Vietnam erfahren - Pacific Geographies
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Vietnam erfahren - Pacific Geographies
Pacific News Nr. 13 - Dez. 1999 - S. 31 Vietnam erfahren Exkursion des Geographischen Instituts Göttingen Robert Weber Die Theorie in der Praxis nachvollziehen flug in dem 1962 von Ho Chi Minh per- und überprüfen: 22 Studierende des Geo- sönlich gegründeten Cuc-Phuong-Natio- graphischen Instituts der Georg-August- nalpark und im Gespräch mit dem Direk- Von Hanoi flogen wir in die alte Kaiser- Universität Göttingen nahmen dies un- tor der Nationalparkverwaltung ergän- stadt Hue, wo wir auf einer Stadt- ter der Leitung von Prof. Dr. Werner Krei- zen. exkursion den Kaiserpalast und im Rah- sel, Dr. Heiko Faust und Michael Waibel Zu einem der Höhepunkte der Exkursion men einer Bootsfahrt zwei der Kaiser- M.A. zum Anlaß, einen Großen Gelände- kann der zweite Tagestrip zur östlich von grabanlagen besuchten. Per Fahrrad lern- kurs in die Sozialistische Republik Viet- Hanoi gelegenen Halong-Bucht gezählt ten wir das ländliche Leben in den Reis- nam zu unternehmen. werden. Auf einer Bootsfahrt vorbei an feldern kennen und boten unzähligen, Die vom Deutschen Akademischen Aus- den tropischen Kegelkarstformationen freudestrahlenden Kindern eine Mög- tauschdienst (DAAD) geförderte Exkur- verschafften wir uns einen Überblick über lichkeit, ihre ersten Englischkenntnisse sion führte in 22 Tagen von der Haupt- die Chancen und Probleme touristischer zu testen. Südlich von Hue besuchten wir stadt Hanoi im Norden des Landes über Erschließung der bedeutendsten Natur- den Bach-Ma-Nationalpark. Im Nebel mehrere Etappen in die Metropole des attraktion des Landes in der Nähe des der tief hängenden Wolken führte uns Südens, Ho Chi Minh City. Industriehafens Haiphong. unser Scout fachkundig durch dichten Verschiedene Stadtexkursionen führten Dschungel und durch vermutlich auf- Besondere Höhepunkte des umfangrei- uns in Hanoi durch das französische grund von Napalmangriffen der USA im chen offiziellen Programms während un- Kolonialviertel, zu den sozialistischen 2. seres siebentägigen Aufenthalts in Hanoi Repräsentationsbauten und das berühm- Sekundärwald. waren der Empfang bei der Geographi- te 36-Gassen-Viertel der Altstadt, das Über den Wolkenpass gelangten wir auf schen Fakultät der vietnamesischen mehr und mehr seinen ursprünglichen der Nationalstraße 1, der Hauptverkehrs- Nationaluniversität sowie ein Treffen mit Charakter verliert und der Moderne Tri- achse zwischen Nord und Süd, vom sub- Deutschstudierenden des Institut of but zollen muß. Auf diese Weise erschloß tropischen Norden in den tropischen Sü- Linguistics im Goetheinstitut. Daneben sich uns das Stadtbild Hanois mit seinem den Vietnams. Unser Fahrtziel für diesen bestimmten auch Diskussionen wie jene typischen Nebeneinander architektoni- Tag, Hoi An, eine kleine Stadt südlich mit dem Leiter der Vertretung des Deut- scher Denkmäler verschiedener Epochen von Danang, beeindruckte durch seinen schen Industrie- und Handelstages (DIHT) über die Probleme und Aktivitäten deutscher Unternehmen in Vietnam oder mit Herrn Bock von der Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) über die deutsch-vietnamesische Entwicklungskooperation das Tagesprogramm. Die Informationen, die wir bei einem Treffen mit dem Deutschen Entwicklungsdienst (DED) über das Pufferzonenmanagement in Nationalparken erhalten hatten, konnten wir bei einem Tagesaus- von vorkolonial bis postmodern. Vietnamkrieg entstandenen S. 32 - Pacific News Nr. 13 - Dez. 1999 Den durch seine geographische Lage system, mit dessen Hilfe der Vietcong bis sonnenverwöhnten Küstenort Nha Trang nach Saigon gelangen konnte. Eine Fahrt erreichten wir nach 16-stündiger, durch auf einem der Seitenarme des Mekong mehrere Pannenstops abwechslungsrei- und ein in Südostasien sehr beliebter cher Busfahrt. Um nachzuvollziehen, Karaoke-Abend beschloß - leider viel zu wie man sich in Vietnam aufhalten könn- früh - die Exkursion. te, ohne vom Land und seinen Bewohnern etwas mitzubekommen, verbrach- Dieser Große Geländekurs wollte aber ten wir drei Nächte in einem Luxus- nicht nur Einblicke in unterschiedliche ressort mit eigenem bewachten Strand- Landesregionen und verschiedenste abschnitt. Aspekte des vietnamesischen Lebens ver- Letzter Übernachtungsstop auf der Fahrt mitteln. Ganz anders als eine klassische in die Boomtown Ho Chi Minh City war Studienreise setzte sich diese Exkursion die von den französischen Kolonialher- auch das eigenständige wissenschaftliche ren errichtete Hillstation Dalat im Zen- Arbeiten der Studierenden zum Ziel. In tralen Hochland. Bereits auf der Anrei- Projektgruppen wurden besondere Sach- se säumten Kaffeefelder die Hänge, und verhalte vor Ort auf Mikroebene recher- entlang der Straße wurden frisch geern- chiert. Dies bot auch die Möglichkeit, geradezu musealen und dennoch leben- tete Tabakblätter zum Trocknen aufge- sich mit den Besonderheiten der prakti- digen Charakter. Im Gegensatz zum 36- hängt. 1475 Meter ü. NN gelegen, be- schen Forschung in einem Entwick- Gassen-Viertel von Hanoi hat man hier sticht Dalat durch sein für Europäer an- lungsland auseinanderzusetzen. noch immer den Eindruck, 150 Jahre in genehmes Klima und wartet mit einer Insgesamt standen fünf Themen zur Aus- die Vergangenheit gereist zu sein. Architektur auf, die stark an Schweizer wahl, die bereits schon in Göttingen in Bei der Führung durch die Stadt durfte Chalets erinnert und den Betrachtenden Kleingruppen vorbereitet und während natürlich auch die Japanische Brücke für einen Moment vergessen läßt, dass der Exkursion - vor allem in Hanoi - be- nicht fehlen. Die überdachte Holzbrücke er sich in Südostasien befindet. arbeitet wurden. verband ab Ende des 16. Jh. das chinesi- Ho Chi Minh City (HCMC) unterschei- Eine Gruppe befaßte sich mit der Situa- sche mit dem japanischen Viertel von det sich mittlerweile kaum noch von an- tion von Deutschen Unternehmen in Vi- Faifo, einem der bedeutendsten Häfen des deren südostasiatischen Metropolen. Die etnam. Ein Fragebogen, der u.a. die damaligen Südostasien. Nach der Stadt- Downtown von Saigon, das zusammen Unternehmensstruktur, die Mitarbeiter- führung konnte man noch auf dem Fahr- mit dem chinesisch geprägten Cholon die situation und die jeweiligen Zukunftsper- rad die vier Kilometer entlang der Verwaltungseinheit Ho Chi Minh City spektiven beleuchtet, wurde sowohl vor- Garnelenfelder durch die Abendsonne bildet, wird von Büro- und Hoteltürmen ab an 20 Firmen verschickt als auch in fahren, um zum ersten Mal auf dieser sowie einem für vietnamesische Verhält- Vietnam bei einigen Firmen direkt vor- Exkursion das südchinesische Meer haut- nisse enormen Pkw-Aufkommen be- gelegt. nah wahrzunehmen. stimmt. Zwei Exkursionsteilnehmer machten es Im nahe gelegenen Danang besichtigten Von HCMC aus besuchten wir die Cao sich zur Aufgabe, die Entwicklungs- wir im Cham-Museum die wenigen Über- Dai-Religionsgemeinschaft, die sich in zusammenarbeit mit Vietnam zu unter- reste dieser hinduistisch geprägten Kul- den 1920er Jahren als eine Mischung aus suchen und sprachen dabei mit Vertre- tur und bestiegen Son Thuy, einen der allen Weltreligionen bildete. Am selben tern der GTZ, des DED und der Schwei- Marmorberge, in dessen Innerem eine Tag informierten wir uns nahe der kam- zer Direktion für Entwicklung und Zu- hohe Grotte vom mystischen Schleier der bodschanischen Grenze auch über das sammenarbeit (DEZA) in Hanoi. Räucherstäbchen erfüllt war. etwa 200 km lange Cu-Chi-Tunnel- Den Tourismus hatte die Projektgruppe Pacific News Nr. 13 - Dez. 1999 - S. 33 Reiseverhalten von Backpackern in Vi- rund 2.000 Geschäfte mit durch- etnam zum Thema. Neben einer Befra- schnittlich 4 m² Verkaufsfläche. Die gung von 50 Rucksackreisenden wurden Projektgruppe hatte ca. 20 verschie- die sog. Traveller-Cafés im 36-Gassen- dene Warengruppen ausgemacht, die Viertel in Hanoi kartiert. jeweils Eine vierte Gruppe wollte die Lebenssi- bestimmten Trakt des Marktes tuation von Cyclofahrern in Hanoi in Er- zusammengefasst sind. Die Händler, fahrung bringen. Zu diesem Zweck hat- die meist über 10 Stunden pro Tag ar- ten die Studierenden zusammen mit ei- beiten, malten für die Zukunft ein un- ner Übersetzerin ein Dutzend Cyclofahrer terschiedliches Bild. Wurde einerseits in Hanoi angesprochen und interviewt. die zunehmende (Niedrigpreis)-Kon- Den Dong-Xuan-Markt in Hanoi hatte kurrenz seit Einführung der Markt- die AG Märkte unter die Lupe genom- wirtschaft beklagt, freute man sich an- men. Die Forschungsarbeit dieser Grup- dererseits über die bessere Verfügbar- pe soll exemplarisch etwas ausführlicher keit der Waren. in einem dargestellt werden. Bei einem Rundgang durch den Markt wurde das rege Treiben Für mich war diese Exkursion ein blei- der Marktleute beobachtet und das Sor- bendes Erlebnis und das nötige Salz timent der Marktstände kartiert. Zu ei- in der Suppe des Geographie-Studi- nem Gespräch mit der Verwaltung und ums. Mit meinem Resümee spreche ich Vietnam können im Internet unter fol- dem Management des Marktes kam eine wohl auch allen anderen Teilnehmern gender Adresse abgerufen werden: Befragung von Händlern nach einem aus dem Herzen: Schade für die, die standardisierten Fragebogen. Ohne die nicht dabeisein konnten! http://uggg-pc-s1.uni-geog.gwdg.de/ kus/personen/vn-99.htm Hilfe einer Übersetzerin wäre hierbei jeglicher Forschungswille an der Sprach- Weitere Informationen zu Reiseroute, barriere gescheitert. Unterkünften und Fachthemen, eine Der dreigeschossige Markt beherbergt Fotogalerie sowie zahlreiche Links zu Robert Weber, Geographie-Student, beschäftigt sich zur Zeit im Rahmen seiner Diplomarbeit mit den kolonialen Auswirkungen auf die Kulturlandschaft von Zentralsulawesi, Indonesien.