Finnisch, Ungarisch und Sumerisch

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Finnisch, Ungarisch und Sumerisch
Prof. Dr. Alfred Toth
Finnisch, Ungarisch und Sumerisch
1. Einleitung
In Toth (2007) hatte ich nachgewiesen, dass die Verwandtschaft zwischen Ungarisch und
Finnisch nach der 100 Wörter-Swadesh-Liste genau 33% beträgt. Nun ist es ja so, dass viele
Linguisten nicht an Sprachstatistik glauben, obwohl der Vorteil der Swadesh-Liste ja gerade
darin besteht, dass ein und dasselbe Raster von Lexemen auf jede Sprache anwendbar ist und
diese Sprachen in dieser Hinsicht dann vergleichbar werden, auch wenn sie es sonst nicht
sind. In der vorliegenden Arbeit nehme ich die Verwandtschaft des Ungarischen und
Finnischen mit einer gänzlich verschiedenen Methode nochmals auf. Ich gehe aus von den
extensiven Listen des finnischen Urwortschatzes, die Hakulinen (1960, S. 1 ff.) gegeben hatte
und vergleiche sie mit den mit diesen finnischen Wörtern nach dem UEW verwandten
Wörtern. Um die Datenbasen nicht miteinander zu vermengen, trage ich bewusst die im
UEW, nicht aber bei Hakulinen vorhandenen Wörter nicht nach. Es ist ja so, dass Hakulinen
Wörter enthält, die das UEW nicht enthält und vice versa. Die nach dem EWU mit den
Hakulinenschen Wörtern verwandten ungarischen Wörter werden anschliessend nochmals
mit meinem neusten sumerisch-ungarischen Wörterbuch (Toth 2009) gefiltert, so dass also
in der folgenden Liste nur diejenigen ungarischen Wörter erscheinen, welche eine sumerische
Basis haben. Damit soll untersucht werden, ob das Finnische
a) die gleichen Wörter wie das Ungarische unabhängig von diesem aus dem Sumerischen
ererbt hat
b) die gleichen Wörter wie das Ungarische kraft seiner Verwandtschaft mit diesem (z.B. in
der „finnisch-ugrischen“, „ural-altaischen“, „turanischen“, „nostratischen“, „boreischen“
etc.) Sprachfamilie ererbt hat
c) die gleichen Wörter aus dem Ungarischen entlehnt hat
Aus c) würde folgen, dass es sich bei den dem Finnischen und dem Ungarischen gemeinsamen Wörtern um Lehnwortschatz handelt, die beiden Sprachen also nicht verwandt sind,
womit gleichzeitig das Haupkriterium zur Annahme einer der unter b) erwähnten
Sprachfamlien entfallen würde.
2. 320 finnische und 106 ungarische Wörter
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Finn. ahkio „Lappenschlitten“
Finn. ahtera „gelt, unfruchtbar“
Finn. äijä „Grossvater“)“
Finn. aivot „Gehirn“
Finn. ala- „unter“
Finn. ämmä „altes Weib“
Finn. ammen „Eimer“
Finn. ammentaa „schöpfen“
Finn. antaa „geben“
Ung. agg „uralt“ (Toth 4)
Ung. ágy „Gehirn“ (Toth 6)
Ung. al- „unter-„ (Toth 12)
Ung. anya „Mutter“ (Toth 20)
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Ung. adni „geben“ (Toth 2)
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Finn. appi „Schwiegervater“
Ung. apa „Vater“ (Toth 21)
Finn. aro „Steppe, Grasland“
Finn. arvo „Wert“
Ung. ár „Wert“ (Toth 24)
Finn. asema „Lage, Platz, Stelle“
Finn. askel „Schritt“
Finn. ei (Negationsverb)
Finn. elää „leben“
Ung. élni „leben“ (Toth 93)
Finn. emä, emo „Mutter (alt)“
Ung. eme „Tiermutter“ (Toth 96)
Finn. eno „Onkel (Muttersbruder)“
Finn. eri „verschieden“
Finn. esi- (etu-) „vor-„
Finn. hän „Pers.-Pron. 3. Sg. (belebt)“ Ung. ı „er, sie, es“ (Toth 506)
Finn. häntä „Schwanz“
Finn. harva „undicht; selten“
Finn. hattara „Fusslappen“
Finn. he „sie“
Finn. hiiri „Maus“
Finn. ien, gen. ikenen „Zahnfleisch“
íny „Zanfleisch“ (Toth 290)
Finn. iho „Haut“
Finn. ikä „Alter, Lebenszeit“
Finn. ilma „Luft, Wetter“
Finn. imeä „saugen“
Ung. emik „saugen“ (Toth 96)
Finn. isä „Vater“
Ung. ıs „uralt“ (Toth 515)
Finn. itse „selbst“
Finn. jää „Eis“
Ung. jég „Eis“ (Toth 308)
Finn. jakaa „verteilen, aufteilen“
Finn. jalka „Fuss“
Finn. jälki „Spur“
Finn. jänkä „grosser Sumpf“
Finn. jänne „Sehne“
Ung. ín „Sehne, Nerv“ (Toth 287)
Finn. järvi „See“
Finn. jäsen „Glied“
Ung. íz „Glied“ (Toth 301)
Finn. joki „Fluss“
Ung. –jó „Fluss“ (Toth 311)
Finn. jousi „Schiessbogen“
Ung. íj, ív „Bogen“ (Toth 284)
Finn. joutsen „Schwan“
Finn. juntu „Fusssteig “
Ung. jönni „kommen“ (Toth 312)
Finn. juoda „trinken“
Ung. inni „trinken“ (Toth 312)
Finn. kääntää „wenden“
Finn. kaarne „Rabe“
Finn. kadota „verschwinden, verloren gehen“
Finn. kaha „Ständer; Korb “
Finn. kainalo „Achselgrube“
Ung. hón „Schulter“ (Toth 260)
Finn. kajota „berühren; sich befassen“
Finn. kaksi „zwei“
Ung. kettı, két „zwei“ (Toth 337)
Finn. kala „Fisch“
Ung. hal „Fisch“ (Toth 210)
Finn. kalin „Teil des grossen Schleppnetzes“ Ung. háló „Netz“ (Toth 216)
Finn. kalma „Leiche; Tod; Grab“
Ung. halni „sterben“ (Toth 211)
Finn. käly „Schwägerin“
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Finn. kamara „Schwarte“
Finn. kämmen „Handteller“
Finn. kansa „Volk“
Finn. kantaa „tragen“
Finn. käsi „Hand“
Ung. kéz „Hand“ (Toth 339)
26.
Finn. kauka- „fern-„
Finn. ken „wer?“
Ung. ki „wer?“ (Toth 341)
27.
Finn. keski- „Mittel-„
Finn. kieli „Zunge, Sprache“
Ung. nyelv [Sum. ĝeli „Hals“] (Toth 471) 28.
Finn. kirsi „gefrorene Erde“
Finn. kiskoa „reissen“
Finn. kivi „Stein“
Ung. kı, köv- „Stein“ (Toth 348)
29.
Finn. koi „Morgengrauen“
Ung. haj-nal „Morgengrauen“ (Toth 207) 30.
Finn. koiras „Männchen“
Ung. here „Hode“ (Toth 242)
31.
Finn. koljo „Riese, böser Geist “
Finn. kolme „drei“
Ung. három „drei“ (Toth 229)
32.
Finn. kolo „Aushöhlung, Kerbe“
Finn. kontti „Fuss “
Finn. kontti „Ranzen“
Finn. kosolta „reichlich“
Finn. kota „Hütte“
Ung. ház „Haus“ (Toth 239)
33.
Finn. koura „hohle Hand“
Finn. koura „Schläfe“
Finn. köysi „Strick“
Finn. kuiri „Löffel“
Finn. kuiru „flacher Flusskahn“
Finn. kuka „wer?“
Finn. kulkea „sich (fort)bewegen“
Ung. haladni „abfahren“ (Toth 213)
34.
Finn. kulle „Schleppnetz ohne Netzbeutel“
Finn. kultaa „fischen“
Finn. kulua „vergehen“
Finn. kumo- (in: kumossa „umgeworfen“, usw.)
Finn. kumpi „welcher von beiden?“
Finn. kunta „Bezirk, Gemeinde“
Finn. kunto „Tüchtigkeit, Tauglichkeit“
Finn. kuolla „sterben“
Ung. halni „sterben“ (Toth 211)
35.
Finn. kupla „Schwimmblase von Fischen“
Ung. hólyag „Blase“ (Toth 256) 36.
Finn. kupsu „Schwimmblase von Fischen“
Finn. kuras „Messer “
Finn. kurki „Kranich“
Finn. kuroa „fälteln“
Finn. kusi „Harn“
Ung. húgy „Urin“ (Toth 269)
37.
Finn. kusiainen „Ameise“
Ung. hangya „Ameise“ (Toth 220)
38.
Finn. kutea „laichen“
Finn. kutsua „einladen; nennen“
Finn. kuu „Fett, Talg“
Finn. kuu „Mond“
Finn. kuulla „hören“
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Finn. kuuma „heiss“
Ung. hó, hav- „Schnee“ (Toth 251)
Finn. kuunnella „horchen“
Finn. kuura „Rauhreif“
Finn. kuusi „Fichte“
Finn. kuusi „sechs“
Finn. kylä „Dorf“
Finn. kynsi „Nagel (an Finger od. Zehe)“
Finn. kyteä „unter der Asche glimmen“
Finn. kytkeä „an die Halsfessel binden“
Finn. kyty „Schwager“
Finn. kyynär „Ellbogen“
Ung. könyök „Ellbogen“ (Toth 353)
Finn. kyynel „Träne“
Ung. könny „Träne“ (Toth 352)
Finn. lakka „Schirmdach“
Ung. lak „Behausung“ (Toth 370)
Finn. lampi „Weiher“
Ung. láp „Moor“ (Toth 373)
Finn. lämsä „das Öhr an der Schlinge“
Finn. lansi, gen. lannen „Tal“
Finn. lapio „Schaufel“ (?)
Finn. lappa „Gürtelspange “
Finn. lappea „platt, flach“
Finn. lapsi „Kind“
Finn. liemi „Brühe, Suppe“
Ung. lé, lev- „Brühe, Suppe“ (Toth 379)
Finn. lintu „Vogel“
Finn. löyly „Saunadampf“
Ung. lélek „Seele“ (Toth 385)
Finn. löytää „finden“
Finn. lukea „lesen; zählen“
Ung. olvasni „lesen; zählen“ (Toth 498)
Finn. lumi „Schnee“
Ung. lom „Eisschollen“ (Toth 396)
Finn. luu „Knochen“
Finn. lykätä „(auf)schieben“
Ung. lökni „stossen“ (Toth 398)
Finn. lyly „harte Oberfläche der Kiefer“
Finn. maa „Erde, Land, Boden“
Finn. maksa „Leber“
Ung. máj „Leber“ (Toth 406)
Finn. marja „Beere“
Finn. mätäs „grasbewachsenes Erdhäufchen“
Finn. mennä „gehen“
Ung. menni „gehen“ (Toth 418)
Finn. mesi „Honig“
Ung. méz „Honig“ (Toth 439)
Finn. mi „wir“
Ung. mi „wir“ (Toth 441)
Finn. mies „Mann“
Finn. mikä „was“
Finn. minä „ich“
Finn. miniä „Schwiegertochter“
Ung. meny „id.“ (Toth 428)
Finn. mokka „Schnabel“
Finn. moni „viel“
Finn. muna „Ei“
Ung. mony „Ei; Penis“ (Toth 443)
Finn. murmi „Rasen“
Finn. muu „anderer (von vielen)“
Finn. muurain „Brombeere“
Finn. myydä „verkaufen“
Finn. nähdä „sehen“
Ung. nézni „schauen“ (Toth 461)
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Finn. nainen „Weib“
Ung. nı „Weib“ (Toth 464)
Finn. nato „Schwägerin“
Finn. neljä „vier“
Ung. négy „vier“ (Toth 458)
Finn. niellä „verschlingen“
Ung. nyelni „verschlucken“ (Toth 470)
Finn. nimi „Name“
Ung. név „Name“ (Toth 459)
Finn. nitoa „binden, heften“
Finn. noita „Zauberer“
Finn. noutaa „Spur verfolgen“
Finn. nuoli „Pfeil“
Ung. nyíl „Pfeil“ (Toth 476)
Finn. nuolla „lecken“
Ung. nyalni „lecken“ (Toth 466)
Finn. nysi, gen. nyden „Sensengriff“
Finn. oiva „brav, vortrefflich“
Finn. olka „Schulter“
Finn. olla „sein“
Finn. onkalo „Höhle“
Finn. onsi, ontto „hohl“
Finn. oppia „lernen“
Finn. ora „Ahle, Pfrieme“
Ung. ár „Ahle“ (Toth 25)
Finn. ostaa „kaufen“
Finn. ota „Speer“
Finn. otava „Fangvorrichtung für Fische“
Finn. ottaa „nehmen“
Finn. ovi „Tür“
Finn. pää „Kopf, Ende, Spitze“
Ung. fı, fej- „Kopf“ (Toth 137)
Finn. pahka „Knollen, Knorren“
Finn. paju „Weide“
Finn. pala „Stück“
Ung. falni „verschlingen“ (Toth 125)
Finn. palaa „brennen“
Finn. paljo „viel“
Finn. panna „setzen, stellen, legen“
Finn. pata „Topf“
Ung. fazék „Topf“ (Toth 132)
Finn. pato „Damm, Wand“
Ung. fal „Wand“ (Toth 124)
Finn. pelätä „fürchten“
Ung. félni „sich fürchten“ (Toth 147)
Finn. pellava „Flachs, Lein“
Finn. peni „Hund“
Finn. perä „Hinterteil“
Ung. far „Hinterteil“ (Toth 128)
Finn. pihka „Harz“
Finn. pilvi „Wolke“
Ung. felhı, felleg „Wolke“ (Toth 150)
Finn. pitää „halten“
Finn. pivo „hohle Hand“
Finn. poika „Sohn, Knabe, Bursche“
Ung. fiú (fi) „Sohn, Knabe“ (Toth 156)
Finn. polvi „Knie“
Finn. poski „Wange“
Finn. povi „Busen; Netzbeutel“
Finn. pudas „Arm od. Buch eines Flusses“
Finn. pudota „fallen, stürzen“
Finn. puhua „blasen “
Ung. fújni „blasen“ (Toth 174)
Finn. punainen „rot“
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Finn. punoa „zusammenzwirnen“
Finn. puoli „halb“
Ung. fél, fel- „halb“ (Toth 149)
Finn. pura „Stemmeisen, Hohlmeissel“ Ung. fúrni „bohren“ (Toth 176)
Finn. purra „beissen“
Ung. marni „beissen“ (Toth 409)
Finn. pusertaa „pressen, drücken“
Finn. puskea „mit den Hörnern stossen“
Finn. puu „Baum; Holz“
Ung. fa „Baum; Holz“ (Toth 115)
Finn. puuttua „fehlen“
Finn. pyy „Haselhuhn“
Ung. fú „Art Wasservogel“ (Toth 173)
Finn. rakas „lieb“
Finn. rakentaa „bauen; anschirren“
Ung. rakni „setzen, stellen“ (Toth 531)
Finn. reikä „Loch“
Finn. repo „Fuchs“
Finn. rokka „Erbse“
Finn. ruskea „braun“
Finn. sää „Wetter“
Finn. sääski „Mücke“
Finn. (kala-) sääski „Fischadler“
Finn. saima, soima „grosses Boot “
Finn. säkiä „Wels“
Finn. salata „verheimlichen; stehlen“
Finn. sälkö „zweijähriges Pferdefohlen“
Finn. sampi „Europäischer Stör“
Finn. sappi „Galle“
Ung. epe „Galle“ (Toth 104)
Finn. sarana „Türangel“
Finn. sauva „Stab, Stock“
Finn. savi „Lehm“
Finn. säyne „Kühling“
Finn. se „es“
Finn. seimi, soimi „Krippe“
Finn. seisoa „stehen“
Finn. sepä „Hals (alt)“
Finn. setä „Onkel (Vatersbruder)“
Finn. sieni „Pilz“
Finn. siili „Igel“
Ung. sün, sül „Igel“ (Toth 566)
Finn. silava „Fett, Speck“
Finn. silmä „Auge“
Ung. szem „Auge“ (Toth 593)
Finn. sinä „du“
Finn. sisä- „inner-„
Finn. sisko „Schwester“
Finn. sitoa „(zu)binden“
Finn. solmia „verknoten“
Finn. sopa „Kleid, Hemd“
Finn. sorsa „Ente“
Finn. sotka „Tauchente“
Finn. soutaa „rudern“
Finn. suksi „Ski“
Finn. sulaa „schmelzen“
Ung. olvadni „schmelzen“ (Toth 497)
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Finn. suoda „gönnen“
Finn. suoli „Darm“
Finn. suomu „Schuppe (Fisch)“
Finn. suoni „Ader“
Finn. suu „Mund“
Ung. száj „Mund“ (Toth 571)
Finn. suvanto „stilles Wasser (zw. Stromschnellen)“
Finn. sydän „Herz“
Ung. szív „Herz“ (Toth 603)
Finn. syksy, syys „Herbst“
Ung. ısz „Herbst“ (Toth 516)
Finn. syli „Schoss: Klafter“
Ung. öl „Schoss; Klafter“ (Toth 508)
Finn. sylki „Speichel“
Finn. syödä „essen“
Ung. enni, esz- „essen“ (Toth 100)
Finn. sysi „Schmiedekohle“
Finn. syylä „Warze“
Ung. süly „Skorbut“ (Toth 567)
Finn. täi „Laus“
Ung. tető „Laus“ (Toth 648)
Finn. taka- „hinter-„
Finn. talja „Tierbalg“
Finn. talvi „Winter“
Ung. tél, tel- „Winter“ (Toth 641)
Finn. tämä „dieser“
Finn. tasa „gleich hoch, gleich gross“
Finn. täysi „voll“
Finn. te „ihr“
Ung. ti „ihr; Sie“ (Toth 651)
Finn. tehdä „tun“
Ung. tenni, tesz- „tun“ (Toth 644)
Finn. tevana „Hirsch (dail.)
Finn. tohtaja „Polartaucher“
Finn. toivoa „hoffen“
Finn. touko „Saat, Frühlingssaat“
Finn. tuli „Feuer“
Finn. tulla „kommen“
Finn. tunkea „drängen“
Finn. tuntea „fühlen, kennen“
Finn. tuo „jener“
Finn. tuoda „bringen“
Finn. tuomi „Ahlkirschbaum“
Finn. tuoni „Gott des Todes; Tod“
Finn. tymä „Leim“
Finn. tyvi „Stammende, Wurzelende“
Finn. tyyni „windstill“
Finn. uida „schwimmen“
Ung. úszik „schwimmen“ (Toth 676)
Finn. uksi „Tür“
Finn. uros „Männchen“
Ung. úr, ur- „Herr“ (Toth 675)
Finn. uudin „Bettvorhang“
Finn. uuhi „Mutterschaf“
Ung. uszı „Färse“ (Toth 683) [?]
Finn. uusi „neu“
Ung. új „neu“ (Toth 672)
Finn. uuttu „Eiablage“
Finn. vaimo „Ehefrau“
Finn. vajota „sinken, versinken“
Finn. väki „Volk, Leute; Kraft (alt)“
Finn. varis „Krähe“
Ung. varjú „Krähe“ (Toth 699)
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96.
7
298.
299.
300.
301.
302.
303.
304.
305.
306.
307.
308.
309.
310.
311.
312.
313.
314.
315.
316.
317.
318.
319.
320.
Finn. vaski „Erz“
Finn. vatsa „Magen“
Finn. vävy „Schwiegersohn“
Finn. venyä „sich dehnen“
Finn. vero „Steuer“
Finn. vesi „Wasser“
Finn. vetää „ziehen“
Finn. viedä „fortschaffen“
Finn. viime „letzt“
Finn. viisi „fünf“
Finn. vitoa „Flachs schwingen“
Finn. voi „Fett, Tran, Butter“
Finn. vuo „Strom“
Finn. vuolinen „Dachbalken“
Finn. vuolla „schnitzeln“
Finn. vuori „Berg“
Finn. vuosi „Jahr“
Finn. vyö „Gürtel“
Finn. ydin „Mark“
Finn. yksi „eins“
Finn. ylä- „Ober-„
Finn. yli „über“
Finn. yö „Nacht“
Ung. vı, vej- „id.“ (Toth 723)
97.
Ung. víz, viz- „Wasser“ (Toth 722)
98.
Ung. vinni „bringen“ (Toth 720)
99.
Ung. öt „fünf“ (Toth 518)
Ung. vetni „werfen“ (Toth 715)
Ung. vaj „Butter“ (Toth 690)
100.
101.
102.
Ung. orr „Nase“ (Toth 500)
103.
Ung. öv „Gurt“ (Toth 519)
Ung. velı „Mark“ (Toth 707)
104.
105.
Ung. éj „Nacht“ (Toth 89)
106.
3. Auswertung
Zu unserer grossen Überraschung beträgt die sumerisch-ungarische Verwandschaft mit dem
Finnischen nach der Liste von Hakulinen gernau 106/320 = 33,125 %, was genau den 33%
Verwantschaft des Finnischen und Ungarischen nach der Swadesh-Liste entspricht und
dieses Resultat also dank einer denkbar verschiedenen Methode (historische Sprachwissenschaft anstatt Sprachstatistik) glänzend bestätigt.
Welche der 3 Fälle trifft also für die Verwandtschaft von Finnisch und Ungarisch zu.
Obwohl ich alle 106 Fälle natürlich im Detail nachweisen müsste, kann ich hier aus Platzgründen bloss auf Toth (2009) verweisen, wo die vollständigen Etymologien und die vollständigen Lautgesetze für 731 ungarische Wörter mit uralischer bzw. finno-ugrischer ProtoSprache und sumerischer Basis detailliert nachgewiesen sind. Ich möchte deshalb hier nur
folgendes festhalten: Typisch für die Rekonstruktionen der klassischen Finno-Ugristik ist bei
stark abweichenden ungarischen und finnischen Wörter die Proto-Form anhand des
Finnischen zu bilden und dann die ungarischen Abweichungen mittels Lautregeln zu
erklären bzw. unter den Tisch zu wischen. Exemplarisch stehe hier unsere Nr. 316:
707. Hungarian
Proto-Finno-Ugric
Sumerian
8
velı “marrow”
*wiδ’з “marrow, bone”
bala (2579x: ED IIIa, ED IIIb, Ebla, Old Akkadian, Lagash II, Ur
III, Early Old Babylonian, Old Babylonian) wr. bar; ba-ra; bala; bur
“outside, (other) side; behind; outer form, outer; fleece; back,
shoulder; liver”.
Wie man sieht, kann man lautlich problemlos ung. velı „Mark“ aus sum. bala „liver“ (im
Sinne von Weichteil, Weichorgan) nachweisen. Finn. ydin steht also sowohl dem ung. velı
als auch dem sum. bala denkbar fern. Um nun auch das finn. Wort unter einen Hut mit dem
ung. zu bringen, wurde von der traditionellen Finno-Ugristik eine Proto-Form *wiδ’з “Mark,
Knochen” rekonstruiert bzw. erfunden, so dass dann aus dieser Annahme bzw. Erfindung
das “Lautgesetz” PFU -δ- > finn. –d- / ung. –l- “folgt”. “Folgt” steht hier in Anführungsstrichen, da es sich in keiner Weise um eine logische Folgerung handelt, denn nicht nur sind
Lautgesetze trotz ihrer falschen Namen keine Gesetze, sondern diese sind nicht nachprüfbar,
da ja nicht nur die lautlichen Zwischenstufen, sondern auch die Urwörter erfunden sind und
daher mit Asterisk markiert werden. Im Gegensatz dazu ist aber in meinem Wörterbuch
(Toth 2009) das sum. Wort “bala” nicht erfunden, sondern auf Tontafeln in Keilschrift
verewigt. Wie man sieht, hätte die traditionelle Finno-Ugristik also auch umgekehrt vorgehen
können und statt das finn. das ung. Wort zum Ausgangspunkt der Rekonstruktion nehmen
können. Warum hat sie das nicht getan? Antwort: Weil die Fälle, wo das Ungarische eine
stark abweichende Form vom Finnischen und den diesem verwandten Sprachen (Lappisch,
Estnisch, Mordwinisch, Tscheremissisch, usw.) hat, die überwiegende Mehrzahl darstellen.
Wäre man also bei der Rekonstruktion vom Ungarischen statt vom Finnischen ausgegangen,
wäre man zum vernichtenden Schluss gekommen, dass das Ungarische und die finnischwolgaischen Sprachen miteinander nicht verwandt sind.
Diese letztere Erkenntnis kann jeder Leser selbst für sich gewinnen, wenn er die oben
präsentierten 106 ungarischen Wörtern mit ihren Etymologien vergleicht, die ich in Toth
(2009) gegeben habe. Um diese Arbeit zu erleichtern, habe ich oben hinter jedes Wort die
durchgehende Nr. von 1-731 hinter jedes ungarische Wort geschrieben.
Der Schluss dürfte sowohl nach Massgabe des hier präsentierten Materials wie auch der
obigen Überlegungen klar sein: Die dem Finnischen und dem Ungarischen
gemeinsamen Wörtern sind Entlehnungen. Die Verwandtschaft der beiden Sprachen ist
also vom Typ c. Es kann sicher nicht bestritten werden, dass es eine Finnisch-wolgaische
Sprachfamilie gibt. Für die ostseefinnischen Sprachen ist diese Familien-Verwandtschaft
sogar so gross wie etwa diejenige der deutschschweizerischen Dialekte oder der slawischen
Sprachen untereinander. Es kann aber keine Rede von einer Verwandtschaft der Finnischwolgaischen Sprachen mit dem Ungarischen sein. Der gemeinsame Wortschatz von 33% hat
bereits die ersten Forscher wie Sajnovics und Budenz irregeleitet. Niemand würde auf die
Idee kommen, den alten Stadt-St. Galler Dialekt wegen der hohen Rekurrenz französischer
Wörter (bedingt durch die Stationierung französischer Soldaten unter Napoleon I. in der
Stadt St. Gallen) als französischen Dialekt zu betrachten. Demnach muss auch festgehalten
werden, dass es keine genetische Verwandtschaft zwischen dem Sumerischen und den
Finnisch-wolgaischen Sprachen gibt. Wo sich in diesen Sprachen sumerische Wörter finden,
sind sie aus dem Ungarischen entlehnt. Damit steht auch in Einklang, dass es keinen
direkten Einfluss des Rätischen auf das Finnische gibt, denn von den in Toth (2009a)
verzeichneten 49 rätisch-akkadischen Wörtern im ungarischen finden sich in der obigen
finnischen Liste gerade 7.
9
Bibliographie
Hakulinen, Lauri, Handbuch der finnischen Sprache. 2. Bd. Wiesbaden 1960
Toth, Alfred, Is there a Finno-Ugric or Uralic language family? In: Obrusánszky, Borbála
(ed.), A magyarság eredetének nyelvészeti kérdései, Szentkatolnai Bálint Gábor
emlékkonferencia kiadványa. Sfantu-Gheorghe: Táltos 6/1, 2007, S.161-182
Toth, Alfred, Sumerian, Proto-Uralic, Proto-Finno-Ugrian and Hungarian. Budapest 2009.
Digitalisat: http://www.szabir.com/blog/sumerian-proto-uralic-proto-finno-ugrian-andhungarian/
Toth, Alfred, Rhaetic/Akkadian and Finno-Ugric/Uralic. (erscheint, 2009)
UEW = Rédei, Károly et al., Uralisches etymologisches Wörterbuch. Budapest 1986 ff.
6.8.2009
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