Preise: Millionenshow und Dancing Stars steuerpflichtig?
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Preise: Millionenshow und Dancing Stars steuerpflichtig?
RdW 2008/443 RdW 2008, 478 Heft 7 v. 15.07.2008 Steuerrecht Preise: Millionenshow und Dancing Stars steuerpflichtig? Dr. Martin Atzmüller Dr. Christian Hammerl Dr. Oliver Herzog DDr. Gunter Mayr Bundesministerium für Finanzen Der deutsche BFH unterwirft im Urteil vom 28. 11. 2007 ein bei einer sogenannten "Dating-Show" ausbezahltes Preisgeld als Einkünfte aus Leistungen der Einkommensteuer. Der Preis der besagten Show war dafür ausgesetzt, dass es einer "Kandidatin" gelingt, der eigenen Familie glaubwürdig zu vermitteln, den "Partner" während der Dating-Show kennen und lieben gelernt zu haben und die Familienmitglieder zum Erscheinen bei der binnen 14 Tagen angesetzten Hochzeit zu bewegen. Der "Partner" (und dessen Familie) entpuppte(n) sich letztlich als Schauspieler, "die sich pausenlos daneben benehmen und keinen Fettnapf auslassen sollten". Ungeachtet des zweifelhaften Unterhaltungswerts solcher Shows stand die Steuerpflicht der immerhin 250.000 EUR im Raum, welche die Kandidatin dafür erhalten hat. Wofür eigentlich? Der BFH weist in seiner Begründung darauf hin, dass im vorliegenden Fall mit der Teilnahme an der Fernsehshow eine Leistung gegenüber dem Produzenten bzw dem Fernsehsender erbracht wurde und der Preis das Entgelt dafür sei. Derartige Shows stellen nämlich Unterhaltungssendungen dar, die ausschließlich von Kandidaten "leben" auch wenn sich das Interesse des Publikums gleichermaßen auf das mögliche Scheitern der Kandidaten richtet - und nur deshalb den Veranstalter veranlassen, ihnen für die Teilnahme die Chance auf einen (hohen) Preis einzuräumen. Auch in Österreich lief die Diskussion schon seit einiger Zeit. Seit den Zeiten von Rudolf Horneggs "Quiz 21" in den 60er-Jahren gibt es kaum einschlägige Judikatur, die Aussagen der EStR sind zumindest seit 1984 unverändert, nur gelegentliche Fachbeiträge nehmen sich des Themas an. Dabei trifft es einen Kern der Einkommensbesteuerung: Leistungsaustausch oder nicht steuerbare einseitige Bereicherung? Eindeutig schien die Rechtslage bisher auf der einen Seite bei reinen Zufallsgewinnen aus Preisausschreiben (zB Kreuzworträtsel) - mangels Leistungsaustauschs keine Steuerbarkeit - und andererseits bei jedenfalls der betrieblichen Sphäre zuzurechnenden Preisen im Rahmen von Architekturwettbewerben und vergleichbaren Wettbewerben. Millionenshow - weiterhin nicht steuerbar Preise, "die durch den Einsatz von Allgemeinwissen erzielt werden (zB bei einem Fernsehquiz)", sah Rz 101 EStR 2000 bereits bisher als nicht steuerbar an. Diese Auffassung blieb nicht unbestritten, insbesondere Pülzl bejaht einen Leistungsaustausch und subsumiert die Gewinne aus der ORF-Millionenshow "bei aller Sympathie für zahlreiche Preisträger" unter § 29 Z 3 EStG. Geht man von der oben angeführten Begründung des BFH im Zusammenhang mit der "Dating-Show" aus, könnte tatsächlich ein Leistungsaustausch zu unterstellen sein. Fraglich ist allerdings, wer der Empfänger der vom Millionenshow-Kandidaten erbrachten Leistung ist. Das Fernsehpublikum wohl nicht, in Betracht käme der Veranstalter (die Fernsehanstalt), doch bleibt ein Leistungsaustausch auch hier fraglich, zumal die Leistung des Kandidaten nicht nur in der Beantwortung von Fragen besteht, sondern auch in der Bereitschaft zum öffentlichen Auftritt im Rahmen einer Unterhaltungssendung, welche Leistung jedoch - wenn kein Preisgeld durch Beantwortung der Aufgaben erzielt wird - nicht gesondert abgegolten wird. Auch das deutsche BMF ist offenbar dieser Ansicht und hat das BFH-Urteil vom 28. 11. 2007 daher mit Schreiben vom 30. 5. 2008 wie folgt interpretiert: Für einen Leistungsaustausch sprechen folgende Anhaltspunkte: • Dem Kandidaten wird vom Produzenten ein bestimmtes Verhaltensmuster vorgegeben. • Dem Kandidaten werden neben der Gewinnchance auch erfolgsunabhängiges Antritts-, Tagesgeld etc bezahlt. • Das Format erstreckt sich nicht nur auf einen einmaligen Auftritt, sondern über mehrere Folgen, eventuell ist ein Urlaub oder eine Arbeitsfreistellung des Kandidaten erforderlich. • Das Preisgeld hat den Charakter einer Entlohnung für eine Leistung, es fließt als Erfolgshonorar zu. Die neue Rz 101a der EStR 2000 bestätigt für Österreich die schon bisher (Rz 101) vertretene Sichtweise, wonach Preise, die bei einem Fernsehquiz wie "Millionenshow" durch den Einsatz von Allgemeinwissen erzielt werden, nicht steuerbar sind. "Dancings-Stars", "Starmania" etc: steuerpflichtig Renner hat das BFH-Urteil vom 28. 11. 2007 zum Anlass genommen, die Steuerpflicht von Honoraren und Preisen bei den österreichischen Staffeln "Dancing-Stars", "Starmania" und generell von Reality-Shows zu untersuchen und eindeutig zu bejahen. Anders als bei der ORF-Millionenshow werden hier jedenfalls - im Sinne der Klarstellung des deutschen BMF - auch erfolgsunabhängige Entgelte bezahlt und erstreckt sich die Leistung der Kandidaten grundsätzlich auf mehrere Auftritte. In diesem Sinne stellen auch die EStR 2000 in Rz 101a nunmehr klar, dass hier Steuerpflicht besteht. Soweit hier - wie bei den "Dancing-Stars" - prominente Kandidaten engagiert werden, liegen jedoch aufgrund der Subsidiarität der sonstigen Einkünfte iSd § 29 EStG idR nicht Einkünfte aus Leistungen vor, sondern (Betriebs-) Einnahmen im Rahmen der Haupt-Einkünfte des Teilnehmers wie zB aus einer künstlerischen Tätigkeit, zumal derartige Auftritte jedenfalls einen Werbeeffekt für die Haupttätigkeit haben. Es handelt sich dabei - wie erwähnt – um eine bloße Klarstellung, sodass diese Rechtsauffassung auch auf bereits verwirklichte Sachverhalte anzuwenden ist. Andere Preise (Literaturpreis, Musikwettbewerb) bei Prämierung konkreter Werke steuerbar Bereits bisher war in Rz 101 EStR 2000 festgehalten, dass Preise, die in Würdigung der Persönlichkeit des Steuerpflichtigen oder seines Schaffens gewährt werden, nicht steuerbar sind, wobei beispielhaft und undifferenziert auf den Nobelpreis9) oder Literaturpreise hingewiesen worden ist. Vor allem bei Literaturpreisen war die Rechtslage in der Praxis unklar. Nunmehr wird in Rz 101a EStR 2000 klargestellt, dass entsprechend dem Gedanken des Leistungsaustausches - Preise für konkrete Einzelleistungen (zB Literatur- oder Filmpreise für konkrete Werke, weiters Preise aus Musikwettbewerben sowie - wie bereits bisher - aus Architekturwettbewerben, bei denen die Teilnahme am Wettbewerb ja Voraussetzung für eine Auftragsvergabe und damit für unmittelbar für unternehmensgegenständliche Betriebseinnahmen ist) der Steuerpflicht unterliegen. Die Fälle der Nichtsteuerbarkeit werden beispielhaft um Journalistenpreise erweitert, wenn der Preis in Würdigung der Persönlichkeit, des (Lebens-)Werks oder (bei Journalisten von besonderer Bedeutung) einer bestimmten Haltung verliehen wird. Preise steuerbar/-pflichtig Glücksspiel, Wette, Lotterie, Preisausschreiben nein Incentives (eigenen AN oder Geschäftspartnern - ja (nichtselbstständige/betriebliche wenn auch durch Verlosung - zuerkannt Einkünfte) Einsatz von Allgemeinwissen (zB bei Fernsehquiz nein wie "Millionenshow") Teilnahme an Unterhaltungsdarbietungen (zB ja (betriebliche/nichtselbstständige "Dancing Stars", "Starmania") Einkünfte oder § 29 Z 3 EStG) im Rahmen eines Wettbewerbes durch Jury für konkrete Einzelleistung zuerkannt (Architektenja (idR freiberufliche Einkünfte) oder Musikwettbewerb, Literaturpreise für konkretes Werk, Filmpreise) in Würdigung der Persönlichkeit, einer bestimmten Haltung des Steuerpflichtigen oder nein seines (Lebens-)Werks (zB Nobelpreis, Literaturoder Journalistenpreis für "Gesamtwerk") Preisgelder Profisportler ja (idR gewerbliche Einkünfte) idR nein (Liebhabereivermutung Preisgelder Amateursportler iSd § 1 Abs 2 Z 2 L-VO, Pkt 15. LRL 1997)