Physische Analyse
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Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis Kapitel Seite Vorwort 5 Einleitung 6 Methodik 8 Analysen und Ergebnisse 10 1. Grösse der Spielerinnen und Dauer der Partien 10 2. Zurückgelegte Gesamtdistanzen 11 3. Sprints und Läufe in hohem Tempo 16 4. Zurückgelegte Distanzen mit und ohne Ball 24 5. Zurückgelegte Distanzen nach Position 28 6. Laufleistungen ausgewählter Spielerinnen des FIFA-All-Star-Teams 34 7. Analyse des Endspiels Japan – USA 38 8. Erkenntnisse und Empfehlungen für die Trainingsgestaltung 41 Literatur/Impressum 48 3 4 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Vorwort 5 Vorwort Die sechste FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ war zweifellos ein weiterer Meilenstein in der Geschichte des Frauenfussballs. Die 16 Teams, die an der Endrunde in Deutschland teilnahmen, bestätigten eindrucksvoll die Fortschritte des Frauenfussballs und die hohe Qualität, die er mittlerweile erreicht hat. Fussball erfordert auf jedem Niveau eine gründliche und sorgfältige körperliche Vorbereitung. Bei internationalen Wettbewerben wie einer Weltmeisterschaft haben nur diejenigen Teams Chancen auf einen der vorderen Plätze, deren Spieler über optimale athletische Grundlagen verfügen und sich gezielt vorbereitet haben. Auf gesundheitliche Aspekte hat die FIFA schon immer grossen Wert gelegt, da sie für das Spiel und seine Weiterentwicklung von zentraler Bedeutung sind. In den letzten Jahren lancierte die FIFA denn auch mehrere Programme in diesem Bereich. Dazu gehören FIFA 11 für Gesundheit, das Kindern mit Unterstützung prominenter Botschafter zeigt, wie sie durch den Fussball ein gesünderes Leben führen und sich vor Verletzungen schützen können, oder das Aufwärmprogramm FIFA 11+, das – wenn es regelmässig absolviert wird – das Risiko schwerer Verletzungen im Frauenfussball erwiesenermassen um fast die Hälfte reduziert. Die vorliegende physische Analyse der Teams bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ ist die erste umfassende Studie dieser Art. Wir wünschen Ihnen eine interessante und anregende Lektüre! Joseph S. Blatter FIFA-Präsident 6 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Einleitung Einleitung Die sechste FIFA Frauen-Weltmeisterschaft™ 2011 in und welchen Einfluss diese auf die kollektiven und Deutschland bestätigte auf spektakuläre Weise den anhal- individuellen Leistungen der Spielerinnen haben. tenden Aufwärtstrend des Frauenfussballs. Die intensive Förderung, die die FIFA in Zusammenarbeit mit verschiede- Die Studie verfolgt drei Hauptziele: nen Ländern und allen Konföderationen betrieben hat, trägt 1. Präsentation der Erkenntnisse über die bei Frauen- offensichtlich Früchte – nicht nur in Bezug auf die wach- fussballspielen erbrachten physischen Leistungen, sende Verbreitung des Sports unter den Frauen, sondern insbesondere hinsichtlich der von den Spielerinnen auch hinsichtlich der spielerischen Qualität, wie die meisten zurückgelegten Distanzen und der diesbezüglichen Teams bei diesem Aufeinandertreffen der stärksten Nationen Unterschiede zwischen den Teams dieser WM-End- des Frauenfussballs eindrucksvoll bewiesen. runde. Nach Abschluss des Turniers waren sich alle Experten darin 2. Analyse der auf den verschiedenen Positionen einig, dass in den letzten Jahren grosse Fortschritte erzielt zurückgelegten Strecken als Grundlage für mögliche wurden, sei es im Spielaufbau, in der Abwehrorganisation, Anpassungen des Trainings. bei der Ballbehandlung oder bezüglich der ausgezeichneten kognitiven Fähigkeiten (Spielintelligenz und individuelle 3. Abgabe von Empfehlungen für die Trainingsgestaltung auf der Basis aller erhobenen Daten. taktische Stärke), die die Spielerinnen an den Tag legten. Besonders auffallend waren zudem die kämpferische Kein zentrales Anliegen der Studie ist es hingegen, die Einstellung und die offensive Ausrichtung vieler Teams sowie physischen Leistungen der Frauen mit denen der Männer zu die Fairness der Spielerinnen. vergleichen; die an einigen Stellen angeführten Daten aus Unverzichtbare Grundlagen für diese spielerischen dem Männerfussball dienen lediglich zur Veranschaulichung Fortschritte, die oftmals mit hoher Intensität und enormer der entsprechenden Werte der FIFA Frauen-WM. Einsatzbereitschaft der Spielerinnen einhergingen – insbesondere bei den USA, Japan, Frankreich, Schweden oder Analog zum Männerfussball wurden seit den 1990er-Jahren auch bei England –, sind gute physische Voraussetzungen, auch im Frauenfussball verschiedene Studien durchgeführt. eine solide Grundathletik und eine optimale körperliche So wissen wir, dass eine Spielerin pro Partie durch- Vorbereitung. schnittlich 10,3 km zurücklegt – 1,6 km davon im hohen Die vorliegende, erstmals in dieser Form erscheinende Intensitätsbereich zwischen 18 und 25 km/h –, können die Studie ergänzt den Technischen Bericht zur FIFA Frauen- Laufarbeit nach verschiedenen Geschwindigkeiten aufschlüs- Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ und untersucht auf seln und verfügen über viele Informationen über Länge und der Grundlage einer Vielzahl von bei diesem Turnier erhobe- Geschwindigkeit der Sprints sowie über den Einfluss der nen Leistungsdaten, über welche körperlichen Eigenschaften Energiebereitstellung (aerob und anaerob, alaktazid und und Fähigkeiten die weltbesten Fussballerinnen verfügen laktazid) auf den Organismus. Leider sind diese Analysen 7 den meisten Trainern und nicht zuletzt auch der breiten 4. Zurückgelegte Distanzen mit und ohne Ball Öffentlichkeit kaum bekannt. 5. Zurückgelegte Distanzen nach Position Vor diesem Hintergrund und im Einklang mit dem Bestreben 6. Analyse und Vergleich der von sieben Spielerinnen des des FIFA-Präsidenten Joseph S. Blatter, die Entwicklung des All-Star-Teams der FIFA Frauen-WM 2011 zurückgelegten Frauenfussballs voranzutreiben und die fachliche Kompetenz Distanzen der Trainer zu steigern, präsentiert die FIFA diesen umfas- 7. Analyse des Endspiels Japan – USA senden Bericht über körperliche Eigenschaften, Fähigkeiten 8. Erkenntnisse der Studie und Empfehlungen für die und Leistungen von Fussballspielerinnen, aufgeteilt in acht Trainingsgestaltung zur gezielten Verbesserung der Abschnitte: körperlichen Fitness im Frauenfussball 1. Grösse der Spielerinnen und durchschnittliche Dauer der Partien (effektive Spielzeit) 2. Zurückgelegte Gesamtdistanzen pro Spiel und Halbzeit mit Diese Studie versteht sich nicht als streng wissenschaftliche Abhandlung, sondern will in erster Linie einen allgemein Vergleich der entsprechenden Werte der einzelnen Teams, verständlichen Überblick über eine Reihe konkreter und insbesondere zwischen den Viertelfinalisten und den in der umfassender Erhebungen bieten. Nichtsdestotrotz haben wir Gruppenphase ausgeschiedenen Teams zu Vergleichs- und Argumentationszwecken einige wissen- 3. Sprints (maximal und optimal), Läufe in hohem Tempo und schaftliche Untersuchungen herangezogen, die im letzten Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und erzielten Jahrzehnt sowohl im Männer- als auch im Frauenfussball Toren durchgeführt wurden. 8 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Methodik Methodik Im Rahmen der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ Feldspielerinnen, die während der kompletten Dauer der wurden bei jeder der 32 Endrundenpartien die individuellen jeweiligen Partie auf dem Platz standen. Die Werte der Laufwege aller Spielerinnen erfasst und ausgewertet. Torhüterinnen werden nur bei den Sprints (maximal und Insgesamt flossen in diese Studie Daten von über 400 optimal) berücksichtigt. Spielerinnen ein. Alle Analysen beschränken sich auf die reguläre Spielzeit Die Berechnung der durchschnittlich zurückgeleg- plus Nachspielzeit (90 bis 94 Minuten). Verlängerungen ten Gesamtdistanzen basiert auf den Daten aller wurden nicht gewertet. 9 Die angegebenen Teamleistungen beziehen sich, wo nicht drei neue Kategorien gebildet. Dadurch erhofften wir anders vermerkt, auf die drei Gruppenspiele. uns Aufschlüsse darüber, ob zwischen den Strecken, die Für die Analyse nach Position wurden 29 Spiele untersucht im Verlauf einer Partie mit diesen drei Laufintensitäten und insgesamt 52 bis 82 Daten pro Position erfasst. zurückgelegt werden, signifikante Unterschiede bestehen, Zur besseren Lesbarkeit wurden die ermittelten in welchem Geschwindigkeitsbereich sich die Spielerinnen Gesamtdistanzen auf 5 Meter auf- bzw. abgerundet. am häufigsten bewegen und welchen Einfluss die jeweilige Bei der Festlegung der verschiedenen Geschwindigkeits- Position auf das Laufprofil hat. bereiche gingen wir von den fünf Kategorien aus, die in der Während wir die Kategorie „Laufen im mittlerem Tempo” aktuellen Fussballforschung gebräuchlich sind, und stützten beibehielten, fassten wir „Gehen” und „Joggen” unter uns dabei insbesondere auf folgende Studien: „Laufen in niedrigem Tempo” zusammen, da sich die entscheidenden Aktionen im Fussball vorwiegend in höheren 1. Männerfussballstudie von V. di Salvo et al. (2008) • Gehen: <7,2 km/h; Joggen: <14,4 km/h; Laufen in Geschwindigkeitsbereichen abspielen. Interessant wird es diesbezüglich zwischen 12–13 mittlerem Tempo: <19,8 km/h; Laufen in hohem Tempo: und 16–17 km/h, der typischen Geschwindigkeit 19,8 bis 25 km/h; Sprint: >25 km/h über eine Strecke beim Spielaufbau, bei Rhythmuswechseln sowie beim von bis zu 20 Metern. Wiedereinnehmen der Defensivformation. Im Gegensatz 2. Frauenfussballstudie mit angepassten Geschwindigkeits- dazu sind Läufe mit zwischen 19 und 21–22 km/h charakte- bereichen von M. Mohr, P. Krustrup et al. und J. Bangsbo ristisch für Konterangriffe, für Vorstösse ohne Ball über die (2008) Flügel oder auch für das Zurückeilen eines offensiv agieren- • Gehen: <6 km/h; Joggen: <12 km/h; Laufen in den Aussenverteidigers nach einem Ballverlust. mittlerem Tempo: 15 bis 18 km/h; Laufen in hohem Bewusst nicht in die Analyse einbezogen wurden die im Tempo: >18 bis 25 km/h; Sprint: >25 km/h. Rückwärtslaufen absolvierten Strecken; dennoch empfiehlt es sich, auch diese Art der Fortbewegung gezielt zu Auf der Grundlage unserer Erfahrungen und im Hinblick trainieren, da ihr im Fussball ebenfalls ein nicht unerhebli- auf die Anwendbarkeit der Erkenntnisse auf die cher Stellenwert zukommt, insbesondere auf bestimmten Trainingsgestaltung haben wir diese Skala leicht angepasst. Positionen. Als nicht ideal für die Zwecke der vorliegenden Studie All diese Überlegungen führten schliesslich zu folgender erachteten wir vor allem die grosse Bandbreite des „Laufens Unterteilung der Geschwindigkeiten: in hohem Tempo” (19,1 bis 25 km/h), da sich innerhalb dieses Geschwindigkeitsintervalls manche Spielerinnen noch 1. Gehen und Laufen in niedrigem Tempo bis 12 km/h im aeroben, andere aber bereits im anaerob-alaktaziden 2. Laufen in mittlerem Tempo von 12,1 bis 18 km/h Bereich bewegen. Aus diesem Grund haben wir uns hier für 3. Laufen in hohem Tempo von 18,1 bis 21 km/h eine zusätzliche Abstufung entschieden und aus „Laufen in 4. Optimales Sprinten von 21,1 bis 25 km/h hohem Tempo” (18 bis 25 km/h) und „Sprint” (>25 km/h) 5. Maximales Sprinten ab 25 km/h 10 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse Analysen und Ergebnisse 1. GRÖSSE DER SPIELERINNEN UND DAUER DER PARTIEN Um sich im modernen Frauenfussball auf Spitzenniveau erfolgreich zu behaupten, sind offenbar in erster Linie andere Qualitäten gefragt. Die durchschnittliche Grösse der Spielerinnen bei der Bei den Torhüterinnen lag die Körpergrösse zwischen FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ betrug 1,68 m, 1,62 m und 1,85 m und im Mittel aller Teams bei 1,73 m. mit Mittelwerten der einzelnen Teams zwischen 1,73 m Die Schlussfrauen der Halbfinalisten massen durchschnittlich (Deutschland) und 1,63 m (Japan). Die grösste Spielerin 1,72 m, die grösste von ihnen 1,79 m. mass 1,87 m, die kleinste 1,52 m. Für Torhüterinnen, die ja unter anderem die Aufgabe haben, Während drei der vier Halbfinalisten zu den grössten Teams hohe Bälle abzufangen, scheint dies nicht besonders gross; zählten (Schweden 1,73 m, USA und Frankreich je 1,69 m), als umso wichtiger erwiesen sich deshalb andere Qualitäten, stellte Weltmeister Japan das kleinste Team des Turniers wie Explosivität, Muskelkraft in Beinen und Oberkörper (1,63 m), knapp vor Kolumbien (1,64). Insgesamt waren nur sowie natürlich Fangsicherheit, ein sicheres Spiel mit dem vierzehn Spielerinnen 1,80 m oder grösser. Fuss – ein unbestreitbarer Vorteil für jedes Team – und Diese Zahlen bestätigen, dass die Körpergrösse heutzu- nicht zuletzt eine starke Persönlichkeit, wie sie etliche tage im Fussball und namentlich im Frauenfussball keinen Torhüterinnen während dieses Turniers unter Beweis stellten. zentralen Erfolgsfaktor darstellt. Tatsächlich schieden in Deutschland zwei der grössten Teams bereits in der Spieldauer Gruppenphase aus und beendeten das Turnier auf den Während sich die Gesamtdauer der Partien (einschliesslich hinteren Plätzen, während der Titel, wie erwähnt, an die Nachspielzeit, aber ohne etwaige Verlängerung) zwischen vergleichsweise klein gewachsenen Japanerinnen ging. 92 und 95 Minuten bewegte, betrug die effektive Spielzeit Abbildung 1: Durchschnittliche Grösse der Feldspielerinnen und Torhüterinnen bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ Zentimeter 180 Spielerinnen Torhüterinnen 175 170 165 160 155 150 AUS BRA CAN COL ENG EQG FRA GER JPN PRK MEX NZL NGA NOR SWE USA 11 im Mittel aller Partien 57’27”, deutlich mehr als bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft China 2007TM (53’40”) und auch mehr als bei der FIFA Fussball-Weltmeisterschaft Südafrika 2010™ (54’04”). Von 56’56” in den Gruppenspielen stieg der Durchschnitt in der K.-o.-Phase auf über 60’ an. Zu erklären sind diese hohen Werte, die wesentlich zur Attraktivität des Turniers beitrugen, durch die ebenso engagierte wie faire Spielweise der Teams, die mehrheitlich einen hohen Rhythmus anschlugen, bis zum Ende keinen Ball verloren gaben und kaum Spielunterbrechungen provozierten. 2. ZURÜCKGELEGTE GESAMTDISTANZEN Im Durchschnitt legten die Spielerinnen pro Partie insgesamt 10 215 m zurück, davon 55 m im maximalen Sprint, 235 m im optimalen Sprint, 395 m in hohem Tempo, 2330 m in mittlerem Tempo und 7200 m – was 70,5 % der Gesamtdistanz entspricht – in niedrigem Tempo. Wie zuvor erwähnt, wurden für die Berechnung dieser Mittelwerte nur diejenigen Spielerinnen berücksichtigt, die die jeweilige Partie komplett bestritten (siehe Tabelle 1). Die Spitzenwerte für ein einzelnes Spiel lagen bei 13 880 m Gesamtdistanz, 335 m im maximalen Sprint, 640 m im optimalen Sprint sowie 975 m in hohem Tempo und damit in einem mit dem Männerfussball vergleichbaren Bereich, insbesondere bei der Gesamtdistanz (12 000 bis 14 000 m). Mit 93,3 % (Frauen) bzw. 90,1 % (Männer) macht die in niedrigem und mittlerem Tempo zurückgelegte Distanz bei beiden Geschlechtern einen ähnlich grossen Anteil aus. Ein klarer Unterschied zeigt sich hingegen im höchsten Intensitätsbereich. Hier kommen die Frauen auf lediglich 2,8 % (0,5 % im maximalen und 2,3 % im optimalen Sprint), die Männer jedoch auf 5,1 % (maximal und optimal), was allerdings teilweise daran liegen könnte, dass die höchste Geschwindigkeitskategorie in den Studien der Männern bereits bei 24 km/h und nicht, wie in unserer Studie, erst bei 25 km/h beginnt. Läufe in hohem Tempo 12 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse machen bei den Männern 9,9 % der Gesamtdistanz aus, 10,480 km, Japan mit 10,470 km und Schweden mit bei den Frauen 6,7 % (siehe Abbildung 2). 10,220 km. Die Differenz zwischen den vier Halbfinalisten Tabelle 2 gibt eine Übersicht über die durchschnittli- beträgt maximal 770 m, diejenige zwischen manchen der che Gesamtdistanz, die von den Spielerinnen der 16 in der Gruppenphase ausgeschiedenen Teams 1,340 km. Endrundenteams der FIFA Frauen-WM 2011 in den drei Wie der Vergleich zwischen den beiden Halbzeiten zeigt, Partien der Gruppenphase pro Spiel zurückgelegt wurde. ging die Laufleistung nach der Pause im Mittel aller Teams Die Differenz zwischen dem laufstärksten Team (den USA um 2,74 % zurück, wobei mehrere Teams eine ausgegli- mit 10,990 km) und dem Schlusslicht dieser Rangliste chene Bilanz aufwiesen und Frankreich, Schweden, Brasilien, (Nigeria mit 9,240 km) beträgt mehr als 1,5 km. Zurück- die USA, die DVR Korea und Neuseeland ihr Pensum in der zuführen ist dies zu einem beträchtlichen Teil auf die höhere zweiten Hälfte sogar um 0,8 % steigerten. durchschnittliche Laufgeschwindigkeit einiger Teams wie Ein direkter Zusammenhang zwischen den diesbezüglichen den USA, Kanada oder Japan von über 7,1 km/h (gegen- Tendenzen der einzelnen Teams und ihrem Abschneiden in über 6,0 km/h bei Mexiko und 6,3 km/h bei Nigeria der Gruppenphase war indes nicht festzustellen. Tatsächlich und Äquatorial-Guinea), aber auch auf Unterschiede in waren es, wie wir noch sehen werden, oftmals die im Athletik und Physis, insbesondere bezüglich der aeroben Verlauf einer Partie vorgenommenen Änderungen der Taktik, Ausdauerfähigkeit. Strategie oder Teamorganisation, die für Unterschiede zwi- Mehrere Teams weisen in dieser Statistik ähnliche Werte schen den vor und nach der Pause zurückgelegten Distanzen auf, so zum Beispiel England mit 10,805 km, Neuseeland verantwortlich waren. Zudem spielten hier natürlich auch mit 10,760 km, Kanada mit 10,580 km, Frankreich mit mentale Aspekte einer Rolle. Tabelle 1 Durchschnittliche Laufdistanzen (in Meter) pro Spielerin und Partie in der Gruppenphase (3 Spiele) Total Maximale Sprints (>25 km/h) Anteil maximale Sprints Optimale Sprints (21,1– 25 km/h) Anteil optimale Sprints 10 215 55 0,5 % 235 2,3 % Läufe in Läufe in Anteil Läufe Anteil Läufe mittlerem hohem Tempo in mittlerem in hohem Tempo (12,1– (18,1– Tempo Tempo 18 km/h) 21 km/h) 395 3,9 % 2330 22,8 % Läufe in niedrigem Tempo (<12 km/h) Anteil Läufe in niedrigem Tempo 7200 70,5 % Durchschnittliche Laufdistanzen pro Spieler und Partie in deutschen, englischen und spanischen Ligaspielen Total Maximale Sprints (>24 km/h) Anteil maximale Sprints 11 400 220 2,0 % Läufe in Läufe in Anteil Läufe Anteil Läufe mittlerem hohem Tempo in mittlerem in hohem Tempo (19,1– (21,1– Tempo Tempo 21 km/h) 24 km/h) 330 2,9 % 550 4,8 % Joggen (11,1– 19 km/h) 3300 Gehen, Anteil Gehen, Traben, Traben, Anteil Joggen RückwärtsRückwärtslaufen laufen (0–11 km/h) 28,9 % 7000 61,4 % Der Vergleich mit den Werten von deutschen, englischen und spanischen Fussballspielern lässt Unterschiede zwischen den Laufdistanzen der Frauen und der Männer erkennen, insbesondere bei den Sprints und den Läufen in hohem Tempo. Zu einem gewissen Teil sind diese Differenzen auf die unterschiedlich festgelegten Geschwindigkeitskategorien der verschiedenen Studien zurückzuführen. 13 Abbildung 2 Verteilung der Laufdistanzen nach Geschwindigkeitsbereichen (FIFA Frauen-WM Deutschland 2011™) Verteilung der Laufdistanzen nach Geschwindigkeitsbereichen (Ligaspiele von Männerteams in Deutschland, England und Spanien) 0,5 % 2,3 % 2,1 % 3,0 % 3,9 % 4,8 % 93,3 % 90,1% Total Sprints und Läufe in hohem Tempo (>18,1 km/h): 6,7 % Total Sprints und Läufe in hohem Tempo (>19,1 km/h): 9,9 % Läufe in hohem Tempo Optimale Sprints Läufe in mittlerem und niedrigem Tempo Tabelle 2 In den verschiedenen Geschwindigkeitsbereichen zurückgelegte Distanzen bei der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ Gesamtdistanz pro Spiel (m) Maximale und optimale Sprints (>21,1 km/h) Läufe in hohem Tempo (18,1–21 km/h) Läufe in mittlerem Tempo (12,1–18 km/h) Läufe in niedrigem Tempo Team Total 1. Halbzeit 2. Halbzeit Total (m) Ø Geschwindigkeit Total (m) Ø Geschwindigkeit Total (m) Ø Geschwindigkeit 0–12 km/h Äquatorial-Guinea 9500 4950 4550 285 23,9 370 19,4 2125 14,4 6730 Nigeria 9240 4640 4600 245 24,2 310 19,1 1805 14,4 6880 Japan 10 470 5305 5165 240 23,9 370 19,3 2840 14,3 7020 DVR Korea 10 360 5160 5200 290 24,1 460 19,4 2430 14,5 7180 Kanada 10 580 5315 5265 380 24,2 515 19,4 2590 14,5 7095 Mexiko 10 050 5125 4925 155 24 445 19,3 2730 14,4 6720 USA 10 990 5490 5500 330 24 460 19,2 2820 14,4 7380 9350 4650 4700 310 24 350 19,2 1760 14,4 7030 10 020 5015 5005 290 23,9 395 19,4 2225 14,4 7110 Brasilien Kolumbien Australien 9840 4995 4845 290 23,9 350 19,3 2050 14,3 7170 Neuseeland 10 760 5420 5340 265 23,9 425 19,3 2840 14,3 7240 Deutschland 10 375 5305 5070 320 24 420 19,3 2515 14,4 7120 England 10 805 5410 5395 305 24,1 445 19,3 2730 14,3 7325 Frankreich 10 480 5280 5200 270 24,2 370 19,5 2500 14,3 7340 Norwegen 10 570 5285 5285 290 23,7 400 19,3 2300 14,3 7580 Schweden 10 220 5085 5135 310 24,2 360 19,2 2200 14,2 7350 14 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse Die Aufschlüsselung nach Spielabschnitten ergibt ein ähn- Der Vergleich mit Spielern der höchsten brasilianischen liches Bild wie bei den Männern, bei denen die Laufdistanz Liga (10,015 km) sowie der spanischen Meisterschaft gemäss verschiedenen Studien in der zweiten Halbzeit um (11,400 km) zeigt zudem, dass sich die besten 2 bis 9 % abnimmt (siehe Abbildung 3). Spielerinnen in dieser Beziehung durchaus mit ihren Mit 11,230 km lag die durchschnittliche Laufleistung von männlichen Kollegen messen können (siehe Abbildung 4). sieben ausgewählten Spielerinnen des All-Star-Teams der Gegenüber den Gruppenspielen steigerten die vier FIFA Frauen-WM 2011 klar über dem entsprechenden Halbfinalisten ihr Laufpensum in der K.-o.-Phase ins- Mittelwert der 16 Endrundenteams (10,215 km) und sogar gesamt um durchschnittlich 3,6 %, im Bereich des noch etwas deutlicher über dem Ergebnis einer Studie maximalen und optimalen Sprints sogar um 21,7 %. mit 18 dänischen und schwedischen Spitzenspielerinnen Sehr uneinheitlich verlief die Entwicklung bei den Läufen (9,900 km). Dies bestätigt einerseits den bedeutenden in hohem Tempo, deren Volumen bei Japan und den Einfluss der individuellen physischen Leistungen auf den USA um 9 % sank, bei Schweden gleich blieb und bei kollektiven Erfolg eines Teams und ist andererseits Ausdruck Frankreich um 12 % zunahm. Der Anstieg der zurück- der hervorragenden Fitness der WM-Teilnehmerinnen. gelegten Distanz insgesamt und insbesondere im oberen Die 1,330 km, die zwischen dem Wert der dänischen und Rhythmusbereich um bis zu 25 % und mehr widerspiegelt schwedischen Spitzenspielerinnen von 2008 und demjeni- die höhere Intensität, mit der die Spiele in der zweiten, gen der Akteurinnen der FIFA Frauen-WM 2011 liegen, sind entscheidenden Phase des Turniers geführt wurden. ein Beleg dafür, wie stark sich der Frauenfussball in diesem Die Laufleistungen, die sowohl in den Gruppenspielen als Bereich in den letzten Jahren weiterentwickelt hat. auch in der K.-o.-Phase erbracht wurden, zeugen von der Abbildung 3: Pro Spiel zurückgelegte Gesamtdistanz (nach Teams und Halbzeiten) in der Gruppenphase (3 Spiele) 8 10 220 10 570 10 375 10 480 10 805 10 760 9840 10 020 9350 10 050 10 580 10 360 9220 9 9500 10 10 470 11 10 990 km 7 6 5 4 3 2 1 EQG NGA Total JPN PRK CAN 1. Halbzeit MEX USA BRA 2. Halbzeit COL AUS NZL ENG FRA GER NOR SWE Durchschnittliche Abnahme in der zweiten Halbzeit: 2,7 % 15 Abbildung 4: Vergleich der Laufleistungen (pro Spiel und nach Halbzeiten) zwischen den Teilnehmern der FIFA FrauenWeltmeisterschaft 2011™ und ausgewählten Männerteams km (-355 m) 10 015 11 400 (-20 m) (-150 m) (-100 m) 5 (-140 m) 6 (0) (-75 m) 7 (-10 m) 8 9900 9 10 470 10 540 10 125 10 10 990 11 11 230 12 4 3 2 1 0 16 Teams der Gruppenphase Total '@KAÖM@KHRSDM USA 1. Halbzeit Japan 7 All-StarSpielerinnen 18 dänische und schwedische Spitzenspielerinnen (2005) Spanische Meisterschaft (Männer) Brasilianische Meisterschaft (Männer) 2. Halbzeit Tabelle 3 Von den Halbfinalisten in der Gruppenphase (3 Spiele) und in der K.-o.-Phase (3 Spiele) zurückgelegte Gesamtdistanzen Team Gesamtdistanz (m) Maximale und optimale Sprints (>21,1 km/h) Läufe in hohem Tempo (18,1–21 km/h) Läufe in niedrigem und mittlerem Tempo, Gehen (<18 km/h) Gruppenspiele K.-o.-Phase Gruppenspiele K.-o.-Phase Gruppenspiele K.-o.-Phase Gruppenspiele K.-o.-Phase Japan 10 470 10 600 +1,3 % 240 275 +12,7 % 370 330 -10,1 % 8855 9945 +11 % USA 10 990 10 760 -1,3 % 330 340 +2,6 % 460 420 -8,7 % 10 200 10 000 -2 % Schweden 10 220 10 325 +1 % 210 280 -9 % 360 360 0 % 9560 9685 +1,3 % Frankreich 10 480 10 820 +3,1 % 270 325 +17 % 370 420 -11,9 % 9840 10 075 +2,3 % Durchschnittliche Veränderung in der K.-o.-Phase: Gesamtdistanz +3,6 %, Sprints +6 %, Läufe in hohem Tempo –2,1 % Die 570 m Unterschied, die bei der durchschnittlich pro Spiel zurückgelegten Gesamtdistanz zwischen den sechs besten Teams der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ (10,560 km) und den sechs Letztplatzierten (9,990 km) liegen, reichen nicht als alleinige Erklärung für das unterschiedliche Abschneiden der Teams aus. Andere physische und vor allem auch spieltechnische Faktoren spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle. 16 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse guten Physis der Endrundenteilnehmer und ihrer intensiven, sich auf 55 m. Ein einzelner Sprint führte durchschnittlich in manchen Ländern sogar nach wissenschaftlichen Kriterien über 13,7 m (16,1 m bei Kanada, 11,5 m bei Japan und aufgebauten Vorbereitung. Um die Form ihrer Spielerinnen 7,5 m bei Mexiko). Unterschiede zwischen den Teams gab über das ganze Turnier hinweg zu bewahren, achteten die es auch bei der Zahl der maximalen Sprints pro Spiel, die im Teams auf eine optimale Regeneration zwischen den Partien Mittel bei 4 lag, aber je nach Spielerin und Position zwischen und eine gute Dosierung der Trainingseinheiten. 1 und 12 schwankte. Die durchschnittliche Geschwindigkeit Dass ab den Viertelfinals die stärksten und routiniertesten eines maximalen Sprints betrug 25,7 km/h (siehe Tabelle 4). Teams des Turniers aufeinandertrafen, ist bei der Analyse der Wie wir bei der Analyse der einzelnen Positionen sehen Laufdistanzen ebenfalls zu berücksichtigen. werden, absolvierten die Stürmerinnen und die äusseren Mittelfeldspielerinnen die meisten Sprints und erreichten dabei leicht überdurchschnittliche Geschwindigkeiten. 3. SPRINTS UND LÄUFE IN HOHEM TEMPO Die im optimalen Sprint (21,1–25 km/h) zurückgelegte Distanz pro Spiel reichte von 290 m bei Kanada über Im maximalen Geschwindigkeitsbereich (>25 km/h) legten die 190 m bei Nigeria bis zu 135 m bei Mexiko. Spielerinnen pro Partie im Schnitt zwischen 90 m (Kanada) Durchschnittlich sprinteten die Spielerinnen in diesem und 20 m (Mexiko) zurück; der Mittelwert aller Teams belief Geschwindigkeitsbereich 180 m weiter als in maximalem Tabelle 4 Anzahl und Länge (in Metern) der Sprints (maximal und optimal) in der Gruppenphase Maximale Sprints (>25 km/h) Team Optimale Sprints (21,1–25 km/h) Total Sprints (maximal und optimal, >21,1 km/h) Gesamtlänge (m) Anzahl der Sprints Ø Länge (m) Gesamtlänge (m) Anzahl der Sprints Ø Länge (m) Gesamtlänge (m) Anzahl der Sprints Ø Länge (m) Äquatorial-Guinea 50 4 12,4 235 17 13,8 285 21 13,5 Nigeria 55 3 14,9 190 13 14,6 245 16 15,3 Japan 40 3 11,5 205 14 14,2 240 17 14,1 DVR Korea 45 3 14,8 245 18 13,6 290 21 13,8 Kanada 90 6 16,1 290 22 13,8 380 28 13,5 Mexiko 20 2 7,5 135 11 12,3 155 13 11,9 USA 60 4 15,0 270 19 14,2 330 23 14,3 Brasilien 75 5 15,7 235 16 14,5 310 21 14,7 Kolumbien 55 4 14,3 235 19 12,3 290 23 12,6 Australien 40 4 11,1 250 18 13,8 290 22 12,8 Neuseeland 35 3 13,0 230 16 14,2 265 19 13,9 Deutschland 50 4 14,6 270 17 15,8 320 21 15,3 England 50 4 11,7 255 17 14,9 305 21 14,5 Frankreich 55 4 15,0 215 14 15,3 270 18 15,0 Norwegen 50 3 15,5 240 15 16,0 290 18 16,1 Schweden 60 5 12,8 250 16 15,6 310 21 14,7 DURCHSCHNITT 55 4 13,7 235 16 14,3 290 20 14,0 17 18 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse Tempo. Die grösste Differenz zwischen diesen beiden Wie die Positionsanalyse zeigen wird, werden die meisten Arten von Sprints verzeichnete Deutschland mit 220 m. dieser Sprints im Bereich zwischen 21 und 25 km/h von Die durchschnittliche Länge eines Sprints in optimalem Spielerinnen im Mittelfeld und auf den Aussenbahnen Tempo betrug 14,2 m – mit Werten der einzelnen Teams ausgeführt. zwischen 15,6 m und 11 m – und damit 0,5 m mehr als bei Die Summe der mit >21,1 km/h zurückgelegten Strecken maximaler Geschwindigkeit. (optimaler Sprint und maximaler Sprint) belief sich durch- Höher – bei einigen Teams mehr als doppelt so hoch – schnittlich auf 290 m, wobei die Kanadierinnen mit war auch die Zahl dieser Sprints pro Spiel (16 im Mittel 380 m auch hier an der Spitze lagen. Einige andere Teams aller Teams, 22 bei Kanada und nur 11 bei Mexiko). Die erreichten 305 bis 330 m und damit bis zu 90 m mehr als durchschnittliche Geschwindigkeit eines optimalen Sprints Weltmeister Japan und über 100 m mehr als einige schwä- lag bei 22,5 km/h. chere Teams. Die fleissigsten Sprinterinnen stellten die Wie sich damit einmal mehr gezeigt hat, sprinten angelsächsischen Vertreter Kanada (380 m), USA (330 m) Fussballspielerinnen während einer Partie weit häufiger und England (305 m) sowie Deutschland (320 m), Brasilien in optimalem als in maximalem Tempo. Typisch ist der und Schweden (je 310 m). optimale Sprint, um sich von einer Gegenspielerin abzu- Abbildung 5 zeigt die von verschiedenen Teams der setzen und sich als Anspielstation anzubieten, aber FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ im Sprint auch für das Führen des Balles im Spielaufbau und in (maximal und optimal) absolvierten Distanzen sowie Eins-gegen-Eins-Situationen. einige Vergleichswerte aus dem Männerfussball. Die Abbildung 5: Vergleich der Sprints (maximal und optimal, >21,1 km/h) zwischen den Teams der FIFA FrauenWeltmeisterschaft 2011™ (Gruppenphase, 3 Spiele) und männlichen Profis in England und Spanien Meter 600 550 510 500 400 330 300 300 290 290 250 240 240 200 100 0 Durchschnitt 8 in der Gruppen- 8 für die der 16 phase ausgeK.-o.-Phase Endrundenschiedene PT@KHÖYHDQSD Teams Teams teams '@KAÖM@KHRSDM Japan USA Englisches U-19 Männerteam Durchschnittliche Gesamtlänge der Sprints pro Spiel bei den Männern (>24 km/h): 450–700 m Spieler der englischen Meisterschaft Spieler der spanischen Meisterschaft 19 beträchtliche Differenz zwischen den USA (330 m, 23 in diesem Tempo grössere Distanzen als 19-jährige englische Sprints zu durchschnittlich 14,3 m) und Mexiko (155 m, Nachwuchsspieler zurücklegten. 13 Sprints zu 11,9 m) deutet auf einen Zusammenhang Die Aufschlüsselung nach Halbzeiten ergibt eine Zunahme zwischen der Sprintfreudigkeit und dem Abschneiden der der Sprints nach der Pause um durchschnittlich 5,7 %, bei einzelnen Teams hin, was auch die Analyse der erzielten Japan sogar um 11 %. Dieser Anstieg korreliert mit der Tore bekräftigen wird. Während in der Gruppe C sechs höheren Intensität der Spiele im zweiten Durchgang, die von zehn Toren auf das Konto der USA gingen, gelangen auch zur Folge hatte, dass insbesondere gegen Ende der Mexiko in der Gruppe B, in der insgesamt 18 Treffer fielen, Partien mehr Tore fielen. nur drei, Japan hingegen sechs Tore (240 m, 17 Sprints Während verschiedene Studien aus dem Männerfussball zu 14,1 m). Obwohl zwischen den besten Teams die bei den in höherem Tempo zurückgelegten Distanzen keine Sprintwerte weniger weit auseinanderlagen, war, wie wir signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Halbzeiten noch sehen werden, deren Einfluss auf den Ausgang der erwähnen, konstatieren andere Analysen diesbezüglich in Spiele klar feststellbar. der zweiten Spielhälfte sogar einen Rückgang. Das im Vergleich um fast 50 % höhere Sprintpensum der Die Ergebnisse unserer Untersuchung erklären sich einer- Männer (400 bis 600 m mit >24 km/h) bestätigt einmal seits durch die verwendete Methodik und andererseits mehr, dass in diesem Bereich zwischen den Geschlechtern sicherlich auch durch die Qualität des Turniers, seinen welt- ein markanter Unterschied besteht – auch wenn die Frauen weiten Stellenwert und die hohe Intensität der Partien, in 20 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse denen die Spielerinnen oftmals bis an ihre Leistungsgrenzen 370 m zurück, während die besten Teams auf Werte um gingen. 500 m kamen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Läufe in hohem Läufe in hohem Tempo Tempo aller Teams betrug 19,4 km/h. Keine grossen Wie aus der entsprechenden Bilanz der einzelnen Teams Unterschiede gab es bei der Länge (12 bis 20 m) und der (Abbildung 6) hervorgeht, legten die Spielerinnen im Zahl dieser Läufe pro Spiel (durchschnittlich 20 bis 30, je Geschwindigkeitsbereich von 18,1 bis 21 km/h eine um nach Spielerin und Position zwischen 5 und 50) sowie bei 28 % längere Distanz zurück als in Form von maximalen der auf diese Weise absolvierten Gesamtdistanz pro Partie und optimalen Sprints (>21,1km/h). Typisch sind diese (maximale Differenz zwischen den Teams: 100 bis 140 m). „Läufe in hohem Tempo” vor allem für die Spielerinnen Auffallend war, dass mehrere Spitzenteams – Japan, die auf den Aussenbahnen (Mittelfeld und Verteidigung) USA, Frankreich, England und Deutschland –, aber auch und auf bestimmten zentralen Positionen bei eige- Neuseeland und die DVR Korea mit Läufen in hohem Tempo nem Ballbesitz, aber auch für das Abschütteln einer eine um fast 30 % grössere Distanz zurücklegten als mit Gegenspielerin, um sich freizulaufen, sowie für das Sprints (maximal und optimal), was zum Teil sicherlich mit Zurückeilen in die Abwehr. den Spielstilen dieser Teams zu tun hat. Die in der Gruppenphase ausgeschiedenen Teams legten Trotz der überwiegend geringen Differenzen in diesem in diesem Geschwindigkeitsbereich durchschnittlich nur Bereich lässt eine genauere Analyse der Daten darauf Abbildung 6: Vergleich der Gesamtlänge der Sprints (maximal und optimal, >21,1 km/h) und der Läufe in hohem Tempo (18,1–21 km/h) in den 3 Spielen der Gruppenphase Meter 600 Läufe in hohem Tempo 400 420 445 360 310 290 320 155 270 305 AUS 265 290 350 370 395 290 350 310 330 290 COL 240 245 285 310 300 200 380 370 370 400 425 445 460 500 460 515 Optimale und maximale Sprints 100 0 EQG NGA JPN PRK CAN MEX USA BRA NZL ENG FRA GER Durchschnittliche Differenz zwischen Sprints (maximal und optimal) und Läufen in hohem Tempo: 28 % NOR SWE 21 22 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse schliessen, dass die besten Ergebnisse nicht nur von denje- dass das Laufpensum im oberen Intensitätsbereich zwar nigen Teams erzielt werden, die den besten Fussball spielen, einen gewissen Einfluss auf die kollektive Teamleistung hat, sondern auch von denjenigen, deren Spielerinnen sich aber im Vergleich zu den technischen, taktischen, strategi- am häufigsten in den oberen Geschwindigkeitsbereichen schen und psychologischen Aspekten des Spiels dennoch bewegen. eine kleinere Rolle spielt. Zählt man die Läufe in hohem Tempo und die Sprints Einen Zusammenhang zwischen den mit höheren (maximal und optimal) zusammen, ergibt sich ein Anteil Geschwindigkeiten zurückgelegten Strecken und dem Erfolg an der Gesamtdistanz von 11 % bei den USA, 8,4 % bei eines Teams stellen auch aktuelle Untersuchungen aus dem Japan, 9 % bei Frankreich, 8,2 % bei Brasilien, 8,6 % bei Männerfussball fest, denen zufolge ein Spieler pro Partie Schweden, 9,8 % bei Deutschland, 9,9 % bei England und Sprints und Läufe in hohem Tempo (>19 km/h) über eine 7,8 % bei Australien. Gesamtdistanz von durchschnittlich 1000 bis 1300 m absol- Von den Teams, die nicht über die Gruppenphase hin- viert (Rampini et al.). Bei der FIFA Frauen-WM belief sich auskamen, lagen Nigeria mit 7,8 %, Mexiko mit 6,2 %, dieser Wert im Mittel aller Teams auf 700 m (USA 790 m, Äquatorial-Guinea mit 7,7 %, Norwegen mit 8,1 %, Brasilien 660 m, Frankreich 640 m). Kolumbien mit 7,6 % und Neuseeland mit 8,5 % deutlich Eine eingehendere Analyse der Läufe in hohem Tempo mit hinter den Spitzenteams zurück. und ohne Ball sowie ihres Einflusses auf den Spielverlauf Mit Kanada (10,4 %) und der DVR Korea (9,4 %) rangieren folgt im nächsten Kapitel. jedoch auch zwei der vorzeitig ausgeschiedenen Teams auf Die genaue Geschwindigkeit der Sprints und Läufe in den vorderen Plätzen dieser Statistik – ein klares Indiz dafür, hohem Tempo (>18,1 km/h) wirkt sich nicht massgeblich Abbildung 7: Analyse der Sprints (maximal und optimal, >21,1 km/h) aller 16 Teams nach Spielabschnitten (gesamtes Turnier) Meter 700 0–15' 16'–30' 31'–45' 46'–60' 61'–75' 76'–90' 6 22 12 15 3 1 1 1 4 5 4 16 8 6 600 500 400 300 Erzielte Tore Gesamtes Turnier (32 Spiele) 13 11 8 in der Gruppenphase ausgeschiedene Teams 2 EÂQCHD*N/G@RDPT@KH×YHDQSD3D@LR 7 23 auf die Teamleistung aus; relevant sind hingegen die dabei „Geschwindigkeitshoch”, was teilweise auf die Erholung zurückgelegten Strecken sowie die Fähigkeit, im Verlauf während der Pause zurückzuführen ist. In dieser Zeitspanne eines Spiels möglichst viele Sprints absolvieren zu können. wurden denn auch die meisten Tore erzielt, insbesondere Entsprechend wichtig ist deshalb eine gute aerobe-anaerobe von den stärkeren Teams (31,5 % ihrer Treffer bei den vier Ausdauer, die eine rasche Erholung zwischen diesen kurzen Halbfinalisten gegenüber 27 % im Mittel aller Teams). Phasen hoher Intensität ermöglicht. Ab der 61. Spielminute zeichneten sich bei den Sprints zwei unterschiedliche Tendenzen ab: Während die Halbfinalisten Zusammenhang zwischen Geschwindigkeit und ihr entsprechendes Laufpensum hielten oder sogar erhöh- erzielten Toren ten, ging das Tempo sowohl bei den in der Gruppenphase Die in den Abbildungen 7 und 8 präsentierte Analyse zeigt, ausgeschiedenen Teams als auch bei den Verlierern der wie wichtig die Schnelligkeit beim Abschluss und bei den Viertelfinals merklich zurück. erzielten Toren ist. Zwischen der 76. und 90. Minute konnten die Spitzenteams Alle Teams zeigten sich in der Anfangsphase ihrer Partien ihren Rhythmus noch einmal steigern und 18,5 % ihrer sehr sprintfreudig, liessen dann aber diesbezüglich gegen Turniertore erzielen. Insgesamt fielen in der letzten Ende der ersten Halbzeit stark nach. Dieses Nachlassen Viertelstunde 19 % aller Treffer. fällt zeitlich mit der torärmsten Viertelstunde der Spiele Im Gegensatz dazu schossen die vorzeitig ausgeschiede- zusammen, fielen doch zwischen der 31. und 45. Minute nen Teams in diesem Spielabschnitt nicht nur wenige oder nur 7,6 % aller Treffer des Turniers. Zu Beginn der zweiten gar keine Tore, sondern kassierten auch die meisten ihrer Hälfte (46.–60. Minute) erreichten die Teams ein weiteres Gegentreffer (25 bis 30 %). Abbildung 8: Analyse der Sprints (maximal und optimal, >21,1 km/h) der vier Halbfinalisten (Gruppenspiele und K.-o.-Phase) sowie der vier im Viertelfinale ausgeschiedenen Teams nach Spielabschnitten Meter 700 0–15' 16'–30' 31'–45' 46'–60' 61'–75' 76'–90' 600 500 400 300 Erzielte Tore '@KA×M@KHRSDMHMCDQ*N/G@RD 4 3 1 5 3 5 2 2 7 5 3 3 2 9 3 3 '@KA×M@KHRSDMHMCDM&QTOODMROHDKDM 4 (L5HDQSDK×M@KD@TRFDRBGHDCDMD3D@LR 3 24 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse Bei den Spitzenteams war sowohl in der zweiten Halbzeit Auf diese Fragen müssen die Experten und Trainer des – insbesondere zwischen der 61. und 90. Spielminute – als Frauenfussballs die richtigen Antworten finden, um die auch zwischen den Gruppenspielen und der K.-o.-Phase Trainingsgestaltung (Methoden, Intensität, Regeneration) eine progressive Zunahme der im Sprint zurückgeleg- entsprechend anzupassen. ten Distanzen festzustellen. Die höhere Zahl ihrer Tore in diesem Spielabschnitt und deren Abnahme im späteren Verlauf des Turniers (acht Treffer in den Gruppenspielen, sechs in der K.-o.-Phase) erklären sich durch taktische 4. ZURÜCKGELEGTE DISTANZEN MIT UND OHNE BALL Umstellungen gegen Ende der Partie bzw. dadurch, dass ab dem Viertelfinale nur noch die stärksten Tams aufeinander- Dieser Teil der Analyse befasst sich vorwiegend mit den vier trafen und die Begegnungen ausgeglichener verliefen. Über Halbfinalisten. In ihren je sechs Spielen verzeichneten diese das ganze Turnier hinweg trug die höhere Sprintintensität in vier Teams im Mittel 52 % Ballbesitz (in der Gruppenphase der zweiten Halbzeit dazu bei, dass 62 % aller Tore nach der ausgeschiedene Teams: 48 %). Weltmeister Japan kam Pause fielen. durchschnittlich auf 55,1 %, die USA und Frankreich auf je Auch dieses Ergebnis unserer Studie hat mit der Art und 53 % und Schweden auf 47 %. dem hohen Stellenwert des untersuchten Turniers zu tun, bei Mit Ausnahme der Schwedinnen (2800 m mit Ball, dem in jeder Partie viel auf dem Spiel stand. Entsprechend 3405 m ohne) legten die Halbfinalisten den grösseren Teil gross waren sowohl das Interesse der Öffentlichkeit und der der Gesamtdistanz bei eigenem Ballbesitz zurück (3200 dadurch mitverursachte Druck, aber auch die Motivation der bis 3450 m), während das Verhältnis bei den acht in der Spielerinnen – alles Faktoren, die sich auf die Intensität der Gruppenphase ausgeschiedenen Teams genau umgekehrt Spiele auswirkten. war (2780 m mit Ball, 3275 m ohne). Besonderes Augenmerk verdient das bei allen Teams Bei der mit Ball absolvierten Distanz lagen die beiden beobachtete Nachlassen der Sprintintensität gegen Ende Finalisten Japan (3450 m) und USA (3385 m) nicht weit der ersten Halbzeit (31.–45. Minute), zumal in dieser auseinander. Ohne Ball hingegen liefen die Japanerinnen Phase der Spiele die wenigsten Treffer erzielt wurden (3420 m) immerhin 270 m mehr als die Amerikanerinnen (6 von 79 aller Teams und 2 von 38 der Spitzenteams, (3150 m). ohne Verlängerungen). Das Spiel ohne Ball ist vor allem wichtig, um sich bei Worauf könnte dieses Nachlassen zwischen der 31. und 45. Ballbesitz des eigenen Teams freizulaufen und anzubieten, Spielminute zurückzuführen sein? aber auch, um nach einem Ballverlust zurückzueilen und • Auf eine oftmals sehr intensive Anfangsphase der Partien? die Räume für den Gegner eng zu machen. Letzteres ist • Auf die strategische Zielsetzung, vor der Pause in erster Aufgabe aller Spielerinnen, auch der Stürmerinnen, wie die Linie keinen Gegentreffer mehr zuzulassen? • Oder liegt es vielleicht daran, dass viele Einwechslungen, Analyse der einzelnen Positionen bestätigen wird. Dass die meisten Teams der FIFA Frauen-WM mit und ohne die frischen Wind brachten, erst in der zweiten Halbzeit Ball etwa gleich viel liefen, deckt sich mit den Resultaten erfolgten? entsprechender Messungen im Männerfussball (spanische • Die Ermüdung der Spielerinnen (Kondition, Dehydrierung, Primera División, siehe Abbildung 9). Konzentration usw.) kann jedenfalls nicht der einzige Auch die Sprints (maximal und optimal) mit und ohne Grund sein, wurden doch, wie erwähnt, 62 % der Tore Ball hielten sich ungefähr die Waage, wobei die vier nach der Pause geschossen. Halbfinalisten insgesamt mit durchschnittlich 3680 m 25 deutlich mehr sprinteten als die acht in der Gruppenphase Die relative Ausgewogenheit von Sprints mit und ausgeschiedenen Teams (3180 m, siehe Abbildung 10). ohne Ball lässt sich auf die generelle Zunahme der Im Sprint mit Ball legten die beiden Finalisten Japan Läufe in den oberen Geschwindigkeitsbereichen im (+120 m) und USA (+30 m) eine grössere Distanz zurück heutigen Spitzenfussball zurückführen; gerade auch als ohne, im Gegensatz zu Schweden (+190 m ohne Ball) die Frauen haben diesbezüglich grosse Fortschritte und Frankreich (+45 m ohne Ball). gemacht. Abbildung 9: Vergleich der mit und ohne Ball zurückgelegten Distanzen zwischen den Teams der FIFA FrauenWeltmeisterschaft 2011™ und männlichen Profis der höchsten spanischen Liga Meter 4000 mit Ball ohne Ball 3500 3000 2500 2000 1500 1000 500 0 8 in der Gruppenphase ausgeschiedene Teams '@KAÖM@KHRSDM Japan USA Schweden Frankreich Männliche /QNÖR2O@MHDM Abbildung 10: Vergleich der im Sprint (maximal und optimal) mit und ohne Ball zurückgelegten Distanzen zwischen den Teams der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ (3 Spiele der Gruppenphase) und männlichen Profis aus England Meter 4500 3950 3975 3850 ohne Ball 3180 3000 3680 3500 mit Ball 4000 Total 4000 2500 2000 1500 1000 500 0 Japan USA Schweden Frankreich 8 in der Gruppenphase ausgeschiedene Teams ,«MMKHBGD/QNÖR (England, >21 km/h) 26 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse Die Analyse der Sprints der Halbfinalisten nach Spielab- verschieben, ohne den Rhythmus zu verlieren oder den schnitten (K.-o.-Phase) stimmt mit den bisher festge- Abstand zwischen den Mannschaftsteilen zu gross werden stellten Tendenzen überein und zeigt einen Anstieg dieser zu lassen. Zudem bewiesen mehrere Teams grosse taktische Intensität in der zweiten Halbzeit um 9 % (mit und ohne Reife, zeigten sich gut organisiert und waren – nicht zuletzt Ball). Zudem bekräftigt die höhere Zahl der Tore in der dank der hohen Laufbereitschaft der Spielerinnen – in der zweiten Halbzeit (68 %) noch einmal den bereits erwähnten Lage, ihr Spielsystem geschickt zu variieren. Zusammenhang zwischen Sprintfreudigkeit und erzielten Wie aus unserer Analyse hervorgeht, bildete die optimale Treffern. körperliche Verfassung ihrer Spielerinnen die Grundlage für Die im Sprint mit und ohne Ball zurückgelegten Distanzen die Erfolge der Spitzenteams, legten diese doch die grössten zeugen von der hohen Intensität, mit der die Spitzenteams Distanzen zurück, sowohl insgesamt als auch im Sprint und dieser WM-Endrunde agierten, insbesondere in der insbesondere bei eigenem Ballbesitz. Der Grad der körperli- K.-o.-Phase. Laufbereitschaft, Engagement und Dynamik, chen Fitness zeigte sich aber auch bei den Sprints ohne Ball und dies von Anfang bis Ende der Spiele, bildeten (maximal und optimal) – die unter anderem dazu dienten, die Grundlage für die hochstehenden und attraktiven die ballführende Gegenspielerin unter Druck zu setzen – und Begegnungen, die den Zuschauern in Deutschland gebo- wirkte sich nicht zuletzt auch darauf aus, ob die Spielerinnen ten wurden. ihre technischen Fähigkeiten über die gesamte Spieldauer Bestätigt werden die in diesem Kapitel dargelegten hinweg abrufen konnten. Erkenntnisse auch vom offiziellen technischen Bericht zur FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™. Dieser betont Worauf sind die Unterschiede zwischen den Teams zum einen die hohe Qualität des gezeigten Fussballs, die zurückzuführen? Vielfalt der Spielstile sowie die Fähigkeit mehrerer Teams • Organisation und Spielsystem (4-4-2 / 4-2-3-1 / 4-3-3) (Deutschland, Frankreich, Japan, England, Kanada und • Spielstil, Strategie und taktische Umstellungen im Verlauf Australien), blitzschnell das Tempo zu wechseln; und zum einer Partie anderen, dass die am Ende weit vorne platzierten Teams - schnelles Kurzpassspiel (Japan), Spiel in die Tiefe und (Japan, USA, Frankreich, Schweden und Deutschland) in über die Flügel (USA), schnelle Kombinationen im der Lage waren, ihren Abwehrblock vor und zurück zu Spielaufbau (Frankreich) Tabelle 5 In niedrigem und mittlerem Tempo zurückgelegte Gesamtdistanzen (in Metern) nach Position Läufe in niedrigem Tempo (0–12 km/h) Gesamtdistanz Position Total 1. Halbzeit 2. Halbzeit Total 1. Halbzeit 2. Halbzeit Läufe in mittlerem Tempo (12,1–18 km/h) Total 1. Halbzeit 2. Halbzeit Ø Geschwindigkeit der Läufe in mittlerem Tempo Innenverteidigung 10160 5120 5040 7410 3710 3700 2230 1190 1040 14,3 km/h Aussenverteidigung 10850 5460 5390 7440 3720 3720 2600 1330 1270 14,4 km/h Zentrales Mittelfeld 11350 5720 5630 7550 3750 3800 3130 1635 1495 14,3 km/h Äusseres Mittelfeld 11280 5700 5580 7500 3745 3755 2835 1450 1385 14,4 km/h Angriff 10460 5270 5190 7320 3660 3660 2190 1135 1055 14,5 km/h 27 - lange Bälle in die Spitze (Norwegen, Äquatorial-Guinea) Fähigkeiten und Eigenschaften, körperliche Verfassung, - hoch/tief stehende Abwehr, Pressing mentale Stärke) - Defensivarbeit der Stürmerinnen • Einwechslung frischer Spielerinnen in der zweiten Halbzeit - Laufbereitschaft und -wege (Kreuzen, Vorstösse im • Stadium des Turniers (Gruppenspiele, K.-o.-Phase, Finale) Zentrum und über die Seiten) • Spielkultur und -freude - organisatorische Schwächen, zu grosse Lücken zwischen den Mannschaftsteilen • Ermüdung des gesamten Teams oder einzelner Spielerinnen • Qualität der Vorbereitung • Unterschiede zwischen den Spielerinnen (individuelle • Siegermentalität Abbildung 11: Laufdistanzen nach Position (pro Spiel und nach Halbzeiten) km 14 Total 1. Halbzeit 2. Halbzeit 8 10,5 11,2 10,8 10,1 10 11,3 12 6 4 2 0 Innenverteidigung Aussenverteidigung Zentrales Mittelfeld Äusseres Mittelfeld Angriff Durchschnittliche Abnahme der Gesamtdistanz in der zweiten Halbzeit: 3,58 % Abbildung 12: Vergleich der zurückgelegten Gesamtdistanzen nach Position zwischen den Spielerinnen der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ und spanischen Profispielern km 12,5 Frauen Männer Innenverteidigung Aussenverteidigung 12 11,5 11 10,5 10 9,5 9 Zentrales Mittelfeld Äusseres Mittelfeld Durchschnittlicher Unterschied Männer/Frauen auf den verschiedenen Positionen: 6,32 % Angriff 28 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse 5. ZURÜCKGELEGTE DISTANZEN NACH POSITION auch im Männerfussball oftmals der Fall ist (siehe Tabelle 5). Der in Abbildung 12 gezeigte Vergleich der Laufleistungen der Spielerinnen auf den einzelnen Positionen mit denje- Die positionsspezifische Analyse stellt einen zentralen nigen spanischer Profispieler ergibt eine durchschnittliche Teil unserer Studie dar, da sie die Grundlage unserer Differenz von 6 %. Der deutlichste Unterschied ist im Angriff Empfehlungen für die Trainingsgestaltung bildet. festzustellen, wo die Männer rund 8 % höhere Werte Bei den Laufdistanzen in mittlerem und niedrigem Tempo erzielen als die Frauen. Die grössten Distanzen werden bei (über die gesamte Spieldauer und nach Halbzeiten) zeigten beiden Geschlechtern von den Mittelfeldspielern und den sich wie in früheren Studien gewisse Unterschiede zwischen Aussenverteidigern zurückgelegt. den Spielerinnen der einzelnen Mannschaftsteile. Markante Unterschiede zwischen den Mannschaftsteilen Gemäss Tabelle 5 und Abbildung 11 zeigt die Analyse, zeigten sich bei den Sprints und den Läufen in hohem dass vor allem die Mittelfeldspielerinnen grosse Distanzen Tempo. Die Spitzenwerte im höchsten Geschwindigkeits- zurücklegten, wobei die Differenz zwischen ihnen bereich verzeichneten erwartungsgemäss die Stürmerinnen, und den Stürmerinnen bei den Läufen im niedrigsten sowohl in Bezug auf die Distanz der absolvierten Sprints Geschwindigkeitsbereich mit 230 m noch gering, bei den (125 m in maximalem, 360 m in optimalem Tempo) als auch Läufen in mittlerem Tempo mit fast 1000 m aber recht auf deren Zahl (durchschnittlich 30 Sprints pro Spiel). deutlich ausfiel. Auch die äusseren Mittelfeldspielerinnen (27 Sprints), die Die Läufe in mittlerem Tempo, mit denen sich die Aussenverteidigerinnen (22) sowie die Innenverteidigerinnen Spielerinnen freiliefen und verschoben, insbesondere im (21) bewegten sich häufig in diesem Geschwindigkeitsbereich, Mittelfeld, wurden mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit während im zentralen Mittelfeld (16) etwas seltener von 14,3 km/h absolviert, was 70 bis 80 % der maximalen gesprintet wurde. Im Vergleich der beiden Halbzeiten Herzfrequenz bzw. 75 bis 80 % der maximalen aeroben waren diesbezüglich kaum Unterschiede festzustellen. Geschwindigkeit (MAG) entspricht. Wie bereits erwähnt, sprinteten die Frauen 30 % In der zweiten Halbzeit nahm das Laufpensum auf allen häufiger in optimalem (21,1–25 km/h) als in maximalem Positionen leicht ab, und zwar um 2 bis 4 %, so wie dies Tempo (>25 km/h). Tabelle 6 Gesamtlänge (in Metern), Durchschnittsgeschwindigkeit und Anzahl (pro Spiel) der maximalen Sprints, der optimalen Sprints und der Läufe in hohem Tempo sowie Erholungszeit zwischen den Sprints, nach Position Maximale Sprints (>25 km/h) Position Total Ø Anzahl der GeschwinSprints digkeit Optimale Sprints (21,1–25 km/h) Total Ø Anzahl der GeschwinSprints digkeit Läufe in hohem Tempo (18,1–21 km/h) Ø Anzahl der Total GeschwinSprints digkeit Erholungszeit zwischen den Sprints (maximal und optimal) Innenverteidigung 50 25,5 3 210 22,2 18 335 19,3 40 5‘30 Aussenverteidigung 100 25,7 4 280 22,2 18 460 19,3 40 3‘40 Zentrales Mittelfeld 80 25,7 3 205 22,2 13 440 19,3 39 5‘45 Äusseres Mittelfeld 110 25,8 4 330 22,2 23 540 19,3 47 5‘40 Angriff 125 25,5 6 360 22,1 23 465 19,3 41 3‘40 29 Besonderes Augenmerk, vor allem auch hinsichtlich der Tabelle 7 zeigt einen Überblick über die maximalen Sprints Trainingsgestaltung, verdient die je nach Position unter- nach Position und einen Vergleich mit den entsprechenden schiedliche Erholungszeit zwischen zwei Sprints (maximal Werten männlicher Profispieler. Signifikante Unterschiede und optimal), die bei den Stürmerinnen durchschnittlich zwischen Spielerinnen desselben Mannschaftsteils waren 3’40”, bei den Innenverteidigerinnen 5’30” und bei bei den zurückgelegten Distanzen, nicht aber bei den einigen bestimmten Offensivspielerinnen 1’50” betrug erreichten Geschwindigkeiten festzustellen. Die maximale (siehe Tabelle 6). Sprintgeschwindigkeit betrug 29,7 km/h, und mehrere Tabelle 7 Vergleich der maximalen Sprints auf den verschiedenen Positionen zwischen den Spielerinnen der FIFA FrauenWeltmeisterschaft 2011™ und Spielern der englischen und spanischen Meisterschaft / Unterschiede zwischen Spielerinnen auf der gleichen Position (in Metern). Ø Frauen Max. Sprints (>25 km/h, max. Sprintgeschwindigkeit 28,9 km/h) Ø Männer Max. Sprints (>24 km/h, max. Sprintgeschwindigkeit >30 km/h) Unterschiede zwischen Spielerinnen auf der gleichen Position Sprintgeschwindigkeit (km/h) Gesamtlänge Pro Sprint Anzahl der Sprints Gesamtlänge Pro Sprint Anzahl der Sprints Spiel Spielerin Innenverteidigung 50 12,5 4 180 20 8 USACOL Verteidigerin USA Verteidigerin COL 160 20 17 9 Anzahl der Sprints 9 2 Aussenverteidigung 100 17 6 250 22 12 CANFRA Verteidigerin CAN Verteidigerin FRA 140 65 23 21 6 3 25,8 25,9 Zentrales Mittelfeld 80 16 5 230 20 11 ENGJPN Verteidigerin ENG Verteidigerin JPN 25 125 25 14 1 7 25,8 25,5 Äusseres Mittelfeld 110 18 6 260 23 11 EQGBRA Verteidigerin EQG Verteidigerin BRA 120 155 24 25 5 6 25,6 26,5 Angriff 125 18 7 270 19 14 SWEUSA Verteidigerin SWE Verteidigerin USA 335 50 22 16 15 3 25,8 24,3 Position Gesamt- Pro länge Sprint 25,6 26,2 Abbildung 13: Gesamtlänge der maximalen und optimalen Sprints sowie der Läufe in hohem Tempo nach Position (gesamtes Turnier) Meter Läufe in hohem Tempo 330 Innenverteidigung Aussenverteidigung Zentrales Mittelfeld Äusseres Mittelfeld 8 60 35 60 0 50 100 25 40 125 205 280 210 300 200 440 460 335 400 465 optimale Sprints 360 maximale Sprints 500 540 600 Angriff Torhüterinnen Die positionsspezifische Analyse der zurückgelegten Distanzen, insbesondere im Bereich der Läufe in hohem Tempo und der Sprints, liefert zusätzliche Argumente für eine Individualisierung des Trainings, die sowohl die körperlichen Anlagen der einzelnen Spielerinnen als auch die speziellen Anforderungen der jeweiligen Position berücksichtigt. 30 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse Spielerinnen – insbesondere im Sturm und auf den Aussen- zu 20 km/h erreichten und, je nach Position, mit 45 bahnen – verzeichneten Höchstwerte zwischen 27 und 28 bis 50 dieser Läufe pro Spiel insgesamt über 500 m km/h. absolvierten. Im Mittel hatte ein Sprint eine Länge von 13 bis 20 m und Im Bereich dieser drei Geschwindigkeiten, in dem sich im eine Geschwindigkeit von 26 bis 27 km/h im maximalen Fussball meist die entscheidenden Aktionen abspielen, bzw. 22,2 km/h im optimalen Bereich. Die Zahl der maxima- legten die Spielerinnen im Mittel aller Positionen 47 % mit len Sprints pro Partie belief sich im Schnitt auf 3 (5 bis 15 Läufen in hohem Tempo, 38 % mit optimalen und nur 15 % bei den Stürmerinnen), diejenige der optimalen Sprints auf mit maximalen Sprints zurück. Die Innenverteidigerinnen 14 bis 16 (auf bestimmten Positionen 20 bis 30). bewegten sich nur zu 8 % im maximalen Sprinttempo, Die positionsspezifische Auswertung der Läufe in hohem die Stürmerinnen hingegen zu 25 %. Auf hohe Werte Tempo (18,1–21 km/h) liefert zusätzliche Ansätze für die kamen auch die äusseren Mittelfeldspielerinnen sowie Optimierung des Trainings in diesem Bereich. Solche die Aussenverteidigerinnen, was zeigt, wie wichtig diese Läufe waren auf allen Positionen sehr häufig (40 bis Geschwindigkeiten auf diesen Positionen sind (siehe 45 Mal pro Spiel), führten über sehr kurze Strecken Abbildung 13). (10 bis 15 m) und summierten sich zu einer Gesamtdistanz, Gemäss einer Studie aus dem englischen Männerfussball die in etwa derjenigen der optimalen Sprints entsprach. legten die äusseren Mittelfeldspieler und die Stürmer Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Läufe in hohem mit Sprints und Läufen in hohem Tempo durchschnittlich Tempo betrug 19,3 km/h, wobei manche Spielerinnen bis 1300 m bzw. 1230 m zurück, also fast 22 % mehr als die Tabelle 8 Laufleistungen der Torhüterinnen Gesamtdistanz (m) Maximale Sprints Torhüterin Total 1. 2. GesamtHalbzeit Halbzeit länge Optimale Sprints Läufe in hohem Tempo Anzahl Anzahl Anzahl Geschwin- GesamtGeschwin- GesamtGeschwinder der der digkeit länge digkeit länge digkeit Sprints Sprints Sprints Gehen und Läufe in Läufe in mittlerem niedrigem Tempo Tempo Total Total Solo USA (1,75 m) 6420 3220 3200 5 1 26,4 20 2 22,2 55 5 19,1 530 5810 Kaihori Japan (1,70 m) 5840 2910 2930 0 0 0 20 2 22,3 40 5 19,1 490 5290 Lindahl Schweden (1,79 m) 6800 3490 3310 0 0 0 45 2 21,8 45 4 18,8 445 6295 Angerer Deutschland (1,75 m) 5950 2980 2970 0 0 0 15 2 21,5 60 5 19,3 420 5425 Andreia Brasilien (1,72m) 5280 2600 2680 0 0 0 10 1 21,6 25 3 18,4 150 5105 31 Frauen in Deutschland (930 m im äusseren Mittelfeld, 950 m als 1 % auf Läufe in hohem Tempo und 0,6 bis 0,7 % auf im Sturm). Sprints (maximal und optimal). Anzumerken gilt bei diesem Vergleich, dass die Kategorie Die beträchtliche Differenz von 1140 m zwischen Solo und „Läufe in hohem Tempo“ bei den Männern ab 19,1 km/h Andreia ist darauf zurückzuführen, dass die US-Torhüterin und bei den Frauen ab 18,1 km/h beginnt. ihre Vorderleute besonders intensiv unterstützte und zur Absicherung ihrer Abwehr oft weit aus ihrem Strafraum Torhüterinnen herauskam. Auf diese Weise fing sie immer wieder Pässe Die Analyse der Laufwege der Torhüterinnen wurde nach in die Tiefe ab und war dank ihres guten Spiels mit dem denselben Kriterien wie bei den Feldspielerinnen durchge- Fuss in der Lage, sofort den Gegenangriff einzuleiten. Ihre führt und lieferte einige interessante Erkenntnisse. aktive Spielweise widerspiegelte sich auch in den Läufen in Mit der US-Amerikanerin Solo (1,75 m), der Japanerin mittlerem Tempo (12,1–18 km/h), bei denen Solo mit ihren Kaihori (1,70 m), der Schwedin Lindahl (1,79 m), der 530 m die anderen Hüterinnen klar übertraf (z. B. Lindahl Deutschen Angerer (1,75 m) und der Brasilianerin Andreia mit 445 m). (1,72 m) wurden dafür fünf Keeperinnen ausgewählt, die Der Vergleich der Gesamtdistanz, die von den Torhüterinnen nach Auffassung der technischen Studiengruppe der FIFA vor und nach der Pause zurückgelegt wurde, ergab keinen über das ganze Turnier hinweg gute Leistungen erbrachten. signifikanten Unterschied zwischen den beiden Halbzeiten. Im Durchschnitt legten die Torhüterinnen pro Partie In den obersten Geschwindigkeitsbereichen bewegten sich 6,0 km zurück, wobei es markante Unterschiede gab die fünf Torhüterinnen nur selten. Bei den maximalen Sprints (Lindahl 6,800 km, Andreia 5,280 km). 91 bis 92 % der fand nur Solo Eingang in die Statistik, die pro Partie im Schnitt Gesamtdistanz entfielen auf Läufe in niedrigem Tempo (bis einen solchen Sprint über 5 m absolvierte (in einer Partie sogar 12 km/h), 5 bis 6 % auf Läufe in mittlerem Tempo, weniger zwei über je 15 m) und dabei mit 26,4 km/h eine höhere Tabelle 9 Vergleich der zurückgelegten Distanzen (in Metern) zwischen Torhüterinnen der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft 2011™ und Torhütern der englischen Meisterschaft Torhüter Gesamtdistanz Maximale Sprints (>25 km/h) Läufe in hohem Tempo (18,1– 25 km/h) Läufe in mittlerem Tempo (12,1– 18 km/h) FIFA FrauenWeltmeisterschaft 2011™ 6040 2 45 410 Läufe in Maximale Läufe in Läufe in mitt- Läufe in niedniedrigem GesamtSprints hohem Tempo lerem Tempo rigem Tempo Tempo distanz (>25 km/h) (19,9–25 km/h) (14,5–18 km/h) (0–14 km/h) (0–12 km/h) 5585 Durchschnitt der englischen Torhüter Solo (USA) Spitzenwerte der englischen Torhüter 6420 5 75 530 5610 11 55 220 5325 6420 25 90 310 5995 5810 32 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse 33 Durchschnittsgeschwindigkeit als die besten Stürmerinnen als zentrale Faktoren für die Qualität einer Torhüterin erreichte. Etwas häufiger waren optimale Sprints (durch- betrachtet. schnittliche Gesamtlänge pro Spiel: 20 m) und Läufe in hohem Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Sprints Tempo (45 m). Die Durchschnittsgeschwindigkeit der opti- (maximal und optimal) von 21,7 km/h sowie einige malen Sprints betrug 21,5 km/h (Höchstwert im Verlauf einer Beobachtungen bei diesem Turnier weisen jedoch darauf Partie: Andreia mit 24,8 km/h), diejenige der Läufe in hohem hin, dass manche Torhüterinnen in diesem Bereich noch Tempo 19 km/h (Solo 19,6 km/h). Verbesserungspotenzial haben. Auf diese höheren Geschwindigkeiten kamen die Tor- Der technische Bericht der FIFA stellte bei den Keeperinnen hüterinnen vor allem beim Herauslaufen – um sich einer zudem Schwächen bei hohen Bällen fest; mögliche Gründe gegnerischen Angreiferin in den Weg zu stellen oder einen dafür sind neben der Körpergrösse, einer mangelhaften Steilpass abzufangen – sowie in manchen Fällen beim Technik oder ungenügender Spielintelligenz sicherlich auch raschen Vorrücken bis zur Strafraumgrenze, um von dort aus Defizite bei der Stabilität des Oberkörpers und bei der den Ball per Hand oder Fuss einer Teamkollegin zuzuspielen Schnellkraft, die sowohl die Technik einer Torhüterin als auch (Lindahl). ihr Selbstvertrauen, ihre Präsenz und ihre Entschlossenheit Im Gegensatz zur Wahrnehmungs-/Reaktionsschnelligkeit negativ beeinflussen können. Die Tabelle 9 zeigt einen und den positionsspezifischen Fähigkeiten werden Vergleich der Leistungen der fünf Torhüterinnen mit den- Beschleunigung und Laufgeschwindigkeit meist nicht jenigen englischer Schlussmänner. (Di Salvo et al., 2008) 34 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse 6. LAUFLEISTUNGEN AUSGEWÄHLTER SPIELERINNEN DES FIFA-ALL-STAR-TEAMS Die Analyse ihrer Laufwege ergab gewisse Unterschiede zwischen den Spielerinnen, sowohl in Bezug auf die Gesamtdistanz als auch auf die Sprints. Zurückzuführen Die Gruppe von Spitzenspielerinnen, die für diesen Teil der sind diese Unterschiede im Wesentlichen auf ihre jeweilige Studie ausgewählt wurden, bestand aus den drei besten Position sowie auf die Organisation und Spielweise ihrer Torschützinnen des Turniers – Sawa (Japan), Marta (Brasilien) Teams. Weitere leistungsbeeinflussende Faktoren sind die und Wambach (USA) – sowie vier weiteren Spielerinnen des individuellen technischen und taktischen Fähigkeiten, die FIFA-All-Star-Teams, die mit konstant guten Leistungen über- Athletik und die Persönlichkeit der Spielerinnen (siehe zeugten: Schelin (Schweden), Anonman (Äquatorial-Guinea), Tabelle 10). Cheney (USA) und Nécib (Frankreich). Die Auswahl konzent- Bei der Gesamtdistanz war die Palette recht breit und reichte rierte sich auf offensiv eingestellte Spielerinnen, die mit ihren von Marta (9,700 km) über Schelin (10,380 km) und Sawa herausragenden spielerischen und physischen Leistungen die (11,480 km) bis zu Cheney (13,060 km), was auch mit den Auftritte ihrer Teams stark prägten. unterschiedlichen Positionen und taktischen Aufgaben zu Tabelle 10 Gesamtdistanz (in Meter), Anzahl sowie durchschnittliche Geschwindigkeit und Länge der von ausgewählten All-Star-Spielerinnen absolvierten Sprints und Läufe (über 3 bis 6 Spiele, je nach Spielerin) Spielerin Läufe in hohem Tempo (18,1–21 km/h) Ø Läufe in GeschwinLäufe in mittdigkeit lerem niedrigem Gesamt(gesamte LaufSprintSprintTempo distanz Tempo Länge Länge SpielGesamt- geschwin- (12,1– (0–12 km/h) Gesamt- Anzahl geschwinGesamt- Anzahl geschwinpro pro dauer, länge digkeit 18 km/h) länge Sprints digkeit länge Sprints digkeit Sprint Sprint km/h) (km/h) (km/h) (km/h) Maximale Sprints (>25 km/h) Optimale Sprints (21,1–25 km/h) Sawa Mittelfeld (JPN) 25 2 26,2 12 190 13 22,4 15 420 19,4 3310 7535 11 480 7,5 Marta Angriff (BRA) 240 11 26 23 460 31 22 15 460 19,3 2150 6395 9700 7,2 Wambach Angriff (USA) 95 6 25,5 18 430 27 22,3 16 535 19,4 2820 7170 11 050 7,0 Schelin Angriff (SWE) 245 11 25,5 22 420 27 22,3 15 470 19,3 2080 7165 10 380 6,5 Anonman Angriff (EQG) 65 6 25,7 12 450 31 22,4 14 700 19,4 2880 7305 11 400 7,2 Cheney Äusseres Mittelfeld (USA) 50 4 26,3 15 520 27 22,3 15 825 19,4 3880 7785 13 060 8,2 Nécib Zentrales Mittelfeld (FRA) 20 2 25,1 10 240 14 22,1 17 500 19,2 3210 7480 11 450 7,5 35 tun hat: Während Marta und Schelin reine Stürmerinnen Differenzen – zum Beispiel zwischen der Stürmerin Schelin sind, agierten Sawa und Cheney vornehmlich im Mittelfeld, (6,5 km/h), der Mittelfeldspielerin Sawa (7,5 km/h) und wo sie sich ständig verschieben mussten. Einen hohen Wert der Flügelspielerin Cheney (8,2 km/h), die überall auf dem (11,400 km) erzielte auch die junge Anonman, die sich mit Feld präsent war, grosse Distanzen zurücklegte und auch ihrer Laufbereitschaft und ihrer grossen Präsenz in allen Partien spielerisch überzeugte – sind auf die unterschiedlichen als echte Leaderin des Teams aus Äquatorial-Guinea erwies. Spielweisen und Positionen der einzelnen Akteurinnen Der Vergleich der beiden Halbzeiten zeigt eine Abnahme zurückzuführen. der Laufleistungen nach der Pause um 6 bis 7 %. Diese Wie bei der Gesamtdistanz zeigten sich auch bei Feststellung deckt sich, wie bereits erwähnt, mit verschiede- den Sprints teils markante Unterschiede zwischen nen Untersuchungen aus dem Männerfussball, die bei den Spielerinnen auf verschiedenen Positionen. Während Profis entsprechende Differenzen von 2 bis 9 % ermittelten. die Stürmerinnen mit optimalen Sprints (21,1 bis 25 km/h) Der allgemein geringe Unterschied zwischen den Halbzeiten zwischen 400 und 500 m zurücklegten, verzeichneten ist Beleg für die gute aerob-anaerobe Ausdauer und die aus- die Mittelfeldspielerinnen in diesem Bereich deutlich gezeichnete Erholungsfähigkeit dieser Spitzenspielerinnen, tiefere Werte – mit Ausnahme von Cheney (520 m), was von denen sich Schelin (+210 m) und Cheney (+50 m) im auf deren offensive Ausrichtung und stets kämpferische zweiten Durchgang sogar leicht steigern konnten. Einstellung zurückzuführen ist. Die durchschnittliche Laufgeschwindigkeit (Sprints, Läufe Die Brasilianerin Marta kam – was für ein Stürmerin nicht in hohem und niedrigem Tempo, Gehen) betrug im ungewöhnlich ist – zwar auf eine vergleichsweise geringe Mittel der sieben Spielerinnen 7,3 km/h. Die geringen Gesamtdistanz (9,700 km), lag aber sowohl bei den Abbildung 14: Von den All-Star-Spielerinnen zurückgelegte Gesamtdistanz (pro Spiel und nach Halbzeiten) über das gesamte Turnier (3 bis 6 Spiele) Meter 1. Halbzeit 2. Halbzeit 11 400 11 050 10 380 8000 9700 11 480 10 000 11 450 Pro Spiel 12 000 13 060 14 000 6000 4000 2000 0 Veränderung in der zweiten Halbzeit Sawa Marta Wambach Schelin Anonman Cheney Nécib –3,4 % –3,8 % –0,9 % +3,9 % –7,4 % +0,75 % –5,8 % 36 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse maximalen Sprints (>25 km/h) mit 240 m als auch bei Trotz ihrer bescheidenen Sprintbilanz, was die zurückge- den optimalen Sprints (21,1 bis 25 km/h) mit 460 m legte Distanz angeht, gehörte Sawa zu den schnellsten weit vorne. Zudem führte sie die meisten Sprints aus (42) Spielerinnen und erzielte im maximalen Sprint mit 26,2 km/h und zeigte mit 23 m auch den längsten Lauf in die zweithöchste, sowie im optimalen Sprint (22,4 km/h) maximalem Tempo, knapp vor Schelin mit 22 m. und bei den Läufen in hohem Tempo (19,4 km/h) sogar die Die anderen All-Star-Spielerinnen blieben bei den höchste Durchschnittsgeschwindigkeit. Neben Ausdauer maximalen Sprints, von denen sie durchschnittlich und Explosivität überzeugte die beste Torschützin des 2 bis 6 über eine Strecke von je 10 bis 15 m Turniers zudem mit ihren technischen und taktischen absolvierten, unter 100 m pro Partie. Fähigkeiten, gutem Spielverständnis und Übersicht sowie Von den sieben Spielerinnen sprintete Sawa mit ins- ihrer starken Persönlichkeit. gesamt nur 215 m (25 m in maximalem, 190 m in Ein Vergleich zwischen den Sprintleistungen der Frauen optimalem Tempo) am wenigsten, was ihre Leistungen und der Männer gestaltet sich schwierig, da Letztere jedoch nicht beeinträchtigte. Mit einer Gesamtdistanz Geschwindigkeiten von über 28 km/h erreichen können; von 11,480 km und Läufen in niedrigem Tempo über die in diesem Tempo absolvierten Distanzen belaufen sich 7,535 km (Cheney 7,785 km) verzeichnete sie ideale Werte bei südamerikanischen Nationalspielern, je nach Position, für eine Mittelfeldspielerin, war stets gut positioniert und auf rund 345 m (Rienzi et al., 2000), bei jungen italienischen sorgte mit intelligenten Laufwegen und überraschenden Amateurspielern auf über 500 m (Castagna et al., 2003) und Rhythmuswechseln immer wieder für Gefahr. bei italienischen Profispielern auf 650 m (Mohr et al., 2003). Abbildung 15: Analyse der Sprints (maximal und optimal) der All-Star-Spielerinnen über das gesamte Turnier (3 bis 6 Spiele) Meter 600 maximal optimal 520 450 420 400 430 460 500 0 20 50 65 25 95 100 240 245 240 200 190 300 Marta Wambach Schelin Anonman Cheney Nécib Anzahl der 2 max. Sprints 11 6 11 6 4 2 Anzahl der optimalen Sprints 31 27 27 31 27 14 Sawa 13 Durchschnittliche Gesamtlänge der maximalen Sprints: 110 m Ø aller 16 Teams (Gruppenphase) Durchschnittliche Gesamtlänge der optimalen Sprints: 390 m Ø der 4 HalbÖM@KHRSDM (Gruppenphase) 37 Allgemein lässt sich sagen, dass die Frauen im optimalen entsprechenden Zahlen aus dem Männerfussball verdeutlicht Sprint (durchschnittlich über 400 m) ungefähr gleich lange (19,1 bis 23 km/h, mit 120 bis 130 % der MAG, durch- Strecken zurücklegen wie die Männer im maximalen Sprint. schnittlich 610 m – je nach Position zwischen 250 und Die All-Star-Spielerinnen erbrachten in den obersten 800 m – pro Partie). Geschwindigkeitsbereichen Laufleistungen, die fast Trotz dieser erfreulichen Ergebnisse sind wir überzeugt, dass 50 % über den Durchschnittswerten sowohl aller 16 sich viele Spielerinnen in diesem Intensitätsbereich noch stei- Endrundenteams als auch der vier Halbfinalisten lagen. gern können. Voraussetzung dafür ist ein individualisiertes Dies deutet darauf hin, dass sie neben ihren grossen Training auf der Grundlage der persönlichen MAG, die sich technischen, taktischen und mentalen Qualitäten auch durch verschiedene praktische Tests ermitteln lässt. Vorteile im neuromuskulären Bereich und damit im Interessant ist in diesem Zusammenhang auch die Schnelligkeitsvermögen besitzen. Erholungszeit zwischen den Sprints (maximal und optimal), Zum Abschluss dieses Teils der Analyse sei noch erwähnt, die darüber entscheidet, wie viele solcher Tempoläufe eine dass die Sprints dieser Spielerinnen 12 % häufiger in Spielerin absolvieren kann. optimalem als in maximalem Tempo erfolgten. Wie die deutlich kürzeren Erholungszeiten der Stürmerinnen Die Läufe in hohem Tempo (18,1 bis 21 km/h), also Marta, Schelin und Anonman (2’20” bis 2’50”) und im Bereich von 90 bis 120 % der maximalen aeroben der anderen All-Star-Spielerinnen (etwas über 3’00”) im Geschwindigkeit (MAG)1, spielen im modernen Fussball Vergleich zum Mittel aller Endrundenteams (zwischen 4’30” eine wichtige, nach Ansicht einiger Studien sogar entschei- und 5’00”) belegen, verfügen diese Spitzenspielerinnen über dende Rolle, da sie – richtig eingesetzt – oft am Ursprung eine besonders gute Erholungsfähigkeit, die es ihnen ermög- vielversprechender Aktionen stehen, insbesondere in der licht, immer wieder den Rhythmus zu wechseln und über die Angriffsauslösung. ganze Spieldauer hinweg eine hohe Intensität zu halten. Am häufigsten bewegen sich in diesem Tempobereich die Die ausgewählten Topspielerinnen prägten das Spiel ihrer zentralen und äusseren Mittelfeldspielerinnen sowie die Teams nicht zuletzt auch durch die überdurchschnittli- Aussenverteidigerinnen. Die in dieser Studie festgestellten chen physischen Leistungen, die sie in den meisten Partien Unterschiede bei den entsprechenden Laufdistanzen – zum erbrachten; die Unterschiede, die diesbezüglich zwischen Beispiel zwischen den 700 m von Anonman und den 460 m ihnen festzustellen waren, sind grösstenteils auf die indivi- von Marta – sind zu einem grossen Teil auf die Position und duelle Athletik und Physis sowie die jeweilige Rolle im Team Rolle der jeweiligen Spielerin zurückzuführen. zurückzuführen. Die Durchschnittsgeschwindigkeit der Läufe in hohem Tempo Wie das Turnier in Deutschland klar gezeigt hat, ist für den betrug 19,3 km/h, was bei manchen der Topspielerinnen Erfolg auf diesem Niveau mentale Stärke ebenso unerläss- 120 % ihrer maximalen aeroben Geschwindigkeit ent- lich wie ein gezieltes Training, das technische, taktische und sprach. Dies sind beachtliche Werte, wie der Vergleich mit eben auch physische Aspekte gleichermassen berücksichtigt. 1 Maximale aerobe Geschwindigkeit (MAG): Laufgeschwindigkeit bei maximaler Sauerstoffaufnahme (Vo2max) im Rahmen einer anhaltenden physischen Anstrengung unter hauptsächlicher Nutzung aerober Prozesse; diese Geschwindigkeit kann typischerweise während 6 bis 8 Sekunden aufrechterhalten werden. Die MAG ist gleichbedeutend mit der maximalen aeroben Leistungsfähigkeit. 38 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse 7. ANALYSE DES ENDSPIELS JAPAN – USA 2:2 n. V. (1:1, 0:0), 3:1 i. E. amerikanische Flügelspielerin O’Reilly mit 12,320 km – deutlich mehr als die 10,600 km, die bei internationalen Einsätzen dänischer und schwedischer Mittelfeldspielerinnen Natürlich wollen wir diesen Bericht – der die Grundlage für gemessen wurden (H. A. Anderson et al., 2010). Die durch- unsere Empfehlungen an die Trainer bildet – nicht abschlies- schnittliche Laufgeschwindigkeit dieser beiden Spielerinnen sen, ohne einen Blick auf die physischen Leistungen der (8,2 bzw. 8,0 km/h) zeugt von ihrer Fähigkeit, über weite Spielerinnen im spektakulären Finale dieses Turniers zu Strecken ein hohes Tempo zu halten. Dass sie in beiden werfen. Die im Folgenden präsentierten Daten beziehen sich Halbzeiten die gleiche (O’Reilly) bzw. eine nur 175 m kürzere alle auf die reguläre Spieldauer (90 Minuten + Nachspielzeit, Distanz (Kawasumi) zurücklegten, beweist zudem ihre hohe ohne Verlängerung) und veranschaulichen den grossen Einsatzbereitschaft während der gesamten Spieldauer. Einfluss der physischen Komponente auf das Spiel der beiden Die mit und ohne Ball absolvierten Distanzen unterschie- Finalisten. den sich kaum. Beide Teams liefen mehr bei gegnerischem Mit Japan und den USA trafen zum Abschluss des Turniers Ballbesitz – die Amerikanerinnen 2,9 % und die Japanerinnen zwei Teams mit unterschiedlichen Stilen und Strategien fast 10 %. Im Sprint (maximal und optimal, bei eigenem aufeinander, die sich sowohl in technischer als auch takti- und gegnerischen Ballbesitz) legten die Amerikanerinnen scher Hinsicht eine ausgeglichene Partie lieferten. Bei der – die ihre Fähigkeiten in diesem Bereich schon in den absolvierten Gesamtdistanz, die in der zweiten Halbzeit bei Spielen zuvor unter Beweis gestellt hatten – 3970 m zurück, Japan um lediglich 70 m ab- und bei den USA sogar um die Japanerinnen 3750 m. Bei beiden Teams nahm die 200 m zunahm, lagen die Japanerinnen mit durchschnitt- Sprintleistung in der zweiten Halbzeit ab, bei den USA um lich 11,390 km nur knapp hinter den Amerikanerinnen 260 m und bei Japan um 380 m (siehe Abbildung 17). (11,720 km). Die höchsten Einzelwerte erzielten die Fast gleichauf lagen die Finalisten auch bei den Sprints in japanische Stürmerin Kawasumi mit 12,685 km und die Ballbesitz (USA +190 m); nach der Pause konnte sich Japan Abbildung 16: Laufleistungen der beiden Teams und der laufstärksten Einzelspielerinnen im Finale zwischen Japan und den USA (insgesamt und nach Halbzeiten, Spieldauer 92’) Meter Gesamtdistanz 14 000 12 000 12 685 2. Halbzeit 12 320 11 720 11 390 1. Halbzeit 10 000 8000 6000 5730 5660 5760 5960 Japan USA Abnahme in der 2. Halbzeit 1,23 % Zunahme in der 2. Halbzeit 3,36 % 6430 6255 6160 6160 4000 2000 0 Spielerin Kawasumi Durchschnittsgeschwindigkeit: 8,2 km/h Spielerin O’Reilly Durchschnittsgeschwindigkeit: 8,0 km/h 39 40 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse diesbezüglich um 150 m steigern, während das US-Team um Durchschnittswerts spanischer Mittelfeldspieler (1300– 340 m nachliess. Ohne Ballbesitz sprinteten die Japanerinnen 1400 m). Die grössten mit Sprints und Läufen in hohem (1920 m) nur unwesentlich weniger als die Amerikanerinnen Tempo (>19,1 km/h) zurückgelegten Distanzen, die für (1950 m). männliche Mittelfeldspieler gemessen wurden, betragen Beeinflusst wurden die Sprintleistungen im Finale mögli- 1450 bis 1600 m (Di Salvo et al., 2006). cherweise von gewissen körperlichen Problemen mancher Die soliden Laufleistungen beider Teams, ob bei eigenem Spielerinnen (die ihre sechste Partie bei diesem Turnier oder gegnerischem Ballbesitz, bildeten die Grundlage für ein bestritten und bereits zum zweiten Mal in die Verlängerung spielerisch hochstehendes und von Anfang bis Ende, auch in mussten), sicherlich aber von den unterschiedlichen Ausrich- der Verlängerung, mit hoher Intensität geführtes Finale. tungen, Spielkonzepten und Strategien der beiden Teams. Dabei trafen zwei sehr unterschiedliche, auf die jeweiligen – Dass der japanische Trainer im Verlauf der Begegnung insbesondere körperlichen – Eigenschaften und Fähigkeiten mehrere Änderungen an der Teamorganisation vornahm der Spielerinnen abgestimmte Spielsysteme aufeinander. (Zusammenrücken der Mannschaftsteile, kompaktes Während die eher klein gewachsenen Japanerinnen (im Zurückweichen des Teams nach Ballverlusten), war mit ein Durchschnitt 1,63 m / zwischen 1,55 m und 1,71 m) auf Grund für den erwähnten Rückgang der Sprints bei gegneri- ihre Dynamik, Schnelligkeit und Ausdauer vertrauten, schem Ballbesitz in der zweiten Halbzeit. äusserst kompakt auftraten, den Ball meist flach hielten Die fleissigsten Sprinterinnen in diesem Endspiel waren die und im Spielaufbau vorwiegend auf Kurzpassspiel und Mittelstürmerin Kawasumi und die äussere Mittelfeldspielerin Rhythmuswechsel setzten, bevorzugten die grösseren Rapinoe mit 955 m bzw. 700 m (maximal und optimal). Amerikanerinnen (im Durchschnitt 1,69 m / zwischen 1,63 m Zusammen mit den Läufen in hohem Tempo (19,1 bis und 1,81 m) ein weiträumigeres Spiel mit hohen Steil- und 21 km/h) kamen beide auf fast 1600 m, die sie in den obers- Diagonalpässen auf ihre kräftigen und durchsetzungsstarken ten Geschwindigkeitsbereichen zurücklegten. Angreiferinnen. Damit pflegten beide Teams einen Stil, der Wie der Vergleich mit dem Männerfussball zeigt, lagen die optimal zu ihrer Mentalität und Spielkultur, aber auch zur beiden Akteurinnen damit im Bereich des entsprechenden Athletik und Physis ihrer Spielerinnen passte. Abbildung 17: Von den beiden Finalisten im Sprint (maximal und optimal) mit und ohne Ball zurückgelegte Distanz Meter 4000 3970 3750 Gesamtlänge der Sprints 3500 mit Ball 3000 ohne Ball 2500 2000 1830 1920 2020 1950 1500 1000 500 0 Japan 51,2 % ohne Ball USA 50,8 % mit Ball 41 8. ERKENNTNISSE UND EMPFEHLUNGEN FÜR DIE TRAININGSGESTALTUNG Interessante Informationen lieferte auch die Untersuchung der Erholungszeit zwischen zwei Sprints (maximal und optimal). Diese erreichte, je nach Position der Spielerin, sehr Die im Rahmen dieser Studie durchgeführten Analysen unterschiedliche Werte und betrug bei den Stürmerinnen ermöglichen präzise Aussagen über die absolvierten durchschnittlich 3’40”, bei den Innenverteidigerinnen hinge- Laufdistanzen, aufgeschlüsselt nach Geschwindigkeiten, gen 5’30” und mehr. Als Extremwerte in einzelnen Spielen Spielabschnitten und Positionen, und zeigen die wurden 1’30” für eine Stürmerin und fast 10’00” für eine Zusammenhänge auf, die bei manchen Teams zwischen Innenverteidigerin gemessen. Laufleistung und Spielweise bestanden. Aus den erhobenen Diesen Daten sollten wir besondere Beachtung schenken, Daten geht zudem hervor, dass die erfolgreicheren Teams insbesondere im Hinblick auf das Training von Schnelligkeit und insbesondere die vier Halbfinalisten sowohl bei eige- und Schnellkraft. nem als auch bei gegnerischem Ballbesitz deutlich grössere Ebenso grosse Unterschiede wie zwischen den Spielerinnen Distanzen zurücklegten als einige der in der Gruppenphase zeigten sich hinsichtlich Sprints und zurückgelegter ausgeschiedenen Teams. Gesamtdistanzen auch zwischen den Teams. Einige Teams, Für die Unterschiede zwischen den Laufleistungen einzel- die bereits in der Gruppenphase ausschieden, wiesen in ner Spielerinnen waren im Wesentlichen zwei Faktoren verschiedenen Kategorien unserer Studie Defizite auf – nicht verantwortlich: einerseits ihre individuelle Position und so sehr bei der Laufleistung insgesamt, sondern vor allem Rolle innerhalb der Teams und andererseits – vor allem auf in Bezug auf Intensität, Spielrhythmus und Läufe in hoher bestimmten Positionen – ihre athletischen und physischen Geschwindigkeit (Distanz und Anzahl). Qualitäten. Dies bestätigte auch die Analyse der ausgezeich- Aufbauend auf dem athletischen Grundpotenzial und den neten Leistungen einiger ausgewählter Topspielerinnen. fussballerischen Qualitäten vieler Spielerinnen in den Reihen Im oberen Geschwindigkeitsbereich waren es, genau wie dieser Teams könnte ein optimal gestaltetes und intensive- im Männerfussball, die Stürmerinnen, die im Verlauf einer res Training der physischen Fähigkeiten sicherlich zu noch Partie am meisten und weitesten sprinteten, wobei die besseren Leistungen und grösseren Erfolgen beitragen, durchschnittliche Länge eines einzelnen Sprints maximal 12 insbesondere auf internationaler Ebene. bis 25 m betrug. Als sehr sprintfreudig erwiesen sich aber Andere Teams verzeichneten zwar gute statistische Werte, auch verschiedene Spielerinnen im zentralen Mittelfeld und blieben aber resultatmässig dennoch klar hinter ihren auf den Aussenbahnen (Mittelfeld und Verteidigung), sowohl Erwartungen zurück. Ihr enttäuschendes Abschneiden in der Offensive, wo ihre Tempoläufe oft für Gefahr sorgten, kann daher nicht mit ungenügender Physis erklärt werden, als auch beim raschen Einnehmen ihrer Defensivpositionen. sondern muss durch andere individuelle und kollektive Generell waren die optimalen Sprints 20 bis 30 % län- Schwächen, eine falsche Strategie oder mangelnde mentale ger als diejenigen in maximalem Tempo. Die häufigste Stärke begründet sein. Fortbewegungsart im oberen Geschwindigkeitsbereich Deutliche Parallelen zwischen den physischen Leistungen waren allerdings nicht die Sprints, sondern die Läufe in einerseits und dem individuellen Einfluss auf das Spiel hohem Tempo. sowie dem sportlichen Erfolg der Teams andererseits Sowohl die Sprints als auch die insgesamt – also in sämt- zeigten sich hingegen bei der vergleichenden Analyse lichen Geschwindigkeitskategorien – zurückgelegten der Topspielerinnen und der besten Teams des Turniers. Distanzen liessen grosse individuelle Unterschiede zwischen Die festgestellten Unterschiede zwischen den beiden den laufstärksten und -schwächsten Spielerinnen erkennen. Geschlechtern sind vor allem auf die genetischen (Muskel- 42 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse masse, grössere Hebel usw.) und hormonell (Testosteron) AUSWIRKUNGEN AUF DIE TRAININGSGESTALTUNG bedingten Vorteile der Männer in Bezug auf Schnelligkeit und Kraft zurückzuführen. Allgemeines Nichtsdestotrotz können sich die Frauen in diesen Bereichen Die moderne Trainingslehre legt grossen Wert auf die Arbeit noch steigern; Voraussetzung dafür ist allerdings eine quali- mit dem Ball und auf ganzheitliche Trainingseinheiten, die tative Verbesserung des Trainings, insbesondere durch eine sich der Förderung aller im Fussball benötigten Fähigkeiten höhere Intensität der Einheiten, kürzere Pausen zwischen widmen, also nicht nur der technischen und taktischen, den Übungen und absolutes Engagement der Spielerinnen. sondern auch der physischen und kognitiven. Grosses Gewicht sollte zudem auf eine gute Balance zwi- Die Intensität des Trainings sollte derjenigen eines Spiels schen Training und Erholung gelegt werden. möglichst gut nachempfunden sein (Laufdistanzen, Lauf- Insgesamt hat diese Analyse der FIFA Frauen-Weltmeister- und Sprintarten, Erholungszeiten) und zudem von Einheit schaft 2011™ bestätigt, wie eng im Fussball die physischen zu Einheit variiert werden. Fähigkeiten, die individuellen technischen und taktischen Diese Variationen, deren Wichtigkeit auch J. Bangsbo Qualitäten, die Teamleistungen und nicht zuletzt auch der betont, erfolgen durch eine entsprechende Gestaltung des mentale Bereich miteinander verknüpft sind. Trainingsablaufs, indem zum Beispiel die erste Übung nach Abbildung 18: Physische Leistungsfaktoren im Fussball Schnelligkeit Schnellkraft Schnelligkeitsausdauer Technik Taktik Mentalität Kraft Kraftausdauer Ausdauer 43 dem Aufwärmen an einem Tag mit 75 bis 80 % und am EMPFEHLUNGEN FÜR DIE TRAININGSGESTALTUNG nächsten mit 90 bis 100 % der maximalen Herzfrequenz (HFmax) absolviert wird. 1. Grundlagenausdauer und spezifische Ausdauer Die Dimensionen des Spielfelds, dessen Offensiv- unm (aerob-anaerobe Leistungsfähigkeit) Defensivzonen, die Raumaufteilung sowie das richtige • Um ihre spielerischen Qualitäten noch besser entfalten, Laufverhalten mit und ohne Ball sollten in jedem Training den Rhythmus müheloser wechseln und sich nach einer eine Rolle spielen. Anstrengung rascher erholen zu können, müssen die Des Weiteren empfiehlt es sich, das individualisierte, auf die Spielerinnen an ihrer Grundlagenausdauer (aerobe Stärken und Schwächen der einzelnen Spielerin abgestimmte Kapazität) und vor allem an ihrer spezifischen Ausdauer Training (Kraft, Ausdauer, Koordination) zu optimieren und (aerobe Leistungsfähigkeit) arbeiten. dauerhaft in die Trainingsprogramme zu integrieren, insbe- • Damit die in diesen Bereichen angestrebten Effekte sondere auch im Nachwuchsbereich. tatsächlich eintreten, muss konsequent mit mindestens 85- Zu berücksichtigen hat diese Individualisierung nicht zuletzt 90 % der HFmax trainiert werden (80 bis 100 % der MAG). auch die spezifischen Anforderungen, die sich der jeweiligen • Das Training sowohl der Grundlagenausdauer als auch Spielerin auf ihrer Position stellen, sei es in Bezug auf die der spezifischen Ausdauer ist individuell auf die maximale Laufgeschwindigkeiten, auf die Distanzen oder auch auf das aerobe Geschwindigkeit (MAG) und Herzfrequenz der Zweikampfverhalten. Ebenfalls entsprechend anzupassen einzelnen Spielerin abzustimmen, worauf es insbesondere sind die Ruhezeiten zwischen Aktionen mit hoher Intensität. bei Intervallübungen zu achten gilt. Für den Aufbau und Das individualisierte physische Training sollte fester Bestand- die kontinuierliche Förderung der Grundlagenausdauer teil des Wochenprogramms der Spielerinnen sein, so wie (aerobe Kapazität) ideal ist die Geschwindigkeit an der dies in einigen Ländern bereits der Fall ist (zwei bis drei anaeroben Schwelle; diese liegt 20 % unter der MAG. Einheiten pro Woche). • Eine gute Trainingsform ist das Fahrtspiel (auch Fartlek Schliesslich gilt es, insbesondere in bestimmten Ländern, die genannt), bei dem das Tempo während eines Dauerlaufs Trainingsmethodik im Juniorinnenbereich zu überarbeiten mehrmals gesteigert und verringert wird, wobei die und zu verbessern. Als Vorbilder dienen können diesbezüg- maximalen Intensitäten und die Belastungszeiten dem lich die nach wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgebauten Rhythmus eines Spiels nachzuempfinden sind. Ausbildungsprogramme verschiedener führender Nationen • Ebenfalls als aerobes Training und speziell zur des Männer- und des Frauenfussballs. Verbesserung des Stoffwechsels geeignet sind Die vier erfolgreichsten Teams der Frauen-WM verzeichneten Laufübungen in wechselndem Tempo (mit und ohne Ball), auch die besten physischen Leistungswerte. alternierend mit Spielen auf kleinem Raum (3 gegen 3 / 4 Die ausgewählten Spitzenspielerinnen legten ähnliche gegen 4). Distanzen wie ihre besten männlichen Kollegen zurück. • Intermittierendes Training, das sich am Rhythmus der Der Hauptunterschied zwischen dem Frauen- und dem Spiele orientiert, gilt als beste Methode zur Steigerung Männerfussball liegt im obersten Geschwindigkeitsbereich der spezifischen Ausdauer (aerobe Leistungsfähigkeit) im (mit Sprints zurückgelegte Distanz bei den Männern fast Bereich von 85 bis 100 % der HFmax und 90 bis 120 % 40 % grösser). Der Frauenfussball hat im physischen Bereich grosse Fort- der MAG. • Diese Übungen in verschiedenen Intervallen, wie 30’’- schritte gemacht, wobei diesbezüglich zwischen den Topstars 30’’, 15’’-15’’, 10’’-20’’, 5’’-5’’-20’’ oder 5’’-25’’, und über und den übrigen Spielerinnen weiterhin Unterschiede bestehen. eine Gesamtdauer von zwischen 5 und 9 bis 10 Minuten, 44 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse je nach Intensität, bringen ausgezeichnete Ergebnisse Bezug auf die Distanz und Anzahl der Sprints sowie die hervor. Die Erholungsphasen können in langsamem Trab Erholungszeiten. absolviert oder auch mit einer Technikübung von niedriger Intensität verbracht werden. • Wie unsere Analyse gezeigt hat, führen die Sprints in maximalem Tempo bei manchen Spielerinnen nur • In diese Trainingsform lassen sich auch technische und über 12 m, bei den Stürmerinnen und auch den taktische Elemente integrieren, zum Beispiel wie folgt: Aussenspielerinnen hingegen über bis zu 25 m. Mit dem Ball am Fuss legt eine Flügelspielerin auf ihrer • Diesen unterschiedlichen Werten sollten die Distanzen angestammten Seite eine Strecke zurück, für die sie 10’’ des Schnelligkeitstrainings möglichst genau angenähert benötigt, und schlägt anschliessend eine präzise Flanke werden. auf eine Stürmerin, die sich mit einem Sprint von 5’’ in • Da die maximale und übermaximale Laufgeschwindigkeit Position gebracht hat; danach haben beide Spielerinnen streng genommen nur im Sprint ohne Ball erreicht 20–25’’ Zeit, um ihre Defensivpositionen einzunehmen, werden kann, sollte das Schnelligkeitstraining bevor sie den nächsten Angriff vortragen. Bei diesen sowohl Übungen ohne als auch solche mit Ball kombinierten Übungen ist stets auf eine technisch saubere umfassen. Letztere bestehen anfangs nur aus Sprints Ausführung zu achten. in Kombination mit einer Ballannahme oder einem • Im Nachwuchsbereich eignen sich Dauerläufe mit Torschuss, werden aber nach und nach zu realistischen, Rhythmuswechseln (mit und ohne Ball), Parcours mit zeitlich begrenzten Nachahmungen von Spielsituationen koordinativen Übungen sowie intermittierendes Training ausgebaut. hervorragend, um gleichzeitig die Ausdauer und • Ziele und zentrale Elemente des Schnelligkeitstrainings, psychomotorische Aspekte (Koordination und Motorik) zu insbesondere im Frauenfussball: trainieren. - 1. Optimierung der Lauftechnik (Schrittlänge und • Ausdauerparcours mit reaktiven und dynamischen Übungen mit und ohne Ball (Hüpfen, Slalom, Rhythmus- -frequenz, aufrechtere Körperhaltung, Armarbeit) - 2. Erhöhung der Sprintumfänge im Training in Form von und Richtungswechsel usw.) fördern Koordination und Übungen zum Beschleunigen und Abbremsen sowie Beweglichkeit und regen die schnellen Muskelfasern Tempoläufen mit Richtungswechseln (Gleichgewicht, optimal an. Trittsicherheit) unter gleichzeitiger Verbesserung der • Natürlich sind auch Trainingsspiele eine gute Methode zur Förderung der Energiebereitstellung (aerob und anaerob), anaerob-alaktaziden Leistungsfähigkeit - 3. Nach einem Sprint dient der Rückweg zum sofern die Spielerinnen dabei vollen Einsatz leisten und die Ausgangspunkt der Übung, der in niedrigem oder vorgesehene Spieldauer eingehalten wird. Die Intensität mittlerem Tempo absolviert wird (je nach Länge des der Übung lässt sich durch die Grösse der Spielfläche Sprints), als Erholungsphase, kann aber gleichzeitig steuern. auch dazu genutzt werden, das Zurückweichen in die Defensive zu üben (mental, taktisch). 2. Schnelligkeit Von dieser Möglichkeit sollte insbesondere bei den • Analog zur Förderung der aeroben Fähigkeiten ist auch Juniorinnen Gebrauch gemacht werden. dieses Training zu individualisieren, indem die spezifischen - 4. Variation der Laufdistanzen sowohl innerhalb der Aufgaben der jeweiligen Position berücksichtigt werden Trainingseinheit als auch einer Serie (Beispiel: – nicht zwangsläufig hinsichtlich der Laufgeschwindigkeit Serie mit fünf Wiederholungen: 20 m – 10 m – 40 m – (die von Spielerin zu Spielerin variieren kann), aber in 25 m – 15 m) 45 Auf diese Weise werden wie während eines Spiels in 3. Kraft kurzer Abfolge unterschiedliche Arten von Sprints ab- Trotz weiterhin bestehender Vorbehalte gegenüber dem solviert. Zusätzlich verstärkt wird dieser Effekt durch ein Krafttraining für Frauen (Verlust der Weiblichkeit, unvor- Alternieren zwischen verschiedenen Geschwindigkeiten teilhafte körperliche Veränderungen, Vermännlichung) und den Einbau von Richtungswechseln. sind in diesem Bereich grosse Fortschritte erzielt worden, • Das Training der Antrittsgeschwindigkeit sollte sich an den wenn auch leider nicht in allen Ländern und von allen individuellen Positionen und Aufgaben der Spielerinnen Spielerinnen. Allgemein gilt es zu bedenken, dass die orientieren. Muskulatur der Frau aus hormonellen Gründen (gerin- (Beispiel: An eine Verteidigerin im defensiven gere Produktion von Testosteron und Muskelmasse) Zweikampf stellen sich diesbezüglich nicht die gleichen von Natur aus weniger leistungsfähig als diejenige des Anforderungen wie an eine Stürmerin im Moment der Mannes ist. Angriffsauslösung). Unsere Beobachtungen und Analysen haben uns zum • Als Struktur für das Schnelligkeitstraining bietet Schluss gebracht, dass das Krafttraining der Spielerinnen sich folglich ein Parcours an, in dessen Verlauf die vielerorts noch stark verbessert werden kann. Mit Spielerinnen Läufe in verschiedenen Geschwindigkeiten entsprechenden individualisierten und progressiv auf- und Intensitäten sowie positionsspezifische Übungen gebauten Programmen sollte schon in jungen Jahren absolvieren. begonnen werden. Letzteres kann beispielsweise wie folgt aussehen: Mit zunehmender Kraft steigen auch Leistungsvermögen, Die Stürmerinnen trainieren ihre Sprints vor dem Antrittsschnelligkeit und Selbstvertrauen; zudem wird Tor, über Distanzen von 5 bis 20 m; die äusseren die inter- und intramuskuläre Koordination gefördert Mittelfeldspielerinnen auf den Flügeln (20 bis 30 m); die und durch grössere Stabilität, besseres Gleichgewicht zentralen Mittelfeldspielerinnen in Form von schnellen und höhere Schusskraft die Entfaltung der technischen Antritten, um sich von einer Gegenspielerin zu lösen Fähigkeiten erleichtert. (5 bis 15 m), oder von Vorstössen in die Tiefe (15 bis Die Leistungen im physischen und athletischen Bereich 25 m); und die Aussenverteidigerinnen absolvieren auf (Kraft und Schnelligkeit), die einige der Teams 2011 den Aussenbahnen Übungen zur Antrittsschnelligkeit (5 in Deutschland erbrachten, zeugen von den grossen bis 10 m) sowie Läufe mit steigendem Tempo und mit Anstrengungen, die diesbezüglich in den betreffenden Richtungswechseln (15 bis 30 m). Ländern unternommen wurden. • Nach einem sorgfältigen Aufwärmen ist jede der Übungen • Im Zentrum der ersten Phase des Krafttrainings steht mit maximaler Intensität auszuführen; ebenso wichtig ist die Stärkung der Bauch- und Rückenmuskeln sowie der die Einhaltung der vorgesehenen Pausen zwischen den Fixatoren der Bauchmuskulatur (Festigung des unteren Wiederholungen und den Serien. • Um die Qualität des Trainings zu gewährleisten und oberen Rumpfs). • Die Stabilisierung des Oberkörpers ist bereits bei und das Verletzungsrisiko zu minimieren, kann bei sehr jungen Spielerinnen sehr lohnenswert, ist aber der ersten Serie einer Einheit der Fokus statt auf auch später unerlässlich, um die erworbene Kraft maximale Geschwindigkeit noch auf koordinative zu erhalten. Die entsprechenden Übungen sollten Aspekte (Lauftechnik) gelegt werden (insbesondere im täglich absolviert werden. Parallel dazu sollte an Nachwuchsbereich). Ab der zweiten Serie sollten die der Muskulatur der Beine und insbesondere der Spielerinnen dann stets möglichst schnell sprinten. Oberschenkel gearbeitet werden – anfangs nur mit 46 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Analysen und Ergebnisse dem eigenen Körpergewicht, danach mit langsam ERFASSUNG UND AUFZEICHNUNG steigenden Belastungen zwischen 20 und 30–40 %. DER LAUFWEGE • Die Schnellkraft kann durch dynamische Übungen (auch in Form des Abbremsens von Bewegungen Technologie zur Förderung der exzentrischen Kontraktion) Das Trackingsystem Amisco (siehe Abbildung 20) verbessert werden. Diese wirken sich sehr rasch erfasst mithilfe eines komplexen Softwarealgorithmus positiv auf die schnellen Fasern und somit auf die die X- und Y-Koordinaten aller Personen auf dem Platz Dynamik und Aktionsschnelligkeit der Spielerinnen (Spielerinnen und Schiedsrichterin) und zeichnet 25 Mal aus. pro Sekunde deren genaue Positionen auf, wodurch • Ebenfalls als Schnellkrafttraining geeignet sind sich die Laufwege der Spielerinnen und Schiedsrichterin plyometrische Sprungübungen, allerdings nur bei praktisch in Echtzeit verfolgen lassen. Bei korrekter richtig gewählter Intensität und nur für Spielerinnen, Installation und Bedienung durch einen erfahrenen die ausgezeichnete koordinative Grundlagen (Lauf- und Operator arbeitet das System mit einer Genauigkeit von Sprungtechnik) besitzen, was die saubere Ausführung 96,5 % und liefert Positionsdaten mit einer Abweichung der Übungen gewährleistet und das Verletzungsrisiko von maximal 7 cm. minimiert. Amisco besteht unter anderem aus vier Bewegungs- und • Eine weitere empfehlenswerte Variante sind zwei Reservesensoren und kann entweder fest installiert Kontrastübungen (Umwandlung von Belastung in oder mobil auf einem Stativ angebracht werden. Platziert Explosivität) unter Verknüpfung verschiedener Elemente wird das System vorzugsweise in der Nähe der Mittellinie, (Kraft-Sprung-Technik). auf einer Höhe von mindestens 18 und optimalerweise 30 • Diese im Fussball verbreitete und anerkannte Metern über dem Spielfeld. Trainingsart wirkt sich nicht nur positiv auf die Kraft Vom System nicht erkannte Spielerinnen werden vom und das neuromuskuläre System aus, sondern fördert Operator identifiziert. Wie bei jedem Live-Trackingsystem zugleich auch die technischen Fähigkeiten; allerdings werden nicht 100 % aller Laufwege identifiziert, so dass sollte damit erst begonnen werden, wenn die die Daten kleine Lücken aufweisen können. Zur Behebung Spielerinnen über solide Grundlagen im Kraftbereich dieses Problems wurde das System mit einem Zusatzmodul sowie gute inter- und intramuskuläre Koordination erweitert, das die Qualität der Daten zusätzlich verbes- verfügen. sert. Auf der Grundlage langjähriger Erfahrungen mit • Sowohl die plyometrischen Übungen als auch die Trackingverfahren wurden die ermittelten Daten so Kontrastübungen können problemlos auf dem Spielfeld aufbereitet, dass sie mit denjenigen früherer Erhebungen durchgeführt werden. kompatibel sind. Dies ermöglicht den direkten Vergleich • Zusätzliches Krafttraining zur Vergrösserung des mit Durchschnittswerten aus verschiedenen Datenbanken Muskelvolumens kann von den Spielerinnen (englische Premier League, spanische Primera División, (insbesondere während der Vorbereitungszeit sowie deutsche Bundesliga, französische Ligue 1, UEFA Champions im Nachwuchsbereich) individuell betrieben werden, League usw.). sofern sie sich zuvor sehr gute Grundlagen erworben haben (Schnell- und Ausdauerkraft) und ihr Programm Qualitätskontrolle durch den Chef- oder Fitnesstrainer sorgfältig Sobald die betreffende Partie begonnen hat, werden die überwacht wird. Aufnahmen der Trackingkameras und die vom Operator 47 eingegebenen Identifikationsinformationen zur Quali- 1. Zuordnung von Laufwegen zur richtigen Spielerin; tätskontrolle an ein Produktionszentrum übermittelt. 2. Manuelles Schliessen von Lücken in den aufgezeichneten Bereits während des Spiels korrigiert und ergänzt der Operator im Produktionszentrum oder vor Ort die Laufwegen; 3. Bereinigung von Daten aus Beschleunigungs- und Ab- Trackingdaten. Diese Aufbereitung umfasst drei Bereiche bremsphasen zur Erhöhung der Genauigkeit der Werte (siehe Abbildung 21): im hohen Intensitätsbereich. Abbildung 20: Trackingsystem Amisco 4 bis 8 Kameras, PC 1 je nach Stadion Multiplexer Netzwerkweiche Backup-PC Multiplexer PC 2 Stadion Internetverbindung Abbildung 21: Aufzeichnung der Laufwege einer Spielerin im Verlauf einer Partie 48 Physische Analyse der FIFA Frauen-Weltmeisterschaft Deutschland 2011™ | Literatur Literatur/Impressum 1. H. A. Anderson et al. und Magni Mohr: „Elite Female Herausgeber Soccer Players Perform More High-Intensity Running Technische Studiengruppe der FIFA: When Playing in International Games Compared with Jean-Paul Brigger, Prisca Steinegger Domestic League Games” (National Strength and Conditioning Association, 2010) 2. P. Krustrup et al. und Jens Bangsbo: „Physical demands during an Elite Female Soccer Game: Importance of Autoren Michel Ritschard (Professor, technischer Berater der FIFA) Markus Tschopp (Dr. med. Sportphysiologie) Training Status” (Medicine & Science in Sport & Exercise, 2005 und 2007) 3. M. Mohr et al. und Jens Bangsbo: „Match Activities of Übersetzung FIFA-Übersetzungsdienst Elite Women Soccer Players at Different Performance Levels” (National Strength and Conditioning Association, Produktion und Layout 2008) FIFA-Produktion 4. V. Di Salvo et al.: „Analysis of High Intensity in Premier League Soccer” (Sports Med, 2008) 5. V. Di Salvo et al.: „Performance Characteristic According Bilder Getty Images to Playing Position in Elite Soccer” (University Institute of Movement Sciences, Rome, 2006) 6. V. Di Salvo et al.: „Activity profile of elite goalkeepers during football match-play” (J. Sports Med Phys Fitness, 2008) 7. A. Dellal et al., 2008: „De l’entraînement à la performance en football” 8. M. Dufour: „Statistiques en folie” (Sport & Vie Nr. 24, 2010.) 9. „Technischer Bericht und Statistik” (FIFA FussballWeltmeisterschaft Südafrika 2010™) 10. „Technischer Bericht und Statistik” (FIFA FrauenWeltmeisterschaft Deutschland 2011™) Druck Rüegg Media AG, Aesch/ZH, Schweiz Fédération Internationale de Football Association FIFA-Strasse 20 Postfach 8044 Zürich Schweiz Tel.: +41-(0)43-222 7777 Fax: +41-(0)43-222 7878 www.FIFA.com