TSH-Zielwerte in der Schwangerschaft und bei

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TSH-Zielwerte in der Schwangerschaft und bei
TSH-Zielwerte in der Schwangerschaft und
bei Kinderwunsch niedriger ansetzen?
Leserbrief zum Beitrag „Schilddrüse und Schwangerschaft“ von A. Zimmermann und
M. M. Weber, FRAUENARZT 2/2013, S. 127–133
Wir haben den Beitrag „Schilddrüse
und Schwangerschaft“ von A. Zimmer­
mann und M. M. Weber in FRAUENARZT
2/2013 mit Interesse gelesen und
möchten dazu aus der Sicht des Re­
produktionsmediziners und Frauen­
arztes, der sich in erster Linie mit
Kinderwunschbehandlung beschäftigt,
eine Anmerkung machen.
möchten wir aus der Leitlinie der
Österreichischen Gesellschaft für
Gynäkologie und Geburtshilfe zur
Abklärung des Kinderwunsches zi­
tieren, in der für das Thyroideastimulierende Hormon (TSH) als
„Normbereich für die Kinderwunsch­
behandlung 0,5–2,0 µU/ml“ ge­
nannt wird.
In dem Beitrag wird, in Anlehnung
an die aktuellen Leitlinien wie bei­
spielsweise die Clinical Guideline der
Endocrine Society der USA („Manage­
ment of Thyroid Dysfunction During
Pregnancy and Postpartum: An Endo­
crine Society Clinical Practice Guide­
line“) gefordert, dass bei bekannter
Hypothyreose bereits vor der Schwan­
gerschaft eine optimale Versorgung
mit Schilddrüsenhormonen herge­
stellt und dass ein TSH-Wert < 2,5
mU/l angestrebt werden soll. Dieser
Forderung können wir uns auf jeden
Fall anschließen; jedoch finden sich
in der reproduktionsmedizinischen
Literatur der letzten Jahre zahlreiche
Stimmen, die bei Frauen mit Kinder­
wunsch idealerweise einen TSH-Wert
im Bereich von 1–2 mU/l für erstre­
benswert halten.
Schon bei Kinderwunsch auf
adäquate Einstellung achten
Reproduktionsmediziner
arbeiten zunehmend mit
niedrigeren Zielwerten
Auch wenn eine eindeutige Evidenz
für die Empfehlung einer strikten
TSH-Kontrolle im Bereich von 1–2
mU/l bei Frauen mit Kinderwunsch
aus Studien nicht abzuleiten ist, so
wird doch unter den KinderwunschZentren hierzulande überwiegend
ein derartiger Zielbereich für den
TSH-Wert favorisiert. Beispielhaft
Da bei Frauen mit Kinderwunsch je­
derzeit mit dem Eintritt einer
Schwangerschaft zu rechnen ist, ist
es nur logisch und konsequent, den
Zielbereich für den TSH-Wert bei
Frauen mit Kinderwunsch gleich hoch
wie den im ersten Drittel der Schwan­
gerschaft zu definieren.
Was das erste Trimester der Schwan­
gerschaft betrifft, so findet sich in
der Literatur an zahlreichen Stellen
die Empfehlung, den TSH-Wert in
dem genannten Bereich < 2 mU/l zu
halten, was dem Normalbereich wäh­
rend der Schwangerschaft entspricht.
So geben etwa O. E. Janssen und G.
Benker in ihrem Beitrag „Schilddrüse:
reproduktionsmedizinische Aspekte
– Update 2011“ (2) die folgende
Empfehlung: „Der Zielwert des müt­
terlichen TSH liegt unter 2,5 mU/l im
ersten Trimenon, am besten wird je­
doch ein TSH-Wert um 1–2 mU/l an­
gestrebt.“ Eine analoge Aussage fin­
det sich bei M. S. Kupka und G. Gärt­
ner, „Autoimmunthyreoiditis und
assistierte Reproduktion“ (3).
Schließlich wird auch in der Leitlinie
der British Thyroid Association,
Stand 2006, vor­geschlagen, den TSHWert in der Schwangerschaft am
unteren Ende des Referenzbereiches
einzustellen („with the TSH at the
lower end of the reference range or
a little below, 0,4–2,0 mU/l would
be appropriate as this is normal for
pregnancy“). Die genannte Empfeh­
lung, den TSH-Wert in der Schwan­
gerschaft im niedrig-normalen Be­
reich einzustellen, wird begründet
mit der Beobachtung einer erhöhten
Rate an Spontanaborten und einer
ungünstigen intellektuellen Entwick­
lung der geborenen Kinder, wenn bei
der Mutter eine nicht erkannte oder
nicht adäquat eingestellte Hypothy­
reose in der Schwangerschaft gege­
ben war, aber auch mit dem ohnehin
erhöhten Bedarf an Thyroxin in der
Schwangerschaft.
Leserbriefe
Endokrinologie
Literatur
1. The Endocrine Society Clinical Guideline:
Management of Thyroid Dysfunction During Pregnancy and Postpartum. JCEM 92
(2007) S1–S47.
2. Janssen OE, Benker G: Schilddrüse: reproduktionsmedizinische Aspekte – Update
2011. J Reproduktionsmed Endokrinol 8
(2011) 22–31.
3. Kupka MS, Gärtner G: Autoimmunthyreoiditis und assistierte Reproduktion. Gynäkol Endokrinol 10 (2012) 31–36.
Autoren
Dr. med. Robert Emig
Prof. Dr. med. Thomas Steck
Kinderwunsch-Zentrum Mainz
Fort Malakoff Park
Rheinstr. 4
55116 Mainz
[email protected]
FRAUENARZT
54 (2013)
Nr. 6
537