophersen,
Stadumfeld
1936–1946
> Adolf Lüthje, Nord-Stadum
1946–1959
> Jürgen Jensen, Nord-Stadum
1946–1954
1911–1921
> Carsten Carstensen, Holzacker 1952–1955
> Johannes Classen
1915–1918
> Heinrich Eggers, Stadum
1954–1957
> Hans Friedrichsen
1921–1934
> Christian Hansen, Stadum
1955–1958
> Peter Jensen, Rendant
1921–1950
> Peter Martin Petersen,
> Nicolaus Thomsen, Stadum
1934–1952
> Andreas Jensen, Rendant
1950–1954
> Hans Peter Petersen, Holzacker 1958–1977
> Marius Classen, Stadum
1950–1958
> Marius Carstensen, Stadum
1959–1967
> Andreas Jacobsen, Stadum
1952–1976
> Wilhelm Petersen, Knorburg
1964–1967
> Christian Nissen, Bärenshöft
1953–1967
> Hans Peter Petersen, Holzacker 1955–1958
> Ketel Nissen, Stadum
1958–1967
> Carl-Heinrich Johannsen,
Spölbek
Engerheide
1957–1967
Das Jahr 1967 war für die Spar- und Darlehnskasse Stadum ein Jahr von entscheidender Bedeutung. In einer außerordentlichen
1958–1964
Mitgliederversammlung wurden weitreichen-
> Peter Petersen, Sandacker
1953–1962
de Beschlüsse gefasst. Mit 78 Ja-Stimmen,
> Carsten Hansen, Bärenshöft
1962–1965
13 Nein-Stimmen und einer ungültigen
> Andreas Hansen, Sprakebüll
1965–1967
Stimme wurde die Verschmelzung der drei
Genossenschaften Stadum, Achtrup und Klix-
Aufsichtsrat:
> Lütje Petersen, Kaufmann
büll beschlossen. Die Hauptstelle dieser drei
1907–1910
> August Jürgensen,
Zimmermann
Genossenschaften wurde nach Leck verlegt.
Durch die Schließung der Hauptgenossen-
1907–1910
schaft-Geschäftsstelle in Leck hatten sich sehr
> Sönke Cordsen, Landmann
1907–1923
gute Bankgebäude als Zentrale dieser Genos-
> Hans N. Petersen, Hörup
1910–1922
senschaft angeboten. Die Genossenschaft
> Johannes Christiansen, Hörup 1910–1923
nannte sich Spar- und Darlehnskasse eGmbH
> Andreas Paulsen, Engerheide
1910–1921
Leck, die später in den Namen Raiffeisenbank
> Wilhelm Jacobsen, Stadum
1910–1911
Leck umbenannt wurde. Die Geschäftsanteile
199
1967
1968
» Raiffeisenbank Leck »
der bisherigen selbstständigen Bankstellen
Leck war schon in früheren Zeiten hervor-
Achtrup und Klixbüll mussten angeglichen
gerufen durch den Viehmarkt in Leck Sam-
und von Stadum übernommen werden. Das
melpunkt der Einwohner auch der umliegen-
gesamte Anlagevermögen aller drei Banken
den Orte gewesen. Aus diesem Grunde hat
wurde zusammengefasst, und somit nahm
ebenfalls das Amt Karrhusen im Jahre 1966,
das Bankgeschäft in Leck seinen Anfang.
das in etwa flächendeckend ist mit der Genos-
Als neuer Geschäftsführer wurde Herr Gerhard
senschaft, seinen Sitz hierher verlegt.
Schwarz, vorher in Joldelund, zum Leiter des
Es war nicht nur Mode geworden, genos-
Bankgeschäftes bestellt, während Herr Max
senschaftliche Betriebe zusammenzulegen,
Matthiesen die Warenabteilung übernahm.
sondern die wirtschaftliche Lage der kleineren
Durch Zusammenlegung der Genossenschaf-
Betriebe machte andere Größenordnungen
ten waren Neuwahlen der Organe erforderlich.
sowohl im Bank- als auch im Warengeschäft
In der Generalversammlung am 16. Juli 1968
erforderlich.
im Bürgerbräu Achtrup wurde Broder Ingwersen,
Die Spar- und Darlehnskasse in Stadum mit
Achtrup, zum Vorsitzenden des Vorstandes und
einer Bilanzsumme von damals 2.411.000,– DM
Andreas Thomsen, Klixbüll, zum Vorsitzenden
und einem Eigenkapital von 251.000,– DM war
des Aufsichtsrates gewählt. Bald zeigte sich,
als übernehmende Genossenschaft auch das
dass die Geschäftsräume in Leck bedingt durch
stärkste Unternehmen dieser drei Genossen-
das Wachsen der Genossenschaft nicht mehr
schaften.
ausreichten. Es wurde der Beschluss gefasst,
Mitglieder der einzelnen Genossenschaften
den nicht mehr benötigten Mühlenbetrieb des
waren zu diesem Zeitpunkt überwiegend Land-
HaGe-Gebäudes abzubrechen und das Bank-
wirte. In den 60er Jahren hatte die Landwirt-
gebäude dementsprechend zu erweitern.
schaft einen besonders schwierigen Wandel
200
» Raiffeisenbank Leck »
durchstehen müssen. Die Flurbereinigung war
gute Entscheidungen. Leck als zentraler Ort
abgeschlossen worden, die einzelnen Betriebe
mit ca. 8.000 Einwohnern bot sich an, das Bank-
hatten erhebliche Baumaßnahmen durchge-
geschäft zu aktivieren.
führt und konnten trotz Belastung der Flur-
Der Geschäftsführer Max Matthiesen aus
bereinigung eine wesentlich bessere und
Stadum, Albert Nissen aus Klixbüll und Hein-
ertragsreichere Betriebsführung sicherstellen.
rich Bendixen aus Achtrup hatten gemeinsam
Die Technisierung der landwirtschaftlichen
mit Beginn der Fusion die Verantwortung für
Betriebe führte letztlich dazu, dass erheblicher
das Gesamtunternehmen als hauptamtliche
Kreditbedarf vorhanden war und die Einla-
Geschäftsleiter zu übernehmen.
genentwicklung mit dem Kreditbedarf nicht
standhalten konnte.
Das Büro- und Lagergebäude, das überwiegend aus alten Speichern bestand, wurde
Es waren 4,2 Mio.DM Ausleihungen im Jahre
zunächst auf Pachtbasis von der Hauptge-
1967 bei der neu gegründeten Genossenschaft
nossenschaft Kiel übernommen. Die Verwal-
aus den Bilanzen der drei fusionierten Betriebe,
tungsorgane beschlossen Mitte des Jahres
während die Einlagen nur 3,3 Mio.DM aus-
1968, speziell für den Aufbau des Bankbetriebes
machten.
in Leck einen Bankkaufmann einzustellen.
In der Folgezeit mussten viele landwirt-
Am 1. November 1968 trat Gerhard Schwarz
schaftliche Betriebe wegen der schwierigen
als Geschäftsführer in die Dienste der Genos-
wirtschaftlichen Verhältnisse und der schlech-
senschaft. Im Oktober 1973 wählte ihn die
ten Agrarpreise aufgeben. Die Betriebsleiter
Mitgliederversammlung in den Vorstand der
mussten nach Aufgabe andere Tätigkeiten
Bank.
ausüben.
Der Vorstand hatte sich zur Aufgabe gestellt,
Im Kreis Südtondern, der in seiner Struktur
die Liquiditätsengpässe zu beseitigen. So konn-
sehr landwirtschaftlich ausgerichtet war, war
ten sich von 1968 bis 1975 die Gesamteinlagen
zur damaligen Zeit das hiesige Aufklärungs-
von 3,3 Mio.DM auf 15,0 Mio.DM fast ver-
geschwader 52 der Bundeswehr mit seinen
fünffachen. Die Ausleihungen hingegen stiegen
Behörden und Verwaltungen größter Arbeit-
im gleichen Zeitraum von 4,2 Mio.DM auf
geber. Zwischenzeitlich ist dieser Bereich der
8,0 Mio.DM.
Bundeswehr an einen anderen Standort in
Das Geschäftsvolumen stieg stärker, als es
Deutschland umgesiedelt worden. Trotzdem
von der Entwicklung des Eigenkapitals wün-
bestehen auch heute noch Flugabwehrrake-
schenswert war. Die Bilanzsumme erhöhte
tenbataillone der Bundeswehr, die als poten-
sich von 6,9 Mio. DM im Jahre 1968 auf
zielle Arbeitgeber in dieser Region vorhanden
41,7 Mio.DM im Jahre 1980. Das Eigenkapital
sind. Viele Arbeitssuchende konnten und kön-
hingegen konnte im gleichen Zeitraum ledig-
nen auch zum jetzigen Zeitpunkt eine sichere
lich von 618.000,– DM auf 1.140.000,– DM
Existenz bei der Bundeswehr erhalten.
gesteigert werden. Eine sehr schwache Ent-
Die Fusion der genossenschaftlichen Betriebe
und die Zentralfunktion in Leck waren sehr
wicklung, die die betrieblichen Belange sehr
einengte.
201
1980
1980
» Raiffeisenbank Leck »
Zweigstelle Stadum 1982
Im Wandel der Zeit zeigte sich, dass nicht
nur die alten Speichergebäude, sondern auch
investiert, um den Kundenanforderungen
gerecht zu werden.
übrige Lagerhäuser den Anforderungen nicht
In Achtrup wurde eine für die damalige Zeit
mehr gerecht wurden. Es waren Lagerhallen
moderne Mahl- und Mischanlage mit Verlade-
erforderlich geworden, die loses Schüttgut
silos für loses Schrot gebaut.
für längere Zeit lagern konnten, um die günstigste Preissituation auszunutzen.
Am Bahngleis in Sprakebüll wurde eine
Lagerhalle für Dünger mit einem Fassungs-
Für den Geld- und Warenbereich wurden
vermögen von 6.000 t errichtet. Mit einer
von 1967 bis 1980 (ca. 13 Jahre) 4,4 Mio.DM
modernen Förderanlage konnten pro Stunde
Düngerlager Sprakebüll 1982
202
» Raiffeisenbank Leck »
1982
50t Dünger entladen werden.
Hierfür wurde lediglich ein
Lagerarbeiter benötigt. Bis zu
10.000t Dünger wurden hier
direkt von Landwirten abgeholt oder durch eine lose Dünger-Kette direkt auf den Acker
gebracht. Die Genossenschaft
wurde damit ihrem Förderauftrag voll gerecht, indem sie
allen Mitgliedern für ihren
Warenbezug die entsprechenden Anlagen vor Ort zur Verfügung stellte.
Die Entwicklung im Bankgeschäft Mitte der 70er Jahre
zeigte, dass die vorhandenen
Bürogebäude dem gestiegenen
Geschäftsvolumen der Bank
nicht mehr gerecht wurden.
Aus dem „Stubenladen“ der früheren Kreis-
gerecht wird. Die großzügigen Außenanlagen
genossenschaft sollte nun ein modernes Bank-
runden den Gesamtkomplex ab.
gebäude entstehen. In zahlreichen Sitzungen
1982 wurde das 75-jährige Bestehen der Raiff-
machten sich Vorstand und Aufsichtsrat
eisenbank eG Leck gebührend gefeiert. In vielen
gemeinsam Gedanken darüber, wie aus dem
Reden anlässlich der Feierlichkeiten wurde die
bestehenden Gebäude moderne Bankräume
Standhaftigkeit des Genossenschaftsgedankens
errichtet werden konnten. Gemeinsam mit
hervorgehoben. Insbesondere wurde die Wil-
dem Architekten gelang es, ein Gebäude zu
lenskraft und Treue der Mitglieder zu ihrer
erstellen, das an repräsentativer Stelle auch
Genossenschaft als ein nicht mehr wegzuden-
für die weitere Zukunft allen Anforderungen
kender Wirtschaftsfaktor dargestellt.
Kalenderjahr Mitglieder Geschäftsvolumen Warenumsatz Gesamteinlagen
Anzahl
in Mio. DM
in Mio. DM
in Mio. DM
in Mio. DM
1967
540
6,9
4,4
3,3
1968
564
7,1
4,2
4,7
1970
606
9,1
6,3
6,8
1975
727
19,0
8,6
15,0
1980
927
41,6
14,3
25,0
1985
980
47,9
14,0
32,3
1986
989
56,3
14,5
36,1
Kredite
Eigenkapital
in Mio. DM
4,2
0,6 (GG 0,5)
3,7
0,7
4,9
0,7
8,0
0,7
26,4
1,1 (GG 0,7)
30,9
1,4 (GG 0,8)
23,9
1,4 (GG 0,8)
203
Geschäftsgebäude
der Raiffeisenbank Leck
im Jahre 1982
Zahlen aus der Entwicklung
der Raiffeisenbank Leck
seit 1967
1982
Verwaltungsorgane
der Raiffeisenbank Leck
im Jahre 1982
» Raiffeisenbank Leck »
Ehrenamt, Hauptamt (Leck)
Aufsichtsrat:
> Andreas Thomsen, Klixbüll
Vorstand:
1968–1987
> Hans Peter Petersen,
> Broder Ingwersen, Tettwang
1968–1979
> Andreas Jacobsen, Stadum
1968–1976
> Ernst Peter Eggers, Stadum
1968–1987
> Hans Thomsen, Klixbüll
1968–1969
> Christian Nissen, Bärenshöft
1968–1970
> Christian Boysen, Büllsbüll
1968–1973
> Andreas Johannsen,
1979–1987
> Hans Detlef Storm, Klixbüll
1969–1987
> Gerhard Schwarz, (hauptamtlich),
Leck
1973–1987
> Max Matthiesen, (hauptamtlich),
Stadum
1976–1977
> Hans Hermann Meyer,
Leck-Klintum
204
1982–1987
Holzacker
Mühlenwadt
> August Jacobsen, Lütjenhorn
1968–1977
1968–1987
1968–1973
> P. H. Nissen-Schütt,
Stockholmacker
1968–1975
> Andreas Hansen, Sprakebüll
1970–1987
> Christian Boysen, Büllsbüll
1973–1979
> Heinz Michaelsen, Leck
1975–1987
> Karl-Heinz Jensen, Holzacker
1977–1987
» Raiffeisenbank Leck »
Am 17. Dezember 1986 beschlossen die Mit-
Die Bilanzen der beiden Genossenschaften
glieder in einer außerordentlichen Generalver-
wurden mit Wirkung vom 31. Dezember des
sammlung in der Mehrzweckhalle in Leck die
Jahres 1986 zusammengeführt. Übernehmende
Fusion mit der Raiffeisenbank Süderlügum.
Genossenschaft war Süderlügum.
Hiermit wurde der gemeinsame Weg für die
Zukunft beschlossen.
Die Selbstständigkeit der Raiffeisenbank
Leck wurde hiermit aufgegeben und die Zentralfunktion nach Süderlügum verlegt.
Fusion 31. 12. 1986
Raiffeisenbanken Süderlügum und Leck
Die einzelnen Genossenschaften Leck, Stadum, Klixbüll und Achtrup wurden zentral
von Süderlügum aus gesteuert und als
Geschäftsstellen vor Ort weitergeführt.
Süderlügum 73,2 %
Leck 26,8 %
Bilanzsummen / Mio. DM
Raiffeisenbank Süderlügum
Raiffeisenbank Leck
Gesamt
31. 12. 1986
127,3
47,6
174,9
205
1986
Vorderansicht der
Geschäftsstelle Leck nach
Umbau im Jahre 2001
2001
Rückansicht der
Geschäftsstelle Leck nach
Umbau im Jahre 2001
» VR Bank eG – Geschäftsstelle Leck |
Mit einem Investitionsvolumen von rund
Geschäftsstelle von vielen Mitgliedern und
750.000,– € wurde die Bankgeschäftsstelle in
Kunden in Augenschein genommen werden.
Leck im Jahre 2001 völlig neu gestaltet. In
Mit den neuen Räumlichkeiten haben die Mit-
Konzeption, Technik und Ausstattung ist die
arbeiter in der Geschäftsstelle ideale Rahmen-
Bankstelle für die nächsten Jahre bestens
bedingungen erhalten, um Mitglieder, Kunden
gerüstet. Sie ist ein „Schmuckstück“ für den
und Geschäftsfreunde in angenehmer und
Zentralort Leck. Am 8. Dezember 2001 konnte
diskreter Atmosphäre bedienen und beraten
im Rahmen eines Tages der offenen Tür die
zu können.
206
AU S D E R R E G I O N F Ü R D I E R E G I O N
Spar- und Darlehnskasse
NIEBÜLL
1914 –1970
1911–2011
208
| Spar- und Darlehnskasse Niebüll »
Niebüll
Ursprung in Deezbüll
Der Ursprung dieser Genossenschaftsbank
liegt in Deezbüll. Die Spar- und Darlehnskasse
e.G.m.u.H Deezbüll wurde am 23. April 1914
gegründet. Es waren insgesamt – einschließlich
des Schriftführers Fr. Holst vom Verband in
Kiel – 10 Personen anwesend. Zum Vorsitzenden wurde Herr Johann Jesßen Richardsen
aus dem Chr. Albr. Koog bestimmt.
Nach Besprechung des Gegenstandes des
geplanten Unternehmens und nach Beratung
der Statuten erklärten sich die Versammelten
für die Einrichtung einer Genossenschaft unter
der Firma:
Spar- und Darlehnskasse
eingetragene Genossenschaft
mit unbeschränkter Haftpflicht
mit dem Sitze zu: Deezbüll
bereit.
Im Rahmen der Gründungsversammlung
wurden am gleichen Tag sowohl die Herren
des Vorstandes als auch des Aufsichtsrates
mit jeweils 3 Herren gewählt.
209
1914
1960
» Spar- und Darlehnskasse Niebüll »
Vorstand
> Johann Jesßen Richardsen, Direktor
Landmann, Chr. Albr. Koog
> August Jessen, Rendant
Gemeindevorsteher, Deezbüll
> Jens Friedrichsen,
Kaufmann, Deezbüll
Neben der Gründungsversammlung fand
am gleichen Tage ebenfalls die „erste Generalversammlung“ der neu gegründeten Genossenschaft statt.
Hier wurden neben der Höhe des Eintrittsgeldes, die Dienstanweisung und Geschäftsordnung sowie die Satzung beraten und beschlossen. Die Handhabung und Konditionen für die
Aufsichtsrat
Gewährung von Krediten und die Hereinnahme
> Peter Friedrich Andresen
von Einlagen wurden ebenfalls festgelegt. Der
Landmann, Kleiserkoog
Rendant musste sich verpflichten, mit dem
> Boetins Hansen
Aufsichtsrat eine noch festzulegende Kaution
Tierarzt, Chr. Albr. Koog
zu vereinbaren. Die Vergütungen für die Vor-
> Hans Schmidt Tychsen
stands- und Aufsichtsratsmitglieder sollten
Landmann, Neuer Chr. Albr. Koog
nach Ablauf des ersten Geschäftsjahres je nach
Umfang und Ergebnis des Geschäftes mit den
Das Protokoll gibt Aufschluss über die Neugründung der Genossenschaft und die Wahlen
von Vorstand und Aufsichtsrat.
210
betreffenden Personen vereinbart werden.
Im Jahre 1960 wurde – neben der Umwandlung in eine „eingetragene Genossenschaft
» Raiffeisenbank Bökingharde »
mit beschränkter Haftung“ – die Firmenbe-
Raiffeisenbank Bökingharde eine Bilanzsum-
zeichnung Spar- und Darlehnskasse e.G.m.b.H.
me von 50,4 MioDM.
Niebüll beschlossen.
Als übertragende Genossenschaft wurde die
Nach der Verschmelzung der Spar- und Dar-
Bilanz der Raiffeisenbank Bökingharde zum
lehnskasse, Niebüll mit der Spar- und Darlehns-
31. Dezember 1989 auf das neue Institut, die
kasse Risum-Lindholm im Jahre 1970 wurde
Raiffeisenbank Südtondern mit Sitz in Süder-
diese umfirmiert in Spar- und Darlehnskasse
lügum übertragen. Hiermit hatte der Sitz Nie-
Bökingharde mit Sitz in Niebüll.
büll seine Eigenständigkeit aufgegeben.
Im Jahre 1972 wurde in einer weiteren Strukturmaßnahme die Spar- und Darlehnskasse
Bökingharde mit der Spar- und Darlehnskasse
Fahretoft zusammengeschlossen.
Im Jahre 1979 wurde die Genossenschaft –
im Rahmen der bundesweiten Umfirmierung
des Genossenschaftssektors – in Raiffeisenbank
Bökingharde mit Sitz in Niebüll umbenannt.
1989 fanden dann die Beschlüsse für die
Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Süderlügum statt. Zu diesem Zeitpunkt hatte die
211
1979
Die Zentrale der
Raiffeisenbank Bökingharde
in Niebüll (1990)
1996
Die neue Bankzentrale
in Niebüll im Jahre 1998
» Raiffeisenbank Südtondern – Geschäftsstelle Niebüll |
In den Folgejahren wurde in der Hauptstr. 30
in Niebüll eine Bank-Geschäftsstelle der Raiffeisenbank Südtondern geführt.
Eine ständige Umsatz- und die dadurch ausgelöste Personalausweitung in Niebüll festigte
den Standort und machte den Bankneubau
im Jahre 1996 erforderlich.
Die Bankzentrale wurde in den Folgejahren
erweitert und wird als Hauptzentrale der
heutigen VR Bank genutzt. Hier finden über
100 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz.
212
AU S D E R R E G I O N F Ü R D I E R E G I O N
Vo l k s b a n k
NIEBÜLL
1885–2000
1911–2011
Im Jahre 1986 feierte Niebüll seinen
550. Jahrestag der ersten urkundlichen
Erwähnung gebührend. Dieses Jubiläum
gab Anlass, einen Blick zurück in die
Geschichte zu werfen. Es hat Heimatforscher immer wieder gereizt, in der
Vergangenheit der Friesen zu forschen.
Christuskirche von 1729
Sie sind jedoch nie bis in die Urzeiten vorgedrungen, weil Geschichtsschreiber und Pastoren erst spät mit der Dokumentation ihrer Zeit
begannen.
Sicher ist, dass der Ort Niebüll in Wirklichkeit viel älter als 550 Jahre ist.
Sicher ist auch, dass Niebüll noch vor ca. 600 Jahren am offenen Meer
lag. Hinweise darauf, dass dieser Landstrich am Meer schon früher
besiedelt war, gaben römische Münzen aus den ersten nachchristlichen
Jahrhunderten, die hier gefunden wurden. Um 1400 soll es den Namen
Niebüll (= neues Dorf) noch nicht gegeben haben. Das heutige Niebüll
war erst Teil der Siedlung Risummoor, die auf dem den Kornkoog
umschließenden Dünenkranz lag.
214
| Volksbank Niebüll »
1344
Niebüll
Entwicklung aus der Geschichte
der Stadt Niebüll
Die Gezeitenströme flossen damals an der
Langstoft litt unter der Flut besonders
Düneninsel vorbei, hinauf bis Freesenhagen
schwer. Der Südteil des Dorfes (das heutige
und zurück bis zur Gath, wo sich der Tiden-
Süderende) wurde vom übrigen Dorf ab-
strom öffnete. „Gath“ bedeutet „Mündung
getrennt und liegt noch heute isoliert. Die
ins Meer“. Von der Gath floss der Strom weiter
Kirche wurde so schwer beschädigt, dass sie
durch den Gotteskoog, durch die Wiedingharde
nicht wieder aufgebaut wurde.
und zwischen Klanxbüll und Hoyer in die
Die Zerstörung der Kirche war gleichzeitig
offene See. An einem langen Sund lag das
das Ende des Kirchspiels Langstoft, es schloss
Dorf Langsundtoft, das heutige Langstoft. Es
sich dem Ort Niebüll an. Trotzdem sollen die
wurde früher erwähnt als Niebüll.
Langstofter den Friedhof an der früheren
Bei Langstoft wurden die Bökingharder Friesen im Jahre 1344 von den Dänen geschlagen.
Kirche noch bis in die Reformationszeit hinein
benutzt haben.
Die Friesen hatten 16 Jahre lang keinen Tribut
Niebüll wurde das „neue Dorf“ im Gegensatz
an den Landsherrn gezahlt und wurden nach
zu Uhlebüll, was „altes Dorf“ bedeutet. Seine
der Niederlage in ihren Rechten stark einge-
erste Erwähnung fand Niebüll im Jahre 1436
engt. Die Dänen setzten den Waldemar Zappi
in seiner Eigenschaft als Kirchort. In jenen
als Staller ein. Er trieb im Auftrage der Krone
Jahren trug der Ort zusammen mit anderen
von seiner Zwingburg in Klockries die Steuern
Ortsteilen in seiner Nachbarschaft den Namen
ein.
Risummoor und „Moor“. Genau genommen
1362 wurde das Land von einer schweren
hätte Niebüll auch den Namen „Westermoor“
Sturmflut heimgesucht. Die westlich des
erhalten können. In der Tat wurden beide
Risummoores gelegene Landbarriere, die von
Namen mehrere Jahrhunderte durch neben-
Fahretoft bis Klanxbüll reichte, war nach der
einander gebraucht. Das belegen Urkunden
Flut an mehreren Stellen durchbrochen.
bis ins 18. Jahrhundert hinein. Der Begriff
215
1362
» Volksbank Niebüll »
„Moor“ geriet nicht ganz in Vergessenheit.
nach Emmelsbüll gezogen wurde. Mit diesem
Man findet ihn heute in der Bezeichnung der
Deichbau war eine dauernd passierbare Ver-
friesischen Mundart, der hiesigen „Mooringer
bindung zur Wiedingharde hergestellt.
Mundart“.
Der Gotteskoogdeich bewirkte, dass sich
Das ältere Niebüll liegt auf hohen Dünen.
Niebüll nun nach Westen ausdehnte. Die Land-
Als die Dünenkette von Fluten durchbrochen
wirte vergrößerten ihre Viehbestände. Wohl-
wurde, verbanden die Bewohner die stehen
stand kehrte ein.
gebliebenen Dünenreste durch Deiche und
Doch die Weihnachtsnacht des Jahres 1583
Dämme. Hinweise darauf fand man später
brachte mit einer schweren Flut erneut einen
bei Bauten, in deren Grund weißer Dünensand
Rückschlag. Der Gotteskoogdeich brach in
mit Kleierde vermischt war.
der Nähe Niebülls. Dabei entstanden die Weh-
Alt-Niebüll ist auf der Seite der Fangwege
len. Nachdem der Gotteskoog nach dieser
zu finden, die früher Wangwege genannt wur-
Flut zehn Jahre unter Wasser lag, entschlossen
den, weil die „Wange“ in die Feldflut des Korn-
sich die 3 Harden (Böking-, Karr- und Wie-
kooges führten. Westlich der Hauptstraße
dingharde) die Deichlücken zu schließen.
gab es damals kleine Häuser, mit Ausnahme
Die Weihnachtsflut blieb für Niebüll nicht
auf der hohen Düne, auf der später die Volks-
ohne Folgen. Der hiesige Amtmann beschrieb
schule erbaut wurde. Die Landwirtschaft hatte
die damalige Situation in einem Bericht an
sich im Kornkoog angesiedelt. Im westlichen
den König so: „Was die vier großen, auch andere
Vorland wurde ebenfalls gegräst oder Heu
kleinen Wehlen und zerschlagenen Deiche für
gewonnen.
Schaden an Korngewächs, Viehzucht und Acker-
Das Risummoor, das durch die Flut von 1362
bau diesem Amt zugefüget, ist nicht auszuspre-
zur Insel wurde, wurde in den folgenden Jahr-
chen, aber bei den armen Leuten wo vorher
hunderten nach und nach wieder landfest.
reich, jetzt so arm und an den Bettelstab fast
Erste feste Landverbindung von draußen war
geraten, genugsam zu erspüren.“
der Damm von Kremperhaus nach Klixbüll,
Wegacker genannt.
Die Zeit heilte die schweren Wunden. Im
Dem Klixbüller Deich folgte ein weiterer
Dreieck zwischen dem Gotteskoogdeich und
Damm nach Stedesand, der den Namen Bro-
Deezbüll bildete sich bald hohes Vorland. Um
weg erhielt. Während der Broweg von den
die Wende des 17. Jahrhunderts entstanden
Lindholmern und Risumern unterhalten wur-
der neue und alte Christian-Albrechts-Koog.
de, fiel die Unterhaltung des Wegackers den
Das Meer, das wenige Jahre zuvor noch die
Niebüllern und Deezbüllern zu. Der Bau des
Straßen und Wege Niebülls überspült hatte,
Klixbüller Deiches (heute B 5) wird um 1456
war bis nach Deezbüll-Eck zurückgedrängt.
vermutet. Dieser Deich war 100 Jahre lang
Südöstlich folgten weitere Deichbauten. Mit
Außendeich.
der Eindeichung des Kleiseerkooges (1727)
Von 1562 bis 1566 wurde der Gotteskoog
eingedeicht, indem ein Damm von Süd-Niebüll
216
war das alte Risummoor wieder völlig von
Land umgeben.
» Volksbank Niebüll »
Die Landgewinnung hatte für die seemän-
Die Niebüller gehörten zum Amt Tondern
nische Bevölkerung Niebülls und Deezbülls
und waren Untertanen des Herzogs von Got-
Folgen. Nachdem die Häfen von Deezbüll-Eck
torf, der sich im 30-jährigen Krieg neutral
und Maasbüll noch bis 1700 angelaufen worden
hielt. Das nützte ihm jedoch wenig. Von 1627
waren, gingen sie nun ein. Die Leute mussten
bis 1629 war das Land von Wallensteins Söld-
sich umstellen. Die Deezbüller Seeleute ließen
nern besetzt. Die Bewohner mussten Tribute
sich einst, bevor sie auf große Fahrt gingen,
zahlen und Lebensmittel für das Heer liefern.
in das Kirchenbuch eintragen. Sie brachten
Nachdem 1629 Friedensverhandlungen zwi-
der Kirche Opfer, um den Preis einer Fürbitte.
schen den Dänen und den Kaiserlichen geschei-
Das Kirchenbuch hielt neben dem Namen
tert waren, landeten die Dänen bei Deezbüll-
auch das Fahrtziel fest.
Eck. An der dortigen Schanze kam es zu
Zwischen 1697 und 1703 begaben sich
Kämpfen, bei denen 14 Krieger fielen und am
57 Deezbüller auf See, mehr als die Hälfte der
Deichfuß begraben wurden. Der Lübecker
männlichen Bewohner des Dorfes. 38 von
Frieden beendete zwar die Kämpfe, aber nicht
ihnen waren auf Walfang vor Grönland, die
den Krieg.
anderen mit holländischen Kauffahrern auf
Von 1643 bis 1645 war das Land wiederum
dem Weg nach Westindien, damals noch däni-
besetzt, diesmal von den Schweden, die min-
sche Kolonie. Einige von ihnen fuhren nach
destens ebenso gehaust haben sollen wie die
Ostindien oder kürzere Fahrten, wie nach
Kaiserlichen. Sie pressten Geld und Lebens-
Hamburg oder in die Ostsee. Die Seeleute
mittel heraus. Einmal nahmen empörte Nie-
waren fortan gezwungen, sich in der Land-
büller einen schwedischen Quartiermeister
wirtschaft oder in anderen Berufen umzu-
gefangen und lieferten ihn den Dänen auf der
sehen.
Insel Föhr aus. Die Schweden rächten sich
dafür, indem sie Niebüll mit Krieg überzogen.
Die wohl schwersten Zeiten erlebten die
Die Niebüller riefen daraufhin die Dänen zu
Niebüller und Deezbüller um und nach dem
Hilfe, um von diesen dann noch schwerer
30-jährigen Krieg. Zwar lagen beide Dörfer
unterdrückt zu werden. Die Dänen befahlen
abseits der großen Heerstraßen und es wirkte
den Niebüllern sogar, 2 Kompanien „zu Pferde
sich vorteilhaft aus, dass die Zuwegungen zur
und zu Fuß“ aufzustellen. Neben dem Druck
Bökingharde leicht zu versperren waren.
der Dänen blieb die Verärgerung der Schweden
Mehrere Schanzen, die kleine Kriegstrupps
gegenüber den Niebüllern. Durch Vermittlung
abwehren sollten, deuteten darauf hin. Eine
des Herzogs sahen die Schweden schließlich
Flur nahe der Brücke bei Broweg trägt heute
davon ab, die Bewohner des Ortes mit „Feuer
noch die Bezeichnung „Schanze“, eine andere
und Schwert“ zu bestrafen. Eine Geldbuße
bei Kremperhaus ebenfalls. Andere Erdbefes-
genügte, um sie vollends zu befriedigen.
tigungen gab es am Weg von Uhlebüll nach
Das Leiden hatte noch lange kein Ende.
Bosbüll und bei Deezbüll-Eck, wo Landungen
1655 kehrten die Schweden zurück. Diesen
von See her verhindert werden sollten.
folgten die Brandenburger unter dem großen
217
1655
1723
Das Geburtshaus von CarlLudwig Jessen in Deezbüll
» Volksbank Niebüll »
Kurfürsten, dann die Österreicher und die
Schlagbäumen, die gut bewacht wurden.
Polen. Diese Kriegszeit soll noch grausamer
Immerhin gelang es, einzelne Seuchenwellen
verlaufen sein, als jene zwischen 1618 und
abzuwehren. Tierärzte gab es damals noch
1648.
nicht. Wohl aber den „Schinder“ und dessen
In die Zeit des 30-jährigen Krieges fiel zu
Knechte, die die Kadaver verendeter Tiere fort-
allem Unglück noch die zweite große „Man-
zuschaffen hatten. Sie hatten viel Arbeit, bei
dränke“ (1634), bei der 50 Deezbüller umkamen.
der ihnen niemand half, weil Schinderarbeit
1700 folgte der Nordische Krieg.
als unehrenhaft galt.
Bis 1723 hatten sich die leidgeplagten Friesen
1783 endete die Zeit der Seuchen. Freilich
aus der Bökingharde von den Kriegsfolgen
folgte der nächste wirtschaftliche Schlag mit
noch nicht erholt. Aber sie rafften sich, wie
dem dänischen Staatsbankrott. Die Bewohner
immer nach schweren Rückschlägen, wieder
hatten 6 % von allem Besitz zur Abdeckung
auf. Dank ihrer für damalige Verhältnisse fort-
der Staatsschuld zu zahlen. In der Not wurde
schrittlichen Landwirtschaft und qualitativ
ein Friese erfinderisch. Nicht wenige Bewohner
guter Viehbestände und des erfolgreichen
an der Westküste kamen durch „Schleichhan-
Handels mit den Holländern, bei dem Vieh,
del“ zu einigem Wohlstand, von dem das eine
Korn und Butter zu gefragten Handelswaren
oder andere stolze Denkmal noch heute zeugt.
zählten, gelangten sie bald wieder zum alten
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich Niebüll
Wohlstand. Allerdings blieb auch dieser in
zwar nicht sprunghaft, aber umso stetiger
Grenzen, weil sich lang anhaltende Viehseu-
weiter. Die umliegenden Orte entwickelten
chen einstellten und die heimische Gräser-
sich zu typischen Bauerndörfern. In Niebüll
wirtschaft beeinträchtigten.
machten sich der Handel und vor allem das
Um weitere Infektionen zu verhindern,
Handwerk sesshaft, z. B. Schmiede, Radema-
schützten die Bökingharder ihre Grenzen mit
cher, Zimmerer, Dachdecker, Böttger, Reepschläger und Ziegeleien.
Im Jahre 1833 ist der bekannte friesische
Maler Carl-Ludwig Jessen in Niebüll-Deezbüll
geboren. Seine Bedeutung liegt in der Schilderung der nordfriesischen Bauernkultur, die
er in vielen bekannten Werken bis zum Jahre
1917 dargestellt hat.
In den Außenbezirken des Ortes gab es
damals nicht weniger als 13 Ziegeleien. Fast
in jedem Haus wurde gesponnen, in jeder 4.
oder 5. Stube war der Webstuhl in Gang. Jeder
der Handwerker betrieb nebenher ein Zubrot,
eine kleine Landwirtschaft, und hielt sich eine
oder zwei Kühe.
218
» Volksbank Niebüll »
1870
Gemeinderatssitzung vor etwa
100 Jahren in Niebüll – Ölgemälde
von Carl-Ludwig Jessen, Deezbüll.
Frau Bendine Hemsen erhielt den
Auftrag von dem Maler CarlLudwig Jessen, sehr oft mit dem
Tablett mit Gläsern befüllt den
Raum zu betreten, damit die
rechte Hand und Ellenbogen von
ihm richtig erfasst werden
konnten.
v.l.n.r.: Paul-Peter Karstensen,
Sievert Axen, Christian Edlef,
Richard Sönnichsen,
Hans Mommsen,
Johann-Hinrich Ingwersen,
Jens Lützen, Ingwer Karstens,
Adolf Johannsen,
Bendine Hemsen
Die Bevölkerung war damals dreisprachig.
die Fremde verband sich mit der Hoffnung,
Im Umgang wurde friesisch gesprochen, in
wirtschaftlich schneller voranzukommen und
der Schule, Kirche und im Schriftverkehr
eines Tages als reicher Mann heimkehren zu
pflegte man das Hochdeutsche. Und man tat
können.
gut daran, auch dänisch zu können, nicht
zuletzt wegen der Nähe zur dänischen Sprachgrenze, sondern auch wegen des regen Handels
mit dem nördlichen Nachbarn. Und dänische
Saisonarbeiter, die aus Jütland als Knechte
und Mägde kamen, wollten hier in ihrer Muttersprache verstanden werden.
Die Kirchenbücher berichteten, dass viele
von ihnen hier sesshaft wurden, entweder
durch Heirat oder durch Handwerk, in dem
sie sich selbstständig machten.
Den Zuwanderungen aus dem Norden standen die Auswanderungen von Friesen in die
USA und nach Australien gegenüber, die um
1850 begann und bis 1900 anhielt. Der Weg in
219
Niebüll um 1900:
vorne der Kleinbahnhof,
im Hintergrund der
Staatsbahnhof
1884
» Volksbank Niebüll »
der auch 8 Personen mitreisen konnten. Der
Wagen nach Tondern fuhr um 3:30 Uhr morgens ab. Reisende hatten Anschluss an die
Bahn von Tondern nach Tinglev. Wer in den
Süden wollte, musste diesen Weg wählen. In
Tinglev hatte er nämlich Anschluss nach Flensburg.
Der Bau der Marschenbahn 1884 schuf eine
völlig neue Situation. Niebüll fand Anschluss
an die „große Welt“ und nahm wirtschaftlichen
Aufschwung. Wenig später folgte der Bau der
Querbahn nach Flensburg und der Kleinbahn
Niebüll-Dagebüll. Vollständig wurde das Eisenbahnnetz in der Nordregion, als 1927 der HinPferdemarkt in Niebüll
In der Uhlebüller Straße
Die Infrastruktur blieb lange Zeit im Argen.
denburgdamm fertig gestellt war.
Straßen und Wege waren im Winter und
Niebüll behielt seinen dörflichen Charakter
Herbst kaum passierbar. Die Niebüller Haupt-
noch lange. Um 1870 gab es mit Ausnahme
straße wurde zwischen 1862 und 1866 gebaut
der hartbedachten Schmieden nur 3 Häuser
und mit viel Mühe und hohen Kosten gepflas-
mit einem Ziegeldach, das des Physikus, des
tert.
Tierarztes und des Amtsrichters. Gebäude, die
Handelsverbindungen nach außen wurden
in der Folgezeit abbrannten, wurden mit einem
mit Frachtwagen hergestellt, die ein- bis zwei-
Ziegeldach wieder aufgebaut. Die großen bauli-
mal die Woche zwischen Niebüll, Flensburg,
chen Veränderungen erfolgten erst nach 1920,
Bredstedt und Dagebüll verkehrten. Nach Ton-
als Niebüll sich zum Kreisort entwickelte.
dern bestand eine tägliche Verbindung, mit
Zum Status als Kreisort kam Niebüll nach
einer Volksabstimmung. Wichtige Folgeerscheinung war der Umzug zahlreicher Behörden,
für die Amtsräume und -gebäude entstanden.
Die neue „Beamtenstadt“ hatte aber auch
Wohnraumbedarf. Alwin Lensch rief die Siedlungsgenossenschaft ins Leben. Sein Werk
wuchs zu einem Stadtteil im Westen Niebülls,
den der Volksmund immer noch die „Siedlung“
nennt.
Der zweite Weltkrieg brachte Niebüll nach
seinem Ende weiteren Bevölkerungszuwachs.
Die Gemeinde, die seit 1960 Stadt ist, wusste
220
» Volksbank Niebüll »
den Zwängen und Erfordernissen der Zeit mit
die um die Mitte des 19. Jahrhunderts vor allem
Ruhe und Bedacht zu begegnen. Spontane
darunter litt, dass es keine Banken in Deutsch-
Entwicklungen gab es in diesem Ort nie. Alles
land gab, die ihr Betriebskredite hätte geben
hat sich in allmählichem Wachstum geformt.
können. Aus diesen Überlegungen entstand
Niebüll wusste auch den Verlust der Kreis-
schließlich das Prinzip der Selbsthilfe.
verwaltung zu verschmerzen. Die Stadt ver-
Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbst-
stand es, aus ihrem neuen Status als zentraler
verwaltung wurden schließlich zu Grundsätzen
Ort etwas zu machen.
seiner Idee, die sich das gewerbliche Genos-
Im Zuge eines städtebaulichen Förderpro-
1885
senschaftswesen zu Eigen machen sollte.
gramms gelang es ihr, nach 25-jähriger Warte-
Vor Gründung der Kreditgenossenschaft exis-
zeit ein neues Rathaus zu errichten. Rund um
tierte am Ort nur eine Privatsparkasse für Nie-
dieses Rathaus entwickelte sich der neue
büll, Deezbüll und die Christian-Albrechts-Köge.
Stadtkern, um den sich zwar ein völlig neues,
Das kleine Institut konnte die Nachfrage nach
aber gleichwohl an alten Werten orientiertes
Betriebsmittelkrediten bei weitem nicht befrie-
Niebüll artikulierte.
digen. Die gesamte Wirtschaft litt stetig unter
Sie hat eine enorme Entwicklung vernom-
akutem Geldmangel. Geld kam damals nur ein-
men, die Stadt auf dem 3.000 ha großen Areal,
mal jährlich in Bewegung, zum 1. November,
auf dem heute ca. 9.300 Menschen leben.
wenn die Arbeiter ihren Jahreslohn erhielten.
„Klein aber fein, und blitzsauber dazu“ kann
Ein Großteil der übers Jahr erbrachten Leistungen
man von dieser Stadt sagen, in der Handel,
und Lieferungen wurde nicht in bar gezahlt.
Handwerk und Gewerbe ebenso gut florieren
Die Rechnungen blieben liegen, oder wurden
wie der Dienstleistungsbereich.
nur um den 1. November geschrieben.
Fehlendes Kapital führte unter Handwerkern,
Gewerbetreibenden und Bauern nicht selten
Die genossenschaftliche Idee –
Gründung des Creditvereines
zur Volksbank
Am 6. Oktober 1885 gründeten 46 Bürger
des Marktfleckens Niebüll und dessen naher
Umgebung eine Kreditgenossenschaft, aus
der die Volksbank hervorgegangen ist.
Sie folgten der Idee des Kreisrichters Hermann
Schulze aus dem sächsischen Handwerkerstädtchen Delitzsch, der kleinen Gewerbetreibenden Auswege aus der allgemeinen Kreditnot
aufgezeigt hatte. Schulze-Delitzsch hatte die
Nöte der mittelständischen Wirtschaft erkannt,
221
Hier fing es einmal an
1901
» Volksbank Niebüll »
zu zeitweiser Not, und der Bedarf an Fremdka-
dieses zukunftsweisenden Schrittes zählte der
pital war auch an jenen Tagen beachtlich. Die
Kaufmann Janne Jannsen und der Auktionator
Landwirte benötigten es zum Viehgräsen, das
Hinrich Hinrichsen.
Gewerbe zur Bezahlung der Lieferungen über
die hereingekommenen Versorgungsgüter.
Die Niebüller wurden hellhörig, als ihnen
Den ersten Vorstand bildeten folgende Personen:
> I. Neugebauer, Direktor, Niebüll
der Husumer Bürgermeister Emanuel Gurlitt
> Thygo Ingwersen, Kassierer, Niebüll
Wege wies, wie dieses Dilemma beseitigt wer-
> Hinrich Hinrichsen, Kontrolleur, Niebüll
den könnte. Gurlitt war damals Vorsitzender
der Vereinigung Schleswig-Holsteinischer Kre-
Zum Aufsichtsratsvorsitzenden wählten die
Mitglieder Janne Jannsen.
ditgenossenschaften. In ihrem Auftrag reiste
er landauf / landab, um die Bürger – vor allem
Das Kassenlokal wurde im Geschäftshaus
aber den lokalen Kommerz – über die Mög-
des Kaufmannes Thygo Ingwersen eingerichtet
lichkeiten, die das in jenen Tagen schon relativ
(später Haus Grodrian). Nachdem Janne Jann-
weit verbreitete gewerbliche Genossenschafts-
sen einige Jahre später die Aufgabe des Kas-
wesen bot, aufzuklären.
sierers übernahm, folgte der Creditverein mit
So kam es wenig später zur Gründung einer
den Kassengeschäften in dessen Haus an der
Genossenschaft, die den Namen „Niebüller
Hauptstraße 81, das bis 1962 Bankhaus der
Creditverein eGmuH“ erhielt. Dem Credit-
Volksbank blieb. Das Gebäude wurde nach
verein traten 46 Bürger bei. Zu den Initiatoren
Errichtung des Neubaues in der Hauptstraße 58
222
» Volksbank Niebüll »
Betriebs- und Geschäftshaus der Druckerei
Niebüll eGmbH“. Später firmierte die Volksbank
Johannes Klink, bis 2011 beherbergte das ein-
nur unter dem haftungsrechtlichen Etikett „eG“,
stige Bankgebäude die Praxis des Arztes für
als „eingetragene Genossenschaft“.
Orthopädie Eckard Schermuly.
1917
Nach den ersten drei Jahrzehnten stetiger
Der in der Hauptstraße 58 befindliche Neu-
Entwicklung als Partner im Dienste der hei-
bau der Volksbank wurde auf dem Grundstück
mischen Wirtschaft folgte mit dem ersten
der früheren Gärtnerei der Geschwister Tilli,
Magda und Maria von Eitzen errichtet.
Bis weit in den ersten Weltkrieg hinein war
der Niebüller Creditverein eine „eingetragene
Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht“.
Am 17. November 1917 erfolgte die Umwandlung der „eGmuH“ in eine „Genossenschaft
mit beschränkter Haftung“. Zu seinem Namen
kam das genossenschaftliche Bankunternehmen
erst am 29. März 1939. Im Zuge der Vereinheitlichung Schulze-Delitzscher Kreditgenossen-
Janne Jannsen
schaften erhielt sie den Namen „Volksbank
223
1923
» Volksbank Niebüll »
terherlaufen zu müssen und weil Hartgeld von
den Leuten gesammelt wurde, erfanden sie das
„Niebüller Notgeld“, das in der kleinen Region
um den Marktort die Millionen, Milliarden und
Billionen ersetzte, die in Wäschekörben herangetragen werden mussten, um kleine und kleinste Leistungen bezahlen zu können.
Ende November 1923 trat der vollständige
Zusammenbruch der Reichsmarkwährung
ein. Die damalige Bilanz der Volksbank
(Niebüller Creditverein) wies phantastische
Zahlen aus. Das Vermögen der Bank wurde
in Gold- und Papiermark unterschieden. Das
Goldvermögen betrug am 31.Dezember 1923
20.989,35 Goldmark, das Papiervermögen kletterte auf eine kaum vorstellbare Zahl von
10.489.349.752.005.002,13 Reichsmark. Im
Klartext waren das:
10 Billiarden
489 Billionen
349 Milliarden
752 Millionen
5 Tausend
2 Mark und
13 Pfennige.
Die Bankbücher konnten derartige Zahlen
nicht mehr aufnehmen. Abgesehen von der
Bewältigung der Geldpapierberge, mussten
alle diese Zahlen von Hand gebucht und im
Kopf addiert werden.
Die Haftsumme belief sich während dieser
Weltkrieg der erste große Rückschlag. Die
Zeit auf 5.270.000,– RM, die damals jedes der
Kriegsfolgen mit der totalen Geldentwertung
340 Mitglieder bei der Bank zu hinterlegen
bekam auch die Volksbank zu spüren.
hatten. Im Jahr zuvor hatte die Haftsumme
Da die Niebüller bei der Gründung ihrer Volks-
pro Mitglied „nur“ 648.000,– RM betragen.
bank das Prinzip der Selbsthilfe sehr wohl
Diese wohl schwärzeste Episode endete mit
erkannt hatten, zeigten sie sich auch in der
der Einführung der neuen, stabilen Rentenmark.
nun einsetzenden Not erfinderisch. Um der
Die neue Währung bewirkte eine vorüber-
galoppierenden Geldentwertung nicht erst hin-
gehende Normalisierung der Wirtschaft.
224
» Volksbank Niebüll »
Aber ausgelöst durch die Weltwirtschafts-
Deumer, der den Genossenschaften Anerken-
krise 1929 in den USA ging es bis 1931 wieder
nung dafür aussprach, dass sie die Erschütte-
steil bergab. In dem Begleittext zum Geschäfts-
rungen des deutschen Kreditsystems im
bericht war von „einem der schwersten Jahre,
Wesentlichen aus eigener Kraft überstanden
das die Wirtschaft seit Generationen erlebte“,
hätten. Der im Genossenschaftswesen ver-
die Rede.
wirklichte Gedanke einer wechselseitigen
Die Jahre seit der Inflation hatten sich als
Hilfsbereitschaft hatte sich gerade während
Jahre der Scheinblüte entpuppt. Die Wirt-
wirtschaftlicher Schwierigkeiten der zurück-
schaftskrise war auch zu einer Krise der Banken
liegenden Jahre als im Kern gesund erwiesen.
geworden.
1938
Das durfte auch die Niebüller „Kreditgenos-
Bis 1933 hatte der Kaufmann Ludolph Deth-
senschaft“ für sich in Anspruch nehmen. Sie
lefsen der Volksbank 40 Jahre treu gedient.
trug wesentlich dazu bei, dass sich das Gemein-
Dethlefsen bewältigte nicht nur die Vorstands-
wesen Niebüll in seiner Entwicklung deutlich
geschäfte; er zeigte auch wirtschaftliche Ini-
sichtbar nach oben orientierte.
tiativen. Zusammen mit dem Aufsichtsrats-
Die Entwicklung der Volksbank erlebte mit
mitglied Alwin Lensch, damals Rektor der
dem Ausbruch des zweiten Weltkrieges erneut
Volksschule in Niebüll, war er maßgeblich an
einen Einbruch.
Gründung und Aufbau der „gemeinnützigen
Die beiden Vorstandsmitglieder Johann
Kleinsiedlung für Niebüll, Deezbüll und Umge-
Ludolph Dethlefsen und Johannes Nissen wur-
bung eGmbH“ beteiligt.
den zum Wehrdienst einberufen. An ihre Stelle
Der Kreisort Niebüll hatte in jenen Jahren
traten als Stellvertreter für die Dauer des Krie-
das Problem der Wohnungsnot anzupacken.
ges August und Otto Christiansen. Es sollte
Es war ausgelöst worden durch den Zuzug
nach Kriegsende noch drei Jahre dauern, bis
und die Bildung von Kreis- und anderen Dienst-
die „Neuzeit“ begann. Sie wurde mit der Wäh-
stellen, die sich nach der Abstimmung am
Ort etabliert hatten.
Begannen die 30er Jahre mit schweren Krisen
für Wirtschaft und Banken, so zeigte sich,
dass der Bürger das Vertrauen in die von ihm
getragenen Selbsthilfeeinrichtungen behielt.
Gleichwohl galt das für die Genossenschaftsbanken.
Im Dezember 1933 beschäftigte sich der
Untersuchungsausschuss für das Bankwesen
u.a. eingehend mit den Aufgaben der Kreditgenossenschaften. Das Ergebnis dieser Untersuchung mündete in den Feststellungen des
damaligen Reichsbankdirektors Dr. Robert
225
Hauptstraße in Alt-Niebüll
1948
» Volksbank Niebüll »
verzeichnen. Das Nordfriesland Tageblatt
berichtete über die in Niebüll stattgefundene
Generalversammlung der Volksbank des Wirtschaftsjahres 1974.
Der Geschäftsbericht wurde von dem damaligen Vorstandsmitglied Lewe Petersen erstattet. Der Hauptschwerpunkt lag in den enormen
Steigerungsquoten bei den Spareinlagen. Für
die Kreditnachfrage wurde lediglich eine
zögernde Nachfrage den Mitgliedern bestätigt.
Zwischen Vergangenheit
und Zukunft
Vom Grundgedanken her hat sich auch bis
zum Jubiläumsjahr des Jahres 1985 an den
Zielen der Volksbank nichts geändert. Trotz
der Zwänge, die ein dynamisches Wirtschaftsgefüge immer wieder aufbaut und die Banken
zwingt, Schritt zu halten, folgte das genossenschaftliche Unternehmen immer noch seinem Leitmotiv, das da heißt „Im Dienste der
heimischen Wirtschaft“.
Über den selbst auferlegten Zwang hinaus,
getreu dem § 1 des Genossenschaftsgesetzes
„Mitglieder und Wirtschaftsunternehmen zu
rungsreform eingeläutet, die am 21. Juni 1948
fördern“, sind Volks- und Genossenschafts-
in Kraft trat.
banken zunehmend zur „Bank der kleinen
Im Jahre 1948 wurde zweimal bilanziert.
Leute“ geworden.
Die Vergangenheit endete mit einer Bilanz-
In der Tat zählte der „kleine Mann“ zu den
summe von 4.697.244,– RM am 20. Juni 1948.
nicht zu unterschätzenden, wenn nicht gar
Die Neuzeit begann mit einer Bilanzsumme
wichtigsten Kunden. Beleuchtet man die Struk-
von 352.428,– DM. Der Volksbank gehörten
tur der nach dem Stand von 1985 herausge-
damals 304 Mitglieder an.
gebenen Kredite, so dominierten derzeit die
In der Folgezeit konnte die Volksbank Niebüll
Unselbstständigen, die Arbeiter, Angestellten
stets ein überdurchschnittliches Wachstum
und Beamten sowie Pensionäre. An zweiter
226
» Volksbank Niebüll »
Stelle folgten die freien Berufe und sonstigen
Sie war ein guter mittelständischer Arbeitgeber,
Wirtschaftsunternehmen, vor dem Handel,
Treue wurde immer groß geschrieben. Zum
der Landwirtschaft und dem Handwerk. Die
Kreis der Langgedienten zählen nachstehende
nachstehende Tabelle deutet dies exakt an:
Personen:
> Ludolph Dethlefsen
Berufsstand
DM in Mio. Prozent
Unselbstständige Arbeiter/
Angestellte/Beamte/Pensionäre 18,4
32,4 %
freie Berufe und sonstige
Wirtschaftsunternehmen
13,5
23,7 %
Handel
10,7
18,8 %
Landwirtschaft
9,4
16,6 %
Handwerk
4,9
8,5 %
Gesamtkreditvolumen
56,9
100 %
1985
1893–1933
> Johann Ludolf Dethlefsen
(Sohn v. Ludolph Dethlefsen)
> Johannes Nissen
1933–1972
1939–1972
Diesem Kreis ist auch Lewe Petersen zuzurechnen, der am 2. September 1952 in den
Vorstand gewählt wurde und mit Ablauf des
Monats September 1985 in den Ruhestand
trat.
Das genossenschaftliche Selbsthilfeprinzip
Der damalige Stamm der Mitarbeiter waren
dokumentierte sich darin, dass die Volksbank
„Insider“, die Land und Leute kannten, mit
im reinen Dienstleistungsbereich seine Gebüh-
ihnen zu reden wussten, in platt- und hoch-
ren kostendeckend berechnete. So wurde bei-
deutscher Sprache, teilweise in friesischer
spielsweise aus den Buchungsgebühren kei-
und englischer Sprache. Das Personal der
nerlei Profit erzielt.
Volksbank war damals wie folgt aufgeteilt:
Das Verhältnis zwischen Mitgliedern und
> Schalterhalle
9 Mitarbeiter
Kunden auf der einen und der Bank auf der
> Kreditabteilung
4 Mitarbeiter
anderen Seite war von wechselseitigem Geben
> Hauptkasse
1 Mitarbeiter
und Nehmen bestimmt. Die Volksbank hielt
> EDV
1 Mitarbeiter
enge Verbindungen zu ihren Mitgliedern, arbei-
> Innenrevision
1 Mitarbeiter
tete mit ihnen zusammen. Der Begriff „Kun-
> Registratur
2 Mitarbeiter
dennähe“ wurde wörtlich gelebt. Über den
> Hauptbuchhaltung
3 Mitarbeiter
Banktresen wurden nicht nur geschäftliche,
sondern auch menschliche Bande geknüpft.
Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Volksbank und Mitglieder kannten einander. Das
gute Verhältnis zwischen beiden Parteien
erfuhr auch dann keinen Einbruch, wenn die
Spielregeln einmal dem persönlichen Bedürfnis
des Menschen „auf der anderen Seite des Tresens“ entgegenstanden.
Die Volksbank begann ihren Weg mit 3 Mitarbeitern, 1957 waren es 12 und im Jubiläums jahr 1985 beschäftigt die Volksbank 21 Personen.
227
Die Buchhaltung der Volksbank
im Jahre 1985
1985
» Volksbank Niebüll »
Die Belegschaft im
Jubiläumsjahr 1985
Obere Reihe von links:
Jürgen Thomas, Claus Moritzen,
Stefan Thomsen, Jonny Nissen,
Helge Jensen, Boy Tetens,
Hans-W. Christiansen,
Thomas Petersen.
Mittlere Reihe von links:
Karin Stender, Marina Ott,
Bettina Fritzsche,
Kirsten Petersen, Ute Petersen,
Wiebke Petersen, Ellen Pudschun,
Silke Lorenschat, Regina Paulsen,
Anne Steensen,
Johann-Heinrich Dusilek.
Untere Reihe von links:
Ute Ingwersen,
Heinrich Carstensen,
Lewe Petersen, Werner Laabs,
Heinrich-Günter Oldsen,
Ilse Hansen.
Der Aufsichtsrat im
Jubiläumsjahr 1985:
Von links:
Hans Jürgen Böttger,
Uwe Schnepel, Peter Ebsen,
Ammon Momme,
Gustav August Heidbrede
und Thomas Storm
Hinzu kamen die damaligen Vorstandsmit-
Es erscheint nur selbstverständlich, dass
glieder Werner Laabs und Ludwig Andresen.
sich eine Belegschaft wie eine Familie fühlte.
Die Besetzung des Aufsichtsrates spiegelte in
Bei der Volksbank war das Verhältnis unter
etwa auch die Struktur der Mitglieder wieder.
den Mitarbeitern gut „familiär“ ausgeprägt.
Die Hälfte der Mitglieder waren Arbeitnehmer,
Jeder fühlte sich verantwortlich für das Unter-
30% Selbstständige Gewerbetreibende (Kaufleu-
nehmen. Alle zogen an einem Strang. Das gute
te und Handwerker) und 20 % Landwirte oder
Vertrauensverhältnis äußerte sich nicht zuletzt
eng mit der Landwirtschaft verbundene.
in den Betriebsversammlungen und Mitarbeiterbesprechungen, bei denen alle dabei und
stets aufgefordert waren „Beifall und Pfiffe“
zu äußern, zu kritisieren, Vorschläge zu machen.
Der gute Zusammenhalt unter den Mitarbeitern
setzte sich fort bei außerbetrieblichen Anlässen
wie Hochzeiten, Jubiläen, Richtfesten und
anderen Anlässen. Bei der Volksbank bestand
ferner eine Lottogemeinschaft, die sich wie
andere auch wünschte, einmal auf privatem
Wege an das „große Geld“ zu kommen.
Die Mitarbeiter nahmen über ihre Pflichten
hinaus die Gelegenheit zu beruflicher Weiterbildung wahr. Einige von ihnen hatten bereits
228
» Volksbank Niebüll »
1985
damals das Diplom des Bankfachwirtes erreicht. Nächste Institution zur Weiterbildung
war die damalige Raiffeisenschule in Rendsburg (heute: GenoAkademie). Auf Bundesebene wurde die Akademie Deutscher Genossenschaften in Montabaur für Lehrgänge, die
für die Qualifikation der einzelnen Bankfachleute erforderlich waren, in Anspruch genommen.
Die Volksbank gehörte dem Nordwestdeutschen Genossenschaftsverband SchultzeDelitzsch e.V. in Hamburg und dem Bundesverband der Volks- und Raiffeisenbanken e.V.
in Bonn an. In Zusammenarbeit mit dem
Nordwestdeutschen Genossenschaftsverband
Dächern. Und zwar
wurden die gesetzlichen Prüfungen im Institut
> 1885–1895 im Hause Uhlebüller Straße 1
jährlich durchgeführt.
> 1895–1962 in der Hauptstraße 81
Der Bundesverband informierte seine Mit-
> 1962–2000 in der Hauptstraße 58
glieder über Rechtsfragen sowie über Fragen
Der für eine Bausumme von 1,1 Mio.DM im
der Weiterbildung. Durch weitere Mitglied-
Jahre 1962 auf dem früheren Grundstück der
schaften dokumentierte die Volksbank ihre
Geschwister von Eitzen errichtete Neubau
Bindungen zu weiten Bereichen des öffent-
wurde im Jahre 1985 umgestaltet und renoviert.
lichen Lebens, zu Wirtschaft, Kultur, Sport
Die Umbaukosten betrugen rund 750.000,– DM
und Sozialem.
und wurden ausnahmslos an Handwerker-
Die Volksbank Niebüll war Mitglied der In-
Kundendienst im Jahre 1985
am damals modernen AKT
Kunden der Volksbank vergeben. Für weitere
dustrie- und Handelskammer Flensburg, der
Handelskammer- und Gewerbevereine Niebüll und Leck, des Handwerker- und Gewerbevereins Risum-Lindholm, der Haus- und
Grundstückseigentümervereine Niebüll und
Leck, des Verschönerungsvereins Leck, des
Vereins Naturkundliches Heimatmuseum
Niebüll, des Nordfriesischen Schützenkorps
Niebüll/Deezbüll und Umgebung, der Freiwilligen Feuerwehren Niebüll, Deezbüll und Leck
sowie des Fremdenverkehrsvereins Niebüll.
Die Volksbank arbeitete an ihrem Sitz in
Niebüll bis zum Jubiläumsjahr 1985 unter drei
229
Die neue Schalterhalle
im Jahre 1985
1985
» Volksbank Niebüll »
zu neuen und zukunftsorientierten Konzepten.
In dem durch die Einbeziehung früherer
Geschäftsräume (früher das Blumengeschäft
von Gmelin, später der Scan-Shop) vergrößertem Erdgeschoss konnte die Schalterhalle
erheblich vergrößert werden. Im Wesentlichen
wurde die Gliederung in einen Servicebereich
nach Kundennummern unterteilt.
Für das vertrauliche Gespräch standen gesonderte Räume zur Verfügung. Kernstücke der
beiden Servicebereiche waren die automatischen Kundentresore (AKT), die im Geldverkehr
ebenso für mehr Sicherheit sorgten wie die
separat am Westende der Schalterhalle lieDie alte Volksbank in der
Hauptstraße 81 im Jahre 1962
450.000,– DM wurden Einrichtungsgegenstände
gende Hauptkasse. Die Geschäftsausstattung
und Technik in dem Bankgebäude installiert.
wurde von der Firma „Selecta“, einer Spezial-
Es entstanden zwei neue Eingangsbereiche
firma für Bankeinrichtungen, geliefert.
am Westersteig und an der Hauptstraße und
Der Schalterhalle schlossen sich zu gleicher
eine neue Schalterhalle, der sich gleichfalls
Ebene die Vorstandszimmer, die Kreditabtei-
neu gestaltete Büroräume anschlossen.
lung, Innenrevision, EDV, Registratur und
Der Fortschritt im Bankwesen machte auch
vor der Volksbank nicht halt und zwang sie
Hauptbuchhaltung an.
Im Obergeschoss des Gebäudes war neben
dem Sitzungszimmer die Wohnung des Hausmeisters sowie Räume, vermietet an eine
Naturheilkundepraxis.
Auf das übrige Gebäude verteilten sich die
üblichen Funktionsräume, ferner der im Keller
befindliche Aufenthaltsraum für das Personal.
In diesem Raum fanden außer Besprechungen
auch die jährlichen Weihnachtsfeiern statt.
Im Zuge der Umbaumaßnahmen wurden
beide Eingangsbereiche durch neue Vorbauten
völlig umgestaltet. Nach den Plänen des Architekten Herbert Friis aus Niebüll entstand ein
Umbauphase der Volksbank 1985:
Während der Umbauarbeiten
hatte die VB ihr Domizil
vorübergehend im alten Rathaus
Konzept, das von der Grundform der Gebäudearchitektur völlig abweicht. Gedanklich war
beabsichtigt, mit diesem Konzept eine Brücke
in die Zukunft zu schlagen.
230
» Volksbank Niebüll »
1896
Bei vielen Kunden stieß die damalige Formgebung der Eingangsbereiche keineswegs auf
Zustimmung. Niebüller haben sich stets konservativ gegeben und neues immer kritisch
aufgenommen. Die gläsernen Vorbauten
gewährten sowohl den Blick nach innen als
auch nach außen.
Notizen aus der Vergangenheit
> Amtliche Organe der Volksbank und des
früheren Creditvereins waren die „Nordfriesische Rundschau“, der „Deutsche Reichsanzeiger“, die „Südtondernsche Zeitung“ und
das „Südtondern Tageblatt“, das heutige Nord-
dann in Funktion, wenn über Kreditanträge
friesland Tageblatt. Es genügte damals, die
zu beschließen war.
Mitglieder zu den Versammlungen per „Annon-
Die Kommission wurde von Zeit zu Zeit
ce“ einzuladen. So war es früher auch üblich,
gewählt. Ihre Mitglieder wechselten turnus-
der Generalversammlung des Creditvereins
mäßig. Die „Commission“ nahm ihre Aufgabe
ein Exemplar der „Nordfriesischen Rundschau“
äußerst genau, galt es doch durch richtige
vorzulegen – zum Zeichen, dass die Versamm-
Einschätzungen der Kreditnehmer Schaden
lung ordnungsgemäß einberufen war.
von der Genossenschaft abzuwenden. Auf
> Der Schriftführer einer Versammlung
ihre Hinweise stützte sich letztlich der Vor-
wurde einst „per Acclamation“ bestimmt. Er
stand, der entschied, ob einem Antrag zuzu-
unterzeichnete die von ihm gefertigten Pro-
stimmen war oder ob er abgelehnt wurde.
tokolle mit dem Zusatz „p.A.“ Mit ihm unter-
Gelang es einem Antragssteller nicht, „gute
schrieben das Protokoll die anwesenden Vor-
Bürgen“ zu benennen, so hatte er es schwer,
stands- und Aufsichtsratsmitglieder sowie
an das Geld des Vereins zu gelangen.
einige Mitglieder aus der Versammlung.
> Im Jahre 1896 erhielt der Direktor des
Creditvereins
ein
Gehalt
von
> In den Kriegsjahren 1914 bis 1916 gewährte
der Creditverein jährliche Kriegsbeihilfen von
jährlich
je 1.500,– RM. In den Folgejahren zeichnete
400,– Mark. Dem Kontrolleur wurde 1901 ein
sie Kriegsanleihen zu einem Zinsfuß von 5%
Jahresgehalt von 1.200,– Mark gewährt. Über
und zwar 1916 über je 10.000,– RM und 1917
das Gehalt beschloss die Mitgliederversamm-
über je 20.000,– RM.
lung.
> Am 17. November 1917 wurde der Credit -
> Eine wichtige Rolle spielte seit jeher die
verein auf Beschluss der Mitgliederversamm-
„Einschätzungskommission“. Sie trat vor allem
lung in eine Genossenschaft umgewandelt.
231
Das Volksbankgebäude
nach Umbau
1934
» Volksbank Niebüll »
ein Mitglied dieses Gremiums auf seine Wiederwahl, woraufhin die Generalversammlung
ihrerseits keinen Nachfolger wählte. August
Karstensen erwarb sich das Vertrauen der
Mitglieder und wurde in der Folgezeit noch
dreimal wiedergewählt.
> Heinrich Schmicker war in seinen besten
Jahren einer der bedeutendsten Persönlichkeiten in Niebüll. Von Beruf Bauunternehmer,
schuf er viele markante Bauten in dem damals
aufstrebenden Ort. So erbaute er u.a. den
Bahnhof Niebüll und den Neugalmsbüller
Kirchturm. Schmicker war auch der letzte
ehrenamtliche Gemeindevorsteher (Bürgermeister) der Gemeinde Niebüll.
Vorstand und Aufsichtsrat
früherer Tage:
Oben von links:
August Karstensen,
August Christiansen,
Samuel Raffelhüschen,
Hans-Jürgen Dierks,
Iwer Ebsen, Otto Christiansen
Unten von links:
Matthias P. Ingwersen,
Magnus Ebsen,
Boy Erich Hansen
und Ludolph Dethlefsen
> Am 18. März 1919 kaufte die Genossen-
> Laut Gesellschaftsvertrag vom 16. Oktober
schaft das Gewese des Kassierers Ludolph
1885 (Gründungsdatum der Volksbank) erhielt
Dethlefsen zu einem Preis von 32.000,– RM.
der Niebüller Creditverein den Status einer
Der Kaufvertrag, dem die Mitgliederversamm-
„eingetragenen Genossenschaft mit unbe-
lung zustimmte, trat am 1. April 1919 in Kraft.
schränkter Haftpflicht“ (eGmuH). Am 17. No-
> Am 22. März 1934 wurde August Karstensen
vember 1917 erfolgte die Umwandlung in eine
auf Vorschlag der NSDAP in den Aufsichtsrat
„eingetragene Genossenschaft mit beschränk-
berufen, der sich zu diesem Zeitpunkt von
ter Haftung“. In den Gründerjahren mussten
bisher 9 auf 10 Mitglieder erhöhte. Dies galt
die Vorstandsmitglieder und teilweise auch
jedoch nur für ein Jahr. Im Folgejahr verzichtete
die Mitglieder des Aufsichtsrates eine Sicherheit
von mehreren Hundert bzw. Tausend Reichsmark hinterlegen.
> Im Inflationsjahr 1923 belief sich der Genossenschaftsanteil auf 10.000,– RM, der Anteil
sank dann 1924 auf 400,– Rentenmark ab.
> Am 22. März 1934 schloss sich der Kreditverein (nun mit „K“ geschrieben) mit seiner
Satzung inhaltlich den Musterstatuten des
Deutschen Genossenschaftsverbandes an.
Seit dem 21. Mai 1954 galt die Mustersatzung
der Volksbanken und seit dem 24. März 1965
wieder die Mustersatzung des Genossen-
Heinrich Schmicker
schaftsverbandes.
232
» Volksbank Niebüll »
1901
Die Tagungslokale der
Mitgliederversammlungen
Das genossenschaftliche Element und das
der Selbsthilfe sowie Selbstverwaltung schlug
sich in den Tagungslokalen nieder, in denen
sich die Mitglieder versammelten, um die
Berichte des Vorstandes zu hören und Beschlüsse zu fassen.
Die Entscheidungen, die den Weg des einstigen Kreditvereins und der späteren Volksbank
vorzeichneten, fielen nach Feierabend in Kneipen, Gasthöfen und Hotels am Ort. Da die
Wirte zuweilen auch in den Führungs- und
oben: Gasthof Carstensen
Aufsichtsgremien der Genossenschaft tätig
waren, wurde das Lokal turnusmäßig gewechselt.
Anfangs genügte oft ein kleiner Raum, da
sich nur 15, 20 oder 25 Personen zu den jewei-
Das Central-Hotel
und spätere Landratsamt
ligen Versammlungen einfanden. Seit Einführung des traditionellen Grünkohlessens in das
Thamsens Hotel,
rechts das Königliche
Amtsgericht
233
1958
» Volksbank Niebüll »
Das Landschaftliche Haus
Programmwerk der Generalversammlung ist
bei den Veranstaltungen ein volles Haus sicher.
Zweig- und Zahlstellen der
Volksbank Niebüll
In der Liste der Lokale spiegelte sich auch
ein wenig Ortsgeschichte wider. So fanden
die Versammlungen einst bei Anthoni Cars-
ihres Stammsitzes Niebüll präsent.
tensen, bei August Markussen, bei Lauritz
In Leck, wo es früher einmal eine eigen-
Tammsen, in Boy Jessens Gasthof, im Wiener
ständige Volksbank gab, wurde am 10. Juni
Café, bei Wilhelmsen in Deezbüll, in Schröders
1958 eine Zweigstelle eingerichtet. Die Zweig-
und Emil Langes Hotel, bei Matthias P. Ing-
stelle wurde bis zum Jahre 2000 geführt und
wersen, im Friesischen Haus bei Franz Eck,
ab dem Jahr 2001 im Rahmen der Fusion mit
bei Ludwig Boysen, Heinrich Hansen, Jakob
der Raiffeisenbank Südtondern-Bredstedt/
Bossen, Cornils Nissen oder
Johannes Kühl statt.
Viele Gaststätten, die hier
genannt sind, waren ein- und
dasselbe Haus, das später unter
Namen wie „Bökingharder
Die Zweigstelle Leck
(heute vermietet an Gemeinde
und Gewerbetreibende)
Die Volksbank war auch in der Umgebung
Hof“, „Hotel Stadt Tondern“,
„Hotel Bossen“, „Morgenstern“
oder „Landschaftliches Haus“
bekannt wurde.
234
» Volksbank Niebüll »
Land eG zur VR Bank eG in
Manufaktur Porzellan-Münzen
dessen Geschäftsstelle verlegt.
prägen zu lassen. Die anderen
In Risum-Lindholm bestand
30 Gemeinden begnügten sich
am Schörkewäi eine Zahlstelle,
mit Papier-Notgeld, dessen
die im Jahre 2001 im Rahmen
Umlauf sich zu meist in den
der Fusion mit der VR Bank
Gemeindegrenzen bewegte.
zusammengelegt wurde.
Unter den nordfriesischen
In Dagebüll am Halligweg
Gelddruckern gab es einige,
wurde ebenfalls eine Zahlstelle
die besonders geschäftstüchtig
unterhalten.
waren. So wurde Notgeld viel-
Die Zahlstelle in der Ortsmitte in Klanxbüll bestand seit 1961. Sie wurde
ebenfalls nach der Fusion mit der VR Bank
zusammengelegt.
fach zum Objekt des Sammeleifers der Numismatiker.
Der Kunsthändler Behrend Harke Feddersen,
der sich in den 70er Jahren des Themas „Notgeld“ in einer Ausstellung auf dem Hof „Paradies“ widmete, ermittelte in Nordfriesland
Als das Kleingeld knapp war
allein 164 verschiedene Notgeld-Grundmuster,
wobei die Farb- und Papiervariationen nicht
Gegen Ende des ersten Weltkrieges wurde
1923
mitgezählt wurden.
im Deutschen Reich das Kleingeld knapp. Steigende Preise und eine ungewisse Zukunft veranlassten die ängstliche Bevölkerung das
Metallgeld zu sammeln. Das Unvermögen der
staatlichen Prägeanstalten und der Reichsdruckereien, den Bedarf an Münzen zu befriedigen, führte dazu, dass Städte und Gemeinden
dazu übergingen, eigenes Notgeld herauszugeben.
Als dieser Spuk Ende 1923 vorüber war,
waren nach sachkundigen Schätzungen rund
70.000 verschiedene Notgeldscheine ausgegeben worden.
Zu den Herausgebern des Notgeldes gehörten auch 31 nordfriesische Gemeinden, die
zwischen 1917 und 1923 eigene Scheine herausbrachten.
Die Gemeinde Boldixum auf Föhr leistete
sich den Luxus, sich von einer Meissener
235
links: Die Zahlstelle Lindholm am
Schörkewäi, die von Frau Paulsen
geführt wurde.
oben: Der Halligweg in
Dagebüll – eine gute Adresse für
Urlauber, die Euroschecks
einlösten.
1923
» Volksbank Niebüll »
In der Region Niebüll begnügten sich die
Herausgeber mit Motiven aus dem örtlichen
Bereich – mit schönen und bemerkenswerten
Dingen am eigenen Ort. 25 der 30 friesischen
Gemeinden zeigten reetgedeckte Bauernhöfe,
die alte Dorfkirche, die Schule, Mühlen, Warften, Straßenzüge, Stadt- und Dorfsilhouetten.
Hier und da waren es auch Trachten, das Interieur friesischer Häuser, Bräuche- Bilder aus
dem Leben.
Die Notgeldscheine nebeneinander gelegt
erbrachten eine Dokumentation friesischen
Lebens und friesischer Art, wie sie kaum jemals
zuvor bei einem anderen Anlass so vollständig
zusammenkamen. Es waren Ansichten dabei,
die es anderswo gar nicht mehr gab und gibt.
Das Niebüller
Notgeld von 1920
So gesehen wurden die Notgeldscheine auch
zu einem Kulturhistorischen Dokument, das
sein Entstehen einer verworrenen Episode
verdankt.
Die Abbildungen auf den Notgeldscheinen
Die Gemeinde Niebüll ließ ihr Notgeld von
spiegelten damals sowohl die geistige und
Maler Hans Jansen malen. Bei den Motiven
politische Situation der Zeit als auch Einstellung
stand ganz offensichtlich Karl Ludwig Jessen
und Verhalten der Gemeindeväter wider.
Pate. Jansen zeigt auf einem 50-Pfennig-Schein
„Was veranlasste die Gemeinden damals
einen Teepunschtrinker, der in Mooringer
dazu, auf den Notgeldscheinen abgebildet zu
Mundart erklärt: „En fraschen Theepuns drenk
werden?“ lautete die Frage, die Neugierde
ik hal, de schaet nane Mansche“.
auslöste und Heimatforscher in Bewegung
Neben das Bildnis einer Spinnerin setzte
brachte. Worauf waren die Gemeindevertreter
Jansen die ins Friesische übersetzte alte deut-
stolz? Was bewegte die Bürgermeister? Ging
sche Weisheit: „Hum schall’t stell smae, sö
man auf die Geschichte ein, die in der Region
long’t no glinj as“. Übersetzt heißt es: Man
damals durch das Plebiszit, den Abstimmungs-
soll das Eisen schmieden, so lange es noch
kampf um Nordschleswig, bewegt wurde?
heiß ist.
Die Nordfriesen verhielten sich in den Not-
Der Niebüller Bürgermeister Heinrich Schmi-
geld-Motiven unpolitisch – weitgehend jeden-
cker unterzeichnete die Notgeldscheine, die
falls. Die wenigen Ausnahmen galten pro-
jeweils für einen Monat Gültigkeit hatten.
deutschen Motiven, wobei „prodeutsch“ nicht
Ausgeliefert wurden die kleinen Scheine durch
„antidänisch“ bedeutete.
die Buchhandlung Alex Bahnsen.
236
» Volksbank Niebüll »
1989
Die erste Bilanz
des 19. Jahrhunderts
Die Fusion der Volksbank Niebüll mit der
Das NF-Tageblatt vom 11. Mai 1990 berichtet
Volksbank Bredstedt wurde im Jahre 1989
über das Zusammengehen der beiden Volks-
sorgfältig vorbereitet. In einem gemeinsamen
banken mit der Beschlussfassung der Mitglie-
Mitgliederbrief wurden die Anteilseigner zum
der in einer überwältigenden Mehrheit.
Zahlen aus der Entwicklung
der Volksbank Niebüll
von 1950–1989
Thema der beabsichtigten Fusion der beiden
Banken eingehend informiert.
Am 30. März 1990 votierten 80,6% der Mitglieder der Volksbank Bredstedt und am 7. Mai
1990 92,7% der Mitglieder der Volksbank Niebüll für einen Zusammenschluss der beiden
Genossenschaften. Der Übernahmezeitpunkt
wurde auf den 1. Januar 1990 festgelegt.
Kalenderjahr Mitglieder Geschäftsvolumen Gesamteinlagen Kredite Eigenkapital
Anzahl
in Mio. DM
in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM
1950
400
1,1
0,7
0,8
0,12
1955
510
2,6
1,5
2,3
0,29
1960
814
6,4
3,9
5,9
0,53
1965
1.260
14,4
9,6
11,1
0,87
1970
1.534
23,2
19,5
15,7
1,23
1975
1.826
41,7
37,3
25,8
1,61
1980
2.070
75,1
59,6
53,1
3,52
1985
2.114
87,6
71,7
50,5
4,40
1989
2.127
92,1
74,1
50,9
4,86
237
1990
» Volksbank Niebüll »
238
» Volksbank Niebüll »
1990
Kalenderjahr Mitglieder Geschäftsvolumen Gesamteinlagen Kredite Eigenkapital
Anzahl
in Mio. DM
in Mio. DM in Mio. DM in Mio. DM
1990*)
3313
134,6
107,0
74,1
6,93
1995
3442
203,1
154,7
108,0
12,20
2000
3566
244,2
166,4
149,2
16,00
*) nach der Fusion mit der Volksbank Bredstedt
Förderung aus einer leistungsstarken Stellung
am Markt heraus war und ist Leitlinie und
Zielsetzung des Unternehmens. In einem
gemeinsamen Geschäftsgebiet konnten hierdurch Überschneidungen der einzelnen Bankstellen beseitigt werden.
Die Erfüllung der bankaufsichtlichen und
gesetzlichen Anforderungen, insbesondere
bezüglich des haftenden Eigenkapitals, der
Einhaltung der Funktionstrennung bzw. der
Trennung in Markt und Marktfolgebereich
sowie der Unternehmenssteuerung in Verbin-
Weitere strukturelle
Veränderungen
dung mit dem Risikocontrolling und Risikomanagement, konnte in einem größeren Institut besser dargestellt werden.
Um eine langfristige Existenzsicherung der
Aus diesem Grunde haben sich die Vorstände
einzelnen Raiffeisen- und Volksbanken zu erzie-
und Aufsichtsräte beider Banken, der Volksbank
len, wurden bundesweit mit dem Slogan „Ein
Niebüll-Bredstedt und der Raiffeisenbank Süd-
Markt – Eine Bank“ die weiteren strukturellen
tondern-Bredstedt/Land in vielen Sitzungen
Veränderungen im Genossenschaftswesen vor-
über ein Zusammengehen beraten. Der Name
gezeichnet. Hierdurch sollte die Leistungs-
wurde auf: „VR Bank eG Niebüll“ mit Sitz in
und Wettbewerbsfähigkeit weiter verbessert
Niebüll als übernehmendes Institut festgelegt.
werden. Der Wirkungsgrad am Markt sollte
Durch die Verschmelzung entstand eine
effektiver gestaltet werden.
Genossenschaft mit einer Bilanzsumme von
Den steigenden Bedürfnissen der Mitglieder
rund 870 Mio.DM. Der Geschäftsbetrieb der
und Kunden, dem verstärkten Wettbewerb
Volksbank wurde nach der Verschmelzung
und den erheblich verschärften rechtlichen
nach einheitlichen geschäftspolitischen
Rahmenbedingungen konnte durch die größere
Gesichtspunkten fortgeführt. Durch die Ver-
Unternehmenseinheit besser Rechnung getra-
schmelzung sollte das Beratungs- und Betreu-
gen werden. Die individuelle Betreuung der
ungspotenzial weiter ausgebaut und gestärkt
Mitglieder und Kunden und die wirtschaftliche
werden.
239
Zahlen aus der Entwicklung der
Volksbank Niebüll-Bredstedt
1990–2000
2000
» Volksbank Niebüll »
Synergieeffekte sollten sich im Wesentlichen
bei den Verwaltungsaufwendungen durch Besei-
Bankstellen von Volks- und Raiffeisenbank
zusammengelegt.
tigung von Doppel- und Mehrfachpräsenzen
In Niebüll konnte das Gebäude der Volksbank
am gleichen Ort und durch Kostendegression
an die Steuerberatergesellschaft Fidus verkauft
im Massengeschäft ergeben. Daneben konnten
werden. In dem an die Fußgängerzone gren-
sich Synergieeffekte durch günstigere Refinan-
zenden Eingang wurde ein Raum seitens der
zierungen realisieren lassen. Vorstand und Auf-
VR Bank angemietet für die Geldbeschaffung
sichtsrat beider Genossenschaften erwarteten
der Kunden durch Geldausgabeautomaten.
durch die Verschmelzung eine leistungsfähige
Das Gebäude in Leck wurde langfristig ver-
mittelstandsorientierte und entwicklungsfä-
mietet. Zur Zeit beinhaltet es eine zentrale
hige Kreditgenossenschaft der Wirtschafts-
Bücherei, ein Nähstübchen, eine Anwalts-
region in Nordfriesland.
kanzlei und Hotelvermietungen des Hoteliers
Eberwein im Obergeschoss.
In Langenhorn wurde die angemietete
Geschäftsstelle der Volksbank aufgekündigt
und der Kundenbereich mit der VR Bank in
dessen Gebäude zusammengelegt.
In Bredstedt wurde ebenfalls der Kundenbestand im neu erstellten Bankgebäude der
VR Bank, Markt 20 zusammengelegt.
Das Bankgebäude der Volksbank konnte für
ca. 1,0 Mio.DM umgestaltet und langfristig
als „Markt-Treiben“ an Gewerbetreibende vermietet werden.
Ein Zahlenvergleich der jeweils letzten drei
Detlef Christiansen,
AR-Vorsitzender der
Volksbank Niebüll
von 1997 bis 2000
Ehrenamt, Hauptamt
Jahre (1997–1999) gibt Aufschluss über die Vermögenslage und geschäftliche Entwicklung
der beiden Banken (s. Abb.).
Am 5. September 2000 wurde in einer
Zusammensetzung des Aufsichtsrates vor
der Fusion mit der Raiffeisenbank Südtondern-Bredstedt/Land eG (VR Bank):
außerordentlichen Vertreterversammlung die
> Detlef Christiansen, Vorsitzender, Niebüll
Verschmelzung mit der Raiffeisenbank Süd-
> Dr. Friedel Petersen, Bredstedt
tondern-Bredstedt/Land eG mit 100% der an-
> Gerhard Andresen, Bredstedt
wesenden Stimmen zum 1. Januar 2001 be-
> Robert Denker, Breklum
schlossen. Im Rahmen der bundesweiten
> Jens Uwe Feddern, Niebüll
Entwicklung „Ein Markt – Eine Bank“ wurden
> Peter Heinrich Carstensen, Niebüll
in den einzelnen Geschäftsbereichen die
> Thomas Storm, Leck
240
» Volksbank Niebüll »
2000
Vorstandsmitglieder:
> I. Neugebauer
Direktor
1885–1886
> Hinrich Hinrichsen
Kontrolleur
1885–1889
Direktor
1890–1897
> Thygo Ingwersen
Kassierer
1885–1890
Alfred Deussing,
Kontrolleur, 1899–1932
> Janne Jannsen
Direktor
1886–1889
Kassierer
1890–1892
> B.C. Wolff
Kontrolleur
1890–1896
> Ludolph Dethlefsen
Kassierer
1893–1933
> Lewe Ingwersen
Kontrolleur
1897–1898
> Paul Peter Carstensen
Direktor
1897–1906
> Alfred Deussing
Kontrolleur
1899–1932
Johann Ludolph Dethlefsen,
Direktor, 1933–1972
> Julius A. Johannsen
Direktor
1907–1916
> Heinrich Schmicker
Direktor
1916–1935
> Boy Erich Hansen
ehrenamtl. Mitgl.
1935–1946
> Rudolf Reimann
Kontrolleur
1932–1938
> Joh. Ludolph Dethlefsen
Direktor
1933–1972
> Ernst Andresen
Direktor
1938–1939
> Johannes Nissen
Direktor
1939–1972
Johannes Nissen,
Direktor, 1939–1972
> August Christiansen
Direktor
1942–1948
241
2000
» Volksbank Niebüll |
> Otto Christiansen
ehrenamtl. Mitgl.
1942–1958
> August Ingwersen
ehrenamtl. Mitgl.
1948–1952
> Lewe Petersen
Direktor
1952–1985
> Werner Laabs
Direktor
1970–1998
> Eckhard Skibbe
Lewe Petersen,
Direktor, 1952–1985
Direktor
1990–1998
> Ludwig Andresen
Direktor
1985–2000
> Manfred Feddersen
Direktor
Werner Laabs,
Direktor, 1970–1998
Ludwig Andresen,
Direktor, 1985–2000
242
1990–2000

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