Feature Für ein strategisches „Ökonsystem“

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Feature Für ein strategisches „Ökonsystem“
Feature
Feature
Für ein strategisches „Ökonsystem“ Towards a Strategic “Econsystem”
How governments can support
Wie Regierungen die Wirtschaft
in ihrem Land unterstützen können their economies
Von Dr. Henning Meyer
By Dr Henning Meyer
Die Olympischen Spiele in London und
ihre ökonomische Lesart
The London Olympics and their
economic meaning
Im August sind die Olympischen Spiele in London zu Ende
gegangen. Für die sportlichen Leistungen und die positive
Stimmung wurden sie – zu Recht – in aller Welt gefeiert und
die schönsten Momente werden den Zuschauern sicherlich
noch viele Jahre im Gedächtnis bleiben. Unvergessen zum
Beispiel Usain Bolt, der sein Gold-Triple von Peking wiederholte oder der Langstreckenläufer Mo Farah, der zweimal
Gold über 5.000 und 10.000 Meter holte. Als die Spiele in
vollem Gange waren und die Gastgebernation im Medaillenspiegel nach oben kletterte, mussten selbst die schärfsten
Kritiker der Londoner Spiele einräumen, dass die
30. Olympischen Spiele der Neuzeit nicht nur in sportlicher
Hinsicht ein großer Erfolg waren; ganz Großbritannien stand
geeint hinter den Spielen. Nach sieben Jahren Planung und
Bauzeit schien sich die Investition doch gelohnt zu haben
was im Vorfeld der Veranstaltung oft in Frage gestellt worden
war. Die anfängliche Olympiaskepsis löste sich rasch in Luft
auf, als die Athleten aus England, Schottland, Wales und
Nordirland mehr und mehr Medaillen holten, meist sogar
Gold. Sicherlich hatte das Team aus Großbritannien seine
Erfolge auch dem Heimvorteil zu verdanken. Doch tatsächlich
sind die Olympischen Spiele in London der vorläufige Höhepunkt eines Trends, der schon viel früher, nämlich 1996 nach
Atlanta, einsetzte, wie der damalige Medaillenspiegel zeigt
(Abb. 1). Dass diese erfolgsgekrönte Entwicklung kein Zufall
ist, soll im Folgenden aufgezeigt werden.
The London Olympics ended in August and were widely –
and rightly – celebrated for the athletic performances and
positive emotions the competitions showcased. Memorable
moments such as Usain Bolt successfully defending his three
gold medals from Beijing and long-distance runner Mo Farah
winning double gold in the 5,000-metre and 10,000-metre
races will stick in the memories of spectators for years to
come. As the games got going and the home nation’s medal
tally began to rise, even the most fervent critics of the
London Games had to concede that the 30th Olympic Games
of modern times not only were a huge sporting success but
also brought the whole of Great Britain (GB) behind the
Games. After seven years of planning and building, the
Games seemed like a worthwhile investment, which had
quite often been questioned in the run-up to the event. But
the mood in the country changed markedly as the athletes
from England, Scotland, Wales and Northern Ireland
collected more and more medals – most of them gold.
True, it certainly helped Team GB to compete on home soil,
but the London Olympics represented the high point of a
development that started much earlier after the Atlanta
Games of 1996, as you can see in the medal tally chart
(Figure 1). And this turnaround of sports fortunes was
no coincidence, as will be explained below.
Für Großbritannien war der große Erfolg der Olympischen
Spiele eine sehr willkommene Ablenkung von der äußerst
enttäuschenden Wirtschaftsleistung des Landes, das sich bis
heute noch nicht vom weltweiten Konjunkturabschwung
erholt hat und sich aktuell einem Rückfall in die Rezession
(= double-dip) ausgesetzt sieht. Allein im zweiten Quartal
2012 schrumpfte die britische Wirtschaft um 0,7 Prozent –
und es ist das dritte Negativ-Quartal in Folge. Die Gesamtwirtschaftsleistung liegt immer noch 4,5 Prozent unter dem
Vorkrisenhöchststand von 2008. 1 Zum Vergleich: Die Talfahrt der britischen Wirtschaft dauert bereits jetzt länger an
als während der Großen Depression der 1930er-Jahre. 2
1
2
Vgl. Elliot, L., Watt, N., „George Osborne reeling as economy enters
the disaster zone“, The Guardian, London, 2012.
Vgl. Wolf, M., „End this masochism in economic policymaking“,
Financial Times, London, 2012.
These successful Olympic Games were also a muchwelcomed distraction from the very disappointing economic
performance of the United Kingdom (UK), which has not yet
recovered from the global economic downturn and is trapped
in a double-dip recession. The British economy shrank by
0.7% in the second quarter of 2012 alone – the third quarter
in a row – and overall output is still 4.5% lower than it was at
the pre-crisis peak of 2008. 3 To put the current slump into
historical perspective, the British economy has now been
depressed for a longer period of time than during the Great
Depression of the 1930s. 4
3
4
Cf. Elliot, L., Watt, N.: George Osborne reeling as economy enters
the disaster zone. The Guardian, London, 2012.
Cf. Wolf, M.: End this masochism in economic policymaking.
Financial Times, London, 2012.
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 5
Feature
Abb. 1/Fig. 1
1988–2012
Medaillen-Siege Großbritanniens bei Olympischen Spielen, 1988–2012/Great Britain’s medal yield at the Olympic Games,
30
25
20
15
10
5
0
Seoul 1988
Gold
Silver
Barcelona 1992
Atlanta 1996
Sydney 2000
Athens 2004
Beijing 2008
London 2012
Bronze
Source: International Olympic Committee Website, 2012.
Hinzu kommt, dass verschiedene Institute jüngst ihre
Prognosen für das laufende und die kommenden Jahre nach
unten korrigiert haben. Die Gründe hierfür liegen einerseits
in den fortdauernden Problemen in der Eurozone und ihren
Auswirkungen auf die globale Wirtschaft, andererseits jedoch
auch in den politischen Entscheidungen im Land selbst. Dass
sich das Vereinigte Königreich rasch von der Krise erholt,
scheint in der Tat sehr unwahrscheinlich. In der Wirtschaftspresse ist bereits von einem „verlorenen Jahrzehnt“ für Großbritannien die Rede, wie es Japan in den 1990er-Jahren
erlebte. Und angesichts der Tatsache, dass bereits eine halbe
Dekade vergangen ist, könnte es auch mehr als ein Jahrzehnt
werden.
Abb. 2/Fig. 2
In addition to the poor state of the economy, recent forecasts
by a variety of institutions for this and the coming years
were significantly revised downwards, partially due to the
persistent problems in the euro area and their impact on
the wider global economy but also due to national policy
decisions. So a speedy economic recovery in the UK seems
very unlikely, and discussions about a Japanese-style lost
decade like in the 1990s (or even longer, given that half a
decade is already gone) are already key talking points in the
financial and economic media.
BIP-Wachstumsrate Großbritanniens 2007–2012/Great Britain’s GDP growth rate, 2007–2012
1.5%
1.0%
0.5%
0.0%
-0.5%
-1.0%
-1.5%
-2.0%
-2.5%
2007 2007 2007 2007 2008 2008 2008 2008 2009 2009 2009 2009 2010 2010 2010 2010 2011 2011 2011 2011 2012 2012
Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2 Q3 Q4 Q1 Q2
Source: The Guardian, Datablog, 2009.
6 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
Feature
Olympische Erfolge einerseits und schwächelnde Wirtschaft andererseits – da überrascht es nicht, dass in der
Öffentlichkeit die Debatte aufgekommen ist, was die Wirtschaft bzw. die Wirtschaftspolitik des Landes von den
olympischen Erfolgen des „Teams GB“ lernen könnte. Wie
bereits angesprochen, war die rasche Verbesserung der
sportlichen Leistungen nach den Spielen in Atlanta kein
Zufall. Tatsächlich waren sie das Ergebnis einer kompletten
Umstrukturierung des Spitzensports. Die dafür dringend
benötigten finanziellen Mittel lieferte eine unter Premierminister John Major nach dem Vorbild anderer Länder
eingeführte staatliche Lotterie. So wurden nicht nur
beträchtliche Investitionen in eine neue Sportinfrastruktur
und Technologien getätigt, sondern auch bessere Trainer,
Sportpsychologen und Ernährungsberater akquiriert. Vor
allem aber wurde die finanzielle Förderung der Sportler
ausgeweitet und verbessert, sodass sich diese ganz auf ihre
sportliche Karriere konzentrieren konnten.
Wie der britische Wirtschaftswissenschaftler Will Hutton im
August 2012 in einer Kolumne der Zeitschrift The Guardian
erläuterte, hat Großbritannien für den Spitzensport ein völlig
neues „Ökosystem“ geschaffen, in dem die Talente des
Landes heranwachsen und sich entwickeln können. 5 Dieses
System, dessen Grundstein vor über einem Jahrzehnt gelegt
wurde, trägt nun Früchte, wie die wachsenden Erfolge des
britischen Teams bei den letzten vier Olympischen Spielen
gezeigt haben. Es liegt also durchaus nahe, dass Hutton
empfiehlt, die Prinzipien des Spitzensports auf die Wirtschaft
zu übertragen:
„Hierfür muss der Staat zuerst gezielt und konsequent umfangreiche öffentliche Investitionen freisetzen, um vor allem
die Bereiche zu unterstützen, die Unternehmertum fördern.
Dazu gehören das Kommunikationswesen, die Forschung,
die Wissensbranche, der Wohnungsbau und der Bildungssektor. […] Als Nächstes gilt es, Branche für Branche ein Ökosystem nach dem Vorbild des Spitzensports zu etablieren.
Dafür braucht es neben Expertenwissen, Engagement, langfristiger Finanzierung und Business-Coaching auch ein Netzwerk von vermittelnden Institutionen. Diese könnten für die
Unternehmen der Bereiche Life Sciences, Robotics und New
Materials die Rolle spielen, die Interessenverbände wie die
RYA (Royal Yachting Association), British Gymnastics oder
British Cycling für Sportler und Sportlerinnen gespielt
haben.“ 6
5
6
Vgl. Hutton, W., „Olympics: the key to our success can rebuild
Britain’s economy“, The Guardian, London, 2012.
A.a.O.
Given the hugely different stories of British Olympic success
and the country’s economic performance, it is not surprising
that a public debate has emerged about what the British
economy and economic policy-making could learn from the
Olympic success of Team GB. As indicated above, the rapid
improvement of the British performance after the Atlanta
Games was not a coincidence but the result of a complete
revamp of the UK’s professional sports system. Similar to the
experience in other countries, the creation of a national
lottery in the UK, introduced under Prime Minister John
Major, generated much-needed financial investment. Not
only was there significant investment in new sports
infrastructure and technology but also in better coaches,
sports psychologists and nutritionists. On top of this, more
and better grants for athletes made it possible for them to
concentrate on their sport and become full professionals.
As the Oxford-based economist Will Hutton described in a
column for the Guardian newspaper in August 2012, Great
Britain created a completely new ecosystem for professional
sports that allowed talents to develop and progress over
time. 7 The vastly improved results at successive Olympic
Games are just the consequence of this effective ecosystem
that was established more than a decade earlier.
Unsurprisingly, Hutton recommends the application of the
same principles also in the economic context:
“The first part of the alchemy is for the state to trigger
substantial public investment in everything that supports
enterprise – communications, science, knowledge generation
and transfer, housing and education. And to do so with
purpose and consistency. […] The next step is to reproduce
sector by sector the kind of ecosystem that sport has
developed. There needs to be specialist knowledge,
commitment, long-term finance and coaching for business
and a web of intermediate institutions that can do for
companies in life sciences, robotics and new materials what
the RYA (Royal Yachting Association), British Gymnastics
and British Cycling have done for sportsmen and women.” 8
7
8
Cf. Hutton, W.: Olympics: the key to our success can rebuild Britain’s
economy. The Guardian, London, 2012.
Ibid.
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 7
Feature
Interessanterweise ist in Deutschland eine umgekehrte
Korrelation zwischen Sport und Wirtschaft zu beobachten.
Nach den eher bescheidenen Leistungen der deutschen
Athleten in London, wurde dort der Ruf nach einer grundlegenden Reform des deutschen Sportfördersystem laut, vor
allem angesichts der deutlich besseren Medaillenbilanz
vergleichbarer Länder wie Großbritannien – von den
traditionellen Sport-Supermächten wie die USA und China
ganz zu schweigen.
Die Wirtschaftsentwicklung Deutschlands hingegen, ihre
Widerstandsfähigkeit und ihre rasche Erholung nach dem
starken Einbruch am Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise,
hat weltweites Interesse an der Wirtschaftspolitik des Landes
hervorgebracht. Nachdem das deutsche Modell im Ausland
bis vor Kurzem noch als überholt und unflexibel abgetan
wurde, interessiert man sich heute sehr für das Erfolgsgeheimnis der deutschen Wirtschaft. Zwar scheinen sich
aktuell auch für Deutschland die Aussichten zu verfinstern –
was sowohl auf ein schwächelndes Wachstum in wichtigen
Exportmärkten als auch auf eine gedämpfte Binnennachfrage
zurückzuführen ist –, doch hat das deutsche Wirtschaftssystem bewiesen, dass es in äußerst schwierigen Zeiten
relativ erfolgreich bleiben kann.
Aber warum beginnt dieses Feature eigentlich mit einem
Abriss über die Erfolge bzw. Misserfolge von Briten und
Deutschen bei Olympia bzw. in der Wirtschaft? Nun, Will
Hutton liegt in seiner Grundannahme vermutlich richtig: Um
sich langfristig und nachhaltig in einer Wettbewerbssituation
durchsetzen zu können – sei es im Leistungssport oder auf
internationalen Märkten – braucht es ein umfassendes
Rahmenwerk, das die richtigen Aktivitäten mit den richtigen
Mitteln unterstützt und fördert. Auf den Sport bezogen,
sprach Will Hutton in diesem Zusammenhang von einem
Ökosystem. Passend dazu könnte man dieses Fördersystem
im Wirtschaftskontext „Ökonsystem“ nennen. Wie das Ökosystem im Sport braucht auch dieses Ökonsystem eine klare
strategische Planung und es zeichnet sich nicht nur durch
bestimmte Zielsetzungen aus, sondern auch durch eine
angemessene institutionelle Infrastruktur sowie geeignete
Verfahren und Regelungen.
8 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
Interestingly, in the case of Germany almost the reverse
relationship between sports and the economy is noticeable.
After the, all in all, rather modest achievements of German
athletes at the London Olympics, there were questions
raised whether the current German system of support for
professional athletes was in need of fundamental reform,
given the much better performance of comparable countries,
especially Great Britain. The comparison with sports superpowers such as the United States and China is a different
story altogether.
On the other hand, the resilience of the German economy,
with its rather swift recovery after a sharp decline at the peak
of the global economic crisis, has created much international
interest in the German political economy. After a period in
which the German model was often perceived as outdated
and sclerotic by foreign commentators, there is a high degree
of curiosity around the planet about how the German system
works and what its main building blocks are. Even though
at the time of writing the economic outlook for Germany is
also worsening due to a weakening of growth in key export
markets and subdued domestic demand, the German
economic system has proved to be relatively successful in
very difficult economic times.
Why do I start this feature with a brief story about British
and German results at the Olympic Games and the respective
economic performances, you might ask? The answer is that
I believe there is evidence to suggest that Will Hutton’s basic
assumption is correct. In order to achieve long-term and
sustainable success in a competitive situation – be it in toplevel sports or in international markets – the creation of a
comprehensive framework that supports and nurtures the
right kind of activities is a crucial element of success. Will
Hutton, in the sports case, referred to an ecosystem. In the
economic context one might call such a supporting system
of interdependent elements an “econsystem”. Such an
econsystem also needs clear strategic planning and is
characterised not just by specific goals that ought to be
achieved but also by a suitable institutional structure as well
as appropriate procedures and regulations.
Feature
Ein strategisches Ökonsystem
Strategy and the econsystem
In einem klar definierten strategischen Rahmenwerk geben
spezielle politische Maßnahmen nicht nur eine Antwort auf
die Frage, was erzielt werden soll, sondern vielfach auch, wie,
also mit welchen Mitteln, diese Ziele erreicht werden sollen
wenngleich in der Politik oft diskutiert wird, ob man nicht
beides getrennt voneinander behandeln sollte. Für die
benötigte Infrastruktur zur Erreichung der gesetzten Ziele
sorgt der institutionelle Rahmen. Dieser wird oft als zweitrangig betrachtet, dabei ist er in vielerlei Hinsicht ebenso
wichtig wie die politischen Maßnahmen selbst. Und last but
not least ist jede Wirtschaftsaktivität immer in ein politisches
und sozioökonomisches Umfeld eingebettet. Märkte finden
in keinem sozioökonomischen Vakuum statt, sondern
funktionieren am besten, wenn ihre Akteure den jeweiligen
Kontext verstehen und optimal zu nutzen wissen, wie John
Kay, Kolumnist der Financial Times in seinem vor einigen
Jahren erschienenen Buch The Truth about Markets überzeugend darlegte. 9 In Weiterentwicklung des Konzepts vom
embedded market (der eingebetteten Marktwirtschaft),
argumentiert Kay, dass jede Wirtschaftspolitik im Grunde
untrennbar mit ihrem sozioökonomischem Kontext
verbunden ist:
In a clear strategic framework, specific policies answer the
question of what is meant to be achieved and in many cases
also define (some of) the procedures (how the objectives are
meant to be achieved) – although there is frequently political
discussion about the separation of “means” and “ends”
and whether they should be treated independently. The
institutional setting is the fundamental infrastructure that is
needed to realise the defined aims. The institutional framework is often regarded as a second-order issue but is in many
respects as important as the policies themselves. And last but
not least, economic activity is always embedded in political
and socio-economic environments. Markets do not operate in
a socio-economic vacuum but, moreover, work best if their
context is properly understood and used to maximum
advantage, as the Financial Times columnist John Kay
convincingly argued a few years ago in his book The Truth
about Markets. 11 Advancing the concept of the “embedded
market”, Kay argued that economic policy is basically
indistinguishable from its socio-economic context:
„Märkte sind immer in soziale Strukturen eingebettet. Das
heißt, nicht nur wenn wir zur Wahl gehen, bestimmen wir
ihre Entwicklung mit. Wirtschaftspolitik ist nicht nur der
Regierung vorbehalten, sie ist keine Liste von Dingen, die
der Staat tun sollte. Als Konsumenten, Arbeitgeber, Unternehmer und Aktionäre betreiben wir selbst Wirtschaftspolitik. Und wir formen sie mit, wenn wir den Normen und
Werten der Marktwirtschaft entsprechen oder sie verletzen.
Bei Wirtschaftspolitik geht es mindestens ebenso um
gesellschaftliche Verhaltensweisen und Gewohnheiten
wie um Gesetze und Regeln.“ 10
“Because markets are embedded in social institutions, it is
not only, or mainly, by voting that we influence the
development of the market economy. Economic policy is not
a list of things the government should do. We make economic
policy as consumers, employers, entrepreneurs and
shareholders. We influence economic policy when we
conform to, or resist, the norms and values of the market
economy. Economic policy is as much about social attitudes
and customary behaviour as it is about law and regulation.” 12
In addition to this, different cultures and histories, as well as
key drivers of change, such as technological developments
and environmental concerns, all influence how economic
activity takes place and thus need to be taken into
consideration.
Darüber hinaus gibt es verschiedene kulturelle und
historische Hintergründe und andere veränderungswirksame
Kräfte wie technologische Entwicklungen und Umweltschutzbelange, die die Wirtschaftsaktivität mit beeinflussen und
daher ebenfalls berücksichtigt werden müssen.
9
10
Kay, J., The Truth about Markets: Why Some Countries are Rich and
Others Remain Poor. Penguin, London, 2004.
A.a.O., S. 28.
11
12
Kay, J.: The Truth about Markets: Why Some Countries are Rich and
Others Remain Poor. Penguin, London, 2004.
Ibid., p. 28.
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 9
Feature
Wenn wir von einem „strategischen Ökonsystem“ sprechen,
müssen wir zunächst verstehen, was Strategien eigentlich
sind und wie sie entwickelt bzw. umgesetzt werden können.
In einer Welt, die national wie international ständig im
Wandel ist, ist Strategieentwicklung ein äußerst komplexes
Unterfangen. Allgemeingültige Strategien gibt es daher
nicht. Eine effiziente Strategieentwicklung braucht maßgeschneiderte Lösungen, bei der verschiedene Analysemethoden zusammengebracht und an die jeweiligen
individuellen Herausforderungen und Möglichkeiten
angepasst werden müssen. Ziel eines jeden Strategieentwicklungsprozesses ist ein strategic fit, das heißt, die
Vereinbarkeit der internen und externen Faktoren, die sich
auf die Erfolgschancen der zuvor gesteckten Ziele auswirken.
Darüber hinaus ist die Strategieentwicklung eine wichtige
Triebfeder für Innovation, indem sie dazu animiert, neue
Wege zu beschreiten und Dinge anders zu machen als bisher,
wie Prof. Michael Porter von der Harvard Business School
beobachtet: „Bei einer Strategie geht es vor allem darum, zu
handeln, das heißt die Dinge anders anzugehen oder etwas
anders zu machen als die Konkurrenz.“ 13
Um Innovationen voranzutreiben, also ‚etwas anders zu
machen , braucht es natürlich auch Führungsstärke.
„Die Neu- oder Weiterentwicklung einer klaren Strategie
stellt in erster Linie oft eine organisatorische Herausforderung dar und braucht daher eine klare Führung.
Es wird immer Kräfte geben, die dagegen wirken und
Entscheidungen oder Kompromissen im Weg stehen. Als
Gegengewicht sind ein klarer intellektueller Rahmen und
starke, entscheidungswillige Führungskräfte unerlässlich.“ 14
Die Forschung im Bereich Strategiemanagement bietet
das intellektuelle Rahmenwerk in Form von theoretischen
Handlungsmodellen, die die Führungskräfte in die Lage
versetzen sollen, fundierte Entscheidungen zu treffen. Ein
klares Bild davon, wie sich ein strategic fit herstellen lässt,
zeigt das von George Panagiotou entwickelte Modell. 15
13
14
15
Porter, M., „What is Strategy?“, Harvard Business Review 1996, 70,
S. 64.
A.a.O., S. 77.
Panagiotou, G.; „Key Success Factors (KSFs) and Critical Success
Factors (CSFs): Towards an Integrative Theory in Strategy
Development“, Metropolitan University Business School (Hrsg.),
London, 2009, S. 3.
10 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
Talking about a “strategic econsystem” means developing an
understanding about what strategies are and how to develop
and implement them. Due to the rapidly altering nature of
the national and international contexts, strategy
development takes place in an immensely complex and
constantly changing environment. This enormous complexity
also suggests that there can be no strategy that is generally
applicable. Effective strategy development, moreover,
requires tailor-made solutions combining a variety of
analytical techniques that are adjusted to specific challenges
and opportunities. The ultimate aim of the strategy
development process is to create a “strategic fit”, ensuring an
effective alignment of specific objectives with the internal
and external factors influencing their chances of realisation.
Strategy development is also a driver of innovation by
developing methods of doing things differently, as the
Harvard Business School professor Michael Porter observed:
“The essence of strategy is in the activities – choosing to
perform activities differently or to perform different activities
than rivals”. 16 Against this backdrop, it is unsurprising that
strategy development also requires strong leadership to drive
the innovation of “doing things differently”:
“The challenge of developing or re-establishing a clear
strategy is often primarily an organisational one and depends
on leadership. With so many forces at work against making
choices and trade-offs in organisations, a clear intellectual
framework to guide strategy is a necessary counterweight.
Moreover, strong leaders willing to make choices are
essential.” 17
Research on strategic management also provides operational
models that can function as such an intellectual framework
for leaders to make informed decisions. One example that
provides a clear view of a strategic fit was developed by
George Panagiotou. 18
16
17
18
Porter, M.: What is Strategy?. Harvard Business Review 1996, 70,
p. 64.
Ibid., p. 77.
Panagiotou, G.: Key Success Factors (KSFs) and Critical Success
Factors (CSFs): Towards an Integrative Theory in Strategy
Development. Metropolitan University Business School. (ed.).
London, 2009, p. 3.
Feature
Abb. 3/Fig. 3
Schaffung eines strategic fit/Creating a ‘strategic fit’
Internal environment
External environment
Identification against
customer expectations given
the company’s segmentation
and targeting objectives
Identification against
comparable competitors
in the marketplace
Designing and creating
systems to enable the
predetermined CSFs to
achieve the targeted KSFs
KSFs
CSFs
Capabilities and
competencies
KSFs
Prevailing external conditions
Political, economic, sociocultural, technological,
international, legal and
regulatory, environmental and
ecological & competitive activity
value drivers
Strategic
fit
KSFs
CSFs
KSFs
CSFs
KSFs
CSFs
KSFs
CSFs
Market-based view (MBV)
Outside-in approach to
strategy development
Organisational practices
and processes
CSFs
Synchronisation
Communication
Integration
Harmonisation
Coordination
Value
creation
activities
Effective development
of resources
Resource-based view (RBV)
Inside-out approach to
strategy development
Source: Panagiotou, G., „Key Success Factors (KSFs) and Critical Success Factors (CSFs)“, 2009.
In seinem Modell unterscheidet Panagiotou zwischen
entscheidenden Erfolgsfaktoren (key success factors, KSFs)
und kritischen Erfolgsfaktoren (critical success factors,
CSFs). Während erstere die externen Voraussetzungen
beinhalten, die für den Erfolg eines Unternehmens
entscheidend sind, beschreiben letztere die internen
Erfolgsfaktoren. Ein strategic fit wird erreicht, wenn die
internen Ressourcen effizient und in Einklang mit den
externen Anforderungen eingesetzt werden, um die zuvor
spezifizierten Ziele zu erreichen.
Diese Aufteilung in interne und externe Faktoren findet sich
auch in den zwei unterschiedlichen Herangehensweisen
wieder, die im Laufe eines Strategieentwicklungsprozesses
aufeinandertreffen. Nimmt man die KSFs als Ausgangspunkt
der Strategieentwicklung, spricht man von einem Outside-inAnsatz, da die externen Faktoren zuerst betrachtet werden.
Bei einer ressourcenbasierten Herangehensweise hingegen
handelt es sich um einen Inside-out-Ansatz, da hier zunächst
interne Kapazitäten, Strukturen und Prozesse analysiert
werden. In der Realität gibt es diese strikte Trennung
natürlich nicht. Im Idealfall gehen beide Herangehensweisen Hand in Hand.
In this model there is a distinction between key success
factors (KSFs) and critical success factors (CSFs). The former
identify the key external determinants of success whereas the
latter describe the internal capabilities that are critical. The
combination of both elements creates a strategic fit, which is
achieved when internal resources are effectively deployed in
alignment with the specific requirements of the external
context to realise given objectives.
The two different categories also represent the different
approaches that are combined in the strategy development
process. Starting with an analysis of KSFs supports an
outside-in approach to strategy since external factors are
considered first. On the other hand, the resource-based view
represents an inside-out approach because internal
capabilities, structures and processes are taken as the
starting point of strategy development. In real life, it is of
course not about one approach or the other – both
approaches have to be merged into a homogeneous process.
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 11
Feature
Dieses Basiswissen stammt aus der Fachliteratur über
Business und Management. Die wichtigsten Erkenntnisse
lassen sich jedoch auch auf den Bereich der Strategieentwicklung übertragen, wenn es darum geht, die Wirtschaftsleistung mithilfe eines strategischen Ökonsystems
anzukurbeln. Dabei werden die wirtschaftlichen Ziele auf
politischer Ebene und ausgehend von einer Analyse der oben
genannten externen Erfolgsfaktoren festgelegt. Das Wissen
um diese allgemeinen Veränderungsimpulse sowie um die
Eigenschaften und Herausforderungen des externen Umfelds ist für die Entwicklung einer erfolgreichen Strategie
unerlässlich. Zu den internen Faktoren wiederum gehört
eine angemessene Mittelzuwendung, die Schaffung der
institutionellen Rahmenbedingungen sowie die Entwicklung
geeigneter Verfahren und Regularien. Im Falle von Ländern,
sind dies die kritischen Erfolgsfaktoren. Dazu muss laut Kay
eine Analyse der landesspezifischen sozioökonomischen
Eigenschaften, die sich ihrerseits darauf auswirken, wie die
CSFs – und bis zu einem gewissen Grad auch die KSFs – in
der Realität funktionieren, erfolgen.
Nachdem nun klar ist, was ein strategisches Ökonsystem
ist und welche Ziele es verfolgt, muss ein weiterer Faktor
betrachtet werden, der beim Aufbau eines strategisches
Ökonsystems in einem Geschäftsumfeld entscheidend ist: der
Aspekt Führung. Der gesamte Prozess, von der Festlegung
der allgemeinen Ziele bis hin zur Aufstellung eines möglichen
Programms zur Reformierung der internen Strukturen,
braucht starke Führungskräfte. Das hier diskutierte grundlegende Rahmenwerk ist auf verschiedene Bereiche anwendbar und auch für eine vergleichende Analyse geeignet ist, um
Lücken bei der Erreichung des strategic fit aufzudecken. Im
zweiten Teil dieses Features soll diese Argumentation nun
am Beispiel der finanziellen Rahmenbedingungen für kleine
und mittlere Unternehmen (KMUs) in Großbritannien und
Deutschland weiterentwickelt werden.
12 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
These basic insights stem from the literature on business and
management, but the key lessons are also relevant for
developing a strategic econsystem that can significantly
improve performance. In such a setting, the economic
objectives are defined politically and on the basis of an
analysis of the key success drivers in the external
environment, many of which I referred to above. Without a
clear understanding of the general drivers of change as well
as the properties and challenges of the external environment,
one cannot devise a successful strategy. The domestic
mechanisms to achieve these aims include the allocation of
resources, the provision of an institutional framework and
the development of appropriate processes and regulations. In
the case of countries, these are all critical success factors that
need to be complemented by an analysis of country-specific
socio-economic properties, as Kay explained, that all have an
impact on how these CSFs – and to an extent also KSFs –
work in reality.
Against this backdrop it becomes clear what a strategic
econsystem is and what it seeks to achieve. Of course, in the
context of shaping a strategic econsystem, as in the business
environment, leadership is a key ingredient. Defining the
overall aims as well as a potential program of reform to
adjust domestic structures to achieve these aims requires
strong leadership. This basic framework can be applied to
different sectors and can also be used comparatively in order
to identify missing elements that prevent the achievement of
strategic fit. In the second part of this feature, I will develop
this argument further with the concrete example of some
elements of the small and medium enterprise (SME) finance
frameworks in Britain and Germany.
Feature
Globale Krise, wirtschaftliche Erholung
und KMU-Finanzierung
The global crisis, economic recovery
and SME finance
Seit über einem halben Jahrzehnt hat die Welt nun schon
mit den weitreichenden wirtschaftlichen Folgen der globalen
Finanzkrise zu kämpfen, die 2007/2008 begann. Einige
Länder, darunter das Vereinigte Königreich, haben sich
bis heute nicht vollständig davon erholt. 2009 kamen
die bedeutendsten Industrie- und Schwellenländer zum
wichtigsten G20-Treffen der Geschichte in London
zusammen. Neben einigen Sofortmaßnahmen, um den
totalen Kollaps des weltweiten Finanzsystems zu verhindern,
wurden weiterführende Schritte zum Schutz und zur
Förderung der sogenannten Realwirtschaft eingeleitet. Dazu
gehörten unter anderem zusätzliche Mittel zur Förderung des
internationalen Handels und eine größere Anerkennung der
Rolle der staatlichen Exportkreditversicherungen (ECAs), die
in der Krise teilweise lebenswichtige Funktionen übernommen haben, die der private Versicherungsmarkt nicht
länger abdecken konnte. Dies führte zu signifikanten Marktverschiebungen, da die ECAs gemäß dem Globalen Plan für
Wiederaufschwung und Reform der G20 ihre Kapazitäten
erhöht haben, um die riesige Lücke im Exportkreditversicherungswesen zu schließen. Davon profitierten die
staatlichen Kreditversicherer: So legten die ECAs zwischen
2008 und 2010 von 15 auf 28 Prozent zu. Darüber hinaus ist
die Zahl der ECA-Deckungen für mittel- und langfristige
Handelstransaktionen mit einer Dauer von mehr als einem
Jahr während der Finanz- und Wirtschaftskrise signifikant
gestiegen. Vor allem in Industrieländern hat die Nachfrage
nach staatlicher Exportkreditversicherung in diesem Bereich
stark zugenommen. So lag die Wachstumsrate der ECAs im
Jahr 2009 bei 25 Prozent und das Gesamtjahresvolumen der
Mitglieder der Berner Union erreichte ein Allzeithoch von
191 Milliarden US-Dollar. 19
For about half a decade now, the world has faced severe
economic challenges in the wake of the global financial crisis
that started in 2007/2008. Even today some countries, as
mentioned above, including the United Kingdom, have not
yet reached their pre-crisis peaks in economic output. In
2009 world leaders gathered in London for the most crucial
G20 meeting in history and agreed on some immediate
measures to prevent the complete meltdown of the global
financial system and some further measures to maintain and
stimulate activity in what is often dubbed the “real economy”.
The agreed measures included additional means to foster
international trade and an appreciated role for institutions
such as export credit agencies (ECAs), which to an extent
took over vital economic functions that the private financial
sector was no longer able to provide. This also triggered
significant market shifts as ECAs increased their capacities in
line with the G20 global plan for recovery and reform. This
resulted in a strong movement in market shares from private
to public credit insurers, increasing the ECAs’ market share
from 15% in 2008 to 28% in 2010. Furthermore, during the
financial and economic crisis, ECA coverage also grew
significantly for medium- and long-term cover for trade
transactions of more than one year. Especially in developed
countries, a huge increase in demand in this area was
noticeable. In 2009, the growth rate was 25% reaching a full
year total of $191 billion for Berne Union member ECAs. This
represented the highest level ever recorded. 20
Für diese Entwicklung gibt es vier Hauptgründe: Erstens ist
der weltweite Handel immer noch der wichtigste Wachstumsmotor – und dies umso mehr in Zeiten der Krise.
Zweitens: Wie inzwischen allgemein anerkannt, bergen
Liquiditätsprobleme an den Finanzmärkten eine enorme
Ansteckungsgefahr für die Realwirtschaft, mit möglicherweise verheerenden Folgen für die gesamte Wirtschaft.
Schließlich ist es der ursprüngliche Zweck der Finanzmärkte,
finanzielle Mittel in die Realwirtschaft zu bringen. Drittens
kann sich Schlimmeres verhindern lassen, wenn es staatliche
Institutionen gibt, die zumindest bis zu einem gewissen Grad
in der Lage sind, diese wichtige Funktion zu übernehmen.
19
Klasen, A., „The Role of Export Credit Agencies in Global Trade.“
Global Policy Journal, London School of Economics and Political
Science and John Wiley & Sons Ltd. (Hrsg.), London, 2011, 2, S.
220.
There are four important lessons in this development: First,
global trade remains a key driver for growth and especially so
in economic crises. Second, as is now widely understood,
liquidity problems in private financial markets, whose
original purpose was to channel financial resources into the
real economy, can create widespread contagion and have a
crippling effect on the whole of the economy. Third, if there
are public institutions that, at least to an extent, are able to
take over this vital function, much damage can be prevented.
20
Klasen, A.: The Role of Export Credit Agencies in Global Trade.
Global Policy Journal. London School of Economics and Political
Science and John Wiley & Sons Ltd. (ed.). London, 2011. 2, p. 220.
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 13
Feature
Und viertens sind solche Institutionen auch in guten Zeiten
durchaus sinnvoll, da die staatliche Rückendeckung auch
Transaktionen ermöglicht, die andernfalls nicht zustande
kommen würden.
And fourth, even in good economic times it is useful to have
such public institutions, as the backing of national
governments makes otherwise unviable transactions
possible.
Besonders attraktiv sind solche staatlichen Institutionen,
wenn man sich die unterschiedlichen Bedürfnisse von multinationalen Unternehmen einerseits und kleinen und
mittleren Unternehmen andererseits ansieht. Schließlich
verfügen die KMUs nicht über dieselben Privilegien wie die
großen multinationalen Unternehmen, die oft eine stärkere
Marktposition innehaben. Dabei sind KMUs in vielen
Industrieländern wesentliche Impulsgeber für Beschäftigung
und Innovation, wie Andreas Klasen und ich in einem Beitrag
für Al Jazeera English darlegten:
Public institutions become particularly interesting if you
discern between the different demands of multinational
companies, which often have more market leverage, and
SMEs, which are a key driver of employment and innovation
in many developed economies but do not benefit from the
same sort of privileges. As Andreas Klasen and I argued in an
opinion editorial for Al Jazeera English:
„Kleine und mittlere Unternehmen sind besonders abhängig
von einer solchen staatlichen Unterstützung. Und angesichts
der besonderen Rolle, die sie als Triebfeder für Beschäftigung
und Innovation spielen, ist eine angemessene strukturelle
Unterstützung der KMUs für den wirtschaftlichen Erfolg
eines Landes unerlässlich. Beispiel Deutschland: Seine
3,7 Millionen kleinen und mittleren Unternehmen stellen
mehr als 99 Prozent der gesamten Unternehmen. Sie
produzieren 40 Prozent der steuerpflichtigen Umsätze und
erwirtschaften etwa 50 Prozent der gesamten Nettowertschöpfung aller Unternehmen des Landes. Der viel
gepriesene deutsche Mittelstand ist eindeutig einer der
wichtigsten Konjunkturmotoren der deutschen Wirtschaft.
Doch vor welchen Herausforderungen stehen kleine und
mittlere Unternehmen heute? Damit KMUs funktionieren
können, brauchen sie in erster Linie verlässliche Kreditlinien,
um wichtige Investitionen in Forschung und Entwicklung
(F&E) zu finanzieren, ausreichend Umlaufvermögen zu
generieren und um ihre Rohstoffversorgung in einem oft
unbeständigen Marktumfeld sicherzustellen. Diese so
wichtigen Kreditlinien sind jedoch aufgrund unzureichender
Liquidität oder Zuteilungssysteme an den Finanzmärkten für
sie oft nicht verfügbar. Darüber hinaus benötigen KMUs
häufig Versicherungen für Exporttransaktionen, die das
Risiko von Nichtzahlungen aus verschiedenen politischen
oder kommerziellen Gründen decken.“ 21
21
Klasen, A., Meyer, H., „How to foster growth through trade“, Al
Jazeera (Hrsg.), Doha, 2012, (www.aljazeera.com/indepth/opinion/
2012/04/2012417101631792268.html).
14 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
“Small and medium-sized enterprises in particular are
dependent on such a [public] support framework. And given
their critical role for employment, and as drivers of
innovation, structural help for these businesses is crucial for
economic success. Take Germany as an example. Germany’s
3.7 million SMEs represent more than 99% of all businesses,
produce roughly 40% of taxable turnover and account for
approximately 50% of total net value added by companies.
The renowned Mittelstand is evidently one of the key drivers
of Germany’s economy.
What are the challenges small and medium-sized businesses
currently face? For SMEs to perform well they require
reliable credit lines to finance essential research and
development (R&D) investments, obtain working capital and
secure their commodity supplies in often volatile market
conditions. Due to inadequate liquidity and allocation issues
in financial markets these essential credit lines are often
unavailable. SMEs also require insurance cover for risks
linked to export transactions, most typically arising from
non-payment through different types of political or
commercial risks”. 22
22
Klasen, A., Meyer, H.: How to foster growth through trade.
Al Jazeera. Doha, 2012. (www.aljazeera.com/indepth/opinion/
2012/04/2012417101631792268.html).
Feature
Was passiert, wenn es eine solche staatliche Rückendeckung
für KMUs nicht gibt, lässt sich am Beispiel Großbritannien
gut verfolgen. Die britischen KMUs leiden bereits seit
geraumer Zeit unter den oben erwähnten Liquiditätsengpässen. In Zeiten schwachen Wachstums und wirtschaftlicher Rezession und da die großen Privatbanken mit
dem Schuldenabbau beschäftigt sind, stehen den KMUs die
notwendigen Kreditlinien entweder nicht zur Verfügung oder
sind zu teuer. Angesichts der angespannten gesamtwirtschaftlichen Situation ist zwar auch seitens der KMUs die
Kreditnachfrage gesunken, doch das kann nicht über die
deutlichen Defizite im Kreditsystem hinwegtäuschen, die sich
sogar noch verschärfen werden, wenn die Wirtschaft sich
erholt. Laut eines Berichts der Financial Times vom März
2012 könnte diese Finanzierungslücke bis Ende 2016 auf
ganze 191 Milliarden Pfund anwachsen. 23
Vor diesem Hintergrund scheint es wenig überraschend, dass
die britische Regierung nach Wegen sucht, die ins Stocken
geratene Kreditversorgung des Mittelstands anzukurbeln.
Nachdem der im Jahr 2011 gestartete Merlin-Plan, der den
Banken Zielvorgaben für die Kreditvergabe an Unternehmen
machte, nicht die gewünschten Effekte brachte, führte
Finanzminister George Osborne März 2012 sein CreditEasing-Programm ein. Bei dem 20 Milliarden Pfund
schweren Zweijahresplan handelt es sich um ein staatliches
Kreditprogramm, in dessen Rahmen die Regierung Kredite
garantiert, um so günstigere Finanzierungsmöglichkeiten für
Unternehmen zu schaffen. Die angesprochenen privaten
Banken reagierten zwar zunächst durchaus positiv auf das
Vorhaben, wandten jedoch ein, der Zinssatz läge gerade
einmal ein Prozent über den Kreditkosten der Regierung,
sodass sich das Programm für sie nicht lohne. 24 Wie das
Beispiel zeigt, reichen politische Strategien und das ZurVerfügung-Stellen von – in diesem Fall begrenzten –
finanziellen Mitteln allein nicht aus. Was es auch braucht,
sind die entsprechenden Institutionen, die die jeweilige
Politik effizient umsetzen.
23
24
Vgl. Burgess, K., „Breedon urges new routes to SME credit“,
Financial Times, London, 2012, (www.ft.com/cms/s/0/657252e0-6f4d11e1-b368-00144feab49a.html - axzz23zsnt8z3).
Vgl. Goff, S., „Banks questions ‘credit easing’ policy“, Financial
Times, London, 2012, (www.ft.com/cms/s/0/236725ee-5afb-11e1a2b3-00144feabdc0.html - axzz1oFyBDq7C).
How economic contagion without appropriate public
institutions works can again be demonstrated at the example
of the British economy: British SMEs have suffered for some
time now from the kind of liquidity shortage mentioned in
the quote above. As the big private banks are engaged in
deleveraging, and under the conditions of weak growth or
recession, necessary credit lines for SMEs are either
unavailable or too costly. Even though the poor economic
context has also reduced SME demand for credit, there is a
big shortfall in the system which will – other things being
equal – become even more pronounced as the economy
recovers. The Financial Times reported in March 2012 that
the finance gap could be as large as £191 billion by the end of
2016. 25
Against this background it is unsurprising that the
government of the United Kingdom has tried to find ways to
close this gap with policy initiatives. After the so-called
Merlin targets – giving banks targets for overall business
loans provided – did not work as expected in 2011, the UK
Chancellor George Osborne introduced his “credit easing”
scheme. Worth about £20 billion over two years, it is a
national loan guarantee scheme with which the government
underwrites loans to generate cheaper funding for
businesses. Even though private banks initially seemed to be
supportive in principle, they argued that the fee of merely 1%
on top of the government’s borrowing costs would not make
the scheme worthwhile for them. 26 What becomes evident
with this example is that even though the policy and the – in
this case very limited – financial resources are in place, there
is simply a lack of appropriate institutions to deliver the
policy effectively.
25
26
Cf. Burgess, K.: Breedon urges new routes to SME credit. Financial
Times. London, 2012. (www.ft.com/cms/s/0/657252e0-6f4d-11e1b368-00144feab49a.html - axzz23zsnt8z3).
Cf. Goff, S.: Banks questions ‘credit easing’ policy. Financial Times.
London, 2012. (www.ft.com/cms/s/0/236725ee-5afb-11e1-a2b300144feabdc0.html - axzz1oFyBDq7C).
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 15
Feature
Der britische Wirtschaftsminister Vince Cable scheint dieses
Problem erkannt zu haben, da er vorschlug, die heute in
Staatsbesitz befindliche Royal Bank of Scotland (RBS) aufzulösen, um neue institutionelle Einheiten für KMU-Kredite
zu schaffen. So schrieb er laut Medienangaben einen Brief
an Premierminister David Cameron, in dem er den Kreditmangel als größtes Wachstumshemmnis bezeichnete:
„Wir sollten akzeptieren, dass die RBS nicht in ihrer
ursprünglichen Form an den Markt zurückkehren wird und
ihre Zeit in staatlicher Obhut dafür nutzen, sie zu einer
britischen Geschäftsbank zu machen, mit einer sauberen
Bilanz und dem Mandat, schnelle Darlehen an gesunde
Unternehmen zu vergeben“, so Cable. Das Land brauche
eine solche Institution, um „unsere wirtschaftlichen Zielsetzungen, wie die Förderung von Exporten und strategisch
wichtigen Branchen, zu erreichen.“ 27
Die gesamte RBS in eine vollwertige Investitionsbank zu
verwandeln, wie es andere Kommentatoren im Sinn haben,
davor schreckte Cable jedoch zurück. Für den international
renommierten Wirtschaftswissenschaftler Lord Robert
Skidelsky hingegen steht die Scheu vor der Errichtung
einer solchen staatlichen Investitionsbank für eine angloamerikanisch geprägte Sicht auf die Wirtschaft, die es zu
überwinden gilt:
„Wir müssen der weit verbreiteten anglo-amerikanische
Denkweise, dass es dem Staat nicht zukomme, bestimmte
Branchen oder Unternehmen zu begünstigen, die Stirn
bieten. Denn die Regierung kann durchaus die richtige Wahl
treffen, genau wie der Privatsektor die falsche treffen kann.
Staatliche Investitionsbanken waren in anderen Ländern
durchaus ein Erfolg (in der Vergangenheit auch in
Großbritannien) und wir können aus diesen Erfahrungen
lernen. Nehmen wir zum Beispiel die deutsche KfW
(Kreditanstalt für Wiederaufbau), die den deutschen
Mittelstand seit den späten 1940er-Jahren mit zusätzlichen
Finanzspritzen unterstützt. […] Die Theorie, dass die
Kapitalzuteilung immer den Märkten überlassen werden
sollte, ist nur unter idealen Bedingungen richtig. In einer
weniger perfekten Welt müssen wir abwägen zwischen dem,
was staatlich gelenkte Investitionen bewirken könnten, und
dem, was der private Kapitalmarkt leistet.“ 28
27
28
Parker, G., Rigby, E., Giles, C., Goff, S., „Cable calls for RBS breakup to boost business lending“, Financial Times, London, 2012.
(www.ft.com/cms/s/0/3bd19b34-67ba-11e1-978e-00144feabdc0.html
- axzz23zxflokP).
Skidelsky, R., Martin, F. , Westerlind Wigstrom, C., „Blueprint for a
British Investment Bank“, Centre for Global Studies (Hrsg.). London,
2011, S. 7.
16 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
UK Business Secretary Vince Cable seemed to acknowledge
this problem when he argued that the now state-owned Royal
Bank of Scotland (RBS) ought to be broken up to create new
institutional mechanisms for SME lending. Identifying the
lack of credit as a major obstacle for growth, the financial
press reported of a letter Cable wrote to the British Prime
Minister David Cameron: “My suggestion is that we recognise
that RBS will not return to the market in its current shape
and use its time as a ward of state to carve out of it a British
business bank with a clean balance sheet and a mandate to
expand lending rapidly to sound businesses,” [Cable] wrote.
He also said such an institution should be on hand to
“support our other industrial objectives, such as supporting
exports and sectors identified as of strategic importance.” 29
Cable stopped short of asking to convert the whole of RBS
into a full-fledged British investment bank, but this is exactly
what other commentators are asking for. The internationally
acclaimed economist Lord Robert Skidelsky, for instance,
claimed that opposition to such a public investment bank is
embedded in the Anglo-American view of how an economy
ought to work and noted that this view needs to change:
“We need to tackle head on the common Anglo-American
view that ‘government can’t pick winners’. The quick answer
is that governments can pick winners, and the private sector
can pick losers. State investment banks have been successful
elsewhere (and in fact in the past, in the UK), and we can
learn from these experiences. Take, as one example,
Germany’s KfW [Kreditanstalt für Wiederaufbau], which has
nurtured the German Mittelstand of companies since the late
1940s without additional injections of capital. […] The theory
that capital allocation should always be left to the markets is
valid only under ideal conditions. In the world of second
bests we must compare what publicly-directed investment
might do with what the private capital market actually
achieves.” 30
29
30
Parker, G., Rigby, E., Giles, C. and Goff, S.: Cable calls for RBS
break-up to boost business lending. Financial Times. London, 2012.
(www.ft.com/cms/s/0/3bd19b34-67ba-11e1-978e-00144feabdc0.html
- axzz23zxflokP).
Skidelsky, R., Martin, F. and Westerlind Wigstrom, C.: Blueprint for
a British Investment Bank. Centre for Global Studies (ed.). London,
2011, p. 7.
Feature
Interessanterweise bringt Skidelsky die deutsche KfW als ein
mögliches Vorbild für Großbritannien. In der Tat versorgt die
KfW – in enger Zusammenarbeit mit privaten Banken und
einem Netzwerk staatlicher Regionalbanken – die deutschen
KMUs mit den nötigen Kreditlinien und kann so dabei
helfen, lähmende Liquiditätsengpässe zu verhindern. Hinzu kommt, dass über die Vergabe konzessionärer Kredite
Marktanreize für wünschenswerte Strukturveränderungen
geschaffen werden. Im Fall der KfW sind das in erster Linie
Anreize zum Klimaschutz und umweltfreundlichen Bauen.
Und Skidelsky wirft noch einen weiteren wichtigen Punkt
auf: nämlich die Führungsrolle, die den Regierungen zufällt,
wenn sie selbst die Auswahl treffen, das heißt besonders
vielversprechende Wirtschaftssektoren begünstigt, die von
einem strategischen Ökonsystem profitieren sollten. Für
diejenigen, die der Meinung sind, dass eine solche gezielte
Förderung nicht die Aufgabe von Regierungen, sondern das
natürliche Ergebnis von Marktprozessen sein sollte, mag
dieses Konzept problematisch sein. Doch wie Skidelsky
argumentiert, hat die Geschichte der Wirtschaft immer
wieder gezeigt, dass die Regierung durchaus richtig und
der Privatsektor manchmal auch falsch liegen kann. Doch
so unterschiedlich beide Ansätze in Bezug auf ihre Zielsetzungen (Unternehmen wollen Gewinne erwirtschaften,
Regierungen hingegen die Gesamtwirtschaft voranbringen
und international strategisch günstig positionieren) und
hinsichtlich ihrer Rechenschaftsadressaten (bei den
Regierungen die Wählerschaft und bei den Unternehmen die
Aktionäre und Stakeholder) sind, im Grunde sollten und
können beide Herangehensweisen sich gegenseitig ergänzen.
Fazit
Angesichts der zentralen Bedeutung, die KMUs für Wirtschaftswachstum, Innovation und Beschäftigungssituation
eines Landes haben, wird deutlich, wie verheerend und
kontraproduktiv die erwähnten Liquiditätsengpässe für
Großbritannien sind, wenn das Land doch endlich die
Folgen der Wirtschaftskrise hinter sich lassen will. Aus der
Perspektive des strategischen Ökonsystems betrachtet, zeigt
sich, dass ein wichtiger kritischer Erfolgsfaktor nicht gegeben
ist, was hauptsächlich auf die vorhandene institutionelle
Struktur der KMU-Finanzierung zurückzuführen ist. Kurz: Es
gibt keine oder kaum Anreize für den privaten Finanzsektor,
Kredite an KMUs zu vergeben. Zudem fehlt es dem Land zurzeit an einer Alternative, um dem Sektor die nötige Liquidität
auf anderen Wegen zur Verfügung zu stellen. Wenn der
Privatsektor den Bedarf nicht deckt, steht es schlecht um
die KMUs.
Interestingly, Skidelsky mentioned the German KfW as one
of the positive examples for the UK to look at. Indeed, in
close cooperation with private banks and the public local
banking networks, the KfW has provided credit lines to
Germany’s SME sector and thus can help to avoid crippling
liquidity squeezes. On top of this, the provision of
concessional credit lines also provides a channel to set
market incentives for structural changes that are deemed
desirable. In the case of the KfW, this primarily involves
incentives for climate protection and environmentally
friendly building.
The second important point mentioned by Skidelsky is the
leadership role of governments in picking winners, ie,
identifying economic sectors that look particularly promising
and should therefore benefit from the building of a
surrounding strategic econsystem. This is a difficult concept
for people who assume that picking winners is not the job of
governments but the natural result of market processes. But
as Skidelsky argued, economic history suggests that
governments can indeed pick winners and the private sector
can also place losing bets. The different overarching aims –
in the case of businesses to create profits, and in the case of
governments to advance the overall economy and position it
strategically in the international environment – and the
different lines of accountability – in the case of governments
the electorate, and in the case of businesses shareholders and
stakeholders – also mean that both approaches can and
should be merged into a mutually complementary process.
Conclusion
If one accepts the central importance of SMEs for economic
growth, innovation and employment, and this against the
backdrop of the UK’s declared desire to bounce back from
economic crisis, it becomes clear how harmful the liquidity
bottleneck analysed above is. Viewed through the strategic
econsystem prism, one can identify the failure of a key CSF,
which is primarily due to the institutional structure of SME
finance. In a nutshell, there are no or only poor incentives for
the private financial sector to lend to businesses, and the UK
currently lacks an alternative route to deliver liquidity to the
sector. If the private route is blocked, the sector suffers.
Trade & Finance Herbst/Autumn 2012 17
Feature
Am Beispiel der KMU-Finanzierung wird deutlich, wie
wichtig nicht nur funktionierende politische und finanzielle
Rahmenbedingungen, sondern auch ein zuträglicher
institutioneller Rahmen sowie angemessene Verfahren und
Regularien sind. Wenn auch die Antwort auf die Frage, was
angemessen und was tatsächlich machbar ist, von Land zu
Land unterschiedlich ausfällt, lohnt es sich in jedem Fall,
einen Blick auf die Erfolgsgeschichten anderer Länder zu
werfen. Darüber hinaus bietet ein klares und gut durchdachtes Rahmenwerk wie das des strategischen Ökonsystems
die Chance, Problembereiche zu identifizieren, um so
entsprechende Anstrengungen zur Lösung dieser Probleme
in Angriff nehmen zu können. Die andauernde Wirtschaftskrise und die politischen Antworten darauf haben gezeigt,
dass es vielfältige Möglichkeiten gibt, die Wirtschaftsleistung
anzukurbeln. Es ist an der Zeit, dass wir unsere Lektion
lernen, dass wir verstehen, was funktioniert und was nicht
funktioniert, und dass wir nach neuen Wegen suchen, unsere
Wirtschaftssysteme zu reformieren.
Die hervorragenden Leistungen des britischen Teams bei den
Olympischen Spielen sind ein gutes Beispiel dafür, wie die
strategische Umstrukturierung des Umfelds langfristigen
Erfolg möglich machte. Dieses Prinzip könnten sich Großbritannien und andere Länder zu eigen machen, wenn es
darum geht, ihre Wirtschaftsstrukturen mittel- und langfristig zu reformieren. Das Potenzial ist vorhanden – nun
liegt es an den Regierungen, dieses zu nutzen.
Über den Autor
Dr. Henning Meyer ist Politikwissenschaftler, Analyst
und politischer Kommentator. Aktuell ist er am
Government Department der London School of
Economics and Political Science (LSE) tätig. Zudem ist
er Direktor der New Global Strategy Ltd. sowie
Mitbegründer und Herausgeber des Social Europe
Journal. Zu seinen Spezialgebieten zählen die
Sozialdemokratie, die europäische Wirtschafts- und
Sozialpolitik, die Globalisierung, die transatlantischen
Wirtschaftsbeziehungen sowie die Politik Deutschlands
und Großbritanniens. Henning Meyer erwarb einen MA
in britischer und europäischer Politikwissenschaft und
Regierungslehre der London Guildhall University sowie
ein PhD in Vergleichender Politikwissenschaft und
einen Executive MBA der London Metropolitan
University. Er schreibt regelmäßig für Publikumszeitungen wie The Guardian und ZEIT ONLINE und ist
als Kommentator zu politischen und wirtschaftlichen
Themen im Fernsehen zu sehen, zum Beispiel bei BBC
News, Al Jazeera International und France 24.
18 Trade & Finance Herbst/Autumn 2012
This example of SME finance also shows the relevance of not
only policy and financial resources but also a conducive
institutional structure as well as appropriate procedures and
regulations. As explained, what is appropriate and what is
likely to work necessarily differs from country to country, but
the analysis of best practices elsewhere is always insightful
and a clear intellectual framework such as that of the
strategic econsystem allows one to identify problem areas
and focus efforts to address them. The ongoing economic
crisis and the general development and policy responses
since its outbreak have revealed a huge scope to improve
economic performance. It is time to learn the lessons of what
works and what does not and to try to reform economies
taking these lessons into account.
The recent British Olympic performance is one example
where a strategic remodelling of the surrounding ecosystem
produced long-term success. These principles could also be
an important guide for the UK and other countries when
thinking about the medium- to long-term adjustment of their
economic structures. The opportunities for improvements
are there and governments should try to use them.
About the author
Dr Henning Meyer is a political scientist, analyst and
commentator currently based at the Government
Department of the London School of Economics and
Political Science (LSE). He is also Director of New
Global Strategy Ltd. as well as co-founder and editor
of Social Europe Journal. His expertise is in social
democracy, European economic and social policy,
globalisation, transatlantic economic relations and
British and German politics. Henning Meyer holds an
MA in British and European Politics and Government
from London Guildhall University as well as a PhD
in Comparative Politics and an Executive MBA, both
from London Metropolitan University. He publishes
frequently in mainstream publications such as
The Guardian and ZEIT ONLINE and is a regular
TV commentator on political and economic issues
on news channels such as BBC News, Al Jazeera
International and France 24.

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