Die Belair als Auslaufmodell

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Die Belair als Auslaufmodell
Flughafen
Zürcher Landzeitung / ZU / NBT Samstag, 15. August 2009
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Opfikon Thomas Frischknecht sucht Käufer für Langstreckenmaschine Boeing 767
Die Belair als Auslaufmodell
Testflug
Leidiges Vorabend-Check-in
Die frühere Hotelplan-Tochter Belair, die heute fast zur
Hälfte der Air Berlin gehört,
wird wohl bald ganz von der
Bildfläche verschwinden.
Belair-CEO Thomas Frischknecht zu den Gründen.
Karin Omran-Marty
Interview Patrick Huber
Gebucht und bezahlt: Ein Pauschalarrangement für drei Wochen Hurghada, gebucht Ende Januar über ein
Reisebüro. Das dreiwöchige Arrangement für zwei Erwachsene und ein
Kind kostet 4800 Franken.
Thomas Frischknecht, der Schriftzug
«Belair» soll in Bälde ganz verschwinden. Damit geht am Flughafen Zürich
ein Stück Schweizer Fluggeschichte
verloren.
Unsere Mittelstreckenflugzeuge fliegen schon seit bald zwei Jahren in den
Farben der Air Berlin. Wir sind seit November 2007 ins kommerzielle System
der Airline eingebunden, für die wir
von Zürich und Basel aus fliegen. Wir
sind so etwas wie die Schweizer Fabrik
der deutschen Airline. Der Flugplan und
das Produkt werden in Berlin definiert.
Wieso wurde Belair nicht schon lange
in Air Berlin umgetauft?
Belair Airlines AG ist und bleibt ein
Schweizer Unternehmen. Wir fliegen im
Auftrag der Air Berlin die Strecken aus
der Schweiz. Das hat in erster Linie mit
den Verkehrsrechten zu tun. Air Berlin
erhält so auch den Zugang zu Märkten
ausserhalb der EU und kann mit Verkehrsrechten der Belair beispielsweise
in die Türkei, Ägypten oder Tunesien
Thomas Frischknecht ist Geschäftsführer der Belair Airlines AG, die sechs
Flugzeuge betreibt und 250 Angestellte
beschäftigt.
Positiv aufgefallen: Die fast pünktliche Ankunft in Hurghada, obwohl
wir erst 50 Minuten später als geplant
in die Luft kamen. Während des
Flugs gab es genügend zu trinken.
Und dass die Crew allesamt aus
Schweizer Personal bestand.
Die Boeing 767 ist das letzte Flugzeug mit einem Belair-Schriftzug. Im Winter soll sie ausgemustert werden. (hjb)
fliegen. Die Schweiz erteilt keine nationalen Verkehrsrechte an ausländische
Unternehmen.
Trotzdem soll der Name Belair verschwinden.
Das Unternehmen wird auch in Zukunft Belair Airlines AG heissen. Die
Marke «Belair» verschwindet jedoch
mittelfristig. Alle Belair-Flugzeuge werden mit Air Berlin beschriftet sein.
Was passiert eigentlich mit der
Boeing 767, die auf der Langstrecke
nicht mehr zum Einsatz kommt?
Seit Mai setzen wir das Flugzeug nur
noch auf Flügen nach Ägypten und den
Kanarischen Inseln ein. Es ist kein Geheimnis, dass der Airbus A319 respektive die beiden A320-Maschinen in unserer Flotte wesentlich kostengünstiger
sind, was den Betrieb und den Unterhalt betrifft.
Haben sich schon Interessenten gemeldet?
Es ist eine Frage von Angebot und
Nachfrage. Derzeit ist das Angebot
gross, die Nachfrage nach diesem Flugzeugtyp gering. Im kommenden Winter
wird die Boeing 767 voraussichtlich
nicht mehr eingesetzt.
Von der Ur-Balair zur Belair
Die Marke «Balair» bezieht sich auf
Bâle – den französischen Namen der
Stadt Basel. 1925 wurde am Rheinknie
eine erste Airline unter diesem Namen
gegründet, die vor allem Destinationen
in der Schweiz und in Deutschland bediente. 1931 erfolgte auf Druck des
Bundes die Fusion mit der Zürcher Ad
Astra Aero – die beiden defizitären Gesellschaften vereinten sich unter dem
neuen Namen Swissair.
Eine neue Gesellschaft namens Balair wurde 1953 in Basel gegründet. Zu-
nächst auf Flugzeugunterhalt spezialisiert, stieg sie vier Jahre später ins
Chartergeschäft ein und wurde
schliesslich eine Tochtergesellschaft
der Swissair, die sie 1993 mit der Genfer CTA zusammenführte. Beim
Grounding der Swissair im Herbst
2001 übernahm der Reisekonzern Hotelplan Flotte und Crew der Balair. Die
in der Reisebranche gut verankerte
Traditionsmarke wurde in Belair abgewandelt und konnte zunächst erfolgreich neu positioniert werden. (ost)
Negativ aufgefallen: Ein absoluter
Ablöscher bei Air Berlin/Belair ist das
Vorabend-Check-in. Wir waren kurz
vor 19 Uhr vor Ort. Obwohl die
Schlange schon bis zu den Rolltreppen reichte, waren zu Beginn nur drei
Schalter offen. Dann, um 20 Uhr, kamen noch zwei Mitarbeiter dazu.
Dennoch brauchten wir fast zwei
Stunden für das Vorabend-Check-in.
Da steht man besser eine halbe Stunde früher auf am Abflugmorgen.
Ebenfalls eine absolute Zumutung ist
die Verpflegung an Bord. Man kann
zwar auswählen, doch muss man
dafür extra bezahlen. Gratis wurde lediglich ein Sandwich gereicht. Wer
genügend weit vorne sass, hatte das
Glück, dass es noch Rührei gab.
Fazit: Während früher auf den
Ferienflügen noch richtiges Essen
serviert wurde, ist die Auswahl mit
einem trockenen Sandwich dürftig.
Immerhin schenkte die Cabin-Crew
regelmässig Getränke aus. Schade um
die guten alten Zeiten.
Kloten Aus den Anfängen der Fliegerei im Unterland – Teil 3
«Wie in einer kalifornischen Goldgräberstadt»
Nach Segelflugplätzen in Dällikon und auf der Lägern erhielt das Unterland in Kloten
auch einen «echten» Flughafen. Ein Bericht von 1949 wirft
ein interessantes Licht auf die
ersten Betriebsmonate.
Wettbewerbes kämen dem Reisenden
wirklich zugute. Die Fluggesellschaften
seien aber intelligent genug, sich nicht
derart zu konkurrenzieren, dass man
sich den Hals abklemme.
Die Preise würden auf den Linien gehalten und seien durch die überall
gleich hohen Anschaffungs-, Abschreibungs- und Betriebskosten diktiert. Service und Komfort aber seien Dinge, die
jede Gesellschaft nach eigenem Ermessen bieten könne, und nur das Beste sei
heute noch gut genug.
Rolf Müller
Wer in einem Estrich in Familienarchiven herumstöbert, der findet unweigerlich Gegenstände aus der Vergangenheit. Beispielsweise ein Jahrbuch von
1949 mit zahlreichen Berichten zur
Aviatik. Texte und auch die Bildgestaltung lassen auf den Verlag Schweizer
Familie aus Bassersdorf schliessen –
man nannte die in der Bevölkerung sehr
beliebte Publikation seinerzeit auch
«Bassersdorfer Heftli».
In der vor 60 Jahren erschienen Ausgabe findet sich eine Story über «Klotens wahrhaft internationalen Flugverkehr», verfasst von einem unbekannten
Zeitzeugen mit den Initialen J.H.M.
Neidische Genfer
Der Autor schildert anschaulich den
Betrieb auf dem eben erst eröffneten
Airport: «Bestaunt man heute die spiegelglatten Betonpisten unseres von internationalen Fachleuten und Piloten
anerkannten Flughafens bei Kloten-Zürich, so kann man es wohl kaum mehr
fassen, dass noch vor kurzer Zeit Hunderte von Arbeitern mit Aushub, Planie-
Zürcher Unterländer
Seite XX
Frankfurt
Passagierzahlen
drastisch gesunken
Wegen der Wirtschaftskrise flogen
im ersten Halbjahr 2009 nur noch 42,6
Millionen Menschen von einem Flughafen in Deutschland ab, knapp 8 Prozent
weniger als im Vorjahr. Der Rückgang
um 3,6 Millionen Fluggäste war im
Halbjahresvergleich das bislang grösste
absolute Minus seit Beginn der Veröffentlichungen zur Luftverkehrsstatistik
im Jahr 1951, wie das Statistische Bundesamt am Mittwoch berichtete. (sda)
Offene Tür zur Welt
Der Klotener Flughafen vor 60 Jahren war eine Ansammlung von Baracken. Und
trotzdem atmete man hier bereits den Duft der grossen weiten Welt. (A)
rung und Betonieren beschäftigt waren
und die Gegend von Kloten über die
Wochenenden beinahe einer kalifornischen Goldgräberstadt ähnelte.» Schon
fast vergessen seien die Diskussionen
um die Finanzierung und die zahlreichen Nachtragskredite.
In seinem Bericht geht der Autor
auch auf die Bedenken der Genfer ein,
die Kloten als Konkurrenz fürchteten.
Und er kritisiert die «hässlichen Baracken» – der Flughof wurde erst vier Jah-
re später eingeweiht. Die Arbeitsbedingungen auf dem Kontrollturm, wo es im
Sommer heiss und im Winter recht kalt
war, werden ebenfalls bemängelt.
«Nur das Beste ist gut genug»
Bereits damals herrschte auf den
Flugstrecken ab Zürich offenbar ein
harter Wettbewerb um Passagiere. Fluglinien seien keine Monopollinien, stellt
der Verfasser fest. Die Konkurrenz sei
stark, und die Vorteile dieses freien
«Die
Selbstverständlichkeit
der
schnellen Verbindung ist eines der wenigen guten Dinge, die uns der Krieg
hinterlassen hat», wird im Bericht aus
Klotens Anfangsjahren festgehalten.
«Täglich landen und starten die immer
schneller, besser und grösser werdenden Maschinen aus den USA, aus
Europa und der Schweiz. Privat- und
Sportflugzeuge aus aller Herren Ländern finden Klotens Pisten.»
Auch der enorme Bedeutungszuwachs, welcher Kloten und den umliegenden Gemeinden damals erst noch
bevorstand, war 1949 offenbar bereits
abzusehen: «Selten hat eine Ortschaft so
wie Kloten den Begriff Schweiz auf internationale Karten gebracht. Kloten ist
unsere offenste Tür nach der Welt.»
Anfänge der Fliegerei: Mit Blick auf Dällikon,
die Lägern und Kloten hat der «ZU» in einer kurzen Artikelserie aufgezeigt, wo und wie im Unterland die ersten Flugzeuge abhoben. Bereits
erschienen: «Erste Flugpioniere im Umfeld der
Lägern» (25. 7.) «Katapultstarts auf der Hochwacht» (8. 8.).
Stockholm / Helsinki
Nordische Airlines
müssen sparen
Die beiden grössten Airlines Skandinaviens, Finnair und SAS, haben nach
herben Verlusten im zweiten Quartal
umfangreiche Sparprogramme angekündigt. Die Finnair (57 Millionen Euro
Verlust) will Charter- und Liniengeschäft fusionieren und so rund 200 Stellen einsparen. Die SAS (102 Millionen
Euro Verlust) geht noch einen Schritt
weiter und hat den Abbau von bis zu
1500 Arbeitsplätzen angekündigt. (ZU)
Redaktion Flughafen
Patrick Huber (ph), Oliver Steimann (ost)
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