Eisern zusammengehalten in Glück und Not

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Eisern zusammengehalten in Glück und Not
Seite 10
SUHL
SHL3
Drogeriemarkt
in Suhl über
Durchschnitt
Suhl – Der dm-Drogeriemarkt in
Suhl hat im vergangenen GeschäftsJahr 2011/12 überdurchschnittlich
gut abgeschnitten. Der Umsatz ist
um 18 Prozent auf drei Millionen
Euro gewachsen, sagte Gebietsleiterin Sabine Zink im Gespräch mit Freies Wort . Die Zahl der Kunden in Suhl
wuchs um 15 Prozent auf täglich
1273. Sie werden von 16 Mitarbeitern betreut - das sind zwei mehr als
im vorangegangenen Geschäftsjahr.
Die Zahl von drei Auszubildenden ist
konstant geblieben. Seit 2008 belegt
dm in Suhl 589 Quadratmeter Verkaufsfläche.
In Thüringen betreibt das Unternehmen 23 Filialen, darunter in Südthüringen in Meiningen, Bad Salzungen und Suhl. Am 15. November
wird eine weitere Filiale in Schmalkalden eröffnet, in Meiningen wird
in eine neue Filiale umgezogen. Im
kommenden Frühjahr soll zudem
eine neue Filiale in Ilmenau eröffnet
werden. Die Thüringer Filialen haben ihren Umsatz um knapp 8,4 Prozent auf 83,7 Millionen Euro gesteigert. Die Zahl der Mitarbeiter stieg
um 40 auf nun 409, die Zahl der
Lehrlinge um zehn auf 64. Im abgelaufenen Geschäftsjahr investierte
das Unternehmen 1,48 Millionen
Euro in Umbauten und Umzüge. Für
das kommende Geschäftsjahr sind
dafür 2,8 Millionen Euro vorgesehen. Das dm-Geschäftsjahr umfasst
den Zeitraum vom 1. Oktober bis
zum 30. September eines Jahres. oa
Familienforscher
im Stadtarchiv
Suhl – Am Wochenende kommt eine
Gruppe deutscher Familienforscher
zu ihrem Halbjahrestreffen nach
Suhl. Neben einer Stadtbesichtigung,
einem Besuch im Waffenmuseum sowie weiterer historischer Orte in Suhl
steht auch ein Rundgang im Suhler
Stadtarchiv auf ihrem Programm,
wie die Stadtverwaltung mitteilte.
Die Ahnenforscher wollen zu
ihrem Herbsttreffen 2012 mehr über
die Geschichte und Geschicke der
Stadt erfahren. Die etwa 20 Forscher
aus dem gesamten Bundesgebiet, die
sich zu einer Interessengruppe zusammengefunden haben, werden in
den Räumen des Stadtarchivs mit
Stadt- und Archivgeschichte bekannt
gemacht sowie erhalten Informationen zum Werdegang vom dienstlichen Schriftgut zu historisch wertvollem Archivgut. Ihr besonderes Interesse gilt jenen Archivalien, die für
Ahnenforscher wertvolle Wissensquellen darstellen, beispielsweise
Personenstandsregister,
Militärstammrollen, Einquartierungslisten,
Adressbücher und Begräbnisakten.
Die Mitarbeiterinnen des Stadtarchivs stellen ihnen entsprechende
Suhler Dokumente vor.
Außerdem werden sie mehr dazu
erfahren, wie mit Hilfe von moderner Technik Informationen gespeichert werden und somit schneller
auffindbar sind.
Scarlett O‘ verlegt
in den Kulturkeller
Suhl – Die Veranstaltung „Das gibt’s
nur einmal“ heute Abend im CCS
wird in den Kultkeller VAMPIR verlegt. Beginn ist 20 Uhr, wie das CCS
mitteilte. Scarlett O‘ präsentiert im
Trio mit Jürgen Ehle und Rolf Fischer
Lieder von Werner Richard Heymann. Dazu gehören Evergreens wie
„Ein Freund, ein guter Freund“, „Irgendwo auf der Welt“ oder „Das ist
die Liebe der Matrosen“.
Bereitschaftsdienst
der Apotheken
Suhl - Am kommenden Wochenende, dem 20. und 21. Oktober, hat
die Alexander-Apotheke in der Alexander-Gerbig-Straße 49 in Suhl
( 0 36 81/7 91 40) Bereitschaftsdienst. Durch ein Versehen war ein
Tausch des Bereitschaftsdienstes unter den Apotheken nicht gemeldet
worden. Darüber informierte kurzfristig die Stadtverwaltung. Die Bürger werden um Beachtung gebeten.
Freitag, 19. Oktober 2012
Tradition in vierter Generation
Mit seinem jüngst eröffneten Herrenmodengeschäft
in der Gothaer Straße führt
Moritz Messerschmidt die
über 100 Jahre alte ModeTradition seiner Familie in
Suhl fort, direkt gegenüber
des elterlichen Ladens.
Von Caroline Berthot
Suhl – Als Max Messerschmidt 1910
die Führung der damaligen Wollwarenhandlung für Damen in der Gothaer Straße in Suhl übernahm, regierte noch der Kaiser. Der Kaiser
dankte ab, zwei Weltkriege wurden
ausgefochten, ein Eiserner Vorhang
teilte jahrzehntelang die Welt, die
politische Wende setzte ein – und
nach all dem gibt es immer noch das
Modehaus Messerschmidt in Suhl.
Max‘ Enkel Michael Messerschmidt
führt hier nun schon seit Jahren die
Geschicke, verkauft, wie schon seine
Vorfahren, Damenmode am Stammsitz in der Gothaer Straße. Vis-à-vis
hat Sohn Moritz vor Kurzem mit einem eigenen Geschäft für Herrenmode den Grundstein für die Fortschreibung der Messerschmidtschen
Familientradition gelegt.
Dass der Junior, der ja praktisch
hinterm Ladentisch groß geworden
ist, irgendwann auch einmal das elterliche Geschäft übernimmt, stand
eigentlich schon immer fest. Schließlich wird die Führung des Modehau-
Aus der heimischen
Wirtschaft
Heute: Messerschmidt Men
ses von jeher vom Vater auf den
Sohn übertragen. Bei Adam Stegner,
der das älteste Modegeschäft der
Stadt 1840 gründete, war es nicht anders. Er gab 1905 dem aus Essen
stammenden Kaufmann Max Messerschmidt, der zum Arbeiten nach
Suhl kam, Anstellung in der Wollwarenhandlung in der Gothaer Straße.
Fünf Jahre später übernahm dieser
die Leitung des Ladens. Der Beginn
einer langen Mode-Tradition.
Über 100 Jahre Familienbetrieb, es
ist ein großes Erbe, das Moritz Messerschmidt, der Urenkel des Ge-
Bereit für die Kundschaft: Verkäuferin Heike Schäfer und Geschäftsinhaber Moritz Messerschmidt im neuen Herrenmodegeschäft.
schäftsbegründers, antritt. Seine Verantwortung ist ihm bewusst. „Da
steckt jede Menge Tradition dahinter“, sagt der 25-Jährige. Doch die
Tradition, die Achtung vor dem Geleisteten der Familie schreckt den
jungen Mann nicht, im Gegenteil.
Schon früh war ihm klar, dass er sich
selbst etwas aufbauen wollte, nun
mit 25 fühlte er sich reif, diesen
Schritt zu gehen. Als dann im April
die Ladenräume direkt auf der anderen Straßenseite des elterlichen Geschäfts zum Verkauf standen, zögerte
der gelernte Industriekaufmann
nicht lange. Auf 80 Quadratmetern
Verkaufsfläche bietet er nun in seinem eigenen Geschäft namens Messerschmidt Men Herrenmode an.
Lang gehegter Wunsch
Ob er sein Geschäft auch an anderer Stelle eröffnet hätte? Der junge
Geschäftsmann weiß es nicht. Visà-vis des elterlichen Geschäfts sind
die Synergieeffekte am größten, sagt
er. Beispielsweise bei der gemeinsamen Nutzung des Lagers oder wenn
die weiblichen Stammkunden der Eltern nun ihre Männer nach gegenüber zum Filius zum Einkaufen schicken. Und natürlich stehen Michael
und Sylvia Messerschmidt ihrem
Sohn gern auch mit Rat und Tat zur
Seite. Auch wenn er das nach Ansicht des Vaters nur selten nötig hat.
„Er kennt sich im Geschäft aus, er
hat das ja alles von Klein auf mitbekommen“, sagt der Senior.
Sein Wissen und die Erfahrungen
der Eltern steckt der Junior nun erst
einmal in sein eigenes Herrenmoden-Geschäft. Damit erweitert er
nicht nur das Messerschmidtsche
Sortiment, sondern verwirklicht
auch eine schon seit Langem immer
mal wieder aufgekommene, doch
bisher immer wieder verworfene
Idee der Familie. „Die Herren kamen
in Suhl modisch immer ein bisschen
zu kurz“, begründet Moritz Messerschmidt seine Geschäftsidee. Der
Markt und die Nachfrage seien zwar
schon immer da gewesen, allein es
habe eben nie richtig gepasst, bestätigt auch der Vater. Bis jetzt.
Gelungener Geschäftsstart
Etwas mehr als zwei Wochen nach
der Ladeneröffnung ist Moritz Messerschmidt sehr zufrieden mit dem
Geschäft. Es läuft gut. Für den
25-Jährigen, der seine berufliche und
private Zukunft immer schon in seiner Heimatstadt Suhl sah, ein erster
Beweis, dass er den richtigen Riecher
hatte. Auch Vater Michael erfüllt der
gute Start des Sohns ins Geschäftsleben mit Stolz, soll er doch in nicht
allzu ferner Zukunft das elterliche
Geschäft übernehmen. „Es ist schön
zu sehen, dass das Unternehmen
fortgeführt werden kann, dass die
Tradition fortbesteht.“ Zur Ruhe setzen will sich Michael Messerschmidt
mit seinen 61 Jahren zwar noch
nicht, aber irgendwann wird der Tag
kommen, an dem er – wie schon sein
Foto: frankphoto.de
Vater und sein Großvater – das Modehaus in der Gothaer Straße an seinen Sohn übergibt.
Dann ist es an Moritz die eigentlich einzigartige Geschichte des Familienunternehmens fortzuschreiben: Das älteste Modegeschäft der
Stadt, das Kriege überstanden hat,
das auch nach der Auslagerung und
der zwischenzeitlichen Nutzung der
Geschäftsräume als Russenmagazin
in der Nachkriegszeit fort bestand,
das als einziges Textilgeschäft in Suhl
zu DDR-Zeiten in privater Hand
blieb, ein Geschäft, das sich auch
nach der Wende behaupten konnte
und bis heute eine feste Größe in Sachen Mode in der Stadt ist.
Es sind große Fußstapfen, in die
Moritz Messerschmidt treten will.
Die Eröffnung des eigenen Geschäfts
ist für ihn nur der erste Schritt auf
seinem Weg, die Tradition des familieneigenen Modehauses auch in der
nächsten, der nunmehr vierten Generation zu leben.
Eisern zusammengehalten in Glück und Not
Glück und Kompromisse
sind die Hauptzutaten für
das Erfolgsrezept der Ehe
von Johanna und
Waldemar Mahn. Sie feierten gestern das seltene Fest
der eisernen Hochzeit.
Von Heike Hüchtemann
Suhl – 65 Jahre verheiratet zu sein –
wie schafft man das? Ein Geheimrezept hat das Ehepaar Mahn dafür
nicht. „Glückssache“, sagt Waldemar
Mahn kurz und bündig. „Mann muss
halt nicht bei der ersten Schwierigkeit auseinander rennen, wie das die
jungen Leute heute so tun, sondern
auch mal zurückstecken“, meint
seine Frau Johanna und schaut auf
ihr Hochzeitsfoto. Ein stattlicher
junger Mann und eine schöne Frau
mit einem Strauß weißer Chrysanthemen und hellblauem Brautkleid.
Das hatte sie von ihrer Schwester geborgt im Jahr 1947 als ihr Waldemar
aus Kriegsgefangenschaft kam und
sie ihm das Ja-Wort gab. Viel Zeit für
das Kennenlernen hatten ihnen die
Wirren damals nicht gelassen.
Es war Krieg, Waldemar Mahn war
Soldat. Ein Kamerad aus der Kompanie in Erfurt fragte ihn, ob er eine
Freundin habe. Waldemar Mahn
hatte keine. Sein Kumpel hatte sechs.
Davon könne er sich doch eine aussuchen... Gesagt, getan – die Namen
kamen auf Zettel, die umgedreht
wurden und Waldemar wollte es mit
dem Mädchen versuchen, deren Name auf dem Zettel steht, der an seinem Finger kleben bleiben würde.
Rücken
von
vielen Dingen
des Alltags frei,
kümmerte sich
um ihre beiden
Töchter und
kochte jeden
Tag für die Belegschaft das
Mittagessen.
In der Silvesternacht 1978/
79
froren
sämtliche Leitungen im Geschäft
auf.
Eine Katastrophe und harte
Probe für das
Ehepaar
Mahn.
Ein
Neuanfang
war unmöglich. Er war
nicht in der
PGH
Mitglied...
Also
musste
eine
Johanna und Waldemar Mahn feierten gestern das seltene Fest der eisernen Hochzeit. Foto: frankphoto.de neue Perspektive her. Die
Klar, das sei schon ein bisschen wie duld und musste Jahre der Hoffnung fand er auf dem Ringberg im neu geeine Lotterie gewesen, schmunzelt und der Ängste umeinander überste- bauten VdgB-Ferienheim. In der
der 90-Jährige heute. So ernst hatte hen. Waldemar Mahn hatte Marsch- Nachwendezeit schließlich wuchs
er das eigentlich auch nicht genom- befehl in Richtung Stalingrad, wurde bei Waldemar Mahn eine neue große
men. Es war schließlich Johannas verwundet, litt an Malaria, kam ins Leidenschaft – die Ottilie. Was Wunder, wurde der gebürtige NiederZettel, der kleben blieb. Dass daraus Lazarett, später in Gefangenschaft.
mal eine Ehe werden würde, die
Als das ausgestanden war, kehrte er schlesier doch schon frühzeitig mit
schon 65 Jahre lang hält, daran hätte zu seiner Johanna nach Mäbendorf der Liebe zu seiner Wahlheimat infidamals keiner geglaubt.
zurück und es wurde Hochzeit gehal- ziert. Daran hatten zweifellos JohanEinmal hatte sich Waldemar Mahn ten. Von da an ging es gemeinsam na und die schöne Landschaft ihre
nach der Zettelaktion mit Johanna über die Höhen und durch die Tiefen Aktie, aber auch der berühmte Sängetroffen. Sie war recht angetan von des Lebens. Sie gründeten ein Fri- ger Herbert Roth, der auch Vorsitzendem „feschen Mann“. Und er hatte seurgeschäft. Waldemar Mahn war der des Dombergkollektivs war. Im
sich auch gleich in sie „verguckt“. Friseurmeister, Johanna mithelfende Wendeherbst 1989 gründete Mahn
Doch das junge Glück brauchte Ge- Ehefrau. Sie hielt ihrem Mann den mit Gleichgesinnten den Domberg-
verein neu und war bis 1992 dessen
Vorsitzender. Eine neue Liebe entflammte. Johanna Mahn bekam mit
der Ottilie eine Konkurrentin, mit
der sie sich aber gut arrangieren
konnte. „Ich kannte sie ja schon viel
früher als mein Mann“, sagt die
88-Jährige mit einem verschmitzten
Lächeln im Gesicht.
Gemeinsam alt geworden
Jeden Tag nach dem Mittag machte sich ihr Mann auf den Weg zur Ottilienkapelle auf dem Hausberg, hisste die Flagge und öffnete die Kapelle
zur Freude vieler Besucher. „Ich hatte
mich damit abgefunden, habe derweil gern gestrickt, gehäkelt und
mich um die Enkel gekümmert.“
Derweil hat das Paar vier Enkel und
sieben Urenkel. Jetzt sind sie viel zu
Hause. Es geht halt alles nicht mehr
so, wie sie es gerne hätten. Sie brauchen die Hilfe des Pflegedienstes und
der Kinder. Und sie haben Probleme.
Mit den fehlenden Augenärzten zum
Beispiel. Darum solle er sich doch
bitte ganz dringend kümmern, gaben sie Bürgermeister Klaus Lamprecht, der die Glückwünsche der
Stadt Suhl überbrachte, mit auf den
Weg. Heute wohnen sie in einem
Hochhaus der AWG in der FriedrichKönig-Straße und fühlen sich sehr
wohl. Vom Fenster im Treppenhaus
können sie auch auf die Ottilie
schauen. Ob sie sich heute noch einmal füreinander entscheiden würden? Johanna Mahn antwortet mit
einem verschwörerischen Augenzwinkern und nickt. Für Waldemar
Mahn ist das auch keine Frage. Seine
Frau koche gut. Und außerdem sei
doch wichtig, dass man sich gut tue,
Glück habe und Kompromisse finde.

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