Variable Annuities - Institut für Statistik

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Variable Annuities - Institut für Statistik
Variable Annuities
Manuela Hölzlwimmer
Institut für Statistik, LMU München
Betreuung: Ulrich Nögel
18. Juni 2010
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Inhaltsverzeichnis
1
Einführung Variable Annuities
Lebensversicherungsprodukte
Garantieformen bei Variable Annuities
2
Pricing
Pricing über exotische Optionen
Schwierigkeiten beim Pricing
Zins- und Volatilitätsmodelle
3
Absicherung der Garantien
Möglichkeiten der Absicherung
Hedging
Absicherung durch Produktgestaltung
4
Auswirkung der Finanzkrise
5
Zusammenfassung
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Formen der Lebensversicherung
Eine Lebensversicherung ist eine Versicherung, die das biometrische Risiko
der versicherten Person wirtschaftlich absichert und im Versicherungsfall
eine bestimmte Summe an den Versicherungsnehmer bezahlt.
Lebensversicherungsprodukte
fondsgebunden
mit Garantie
Garantiefonds
klassisch
ohne Garantie
Hybridprodukte
Variable
Annuities
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Lebensversicherungsprodukte
Klassische Lebensversicherung:
Garantie einer Mindestverzinsung und evtl. Überschussbeteiligung
Gewährleistung lebenslanger Rentenzahlungen über den Ausgleich im
Kollektiv
Höchststandsgarantiefonds:
Garantie, dass bei Fälligkeit mindestens das investierte Geld ausbezahlt wird
Höchststandsgarantie
Garantieerzeugung durch Umschichtung zwischen riskanten und sicheren
Anlagen → Monetarisierungsrisiko
Statische Hybridprodukte:
Aufteilung des investierten Geldes in zwei Teile:
Investitionen eines Teils in sichere Anlagen um Garantie zu gewährleisten.
Rest wird in Fonds investiert.
Bei niedrigen Zinsen: geringer Fondsanteil
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Variable Annuities
Fondsgebundene Lebensversicherungen mit zusätzlichen Garantien
Garantierisiko verbleibt (zunächst) beim Versicherer
Meist gegen Einmalzahlung, aber auch regelmäßige Prämienzahlung
möglich
Jährliche Garantiegebühr in % des Fondsguthaben
Living Benefits und Death Benefits
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Garantierte Todesfallleistung und Garantierte
Ablaufleistung
Garantierte Todesfallleistung (GMDB):
Beim Tod des Policenhalters: Auszahlung des Maximums aus
aktuellem Fondsguthaben und Summe der gezahlten Prämien
Übliche Kosten: Jährlich 0.1-0.4% des Fondsguthabens
Garantierte Ablaufleistung (GMAB):
Wenn der Kunde bis zum Fälligkeitstermin lebt: Auszahlung des
Maximums aus aktuellem Fondsguthaben und Summe der gezahlten
Prämien
Übliche Kosten: Jährlich 0.3-0.7% des Fondsguthabens
Bei beiden Produkten kann die Garantieleistung durch Zusatzoptionen wie
Rollup“, Ratchet“ oder einer Kombination erhöht werden.
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Wert des Portfolios
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GMDB bei fallenden bzw. steigenden Kursen
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Wert des Portfolios
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GMAB bei fallenden bzw. steigenden Kursen
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Wert des Portfolios
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GMAB bei steigenden Kursen mit Ratchet
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Zeit
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Garantierte Mindestrente (GMIB)
Bei Überleben der Ansparphase wird eine lebenslange garantierte
Rente bezahlt
Weitere Möglichkeiten: Auszahlung des Fondsguthaben als
Einmalbetrag ohne Garantie oder Verrentung des aktuellen
Fondsguthabens ohne Garantie
Übliche Kosten: Jährlich 0.3-0.7% des Fondsguthabens
Zusatzoptionen wie Rollup“, Ratchet“ oder eine Kombination
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möglich
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Wert des Portfolios
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Wert des Portfolios
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GMIB bei fallenden bzw. steigenden Kursen mit Rollup
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Zeit
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Zeit
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Garantierte Entnahmeleistungen (GMWB)
GMWB:
Kunde kann während der Produktlaufzeit einen garantierten Betrag
entnehmen
Zur Aufrechterhaltung der Garantie darf ein bestimmter jährlicher Betrag
nicht überschritten werden
Freie Verfügbarkeit über eventuell vorhandenes Restguthaben bei Fälligkeit
Im Todesfall: Auszahlung des vorhandenen Fondsguthaben als
Todesfallleistung
Übliche Kosten: Jährlich 0.3-0.75% des Fondsguthabens
GMWB for life:
Garantie lebenslanger Entnahmen in unbegrenzter Gesamthöhe, solange die
jährlichen Entnahmen einen Maximalbetrag nicht übersteigen.
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GMWB bei fallenden Kursen
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verbleibende Garantie
Fondswert ohne Entnahme
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verbleibende Garantie
Fondswert ohne Entnahme
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GMWB bei steigenden Kursen
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Zeit
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Vor- und Nachteile von VAs
Vorteile:
Partizipation an Börsenentwicklung möglich mit gleichzeitiger
Absicherung nach unten
Transparente Gebühren
Stornierungsmöglichkeit
Einfluss auf die Fondsauswahl
Garantien unabhängig von Investmentstrategie
Nachteile:
Teilweise sehr hohe Gebühren
Hohe Komplexität mancher Produkte
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Entwicklung des VA-Marktes
USA:
Seit 1952 fondsgebundene Lebensversicherungen (ohne Garantien)
1980 Erste Produkte mit Todesfallgarantie
1996 Erste Erlebensfallgarantie (GMIB) → starker Verkaufsanstieg
2000 Einführung von GMABs und nicht lebenslangen GMWBs
Seit 2005 auch GMWB for life
Verkaufsschlager in den USA
Konkurrenzdruck führt zu knapper Kalkulation und ausgefallenen
Produkten
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Entwicklung des VA-Marktes
Japan:
Seit Beginn des Jahrtausends Produkte mit Lebensfallgarantie
Deregulierung und Markteintritt amerikanischer Versicherer sorgte für
großes Absatzwachstum
Zweitgrößter VA-Markt
Deutschland:
Angebot von VAs aus dem europäischen Ausland heraus
In Deutschland nicht wirtschaftlich möglich
Gesetzesänderung wurde im Zuge der Finanzkrise verschoben
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Pricing
Im Allgemeinen kein einheitlicher Bewertungsansatz für VAs aufgrund
der unterschiedlichen Garantien
Garantien sind Put-Optionen auf die gewählten Fonds
Pricingansatz: Garantien ähnlich wie exotische Finanzderivate mit
langer Laufzeit bewerten
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Pricing
Beispiele für Optionen in Variable-Annuity-Policen:
GMAB: Europäische Put-Option zum Laufzeitende
GMIB: Margrabe Option - Austausch des Fondsguthabens gegen
lebenslange Rente
GMDB: Reihe von Put-Optionen
GMWB: Quanto Asian oder amerikanische Option, je nach
Entnahmestrategie
Rider erhöhen Komplexität zusätzlich: Look-back- und Barrier-Optionen
Pricing über Methoden für exotische Optionen möglich, aber zahlreiche
weitere Einflussfaktoren auf den Garantiewert erschweren Vorgehen
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Schwierigkeiten beim Pricing
Versicherungsrisiken:
Sterblichkeitsannahmen
Langlebigkeitsrisiko
Stornoverhalten
Stochastische Fälligkeit
Entnahmeverhalten
Umwandlung in Renten
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Schwierigkeiten beim Pricing
Finanzrisiken:
Kursrisiko der Aktien
Basisrisiko
Kapitalmarktrisiko
Volatilität
Zinsen
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Lösungsansatz
Lösung über Monte-Carlo-Simulation
Kombination verschiedener Modelle (z.B. stochastischer Zins,
Volatilität) möglich
Integration des Kundenverhaltens in die Simulation (z.B.
Zusammenhang zwischen Storno und Kursverlauf)
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Begriffe
Zero-Coupon Bond:
Finanzgut, welches zu einem festen Zeitpunkt T den Nennwert N=1 zahlt
Short Rate:
Zinssatz r, der zum Zeitpunkt t für einen infinitisimal kurzen Zeitabschnitt
gilt
No-Arbitrage-Modelle:
Perfekte Anpassung an die Zinsstruktur möglich
Mean Reversion:
Rückkehr zum langfristigen Durchschnittsniveau
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Zinsmodelle
Vasicek-Modell
dr (t) = κ[θ − r (t)]dt + σdW (t)
r (t): Zinssatz
σ: Volatilität
κ: Mean-Reversion-Geschwindigkeit
dW (t): Wiener Prozess
θ: Langfristiger Mittelwert
⇒ Berücksichtigung der Mean Reversion
Hull-White-Modell
dr (t) = [θ(t) − ar (t)]dt + σdW (t)
⇒ Unterschied zum Vasicek-Modell: Zeitabhängigkeit von θ
⇒ No-Arbitrage-Modell
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Heston/Hull-White-Modell
Modellierung von stochastischer Volatilität und stochastischem Zins
Drei-Faktor-Modell:
p
V (t)S(t)dWS (t)
p
dV (t) = κ[φ − V (t)]dt + σV V (t)dWV (t)
dS(t) = r (t)S(t)dt +
dr (t) = [θ(t) − ar (t)]dt + σr dWr (t)
S(t)
V(t)
W(t)
r(t)
σr
Kurs des Underlyings
Volatilität
Wiener Prozess
Zinssatz
Volatilität des Zinssatzes
κ
φ
σV
θ(t)
a
a
Rate der Mean Reversion der Vola
Langfristiger Mittelwert der Vola
Volatilität der Volatiliät
Langfristiger Mittelwert des Zinses
Geschwindigkeit der Mean Reversion
ρSV ,ρSr und ρVr sind die Korrelationen zwischen den Wiener Prozessen.
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Möglichkeiten der Absicherung
Keine Absicherung: Unter Umständen sinnvoll bei kleinen
VA-Beständen
Rückversicherung: In der Vergangenheit herbe Verluste der
Rückversicherer - Rückversicherungsmöglichkeit oft nicht vorhanden
oder nur zu sehr hohen Preisen
Hedging: Teuer, aber bei größerem VA-Bestand meist sinnvollste
Variante
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Erklärung Hedging
Problem: Garantiekosten werden in Prozentpunkten des Fondsvermögens
festgelegt → bei Wertverlust sinken die Gebühren, das Risiko steigt
Ziel: Investition der Garantiegebühren in ein Portfolio, das auf
Kapitalmarktänderungen genauso reagiert wie der Wert der Garantien
→ Sensitivitätskennzahlen ( Greeks“)
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Für den zugrunde liegenden Fonds → Delta
Für den Zins → Rho
Für die Volatilität → Vega
Evtl. weitere Parameter → andere Griechen
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Delta
Für eine Kaufoption gilt:
∆=
∂c
∂S
Änderung des Optionspreises, wenn sich der Preis des Underlyings um
einen kleinen Betrag ändert
Ein Portfolio ist deltaneutral, wenn ∆ = 0
Ziel des Delta-Hedgings: Deltaneutrales Portfolio
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Delta
Delta ist die Steigung der Kurve, welche den Zusammenhang zwischen
Optionspreis und Kurs des Underlyings darstellt
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Eigenschaften von Delta
Delta schwankt umso stärker, je näher eine Option am Geld ist
Optionen, die tief im Geld sind: Fast dieselben Bewegungen wie der
Aktienkurs
Optionen, die weit aus dem Geld sind: Fast keine Reaktion auf
Aktienkursveränderungen
Für eine europäische Kaufoption auf eine dividendenlose Aktie gilt:
∆(Call) = N(d1)
Für eine europäische Verkaufsoption auf eine dividendenlose Aktie
gilt: ∆(Put) = N(d1)-1
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Delta
Der Wertebereich von Delta für eine Call-Option liegt zwischen 0 und 1.
Das Delta einer Put-Option nimmt Werte zwischen -1 und 0 an.
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Vega und Rho
Vega
Veränderliche Volatilität im Zeitablauf
Vega =
∂c
∂σ
Sensitivität des Optionspreises gegenüber Schwankungen der Volatilität des
Basiswertes
Vega ist für Put- und Call-Optionen identisch und immer positiv
Rho
Sehr lange Laufzeit von VAs: Größere Unsicherheit bezüglich des Zinssatzes
ρ=
∂c
∂r
Veränderung des Optionspreises bei einer infinitisimalen Änderung des Zinssatzes
ρ ist für Kaufoptionen positiv und negativ für Verkaufsoptionen
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Vega
Vega in Abhängigkeit vom Aktienkurs
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Dynamisches vs. statisches Hedging
Statisches Hedging:
Wertpapier erwerben, das sich am Ende der Laufzeit genauso verhält
wie die abzusichernde Position
Absicherung wird (fast) nie angepasst
Evtl. keine Absicherung während der Laufzeit
Dynamisches Hedging:
Änderung der Griechen über die Zeit
Regelmäßige Anpassung des Hedging-Portfolios nötig (Rebalancing)
Für perfekte Absicherung wäre kontinuierliches Hedging nötig → aus
finanziellen und organisatorischen Gründen nicht möglich
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Absicherung durch Produktgestaltung
Bei GMWBs: Oftmals Festlegung eines Zeitraum, in dem noch keine
Entnahmen getätigt werden dürfen
Bonuselemente, um das Verhalten der Kunden zu steuern (z.B. spätere oder
geringere Entnahmen)
Beschränkung der Fondsauswahl
Festlegung von Zwangsumschichtungen im Vertrag, wenn Vega eine gewisse
Grenze übersteigt
Gebühr zu Beginn kassieren oder als Prozentsatz des investierten Betrags
festlegen
Höchststandsgarantie, um Kündigungen bei Kurssteigerungen zu vermeiden
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Auswirkung der Finanzkrise
Produkte wurden vom Markt genommen
Einschränkungen bei der Fondsauswahl
Höhere Gebühren bzw. geringere Garantien
Gesetzesänderung in Deutschland wurde vertagt
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Zusammenfassung
Fondsgebundene Lebensversicherung
Zukauf verschiedener Garantien (GMxB) gegen jährlichen Prozentsatz
des Fondsguthabens möglich
Außerordentliche Verkaufszahlen in Japan und den USA
Seit einigen Jahren auch Angebot in Deutschland (aus dem
europäischen Ausland heraus)
Pricing wie exotische Optionen, aber zusätzliche Finanz- und
Versicherungsrisiken → Monte-Carlo-Simulation
Gängigste Absicherungsstrategie: Hedging
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Literatur
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