lanD Der kontraste - Villingen

Transcription

lanD Der kontraste - Villingen
Chile
Land der Kontraste
24. Februar 2012 | Neue Tonhalle | Villingen-Schwenningen | 20:00 Uhr
Dr. Heiko Beyer
Was fasziniert Sie so an der Kultur und den Menschen in Südamerika besonders an Chile?
Die Faszination der Kulturen in Südamerika in wenigen Sätzen zu erklären ist ein Ding der Unmöglichkeit, da
sich auf der riesigen Fläche - Südamerika ist eigentlich ein Kontinent für sich - eine Vielfalt an Völkern mit ihrer eigenen Geschichte und Entwicklung bilden konnte, mit deren Beschreibung ich ganze Bücher füllen könnte.
Denken Sie nur an die eigene Tangokultur in Argentinien, die Nachfahren der Inka in Peru, die dem Tropenwald
angepassten indigenen Völker des Amazonasbeckens oder die Gauchokultur im Süden Südamerikas. Konzentrieren wir uns deshalb lieber auf Chile. Dort faszinierte mich besonders die Kultur der Aymara, Nachfahren des
Tihuanaco-Reiches, das lange vor den Inka im heutigen Bolivien seine Blüte feierte. Ich habe mich in einer kleinen chilenischen Siedlung mit einem jungen Aymara-Schamanen angefreundet, der mir viel von der Spiritualität
seines Volkes lehren konnte. Im chilenischen Seengebiet war ich Gast in einem Dorf der letzten überlebenden
indigenen Bevölkerung Patagoniens, der Mapuche. Und dann mischte ich mich natürlich in äußersten Süden unter
die Gauchos Chiles und verbrachte viele Tage mit einem Puestero, einem Wächter an den Grenzen der Estancia.
Gibt es auf Ihren Reisen nach Chile, ein Erlebnis das aussergewöhnlich für Sie war?
Dies war unsere Tour im Altiplano, jene Hochebene, die sich auf 4000 - 4500 Metern zwischen den Staaten Peru, Bolivien, Argentinien und Chile aufteilt. Wir waren dort mit einem extrem geländegängigen Auto unterwegs in einer
surrealen Welt aus Vulkanen, Salz, Kakteen und Lagunen, in denen farbenfrohe Flamingos ihre Nahrung suchen. Ungefährlich war diese Expedition nicht, da wir komplett allein unterwegs waren. Dies wurde uns in dem Moment bewusst, als wir mit unserem Auto stecken blieben. Die Nahrungsvorräte hätten wohl noch ein paar Tage gereicht, die
Schlafsäcke konnten den extremen Nachttemperaturen von -25 Grad wohl auch widerstehen, aber irgendwann wären wir doch an einem Punkt gekommen, wo wir ohne Hilfe ganz schön alt ausgesehen hätten. Und diese Hilfe kommt
oben auf den einsamen Pisten vielleicht alle drei Wochen in Form eines Servicetrupps für die nahen Goldminen vorbei.
Wie kamen Sie dazu eine Multivision über Chile zu erstellen?
Ich arbeite schon mehr als 17 Jahre als Fotojournalist im Schwerpunktbereich Lateinamerika. Und als solcher bin ich in jedem Jahr für einige Monate zwischen Mexico und Feuerland unterwegs. Zu Chile aber
hege ich eine ganz besondere Beziehung, war dies doch mein erstes
Land, das ich - damals noch als Student - besuchen durfte. Und so hat
sich in mir über all die Jahre der Wunsch verdichtet, die Vielfalt dieses
Landes in einer abendfüllenden Multivision zusammenzufassen. Dies
war aber all die früheren Jahre immer unbefriedigend, ich hatte immer das Gefühl, dass ich meine Erlebnisse und die Schönheit des Landes nie so authentisch an der Leinwand umsetzen konnten, wie ich
mir dies vorgestellt hatte. Erst mit der modernen digitalen Projektionstechnik, bei der sich hochauflösendes Video
und brillantes Standbild nahtlos und harmonisch verbinden lassen, konnte ich meine Visionen von einer lebendigen
Multivision, Realität werden lassen. Als mich dann noch das chilenische Fremdenverkehrsamt kontaktiere und seine logistische Unterstützung angeboten hatte, war der Plan gefasst: Die nächsten fünf Jahre werde ich ausschließlich nach Chile reisen, um die Vielfalt dieses Landes in einer Multivision in Deutschland präsentieren zu können!
Woher kommt die Leidenschaft zur Fotografie?
Ich glaube, die wurde mir in die Wiege gelegt. Ich war schon immer fasziniert von Farben und Formen. Diese zu sehen, das war das eine, diese aber in kreativer Form festzuhalten, das war die Herausforderung, der ich mich immer
wieder stellen wollte. Deshalb kaufte ich mir von meinem mühsam ersparten Taschengeld auch schon mit 9 Jahren
meine erste Spiegelreflexkamera. Die mir dann zwei Jahre später glorreich bei einer Kanutour ins Wasser fiel...!
Aber erst als ich die Verbindung von Reisen und Fotografie für mich entdeckte (und mir eine neue Kamera geleistet habe), machte das Bildermachen für mich richtig Sinn. Fremde Kulturen entdecken und dokumentieren, Landschaften im einzigartigen Licht festzuhalten, den Moment für andere Betrachter mit nach Hause nehmen - dies
sind Dinge, die mich nach wie vor faszinieren. Dabei steht mittlerweile aber die Fotografie fast gleichberechtigt
neben dem Videofilmen. Beide Medien schmelzen - nicht zuletzt durch die Verfügbarkeit in nur einem Aufnahmegerät- mehr und mehr zusammen. Es entwickelt sich aus diesem Grund gerade im Bereich der Multivisionen auf
der großen Leinwand eine neue Ästhetik, deren Erforschung und sinnvollen Einsatz ich ungeheuer spannend finde.
Was sind Ihre nächsten Projekte?
Ich habe einige ganz konkrete Ziele und einige Träumereien. Zu den aktuellen Projekten gehört eine Produktion über Argentinien. Ähnlich wie Chile konnte ich in diesem Land eine Vielfalt entdecken, die es mir mehr als
leicht machen wird, mein Publikum in einer Multivision zu unterhalten und zu faszinieren. Mit meiner ChileMultivision hatte ich bis jetzt mehr als 40.000 Zuschauer, so dass der Gedanke nahe lag, das auch das Nachbarland mein Publikum in gleichem Maße interessieren könnte. So war ich im letzte Jahr mit zwei befreundeten Argentiniern auf dem Campo Hielo Sur unterwegs, jener riesigen südlichen Inlandeisfläche, die nach wie
vor als weißer Fleck auf den Landkarten gilt. Über eine Woche waren wir der Natur mit ihren Eisstürmen, Gletscherspalten und extremen Temperaturen ausgesetzt. Aber die Sicht an den wenigen Schönwettertagen auf
das Fitz Roy und Cerro Torre - Massiv entschädigte für alle Mühen! Das nächste Projekt wird eine Längs-Durchquerung der Anden von Venezuela nach Feuerland. Und war nur in den einfachsten öffentlichen Transportmitteln, die zur Verfügung stehen. Ob die Ladefläche eines Lastwagens, uralte Überlandbusse oder im wackligen
Zug durchs bolivianische Altiplano. Dies wird mir eine Nähe zu der Bevölkerung geben, die ich für meine Geschichten suche. Last but not least noch mein Traum: „Vulkane der Erde“. Ich fahre schon seit mehr als fünf
Jahren zu den Feuerbergen dieser Welt. Was mich daran aber so fasziniert, sind nicht nur die Vulkane selbst,
sondern die Natur und die Menschen, die mit ihnen Leben. Leben müssen. Wie haben die sich angepasst, wie
beeinflussen die Vulkane das Leben? Dieses Projekt wird mich aber sicher noch viele viele Jahre beschäftigen.
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