Der demografische Wandel und seine Auswirkungen

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Der demografische Wandel und seine Auswirkungen
Der demografische Wandel
und seine Auswirkungen auf die
Stadt Osterode am Harz
Situationsanalyse und Lösungsansätze
Bürgermeister Klaus Becker
– Stand. 20.09.2010 –
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Vorwort
Der demografische Wandel und seine Auswirkungen beschäftigen die Politik und die
Verwaltung der Stadt Osterode am Harz bereits seit längerem. Ab 2004 wurden dann in
verschiedenen Arbeitsgruppen Lösungsansätze und Maßnahmen zu den unterschiedlichsten
Problembereichen erarbeitet und dann in der Folge umgesetzt. Als prominentes Beispiel mag
hier die komplett neu aufgelegte Grundschulentwicklungsplanung dienen, bei der die
Grundschullandschaft den zu erwartenden verringerten Schülerzahlen angepasst und
leistungsfähige Einheiten geschaffen wurden. Auch das Thema ÖPNV und Stadtbusverkehr
illustriert in hervorragender Art die Problematik.
Die vorliegende Ausarbeitung beinhaltet eine sicher zunächst nur grob strukturierte
Situationsanalyse bezogen auf Osterode am Harz und gibt zusammenfassende Informationen
über die ergriffenen Maßnahmen. Des Weiteren stellt sie Ideen und Lösungsansätze dar, die in
den letzten Wochen und Monaten von der Verwaltung und der Politik erarbeitet wurden. Im
Rahmen der jährlichen Strategietagung der Stadtverwaltung im Juni 2010 wurde das Thema
demografische Entwicklung noch einmal gründlich bearbeitet und die Gedanken daraus sind
ebenfalls in diese Ausarbeitung eingeflossen, außerdem als Grundlage die Erkenntnisse der
Enquete-Kommission „Demografischer Wandel-Herausforderung an ein zukunftsfähiges
Niedersachsen“ des Niedersächsischen Landtages in der 15. Wahlperiode..
Es ist nun die Aufgabe von Bürgermeister, Politik und Verwaltung, die Ideen zu prüfen und ggf.
weiter zu entwickeln, um sie den bereits laufenden Maßnahmen hinzuzufügen, damit Osterode
weiter fit für die Zukunft gemacht wird.
Es ist meines Erachtens dabei wichtig, bereits bei der Ideenentwicklung, aber auf jeden Fall
bei der Umsetzungsplanung und spätestens bei der Durchführung der Maßnahmen, neben der
Nachhaltigkeit auch auf ökologische Gesichtspunkte zu achten, sowie die Gedanken des
Gender Mainstreaming einzubinden.
In diesen Prozess müssen alle gesellschaftlichen Kräfte und vor allem die Bürgerinnen und
Bürger einbezogen werden, um den notwendigen Gesamtkonsens zu erreichen.
Osterode im September 2010
Klaus Becker
-Bürgermeister-
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Inhaltsverzeichnis
I.
Einführung
II.
Bevölkerungsentwicklung
a) Entwicklung in Deutschland
b) Entwicklung in Niedersachsen
c) Entwicklung im Landkreis Osterode am Harz
d) Entwicklung in der Stadt Osterode am Harz
e) Entwicklung in ausgewählten Ortsteilen der Stadt Osterode am Harz
f)
Exkurs Entwicklung in Europa und hier speziell in Frankreich
III.
Chancen und Potenziale des demografischen Wandels
IV.
Strategie
V.
Eingeleitete Maßnahmen und Lösungsansätze in den Handlungsfeldern
a) Arbeit und Wirtschaft
b) Integration
c) Bildung
d) Siedungsentwicklung
e) Mobilität in der Stadt
f) Kultur
g) soziale Infrastruktur
h) technische Infrastruktur
i) Entwicklung der Verwaltung
VI.
Fazit
VII. Anhang
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I. Einführung
Der demografische Wandel zählt auf absehbare Zeit zu den großen Herausforderungen für die
Kommunen in Deutschland. Da besonders der südniedersächsische
Raum bereits jetzt
intensiv von den Auswirkungen betroffen ist, hat sich die Stadt Osterode am Harz sehr früh im
Rahmen von Arbeitskreisen und Modellprojekten mit dem Thema beschäftigt, um zum einen
die Chancen und Potenziale dieser Veränderungen frühzeitig zu erkennen und Vorteile aus der
Entwicklung zu ziehen und auf der anderen Seite die negativen Auswirkungen abzumildern.
Auch das ländliche Regionalmanagement Osterode am Harz (ILEK) hat das Thema
„Auswirkungen
des
demografischen
Wandels“
sowie
die
damit
verbundene
Leerstandsproblematik als wichtigste Zukunftsthemen im Rahmen einer Evaluation benannt1.
Der demografische Wandel ist ein komplexes, soziokulturelles Phänomen, das sich in unterschiedlichen Dimensionen ausdrückt, z.B. durch




die Verringerung der Zahl der Menschen
die Zunahme des Alters der Menschen
einem zunehmenden Anteil von zugewanderten Menschen und ihrer Nachkommen
an der Bevölkerung sowie
eine Heterogenisierung und Vereinzelung in der Gesellschaft.
Die Gestaltung des demografischen Wandels und seiner Folgen ist eine Daueraufgabe der
Stadt Osterode am Harz, die Zeit und Ressourcen kostet, jedoch mittel- und langfristig
gesehen eine Investition in die Zukunft darstellt, wenn es gelingt, die Chancen und Potenziale
im Wandel zu entdecken und zu heben. Hierzu ist aber eine strategische Ausrichtung
notwendig, d.h. für die einzelnen Teilhaushalte müssen Ziele entwickelt werden, die sich am
demografischen Wandel orientieren.
II. Bevölkerungsentwicklung
a) Entwicklung in Deutschland
Bevölkerungsstand am 31.12. ... nach Geschlecht - in 1 000
Bevölkerungsfortschreibung
2005
2006
2007
2008
Insgesamt
82 438,0
82 314,9 82 217,8 82 002,4
Männlich
40 340,0
40 301,2 40 274,3 40 184,3
Weiblich
42 098,0
42 013,7 41 943,5 41 818,1
2008 wurden in Deutschland 675.200 Kinder geboren. Dies war gegenüber dem Vorjahr
ein Rückgang um 7.500 Geburten und lag nur geringfügig über dem historischen
Tiefstand von 672.700 Geburten im Jahr 2006. Aus der absoluten Geburtenzahl für
das Jahr 2008 ergibt sich eine Geburtenrate von 8,2 Kindern je 1.000 Einwohner. Der seit
längerem zu beobachtende Geburtenrückgang erklärt sich vor allem aus einer sinkenden
1
vTI-Evaluierung ILE Region Befragung 2009; Kurzpräsentation der Ergebnisse bei der
Lenkungsauschussitzung am 12.08.2010
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Zahl von Frauen im gebärfähigen Alter (15 bis 44 Jahre), denn die kopfstarken Altersgruppen
der Babyboomer verlassen langsam aber sicher das Alter, in dem man überhaupt Kinder
bekommen kann. Dramatischer ist der Geburtenrückgang über den Zeitraum der letzten 50
Jahre: 1964, in dem Jahr mit der höchsten jemals erfassten Geburtenzahl, wurden in
Deutschland 1.357.300 Kinder oder 18,0 Kinder je 1.000 Einwohner geboren. Dies waren mehr
als doppelt so viele Neugeborene wie 2008.
Da die Sterberate in Deutschland im Gegensatz zur Geburtenrate konstant über zehn je 1.000
Einwohner liegt, ist der natürliche Bevölkerungssaldo seit langem negativ.
Dennoch ist die Bevölkerung zwischen 1972 und 2002 um 3,5 Millionen angewachsen – einzig
aufgrund von Zuwanderung. Seit 2003 reicht die Zahl der Zuwanderer nicht mehr aus, um den
natürlichen Bevölkerungsverlust wett zu machen, und Deutschland schrumpft. Insgesamt ging
die Bevölkerungszahl von Deutschland seit ihrem Maximum im Jahr 2002 bis Ende 2008 um
474.400 Personen zurück.
Deutschland liegt mit 1,34 Geburten je Frau, unter dem Durchschnitt der EU. Dieser Wert
entspricht jedoch lediglich zwei Dritteln der zum natürlichen Erhalt der Generationsgröβe
erforderlichen Zahl von 2,1 Kindern je Frau. Das zu niedrige Geburtenniveau ist entscheidend
für die langfristig negative Bevölkerungsentwicklung und mitverantwortlich für die Alterung der
Bevölkerung.
Über derartige soziale Normen zu Familie und Kindern geben die Umfragen des
Eurobarometers Aufschluss. Nach der idealen Anzahl Kinder gefragt, antworten deutsche
Frauen und Männer mit einem Wert von etwa 2,2, was unterhalb des Durchschnitts in der EU
liegt. Es scheint, als habe die Sozialisierung in einem Umfeld mit wenigen Geschwistern die
Deutschen bereits geprägt. Für die Familienpolitik bedeutet der niedrige Kinderwunsch einen
begrenzten Handlungsspielraum. Maßnahmen wie das 2007 in Deutschland eingeführte
Elterngeld, die der Vereinbarkeit von Beruf und Familie und der finanziellen Absicherung
junger Mütter und Väter dienen sollen, können auf kurze Sicht allein darauf abzielen, die
tatsächliche Geburtenrate der angestrebten so weit wie möglich anzunähern. Werte und
Einstellungen zu Familie und Kindern können hingegen nur sehr viel langfristiger beeinflusst
werden.
Vor hundert Jahren betrug die durchschnittliche Lebenswartung 45 Jahre. Heute liegt sie bei
76 Jahren für den neugeboren Jungen und 82 Jahren für das neugeborene Mädchen, und
steigt jährlich um 3 Monate. Wir leben in einer alternden Gesellschaft. Wir erleben nicht nur
eine enorme Zunahme der Zahl der über 60-jährigen, sondern auch über 70-, 80-, 90- und
Hundertjährigen. (im Jahre 2050 rechnet man in Deutschland mit rund 115 000
Hundertjährigen, während heute es nur 10 000 gibt).
Zuwanderung und Abwanderung hielten sich in Deutschland im Jahr 2008 annähernd die
Waage. Ein minimaler Wanderungsüberschuss von 4.800 Menschen bedeutet den niedrigsten
Wert seit 1984, als der Saldo letztmals negativ ausfiel. Der sich seit einigen Jahren
abzeichnende Trend hin zu weniger Zuwanderung hält somit an.
Der Rückgang der Zuwanderungen in Deutschland lässt sich zu einem großen Teil damit
erklären, dass sich das Reservoir der Spätaussiedler langsam erschöpft und die gesetzlichen
Auflagen strenger geworden sind. Nach dem Höhepunkt der Migration von 397.000 Personen
im Jahr 1990 waren es 2002 noch knapp 100.000 und vier Jahre später nur mehr 7.700. Ohne
die Spätaussiedler hätte es schon in den Jahren 1997 und 1998 mehr Abwanderung als
Zuwanderung in Deutschland gegeben, und der Bevölkerungsrückgang hätte bereits früher
eingesetzt.
Die ehemalige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ursula von der
Leyen, und der EU-Kommissar für Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und
Chancengleichheit, Vladimír Špidla, betonen heute die Bedeutung der älteren Generation für
Europa: "Ältere Menschen können mit ihren Erfahrungen, ihrem Engagement und nicht zuletzt
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mit ihrer Wirtschaftskraft einen wichtigen Beitrag zu Wachstum und wirtschaftlicher
Entwicklung leisten."
Das große Potenzial dieser so genannten „silver-economy“ belegt eine neue Studie des
Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Danach verfügt die Generation der über
60 Jährigen in Deutschland über eine Kaufkraft von 316 Milliarden Euro – und erbringt damit
fast ein Drittel des gesamten privaten Konsums. Dieser Anteil wird bis 2050 rein aus
demografischen Gründen auf 386 Milliarden Euro steigen und damit mehr als 41 Prozent der
Gesamtausgaben ausmachen.
Es ist zu beobachten, wie zum einen die Wirtschaft davon profitieren kann, wenn sie ältere
Menschen aktiv einbindet, etwa bei der Produktentwicklung oder in der
Unternehmensberatung. Die Praxisbeispiele zeigen aber auch, wie ältere Menschen von guten
Produkten und Dienstleistungen für mehr Lebensqualität im Alter profitieren können, wenn
Unternehmen ihre Konsumwünsche und Bedürfnisse ernst nehmen2.
b) Entwicklung in Niedersachsen
Bevölkerungsbewegung im Jahr
Land
BevölkeStatistische
Geburten- ZugeFortWander.- Bevölkerung
Region*, Kreis*
überschuß zogene gezogene gewinn
rungsam
GeGeEinheitsoder
oder
zu- oder
31.12.
borene storbene
/Samtgemeinde*
-defizit
1)
1)
-verlust -abnahme
Mitgliedsgemeinde*
2
4
5
6
7
8
9
10
1968
7038484 122451
86501
35950 497739
487715
10024
45974
1978
7225167
68557
85562
-17005 414541
396534
18007
1002
1988
7184943
76036
82920
-6884 367634
339409
28225
21341
1994
7715363
81520
85700
-4180 604572
533033
71539
67359
1998
7865840
82207
83677
-1470 537248
515336
21912
20442
1999
7898760
80483
82652
-2169 555609
520520
35089
32920
2000
7926193
79436
82901
-3465 565489
534591
30898
27433
2001
7956416
75239
82516
-7277 579275
541776
37499
30222
2002
7980472
73193
83512
-10319 569306
534930
34376
24057
2003
7993415
70563
85336
-14773 547137
519402
27735
12962
2004
8000909
70371
81487
-11116 521341
501741
19600
8484
2005
7993946
66993
82976
-15983 472745
463479
9266
-6717
2006
7982685
65327
82121
-16794 437806
432332
5474
-11320
2007
7971684
65326
82277
-16951 440830
434925
5905
-11046
2008
7947244
64887
84874
-19987 445749
450086
-4337
-24324
2005 war die Einwohnerzahl um 26,5 % höher als 1946, und um 10,8 % höher als 1972. Bei
einem Vergleich der Entwicklung der Bundesländer zwischen 1995 und 2005 liegt
2
Daten zusammengestellt für Präsentation „Demografischer Wandel“ von Marine Monpays, Armentieres
Juni 2010
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Niedersachsen mit einem Bevölkerungszuwachs von 2,7 % nach Baden-Württemberg, Bayern
und Schleswig-Holstein auf dem vierten Rang.
Nach den Studien haben alle Bundesländer bis 2050 einen erheblichen Bevölkerungsrückgang
zu erwarten. Der Bevölkerungsverlust Niedersachsens würde danach mit 18,1 % um knapp 1,5
Prozentpunkte höher ausfallen als der Bundesdurchschnitt.
b) Entwicklung im Landkreis Osterode am Harz
d) Entwicklung in der Stadt Osterode am Harz
Jahr
2009
2008
2007
2006
2005
2004
2003
2002
GeburtenBevölkerung GeGeüberschuß Zuge- Fortgeam 31.12. borene storbene oder -defizit zogene zogene
23675
23993
24209
24474
24643
24845
25054
25300
169
164
176
190
169
184
196
206
288
326
324
291
358
338
345
350
-119
-162
-148
-101
-189
-154
-149
-144
798
891
829
885
900
933
905
1037
999
945
946
954
916
988
1002
1164
Wandergewinn
oder verlust
Bevölkerungs
zu- oder
abnahme
-201
-54
-117
-69
-16
-55
-97
-127
-320
-216
-265
-169
-202
-209
-246
-271
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e) Entwicklung in ausgewählten Ortsteilen der Stadt Osterode am Harz
Beispiel Lerbach
Die Ortschaft Lerbach hat in den letzten 15 Jahren viel Infrastruktur eingebüßt. Nach
und nach haben Geschäfte (Schlachter, Bäcker, Lebensmittelladen) geschlossen und
im Jahr 2009 musste mangels ausreichender Gäste verbunden mit einem hohen
Sanierungsbedarf das Waldschwimmbad geschlossen werden.
Ende 2009 wurde die Ortschaft dann in das Dorferneuerungsprogramm aufgenommen,
und gemeinsam mit der Bevölkerung wurden Projekte erarbeitet, die letztendlich
Lerbach attraktiveren sollen. So soll der drastische Bevölkerungsrückgang zumindest
verlangsamt werden und die Ortschaft gerade für Neubürger interessant werden.
Beispiel Schwiegershausen
Jahr
1998
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Einwohner 1.821 1.829 1.827 1.804 1.831 1.828 1.822 1.777 1.779 1.757 1.756 1.744 1.736
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f) Exkurs Entwicklung in Europa und hier speziell in Frankreich3
Der demographische Wandel wird dadurch verursacht, dass Menschen länger leben. Bis
zum Jahr 2030 wird die Zahl älterer Arbeitnehmer (zwischen 56 und 64 Jahren) um 24
Millionen steigen.
Im nächsten Jahrzehnt werden Menschen im Alter von über 40 Jahren die Mehrheit der
Bevölkerung in Europa ausmachen, während es in Deutschland und Italien 60 Prozent
der Bevölkerung sein werden. Infolgedessen wird es erheblich weniger Menschen im
berufsfähigen Alter geben, während Menschen im Alter von über 65 Jahren mehr als 30
Prozent der Bevölkerung der Europäischen Union ausmachen werden.
Die gesamte Anzahl der 50-65-jährigen in den fünf größten EU-Volkswirtschaften, die
zwei Drittel des europäischen BIP repräsentieren, wird um 16 Prozent steigen und die
Anzahl der Menschen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren wird um nahezu 10 Prozent
sinken.
Die durchschnittliche Lebenserwartung ist gestiegen und die Anzahl von Menschen mit
mehr als 80 Jahren wird bis 2050 um rund 180 Prozent steigen.
Diese Veränderung geht mit der entsprechenden Reduktion der Fruchtbarkeitsrate in
ganz Europa einher, die heute unter dem Niveau liegt, das notwendig ist, um die
derzeitige Bevölkerung zu ersetzen, sowie mit einer kleineren Anzahl an jungen
Menschen, die in den Arbeitsmarkt eintreten.
Wenn in Deutschland über die demografische Lage in Frankreich gesprochen wird,
stehen meist die für deutsche Verhältnisse beeindruckend hohen Nachwuchszahlen im
Vordergrund. Die durchschnittliche Kinderzahl je Frau lag bei unseren südwestlichen
Nachbarn im Jahr 2007 bei 1,96, zwischen Greifswald und dem Bodensee aber nur bei
1,37 – also bekommen französische Frauen knapp 50 Prozent mehr Kinder. Als
Erklärung dafür dient meist eine grundsätzlich verschiedene Familienpolitik der beiden
Länder.
So versucht Frankreich seit langem, durch eine familienfreundliche Fiskalpolitik und
qualitativ gute Betreuungsbedingungen für Kinder es Eltern zu erleichtern, Familie und
Beruf zu vereinbaren (Deutschland strebt seit kurzem an, Elemente dieser Politik zu
kopieren!). Schon in den 1970er Jahren bemühte sich die französische Politik um die
Vereinbarkeit von Beruf und Familie und unterstützte das Zwei-Verdiener-Modell mit
guten öffentlichen Betreuungsmöglichkeiten schon für unter Dreijährige.
So kam es, dass Frankreich nie sehr niedrige Fertilitätsraten erlebt hat, wie sie in
Deutschland seit fast 40 Jahren die Norm sind. Zwar erlangten Frauen auch in
Deutschland immer bessere Berufsqualifikationen und fanden Jobs – sie konnten aber
kaum auf die Unterstützung des Staates bei der Gründung einer Familie hoffen. Anders
als Frankreich sitzt Deutschland heute in einer sogenannten Fertilitätsfalle. Dies besagt,
dass wenige oder gar keine Kinder zu haben bereits zu einer sozialen Norm geworden
ist. So setzen die über einen langen Zeitraum niedrigen Geburtsraten eine
demografische Abwärtsspirale in Gang.
3
Präsentation von Marine Monpays, Armentieres vom 23.06.2010
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Daraus ergeben sich folgende demografische Kennziffern für den Vergleich DeutschlandFrankreich:
Der Nord Pas-de-Calais (d.h. die Region um Armentieres) hat allerdings ein ähnliches Problem
wie Osterode. Die Lebensbedingungen sind schwieriger als anderswo und die soziale Lage ist
teilweise kritisch. Dadurch bedingt verlassen viele junge Erwachsene die Region und die
Bevölkerung altert.
Sowohl Deutschland als auch Frankreich sehen sich einer raschen Alterung ihrer
Gesellschaften ausgesetzt. Dieser Trend geht in Deutschland mit einer schrumpfenden und in
Frankreich mit einer wachsenden Gesamtbevölkerung einher. Diese Erfahrung zeigt, dass es
auch für ein hoch entwickeltes Industrieland möglich ist, demografisch stabil zu bleiben.
Die gegensätzlichen demografischen Entwicklungen haben Folgen für die Wirtschaftskraft der
beiden Länder. Während Deutschland sein Nachbarland beim Bruttoinlandsprodukt absolut
derzeit noch deutlich übertrifft, ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in beiden Ländern schon
heute sehr ähnlich.
Bei ähnlichen Produktivitätssteigerungen diesseits und jenseits der Grenze könnte Frankreich
Mitte des Jahrhunderts nicht nur demografisch, sondern auch wirtschaftlich vor Deutschland
stehen. Der Knappheit an Arbeitskräften wird die deutsche Wirtschaft nur durch Investitionen in
Bildung, eine bessere Integration von Zuwanderern, Innovationen und Produktivitätssteigerungen begegnen können.
III. Chancen und Potenziale des demografischen Wandels
Auf den Rat und die Verwaltung der Stadt Osterode am Harz kommen aufgrund des
demografischen Wandels drei große Herausforderungen zu:
1.
Um die notwendigen Veränderungen nachhaltig und wirksam einzuleiten, bedarf es
qualifizierter Planungs- und Umsetzungsprozesse, die über das hierarchische Zielsystem der Stadt strategisch angelegt und gesteuert werden.
2.
Des Weiteren besteht die Notwendigkeit, die einzelnen Produkte der Stadt dem
veränderten Aufgabenkatalog anzupassen und innovative Lösungen für kommunale
Infrastrukturleistungen zu entwickeln und umzusetzen.
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3.
Da der demografische Wandel und seine Auswirkungen tief in die gesellschaftlichen
Strukturen der Stadt Osterode am Harz eingreifen, bedarf es einer engen Einbindung der
Bürger und Bürgerinnen in diese Entwicklung. Die Einwohner müssen bei der
Entwicklung mitgenommen und vor allem zu verantwortungsvollem Eigenengagement
animiert werden.
Mit Blick auf diese drei Herausforderungen müssen die verschiedensten kommunalen
Handlungsfelder vor dem Hintergrund des demografischen Wandels beleuchtet und passende
Ziele dazu entwickelt werden.
Im Folgenden sollen diese Handlungsfelder kurz angerissen werden:
1.
Arbeit und Wirtschaft
Attraktive Standortbedingungen sind die entscheidende Voraussetzung, um Unternehmen am Standort binden zu können und ggf. neue Unternehmen zur Ansiedlung
und Gründung zu gewinnen. Die Gewährleistung von günstigen Rahmenbedingungen
für Investitionen und unternehmerische Aktivitäten sind also von zentraler Bedeutung,
von der eben nicht nur die Unternehmen profitieren, sondern besonders auch die
Arbeitnehmer und damit die ganze Region.
Unter dieses Handlungsfeld fallen auch alle Aktivitäten, die mit dem Thema Attraktivität
der Innenstadt und Osterode als Einkaufstadt zu tun haben. Die negative Entwicklung
des Einzelhandelsangebotes besonders im Innenstadtbereich ist ein vielschichtiges
Problem, welches nicht nur mit der demografischen Entwicklung sondern u.a. auch mit
gesellschaftlichen Veränderungen wie z.B. anderen Einkaufsgewohnheiten (Stichwort
Internethandel, Factory-Outlets) zu tun hat.
2.
Integration
Der Integration der Menschen mit Migrationshintergrund kommt in den Bereichen
Sprache, Bildung, Arbeit, Wirtschaft und Ausbildung, Wohnen und gesellschaftliche
Teilhabe eine Schlüsselrolle zu. Der Zuzug von Migranten ist wichtig, um den
Rückgang des Erwerbspersonenpotenzials zu verlangsamen. Es muss also darum
gehen, die Integration dieser Personengruppe wesentlich zu verbessern. Hier wurden
in den vergangenen Jahren in der Stadt Osterode am Harz bereits wichtige Grundlagen
geschaffen.
3.
Bildung
Bildung ist die Schlüsselstelle der demografischen Entwicklung in unserem Landkreis.
Der Anteil ausbildungsfähiger Schulabgänger muss erhöht werden. Ein wichtiger Weg
zur Verbesserung der Zukunftsfähigkeit der Stadt Osterode am Harz liegt deshalb darin,
das Handlungsfeld Bildung in kommunaler Verantwortung gemeinsam mit dem Landkreis
Osterode am Harz zu gestalten. Das Oberziel des Landkreises Osterode am Harz,
gerade im Hinblick auf Bildung für jeden, ist hier vorbehaltlos zu unterstützen. Kein Kind,
kein Jugendlicher darf verlorengehen. Ein besonderes Augenmerk muss auf die
Bildungschancen von Migrantenkindern gelegt werden. Die Stadt Osterode am Harz
kann hier im Bereich der frühkindlichen Betreuung in den Krippen und Kindertagesstätten
einiges zur Zielerreichung beitragen. Hierbei geht es auch darum, die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf zu ermöglichen.
4.
Siedlungsentwicklung
Für die Stadt Osterode am Harz wird ein weiterer starker Rückgang der Bevölkerung, vor
allem auch in den Ortsteilen, prognostiziert. Des Weiteren werden künftig mehr
alte
Menschen hier leben, während der Anteil von Kindern und Jugendlichen sinkt.
Aus dieser Situation heraus wird sich ein verstärkter Wettbewerb zwischen den Städten
und Gemeinden um Einwohner entwickeln. Neben einer guten wirtschaftlichen
Entwicklung und einem ausreichenden Arbeitsplatzangebot kommt es für die Frage, in
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welcher Stadt die Menschen ihren Wohnsitz wählen, entscheidend auf die Qualität und
Bezahlbarkeit des vorhandenen Wohnungsangebotes und die Attraktivität des Wohnumfeldes an. Eines der Ziele muss es sicherlich sein, den Stadtkern bzw. die Dorfkerne
nicht veröden zu lassen, sondern durch geeignete Maßnahmen Zuzug in Gebrauchtimmobilien zu forcieren.
5.
Mobilität in der Stadt
Die demografische Entwicklung rückt besonders die Mobilität älterer Menschen in den
Fokus. Um besonders ihnen das Wohnumfeld positiv zu gestalten, sollte über die
verschiedensten verkehrspolitischen Maßnahmen nachgedacht werden. Hierzu zählen
z.B. längere Ampelphasen für Fußgänger, Ausweitung von Tempo-30-Zonen in
Wohngebieten und in der Nähe wichtiger Dienstleistungszentren, Überquerungshilfen bei
breiten Straßen, breite und hindernisfreie Fußwege, witterungsbeständige und
ausreichende Sitzgelegenheiten sowie die Aufrechterhaltung eines bezahlbaren
Stadtbusverkehrs. Vergessen werden dürfen hier aber auf keinen Fall die Bewohner der
Ortsteile, denn auch diese sind mehr und mehr auf einen funktionierenden ÖPNV oder
alternative Angebote angewiesen.
6.
Kultur
Der demografische Wandel wird in der Stadt Osterode am Harz und ihren Ortsteilen
erhebliche Konsequenzen für die kulturelle Infrastruktur und das Angebot haben.
Bereits jetzt erleben wir in manchen Bereichen ein Vereinssterben oder zumindest ein
Zurückfallen in die Inaktivität von vielen alten Vereinen. Im Vereinswesen wird es daher
sicherlich darum gehen, durch geschickte Kooperationen/Fusionen die Arbeitsfähigkeit
zu erhalten und im öffentlichen Bereich wird es weniger darum gehen, neue
Einrichtungen zu schaffen, sondern vielmehr, die bestehenden zu erhalten und vor allem
qualitativ weiter zu entwickeln. Kulturförderung ist aber auch eine Investition in die
Zukunft der Kommunen, muss also als wichtiger Standortfaktor gesehen werden.
7.
Soziale Infrastruktur
Gerade weil die Zahl der Kinder und Jugendlichen in der Stadt zurückgeht, muss hier
versucht werden, gegenzusteuern. Es geht hier vor allen darum, die Zukunftschancen für
Kinder zu verbessern, aber auch Freizeitangebote für Jugendliche zu schaffen. Des
Weiteren gehört hier sicher auch die weitere Umsetzung flexibler Betreuungszeiten für
Kinder berufstätiger Eltern dazu. Die Stadt Osterode am Harz ist hier bereits sehr weit,
aber man kann zusätzlich noch über Öffnungen an Samstagen oder sogar an
Nachtbetreuung denken.
Auch die pädagogische Betreuung in den Kindertageseinrichtungen, d.h., die Entwicklung der Kitas zu vorschulischen Bildungseinrichtungen
kann ein wichtiges Ziel für die Zukunft sein.
Die stark zunehmende Zahl der älteren Menschen ist eine weitere wichtige große
Herausforderung im Rahmen des demografischen Strukturwandels. Hier sind völlig neue
Konzepte und Strukturen zu entwickeln, die dem neuen „Bild der Alten“ gerecht werden.
Ältere Menschen sollen und wollen Verantwortung übernehmen und an der Entwicklung,
Planung und Durchführung der auf sie bezogenen Angebote und Dienste beteiligt
werden. Hier besteht in der Stadt Osterode am Harz bereits ein gut funktionierendes
Netzwerk, das es zu nutzen gilt.
In dieses Handlungsfeld gehören u.a. auch die Themen ärztliche Versorgung und
Inklusion, d.h. Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen.
Seite 14 von 51
8.
Technische Infrastruktur
Die Technische Infrastruktur wie z.B. die ganze Ver- und Entsorgung ist zumeist direkt
von der Anzahl der Nutzer abhängig. Reduziert sich deren Zahl, werden die Fixkosten
auf eine kleinere Anzahl von Verbrauchern verteilt und die Pro-Kopf-Kosten steigen. Der
Bevölkerungsrückgang führt dazu, dass die Auslastung der Versorgungsnetze sinkt.
Dadurch kann es für die Nutzer zu erheblichen Kostensteigerungen kommen. Neben
diesen direkten Kosten können darüber hinaus indirekte Kosten entstehen, z.B. durch die
Notwendigkeit, Leitungen häufiger durchzuspülen.
Auch öffentliche Gebäude wie z.B. Grundschulen, Kindertagesstätten etc. müssen in
ihrer Anzahl und Größe den sich verändernden Bedingungen angepasst werden.
Auswirkungen gibt es auch auf die Verkehrsinfrastruktur, beispielsweise auf die Größe
der Fußgängerzone.
Aufgrund der tendenziell sehr langen Investitionszyklen von Infrastruktureinrichtungen
muss hier bei sämtlichen Investitionsentscheidungen sehr langfristig gedacht werden.
Gerade diese Entscheidungen sind einem genauen Demografie-Check zu unterziehen,
um Fehlinvestitionen zu vermeiden. Dieser wird in die sowieso gemäß der
Gemeindehaushaltsund
–kassenverordnung
(GemHKVO)
vorgeschriebenen
Wirtschaftlichkeitsberechnungen und Folgekostenbewertungen für Investitionen
einbezogen.
Infrastrukturprojekte sind in der Regel sehr groß und komplex. Sie haben eine lange
Planungszeit und eine sehr lange Marktwirksamkeit, sind also eher für Dekaden als für
Jahre konzipiert. Nachträgliche Größenanpassung kann zu großer Ressourcenverschwendung führen.
In diesem Handlungsfeld müssen auch Aufgaben wie beispielsweise der
flächendeckende Brandschutz einbezogen werden, denn künftig werden weniger
Freiwillige für den Feuerwehrdienst zur Verfügung stehen.
9.
Verwaltung
Der Veränderung in der Gesellschaft muss auch durch die Anpassung der
Verwaltungsorganisation Rechnung getragen werden. Es ist allerdings viel zu kurz
gedacht, wenn man meint, die Größe der Verwaltung (Beschäftigtenzahl) einfach
entsprechend der Bevölkerungsanzahl herunterfahren zu können. Ganz im Gegenteil:
gerade im Zusammenhang mit der Erarbeitung von Maßnahmen zur Anpassung der
Stadt an die neuen Verhältnisse wird zunächst eine eher größere Manpower in den
Bereichen benötigt, was zur Zeit über Mehrarbeit bzw. Zeitverträge realisiert wird.
Dadurch bleibt man flexibel, um dann in Zukunft das Personal langsam entsprechend der
zu erledigenden veränderten Aufgabenstellungen abzuschmelzen. Über das seit 2009
laufende Projekt „Masterplan e-Government“ wird diese Entwicklung vorgeplant und
gesteuert.
IV. Strategie
Dem demografischen Wandel in der Stadt Osterode am Harz sollte grundsätzlich mit einer
Zwei-Wege-Strategie begegnet werden. Einerseits müssen die Auswirkungen (Effekte) des
demografischen Wandels bewältigt werden, andererseits können durch gezielte Maßnahmen
die Ursachen (Gründe) für den Wandel zumindest teilweise positiv beeinflusst werden.
Das Management des demografischen Wandels kann aber nur gelingen, wenn Verwaltung,
Politik und die Bürgerinnen und Bürger gleichermaßen in diesen Prozess mit einbezogen
werden. Widerstände gegen einzelne Maßnahmen, das hat die Vergangenheit gezeigt,
beruhen häufig auf mangelhafter Information. Die Verbesserung der Informationslage ist somit
eine zentrale Vorbedingung für die erfolgreiche Gestaltung des demografischen Wandels.
Seite 15 von 51
Das Beispiel der Grundschuldiskussion in den letzten 3 Jahren hat deutlich gezeigt, dass diese
Informationspolitik sehr umsichtig geplant werden muss, damit die gegebenen Informationen
auch wirklich wahrgenommen und umgesetzt werden. Neben einer guten Pressearbeit sind
sicherlich Informationsveranstaltungen, Podiumsdiskussionen und Bürgerversammlungen die
geeigneten Mittel, um die gemeinsamen Zukunftsprobleme darzustellen und Lösungsansätze
zu entwickeln, bzw. die betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu überzeugen.
Verschiedenste Instrumente können dann zur Erreichung der strategischen Ziele eingesetzt
werden.
Die Stadt Osterode am Harz hat bereits ein integriertes Stadtentwicklungskonzept in Auftrag
gegeben und es laufen in den Ortschaften Lerbach und Düna Projekte zur Dorferneuerung.
Anschließen können sich hier noch beispielsweise eine Verkehrsentwicklungsplanung sowie
eine soziale Infrastrukturplanung. Wichtig sind in diesem Zusammenhang sicherlich auch
möglichst kleinräumige Bevölkerungsprognosen wie in Lerbach bereits geschehen, um die
Entwicklung in den einzelnen Ortschaften genauer analysieren zu können und Maßnahmen zu
entwickeln.
Ein gutes Demografiecontrolling rundet die strategische Planung ab. Hier müssen in
regelmäßigen Intervallen bestimmte Indikatoren abgefragt werden, um die Sinnhaftigkeit
eingeleiteter Maßnahmen zu überprüfen und um ggf. nachsteuern zu können.
Mögliche Indikatoren sind hier:






Bevölkerungsentwicklung
Anteil der Altersgruppen an der Bevölkerung
Anteil der Personen mit Migrationshintergrund
Geburten- und Sterbesaldo
Wanderungssaldo
Haushaltsstruktur (Anteil der Haushalte nach Haushaltsgröße, Anteil der Haushalte nach
Anzahl der Kinder, Anteil der allein erziehenden Haushalte an allen Haushalten)
V. Eingeleitete Maßnahmen und Lösungsansätze in den Handlungsfeldern
a) Arbeit und Wirtschaft
Die im Jahre 2004 geschaffene Stelle „Kontaktstelle Wirtschaft“ ist der zentrale Lösungsansatz
in diesem Arbeitsfeld. Gemeinsam mit dem Bürgermeister hält der Stelleninhaber engen
Kontakt zu den Unternehmen im Stadtgebiet, um als Problemlöser den Betrieben günstige
Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bestandspflege steht hierbei oben an, denn zufriedene
Unternehmensleitungen und Mitarbeiter sind die besten Werbeträger für den Standort
Osterode am Harz.
Durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit aber auch durch die Mitwirkung in Verbänden wie
beispielsweise der MEKOM, dem Regionalverband Südniedersachsen und der Metropolregion
Hannover Braunschweig Göttingen Wolfsburg macht die Stadt auf sich aufmerksam. Für das
Jahr 2010 und ggf. folgende, wird zurzeit die Teilnahme an einer der weltgrößten
Immobilienmessen, der EXPO REAL in München geplant. Auch eine Teilnahme an der
Auswanderermesse in Utrecht/NL wird derzeit in Kooperation mit MEKOM und dem Landkreis
überlegt..
Durch gezielte Investitionen hat die Stadt in der jüngsten Vergangenheit die
Rahmenbedingungen für die in Osterode am Harz operierenden Unternehmen verbessert. Als
herausragendes Beispiel wäre hier das Projekt „Medical Technology Area“ (MTA) zu nennen.
Die Maßnahme diente dazu, zwei unorganisch gewachsene Gewerbegebiete miteinander zu
verknüpfen, die Verkehrssituation für die Unternehmen durch Anbindung an das überregionale
Verkehrsnetz zu verbessern und Synergien durch Stärkung der Zusammenarbeit der dort
Seite 16 von 51
ansässigen Betriebe zu heben. Konflikte durch die bestehende Gemengelage in den GEGebieten „Untere Söse“ und „Gipsmühlenweg“ wurden durch eine Entflechtung des Verkehrs
vermieden bzw. beseitigt.
Die Kontaktstelle Wirtschaft unterstützt und koordiniert Investitionsmaßnahmen z.B. durch sog.
„Antragskonferenzen“, bei denen unter Einbeziehung aller relevanter Stellen (z.B. Landkreis,
Gewerbeaufsicht etc.) die Gesamtthematik an einem Tisch besprochen wird, mit dem Ziel das
Verfahren zu beschleunigen, so geschehen z.B. in Sachen Nachnutzung Kaserne.
Die Unterstützung der heimischen Wirtschaft ist aber auch keine Einbahnstraße. Sie muss
auch in die Pflicht genommen werden, für ihren Standort einzustehen. Viele tun dies bereits,
aber manches global geführte Unternehmen identifiziert sich in keiner Weise mit seinem
Standort. Hieran müssen die Stadtverwaltung und die Politik arbeiten4.
Auch im Bereich der Ausbildungsplatzförderung ist die Stadt aktiv. Durch die eigene hohe
Ausbildungsquote von ca. 9% wird ein gutes Beispiel gegeben, es erfolgen aber auch
regelmäßige Gespräche mit Unternehmen, die noch nicht, oder nur in geringer Anzahl
ausbilden.
Ein weiteres zu beachtendes Thema im Zusammenhang mit der Personalwirtschaft ist die
Überalterung von Belegschaften, wie sie die Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 12.07.2010
zum Thema gemacht hat5. Nicht nur die Betriebe im Bereich der Stadt Osterode am Harz,
sondern auch die Stadt Osterode am Harz als Arbeitgeber selbst wird mit dieser Problematik
konfrontiert werden. Viele Unternehmen sind auf alternde Belegschaften offensichtlich nicht
vorbereitet. Ältere Beschäftigte werden in deutschen Unternehmen nämlich wenig geschätzt.
Eine auf 3 Jahre angelegte Online-Umfrage zur Altersakzeptanz stellt schon nach wenigen
Monaten fest: der durchschnittliche Wert der Altersakzeptanz beträgt 37 auf einer Skala von 0
(keine Altersakzeptanz) bis 100 (volle Altersintegration). Die Befragten bewerten sie negativer
je älter sie selbst sind, die Folgen also am eigenen Leib verspüren – Frauen stärker als
Männer. Der niedrige Wert ist zum Teil ein Erbe der jüngeren Vergangenheit, in der
Unternehmen den notwendigen Personalumbau vor allem auf Kosten älterer Mitarbeiter
vorangetrieben haben. Gerechtfertigt wurde dieser Personalumbau auf Kosten älterer
Mitarbeiter mit Defiziten bei der geistigen Leistungsfähigkeit, die von der Altersforschung
längst widerlegt sind. So hat etwa eine Recherche der FAZ-Sonntagszeitung vom 14. Juni
2009 festgestellt, dass Deutschlands Wirtschaft in Mitarbeiter jenseits der 55 nicht mehr
investiert.
Für die Stadt Osterode am Harz war der Personalumbau in der jüngsten Vergangenheit kein
Thema, u. a. auch, weil länger beschäftigte Mitarbeiter im öffentlichen Dienst durch den
Tarifvertrag besonders geschützt sind.
Wie sieht heute die Realität aus? Altersstruktursimulationen haben eindeutig nachgewiesen:
die meisten Unternehmen können das stetig wachsende Durchschnittsalter ihrer Belegschaft
überhaupt nicht mehr anhalten oder gar senken. Zudem wird der Nachwuchs an jungen
Fachkräften gerade in unserer Region weiter zurückgehen. Unternehmen haben gar keine
andere Wahl als ihre Geschäftsmodelle mit älteren Belegschaften zu realisieren. Vor diesem
Hintergrund schafft die niedrige Altersakzeptanz ernsthafte betriebliche Risiken. Es beginnt mit
Kompetenzlücken. Ältere Mitarbeiter verfügen in der Regel über unternehmensspezifisches
Erfahrungswissen. Sie können besser mit komplexen Problemstellungen umgehen, in denen
es auf hohe zwischenmenschliche Kompetenz und Kommunikationsfähigkeit ankommt, und sie
können aufgrund ihrer Erfahrung potenzielle Risiken erkennen. Das sind genau die
Fertigkeiten, die sich am wenigsten durch Computer ersetzen lassen.
Die Strategie der Stadt Osterode am Harz wird also sein, ältere gute und erfahrene Mitarbeiter
zu halten und zu motivieren, möglichst lange zu arbeiten. Ist dies aus individuellen Gründen
nicht möglich (z. B. aufgrund von gesundheitlichen Einschränkungen), so ist rechtzeitig vor
4
Dokumentation der Strategietagung der Stadt Osterode am Harz 2010 Seite 7
FAZ vom 12.07.2010 „Höhere Altersakzeptanz reduziert Risiken“ von Rolf Bastian und Jürgen
Tenckhoff
5
Seite 17 von 51
Ausscheiden des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin ein Plan zu erarbeiten, wie das Wissen und die
Erfahrung auf andere Mitarbeiter übertragen werden können. Dieser Hinweis wurde auch von
der Niedersächsischen Kommunalprüfungsanstalt in einem ersten Ergebnisbericht am
13.07.2010 gegeben.
Eine Quelle für Neubürger ist auch die hohe Zahl der Einpendler. Um von dem signifikanten
Einpendlerüberschuss zu profitieren, macht die Stadt auf verschiedenste Weise Werbung, um
Einpendler zum Zuzug zu bewegen(z.B. Plakataktion).
Durch Aktivitäten im Innenstadtbereich versucht die Stadt ständig, sich der Negativentwicklung
im Bereich Einzelhandel (EZH) entgegenzustemmen. Durch Anstoßen eines
Innenstadtentwicklungskonzeptes aber auch durch Einzelmaßnahmen wie beispielsweise der
Teilöffnung der Fußgängerzone im Bereich Rollberg und der Erschließung neuer
Besuchergruppen wie z.B. Motorradfahrer wurden hier Impulse gegeben (z.B. Ansiedlung
„Fair-Kauf“).
Weniger Menschen bedeutet eben immer auch eine schlechter frequentierte Innenstadt, was
dann wiederum zu Ladenleerständen führt. Die Gründe für diese Leerstände sind aber sehr
vielschichtig und darauf soll im Folgenden näher eingegangen werden. Eine Rolle spielen
insbesondere folgende Faktoren:
a) Geringeres Kaufkraftvolumen, bedingt u. a. durch sinkende Einwohnerzahl
(demografischer Effekt). Von 1998 bis 2009 hat Osterode am Harz 2600 Einwohner
verloren6 – bei einer einzelhandelsrelevanten Kaufkraft von ca. 5000 € im Durchschnitt
des genannten Zeitraums ergibt sich allein ein rechnerischer Kaufkraftverlust von ~ 13
Mio. € p. a. zum Ausgangsjahr. Auch die einzelhandelsrelevante Kaufkraft je
Einwohner ist in den letzten Jahren leicht gesunken. Sie liegt mit einer Kennziffer von
100,2% derzeit etwa auf Höhe des Bundesdurchschnitts.
Weitere Kaufkraftverluste durch den demografischen Effekt sind zu erwarten: Bis 2020
wird ein Bevölkerungsrückgang auf rd. 22.000 Einwohner prognostiziert7. Dies bedeutet
rechnerisch einen weiteren Kaufkraftverlust von ~ 11,4 Mio. €8. Dabei ist noch nicht
berücksichtigt, dass besonders die als kaufkräftig geltende Gruppe der 19- bis
25jährigen künftig einen geringeren Bevölkerungsanteil haben wird.9
b) Abwanderung von Kaufkraft insbesondere in Oberzentren, wo durch großflächigen
Einzelhandel (sog. shopping-malls) ein vermeintlich besseres Einkaufserlebnis geboten
wird. Zu nennen sind hier beispielsweise Center in Braunschweig, Hannover (je 30.000
m² VK), oder Wolfsburg (20.000 m²) incl. sog. Outlet-Center (WOB: 10.000 m²).10
Dabei nimmt die Bereitschaft der Käufer, auch größere Entfernungen zurückzulegen,
zu. So meldet beispielsweise das Outlet-Center in Wolfsburg eine Zunahme der
Kundenzahl mit einer Entfernung von über 100 km um 7%; 20% der Kunden legen
mehr als 100 km zurück11.
c) Geändertes Kaufverhalten der Konsumenten. Nicht nur bei der Zielgruppe der jüngeren
Kunden ist dies in den letzten Jahren deutlich erkennbar: Der Onlinehandel (z. B.
Amazon, eBay) gewinnt immer stärker an Bedeutung12. Wenn z. B. Amazon allein für
6
Quelle: Bürgerbüro/LA für Statistik. Zahl für 2009 liegt noch nicht vor.
Quelle: Bertelsmann-Stiftung, „Wegweiser Kommune“ (www.wegweiser-kommune.de)
8
Aktuell: 5211 €/Einw. (Quelle: GfK/IHK) * 2200 prognostizierter Einwohnerverlust = 11,44 Mio. €
9
Quelle: Bertelsmann-Stiftung, wie vor.
10
Prof. Rudolf Hickel, 03.03.2010: „Kaufkraft die einmal in die großen Zentren abgewandert ist, kann
niemals zurückgewonnen werden!“
11
Quelle: PM vom 29.01.2010. Bei ca. 1,4 Mio. Kunden 2009 entspricht dies 280.000 Kunden.
12
Amazon Deutschland: Jahresumsatz 2007 ~ 1,1 Mrd.€. EBay und Amazon haben 16,3 bzw. 16,7 Mio.
Kunden. (Quelle: GfK)
7
Seite 18 von 51
das erste Quartal 2010 einen Umsatzsprung um 46 % vermeldet13, der
Versandhandelsableger der Drogeriekette Rossmann für das Gesamtjahr 2009 vom
23%14, schlägt diese Entwicklung zwangsläufig auch auf den stationären EZH durch.
Durch starke Zuwächse im E-Commerce wuchs der Versand- und Onlinehandel in
Deutschland im Jahr 2009 trotz Wirtschaftskrise auf einen Gesamtumsatz von 29,1
Mrd. € (2008: 28,6 Mrd.)15. Bezogen auf Osterode am Harz bedeutet das ein
Umsatzvolumen von mehr als 8 Mio. €.
Zwar ist der Einzelhandelsumsatz im Internet- und Versandhandel im 1. Quartal 2010
gegenüber dem Vorjahreszeitraum zurückgegangen (real – 6,2%)16, eine Trendumkehr
dürfte darin aber kaum zu sehen sein. Auf Dauer muss davon ausgegangen werden,
dass dieser Markt weiter wächst.
Für die Zielgruppe der mittleren und älteren Konsumenten verlieren zwar die
klassischen Versandhäuser, TV-Kanäle (Beispiel: Channel 21, QVC) legen aber
deutlich zu.17 Aber auch im Onlinehandel wird der Zielgruppe der der 50- bis 69jährigen (den sog. "Silver Surfern") besonderes Wachstumspotenzial zugerechnet18.
Hinzu kommt, dass über Preisvergleichsportale (Beispiel: billiger.de) ein „knallharter“
Preiswettkampf besteht, gegen den stationärer Einzelhandel in den Zentren oft keine
Chance hat (höhere Stückkosten durch Ladenraummiete, geringeres Umsatzvolumen,
höhere Personalkosten durch Kundenberater etc.).
d) Geringe Attraktivität Osterodes für Einzelhandelsfilialisten. Entsprechendes gilt für
Franchisegeber. Einzelhandelsunternehmen haben klar definierte Standortkriterien.
Einer der wichtigen Faktoren ist hierbei aufgrund des hieraus zu generierenden
Umsatzvolumens die Einwohnerzahl des Standortes und seines Einzugsgebietes in
Verbindung mit der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft. Städte mit Einwohnerzahlen
unter 30.000 scheiden hierbei häufig von vornherein aus. Allerdings ist aufgrund des
großen Expansionsdranges im Einzelhandel eine Tendenz zu kleineren Standorten zu
erkennen: Umsatzzuwächse sind für Unternehmen, die flächendeckend in den
größeren Städten bereits vertreten sind, sonst kaum noch zu generieren. Sie
akzeptieren bei sonst stimmigen Rahmendaten (insbesondere einzelhandelsrelevante
Kaufkraft) teilweise inzwischen auch kleinere Standorte.
e) Nachfolgeproblematik. Beispiele der jüngsten Vergangenheit (Betten-Strüver, Peetz),
zeigen, dass kleine, inhabergeführte Einzelhandelsunternehmen auch am fehlenden
Nachwuchs kranken. Dies scheint zurückzuführen zu sein auf anderweitige berufliche
Orientierung und/oder Wegzüge der nachfolgenden Generation, die kein Interesse an
der Fortführung des elterlichen Betriebs hat [wohl auch wegen der unter a) bis d)
genannter Thematik].
f)
13
Mietpreissituation. Die immer wieder geäußerten Auffassungen zu teilweise überhöhten
Mietzinsforderungen werden von der Verwaltung geteilt. Mitunter ist zu hören, dass von
auswärtigen Angehörigen an die Eigentümer Mietzinsempfehlungen gehen oder von
Quelle: HAZ, 24.04.2010
Quelle: „Nds. Wirtschaft“ 5/2010. Rossmann Online GmbH 2009 mit Umsatz von 32 Mio. €, + 23%
zum Vorjahr
15
Quelle: Börsenblatt.net/Bundesverband des deutschen Versandhandels. Incl. Reisen.
16
Quelle: Statistisches Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 154 vom 04.05.2010
17
Der Nettoumsatz allein bei QVC hat sich von 1997 bis 2008 auf 654 Mio. € beinahe versechzigfacht.
(Quelle: QVC). Das entspricht anteilig auf OHA umgerechnet ~ 196 T€. Der Wettbewerber HSE
steigerte von 2007 auf 2008 den Umsatz um 10 % auf 352 Mio. € und versendet täglich 47.000 Pakete.
.(Quellen: mediabiz, HSE) Channel21 erwirtschaftete 2008 ~ 100 Mio. € Umsatz.
18
Quelle: DCRS Online/GfK, 31.03.2010
14
Seite 19 von 51
außerhalb lebenden Eigentümern Forderungen erhoben werden, die bei Kenntnis der
Osteroder Verhältnisse nicht marktgerecht sind. Dies stellt nach Auffassung des
Unterzeichners insbesondere bei Existenzgründern im Einzelhandel eine hohe Hürde
dar. Zugunsten der Eigentümer muss aber gesagt werden, dass sie auf angemessene
Geschäftsraummieten angewiesen sind, um ihr Gebäude instand zu halten und ggf.
Investitionen zu tätigen. Hier erscheint mehr Flexibilität angebracht. Ein Ansatz können
„Anlaufmieten“ oder Umsatzmieten (evtl. in Kombination) sein, die aber in den Fällen,
die der Kontaktstelle Wirtschaft bekannt sind, von den Vermietern abgelehnt wurden.
Die Verwaltung kann die Mietpreisgestaltung nicht beeinflussen. Das ist alleinige
Angelegenheit der Vertragspartner bzw. des freien Marktes.
g) Ladengrößen und -zustand. Die Altstadt verfügt naturgemäß über meist kleinräumige
Ladenflächen. Der erzielbare Flächenumsatz ist aufgrund des Fixkostenblocks oft nicht
rentabel. Insbesondere Filialunternehmen verlangen daher Verkaufsflächen in der
Regel größer als 150 m², was ohne erhebliche Investitionen (z. B. auch
Zusammenlegung von Gebäuden) in vielen Fällen nicht zu realisieren ist. Ebenfalls
durch den historischen Gebäudebestand bedingt ist der Umstand, dass der vom
Einzelhandel geforderte ebenerdige, barrierefreie Zugang zu Geschäften teilweise
technisch kaum oder nur mit großem finanziellen Aufwand machbar ist. Soweit aber
aufgrund eines geringen Niveauunterschiedes technisch möglich, unterstützt die Stadt
durch Beratung und schnelle Erlaubnis (Höhenanhebung Straßenniveau im öffentlichen
Bereich).
Ladenoptik und –ausstattung entsprechen teilweise nicht (mehr) den Anforderungen.
Einzelhandelsflächen mit Ofenheizung und schadhafter Fassade oder veralteten bzw.
gar nicht vorhandenen Maßnahmen zur Energieeinsparung sind schlicht nicht
vermietfähig.
Bei allen Herausforderungen, denen sich Stadt und Gewerbetreibende, insbesondere
Einzelhändler, in der Innenstadt gegenübersehen, ist zwar ein Potenzial zur Verbesserung der
Situation unverkennbar und soll auch nicht bestritten werden, gleichwohl darf die Lage nicht
schlecht geredet werden, wie es leider immer wieder geschieht. So vermag der gesamte
Einzelhandel in Osterode am Harz überdurchschnittlich viel Kaufkraft zu binden. Dies schlägt
sich in der Kennzahl zur Einzelhandelszentralität mit insgesamt 123,0 nieder. Andere
untersuchte südniedersächsische Mittelzentren (Hann.-Münden 86,0, Duderstadt 106)
schneiden hier deutlich schlechter ab. Ähnliches gilt für den Anteil von Spezialisten in der
Fußgängerzone (OHA 14%, Hann.-Münden 10,3%, DUD 4%)19.
Die Stadt Osterode am Harz setzt bei ihrer Strategie zur Stärkung es Einzelhandels und bei
dem Bestreben, die Neuvermietung zu unterstützen, ganz wesentlich auf die enge Verzahnung
mit fachkompetenten Akteuren. Sie arbeitet mit örtlichen Immobilienfachleuten zusammen.
Diese verfügen über die erforderlichen Branchenkontakte, z. B. zu Expansionsabteilungen der
Einzelhandelsunternehmen. Da der Gewerbeflächenvermarktung über das Internet
zunehmende Bedeutung zukommt, betreibt die Kontaktstelle seit 2007 mit der IHK Hannover
und gefördert von der Volksbank im Harz eG ein Ladenflächen-Fachportal. Osterode am Harz
war damit bis vor kurzem in der Region führend, andere Städte haben nachgezogen. Dieses
Portal wird von Expansionsabteilungen der Filialisten genutzt.20 Eine eigene
Ladenflächendatenbank der Stadt Osterode am Harz existierte sogar zuvor bereits seit 2003.
19
Quelle: „Erfolgsanalyse von Fußgängerzonen in Grund- und Mittelzentren“, Untersuchung der IHK
Hannover, April 2009
20
Aktueller Stand: 4.608 Besucher in den letzten 12 Monaten.
Seite 20 von 51
Wesentliches Element der Strategie ist auch die regionale Zusammenarbeit. Dem dient
beispielsweise die aktive Mitarbeit der Stadt in der Regionalen Einzelhandelskooperation des
Regionalverbandes Südniedersachsen. Hier werden großflächige Ansiedlungen zwischen den
Beteiligten abgestimmt, mindestens erfolgt eine Information über geplante Vorhaben.
„Kirchturmdenken“ und Versuche, Betriebe abzuwerben, dienen der Sache nicht. Es wäre
wünschenswert, wenn sich weitere Mittelzentren der Initiative anschlössen.
Überregional ist Osterode am Harz Mitbegründer eines landesweiten Netzwerks
„Leerstandmanagement“ mit fachkompetenter Unterstützung, in dem Maßnahmen und
Strategien der Kommunen besprochen und Hinweise für Handlungsansätze gegeben werden.
Strategie der Stadt Osterode am Harz – und der Geschäftsleute! – muss es sein, dem oben
genannten Eindruck des vermeintlich attraktiveren Einkaufserlebnisses in den Zentren
entgegen zu wirken. Hierbei spielt das Ambiente einer historischen Altstadt eine ganz
wesentliche Rolle (weshalb der Denkmalschutz zur Erhaltung dieses Ambientes ernst
genommen und nicht verteufelt werden sollte).
Positives muss besser herausgestellt und noch weiter verbessert werden. Der Wochenmarkt z.
B. ist ein deutlicher Pluspunkt für die Innenstadt. Kunden, die zum Wochenmarkt in die Stadt
kommen, besuchen oft auch weitere Geschäfte in der Innenstadt. Ziel der Stadt ist es daher,
gemeinsam mit den Marktbeschickern die Attraktivität des Wochenmarktes als „Magnet“ in
Osterode am Harz weiter zu verbessern und darüber hinaus in der Region durch
entsprechende Bewerbung bekannter zu machen. Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus
Vertretern der Stadtverwaltung und der Marktbeschicker, hat bereits konkrete Maßnahmen
(Sonderaktionen, regionale Werbung) vorbereitet, die derzeit umgesetzt werden.
Allerdings ist es nicht allein Aufgabe der Stadtverwaltung, zur Attraktivität Osterodes als
Einkaufsstadt beizutragen. Besondere Bedeutung kommt daher der Bündelung verschiedener,
teilweise auseinanderzulaufen drohender Aktivitäten zu. WEGO, Interessengemeinschaft „Am
Schilde“, in Teilen die IG Rollberg und Einzelaktivitäten und die Interessen der
Hauptsponsoren zusammen zu fassen, ist daher erklärtes Ziel. Befördert werden soll dies
durch die Schaffung einer neuen, straffen Organisationsstruktur des Stadtmarketings. Hierbei
sind eine Reihe rechtlicher und steuerlicher Fragen derzeit ebenso noch offen wie die Frage,
wie eine allen Interessen gerecht werdende Struktur zu organisieren ist.
Ein weiterer Lösungsansatz ist die Unterstützung von Existenzgründungen. Das als
Stadtmarketingprojekt entstandene Mentoringprogramm bietet Interessenten kompetente
Ansprechpartner, die sowohl in der Gründungs- wie in der Anlaufphase wertvolle Hinweise
geben können. Die Dienstleistung der Kontaktstelle besteht in der Vermittlung von
Ansprechpartnern oder geeigneten Gewerbeflächen.
Veranstaltungen in der Innenstadt können zur Kaufkraftbindung und –gewinnung beitragen,
sind jedoch gewiss nicht die Lösung der Herausforderungen. Sie sollten von der
Kaufmannschaft noch stärker genutzt werden, um das – entgegen verbreiteter Meinung –
durchaus attraktive Angebot zu vermitteln. Bei Veranstaltungen der WEGO oder des
Stadtmarketings geht es nicht vorrangig um Umsätze am Veranstaltungstag, sondern um
mittel- bis langfristige positive Effekte.
So zielte z. B. der am 15. Mai erstmals durchgeführte Motorradtag auf eine neue,
zahlungskräftige und bislang bei der Bewerbung unterrepräsentierte Zielgruppe. Diese
Kunden, die bisher überwiegend an Osterode am Harz vorbei in den Harz fahren, sollten
motiviert werden, wiederzukommen. Eine solche Veranstaltung zielt also nicht nur auf einen
kurzfristigen Effekt (Tagesumsatz am Veranstaltungstag), sondern auch auf mittel- und
langfristigen Erfolg. Generell sollte aber der Gewinnung von Tagesgästen ein noch stärkeres
Augenmerk gewidmet werden. Statistische Erhebungen gehen von einem Umsatz von ~ 30 €
Seite 21 von 51
pro Person aus. Damit könnte für EZH und Gastronomie ein zusätzliches jährliches
Umsatzvolumen im hohen fünfstelligen Bereich erzielt werden.21
Einer aktuellen Untersuchung zufolge hat innerhalb der Verbraucher, die bisher nicht online
eingekauft haben, der Anteil der Personen deutlich zugenommen, die grundsätzlich keine
Notwendigkeit für Online-Shopping sehen. Sie ziehen vielmehr den persönlichen Kontakt vor
und nutzen aus Überzeugung den Einzelhandel vor Ort22. Dies ist ein deutlicher Hinweis an die
Anbieter, sich z. B. durch besondere Dienstleistungsangebote, abgestimmte Öffnungszeiten –
eine Herausforderung, die in der Kaufmannschaft bislang nicht zufriedenstellend gelöst worden
ist –, noch bessere Serviceleistungen und anderes mehr vom Internethandel abzugrenzen und
dadurch Kaufkraft zu halten, ggf. zurückzugewinnen.
Online-Shops bieten den Betreibern von Ladengeschäften durchaus die Möglichkeit, Umsätze
zu steigern und durch größeres Absatzvolumen günstigere Einkaufskonditionen auszuhandeln.
Diese Möglichkeit wird heute noch nicht ausreichend genutzt.
Allerdings muss auch darauf hingewiesen werden, dass Marketingaufwendungen, die die Stadt
als Ganzes bewerben, besonders Anzeigenschaltungen oder Radiowerbespots, hohe Kosten
verursachen. Mit dem derzeit dem Stadtmarketing zur Verfügung stehenden Budget sind
aufwändige,
große
Personenkreise
erreichende
regionale
wie
überregionale
Werbemaßnahmen nicht durchzuführen.
Fazit:
 Abgewanderte Kaufkraft kann nur sehr bedingt zurückgewonnen werden.
 Die Lösung gibt es nicht. Insbesondere kann nicht „die Stadt“ im Sinne von „die
Verwaltung“ im Alleingang gegensteuern. Ein Maßnahmenpaket, vor allem beständige,
gemeinsame Arbeit verschiedenster Akteure ist erforderlich. Lösungsansätze, die in
Betracht gezogen werden können, sind z. B.:
21
o
Maßnahmen zur Neukundengewinnung. „Werbung kostet Geld, keine Werbung
kostet Kunden“, so eine alte Marketingweisheit. Handel und Stadt sollten
gemeinsam neue Zielgruppen für Osterode am Harz im Allgemeinen und für
das Einzelhandelsangebot im Besonderen ansprechen und bewerben. Dabei
sollte eine regionale Ausrichtung von Werbung, über das Kreisgebiet hinaus, z.
B. durch Mailingaktionen, Anzeigenwerbung, ggf. Radiospots (z. B. bei
Veranstaltungen) erfolgen. Nachteil: Letztlich handelt es sich um einen
Kannibalisierungseffekt zwischen den Kommunen.
o
Anpassung der Fußgängerzone. Im Vergleich zu anderen Fußgängerzonen in
Mittelzentren ist die Länge in Osterode am Harz überdurchschnittlich23. Im
Bereich Rollberg/Auenstraße sind erste Ansätze einer Anpassung gemacht
worden. Es sollte geprüft werden, ob dies in anderen Bereichen (Waagestraße,
Scheffelstraße) fortgeführt wird. Dies muss dort aber einhergehen mit einer
Umnutzung von leer stehenden Ladenflächen in diesen Bereichen – sonst
ändert sich an der Ansicht „nackter“ Schaufenster nichts.
o
Bessere Erreichbarkeit. Anders als die „gefühlte“ Situation ist das
Parkplatzangebot in Osterode am Harz gut. Dennoch kann durch die Schaffung
eines Parkleitsystems oder die, zugegebenermaßen werbewirksame, aber im
Annahme: 300 d * 100 Besucher * 30 €/Besucher/d = 900 T€
Quelle: Ges. für Konsumforschung (GfK): „Online Shopping Survey 2010“, Pressemitteilung GfK v.
30.03.2010
23
Quelle. „Erfolgsanalyse von Fußgängerzonen in Grund- und Mittelzentren“ IHK Hannover April 2009
22
Seite 22 von 51
Sinne der Haushaltskonsolidierung nicht zielführende Senkung der
Parkgebühren eine Verbesserung des guten Zustandes herbeigeführt werden.

Die Bündelung von Anstrengungen auf lokaler wie regionaler Ebene ist unverzichtbar.
Besonderes Augenmerk ist bei den Stadtmarketingaktivitäten auf eine enge
Zusammenarbeit zwischen Stadtverwaltung, Politik, Geschäftsleuten und Sponsoren zu
richten.
In den Ortschaften der Stadt Osterode am Harz stellt sich die Frage der Nahversorgung immer
stärker. Die letzten Geschäfte machen nach und nach zu (z.B. Lerbach) und nur in den
größeren Dörfern wie z.B. Förste bleibt noch ein gewisses Angebot bestehen oder wird sogar
neu geschaffen. In Schwiegershausen wurde beispielsweise von privater ehrenamtlicher Seite
gemeinsam mit der Raiffeisen-Warengenossenschaft als Betreiber mit einem
Dorfladenkonzept der Fa. Tegut entgegengewirkt. Derartige Initiativen sollten genau analysiert
werden, ob sie ggf. auch für andere Standorte in abgewandelter Form tauglich ist. Weitere
Möglichkeiten sind z.B. die Nutzung von mobilen Geschäften. Auch hier kann von Erfahrungen
anderer Kommunen profitiert werden. Die Stadt ist zu diesem Thema bereits im Rahmen des
Regionalverbandes Südniedersachsen tätig.
Unter der Überschrift Wirtschaft sind letztendlich auch die Eigenbetriebe der Stadt bzw.
wirtschaftlich rechnende Einheiten zu beleuchten. Der Stadtforstbetrieb ist auf Grund seiner
von Natur her langfristigen Betrachtungsweise relativ einfach darzustellen24.
Der Wald wächst wie in den letzten 500 Jahren mit entsprechender Pflege unbeirrt weiter.
Unterschiede gibt es ggf. bei den Holzarten, die dem Klimawandel angepasst werden müssen.
Bei der Holzvermarktung wird es in den nächsten Jahrzehnten keine Probleme geben, solange
Deutschland ein Holzexportland bleibt.
Im Bereich Erholungswald muss die Planung auf den demografischen Wandel, aber auch auf
andere Veränderungen, wie z.B. geänderte Urlaubsaktivitäten, abgestellt werden. In der
jüngsten Vergangenheit wurden Einrichtungen, die dem Erholungszweck dienen (Bänke,
Köten, Schutzhütten, Grillplätze), aus Kostengründen nicht mehr erneuert. Über dieses Thema
muss im Sinne des Tourismus aber grundsätzlich neu nachgedacht werden.
Die Einrichtungen der Wirtschaftsbetriebe Osterode sind bereits voll im Umstellungsprozess
auf die neue Situation. Im ALOHA werden viele zusätzliche Veranstaltungen zur
Attraktivitätssteigerung gerade für junge Familien durchgeführt (Aqua Beat Party, Open Air
Kino, Kindertag etc.). Damit wird die Stadt familienfreundlicher, gleichzeitig werden Mängel an
anderer Stelle (fehlendes Kino, fehlende Großraumdisko) teilweise ausgeglichen.
Die Stadthalle verändert ebenfalls ihr Programm, um mehr junge Menschen in die Halle zu
bringen. Als Beispiele mögen hier die „3 freundliche Tage After Show Party“, verschiedene
Dance Partys und das Public Viewing zur Fußball WM dienen, mit denen sich die Stadthalle
„hoffähig“ für das junge Publikum gemacht hat.
Interessant auch für Senioren ist sicher das Wellnessangebot nebst Saunagarten im
Schwimmbad sowie das Kulturangebot der Stadthalle.
b) Integration
Von den 82,1 Millionen Einwohnern Deutschlands im Jahr 2008 hatten 15,6 Millionen
Personen einen Migrationshintergrund. D.h. 19 % der Gesamtbevölkerung (2005: 18,3 %,
2007: 18,7 %) sind seit 1950 nach Deutschland zugewandert oder sind Nachkommen von
Zuwanderinnen oder Zuwanderern. Von den 15, 6 Millionen sind 8,3 Millionen deutsche
Staatsangehörige. Der leichte Anstieg des Anteils der Bevölkerung mit Migrationshintergrund
ist auf zwei Ursachen zurückzuführen: Im Vergleich zu 2007 ist die Bevölkerung ohne
24
Vermerk F4 Az.: 04 82 06 28 03 vom 28.04.2010
Seite 23 von 51
Migrationshintergrund um 277.000 auf 66,6 Mio. Personen zurückgegangen. Gleichzeitig ist
die Bevölkerung mit Migrationshintergrund durch Zuzug und Geburten um 155.000 Personen
angewachsen. Im Rahmen dieses Anstiegs ist zwar der Ausländeranteil seit 2005 relativ
konstant geblieben, der Anteil der Deutschen mit Migrationshintergrund stieg in diesem
Zeitraum aber an (2005: 9,4 %, 2007: 9,9 %, 2008: 10,1 %). Der stärkste Zuwachs war bei
Deutschen mit Migrations-hintergrund, aber ohne eigene Migrationserfahrung zu verzeichnen,
also bei den schon in Deutschland geborenen Nachkommen von Zuwanderern. Die
Alterspyramide für Deutschland im Jahr 2008 zeigt, dass der Anteil der Personen mit
Migrationshintergrund an der Gesamtbevölkerung in den jüngeren Altersstufen am größten ist.
So haben inzwischen 34,4 % der Kinder unter fünf Jahren einen Migrationshintergrund, bei
den Kindern bis zum Lebensalter von zehn Jahren sind es 32,7 %. Auch in der Altersgruppe
bis 35 Jahre beträgt der Anteil der Personen mit Migrationshintergrund mit 27,3 % deutlich
über ein Fünftel der Gesamtbevölkerung. Dagegen beträgt der Migrantenanteil in der
Altersgruppe über 65 Jahre nur 8,5%. Das Durchschnittsalter der Personen mit
Migrationshintergrund beträgt 34, 4 Jahre, bei denen ohne Migrationshintergrund sind es 45, 3
Jahre.25
Bürgerschaftliches Engagement stellt eine wichtige Grundlage für die Identifikation mit dem
Gemeinwesen, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Mitwirkung an der
demokratischen Willensbildung auf allen politischen Ebenen dar. Damit ist bürgerschaftliches
Engagement auch eine wichtige Komponente im Integrationsprozess. Es trägt zur Willens- und
Meinungsbildung bei und mobilisiert die Gemeinschaft für gesellschaftliche Entwicklungen.
Migrantinnen und Migranten bringen ein hohes Engagementpotential mit. Zahlen aus der
Studie des Bundesverbandes für Wohnen und Stadtentwicklung: 20 % der Personen mit
Migrationshintergrund haben sich bereits an Entscheidungen über die eigene Nachbarschaft
beteiligt; 42% würden sich gerne beteiligen. 18% Prozent der Befragten sind bereits
ehrenamtlich für "ein gutes Zusammenleben im Quartier" engagiert, 30% würden sich gerne
engagieren. Die Migranten der 2. Generation sind fast so häufig ehrenamtlich aktiv wie
Einheimische ohne Migrationshintergrund.26
Diese durchaus positiven gesamtdeutschen Zahlen können für Osterode am Harz einen
deutlichen Hinweis auf das noch längst nicht ausgeschöpfte Potenzial geben.
Seit 2004 wurde der Kontakt zu Migranten bzw. deren Organisationen verstärkt gesucht, um
diese in das „Osteroder Netzwerk“ einzubeziehen. Im Jahr 2005 wurden z.B. die
Geschäftsführer der ausländisch geführten Unternehmen der Stadt in den Ratssaal
eingeladen, um ihnen die Unterstützungsmöglichkeiten von Stadt und Landkreis
näherzubringen und um für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen zu werben. In einer
Arbeitsgruppe mit Migranten wurde das Thema „Ausländer in Osterode“ näher beleuchtet und
während des Ramadan 2010 hat der Bürgermeister die Vorstände der moslemischen Gruppen
gemeinsam mit den christlichen Kirchen, den Ratsmitgliedern und vielen an dem Thema
Integration arbeitenden Menschen zum Iftar, dem Fastenbrechen nach islamischer Tradition,
und anschließenden Gesprächen in den Ratssaal eingeladen. Diese Veranstaltung war ein
voller Erfolg, denn von vielen moslemischen Teilnehmern wurde angemerkt, dass man sich
nun auch wirklich ernst genommen fühle. Alle Redner des Abends machten aber auch
deutlich, dass Integration keine Einbahnstrasse ist, sondern von beiden Seiten angegangen
werden muss.
Über die D.I.T.I.B. Moschee am alten Bahnhof wurde der Kontakt zur Muslimischen Gemeinde
gesucht und in den Jahren ausgebaut. Bei den regelmäßigen Treffen mit dem Imam bzw.
Vorstandsmitgliedern werden die Themen Integration und hierbei vor allem die verstärkte
Teilnahme am gesellschaftlichen Leben z.B. über die Mitgliedschaft in Hilfsorganisationen
(siehe auch Projekt der Freiwilligen Feuerwehr) oder Vereinen diskutiert und umgesetzt. Auch
der islamische Arbeitskreis Harz ist hierbei ein wichtiger Partner, ebenso wie auch viele
25
8. Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland - NST-Info-Beitrag Nr.
5.43 / 2010 Seite 1
26
8. Bericht über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland - NST-Info-Beitrag Nr.
5.43 / 2010 Seite 8
Seite 24 von 51
Einzelpersonen mit Migrantenhintergrund wie z.B. der türkische Gymnasiallehrer im
Ruhestand und Buchautor Ihsan Kurtoglu aus Wulften.
Auch zu den zugewanderten Russlanddeutschen bzw. Menschen aus der ehemaligen
Sowjetunion wurde der Kontakt gesucht und über den Verein Ivoh Globus, den Internationalen
Treff und viele Einzelpersonen auch gefunden. Auch mit diesem Personenkreis sind bereits
viele Veranstaltungen durchgeführt worden. Unter anderem hat sich auch ein Arbeitskreis des
Stadtmarketings dieser Thematik angenommen und im Rahmen der Veranstaltungsreihe
„Bürgergespräche“ mit Migranten diskutiert.
Um an die Migranten heranzukommen, müssen in der Zukunft neue Wege gegangen werden.
Einladungen ins Rathaus oder in andere öffentliche Räume wird nur zögerlich gefolgt und von
daher ist der Weg richtig, den der Internationale Treff eingeschlagen hat, indem er in die
Wohnbereiche der zugewanderten Menschen geht und dort sein Angebot präsentiert. Am
07.09.2010 fand z.B. ein „Interkultureller Tag“ auf dem Parkplatz der Kreuzkirchengemeinde
statt, bei dem der Internationale Treff/Rumänienhilfe, die Kreiswohnbau, das
Mehrgenerationenhaus/Prager Schule, das Paritätische Sozialzentrum und die DiakonieSozialstation ihre Angebote im Wohngebiet „Siechenfeld“ darstellten27.
Für die Zukunft ist es wichtig, möglichst alle Migranten in das gesellschaftliche Leben
einzubeziehen. Das geht aber nur über einen gegenseitigen respektvollen Umgang mit der
Kultur, der Religion und der Lebensweise des jeweils anderen. Gegenseitige Einladungen zu
besonderen Veranstaltungen sind hier bei der Förderung des Verständnisses sicher hilfreich.
Auch die Einbindung in das politische Geschehen und die Willensbildung wäre
wünschenswert. Es muss gesellschaftliche Verantwortung an Migranten abgegeben werden,
um diese in die Gesellschaft zu integrieren28.
Es könnte beispielsweise ein Integrationsverein geschaffen werden, der unter anderem eine
Lotsenfunktion übernehmen soll. Sprachbarrieren müssen abgebaut werden, allerdings sind
hier auch die Migranten stets in der Bringschuld, da manch einer gar nicht das aktuelle
Angebot nutzen und sich offensichtlich nicht integrieren will. Hier ist noch viel
Überzeugungsarbeit zu leisten.
Auch die Politik muss sich dem Thema Migration noch stärker öffnen. In den kleineren eher als
in den großen Parteien gibt es im Bund und in den Ländern schon ein paar gute Beispiele, in
denen Migranten Führungspositionen einnehmen. Die Parteien stehen der Integration von
Migranten zwar nicht entgegen, aber ergreifen auch nicht aktiv genug die Initiative, Migranten
mit ins Boot zu holen. Ziel muss sein, Migranten über die Parteien in die Ortsräte bzw. den
Stadtrat zu bekommen. Auch die Verwaltung berücksichtigt diese größer werdende
Bevölkerungsgruppe noch nicht ausreichend. Beispielsweise wurde auch das Leitbild der Stadt
vor zwei Jahren ohne Mitarbeit von Ausländern erarbeitet.
Folgende Oberziele sollten im Bereich der Integration verfolgt werden:
‐
‐
‐
‐
‐
‐
Gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt schaffen
Anerkennung ausländischer Zeugnisse
Vorbildfunktion auch hier wahrnehmen, Akzeptanz fremder Kulturen fördern
Förderung der Integrationswilligkeit, Vertrauen schaffen
Sprachbarrieren abbauen
Potenziale der ausländischen Bürger nutzen29.
Die Stadtverwaltung hat in den vergangenen Jahren bewusst viele Mitarbeiter aus anderen
Ländern und Kulturkreisen eingestellt, um sich auf die verändernde Bevölkerung einzustellen.
Konkret sollten in der Stadtverwaltung diejenigen mit Migrationshintergrund Ansprechpartner
für Migranten sein.
27
Einladungsflyer „Interkultureller Tag“ des Internat. Treff/Rumänienhilfe am 07.09.2010
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 6
29
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 19
28
Seite 25 von 51
Ein weiteres Projekt wurde im August 2010 vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales
u.a. im Landkreis Osterode gestartet. Gemeinsam mit dem Landkreis Peine sollen 100
Personen aus dem Hartz IV Bereich, davon 8 in der Stadt Osterode am Harz, in dem Projekt
„Bürgerarbeit“ gefördert werden. Dieses könnte für den Intergrationsprozess förderlich sein,
denn als Tätigkeiten kommen u.a. in Betracht:


Unterrichtung über andere Kulturkreise im Kindergarten
Ausbildung von Migrantinnen (Projekt: Stadtteilmütter), um anderen Frauen mit
Migrationshintergrund die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erleichtern und
sie aus der Isolation zu locken(z.B. deutsche Sitten und Gebräuche, Schulsystem,
Behörden).
Angebote zur Unterstützung von Migranten und Migrantinnen gibt es in Osterode am Harz wie
beschrieben durchaus viele, sie müssen nur stärker in die Öffentlichkeit gebracht werden, was
aber nur durch direkte Ansprache geht, da diese Klientel zumeist nicht die örtliche Zeitung liest
oder sich anderweitig über lokale Gegebenheiten informiert.
Das Thema „älter werden in Deutschland“ ist für Migranten auch oft ein großes Problem.
Anders als in ihren Heimatländern werden die älteren Menschen nicht mehr in dem Maße von
der Großfamilie aufgefangen, und gerade bei Migranten der 1. Generation, die auch oft noch
erhebliche Sprachprobleme haben, gestaltet sich das Leben immer schwieriger. Auch hier gibt
es inzwischen Hilfsangebote, die aber noch bekannter gemacht werden müssen. Hier ist die
Verwaltung gefragt, derartige Initiativen wie die vom Internationalen Treff, dem
Seniorenservicebüro des Landkreises oder der Prager Schule weiter zu unterstützen30.
c) Bildung
Bildung ist anerkanntermaßen die wichtigste Schlüsselstelle zur Bewältigung des
demografischen Wandels. Seit Sommer 2004 hat sich die Stadtverwaltung daher verstärkt mit
dem Thema Grundschulentwicklungsplanung auseinandergesetzt. Bei zurückgehenden
Geburtenzahlen ist natürlich auch das Thema Kinderbetreuung sehr genau zu beleuchten.
Die Zahl der Geburten ist von 296 für das Kindergartenjahr 1992/93 auf nunmehr 164 für das
abgelaufene Kindergartenjahr 2009/10 zurückgegangen. Im Vorjahr hatten wir sogar nur 150
Geburten. Das entspricht einen Rückgang von 45 % bis heute, von 43 % bis 2004/05 und von
30 % innerhalb von 10 Jahren (siehe untenstehende Tabelle). Seit 2003/2004 beträgt der
Rückgang nur noch 8 %. Der Trend scheint sich merklich verlangsamt zu haben, ist vielleicht
sogar (vorläufig) zum Stillstand gekommen.
Bis 2025 geht die Bertelsmannstiftung von einem weiteren Bevölkerungsrückgang von 13 %
bezogen auf 2006 in Osterode aus31. Bei den Geburten werden hier keine expliziten Zahlen
genannt. Die Verringerung der Geburten wird zwischen 10 und 20 % liegen, was einen
Rückgang von 180 auf 162 bis 134 Kinder pro Jahr bedeutet. Die Stadt plant hier
sicherheitshalber mit der ungünstigeren Variante.
Welche Auswirkungen hat diese Entwicklung nun auf die Kindergartenplätze der Stadt
Osterode am Harz?
Lag der Bedarf zur Jahrtausendwende noch bei 814 (Spalte 3 der untenstehenden Tabelle), so
liegt er heute bei 602 und in 2025 zwischen 440 und 530 Plätzen, je nachdem, welche der
Bevölkerungsvarianten eintreten wird.
30
31
„Älter werden in Deutschland“, AWO Bundesverband e.V., Berlin November 2009
Demographiebericht Kommune „Osterode am Harz“, www.wegweiser-kommune.de
Seite 26 von 51
Kindergartenjahr
(01.08 - 31. 07.)
Summe der
3-6
jährigen,
wobei 33%
der
Dreijährigen Summe Kinderder 1-3 gartengezählt
jährigen plätze Krippenplätze
Jahrgangsstärken werden
1990/91 ca.
276
1991/92 ca.
1992/93 ca.
286
296
1993/94 ca.
1994/95
1995/96
1996/97
1997/98
1998/99
1999/00
2000/01
2001/02
2002/03
2003/04
2004/05
2005/06
2006/07
2007/08
2008/09
2009/10
2010/11 -Prognose
2011/12 -Prognose
2012/13 -Prognose
2013/14 -Prognose
2014/15 -Prognose
2015/16 -Prognose
2016/17 -Prognose
2017/18 -Prognose
2018/19 -Prognose
2019/20 -Prognose
2020/21 -Prognose
2021/22 -Prognose
2022/23 -Prognose
2023/24 -Prognose
2024/25 -Prognose
262
243
249
247
224
221
227
225
189
208
178
171
193
180
171
150
164
162
160
158
156
154
152
150
148
146
144
142
140
138
136
134
945
925
884
836
814
794
768
747
736
710
681
632
621
602
601
594
556
539
529
539
532
525
519
512
505
499
492
485
479
492
496
471
445
448
452
414
397
386
349
364
373
351
321
314
326
322
318
314
310
306
302
298
294
290
286
282
278
274
686
686
706
706
706
706
706
673
619
631
611
611
611
611
586
586
4
22
25
33
45
45
45
90
90
Ein Gegentrend stellt die längere Betreuung der Kinder in den Kindergärten dar. Noch in den
90iger Jahren war ein zweijähriger Kindergartenbesuch normal. Man ging mit 4 und 5 Jahren
in den Kindergarten. Dreijährige waren nur ganz vereinzelt anzutreffen. Mittlerweile gehen die
Kinder 3 bis 4 Jahre in den Kindergarten. Sobald sie drei Jahre alt werden, kommen sie in den
Kindergarten, wenn Plätze frei sind. Dadurch ist der Rückgang an Kindergartenplätzen nicht so
stark, wie der Rückgang an Kindern insgesamt.
Seite 27 von 51
Die Zahl der Kindergartenplätze ist von 706 als Höchststand 2000 auf 611 zurück gegangen.
Das ist „nur“ ein Rückgang von 13 %.
Dabei ist auf die örtliche Verteilung des Rückgangs zu achten. In der Kernstadt sind bis auf
den Kindergarten „Zum Guten Hirten“ alle Kindergartenplätze belegt und es hat einen Abbau
von 50 Plätzen gegeben. In den Ortschaften sind ebenfalls 50 Plätze abgebaut worden, und es
sind zwischen 35 und 40 Plätzen nicht belegt, wobei anteilig weniger Kinder in den Ortschaften
leben. Das heißt der Rückgang der Kinderzahlen ist in den Ortschaften ausgeprägter. Das ist
auch in der Schulentwicklung zu erkennen.
Ob diese Entwicklung dazu führen wird, dass in den Ortschaften weitere Gruppen reduziert
werden, muss abgewartet werden. Für die nächsten 3 Jahre ist dies nicht zu erkennen.
Der Rückgang der Kinderzahlen macht in Osterode den Krippenausbau weniger
kostenintensiv, als bei unveränderten Kinderzahlen. Die beiden bisherigen Krippen konnten
durch die Umwandlung von bestehenden Kindergartengruppen geschaffen werden. Für den
Innenstadtbereich ist dies in den nächsten 3 Jahren (2013 Rechtsanspruch auf Krippenplatz!)
nur für den Kindergarten Kreuzkirche zu erwarten. Der Kindergarten Kreuzkirche plant in 2012
auch eine Kindergartengruppe in eine Krippengruppe umzuwandeln. Für den Schützenpark
und für Fuchshalle ist diese Perspektive nicht erkennbar. Daher bleibt der geplante Neubau für
den ältesten maroden Kindergarten Schützenpark weiterhin notwendig.
Die Nachfrage nach Krippenplätzen hat in den 5 Jahren, seitdem auch unter Dreijährige
betreut werden, erheblich zugenommen. Es ist von einer weiteren Nachfragesteigerung
auszugehen. Die kommunalen Dachverbände diskutieren bereits, dass die politisch avisierte
Quote von 35 % Betreuungsplätzen nicht ausreichen wird. Diese Diskussion ist sicherlich
realistisch einzuschätzen.
Durch den Ausbau der Kinderbetreuung lässt sich die geringere Geburtenrate zwar nicht
rückgängig machen, sie kann aber dazu beitragen, dass Frauen wieder eher dem Arbeitsmarkt
zur Verfügung stehen (bei absehbarem Fachkräftemangel) und dass der Wegzug junger
Familien gestoppt oder möglicherweise sogar in einen Zuzug gedreht wird.
Ein besonderer Akzent könnte durch die komplette Beitragsbefreiung gesetzt werden. Das
würde gerade junge Familien motivieren nach Osterode zu ziehen. Wobei von einer solchen
Maßnahme (Kostenpunkt ca. 250.000 € jährlich!) überwiegend die gut und besser
verdienenden Familien - aufgrund der Beitragsstaffelung - profitieren würden. Zurzeit ist dies
aber nicht zu finanzieren, vor allem, da es sich um eine freiwillige Leistung handeln würde.
Es wäre aber ein landes- und bundesweites Signal, auch für Investoren: „Osterode ist eine
familienfreundliche Stadt“! Kombiniert
mit dem vorhandenen günstigen Bauland, der
vorhandenen hervorragend ausgebauten Schullandschaft und den sehr guten Freizeitangeboten ließe sich vermutlich die Kinderzahl damit stabilisieren oder gar leicht erhöhen.
Teilweise würde dies aber zu Lasten der umliegenden Städte und Gemeinden gehen und
wäre verbunden mit Folgekosten für die Einrichtungen (neue Gruppen)32.
Der Grundschulbereich hat bereits seit einigen Jahren mit stark zurückgehenden
Schülerzahlen zu kämpfen, die nicht kompensiert werden können.
Aufgrund der einbrechenden Schülerzahlen mussten bereits 3 Schulstandorte geschlossen
werden. Ziel der Verwaltung und des Bürgermeisters war es daher von Anfang an, durch
Schließung der schwachen Schulen stärkere Einheiten zu bilden, die den Kindern ein
umfangreicheres Bildungsangebot liefern können. Dies ist bereits weitestgehend gelungen.
Die nachfolgende Tabelle stellt die Schülerzahlenentwicklung im Bereich der Grundschulen in
Osterode mit Stand August 2010 dar. Aufgrund von Weg- und Zuzügen können sich kurzfristig
Änderungen ergeben, die gerade bei schülerschwachen Schulen dramatische Auswirkungen
haben können.
32
Vermerk F2 –Jugend- vom 23.08.2010 „Demografischer Wandel, hier: Kinderbetreuung und
Jugendarbeit“
Seite 28 von 51
Gesamtschülerzahlen der Grundschulen in Osterode am Harz33
Schuljahr
2001/
2002/
2003/
2004/
2005/
2006/
2007/
2008/
2009/
2010/
2011/
2012/
2013/
2014/
2015/
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
2001/
Röddenberg
216
208
194
186
174
166
154
152
147
158
162
161
172
166
163
-24,54%
-12,37%
5,84%
3,16%
Am Jacobitor
224
212
195
180
189
187
177
158
179
162
177
177
168
179
162
-27,68%
-10,00%
-8,47%
0,00%
Dreilinden **
116
116
118
106
102
97
93
88
90
148
130
117
105
106
102
-12,07%
-3,77%
9,68%
-31,01%
Lasfelde
125
121
124
125
133
144
129
120
107
90
90
82
75
69
73
-41,60%
-41,60%
-43,41%
-18,89%
Am
Schwarzenberg
133
114
116
114
108
101
88
54
60
45
63
80
76
77
75
-43,61%
-34,21%
-14,77%
66,67%
163
155
160
158
137
143
122
118
117
-42,65%
-40,61%
-28,22%
-25,95%
761
759
760
718
715
692
-37,55%
-28,81%
-21,81%
-9,07%
2015*
2004/
2015*
2007/
2015*
2010/
2015*
Grundschule
Dorste
83
68
68
74
62
61
Förste
121
130
122
123
109
99
Sösetal*
Schwiegershausen
Gesamt
90
81
64
64
62
68
81
83
74
1108
1050
1001
972
939
923
885
810
817
*Dorste und Förste ab 2007 zusammen
** Dreilinden und Schwiegershausen ab 2010
zusammen
* Berechnung bezieht sich auf den jeweiligen Stichtag der Fortschreibung
Für das Schuljahr 2008/2009 wurden die Zahlen aktuell im Januar 2009 von den Schulen gemeldet
Ab dem Schuljahr 2010/2011 wurden die Zahlen nach dem Stand von Einwohnermeldelisten ermittelt:
Schuljahr 2009/2010
Stand: 04.11.2009
Schuljahr 2010/2011
Stand: 25.08.2010
Schuljahr 2010/2011
Stand: 08.08.2008
Schuljahr 2011/2012
Stand: 08.08.2008
Schuljahr 2012/2013
Stand: 08.08.2008
Schuljahr 2013/2014
Stand: 08.08.2008
Schuljahr 2014/2015
Stand: 08.12.2008
Schuljahr 2015/2016
Stand: 13.10.2009
Durch die Einführung von offenen Ganztagsgrundschulen wurde das Angebot weiter
verbessert und gerade für Kinder aus bildungsfernen Bevölkerungsteilen durch die
Nachmittagsbetreuung bessere Chancen eröffnet. Hier besteht die klare Forderung an das
Land Niedersachsen, diese Bestrebungen mit zusätzlichen Lehrerstunden für den Nachmittag
zu unterstützen.
Durch bereits in den Kindergärten ansetzende Sprachförderung soll den Kindern früh eine
bessere Grundlage gegeben werden, damit sie in den weiterführenden Schulen besser
zurechtkommen. Hier besteht auch eine enge Zusammenarbeit mit dem Landkreis, der in
seinen Oberzielen richtigerweise ebenfalls das Thema Bildung in den Vordergrund gestellt
hat.
Für die Zukunft scheint eine erheblich stärkere Förderung der zunehmenden alleinerziehenden
Elternteile und sozial Benachteiligter mit ihren Kindern erforderlich. Ziel muss sein, dass die
Familien und hier vor allem die Kinder die Chance bekommen, in möglichst geordneten
Verhältnissen zu leben, um den Kindern eine leistungsgerechte Schul- und Berufsausbildung
zu ermöglichen. Dies ist eine wichtige Maßnahme zur Steigerung der Ausbildungs- und
späteren Arbeitsfähigkeit der oft eher bildungsfernen Kinder. In enger Zusammenarbeit mit
dem Landkreis Osterode am Harz muss hier eine möglichst durchgehende „Begleitung“ dieser
33
Tabelle „Gesamtschülerzahlen“ F2, Stand: 24.08.2010
Seite 29 von 51
Familien durch Fachkräfte und Ehrenamtliche gewährleistet werden. Dadurch wird ein
mögliches Potenzial für zukünftige Auszubildende erschlossen.
Durch die zunehmende Orientierungslosigkeit von Jugendlichen und Eltern ist es für viele
junge Menschen ein zentrales Problem einen für sie geeigneten Job zu finden. Mit Hilfe eines
Praktikantenpools können Jugendliche einen Überblick über Berufe in der Region gewinnen
und Firmen Personal für Ferienjobs finden. Über die Einrichtung einer zentralen
Vermittlungsstelle zum Beispiel auf Basis ehrenamtlicher Arbeit in den Räumen der ELFEN
könnten die Jugendlichen erste Einstiege in das Berufsleben wagen. So können
Fehlentscheidungen bei der Berufswahl minimiert werden und es werden Möglichkeiten
geschaffen, sich besser mit der Stadt Osterode am Harz zu identifizieren. Auch über den BITO
(Berufsinformationstag) oder die MEKOM sollten verstärkt Stellen angeboten werden und
wichtige Verbindungen zwischen Schule und Wirtschaft, z.B. an den berufsbildenden Schulen,
geschaffen werden. Eventuelle Nachteile ergeben sich aus den entstehenden Kosten und den
Zielpersonen der Aktion, da die Frage bleibt, wie man die Kinder der eher bildungsfernen
Schicht motivieren kann, dabei zu sein34.
Ein ergänzender Punkt bei der Vorbereitung der Berufsfindung von jungen Menschen ist die
Motivation von jungen Frauen, einen technisch geprägten Beruf zu erlernen. Durch den
jährlichen „Zukunftstag“ ist hier ein Anfang gemacht, allerdings bedarf es doch noch
erheblicher Anstrengungen, um nachhaltigen Erfolg zu haben.
Im Zusammenhang mit Bildung, persönlicher Entwicklung und Berufsfindung ist auch die
Jugendarbeit der Stadt Osterode am Harz zu sehen.
Da in der Jugendarbeit mit freiwilligen Strukturen gearbeitet wird, gibt es keine so direkten
Auswirkungen des Rückgangs der Jugendlichen auf die Jugendarbeit. Beispiel: Der
Jugendraum Dorste wurde in den 90iger Jahren von 20 bis 30 Dorster Jugendlichen
regelmäßig besucht. Das waren ca 30 % der in Frage kommenden Jugendlichen. So ist bei
einer heutigen Besucherzahl von 15- 20 die Quote aufgrund der demografischen Entwicklung
wahrscheinlich sogar etwas höher als in den 90iger Jahren. Für die Ausstattung und Größe
des Jugendraumes, auch für die Betreuung ändert sich durch die zurückgegangene
Besucherzahl aber nichts.
Was zu erwarten ist, ist ein Rückgang auf die Teilnehmerzahlen bei Ferienpassaktivitäten.
Ca. 40 % weniger Kinder wird auch zu Rückgängen bei der Ferienpassaktion führen. Es ist zu
vermuten, dass dieser Trend in den letzten zwei Jahren bereits eingesetzt hat. Dies ist zu
beobachten und entsprechend ist darauf zu reagieren.
Was sich für die Jugendarbeit massiv auswirkt und noch weiter auswirken wird, sind
Entwicklungen im Schulbereich. Durch das 12-jährige Abitur wird es kaum noch Oberstufenschüler geben, die sich ehrenamtlich engagieren können, da es ganz einfach an Zeit fehlt.
Auch werden diese Schüler weniger Angebote der Jugendarbeit in Anspruch nehmen.
Außerdem wird durch die Ganztagsschule auch für die Schüler von Haupt- und Realschulen
das Zeitfenster kleiner, um Angebote der Jugendarbeit in Anspruch zu nehmen. Die
Diskussion über diese Problematik hat in der Fachwelt (und auch in der Stadtjugendpflege) mit
Vehemenz begonnen.
Bereits absehbare Trends:





34
Jugendarbeit in Zukunft ohne Gymnasiasten?
Wer wird Jugendgruppenleiter, wenn die Gymnasiasten keine Zeit mehr haben?
Angebote stärker am Spätnachmittag und in den Abendstunden?
Mehr Angebote an den Wochenenden und in den Ferien; dadurch aber zusätzliche
Belastungen für Haupt- und Ehrenamtliche?
Nachwuchsprobleme für alle Jugendarbeit betreibenden Vereine und Verbände?
Strategietage 2010 Dokumentation Seite 10
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Hinzu kommt eine Einengung der Spielräume durch die zunehmende Dominanz von
„Wertvorstellungen“ der „Älteren“. Beispiele der letzten Jahre: Einschränkung des Spielbetriebs
auf dem Bolzplatz Lehmteich, keine OpenAir-Veranstaltungen in der Innenstadt nach 22.00
Uhr, Probleme am Haus der Jugend mit Lärm durch Jugendveranstaltungen.
Diese Beispiele beruhen nicht darauf, dass der Lärm zugenommen hat, sondern dass weniger
Lärm toleriert wird. Dieser Trend wird sich noch verstärken, weil die Altersgruppe der „Älteren“
noch an Gewicht zunehmen wird und vermutlich noch stärker auf „ihren“ Vorstellungen von
einer lebenswerten Stadt beharren wird. Dieses Konfliktpotenzial zeigt sich heute schon bei
mancher Diskussion im Bereich Stadtmarketing. Die Konflikte zwischen Jungen und Alten
könnten sich verschärfen.
Ein Problem im Rahmen des demographischen Wandels wird zunehmend die Gewinnung von
geeigneten Fachkräften für die Kitas und die Jugendarbeit sein. Dort wird in Zukunft allein der
gute Ruf der städtischen Kitas und der Jugendarbeit nicht ausreichen, junge, gute Kräfte zu
halten, wenn nicht eine Vollzeitbeschäftigung und eine angemessenen Bezahlung geboten
werden35.
d) Siedlungsentwicklung
Bedingt durch den demographischen Wandel stehen die Kommunen vor Herausforderungen,
die zwar seit Beginn des neuen Jahrtausends diskutiert werden, aber je nach räumlicher Lage
ganz unterschiedliche Ausprägungen haben und deshalb auch völlig anders bewertet werden
müssen. Je nachdem ob es sich um eine Wachstums-, Stagnations- oder Schrumpfungsregion
handelt, erfordern die Auswirkungen des demographischen Wandels gänzlich andere
Strategien. Bislang wurde im Sinne eines Wettbewerbs der Standorte um Einwohner versucht,
durch Ausweisung von Wohnbaulandflächen und deren Vermarktung mit Hilfe attraktiver
Grundstückspreise, Einwohner zu gewinnen und damit einen Art Trendumkehr zu schaffen. In
der Kernstadt von Osterode aber auch in einigen Ortschaften ist dies so geschehen. Bis Ende
2008 konnte der Trend durch besondere Rabattangebote beim Grundstückskauf städtischer
Grundstücke („Familie plus“ und „Öko plus“) zumindest abgeschwächt werden.
In Zeiten jedoch, da die Bevölkerung insgesamt schrumpft und die Neubautätigkeit infolge
fehlenden Zuzugs stark rückläufig ist, handelt es sich bei den Ansiedlungen häufig nur noch
um interne Wanderungsgewinne. Wurden die Auswirkungen solcher Wanderungen durch
Veränderung der Haushaltsgröße (immer mehr 1-2 Personen Haushalte) bei gleichzeitiger
Erhöhung der Wohnflächen pro Haushalt lange Zeit kompensiert, sind sie im Stadtbild heute
nicht mehr zu übersehen. Gerade im Innenstadtbereich und in den Dorfkernen kommt es
vermehrt zu Wohnungsleerständen.
Besonders betroffen sind solche Bereiche, in denen geschlossene Bauweise mit Fachwerk
und Denkmalschutz zusammentreffen, da diese Kombination erfahrungsgemäß
sanierungsaufwendig, kostenintensiv und selten altengerecht ist und damit nicht unbedingt die
Interessen des klassischen Häuslebauers widerspiegelt. Die Bemühungen um das
Thörmer´sche Haus mögen hier als Extrembeispiel dienen.
Soll also eine teilweise leerstehende oder verfallende Altstadt verhindert werden, müssen
Strategien gefunden werden, die diesen Wohnstandort gegenüber dem Neubaugebiet, das
auch in Zukunft, wenn auch sehr restriktiv hinsichtlich der Neuausweitung, seine Berechtigung
hat, konkurrenzfähig machen.
Zusammenfassend lassen sich folgende Tendenzen erkennen:
-
35
zunehmender Leerstand und Wertverlust von Häusern, vor allem in Stadt-/Ortsteilen
mit schlechter Nahversorgung und einem unattraktiven mittelbaren und unmittelbaren
Wohnumfeld
Vermerk F2 –Jugend- vom 23.08.2010 „Demografischer Wandel, hier: Kinderbetreuung und
Jugendarbeit“
Seite 31 von 51
-
es werden sich Bereiche entwickeln, in denen Häuser quasi unverkäuflich werden
Das Leben in schrumpfenden Orten wird teurer in dem Maße, in dem die
Bevölkerungszahl schrumpft (Straßenunterhaltung, Wasserver- und –entsorgung etc.)
Haussanierung in der Innenstadt trifft auf viele Probleme. Aus der an anderer Stelle
beschriebenen Situation lassen sich schlagwortartig folgende Handlungsnotwendigkeiten
ableiten:
-
restriktive Neuausweisung von Baugebieten (Innenentwicklung hat Vorrang)
Rücknahme von bestehenden Baugebieten wie z.B. Silberkuhle II in Dorste und in
Katzenstein (soweit entschädigungsfrei möglich)
Unterstützung bei der Anpassung von Gebäuden im Bestand an veränderte
Bedürfnisse (alten- bzw. familiengerecht, energieeffizient)
Berücksichtigung der Zunahme von Ein- und Zweipersonenhaushalten
Unterstützung der Entwicklung von Ortskernen
Förderung der Mischung von wohn- und gewerblicher Nutzung und Dienstleistung;
Wiederansiedlung von Einzelhandel für den täglichen Bedarf in den Kernen (z.B.
NETTO-Markt in der Kernstadt, Tegut in Schwiegershausen)
Neubau/Erneuerungsbedarf der technischen Infrastruktur, Prüfung von dezentralen,
teilbaren oder zusammenlegbaren flexiblen Systemen
Entwicklung eines attraktiven Unterstützungspaketes für Hauskäufer in der
Innenstadt/Dorfkern
Anwerbung von Einpendlern zum Hauskauf in Osterode
Die Stadt Osterode hat eine hohe Zahl von Einpendlern, die in der Stadt arbeiten, aber
woanders wohnen (Einpendlerüberschuss ca. 2000 Menschen). Diese Gruppe stellt ein
besonderes Problem dar, da sie die Infrastruktur teilweise mitnutzen, die Stadt nach
Feierabend allerdings wieder verlassen36. Es müssen Maßnahmen ergriffen werden, diese
Pendler zu motivieren, nach Osterode zu ziehen. Durch eine Plakataktion in 2009 und die
Verteilung von entsprechenden Flyern37 ist dies bereits teilweise geschehen.
Im Jahre 2009 hat die Stadt Osterode am Harz an einer Modellstudie zur
Siedlungsentwicklung teilgenommen. Die Erkenntnisse daraus fließen in die zukünftigen
Entscheidungen zur Stadtentwicklung ein. Ein besonderes Augenmerk muss auch auf
sinnvolle und finanzierbare Projekte zur Attraktivierung der Ortsteile gelegt werden.
Deshalb wird versucht, die Ortsteile über das Dorferneuerungsprogramm zukunftsfähig zu
machen. Für die Kernstadt wird seit 2009 ein integriertes Stadtentwicklungskonzept (ISEK)
erarbeitet. Ein Teilbereich der historischen Altstadt wurde auf der Grundlage der
vorbereitenden Untersuchungen für das Programm städtebaulicher Denkmalschutz
angemeldet.
Des weiteren trifft sich seit 2009 eine Arbeitsgruppe, an der neben dem Bürgermeister und
Mitarbeitern der Verwaltung auch regionale Unternehmer, die Sparkasse und die Volksbank
und ein Mitarbeiter der EU aus Brüssel als Berater teilnehmen und beschäftigt sich mit dem
Thema „Attraktivierung des Wohnstandortes Osterode“.
Die Kreiswohnbau, an der die Stadt Osterode am Harz beteiligt ist und im Aufsichtsrat durch
den Bürgermeister vertreten wird, hat schon vor Jahren das Thema „Wohnen im Alter“
aufgegriffen und in vielen Projekten umgesetzt. Neben barrierefreien, altengerechten
Wohnungen setzt man auf das Konzept „Wohnen plus Service“. Neben modernen Räumen
bietet man u.a. folgende Dienstleistungen an:


36
37
Fahrdienst z.B. zum Arzt oder zur Apotheke
Beratung in Fragen des täglichen Lebens
Strategietagung 2010 Seite 6
Flyer „Eigenheim statt hoher Fahrtkosten“ von der Kontaktstelle Wirtschaft 2009
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







Vermittlung einer 24h Notrufanlage
Beratung bei Behörden und vergleichbaren Angelegenheiten
Vermittlung von hauswirtschaftlichen Dienstleistungen
Vermittlung von pflegerischer Betreuung
Vermittlung von Freizeitangeboten und kulturellen Veranstaltungen
Vermittlung von Kontakten zu Verbänden und Organisationen
Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Kostenträgern
Herstellung von Kontakten zu Verbänden und Organisationen, insbesondere
Seniorenarbeit
Eine jüngst erschienene Studie des Pestel-Instituts weist noch einmal deutlich auf den
zukünftigen Bedarf an altersgerechten Wohnungen hin38. Zur Siedlungsentwicklung gehört
natürlich auch der weitere Aus- bzw. Umbau der Infrastruktur. Wie vorher schon unter den
Handlungsnotwendigkeiten beschrieben muss die Stadt alle Chancen zur Verbesserung des
Wohnumfeldes nutzen. Stets muss aber genau abgewogen werden, ob der wirtschaftliche oder
standortbegünstigende Vorteil die möglichen Nachteile, z.B. aus ökologischer oder
städteplanerischer Sicht, überwiegt.
e) Mobilität in der Stadt
Als Aufgabe der staatlichen Daseinsvorsorge stellt der öffentliche Personennahverkehr eine
Grundversorgung für die Bevölkerung dar und ist insbesondere für den ländlichen Raum
unverzichtbar. Eine der wichtigsten Aufgaben dabei ist, die Mobilität der Menschen langfristig
zu sichern. Aufgrund der demographischen Entwicklung ist davon auszugehen, dass die
alternde Bevölkerung unserer Stadt mittelfristig auf andere individuelle und öffentliche
Verkehrsmittel angewiesen sein wird. Hier hat besonders der Nahverkehr (Stadtbus etc.) eine
wichtige Aufgabe zu erfüllen, um die Teilnahme der Menschen am öffentlichen Leben zu
ermöglichen.
Da der öffentliche Personennahverkehr oftmals die einzige Möglichkeit für eine selbstbestimmte Mobilität darstellt, geht es hierbei um den Erhalt der Lebensqualität durch die
Gewährleistung von Mobilität. Gefragt ist hier eine bezahlbare und greifbare
(seniorengerechte) Gestaltung der Fahrzeuge und Haltestellen. So benötigen ältere Menschen
oftmals mehr Zeit beim Ein- und Ausstieg oder sie sind überfordert mit einem sehr
umfangreichen Linientakt und Tarifangebot. Ein Fahrplan muss demnach auf die
demographische Lage ausgerichtet sein; d. h. feste Zeiten, die gut zu merken sind. Ein
verlässlicher Fahrplan ist hierbei Grundvoraussetzung.
Auch andere spezielle Maßnahmen für Senioren, wie z. B. die Anschaffung von
Niederflurbussen, gut lesbare Linien- und Fahrpläne oder die akustische Unterstützung
optischer Informationen, kommen gleichermaßen allen Kunden zugute. Wichtig für die
Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Personennahverkehrs ist insbesondere die Werbung
um Kunden der älteren Generation.
Eine stetige Informationsarbeit sowie Marketingstrategien, z. B. auch in Seniorenwohnheimen
oder über die Kreiswohnbau, sind absolut notwendig.
Auch alternative Formen des ÖPNV werden geprüft. Zu nennen sind hier Kleinbuskonzepte
wie z.B. der Bürgerbus in Clausthal-Zellerfeld, der auf der ehrenamtlichen Arbeit der
Vereinsmitglieder basiert und vielfach von Studenten gefahren wird. In Seesen gibt es die sog.
„Lila Linie“, die im Wesentlichen mit dem Osteroder Stadtbussystem vergleichbar ist, aber die
wesentliche Kundschaft durch die Schildautalklinik erhält. Auch in Bad Grund gab es eine „lila
Linie“, die aber aufgrund der zu hohen Kosten vor einigen Jahren wieder eingestellt wurde.
In der Strategietagung der Stadt 2010 wurde hierzu folgendes festgestellt:
38
Harz Kurier am 20.09.2010, „Markt wird auf den Bedarf reagieren“
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Da der ÖPVN sehr teuer ist und mit fast 60.000 Euro pro Jahr subventioniert werden muss,
könnte eine Verbindung geschaffen werden, die die Kapazitäten voll ausschöpft und flexibel
auf die Bürger eingehen kann. Mit der „Lila Linie“ nach dem Clausthaler Vorbild erhofft man
sich Kosten einzusparen und deutlich flexibler reagieren zu können. Mit Hilfe von auf Abruf
bereitstehenden Personen (in CLZ Studenten) sollen die Linien so effizient wie möglich genutzt
werden. Doch auch bei dieser Art der Mobilität entstehen Kosten für den städtischen Haushalt,
die in Form von Subventionen getragen werden müssen. Jedoch sind diese Kosten auf Grund
der flexiblen und effektiven Nutzung der kleinen Busse weitaus geringer als die des bisherigen
Stadtbusses. Zu prüfen wäre auch noch ein Sponsoring für die Lila Linie. Auch die Frage, ob
die Lila Linie den ÖPNV zu Teilen ersetzen kann und wer die Kosten an den Bussen trägt,
muss geklärt werden.
In der Diskussion wurde die Frage aufgeworfen, ob die bislang beauftragte RBB den Transport
auch zu den gleichen Konditionen wie andernorts anbieten würde. Außerdem wurde
besprochen, ob eine feste Route für die Lila Linie eingerichtet werden sollte oder sie eher für
Einzeleinsätze zur Verfügung steht. Diese Punkte müssen mit Clausthal und den
entsprechenden Verantwortlichen noch geklärt werden.
Aber auch andere Konzepte wie die Rote-Punkt-Aktion in Hannover nach einer
Fahrpreiserhöhung vor vielen Jahren, bei der mit einem roten Punkt gekennzeichnete
Privatfahrzeuge andere Menschen mitnehmen, wurden vorgeschlagen. Weitere Alternativen
wären, eine kostenlose Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel anzubieten oder eben einfach
direkt in der Stadt zu wohnen. Die Abschaffung des Stadtbusnetzes, würde ohne
Ersatzverkehr jedoch zur Immobilität und letztendlich zur Vereinsamung von einzelnen
Personen führen39.
In diesem Gesamtzusammenhang wurde auch die Einschätzung zur Entwicklung des ÖPNV
aus Sicht des Zweckverbands Verkehrsverbund Süd-Niedersachsen (ZVSN) erbeten.
Von dort wird mitgeteilt, dass nach Vergleich der Jahresstatistik 2005 mit 2009, alle
Stadtbusstädte im Verbandsgebiet (das sind neben Osterode am Harz noch Northeim,
Einbeck, Hann.Münden und Holzminden) in diesem Zeitraum deutliche, teils dramatische
Fahrgastverluste verzeichnet haben. D.h. die viel diskutierte demografische Entwicklung
schlägt inzwischen voll durch und die verbleibende Rest-Bevölkerung kann offensichtlich nur
schwer zu einer häufigeren ÖPNV-Benutzung animiert werden.
Die Stadtbusqualität ist dabei durchaus unterschiedlich, am hochwertigsten in Northeim, aber
selbst hier verliert der Stadtbus jedes Jahr rund 10.000 Fahrgäste. Osterode ist am ehesten
mit Einbeck zu vergleichen: Auch hier fährt ein Bus mehrere Schleifen pro Stunde, allerdings
ist das Angebot seit mehreren Jahren konstant. Aber angesichts der Zahlen wird in allen
Städten über kurz oder lang zu entscheiden sein, entweder den Zuschuss zu erhöhen oder
das Angebot auszudünnen.
Osterode hat den Nachteil, keinen richtigen „Zielmagneten“ im Stadtbusnetz zu haben, so wie
andernorts (z.B. das Krankenhaus in Seesen, daher ist auch deren „Lila Linie“ nicht so recht
vergleichbar). Derartige Einrichtungen bringen immer dankbare Fahrgäste.
Der ZVSN empfiehlt, den Fahrgästen in Osterode am Harz die Zeit zu geben, das
Stadtbusangebot anzunehmen, d.h. keine rasche nochmalige Änderung.
Folgende Schlussfolgerung ist aus dieser Einschätzung des ZVSN für Osterode zu ziehen:
Für den Erhalt eines attraktiven Stadtbusverkehrs müssen langfristig mehr Mittel bereitgestellt
werden; u.a. für Werbung, Finanzierung einer verbesserten Vertaktung, Einbezug der
Ortschaften (insbesondere Freiheit). Um den ÖPNV auch für Jugendliche interessanter zu
gestalten, wäre auch die Ausdehnung des Fahrplans bis in die Abendstunden oder die
Einrichtung eines Anrufsammeltaxis nach Fahrplanschluss zu überlegen.
Ende des Jahres soll daher eine Gesprächsrunde mit Fachleuten durchgeführt werden, um für
die Zukunft abzuwägen, wie ein bezahlbarer Stadtbusverkehr Osterode am Harz trotz
rückläufiger Fahrgastzahlen aussehen könnte.
39
Strategietagung 20120 Dokumentation Seite 13/14
Seite 34 von 51
Nach Durchführung dieser Expertenrunde sollen die Ergebnisse im Verwaltungsausschuss
diskutiert werden40.
Für die „neuen Alten“ ist eine möglichst lange eigenständige Mobilität sehr wichtig. Neben dem
Schwerpunkt ÖPNV muss die Stadt sich dem Mobilitätswillen der Bevölkerung anpassen und
möglichst auf eine barrierefreie Straßenarchitektur achten.
Es ist aber auch gezielt über neuartige Fortbewegungsformen nachzudenken. Gerade im
bereich der E-Mobilität wird hierzu im Bereich der Metropolregion nach praktischen
Lösungsansätzen geforscht41.
Elektrische Trittkraftverstärker bei Fahrrädern (Pedelecs) könnten eine Teillösung des
Mobilitätsproblems sein. Pedelec ist eine allgemeine Bezeichnung für ein Elektrofahrrad,
welches hybrid mit Elektromotor und Muskelkraft betrieben wird. Pedelec steht für Pedal
Electric Cycle und ist eine Wortschöpfung von Susanne Brüsch in ihrer Diplomarbeit von 1999.
Im Gegensatz zu einem E-Bike, das auch ohne Treten angetrieben werden kann, gibt der
Pedelec-Motor ohne Treten (oder Kurbelbewegung) keine Leistung ab. Das Pedelec ist
führerscheinfrei, wenn der Motor nur bis max. 25 km/h unterstützt.
Der Segway Personal Transporter (Segway PT, früher HT für Human Transporter, bei einigen
deutschen Länderpolizeien auch Selbstbalance-Roller genannt) ist ein Elektromotorroller, der
eine Person befördern kann. Er wird seit Dezember 2001 von Segway Inc. aus Bedford im USBundesstaat New Hampshire hergestellt. Der Fahrer steht zwischen zwei nebeneinander
angeordneten Rädern auf einer Plattform und kann sich an einer Lenkstange festhalten. Jedes
Rad wird per Einzelradantrieb von einem separaten Elektromotor angetrieben.
Unterschiedliche Drehzahlen der Räder ermöglichen eine Kurvenfahrt wie bei
Kettenfahrzeugen.Das Fahrzeug ist selbstbalancierend. Ein computergesteuerter Regelkreis
lässt den Segway automatisch in die Richtung fahren, in die sich der Fahrer lehnt. Sobald die
Neigungssensoren (Halbleiter-Gyroskope) registrieren, dass sich der Fahrer nach vorne oder
hinten neigt, drehen die Räder in diese Richtung. Die Fortbewegung wird ausschließlich durch
solche Gewichtsverlagerungen gesteuert, es gibt keine Bedienelemente zum Bremsen oder
Beschleunigen. Diese Funktionsweise entspricht dem aufrechten Gang, bei dem sich der
Schwerpunkt des Körpers stets über der Auflagefläche der Füße befindet. Der Segway ist
deshalb intuitiv zu bedienen. Ein Schwenken der Lenkstange nach rechts oder links bewirkt
durch die Schwerpunktverlagerung die dementsprechende Kurvenfahrt. Sobald sich der Fahrer
mit der Lenkstange zur Seite neigt, wird das von den Neigungssensoren wahrgenommen.
Tests beweisen, dass diese Art der Fortbewegung durchaus auch für ältere Menschen
erlernbar ist.
In diesem Gesamtzusammenhang könnte über die Einrichtung von E-Tankstellen im
Stadtbereich nachgedacht werden42.
f) Kultur
Kulturarbeit wird in Osterode in großem Maße ehrenamtlich, teilweise unterstützt durch die
Verwaltung, in den verschiedensten Vereinen gemacht. Auch die Stadtmarketingorganisation
hat sich diesem Thema angenommen. Eine wichtige Veranstaltungsreihe in diesem
Zusammenhang waren ein Fachvortrag für Vereinsvorstände zum Thema Stadtmarketing, der
Dialogtag der Vereine und letztendlich die Bürgertage 2009.
40
Vermerk F1 „Zukünftige Entwicklung des ÖPNV-Stadtbusverkehr Osterode am Harz“ vom 01.09.2010
Vorlage Arbeitsprogramm „Halbzeit“ für die Aufsichtsratssitzung der Metropolregion am 21.06.2010
Seite 15 „Mobilitätswirtschaft“
42
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 5
41
Seite 35 von 51
Mit dem Rückgang der Bevölkerung gibt es auch im Vereinswesen einen klaren
Mitgliederschwund, wodurch städtische Anlagen teilweise nicht mehr wirtschaftlich genutzt
werden. Durch die Belegungsprobleme entstehen hohe Kosten und Unfrieden zwischen den
Vereinen. Langfristig sind Angebotsverluste von Sportanlagen auf Grund der Wirtschaftlichkeit
zu erwarten. Durch Nutzungsgebühren und das Abbauen von Altanlagen wären
Kosteneinsparungen und Refinanzierungen möglich. Diese Maßnahme muss jedoch von der
Politik getragen werden und dort auf Zustimmung stoßen. Eine Verwaltungsinterne
Arbeitsgruppe hat sich bereits 2004/2005 intensiv mit dieser Möglichkeit befasst, allerdings
keine Zustimmung in der Politik bekommen. Die Folgen von Nutzungsgebühren wären jedoch
wahrscheinlich Beitragserhöhungen in den Vereinen, da sich besonders die kleinen Vereine
derartige Nutzungsgebühren nicht leisten können. Durch Fusionen der Vereine können
finanzielle Probleme besser in den Griff bekommen werden, jedoch sind Führungsprobleme zu
erwarten. Außerdem müssten z.B. in der Folge jugendliche Vereinsmitglieder rechtzeitig zu
den Trainingszeiten gefahren werden, da das Training dann außerhalb ihres direkten
Wohnumfeldes stattfinden würde43.
Es wurde bereits bewusst versucht, Vereine zur engeren Zusammenarbeit zu bewegen, um
ggf. letztendlich Vereinsfusionen anzustoßen, die das Überleben sichern sollen. Im Nachgang
haben sich dadurch erfreulicherweise bereits viele gemeinsame Projekte ergeben, die ein
Verein alleine nicht mehr hätte stemmen können. Als weitere Ansatzpunkte könnten hier ein
städtischer runder Tisch für Chöre, gemeinsame effektivere Nutzung der Sportanlagen durch
mehrere Vereine mit demselben Zweck und gegenseitige Werbung für sich und andere sein44.
Die Stadt kann hier jeweils Hilfe zur Selbsthilfe leisten.
Ende März 2010 diskutierte auch der Kreissportbund(KSB) über die Thematik der
zurückgehenden Mitgliederzahlen45 und durchaus sinnvolle Fusionsbestrebungen von
Sportvereinen gerade in kleineren Ortschaften. Allein im vergangenen Jahr reduzierte sich der
Gesamtmitgliederbestand um 1,77%. Dabei ist es eben nicht nur der vielfach zitierte
demografische Wandel, sondern auch die sich in den letzten Jahren gravierend veränderte
Situation in der Arbeitswelt. Das allein zwingt schon die Vereine nach Ansicht des KSB
Vorsitzenden Hartmut Heise zum Handeln, ehe es zu spät ist. Auf dem ordentlichen
Kreisfußballtag in Bad Lauterberg Ende Juli 2010 warb Heise erneut für eine Neuorganisation
der Vorstandsarbeit in den Sportvereinen: „Wir werden es uns in Zukunft nicht mehr erlauben
können, in kleineren Orten vier oder fünf sporttreibende Vereine zu haben.“ Er stellte in diesem
Zusammenhang die aus seiner Sicht zahlenmäßig zu hohe Bindung von Ehrenamtlichen in
den einzelnen Vereinen in Frage.46
Hier kann die Stadt nicht nur bei Sportvereinen unterstützend tätig werden, indem sie Foren
zur Anbahnung engerer Zusammenarbeit anbietet. Genau dies war auch der Hintergrund für
den Dialogtag der Vereine und die seit Anfang April 2010 laufende Veranstaltungsreihe auf
dem Martin-Luther-Platz „Vereine stellen sich vor“, organisiert durch das Stadtmarketing.
Das beginnende Vereinssterben wird teilweise aber auch durch überholte Strukturen der
jeweils übergeordneten Verbände beschleunigt. In Riefensbeek-Kamschlacken könnte
beispielsweise der Harzclub-Zweigverein in ca. 3 Jahren zahlungsunfähig sein, wenn er weiter
pro Mitglied einen entsprechend hohen Geldbetrag an den Hauptverein abführen muss.
Ähnliche Entwicklungen ergeben sich bereits beim Sozialverband und beim TSV Riefensbeek-Kamschlacken.47 Hier muss, ausgehend von diesen konkreten Beispielen, in
einem geeigneten Kreis nach Lösungsmöglichkeiten gesucht werden. Gerade in abgelegenen
Ortschaften ist das Thema Fusion aber oft keine Lösungsmöglichkeit, da vermutlich kaum
geeignete Partner in akzeptabler Nähe zur Verfügung stehen.
43
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 11
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 9
45
Harzkurier vom 23. Juni 2010 Seite 9 „Hartmut Heise wirbt für Fusionen“
46
Harzkurier vom 31. Juli 2010 „Fußballer stellen sich der Zukunft“
47
Vermerk F4 Burkhard von Koppen Az: F4 82 06 28 05 vom 26.05.2010
44
Seite 36 von 51
Das Thema Kultur/Freizeit hat gerade in der jüngsten Zeit z.B. durch den Oxfam Trailwalker
und die Anerkennung des Oberharzer Wasserregals als Weltkulturerbe neue Impulse erhalten,
die von der Stadt Osterode am Harz aufgegriffen und positiv zum Nutzen der Stadt entwickelt
werden müssen. Gerade der zweite Punkt könnte sehr gut mit dem durch das Stadtmarketing
erarbeitete Projekt „Entdeckerpfad Mühlgraben“ zusammenpassen und zusätzliche Besucher
in unsere Stadt locken.
g) Soziale Infrastruktur
Im Rahmen des demografischen Wandels wird sich besonders die soziale Infrastruktur
anpassen müssen, um dem gesellschaftlichen Wandel gerecht zu werden. Ein wichtiges Feld
dabei ist die Integration von bzw. der Umgang mit Menschen mit Behinderungen. Während
man bislang integrative Ansätze verfolgt hat, ist der neue Weg in der sogenannten Inklusion
(Einbeziehung) zu suchen. Inklusion ist eine neue Leitidee für ein gutes Leben behinderter
Menschen. Dieser Begriff mag - weil er neu ist – mit Skepsis gesehen werden.
Ein Blick in neuere Publikationen und Titel von Fachveranstaltungen zeigt aber: Inklusion als
gesellschaftlich anspruchsvolles Ziel der Nicht-Ausgrenzung von Bürgern ist im Gespräch.
Teilhabe aller Menschen wird zu einer Frage der Realisierung von Bürgerrechten.
Die Lebenshilfe identifiziert sich mit dem Ziel der Integration. Häufig geht es bei Initiativen zur
Integration aber eigentlich um Re-Integration. Die Betreuung behinderter Menschen in
gesellschaftlichen „Sonderstrukturen“ wie Sonderkindergärten, Sonderschulen und
beschützenden Werkstätten etc. soll ergänzt werden durch die Begegnung mit nicht
behinderten Menschen. Sie sollen sich in der Gesellschaft wieder heimisch und willkommen
fühlen können. Abgrenzung behinderter Menschen soll möglichst vermieden werden.
Inklusion fragt nach Wegen, wie denn Ausgrenzung von vorneherein vermieden werden kann.
Wenn dies erklärtes Ziel ist, muss sich die Behindertenhilfe viel mehr als in der Vergangenheit
in die gesellschaftlichen Regelstrukturen wie Kindergarten, Schule etc begeben, um hier durch
Beratung, Unterstützung und den Transfer erworbenen Wissens an die dort handelnden
Menschen Ausgrenzung zu verhindern. Auch dies verlangt natürlich die Bereitschaft, dafür
mehr Geld in die Hand zu nehmen, denn zum Nulltarif ist so etwas nicht möglich.
Die Stadt Osterode hat hier bereits einige Punkte angeschoben. So ist man bereits in
Gesprächen mit den Harz-Weser-Werkstätten, um möglicherweise im Bereich
Kindertagesstätten ein integratives Projekt anzuschieben und bei der „Crazy-Golf“ Anlage in
Riefensbeek-Kamschlacken wird dies bereits gemeinsam umgesetzt. Beim Ausbau der
Bahnhofstrasse finden die Belange von Behinderten, aber auch alten Menschen, ebenfalls
Berücksichtigung. Die Straßenübergänge sind beispielsweise auf Null gesetzt, d.h. es gibt
keine Hindernisse mehr für Rollstühle oder Rollatoren. Dies soll in diesem Zuge auch gleich
bei der Fußgängerampel zur Marientorstrasse fortgeführt werden.
Bei der städtischen Strategietagung 2010 wurden noch weitere nachfolgend genannte Punkte
zur sozialen Infrastruktur benannt: breitere Einstellplätze im Innenstadtbereich für Familien und
Senioren, Mehrgenerationenspielplätze für jung und alt (Spiel- und Fitnessgeräte), zentrale
Familienbetreuung am Wochenende48.
In diesem Handlungsfeld muss u.a. auch das Thema ärztliche Versorgung abgearbeitet
werden. Der Vorsitzende der Ärzteschaft Osterode am Harz, Herr Dr. Eilts, hat in einem
Gespräch im März 201049 die Ärzteversorgungslage in der Stadt Osterode als
zufriedenstellend bezeichnet. Mittelfristig wird sie sich auf die Note ausreichend reduzieren.
Nicht zufriedenstellend ist die Situation mehr und mehr in den Ortschaften. Nachfolgende
Übersicht zeigt den aktuellen Stand:
48
49
Dokumentation Strategietagung 2010 Seite 9
Gespräch mit Dr. Manfred Eilts am 24.03.2010
Seite 37 von 51
Da erst 6 der niedergelassenen Allgemeinmediziner über 50 sind, ist das Gesamtthema noch
nicht sehr dringend. Mittelfristig muss es aber das Ziel sein, die Situation zumindest zu
erhalten und in den größeren Ortschaften ggf. zu verbessern. Insgesamt zeichnet sich ein
Trend zu Versorgungszentren ab, welches im Fall Osterode im Kreiskrankenhaus etabliert
wird. Osterode muss daher alles daran setzen, Ärzte in der Stadt zu halten, bzw. durch
geeignete Maßnahmen junge Ärzte in die Stadt incl. der Ortschaften zu holen. Auch die
Einrichtung von „Zweigpraxen“ könnte hier eine Möglichkeit sein.
Dr. Eilts wies im Zusammenhang mit einer Sitzung des Arbeitskreises „Demografischer
Wandel“ der Stadt Osterode am Harz zusätzlich auf einige Fakten hin, die hier im folgenden
genannt sind50:
- mit zunehmenden Alter nimmt die Einsamkeit zu und viele Senioren müssen sich
finanziell einschränken
- in jedem Alter, aber auch insbesondere im Seniorenalter, besteht eine Sensibilität nach
körperlicher und geistiger Wärme und Zuwendung. Es ist davon auszugehen, dass
Senioren Kontakt suchen und diesen nicht meiden
- Seh-, Hör- und Reaktionsvermögen nehmen ab, was einen biologischen Alterungsprozeß
beschreibt
- Die Senioren stellen eine inhomogene Gruppe sowohl in Bezug auf ihren Bildungsstand,
ihre geistige Fitness und in Bezug auf den Personenstand dar.
Viele Senioren haben ein subjektives Unsicherheitsgefühl, sowohl bei Tag als auch bei Nacht
auf die Straße zu gehen. Ihnen fehlt das Vertrauen, welches zusätzlich durch Fernsehen und
Horrormeldungen kaputt gemacht wird. Dadurch bleiben viele Ältere zu Hause und es fehlt
ihnen an sozialen Kontakten. Als Maßnahme könnte ein ehrenamtlicher Sicherheitsservice
eingesetzt werden, der jedoch wiederum Kosten für Schulungen, Vorbereitungen und
Aufwandsentschädigungen verursacht. Grundsätzlich muss hier aber festgestellt werden, dass
die öffentliche Sicherheit zunächst erst einmal Aufgabe der Polizei und damit Landessache ist.
Des Weiteren gibt es auch durchaus negative Erfahrungen mit derartigen ehrenamtlichen
„Sheriffs“51 in anderen Städten.
50
51
Schreiben von Dr. Manfred Eilts Mai 2010
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 14
Seite 38 von 51
Der zuständige Fachbereich 1 befindet sich zurzeit in Gesprächen mit der örtlichen
Polizeiführung, um eine Verbesserung der Situation durch häufigere Streifengänge zu
erreichen, bzw. notfalls eine Ergänzung der Polizei durch gemeinsame Streifengänge mit
Stadtbediensteten oder eines Security-Unternehmens zu überlegen. Hier sind allerdings auch
noch vielfältige rechtliche Fragen zu beantworten.
In dieses Handlungsfeld gehört eigentlich auch der große Bereich der Jugendarbeit mit all
seinen differenzierten Angeboten und deren Weiterentwicklung. Aus konzeptionellen Gründen
wurde dieser Teil aber bereits im Handlungsfeld „Bildung“ abgehandelt.
h) Technische Infrastruktur
Demografische Veränderungen in der Gesellschaft lösen sofort Anpassungen der technischen
Infrastruktur der Stadt aus. Viele Einrichtungen sind auf höhere Nutzerzahlen aufgebaut und
müssen daher verändert werden, um wirtschaftlich zu bleiben und im Zusammenhang mit
anstehenden Baumaßnahmen muss in jedem Fall der „Demografie-Check“ vorgeschaltet sein,
um ggf. bereits in der Planung auf die veränderten bzw. in absehbarer Zukunft sich
verändernden Rahmenbedingungen einzugehen.
Aufgrund der vorgeschriebenen Pflicht zur Wirtschaftlichkeitsberechnung bei jedem
Investitionsvorhaben wird dem bereits jetzt genüge getan.
Gebäude und Liegenschaften der Stadt müssen regelmäßig auf ihre wirtschaftliche
Verwendung bei den sich ändernden Rahmenbedingungen überprüft werden. Leerfallende
öffentliche Gebäude werden entweder kurzfristig einer neuen sinnvollen Verwendung
zugeführt oder verkauft, wobei das Verkaufen aufgrund des immer schwieriger werdenden
Marktes problematisch ist.
Zu beachten ist bei diesem Gesamtthema, dass Infrastruktur zwar in Teilen zurückgebaut, in
anderen Teilen aber auch über eine altersgerechte Ausweitung der Infrastruktur nachgedacht
werden muss.
Die Außengestaltung der Kernstadt mag hier als Beispiel dienen. Sowohl im Stadtkern, aber
auch in den Randbereichen und in den Ortschaften muss ein altersgerechtes Umfeld
geschaffen werden. Hierzu gehören beispielsweise öffentliche Toiletten, genügend Ruhebänke
und eine adäquate Beleuchtungssituation, um der gefühlten Sicherheit zu dienen52. Es muss
aber z.B. auch darüber nachgedacht werden, ob man die Schulmensen, die an die
neuerrichteten Ganztagsgrundschulen angegliedert wurden, zusätzlich als Generationentreffpunkte nutzen könnte. Mit Erzählcafe oder ähnlichen Veranstaltungen könnten die
Einrichtungen zusätzlich belebt und damit wirtschaftlicher genutzt werden.
Neben den offensichtlichen Folgen der demografischen Entwicklung wie z.B. Leerstände gibt
es aber noch viele Auswirkungen, die sich erst mittel- bis langfristig zeigen, dann aber kaum
noch zu heilen sind. Hierzu zählt z.B. der flächendeckende Brandschutz.
Im Herbst 2008 und Frühjahr 2009 wurden die Ortsbrandmeister der Ortsfeuerwehren der
Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Osterode am Harz gebeten, eine Aufstellung der Mitglieder
der Einsatzabteilung zu erstellen. Hierbei galt es, nur Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmänner
aufzuführen, die wirklich verfügbar sind. Gleichzeitig wurde ermittelt, wie viele Mitglieder der
Einsatzabteilung tagsüber verfügbar sind.
Die mögliche Mitgliederentwicklung der Einsatzabteilungen sieht wie folgt aus:
52
Strategietagung 2010 Dokumentation Seite 13
Seite 39 von 51
Orts-Fw.
Dorste
Düna
Förste
Freiheit
Lasfelde
Lerbach
Marke
Nienstedt
Osterode
Riefensbeek
Schwiegersh.
Ührde
Jugend Fw
ja/nein
ja
nein
ja
ja
ja
ja
nein
ja
ja
ja
ja
nein
Ortsfeuerwehr
Dorste
Düna
Förste
Freiheit
Lasfelde
Lerbach
Marke
Nienstedt
Osterode
Riefensbeek-Kamschlacken
Schwiegershausen
Ührde
Stand 2008
Stand 2009
Stand 2015
Stand 2025
65
29
53
39
77
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27
25
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Einsatzabteilung
62
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19
tagsüber verf.
32
5
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13
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9
8
21
25
4
27
8
Hierbei ist anzumerken, dass es sich bei diesen Darstellungen nur um eine Prognose anhand
von Bestandsdaten handelt. Mögliche Eintritte, Übernahmen aus der Jugendfeuerwehr und
Austritte können im Voraus nicht ermittelt werden.
Der Arbeitskreis „Feuerwehr“ ist auch zu dem Entschluss gekommen, dass zurzeit auf keine
Ortsfeuerwehr verzichtet werden kann.
a) Mitgliedergewinnung
Die Mitgliedergewinnung ist grundsätzlich in zwei Bereiche aufgeteilt. Zum einen geht es
darum, Frauen und Männer, die bereits mindestens 16 Jahre alt sind, als sogenannte
„Seiteneinsteiger“ für den ehrenamtlichen Dienst in der Freiwilligen Feuerwehr zu begeistern.
Diese Form der Mitgliedergewinnung ist sehr schwierig, da dieser Personenkreis oftmals
bereits bei anderen Vereinen oder Institutionen ehrenamtlich tätig ist. Ein weiterer Punkt ist die
Unwissenheit, dass es in der Stadt Osterode am Harz eine Freiwillige Feuerwehr gibt, welche
Aufgaben ein Feuerwehrmitglied der Einsatzabteilung hat sowie welche Voraussetzungen
gegeben sein müssen.
An dieser Stelle ist zu nennen, dass aufgrund der gestellten Pflichtaufgaben einer Feuerwehr
nicht jede Frau und jeder Mann Mitglied der Einsatzabteilung der Feuerwehr werden kann. Um
Frauen und Männer für den Dienst in der Feuerwehr zu begeistern, ist es daher sehr wichtig,
intensiv zu informieren. Diese Information kann auf verschiedene Weisen erfolgen. Es bieten
sich hier zum einen Dorffeste, Bürgertage, Tage der offenen Tür bei der Feuerwehr oder
ähnliches an. Weit verbreitet ist mittlerweile auch die Präsenz der Feuerwehr durch
Internetauftritte. Wenn diese interessant gestaltet sind, kann dies die Neugier auf den Dienst in
der Feuerwehr wecken. Ebenso muss intensiv darauf aufmerksam gemacht werden, dass
nicht nur Männer zur Feuerwehr gehen können, sondern auch Frauen.
Seite 40 von 51
Es gibt aber auch noch andere Möglichkeiten, den Dienst bei der Feuerwehr interessant zu
machen. Lukrative Angebote sind hier das Stichwort. Diese könnten z. B. wie folgt aussehen:
 Einrichtung einer zusätzlichen Feuerwehrrente in Form einer einmaligen Zahlung oder
monatlicher Zahlung, geknüpft an verschiedene Voraussetzungen (z. B.
Mindestdienstjahre).
 Freier Eintritt ins Schwimmbad
 Zinsgünstige Darlehen für Wohneigentumsschaffung usw.
Dies sind nur einige mögliche Beispiele.
Gefragt ist bei der Mitgliedergewinnung aber auch die Stadtverwaltung als Träger der
Freiwilligen Feuerwehr. Hier sollte darauf hingewirkt werden, dass freie Stellen bei der Stadt
Osterode am Harz bei gleicher Qualifikation vorrangig an Feuerwehrmitglieder vergeben
werden bzw. der Bewerber bei Erhalt der offenen Stelle Mitglied in der Einsatzabteilung der
Freiwilligen Feuerwehr wird.
Der zweite Bereich der Mitgliedergewinnung ist die Jugendarbeit. Bei 9 der 12
Ortsfeuerwehren der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Osterode am Harz gibt es eine
Jugendfeuerwehr. Dies ist schon einmal eine gute Voraussetzung. Hier muss aber intensiv und
ständig daran gearbeitet werden, stets genügend Mitglieder in der Jugendfeuerwehr zu haben
und natürlich durch eine interessante und abwechslungsreiche Gestaltung diese bei der
Feuerwehr zu halten, damit sie später in die Einsatzabteilungen übernommen werden können.
Diese
Aufgabe
wird
durch
die
Jugendfeuerwehrwarte
wahrgenommen.
Die
Jugendfeuerwehren der Ortsfeuerwehren werben intensiv für neue Mitglieder. Hinderlich
hierbei ist, dass Mädchen und Jungen erst mit 10 Jahren in die Jugendfeuerwehr
aufgenommen werden können. Oftmals sind sie dann bereits in anderen Vereinen und damit
für die Feuerwehr nicht mehr oder nur sehr schwer zu begeistern. Um dies in Zukunft zu
vermeiden bzw. zu minimieren, wurde in Zusammenarbeit mit dem Stadtjugendfeuerwehrwart
die Gründung von sogenannten „Kinderfeuerwehren“ vorangetrieben. Die erste
Zusammenkunft fand am 04.09.2009 im Feuerwehrhaus der Ortsfeuerwehr Osterode statt.
Durch diese Maßnahme erhoffen wir, frühzeitig Mädchen und Jungen zu interessieren, um sie
später in die Einsatzabteilungen übernehmen zu können.
b) Integration von ausländischen Mitbürgern
Die Integration von ausländischen Mitbürgern ist eine weitere Möglichkeit zur Optimierung der
Einsatzabteilungen. Oftmals ist bei unseren ausländischen Mitbürgern gar nicht bekannt, dass
in der Stadt Osterode am Harz die Sicherstellung des Brandschutzes durch die Freiwillige
Feuerwehr der Stadt Osterode am Harz erfolgt, da in ihren Heimatländern keine Freiwilligen
Feuerwehren vorhanden sind. Hier ist es zunächst einmal erforderlich, diese Informationen zu
vermitteln. Geschehen könnte dies durch eine Darstellung bzw. Vorstellung der Arbeit der
Freiwilligen Feuerwehr im zentral gelegenen Feuerwehrhaus der Ortsfeuerwehr Osterode.
c) Effektive Planung und Nutzung
Die demographische Entwicklung geht auch an der Feuerwehr nicht vorbei. Ein weiterer Punkt
ist die Arbeitsmarktsituation. Diese Faktoren erfordern ein Umdenken und Reagieren. Die
letzten Jahre haben gezeigt, dass die Einsatzzahlen der Ortsfeuerwehren steigen. Ein Großteil
dieser Einsätze sind Fehl- und Täuschungseinsätze von Brandmeldeanlagen. Oftmals auch
tagsüber. Für diese Einsätze werden dann die entsprechenden Ortsfeuerwehren alarmiert. Die
Folgen sind dann nicht selten anfallende Lohnausfallkosten. Diese Einsätze könnten aber auch
mit weniger Personal abgewickelt werden. Im Bereich der Ortsfeuerwehr Osterode könnten
diese Einsätze durch Bildung einer „kleinen Tagesalarmschleife“ abgewickelt werden. Hierbei
ist auch die Einbindung von Mitarbeitern des Bauhofes (Feuerwehrmänner) in Verbindung mit
dem hauptamtlichen Gerätewart eine Alternative. Dadurch würden keine Lohnausfallkosten
entstehen und gleichzeitig würden die Mitglieder Einsatzabteilung entlastet. Es ist ebenso
wichtig, die Arbeitgeber nicht über ein notweniges Maß hinaus zu strapazieren. Durch das
niedersächsische Brandschutzgesetz muss in Zukunft geregelt werden, dass ein
Feuerwehrmitglied einer anderen Stadt oder Gemeinde, welches aber im Bereich der Stadt
Osterode am Harz arbeitet, bei der dortigen Ortsfeuerwehr tagsüber Einsätze mitfahren kann
Seite 41 von 51
und darf. Die Ortsfeuerwehren der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Osterode am Harz
müssen in Zukunft noch enger zusammenarbeiten, als sie es jetzt schon tun. Sie unterstützen
sich gegenseitig mit Fahrzeugen, Geräten und Personal. In der Zukunft ist auch die Ausbildung
von Feuerwehrkameradinnen und Feuerwehrkameraden verschiedener Ortsfeuerwehren an
zentral stationierten Spezialfahrzeugen (z. B. Drehleiter oder Rüstwagen) eine mögliche
Alternative.
d) Blick in die Zukunft
Die Zeichen der Zeit wurden erkannt. Es wurden Maßnahmen und Vorschläge entwickelt,
damit die Freiwillige Feuerwehr der Stadt Osterode am Harz auch in Zukunft als moderne,
zeitgemäße Feuerwehr den Brandschutz flächendeckend und qualitativ hochwertig sichern
kann.
Das funktionierende Gesamtkonzept „Freiwillige Feuerwehr Osterode am Harz“ mit der
Gesamtheit der 12 Ortsfeuerwehren für den Schutz der Bürgerinnen und Bürger sowie dessen
Hab und Gut hat sich bewährt.53
Bei der Strategietagung der Stadt Osterode im Juni 2010 wurde die Überlegung laut, eine
kleine Berufsfeuerwehr für den Ersteinsatz aus Mitarbeitern des Bauhofes zu schaffen, um die
Belastung der freiwilligen Kräfte zu reduzieren. Diese Überlegung soll mit dem
Feuerwehrkommando und dem zuständigen Fachbereich diskutiert werden.
Mitte August 2010 hat Innenminister Uwe Schünemann ein umfassendes Konzept vorgestellt,
das die Leistungsfähigkeit der Feuerwehren in Niedersachsen und damit die Sicherheit der
Bevölkerung in den kommenden vier Jahrzehnten gewährleisten soll. Der demografische
Wandel und die zunehmenden Probleme ehrenamtlicher Brandbekämpfer mit der Freistellung
vom Arbeitsplatz waren die Ausgangspunkte für einen zwei Jahre währenden
Diskussionsprozess, der jetzt in einen Abschlussbericht gemündet ist. Unter der Maßgabe
„Agieren können, statt reagieren müssen“ hat eine Projektgruppe unter Leitung von
Landesbranddirektor Jörg Schallhorn sechs Handlungsfelder sowie konkrete Vorschläge
erarbeitet, die jetzt gemeinsam mit Politik und Wirtschaft, mit den kommunalen
Spitzenverbänden, Gewerkschaften, Feuerwehrangehörigen und Organisationen der
nichtpolizeilichen Gefahrenabwehr nach regionalen Bedürfnissen umgesetzt werden sollen.
Nach Prognosen des Landesbetriebs für Statistik wird die Bevölkerung des Landes bis zum
Jahr 2050 um bis zu 20 Prozent, die Zahl der unter 20- Jährigen um knapp 40 Prozent und die
der Erwerbstätigen um etwa 30 Prozent abnehmen.
Gleichzeitig werden die Anforderungen an den Brandschutz durch die fortschreitende
Technisierung steigen, aber auch durch den wachsenden Anteil alleinlebender älterer
Menschen. Zur Sicherstellung von flächendeckenden, einheitlichen Sicherheitsstandards wird
das Innenministerium gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden und dem
Landesfeuerwehrverband einen Leitfaden zur Brandschutzbedarfsplanung für die Träger der
Feuerwehr, die Gemeinden, erarbeiten. Zur Förderung des Ehrenamtes ist ein
Maßnahmenbündel geplant: Anpassung des organisatorischen und rechtlichen Rahmens im
Landesbrandschutzgesetz an aktuelle Herausforderungen, die beidseitige Anerkennung der in
Beruf und Feuerwehr erworbenen Qualifikationen – etwa als Sicherheits-, Brand- oder
Gefahrengutbeauftragter, eine Chipkarte als attraktiver Berechtigungsausweis, die Stiftung von
Feuerwehrabzeichen des Landes sowie ein Art Handbuch für die Werbung Ehrenamtlicher.
Die qualitativ hohe Aus- und Fortbildung will das Land durch den Erhalt der beiden zentralen
Schulen in Celle und Loy sichern; die Bildungsangebote sollen noch bedarfs- und
praxisorientierter werden, der Standort Loy wird ausgebaut. Eltern, Kindergärten und Schulen
sollen in die Nachwuchswerbung einbezogen werden, um insbesondere Mädchen anzulocken.
53
Bericht über die zukünftige Entwicklung der Freiwilligen Feuerwehr in der Stadt Osterode am Harz ,
F1 vom 02.02.2010
Seite 42 von 51
Kultursensible Werbekonzepte und Kampagnen sowie die enge Kooperation mit den
entsprechenden Verbänden sollen die Feuerwehr auch für Migranten attraktiv machen.54
Das Innenministerium nannte in diesem Zusammenhang auch ein paar weitere interessante
Daten zur Feuerwehr. So nahm die Zahl der ehrenamtlichen niedersächsischen BrandschützerInnen um 595 auf insgesamt 127 160 Mitglieder leicht zu. Mit zusätzlichen 418
Feuerwehrfrauen wuchs deren Zahl auf insgesamt 12 084 oder einen Anteil von 9,5 Prozent.
Die Zahl der Ortsfeuerwehren sank um sechs gegenüber dem Vorjahr auf nunmehr 3356.
Gut 32 350 Jugendliche waren 2009 in knapp 1950 Jugendfeuerwehren aktiv (minus 1,2
Prozent).
Dagegen stieg die Zahl der Kinder in den Kinderfeuerwehren um 514 auf 4005 an. Die Anzahl
der hauptamtlichen Brandschützer in den zehn Berufsfeuerwehren und drei hauptamtlichen
Wachbereitschaften ist 2009 leicht angestiegen auf 2106. In Betrieben mit besonderem
Gefährdungspotential sind 102 Werksfeuerwehren mit 3809 neben- und 703 hauptberuflichen
BrandschützerInnen eingerichtet (minus drei Werksfeuerwehren).55
i) Entwicklung der Verwaltung
Eine zentrale Aufgabe des zukünftigen Verwaltungshandelns wird der Umgang mit der
demografischen Entwicklung sein. Neben neuen Organisationsformen muss gemeinsam mit
der Politik die zukünftige Versorgung der Bevölkerung mit Dienstleistungen gestaltet werden.
Da die Nachfrage nach Dienstleistungen zuerst in den Randbereichen der Stadt – hier vor
allem in den Ortsteilen – rückläufig ist, muss man sich mit den Wechselwirkungen zwischen
Rückbau der Infrastruktur und Ortssterben auseinandersetzen (Beispiel: „Stirbt die Schule,
stirbt das Dorf?!“). Hier ist die gesamte Verwaltung auf Jahre gefordert56.
Grundsätzlich kann nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Größe der Verwaltung
proportional zum Rückgang der Bevölkerung verhält. Aufgrund von neuen oder stets
komplizierter werdenden Aufgaben lässt sich eine Reduzierung des Personals nicht direkt an
der Bevölkerungszahl festmachen.
Die Frage wird in absehbarer Zukunft auch nicht lauten „Wie senke ich den Personalbestand
der Stadt Osterode?“, sondern eher „Wo bekomme ich geeignetes Ersatzpersonal für
ausscheidende Mitarbeiter her, die die anstehenden schwierigen Fachaufgaben erfüllen?“.
Auch die Stadt Osterode am Harz läuft hier wie alle anderen Arbeitgeber der Region in eine
„demografische Falle“.
Nachfolgende Grafik gibt einen Überblick über die Problematik:
54
Rundblick vom 10.08.2010 „Brandschutz auch in Zukunft sicherstellen“
Rundblick vom 10.08.2010 „Freiwillige Feuerwehr meldet mehr Brände und mehr Feuerwehrfrauen“
56
Dokumentation Strategietage 2010 Seite 5
55
Seite 43 von 51
57
Die Verwaltungsleitung hat bereits Maßnahmen eingeleitet, um dieses Problem zu mindern.
Zum einen wird der „Arbeitsplatz Stadt Osterode am Harz“ attraktiver gemacht. Da die
Bezahlung tariflich geregelt ist und dieser zumeist unter vergleichbaren Tarifverträgen z.B. in
der Industrie liegt, muss mit anderen Vorzügen geworben werden.
Dies geschieht zum einen durch modern ausgestattete Arbeitsplätze, aber auch durch
Maßnahmen wie die Einführung eines Gesundheitsmanagements und eines zeitgemäßen
Arbeitsschutzes sowie einem guten Betriebsklima. Durch Werbung auf Veranstaltungen wie
dem Berufsinformationstag Osterode (BITO) und durch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit muss
um adäquates Personal gerade im Bereich des Berufsnachwuchses geworben werden.
Ergänzend dazu wurde im Jahr 2009 das Projekt „Masterplan e-Government“ gestartet, um
durch den Einsatz von geeigneten technischen Verfahren die zukünftige Aufgabenerledigung
in möglichst effizienter Art sicherzustellen, da die Arbeitsmenge vermutlich eher nicht
zurückgehen wird. In diesem Projekt wurden insgesamt über 820 Prozesse in der Verwaltung
beschrieben und nach erfolgter Priorisierung werden jetzt für die personalintensivsten – und
damit auch kostenträchtigsten Prozesse – Verfahrensoptimierungen erarbeitet. Im Sommer
2011 sollten die ersten optimierten Prozesse eingerichtet sein.
Die Verwaltung darf sich in diesem Zusammenhang aber nicht nur auf den Einsatz der ITTechnik beschränken, sondern muss sich auch auf den geänderten Anspruch bzw. das
Nutzerverhalten zur Kommunikation mit dem Kunden einstellen. Dazu gehört auch, ob und ggf.
in welchem Umfang Soziale Netzwerke (z. B. Facebook, MeinVZ, Twitter) zur Kundenkommunikation eingesetzt werden können. Insbesondere für die derzeit noch jüngere
Generation ist der Umgang hiermit selbstverständlich; dem muss eine Verwaltung Rechnung
tragen. Die Stadt Osterode am Harz ist hierbei führend; in einem Modellprojekt, das
gemeinsam mit dem Regionalverband Südniedersachsen initiiert und eingeleitet wurde, nutzt
sie die genannten Netzwerke bereits heute.
Auch der Internetzugang www.osterode.de wird zurzeit überarbeitet. Es wurde ein neues
Pflichtenheft erstellt und im September 2010 liefen die Präsentationen verschiedenster
Anbieter. Auch hier wird im Besonderen darauf geachtet, dass die neuen Seiten der Stadt den
Bürger möglichst schnell und einfach zu den gewünschten Informationen bzw. zur
angeforderten Dienstleistung führt.
57
Präsentation Fa. b.i.t.consult GmbH bei der Stadt Osterode am Harz 2010
Seite 44 von 51
Eine weitere Möglichkeit, der Demografiefalle zu entgehen, liegt in der Interkommunalen
Zusammenarbeit (IKZ). Auch Unternehmen versuchen, durch sog. shared services Fachkräfte
zu bündeln und besser auszunutzen. Mit der KDS haben wir bereits ein gutes Beispiel für ein
derartiges Vorgehen. Zurzeit werden einige Möglichkeiten der IKZ im Landkreis, aber auch
darüber hinaus geprüft bzw. umgesetzt. Man stellt aber auch sehr schnell fest, dass die
Umsetzung von IKZ nicht nur im politischen Bereich sondern teilweise auch in der Bevölkerung
schnell auf Widerstände trifft, die nur mühsam abzubauen sind. Trotzdem versucht die Stadt
Osterode mit verschiedenen Partnern „auf Augenhöhe“ Kooperationen zu entwickeln. Mit der
Stadt Bad Sachsa besteht seit einem Jahr eine enge Zusammenarbeit im Finanzwesen.
Mitarbeiter der Stadt Osterode unterstützen in Bad Sachsa die Einführung des NKR. Dadurch
braucht dort kein eigener Bilanzbuchhalter teuer ausgebildet werden. Auch mit anderen
Gemeinden laufen Verhandlungen für eine engere Zusammenarbeit. Bis Ende des Jahres
2010 soll eine Vereinbarung mit der Samtgemeinde Bad Grund getroffen sein, die die
Zusammenarbeit in einem gemeinsamen Standesamt regelt. Die Dienstleistung soll weiter vor
Ort im Rathaus Windhausen erbracht werden, aber durch Mitarbeiter der Stadt Osterode am
Harz. Durch gemeinsame Nutzung der erforderlichen Software und zentrale Abarbeitung der
Fälle lassen sich – wenn auch relativ geringe – Einsparungen realisieren. Der Vertragsentwurf
liegt vor und soll im Herbst 2010 unterzeichnet werden. Dieses Beispiel soll auch als Testfall
für weitere Kooperationen dienen.
Als ein weiteres Beispiel für interkommunale Zusammenarbeit kann die an anderer Stelle
angesprochene Teilnahme an der EXPO REAL betrachtet werden. Eine Messeteilnahme ohne
Kooperation mit Dritten – hier im Rahmen der Metropolregion Hannover Braunschweig
Göttingen Wolfsburg wäre für die Stadt Osterode am Harz finanziell nicht darstellbar. Insoweit
eröffnet diese Form der Kooperation innerhalb der Metropolregion der Stadt eine
Präsentationsmöglichkeit auf internationaler Ebene.
Die SPD-Fraktionen der Stadt Osterode am Harz und der Samtgemeinde Bad Grund streben
gemeinsam eine engere Zusammenarbeit an, um Vorbehalte für interkommunale
Kooperationen abzubauen. So fand Anfang September 2010 eine gemeinsame
Fraktionssitzung statt, um über anstehende gemeindeübergreifende Themen zu sprechen.
Auch der Landkreis als Gemeindeverband ist hierbei ein wichtiger Kooperationspartner. Erst
kürzlich hat die Stadt Osterode beispielsweise dem Landkreis die Wahrnehmung der Aufgaben
nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) für das Gebiet der Stadt Osterode
am Harz zur zentralen Erledigung zurückgegeben.
Auch die jeweiligen SPD Fraktionen des Kreistages, der vier Städte und drei Samtgemeinden
des Landkreises Osterode am Harz wollen für eine verstärkte interkommunale
Zusammenarbeit eintreten und Projekte zügig zum Erfolg bringen. Die Interkommunale
Zusammenarbeit soll helfen, den Problemen, die sich insbesondere aus dem demografischen
Wandel und des Einwohnerrückgangs im Landkreis Osterode am Harz ergeben,
entgegenzuwirken. Ein entsprechendes Grundsatzpapier soll in die Räte eingebracht
werden58.
Aus Sicht des Bürgermeisters und der Verwaltung sind für die Stadt Osterode aber einige
Grundsätze zur Vereinbarung von IKZ zu beachten:




58
Funktionsfähigkeit der Region sichern (bürgernahe qualitativ hochwertige
Verwaltung vor Ort).
Lokale Demokratie sichern bzw. stärken (Ortsräte sind wichtig, Rat muss seinen
Einfluss auf das Verwaltungshandeln behalten).
Bei Kooperations- und Fusionsdebatten die weiteren Nachbarn nicht vergessen
(Insellösungen vermeiden!).
Kommunale Mandatsträger und Bevölkerung müssen von Anfang an mitgenommen
werden
Harz Kurier vom 03.09.2010 „Anpfiff zum Spiel auf Augenhöhe“
Seite 45 von 51





Verwaltungsdienstleistungen, die nah am Bürger sind, müssen in den Gemeinden
erbracht werden, bis auf übergeordnete z.B. raumordnerische Funktionen.
IKZ und Fusionen brauchen sehr viel Zeit und Gründlichkeit.
Neue kommunale Aufgaben sollten möglichst gleich zentral bearbeitet werden,
wenn die Aufgabe es erlaubt.
IKZ ist immer dann sinnvoll, wenn sich zumindest mittelfristig ein finanzieller,
strategischer und/oder politischer Vorteil für die Beteiligten ergibt.
Bei IKZ ergibt sich in der Regel ein Know-how-Verlust bei dem Partner, der die
Aufgabe abgibt. Dieser Verlust ist ggf. nur sehr schwer, wenn überhaupt rückgängig
zu machen.
Nicht nur die Verwaltung sollte der zukünftigen Situation angepasst werden, sondern auch in
der Politik kann darüber nachgedacht werden, die Strukturen zu verschlanken. Hier muss über
eine Verkleinerung der Gremien nachgedacht werden. Sowohl der Rat, als auch die Ortsräte
haben hier Luft nach unten59.
Insgesamt wird es aber stets ein Mix der verschiedensten Maßnahmen sein, der zum
gewünschten Ergebnis führt. Wichtig ist, dass die Weichen jetzt gestellt werden, um der
Entwicklung frühzeitig entgegenzutreten. Bei allen Maßnahmen im Rahmen des Umgangs mit
den Auswirkungen des demografischen Wandels gilt:
Wer frühzeitig die Probleme erkennt und die geeigneten Maßnahmen ergreift, wird einen
uneinholbaren strategischen Vorteil haben.
Die kommunale Zeitschrift „der Gemeinderat“ berichtet in einer Spezialausgabe im Frühjahr
2007 über den Bericht des Parlamentarischen Beirats für nachhaltige Entwicklung
„Demografischer Wandel und nachhaltige Infrastrukturplanung“60 und stellt folgendes fest:
In Regionen mit stark abnehmender Bevölkerung wird es schwieriger und kostspieliger,
Leistungen der öffentlichen Daseinsvorsorge im bisherigen Maß bereitzustellen. Daraus ergibt
sich die Gefahr einer negativen Entwicklungsspirale, die schon heute in vielen Regionen
Ostdeutschlands zu beobachten ist und zunehmend auch Westdeutschland treffen wird.
Ungeachtet dessen werden seitens der Politik die Auswirkungen einer älter werdenden und
regional unterschiedlich schrumpfenden Gesellschaft auf die künftige Infrastruktur noch zu
wenig in das Handeln einbezogen. Dies stellt zumindest der Parlamentarische Beirat für
nachhaltige Entwicklung des Bundestages in seinem Bericht „Demographischer Wandel und
nachhaltige Infrastrukturplanung“ vom März dieses Jahres fest.
Damit sich die Probleme in den betroffenen Regionen nicht verschärfen, sind aus Sicht des
Beirates lokal und regional angepasste und vor allem über klassische Ressortgrenzen hinweg
vernetzte Lösungen erforderlich. Der Beirat tritt dafür ein, Programme und Modellvorhaben, die
die Folgen des demografischen Wandels in den Blick nehmen, horizontal zwischen den
Ressorts und auch vertikal zwischen Bund, Ländern und Kommunen stärker zu verknüpfen
und weiterzuentwickeln. Dies mit dem Ziel, Synergieeffekte zu nutzen und Wechselwirkungen
der Programme in der Stadt-Land-Beziehung stärker in politischen Maßnahmen zu
berücksichtigen. Grundsätzlich sollten öffentliche Vorhaben im Bereich der Infrastruktur schon
im Vorfeld auf ihre „Demografiefestigkeit“ geprüft werden, um spätere Anpassungsmaßnahmen möglichst zu vermeiden.
Für den Bereich der Stadt- und Raumentwicklung empfiehlt der Beirat, die Wirkung von
Maßnahmen insbesondere im regionalen Zusammenhang zu betrachten und einen Ansatz zu
verfolgen, der interkommunale Kooperationen und regionale Entwicklungskonzepte stärker
fördert. Bei der Fördermittelvergabe sollten Konkurrenzsituationen zwischen Kommunen einer
Region verhindert werden.
59
60
NGO § 32(1) und § 55 f
Deutscher Bundestag 16. Wahlperiode Drucksache 16/4900
Seite 46 von 51
Der Beirat nimmt auch besonders die Bereiche Mobilität sowie technische Infrastruktur in den
Blick. Für den öffentlichen Personennahverkehr empfiehlt er flexible Modelle (Ruf- und
Bürgerbusse, Anrufsammeltaxis), die die Mobilität insbesondere auch im ländlichen Raum
gewährleisten. Im Bereich der Leitungsinfrastruktur für Energie, Wasserversorgung und
Abwasserentsorgung seien dezentrale Systeme und alternative Technologien zu prüfen, die in
entsiedelten ländlichen Räumen rentabel sein könnten. Gefordert wird auch ein
flächendeckender Ausbau moderner Kommunikationstechnik, um insbesondere auf dem
„flachen Land“ die Voraussetzungen für moderne Arbeitsplätze und gesellschaftliche Teilhabe
der Menschen zu schaffen61.
Interessant sind in diesem Gesamtzusammenhang auch neue Leitlinien der Verwaltungswissenschaften aus Nordrhein-Westfalen, denn auch sie zeigen den Veränderungsbedarf
gerade in Bezug auf e-Government des Verwaltungshandelns auf62:
o
o
o
o
o
o
o
o
o
Government entwickelt sich zur Grundlage neuer Arbeitsteiligkeit
Verwaltungsleistungen werden in vernetzten Strukturen erbracht
Verwaltungsarchitektur durch Trennung von Vertrieb und Produktion
„No wrong door“ durch einheitliche Anlaufstellen (One Stop Government)
Effizienzgewinne durch gemeinsame org-übergreifende Leistungserbringung
(Shared Services)
Struktur folgt dem Prozess auf der Basis von Prozessoptimierungen
Vernetzte Produktion verlangt, die Zuständigkeiten zu definieren / ändern
Vernetzte Verwaltung erfordert ein Höchstmaß an Standardisierung
Möglichkeiten / Grenzen der vernetzten Verwaltung müssen erprobt werden
VI. Fazit
Die Wichtigkeit des Themas „Demografischer Wandel und die Auswirkungen auf die Stadt
Osterode am Harz“ ist im Vorgehenden zu Genüge deutlich geworden. Der Bürgermeister hat
daher das Gesamtthema zur Chefsache erklärt, denn es geht letztendlich um die zukünftige
Position der Stadt als Mittelzentrum in der Region. Des weiteren wurde bereits nach der
Kommunalwahl 2006 der bisherige Sozialausschuss um die Aufgabenbereiche „ältere
Generationen“ und „Intergration“ ergänzt.
Gerade auch im Hinblick auf die derzeitige Diskussion über die Kommunalstrukturen in
Niedersachsen ist es äußerst wichtig, eine starke Stadt mit einer sehr effizient und
wirtschaftlich arbeitenden Verwaltung darzustellen. In diesem Zusammenhang bleibt auch die
Zukunft der kleinen Landkreise – also auch der des Landkreises Osterode am Harz –
abzuwarten. Gerade erst hat sich eine Arbeitsgruppe der Landkreis-SPD Göttingen dafür
ausgesprochen, die Landkreise Göttingen und Northeim zu einem gemeinsamen
Regionalkreiszusammenzuschließen. Der Landkreis Osterode am Harz, so die weitere
Überlegung der Arbeitsgruppe, könnte sich dem Regionalkreis anschließen, wenn er das
möchte. Man sei sich darüber im Klaren, dass ein Zusammenschluss nur wenig Einspareffekte
bringt. Entscheidend sei, dass in einem größeren Kreis überörtliche Aufgaben gebündelt
werden und das Geld dafür gezielter eingesetzt werden kann.63
Leider kann sich die Landesregierung nicht dazu durchringen, die notwendige Gebietsreform
von „oben“ durchzusetzen, aber das jüngste „Hesse-Gutachten zur Kommunalstruktur in
Niedersachsen“ gibt hier doch interessante Hinweise:
61
62
63
„Der Gemeinderat“ Spezialausgabe Demografie 2007 Seite 8
Wissenschaftliche Begleitforschung D-NRW, 2007, Prof. Dr. Lenk
HNA Lokale Nachrichten vom 28.07.2010
Seite 47 von 51
Im Gesamtergebnis seiner Untersuchungen kommt der Gutachter u.a. zu dem Schluss, dass
nach der laufenden Freiwilligkeitsphase und angesichts nur begrenzter weiterer Möglichkeiten
zur interkommunalen Zusammenarbeit „selektive Gebietsreformen und punktuelle
Anpassungen“ unausweichlich sein dürften. Dies gelte zunächst für die Landkreisebene.64 Für
Südniedersachsen nennt Prof. Hesse folgende Möglichkeiten:
- die Verbandsstruktur in der Region Göttingen könnte gestärkt werden durch die
Schaffung eines Zweckverbands für Regionalplanung
- die Kreise Osterode am Harz und Northeim könnten mit Göttingen fusionieren.65
Wie die politische Diskussion über dieses Thema laufen wird, ist zurzeit noch in keiner Weise
abzusehen, da sie aber direkte Auswirkungen auf die Stadt Osterode am Harz hat, ist sie sehr
genau zu beobachten.
In den einzelnen Fachbereichen der Osteroder Stadtverwaltung wird mit Nachdruck und in
enger Zusammenarbeit mit dem gesamten Rat weiter an den in dieser Ausarbeitung
angesprochenen Fragestellungen gearbeitet. Dadurch wird die Stadt fit für die Zukunft erhalten
und weiterentwickelt. Alle Entscheidungen werden einem „Demografiecheck“ unterzogen, um
die knapper werdenden Ressourcen möglichst wirtschaftlich einzusetzen. Unter dem Leitbild
der Stadt Osterode und unter Berücksichtigung der verabschiedeten Oberziele müssen die
Themen weiterentwickelt und vorangebracht werden.
Die Niedersächsische Kommunalprüfungsanstalt, die im 2. Quartal 2010 die Stadt Osterode
geprüft hat, hat in dem ersten Ergebnisbericht66 u.a. festgestellt, dass sich die Stadt sehr gut
mit dem demografischen Wandel auseinandersetzt und entsprechende Maßnahmen
eingeleitet hat.
VII. Anhang
64
Presseinformation des Nds. Ministeriums für Inneres und Sport vom 15.07.2010
Harzkurier vom 15. Juli 2010 „Gutachter stellt Landkreise in Frage“
66
Präsentation des NKPA am 13.07.2010 im Rathaus Osterode am Harz
65
Seite 48 von 51
Bewertung der einzelnen Maßnahmen durch die Strategietagung 201067 Anz. Nennungen ‐
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67
Flexible Kinderbetreuung bis Sec I
Städt. Grundstücke und Immobilien (Abriss, Veräußerung, nur notwendige behalten)
Aufgabenkritik durch Controlling
Aufgabenanalyse
Überprüfung des städtischen Angebots
Rückbau von Infrastruktur
Sammeltaxi
Pedelecs
Gesellschaftliche Zusammenarbeit in allen Bereichen
Anstreben und Unterstützung von Vereinsfusionen
Konzept zur Findung von Fachkräften
Spielplätze für alle Generationen
Konzentration der FFW
Verkleinerung der Ortsräte
Jung betreut alt – Gratiswohnen
Abbau der Altanlagen
Kleine Berufsfeuerwehr für Ersteinsatz
Zentralisierung von nicht strategischen Aufgaben
Bürgerprojekte
Absprache Lila‐Linie mit CLZ
Pamperstonne
SeniorenELFEN
Marketing „Unsere Stadt ist sicher“
Innovationspotential
Vereinsvorstellung in der Schule
Fusion d. Sportarten für Kosteneinsparungen
Dialogtag für Vereine
Gegenseitige Werbung
Familienwochenendprogram
Prakt. Mitarbeit durch die Politik
Kooperation mit gleichgroßen Kommunen
Know‐how Teilung
Rote‐Punkt‐Aktion Hannover
„Nette Toilette“
Ruhebänke
Familienparkplätze
Zusammenlegung von Alt & Jung
Ehrenamtlicher Sicherheitsservice
Altengerechter Hasumeisterservice
IGS
Zusammenlegung der Feuerwehrkapellen
Spezialisierung der Sportvereine
Runder Tisch für Chöre
Gemeinsame Veranstaltungen
Praktikantenpool
Verbesserte Beleuchtung
Benefit für Engagement
Mehrgenerationenhaus
Kooperation + Kommunikation mit Ortsstellen
Ehrenamtliches Engagement ausweiten
Strategietagung 20120 Dokumentation Seite 18
13
11
8
8
7
6
4
4
4
4
4
3
3
3
2
2
2
2
2
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Ergebniszusammenfassung Strategietage 2010 der Stadtverwaltung Osterode am Harz68
Bereich Integration der Migranten Mobilität Kultur Arbeit und Wirtschaft 68
Problem Maßnahme Verantwortungsübertragung an Migranten Ansprache der Migranten Potenzial der Migranten nutzen Sprachbarrieren Akzeptanz in der Bevölkerung schaffen Mobilität im Alter/ Altersgerechte Dienstleistungen Barrierefreiheit ÖPNV: Preis, Auslastung, Effizienz Generation "junge Alte" Vereinzelung Freizeitangebot Vereine und Verbände Personal (Qualifizierte Schulabsolventen halten, oder zum Zurückkommen animieren) Einzelhandel Geschlechterorientierte Betrachtung unterschiedlicher Kulturen differenzierte Quotenregelung Integration in Vereine, Hilfsorganisationen, Caritative Verbände Integration in politische Gremien, Personal Mitarbeiter mit Migrationshintergrund als Kontaktperson Strategietage 2010 Ergebniszusammenfassung
Anerkennung von Zeugnissen Vorbildfunktion der Stadt Gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt schaffen fördern und fordern von Sprachkompetenz Gründung eines Integrationsvereins Familienparkplätze Ruhebänke "nette Toilette" Rote‐Punkt‐Aktion Hannover Lila‐Linie (Absprache mit CLZ) ‐ Nutzungsmöglichkeit überprüfen
Sammeltaxi Pedelecs (Zentrale Stellen, Kooperation) Mehrgenerationenspielplatz Überprüfung und Konzentration des städtischen Angebots Familienwochenendprogramm Anstreben und Unterstützung von Vereinsfusionen Fusion der Sportarten zur Kosteneinsparung Dialogtag für Vereine Spezialisierung der Sportvereine Zusammenlegung Feuerwehr Chöre Runder Tisch Chöre Gegenseitige Werbung Gemeinsame Veranstaltung (Bälle, Jubiläen) Abbau der Altanlagen Praktikantenpool, Studentenpraktika, Gründung von Azubi‐WG´s
moderater Denkmalschutz Seite 50 von 51
Bildung Siedlungs‐
entwicklung Technische Infrastruktur Interne Stadtverwaltung Vereinbarung von Familie und Beruf Altersgerechter Arbeitsplatz Wirtschaftsfaktoren Senioren Wissensverlust, Generation Junge Alte Altersarmut Facharbeitermangel Schule Kindergärten Kinderfreundlichkeit Kinderbetreuung Verzicht auf Sondernutzungsgebühren in Teilbereichen Überprüfung des städtischen Angebots Außengastronomie erleichtern, maßvolle Mieten Infrastruktur anpassen Ortsteile attraktiver erhalten Entwicklung familienfreundlichen Stadt Wohnen im Alter Veränderung des Wohnungsmarktes Rückbau von Infrastruktur (Abriss) Veräußerung von Immobilien und Grundstücken Brandschutz Kleine Berufsfeuerwehr für Ersteinsätze Benefits für Engagement (FFW) Konzentration der FFW, Qualität steigern IKZ Aufgabenentwicklung der Stadt Politische Struktur Bevölkerungsrückgang versus Anzahl der Beschäftigten Zentralisierung von nicht‐strategischen Aufgaben Kooperation mit gleichgroßen Städten (Know‐how Teilung) Ehrenamtliche s Engagement ausweiten Durchführung von Bürgerprojekten Mitarbeiter‐Wohnungen schaffen Gemeinsame Nutzung von Parkplätzen (Anwohner, Mitarbeiter) Gemeinsame Zusammenarbeit in Betrieben IGS Vereinsvorstellung in der Schule Flexible Kinderbetreuung bis Sec II Praktikantenpool Mehrgenerationenhaus Verbesserte Beleuchtung Mitarbeit bei Streichungen, Kosteneinsparungen durch Politik Aufgaben der Stadt überprüfen und zentrales Controlling einrichte
öffentliche Stellen schaffen Arbeitsplatzängste minimieren Aufgabenanalyse Seite 51 von 51
Soziale Infrastruktur in der Stadtverwaltung Gefühlte Unsicherheit Versorgung (ärztliche) Bildungsangebot soziale Berufe Unterstützung der älteren Bevölkerung Marketing: "Unsere Stadt ist sicher" Ehrenamtlicher Sicherheitsservice Pampers‐Tonne Zusammenlegung von Alt und Jung Jung betreut alt (Gratiswohnen Senioren ELFEN Altersgerechter Hausmeisterservice Anm.: Es handelt sich bei dieser Liste lediglich um eine Stichwortartige Zusammenfassung der
Ergebnisse. Die einzelnen Punkte wurden als Ideen festgehalten und in den meisten Fällen
nur grob andiskutiert. Die Machbarkeit bzw. die letztendliche zielführende Sinnhaftigkeit wurde
noch nicht geprüft.

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