Inhaltsanalyse des Spiels "Sudden Strike"
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Inhaltsanalyse des Spiels "Sudden Strike"
Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Inhaltsanalyse des Spiels "Sudden Strike" .......................................................................1 (Nadia Kraam-Aulenbach, Shahieda Ibrahim) Auswertung der Befragung zum Spiel "Sudden Strike" .................................................7 (Heike Esser) Beschreibung der Untersuchungsgruppe.................................................................................... 7 Referentielle Aspekte der Inhalte .............................................................................................. 10 Spielinhalt und strukturelle Koppelung ................................................................................... 12 Semantische Aspekte der Inhalte............................................................................................... 14 Motivationale Aspekte der Inhalte ............................................................................................ 21 Syntaktische Aspekte der Inhalte .............................................................................................. 24 Pragmatische Aspekte der Inhalte............................................................................................. 27 Präsentative Aspekte der Inhalte............................................................................................... 30 Temporäre Aspekte der Inhalte................................................................................................. 32 Eintauchen in die virtuelle Welt ................................................................................................ 35 Zusammenhang von Inhalt und Perspektive............................................................................ 37 Spielinhalt und Gedächtnis ........................................................................................................ 38 Zusammenfassung....................................................................................................................... 40 Inhaltsanalyse des Spiels "Sudden Strike" Semantische Aspekte der Inhalte "Sudden Strike" ist ein Echtzeit-Strategiespiel. Ausgangspunkt sind die Kriegsjahre zwischen 1939 und 1945, die in einer Spielfilmsequenz als Vorspann ablaufen. Angriffe zu Wasser, zu Lande und in der Luft geben einen ersten Vorgeschmack auf kommende Ereignisse. Spielgeschichte: Der Spieler hat die Option, zwischen drei angebotenen Kampagnen zu wählen, um den Ausgang des Weltkrieges maßgeblich zu beeinflussen. Die deutschen Truppen sind gerade dabei, Russland zu überfallen, die Russen versuchen dies zu verhindern, und anschließend zurückzuschlagen. Die Alliierten, in "Sudden Strike" vertreten durch England, Frankreich und die USA, bereiten die Landung in der Normandie vor, um Deutschland endgültig niederzuringen. Während der Spieler in den Kampagnen-Missionen immer mehrere Einsatzziele erfüllen muss, erwarten ihn in den 15 Einzelmissionen kleinere Aufgaben. So muss er beispielsweise ein Gefangenenlager befreien, für die Einäscherung eines Tiger-Prototyps 1 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" sorgen, strategische Stellungen unter Zeitlimit halten oder stark befestigte Fabrikanlagen erobern. Fast alle Szenarien sind spannend, spielerisch sehr abwechslungsreich und weisen thematische Ähnlichkeiten mit anderen Computerspielen wie "Command & Conquer" oder "Commandos" auf. Bekannte Muster aus Kriegsfilmen sind ebenfalls deutlich erkennbar. In einer Mission hat der Spieler den Auftrag, die Landung der amerikanischen und britischen Verbände in der Normandie durchzuführen, in deren Verlauf er sich auf die Suche nach einem Soldaten namens James Bryan macht. Dabei wird der mediale Bezug zum Kinofilm ”Der Soldat James Ryan” sehr deutlich. Spiellandschaft: Der Spieler bewegt seine Figuren durch verschiedene Landschaften (Schnee, Gras, Steppe oder Eis). Die Sicht auf das jeweilige Einsatzgebiet ist isometrisch und starr. Der Spieler hat die Wahl zwischen drei verschiedenen Auflösungen, wobei die höchste (1024x768) die beste Übersicht gewährt. Der Spieler erkennt von Anfang an das gesamte Einsatzgebiet, allerdings verbirgt der Kriegsnebel sämtliche Einzelheiten und Truppenbewegungen, weshalb Aufklärung ein wichtiger Faktor bleibt. Die Kampfgebiete präsentieren sich im 2D-Retrolook, sind aber mit Liebe zum Detail gezeichnet und erinnern mit ihren Fachwerkhäuschen, Bahnlinien und Wäldern an Landschaften einer gut ausgebauten Modelleisenbahn. Auch die Umgebung ist keineswegs vor Angriffen geschützt. Sämtliche Gebäude, Brücken und die Landschaft selber lassen sich zerstören oder beschädigen. Granaten und Bomben hinterlassen klaffende Krater in der Natur, die das Vorankommen der Truppen erheblich behindern können. Zerstörte Fahrzeuge verschwinden nicht einfach von der Bildfläche, sondern bleiben als Wracks erhalten und stören ebenfalls den Vormarsch von Einheiten. Interessant ist, dass die Landschaft mehr als nur der optischen Freude dient: Soldaten können sich in Häusern verschanzen und so Panzer aus dem Hinterhalt überraschen. Sämtliche Objekte der Umgebung blockieren zudem die Sichtlinie der Einheiten, so dass der Spieler topographische Besonderheiten taktisch nutzen kann, um eigene Truppen zu tarnen. Spielfiguren/Spielobjekte: Anders als bei vielen Konkurrenzspielen haben die meisten Objekte auf dem Schlachtfeld taktische Bedeutung. Panzersperren und Stacheldrahtzäune behindern den Vormarsch, Bäume dienen als Deckung, Wachtürme, Bunker und Häuser bieten den Soldaten Schutz. Dennoch kann alles auch zerstört werden und häufig muss man sogar so vorgehen. Steht zum Beispiel einer Panzerkolonne ein Haus im Weg, wird dieses einfach zerstört. Oder der Spieler kann dem Gegner die Deckung nehmen, indem er 2 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" kurzerhand den schützenden Wald mit Hilfe der Artillerie einebnet. Derart demolierte Geländeabschnitte verlangsamen aber gleichzeitig auch das Vorrücken der eigenen Truppen. Spielelemente wie Gebäude oder Brücken nehmen durch Beschuss zusehends Schaden. Durch Angriffe können Häuser nach und nach bis auf die Grundmauern abgetragen werden, Granateneinschläge lassen ganze Erdfontänen aufspritzen, abgefeuerte Raketen reiten auf einer Rauchfahne ins Ziel. Wo Bombenteppiche niedergehen, verdunkeln Explosionen und dicke Rauchwolken sekundenlang das Bild. Selbst die Abgaswolken anspringender Dieselmotoren und auf Fahrzeuge oder Gebäude prasselnde Gewehrkugeln sind klar erkennbar. Untermalt wird das Inferno von situationsbedingter Musikbegleitung, von Soundeffekten sowie von Rückmeldungen in der jeweiligen Landessprache der Einheiten. b) Syntaktische Aspekte der Inhalte "Sudden Strike" ist ein Echtzeit-Taktikspiel. Im Gegensatz zu Echtzeitstrategiespielen verfügen Taktikspiele nicht über die Möglichkeit, Ressourcen im Vorfeld eines taktischen Einsatzes zu schaffen. Hier geht es rein um das Erreichen des jeweiligen Einsatzziels mit einem fest vorgegebenen Truppenkontingent. Jede Einheit, die getötet wird, fällt weg und kann nicht mit wenigen Mausklicks ersetzt werden. Angefangen bei zwölf verschiedenen Fußsoldaten über Kettenrassler wie Tiger, Panther, T-34 oder Sherman bis hin zu unterschiedlichsten Kanonen und Geschützen fährt das Spiel alles auf, was die zeitgenössischen Rüstungsfabriken hergaben. Für hohen Wiedererkennungswert sorgen dabei u.a. Waffen, wie die als ”Stalinorgeln” bekannt gewordenen Katyusha-Raketenwerfer. Alle Einheiten gewinnen im Laufe eines Szenarios Erfahrungspunkte, die ihnen größere Sichtweite und höhere Treffergenauigkeit schenken. Versorgungsfahrzeuge liefern automatisch Nachschub für verbrauchte Munition und reparieren Schäden, sofern sie sich in der Nähe befinden. Außerdem führen die Fahrzeugbesatzungen kleinere Reparaturen selbst durch, um etwa einen liegengebliebenen LKW wieder fahrtüchtig zu machen. Verwundete Soldaten erholen sich nur, wenn sie sich nicht bewegen. Wenn deren Lebenspunkte unter einen gewissen Wert sinken, sollte der Spieler die Verwundeten so schnell wie möglich zu einem Krankenwagen bringen. Andernfalls sterben sie nach kurzer Zeit. 3 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" c) Pragmatische Aspekte der Inhalte Einwirkungsmöglichkeiten des Spielers auf seine zentrale Spielfigur: Bei der Steuerung trifft man auf eine bewährte Mischung aus Maus- und Tastaturkommandos: Via Zugrahmen können Truppenteile zusammengefasst werden, per Doppelklick melden sich alle Einheiten des angewählten Typs zum Dienst. Die so entstandenen Verbände lassen sich über Hotkey-Tasten speichern und mit einem einfachen Mausklick ins Feindesland beordern. Neben dem komfortablen Handling durch Zugrahmen und Gruppenbildung fällt vor allem die Vergabe von langen Befehlsketten angenehm auf. So lässt sich zum Beispiel ein LKW anweisen, ein Geschütz anzuhängen, es zu einer neuen Stellung zu transportieren, dort abzuladen und sich dann wieder zurückzuziehen. Ähnlich darf mit einer großen Gruppe von Soldaten verfahren werden, die sich mit gehaltener Shift-Taste gleich auf mehrere Häuser oder LKWs verteilen lässt. Soll eine Frontlinie unbemerkt überquert werden, kann der Spieler Feuerbefehle zurückhalten – ansonsten wird bei Feindkontakt automatisch geschossen. Als nicht minder praktisch erweist sich das handliche Minimenü am unteren Bildschirmrand, wo Bauaufträge an Pioniere vergeben, Luftschläge bzw. Fallschirmspringer geordert und die Spieloptionen verwaltet werden. d) Motivationale Aspekte der Inhalte Spieler, die die Thematik ”2. Weltkrieg” präferieren, könnten sich von "Sudden Strike" angesprochen fühlen. Aber nicht nur die thematische Einkleidung, sondern auch die kognitive Spielanforderung könnten als primäre Motivation dienen, sich überhaupt auf das Spiel einzulassen. Einzelne, in ihrem Schwierigkeitsgrad steigende Missionen motivieren den Spieler durch das Gefühl ständig steigender Anforderungen. Das Thema ”Krieg” kann womöglich bei vielen Spielern eine besonders motivierende Rolle spielen. Die virtuelle Gefährdung, Verluste zu machen, erzeugt eine besondere Aufmerksamkeit des Spielers auf die Spielhandlung. Die Spielpräsentation mit deutlich sichtbarem Realitätsbezug verstärkt zudem diesen Aspekt. Da das Spiel in extremen Maße taktisches und komplexes Denken erfordert, könnte dies vor allem für Einsteiger demotivierend wirken, wenn sich zunächst keine schnellen Erfolgserlebnisse einstellen. Hinzu kommt, dass sich die Storyline nicht vordergründig durch das gesamte Spiel zieht, sondern Mission für Mission einfach nur abgehakt wird. Dadurch fehlt oft der rote Faden innerhalb der Mission. 4 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Ferner verzögert sich der Spielablauf, sobald der Spieler beispielsweise Infanterie über weite Strecken bewegen muss. Es dauert eine geraume Zeit bis die Soldaten ankommen. Dies könnte besonders dann demotivierend für den Spieler sein, wenn er die Mission eigentlich schon geschafft hat, aber in irgendwelchen Häusern noch versprengte Feinde versteckt sind. e) Präsentative Aspekte der Inhalte Auf den ersten Blick wirkt die grafische Präsentation der Spielelemente klein. Infanteristen sind in der höchsten der drei Auflösungen (1024x768) winzig, und selbst dicke Panzer erscheinen winzig. Doch daran gewöhnt sich der Spieler recht schnell, denn die Übersichtskarte zeigt auf einen Blick den Standort der Einheiten. Während sich die Sudden-Strike-Macher beim Spielkonzept und bei der Grafik große Mühe gegeben haben und Sorgfalt walten ließen, haben sie Sound und Musik etwas vernachlässigt. Zwar klingen Kanonendonner und Panzerrattern authentisch, allerdings brechen Umweltgeräusche wie »plätschernder Fluss« oder »Rauschen im Wald« abrupt ab, sobald der Spieler vom Fluss oder Wald wegscrollt - anstatt erst mal leiser zu werden. f) Temporäre Aspekte der Inhalte Der Einstieg ins Spiel wird mit Hilfe von Einführungsleveln erleichtert. In den neun Missionen des Tutorials wird der Spieler mit der Befehlsvergabe und der Maussteuerung vertraut gemacht. Erst wenn der Spieler bestimmte Kenntnisse über die Regeln und das Handling im Spiel erworben hat, kann er sich mit den eigentlichen spielerischen Problemen auseinandersetzen. Die Maximalanforderungen an das taktische Geschick gliedern sich in drei Kampagnen mit insgesamt 34 Aufträgen. In den ersten Missionen steuert der Spieler wenige Einheiten, um kleine strategische Ziele, wie das Ausschalten einer Flakstellung, zu verwirklichen. Später sendet der Spieler ganze Armeen gegen befestigte Städte aus und erobert weite Landstriche. Dabei werden ihm sämtliche Facetten der taktischen Vielfalt des Zweiten Weltkrieges dargeboten. Der Spieler hat die Möglichkeit, nicht nur Infanterie und Panzer in die Schlacht zu schicken, sondern er muss sich auch um Artillerie und Luftschläge, den Häuserkampf und das Nachmunitionieren seiner Truppen kümmern. Geschwindigkeit und Feuerkraft der 5 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Einheiten entsprechen den Vorgaben von Historie und Spielfeld; auch die jeweilige Panzerung wurde berücksichtigt. Sobald der Spieler sich mit den Regeln vertraut gemacht hat, gewinnt zunehmend die Dynamik an Bedeutung. Der Spieler handelt im Verlauf des Spiels zielgerichteter. Mit zunehmender Spielerfahrung entwickelt der Spieler differenziertere Handlungs- und Regelschemata. Schwerpunkte seines Interesses bilden in dieser Phase taktische Überlegungen und die Bewältigung einzelner Spielmissionen. Die Spielspannung wird durch das Interagieren des Gegners erhöht. Außerdem wird die Dynamik durch die unterschiedlichen Missionen, die den Spieler vor neue Herausforderungen stellen, aufrecht erhalten. Das Handlungsmuster bei "Sudden Strike" ist wie bei allen Computerspielen dieses Genres ”Prüfung und Bewährung”. Je präziser, zuverlässiger und schneller der Spieler Aufträge ausführt, desto erfolgreicher fühlt er sich. g) Referentielle Aspekte der Inhalte Folgende Spielkriterien sind für Außenstehende mitteilenswert: "Sudden Strike" ist ein Echtzeit-Taktikspiel, welches den Spieler in die Zeit des Zweiten Weltkrieges versetzt. Als Kommandant kann der Spieler wahlweise die Führung der britischen, amerikanischen, russischen oder deutschen Armeen übernehmen. Zu Beginn eines Levels erhält er einen Auftrag, den er als Oberbefehlshaber einer Armee unter Einsatz seiner Infanterie, Panzer und Geschütze erfüllen muss. 6 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Auswertung der Befragung zum Spiel "Sudden Strike" Beschreibung der Untersuchungsgruppe Das Alter der zehn Versuchspersonen variiert zwischen 17 - 32 Jahren, wobei das Durchschnittsalter bei 22 Jahren liegt. Die Untersuchungsgruppe lässt sich in zwei Altersgruppen untergliedern. Zum Einen handelt es sich um die Gruppe der 16 - 18jährigen Versuchspersonen, welcher sechs der Befragten zuzuordnen sind. Zum Anderen existiert eine Gruppe der über 28-Jährigen mit insgesamt vier Personen. Möglicherweise werden Computerspieler zwischen 19 und 27 Jahren von Kriegsstrategiespielen nicht in besonderem Maße angesprochen und wenden sich eher anderen Spielgenres, wie beispielsweise dem Genre der Ego-Shooter zu.1 Alter in Jahren Alter 35 30 25 20 15 10 5 0 32 17 VP 15 VP 29 29 28 17 18 VP 37 VP 39 16 VP 41 VP 51 17 17 VP 71 VP 72 29 Alter VP 74 VP 75 VP-Nummer Abbildung 18: Alter der Versuchspersonen Als Konsequenz der großen Alterspanne bzw. der zwei differierenden Altersgruppen, ergeben sich zudem Unterschiede hinsichtlich der Spielerfahrung. So verfügt beispielsweise eine sechszehnjährige Interviewperson lediglich über drei Jahre Computerspielerfahrung, drei ältere Befragte hingegen haben eine fünfzehnjährige Spielpraxis. Es bleibt jedoch festzuhalten, dass die durchschnittliche Spielerfahrung 9 Jahre (8,9 Jahre) umfasst. 1 Bei der Betrachtung der Untersuchungsgruppe von Gunman Chronicles fällt zumindest auf, dass dort eine gleichmäßige Altersverteilung vorhanden ist und zumindest vier Interviewpartner zwischen 19 und 27 Jahren alt sind. 7 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Spielerfahrung in Jahren Spielerfahrung 16 14 12 10 8 6 4 2 0 15 9 5 15 15 10 7 6 Spielerfahrung 4 3 VP VP VP VP VP VP VP VP VP VP 15 29 37 39 41 51 71 72 74 75 VP-Nummer Abbildung 19: Spielerfahrung der Versuchspersonen Anhand der Geschlechterverteilung wird deutlich, dass “Sudden Strike” ausschließlich Männer anzusprechen scheint. Der Untersuchungsgruppe gehört keine Frau an und es wird auch von den interviewten Personen keine ihnen aus dem Freundes- oder Bekanntenkreis geläufige Frau erwähnt, die sich mit dem Spiel “Sudden Strike” auseinandergesetzt hat. Hinsichtlich der Nationalität gestaltet sich die Untersuchungsgruppe verhältnismäßig homogen. Neun der Interviewpersonen verfügen über die deutsche Staatsbürgerschaft, eine Versuchsperson ist bulgarischer Staatsangehöriger. Bei genauerer Betrachtung des Bildungsstatus fällt auf, dass die Spieler von “Sudden Strike” insgesamt gesehen über einen verhältnismäßig hohen Bildungsstatus verfügen. Sieben der interviewten Personen befinden sich zur schulischen Ausbildung auf dem Gymnasium oder haben dort bereits ihr Abitur abgeschlossen. Dieser relativ hohe Bildungsstatus spiegelt sich auch anhand der Angaben zur Berufsausbildung bzw. hinsichtlich der Studienaktivitäten der Interviewten wieder. Lediglich vier Personen weisen eine begonnene oder bereits abgeschlossene Berufsausbildung vor. Demgegenüber steht die Zahl von drei Interviewpersonen, die ein Studium aufgenommen bzw. bereits zu Ende geführt haben. Von der überwiegenden Mehrzahl der Interviewpartner, die derzeit noch auf dem Gymnasium ihr Abitur anstreben, wird zudem die Aussage gemacht, dass sie im Anschluss an die Beendigung ihrer schulischen Laufbahn eine akademische Karriere anstreben. Der spielerische Umgang mit der Thematik "Zweiter Weltkrieg" - immerhin ein reales Geschehen - wird in unserer Gesellschaft nach wie vor mit viel Skepsis betrachtet. Es wäre zu vermuten, dass Personen mit einem höheren Bildungsstatus davon überzeugt sind, ihre Position in der Kommunikation adäquat vertreten zu können. 8 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Die Angaben zur Spielzeit und zur Spielbewertung von “Sudden Strike” sowie zur generellen Genrevorliebe sind weiterhin von Interesse. Die durchschnittliche Beschäftigungszeit mit dem Spiel beträgt 97,7 Stunden, wobei zwei Spieler mit einer überdurchschnittlichen hohen Spielzeit von 200 bzw. 550 Stunden besonders herausragen. Gesetzt den Fall, diese beiden Spieler würden außer Acht gelassen, so läge der Durchschnittswert immerhin noch bei 23 Stunden. Spielzeit in h 550 Spielzeit in h 600 500 400 300 100 Spielzeit in h 200 200 25 55 VP 15 VP VP 29 37 20 6,5 30 40 30 20 VP 72 VP VP 74 75 0 VP 39 VP VP 41 51 VP 71 VP-Nummer Abbildung 20: Spielzeit in Stunden Dabei geht das Spiel in der Regel mit den generellen Genrevorlieben der Computerspieler konform. Lediglich drei der Befragten äußern, dass “Sudden Strike” nur teilweise ihren Genrevorlieben entspricht. Entspricht das Spiel "Sudden Strike" den genrellen Genrevorlieben? teilweise 30% nein 0% ja teilweise ja 70% nein Abbildung 21: Genrevorliebe Hinsichtlich der Spielbewertung waren sich alle zehn Befragten einig. Alle Spieler bewerteten das Spiel “Sudden Strike” mit 2,0 - bei einer Bewertungsskala von 1 (Spiel gefällt sehr gut) bis 4 (Spiel gefällt gar nicht), was einem "gut" entspricht. 9 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Wie wird das Spiel "Sudden Strike" durch die VP bewertet? ausgezeichnet gut mittelmäßig gut 100% lässt zu wünschen übrig Abbildung 22: Spielbewertung von "Sudden Strike" Insgesamt gesehen spricht also alles dafür, dass das Spiel “Sudden Strike” von den Spielern positiv aufgenommen wird und die Befragten anspricht. Welche Gründe für diese positive Bewertung ausschlaggebend sind, wird nachfolgend deutlich. Referentielle Aspekte der Inhalte Über welche Relevanz verfügt der Spielinhalt von "Sudden Strike", wenn das Spiel außenstehenden Personen gegenüber angemessen beschrieben werden soll? Wie hoch ist in diesem Zusammenhang beispielsweise der Stellenwert der Spielgeschichte, der einzelnen Spielelemente, der Regeldynamik oder der Handlungsaufforderungen? Fast alle Interviewpartner befinden die Zuordnung des Spiels "Sudden Strike" zum Genre der Echtzeit-Strategiespiele als besonders mitteilenswert, wie das Beispiel von VP 75 zeigt: "Erst mal würde ich ihm das Genre mitteilen, dass es ein Strategiespiel ist, dass mit Hilfe von militärischen Mitteln Aufgaben zu erfüllen sind - und, das Ganze spielt sich vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs ab. [...]" Die Aussage von VP 75 verweist bereits darauf, dass dem realen historischen Hintergrund als Besonderheit des Spiels gleichfalls eine wesentliche Funktion zukommt. Immerhin die Hälfte der Interviewpartner würde diese Information an außenstehende Personen weitergeben. Im Zusammenhang mit der geschichtlichen Einbindung wird darüber hinaus zumeist der Realismus im Spiels angesprochen. So äußert z.B. VP 37: 10 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" "Als Wichtigstes würde ich erst einmal erklären, dass es sich um eine Echtzeit-Simulation handelt und dass sie ziemlich realitätsnah ist. Also dass es halt um den Zweiten oder Ersten Weltkrieg geht. Ja, dass die Einheiten [...] bei diesem Spiel sehr realitätsnah sind." Und auch wie das Spiel aufgebaut ist, sowie die Notwendigkeit von besonderem taktischen Geschick, erachten fast alle Befragten als besonders mitteilenswert. Es ist ihnen wichtig, zu erklären, dass "Sudden Strike" diverse Missionen bzw. Kampagnen enthält, die der Spieler unabhängig voneinander spielen kann. Der hohe Schwierigkeitsgrad des Spieles erfordert zugleich ein enormes Geschick und eine gute Taktik auf der Spielerseite, wie die Beispiele von VP 15 und VP 75 verdeutlichen: VP 15: "[...] Und ja, was einfach taktische Optionen bietet, wie man das Spiel spielen kann. Also man muss halt Missionen erfüllen, ähm.., den Gegner vernichten, ja, das halt nur durch taktisches Können und Reaktionsschnelligkeit." VP 75: "[...] Besonders hat mir an dem Spiel gefallen, dass es sehr strategiebezogen ist, weil man nicht mit Hauruck-Aktionen und allem, was man zur Verfügung hat, den Feind besiegen kann, sondern durch Überlegungen seine Truppen positionieren muss, um zum Ziel zu gelangen." Welche Handlungsanforderungen an den dem Spieler in "Sudden Strike" gestellt werden, erachten lediglich zwei der Interviewpartner als mitteilenswert. Es gilt z.B., eine Basis zu bauen, Häuser zu besetzen oder Brücken zu erobern, so VP 74: "[...] Entweder spielt man gegen den Computer und hat eine Aufgabe zu erfüllen, die auf dieser Landkarte unterschiedliche Ausprägung haben kann, beispielsweise ein Haus zu besetzen oder eine Brücke zu erobern oder man kämpft direkt gegen einen Gegner, wo es dann um die Vernichtung von diesem Gegner geht." Abschließend bleibt zu erwähnen, dass auch Hinweise auf die unterschiedlichen Spielelemente zur Erreichung des jeweiligen Missionszieles von zwei Befragten gegeben werden, u.a. erneut von VP 74: "[...] Man hat verschiedene Sachen zum Einsatz, die aus dem militärischen Bereich kommen. Es fängt an mit Soldaten, Minensuchern, Panzern, Flugzeugen und so weiter. Jeder hat bestimmte Merkmale, Vorteile und Nachteile. Man muss als Leiter einer Operation darauf achten, wer zu welchem Zeitpunkt zum Einsatz kommt. Die Zeitpunkte des Einsatzes der verschiedenen Einsatzmittel führen dann zur Erfüllung des Ziels." Es wird deutlich, dass sich die Spieler gleichermaßen mit Elementen des Spielinhaltes sowie mit regeldynamischen Aspekten auseinandersetzen. 11 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Spielinhalt und strukturelle Koppelung Von besonderem Interesse ist die Frage nach der Relevanz einzelner Elemente des Spielinhaltes für die Lebenssituation der Computerspieler, beispielsweise im Hinblick auf eine Anknüpfung an Freizeitinteressen, mediale Präferenzen oder Fantasien und Wünsche. Es ist denkbar, dass die Bedeutung der Spielinhalte für Computerspieler gesteigert wird, wenn die Spielelemente eine Beziehung zu wichtigen Aspekten der Lebenssituation des Spielers aufweisen, gegebenenfalls auch auf der metaphorischen Ebene. Bei der Auswertung der Interviews wird deutlich, dass die Thematik "Zweiter Weltkrieg" lediglich auf der Präferenzlinie einiger weniger Versuchspersonen liegt. Drei Computerspieler erwähnen, dass sie über ein generelles Interesse an Historie bzw. der Thematik Krieg verfügen. Filme oder Bücher, die sich damit auseinandersetzen, werden von den drei Interviewpartnern mit großer Begeisterung in der Freizeit rezipiert. Gleichwohl wird bestritten, dass dies mit einer bestimmten Gesinnung verbunden wäre. So z.B. bei VP 29: "Ich sehe gerne Filme und schaue mir auch gern Kriegsfilme an, [...]. Die Thematik des Krieges interessiert mich schon lange. Es hat jedoch keine Auswirkungen auf mein Leben und führt auch zu keiner Gesinnung. Die Wehrtechnik ist besonders interessant. Man hat als Kind halt Quartett-Spiele gehabt mit Panzern und Schiffen und da habe ich oft die Daten auswendig gelernt." Bei dieser Versuchsperson wird deutlich, dass das Interesse bereits in der Kindheit entstanden ist und dort seinen Ursprung hat. Die strukturelle Koppelung in Bezug auf das Spiel “Sudden Strike” zeigt sich in der Regel in seinen metaphorischen Aspekten. Das Spiel gewinnt für einige Spieler vor allem deshalb an Bedeutung, weil sie mit Hilfe bestimmter Elemente des Spiels an psychodynamische Grundmuster anknüpfen können. Die Missionen innerhalb des Computerspieles, die eine bestimmte Taktik vom Spieler verlangen, stellen eine Parallele zu generellen Vorgehensund Verhaltensweisen in der realen Welt her. Immerhin sieben der zehn Versuchspersonen verfügen virtuell wie real über das Interesse, durch Planung schwierige Situationen zu lösen. Hierzu zwei Bespiele aus den Interviews: VP 37: "So direkt, dass ich jetzt auf den Schießstand gehen würde, um “Sudden Strike” nachzuahmen, würde ich nicht sagen. Ich plane relativ gerne Sachen, ich habe auch heute geplant, wie ich hier hinkomme. Das mache ich schon ganz gerne. Da gibt es schon eine gewisse Parallele." 12 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" VP 74: "Ja, würde ich in dem ein oder anderen Fall schon sehen. In einigen Fällen habe ich auch diese Position, in der ich mir überlegen muss, wer wann was zu tun hat. Diesen Aufgabenbereich habe ich seit ca. zwei Jahren, dass ich Dinge führen und leiten muss, wobei das noch nicht so ausgeprägt ist, wie ich mir das wünsche. Wenn ich die Parallele zum Spiel sehe, gibt es hier niemanden mehr, der mir Weisungen erteilt. Im wahren Leben ist das schon der Fall. Ausschnittsweise gibt es schon eine Parallele." Es wird erkennbar, dass das Computerspiel auf einer metaphorischen Ebene wesentliche Handlungsmuster aus dem realen Leben enthält und so Vorlieben oder Interessen der Spieler in sich aufnimmt. Die Relevanz des Computerspiels für den Spieler kann gleichwohl auch aus einem anderen Grund steigen. Es ist durchaus möglich, dass es - neben der zuvor erörterten parallelen Koppelung - in dem Spiel gleichwohl zu einer eher kompensatorischen Koppelung kommt. Der Computerspieler ist in einem solchen Fall in der Lage, Möglichkeiten, die im realen Leben nicht gegeben sind, im Spiel umzusetzen. Von einer solchen kompensatorischen Koppelung berichten allerdings nur wenige Versuchspersonen. Ein Spieler beispielsweise ist froh, das ihm im realen Leben fehlende Organisationstalent im Spiel konsequent unter Beweis stellen zu können. Teilweise werden konkrete Wünsche geäußert, die im Zusammenhang mit “Sudden Strike” stehen, so der Wunsch, der Bundeswehr anzugehören bzw. den Wehrdienst auszuüben. Darüber hinaus äußert ebenfalls lediglich ein Interviewpartner den konkreten Wunsch, einmal einen im Spiel vorhandenen Panzer besichtigen zu können, was ihm bisher real noch nicht möglich war: VP 71: "[...] Also wenn ich da einen Panzer rumfahren sehe, den Tiger zum Beispiel, dann denke ich mir: Den würde ich gern mal in Wirklichkeit sehen!. Den Königstiger habe ich bei uns in der Nähe schon mal gesehen und habe mir damit einen Wunsch erfüllt. Ein paar Handfeuerwaffen, die es in dem Spiel gibt, habe ich auch schon mal benutzt. [...]" Demzufolge verfügt “Sudden Strike” in einem gewissen Maße über Möglichkeiten, die es dem Spieler erlauben, an Interessen bzw. Vorlieben anzuknüpfen oder aber auch Wünsche auszuleben bzw. Verhaltensweisen auszuführen, die in der Realität so nicht durchführbar wären. 13 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Semantische Aspekte der Inhalte Hinsichtlich der Klärung der Frage, wie bedeutsam die Inhalte von “Sudden Strike” für den Computerspieler sind, ist es wichtig, den Bedeutungsgehalt der Spielgeschichte, der Spiellandschaft, der Spielfiguren und der Spielobjekte zu analysieren. Welche wesentlichen Elemente sind in “Sudden Strike” vorhanden und welche Bedeutsamkeit besitzen diese für die Computerspieler? Fast alle Interviewpartner greifen im Verlauf des Interviews immer wieder den Begriff des "Zweiten Weltkrieges" auf und unterstreichen somit die Bedeutung dieser Thematik für das Spiel. Sechs der neun Interviewpartner stellen darüber hinaus die Relevanz des Realitätsaspektes explizit heraus. Die Tatsache, dass reale Länder und Truppen oder aber auch Waffen gewählt werden können, verstärkt einen geschichtlichen Effekt und vermittelt den Computerspielern auf diese Weise, dass sie das reale Geschehen des Zweiten Weltkrieges nachspielen können. Einige Beispiele aus den Interviewtexten sollen dies exemplarisch belegen: VP 15: "[...] und ich finde man könnte auch mit neutralen Truppen auskommen. Wobei das natürlich den geschichtlichen Effekt verstärkt, dadurch das reale Länder gewählt wurden." VP 37: "Für mich ist es wichtig, dass das Spiel realitätsnah ist. Dass es die Deutschen gibt, die Alliierten und die Russen. Da gibt es auch die verschiedenen Kampagnen, die gut aufgebaut sind. Es ist zwar nicht jede auf historischem Hintergrund basierend, aber es ist für mich doch wichtig, dass das Spiel sehr realitätsnah ist. Wo man sagen kann: So war das im Krieg und so kann man das gut nachvollziehen!." Besondere Faszination üben neben dem genannten Realitätsaspekt ferner die einzelnen Truppen bzw. Einheiten aus. Immerhin noch über die Hälfte der Befragten erwähnen deren Bedeutung für das Spiel. Diese resultiert vor allem daraus, dass unterschiedliche Truppentypen oder -teile gewählt werden können, die über diverse, jeweils variierende Fähigkeiten verfügen. Für einige Interviewpartner ist es z.B. wichtig, zwischen Artillerie, Panzern oder einzelnen Soldatentypen wählen zu können. In Bezug auf die Soldatentypen kommt etwa den Scharfschützen eine größere Bedeutung zu als normalen Soldaten; bestimmte Einheiten werden als wichtiger erachtet als andere. Ein Beispiel aus den Interviews: VP 29: "[...] Wobei ich auch ne Rangfolge hab, zum Beispiel Offiziere oder Scharfschützen waren mir wichtiger als normale Soldaten. [...] Man hat Truppenteile lieber, wo man mehr 14 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" mit arbeitet und Truppenteile halt - ich will sie jetzt nicht als Unkraut bezeichnen, aber.. die halt nicht so wichtig sind. Man entwickelt Sympathien für ne bestimmte Einheit. Man weiß ja genau, man ist auf diese Gruppe angewiesen. Wenn man diese verliert, ist das Spiel halt nicht mehr zu gewinnen. Auf das Fußvolk, da achtet man dann weniger drauf." Eine Versuchsperson befrachtet die Wahl seiner Truppen eher mit gefühlsmäßigen Erinnerungen an die Zeit seiner Kindheit. Primär werden von ihr die Russen gewählt, da sie mit dem Sozialismus aufgewachsen und zudem der russischen Sprache mächtig ist: VP 51: "Ich bin im Sozialismus aufgewachsen und bei uns gab es alle paar Tage Filme, in denen die bösen Deutschen vernichtet worden. Deshalb habe ich auch gern den Russen gespielt, weil das so komisch war. Es ist auch sehr lustig, dass die Figuren russisch sprechen, die Aussprache ist zwar schlecht, aber sehr lustig. Ich habe auch mal die Alliierten gespielt, aber meistens spiele ich die Russen. Die sind zwar von der Technik der Waffen her unterlegen, aber ich glaube, dass ich die Deutschen nie spielen werde." Im Zusammenhang mit den Truppen wird von einigen wenigen Personen erneut die Bedeutsamkeit des Realismus angesprochen. Dass innerhalb des Spiels zwischen den Deutschen, den Alliierten und den Russen, die am Zweiten Weltkrieg beteiligt waren, gewählt werden kann, wird von den Interviewpartnern sehr positiv bewertet. Die bereits im Rahmen des Realitätsaspektes angeführte Aussage von VP 37 vermittelt diesbezüglich einen guten Einblick: "Für mich ist es wichtig, dass das Spiel realitätsnah ist, dass es die Deutschen gibt, die Alliierten und die Russen. Da gibt es auch die verschiedenen Kampagnen, die gut aufgebaut sind. Es ist zwar nicht jede auf historischem Hintergrund basierend, aber es ist für mich doch wichtig, dass das Spiel sehr realitätsnah ist, wo man sagen kann: So war das im Krieg und so kann man das gut nachvollziehen!." Die diversen Landschaften und die damit verbundene Grafik werden von den Interviewpartnern in der Regel als unbedeutend bezeichnet. Eine Versuchsperson erwähnt zwar, dass es angenehmer ist, wenn die Karten sich abwechseln, ansonsten werden die Landschaften und wechselnden Karten jedoch - wenn überhaupt - als unbedeutend oder höchstens als maßgeblich für die Taktik beschrieben: VP 39: "[...] Die Landschaft ist ja immer maßgebend für die Taktik. Ob da ein Fluss ist, eine Brücke, die gebaut werden muss oder eine Bunkeranlage zu vernichten ist." Neben diesen wesentlichen Elementen des Spielinhaltes (der Spielthematik "Zweiter Weltkrieg", den Spielobjekten und den einzelnen Truppen) wird gleichwohl noch ein Aspekt besonders von den Befragten hervorgehoben: Die Bedeutung der gestellten 15 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Handlungsanforderungen. Immerhin sieben Interviewpartner spezifizieren ihre Aussagen zu diesem Bereich. Geradezu positiv bewertet wird der außergewöhnliche Schwierigkeitsgrad des Spiels, der ein hohes Ausmaß an taktischem Geschick und schneller Reaktionsfähigkeit vom Spieler verlangt. Im Spiel existieren viele anspruchsvolle Missionen, die den Spieler mit seinen Fähigkeiten auf eine bisher noch nicht dagewesene Art und Weise herausfordern. VP 51 gibt eine kurze Einschätzung: "[...] Das Spiel ist sehr anspruchsvoll, weil man weniger Ressourcen hat und gut überlegen muss, wie man diese einsetzt. Die Vielfalt ist auch sehr gut. Sie ist historisch bedingt, da es zu dieser Zeit in der Realität auch nicht mehr Waffen gab. [...]" Ferner können durch die Anknüpfung an bestimmte Erinnerungen, beispielsweise aus der Kindheit, einzelne Elemente des Spielinhaltes, bzw. das Spiel an sich für den Spieler relevant werden. Aufgrund des verhältnismäßig jungen Alters der Versuchspersonen werden keine Erinnerungen an reale Kriegserlebnisse geweckt. Gleichwohl werden selbst Erinnerungen an Erzählungen nicht mit “Sudden Strike” geweckt oder gar empathische Reaktionen ausgelöst, wie VP 74 sehr prägnant einschätzt: "Das Spiel ist sicherlich äußerst brutal. Es geht wirklich darum virtuelle, Personen zu töten, die dann auch mit Blut und Schreien vernichtet werden. Trotz dieser Brutalität erinnert mich das nicht an wahre Brutalität und Gewalt. Es ist nicht so, dass ich diese Bilder sehe und Bilder in mir wiederum aufleben, die ich vorher mal erlebt habe oder erzählt bekommen habe. Obwohl der historische Hintergrund im Spiel verarbeitet wurde und mein Opa mir häufiger über den Krieg was erzählt hat, ist es in keinster Weise so, dass ich an das Elend und die Grauentaten von einem Krieg denken muss." Möglicherweise wirkt das Spiel in seiner Darstellung abstrakt, wenngleich es sich mit der Thematik "Zweiter Weltkrieg" befasst und von den Interviewpartnern als sehr realistisch beschrieben wird. Strukturelle Koppelungen treten in anderer Weise auf: Bei einem Befragten ist während des Spielens von “Sudden Strike” die Erinnerung an die eigene Zeit bei der Artillerie präsent, was auch der Grund dafür ist, diese Waffengattung bevorzugt im Spiel einzusetzen: VP 29: "[...] Ich war bei der Bundeswehr und war da unter anderem bei der Artillerie und es ist komischerweise der Vergleich da, dass ich in diesem Spiel sehr gerne und sehr oft die Artillerie einsetze. Also man zieht im Großen und Ganzen die Erfahrung dazu, man sieht schon gewisse Verbindungen." 16 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Gefühlsmäßige Regungen dürfen gleichwohl nicht ausgeschlossen werden. Immerhin vier Personen beschreiben im Interview negative gefühlsmäßige Regungen im Zusammenhang mit dem Spiel. Dies kann zum einen eher allgemeiner Natur sein, wenn das Spiel in seiner Darstellung z.B. insgesamt als "hart an der Grenze" beschrieben wird, z.B., indem es die Sinnlosigkeit des Krieges verdeutlicht. Zum Anderen wird von emotionalen Reaktionen auf spezielle Elemente des Spiels berichtet. So können u.a. die als sehr realitätsnah beschriebenen Schreie der sterbenden Soldaten oder die im Blut liegenden Körper Unbehagen bei den Spielern hervorrufen. Hierzu die zwei Aussagen aus den Interviews: VP 37: "[...] Das Einzige, was ich etwas schlimm fand, waren jetzt nicht die Körper, die tot auf dem Boden liegen, sondern die Schreie. Das ist relativ realitätsbezogen. [...] Es war anfangs relativ heftig, auch wie die Leute halt sterben. Bei anderen Spielen verschwinden die Toten, aber hier bleiben die halt liegen. Das muss man nicht direkt verarbeiten, aber man muss sich darauf einstellen." VP 51: "Eigentlich eher nicht. Zu Anfang war das unangenehm, aber man gewöhnt sich daran, wenn die Soldaten im Blut liegen. Man kennt das ja von anderen Spielen, und es ist hier auch nicht wirklich extrem. Die Geräuschkulisse spielt schon eine Rolle, aber beeinflusst mich nicht negativ. Das einzig negative ist die Musik bei dem Spiel, weil die sich immer wiederholt." Nicht vorhandene, negative gefühlsmäßige Reaktionen begründen die anderen Interviewpartner in der Regel damit, dass es sich um virtuelle Gewalt handelt, die derartige Gefühle nicht hervorzurufen vermag. Stärkere gefühlsmäßige Reaktionen entstehen häufig Verbindung mit eigenen Erfolgen bzw. Misserfolgen im Spiel, was durch die Aussagen von zwei Interviewpartner belegt wird: VP 29: "Ja, es kann halt ein Gegenangriff zum Beispiel kommen, äh, ich werde irgendwo angegriffen, verliere sehr wichtige Leute und ärgere mich auch darüber. Oder halt, ich greife an und freue mich halt an der Stelle, wo ich leicht durchkommen kann." VP 74: "Wenn Gefühlsregungen kommen, sind die eher spielbasiert, dass ich mich ärgere, irgendeinen Fehler gemacht zu haben. In dem Spiel habe ich trotz der Brutalität noch nie ein schlechtes Gewissen beim Spielen gehabt. Für mich ist das wirklich nur ein Spiel und ich sehe es auch nicht so, dass in dem Spiel jemand gestorben ist." Die Relevanz des Spielinhaltes von “Sudden Strike” wird dann gesteigert, wenn Verbindungen zu der medialen Welt, der Spielwelt oder der realen Welt auftreten. 17 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Acht Interviewpartner beschreiben eine mehr oder minder starke Koppelung zur medialen Welt, also einen Bezug insbesondere zu Filmen. Eine Anknüpfung geschieht im Rahmen dieses Spiels primär anhand des Inhaltes, also der Thematik "Zweiter Weltkrieg" oder aber im Rahmen eines spezifischen Spiellevels mit ausgeprägten Parallelen zum Film "Der Soldat James Ryan". Dass “Sudden Strike” eine Erinnerung an Kriegsfilme im Allgemeinen aufkommen lässt, wird von der Hälfte der Interviewpartner angegeben. Wesentlich differenzierter sind darüber hinaus die Beschreibungen von insgesamt sechs Personen hinsichtlich einer Verbindung zwischen “Sudden Strike” und dem bereits erwähnten Kinofilm. In einer bestimmten Mission des Spiels geht es - ähnlich der Handlung des Kinofilms - darum, den Soldaten James Bryan zu suchen und ihn zu retten. Die vorherige Rezeption des Filmes führt in der Konsequenz zu einem erhöhten Interesse der Befragten an dem inhaltlich gleich gestalteten Spiellevel. Gleichwohl kann der Film aufgrund seiner realistischeren Darstellung u.U. unangenehmere Emotionen hervorrufen als das Computerspiel. Dazu Beispiele aus den Interviews: VP 72: "Das reizt mich schon, ein Level zu spielen wie der Soldat James Ryan. Wenn ich vorher den Film dazu gesehen habe, dann reizt mich das schon, dass selber zu spielen. Gefühle verbinde ich damit aber nicht". VP 29: "Ich sehe gerne Filme und schaue mir auch gern Kriegsfilme an, ähm, wobei diese wiederum anders wirken als bei einem Computerspiel. Es gab jetzt einen Film, der Soldat James Ryan, den fand ich also sehr brutal und er gab mit mehr zu denken als dieses Computerspiel, weil der Film doch wesentlich realistischer war und man die einzelnen Chartere dieses Filmes mehr verinnerlicht hat." Eine Versuchsperson fühlt sich anhand der grafischen Darstellung insbesondere an Zeichentrickfilme oder aber auch an Comics erinnert und misst dem eine besondere Bedeutung zu: VP 39: "Der Soldat James Ryan. Ansonsten ist es wie in den Zeichentrickfilmen oder Comics. Die Leute werden zermatscht und die stehen da auch wieder auf. Hier kann ich das Spiel neu starten und man hat einen neuen Anfang. Es wird einem vorgegaukelt, dass man, egal was passiert, weiterlebt." Es wird deutlich, dass durch die Bezüge zur medialen Welt die Bedeutung des Spielinhaltes für die überwiegende Mehrheit der Befragten gesteigert wird. Lediglich zwei der Interviewpartner schließen einen medialen Bezug vollkommen aus, erkennen höchstens Parallelen zur wirklichen Historie. Diese wird nicht nur von diesen beiden Interviewpartnern gesehen. Möglicherweise aufgrund des verhältnismäßig großen 18 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Realismus, der im Spiel “Sudden Strike” aufscheint, berichten insgesamt acht Versuchspersonen, dass für sie durchaus Bezüge zur realen Welt erkennbar sind. Die Koppelung zur Realität besteht vor allem im Hinblick auf die Thematik. Vier der Spieler erwähnen im Interview, dass ihnen das Spiel einen guten, sehr realistischen Eindruck darüber vermitteln kann, wie es im Krieg ist oder war, da das Spiel auf einem real existierenden historischen Hintergrund basiert. VP 37 trifft u.a. zu diesem Bereich die folgende Aussage: "Es ist zwar nicht jede auf historischem Hintergrund basierend, aber es ist für mich doch wichtig, dass das Spiel sehr realitätsnah ist. Wo man sagen kann: So war das im Krieg und so kann man das gut nachvollziehen." Dies steht zum Teil im Widerspruch zu Auffassungen von acht Interviewpartnern. Ihre Aussagen belegen, dass das Spiel stellenweise den Krieg nicht historisch korrekt darstellt und ein Krieg noch nicht mitgemacht wurde. Bezüge zur realen Welt sind nach diesen Auffassungen nur schwer herzustellen. So VP 37: "Ich habe noch keinen Krieg mitgemacht und kann auch keine Bezüge feststellen." Reale Bezüge werden gleichwohl im Zusammenhang mit einzelnen Elementen des Spiels festgestellt. Drei der Versuchspersonen heben die realitätsgetreue Verwendung oder Darstellung der diversen Spielobjekte und -figuren hervor. Die im Spiel verfügbaren Waffen existieren gleichfalls in der Realität und werden von zwei Personen deutlich wiedererkannt. Gleiches gilt für die Panzer: VP 41: "Ich saß schon mal in einem Panzer. [...] Ich kenne die ganzen Waffen. Ich habe schon fast alle Waffen auf einem Foto gesehen, auch schon in der Hand gehabt. Zumindest bei den deutschen Waffen kenne ich mich ganz gut aus." VP 71: "Die Taktik oder auch die Darstellung der Verwundungen, dass Soldaten nach schweren Verwundungen sterben können und dass Panzer korrekt dargestellt sind, dass Panzer von hinten verwundbarer sind als von vorne." Für realistische Momente im Spiel und somit für einen Bezug zur realen Welt sorgen zudem die außergewöhnlich realistische Darstellung der Verwundungen und die akustisch vernehmbaren - zu Beginn bereits erwähnten - Schreie der Soldaten. Von drei Personen werden die Fähigkeiten bzw. Eigenschaften der verschieden Waffen und Objekte als realistisch eingeschätzten. So entspricht die Reichweite der Waffen im Spiel jener in der Realität. Und selbst die Funktion der Häuser kommt im Kampf der Realität sehr nahe. In Häusern können sich Soldaten verschanzen. Gleichfalls sind diese jedoch auch den 19 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Angriffen von Panzern oder Flugzeugen ausgesetzt – ganz so, wie bei realen Kriegshandlungen. Eine Koppelung zur Spielwelt bemerken acht der Interviewpartner. Von über der Hälfte der Befragten werden Brettspiele, wie Risiko oder Stratego angeführt, die zum einen die gleiche Thematik besitzen und zum anderen, auf einer eher abstrakten Ebene, ähnliche Handlungsmuster fordern, nämlich Armeen aufzubauen und den Gegner zu vernichten. VP 75 macht dazu folgende Angabe: "Ganz grob an Zinnsoldaten, die ich mal hatte oder an Risiko, Siedler von Catan, da muss man dem Anderen Ländereien abnehmen und somit vernichten." Derartige Erinnerungen werden von VP 71 geteilt, die sich an Modelleisenbahnen erinnert. Aufgrund der in “Sudden Strike” dargebotenen Präsentation werden bei VP 71 in geringem Maße Gedanken an Modelleisenbahnen hervorgerufen. Diese kaum vorweisbaren Bezüge zur Spielwelt können möglicherweise damit erklärt werden, dass das Spiel in seiner Präsentation immer noch zu abstrakt erscheint. Die Figuren und Objekte im Spiel sind nicht deutlich zu erkennen und auf der großen Landkarte nur sehr klein dargestellt, so dass sich Bezüge zu detailgetreuen Plastik- oder Zinnsoldaten oder aber Spielpanzern nicht spontan einstellen. Es bleibt festzuhalten, dass “Sudden Strike” für viele Spieler zwar Bezüge zur medialen Welt aufweist, Verbindungen zur Spielwelt gleichwohl eher selten zu finden sind. Ferner werden Parallelen zur realen Welt zwar oftmals aufgrund der Kriegsthematik und einzelner Elemente des Spiels genannt, die Aussagen sind jedoch nicht selten in sich widersprüchlich. Die Frage ist interessant, ob “Sudden Strike” dem Spieler etwas über das Spiel hinaus vermittelt. Erkennen die Computerspieler eine moralische Wertorientierung oder existiert in dem Spiel eine "Message"? Hat diese “Message” im realen Leben der Spieler eine Bedeutung? Für die Mehrzahl der interviewten Personen vermittelt der Inhalt keine Wertorientierungen. Lediglich drei Interviewpartner benennen eine für sie offenkundige Message, die sich aber nicht auf den Spielinhalt, sondern auf das spielerische Vermögen bezieht: Handlungen sollen stets zuvor gut durchdacht sein. So äußert sich VP 74: "Wenn man da was sehen sollte, dann dass man strategisch denken sollte. Dass man nicht mit dem Kopf durch die Tür rennen sollte, sondern dass man erst überlegt in welcher Reihenfolge man welche Schritte ansetzt. [...]" 20 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Diese Message bleibt auf das Spiel bezogen und wird von den Versuchspersonen nicht auf die reale Welt übertragen. Motivationale Aspekte der Inhalte Welchen Stellenwert nimmt der Spielinhalt von “Sudden Strike” für die Motivation der Spieler ein? Wie bedeutsam sind also die verschiedenen Landschaften bzw. Karten (Schnee, Gras, Steppe, Eis), die unterschiedlichen Truppen und -truppenteile mit ihren je spezifischen Eigenschaften und Fähigkeiten oder aber die Darstellung und Präsentation des Spiels insgesamt? Macht der historische Hintergrund des Zweiten Weltkrieges die wesentliche Motivation aus oder sind die Handlungsanforderungen, die Taktik, das strategische Geschick die alles entscheidenden Motivationsfaktoren? Keiner der Interviewpartner benennt für seinen Spaß am Spiel die thematische Einkleidung. Vom Thema "Zweiter Weltkrieg" geht keine Spielmotivation aus, wenngleich wenigstens drei Interviewpartner angeben, ein generelles Interesse am Thema Krieg und im Besonderen am Zweiten Weltkrieg zu besitzen. Wie bedeutungslos im Grunde genommen die inhaltliche Ausgestaltung für die Motivation ist, bestätigt VP 74: "Inhalt und Regeln sind ja auch immer sehr eng beieinander. Mir ist völlig Wurst, welches Ziel ich erfüllen muss. Es geht mir dabei eher um das Wie. Es ist egal, ob ich ein Schiff erobern muss oder ein Flugzeug, sondern mein Erfolgserlebnis liegt darin, diese Aufgabe zu lösen - mit den Regeln und Mitteln, die da sind. Der Inhalt ist eigentlich unwichtig." Gleichwohl ist der realistische Bezug des Spiels von Relevanz. Gesetzt den Fall, der Realitätsaspekt würde in dem Spiel vernachlässigt, so wäre laut der Aussagen von drei Versuchspersonen mit einem Verlust der Spielmotivation zu rechnen. Motivierend sind die einzelnen Elemente des Spielinhaltes. Dies umfasst beispielsweise die Wahlmöglichkeiten zwischen den diversen Truppen und Truppenteilen inklusive deren je spezifischen Eigenschaften oder aber einzelne Spielobjekte, wie beispielsweise besonders interessante Panzer. Insgesamt bestätigt dies über die Hälfte der Interviewpartner. So ist für einen Interviewpartner z.B. die Truppe der Deutschen nur deshalb ausgesprochen interessant, weil er im Zusammenhang mit deren Auswahl eine größere Fülle an Waffen zur Verfügung hat. Selbst die Sprechweise der Soldaten kann einen Spieler dazu bewegen, eine bestimmte Truppe als äußerst motivierend zu empfinden, wie die Angabe von VP 37 zeigt: 21 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" "[...] Also, die Alliierten zu spielen hat mir am meisten Spaß gemacht. Ähm, weil die auch meines Erachtens nach am lustigsten reden. [...]" Lediglich eine Versuchsperson gibt an, die historische Entwicklung im Spiel zugunsten der Deutschen beeinflussen zu wollen: VP 71: "Wenn man die Deutschen in der Schlacht zu Stalingrad spielt, die die Deutschen ja verloren haben, dann spielt man die auch, damit die Deutschen am Ende doch gewinnen. Das ist auf jeden Fall auch ein Reiz für mich und das macht mir auch Spaß." Aussagen, die eine bestimmte Gesinnung vermuten lassen oder auf einen gewissen Nationalstolz zurückzuführen wären, lassen sich den Interviews nicht entnehmen. Die motivierende Wirkung der einzelnen Spielobjekte, wie z.B. die Flaks oder die diversen Fahrzeuge und Panzer beschreiben VP 41 und VP 71: VP 41: "Ja, also diese Flaks finde ich echt gut. Man konnte die auch wieder wegschieben. Bei den meisten anderen Spielen baut man die Sachen irgendwo hin und dann bleibt das so. Das ist eine gute Sache hier. Die große Vielfalt an Fahrzeugen ist auch sehr gut - es gibt Lkws und andere Fahrzeuge." VP 71: "Ja, eigentlich schon, wenn man jetzt eine Lieblingswaffe oder einen Lieblingspanzer hat, dann wählt man den auch aus." Wesentliche Motivationsfaktoren sind jedoch die kognitiven Handlungsanforderungen. Vom Spieler wird in extremen Maße taktisches Geschick und komplexes Denken gefordert, um die in ihrem Schwierigkeitsgrad steigenden Missionen bewältigen zu können. Die Hälfte der Interviewpartner bekundet, dass dies entweder der Hauptmotivator oder aber einer der wesentlichen Motivationsfaktoren ist. Der "Herr über die Regeln zu werden und die Aufgabe zu knacken" (VP 74) und auf diese Weise die Lösung des Levels herbeizuführen, spielt eine bedeutende Rolle für die Befragten. Drei Beispiele aus den Interviews sollen dies belegen: VP 15: "Für mich ist auf jeden Fall der Reiz die taktische Ebene. Also, dass man kombinieren muss und halt nicht einfach nur straight - wie zum Beispiel bei einem EgoShooter - einfach nur ballert. [...] Meine einzige Motivation ist einfach, durch Überlegen das Spiel zu schaffen. Ich will jetzt nicht sagen, äh, dass durch besondere Effekte meine Motivation erhöht wird." VP 51: "[...] Die Möglichkeiten, die sich im Laufe des Spiels bieten, motiviert schon stark. [...] Eigentlich ist es nur das Strategische, das mich motiviert." 22 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" VP 29: "Ansonsten, ja, die Lösung des Levels, der Ansporn, das zu schaffen ist schon da und das ist ja auch der Sinn des Spiels, dass man Ehrgeiz entwickelt, die Runden zu schaffen um halt in die nächste Runde zu kommen." Gleichwohl führt die Präsentationsqualität der Inhalte zu einer Steigerung der Motivation der Spieler. Acht Personen gaben an, dass die Darstellung der Figuren, die wechselnden Karten und Landschaften, der Sound oder aber auch besondere Effekte bzw. unbekannte Faktoren zu Spielspaß und -motivation beitragen. Zwei Beispiele aus den Interviews: VP 29: "Grafik und Sound sind mir sehr wichtig. [...] Die Art und Weise, wie es gemacht worden ist, ist eigentlich sehr schön und ich halte das auch für sehr wichtig. [...]Es ist schon wichtig, dass man hört und dann versucht, einen räumlichen Eindruck auf dieser Karte zu bekommen. Ich halte es schon für wichtig, dass man hört, wo Bomben oder Flugzeuge kommen; das halte ich schon für wichtig." VP 71: "Ja, es ist schon realistisch gemacht. Die Landschaft sieht sehr schön aus, auch wenn das nur 2D ist. Das erinnert so ein bisschen an eine Modelleisenbahn. Es ist sehr detailliert dargestellt. Das hat mich auch am Anfang gewundert, wie genau die Panzer dargestellt waren, dass jede einzelne Laufrolle stimmt. Der Tiger hatte zum Beispiel zwei vorgezogene Laufrollen, son Schachtellaufwerk. Die Größe, also das Verhältnis zwischen den Soldaten und den Fahrzeugen. Die Sprache ist auch sehr wichtig. Was mich besonders gefreut hat ist, dass die Soldaten ihre eigene Heimatsprache sprechen: Die Deutschen sprechen deutsch und die Russen russisch, usw. Das Spiel wirkt in seiner Darstellung auf mich sehr positiv." Nach diesen Aussagen kommt der Präsentationsqualität eine erhebliche Relevanz zu. Dass gerade der Darstellung ein solch motivierender Aspekt zugesprochen wird ist erstaunlich, wenn man davon ausgeht, dass bei Strategiespielen in der Regel primär die Strategie im Vordergrund steht und die Grafik eher funktional ist. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass dem historischen Hintergrund von “Sudden Strike” eine eher vielmehr untergeordnete motivationale Bedeutung zukommt. Dem gegenüber steht der außergewöhnliche Reiz einzelner Spielelemente mit ihren je spezifischen Fähigkeiten, die die von den Handlungsanforderungen ausgehenden motivationalen Wirkungen deutlich verstärken. 23 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Syntaktische Aspekte der Inhalte Eine wichtige Frage im Hinblick auf die Klärung der Bedeutung des Inhaltes für die Computerspieler ist ferner, inwieweit der Spielinhalt hilft, die Regeln und die Handhabung des Spiels besser zu verstehen. Wie wird den Spielern klar, was das Spiel “Sudden Strike” von ihnen verlangt? Inwiefern leistet beispielsweise das “Briefing” zu Beginn einer jeden Mission Hilfestellung, dass einerseits die Missionsziele deutlich werden und andererseits erkennbar wird, wie diese zu erreichen sind? Alle befragten Personen weisen in den Interviews darauf hin, dass bestimmte Elemente des Spiels über einen gewissen Selbsterklärungswert verfügen. Auf diese Weise kann das Spiel mitsamt den darin enthaltenen Anforderungen ohne anderweitige Informationen bewältigt werden. Von den zehn Interviewpartner erläutern acht Personen in diesem Zusammenhang die Funktion der “Briefings” und verweisen auf deren Relevanz. Diese Briefings vermitteln den Befragten zu Beginn einer jeden Mission einen guten Eindruck über die sich ihnen stellende Situation und benennen darüber hinaus die zu erreichenden Spielziele. Positiv bewertet wird von den meisten Versuchspersonen, dass diese im Verlauf der Kampagne nach Belieben wieder aufgerufen werden können. U.a. äußert sich VP 72 dazu: "Es gibt ja Sachen, die man am Anfang nicht weiß. Da ist es schon sinnvoll die Anweisungen zu lesen, um zu wissen, wie man vorgehen muss. Ich finde es auch gut, wenn man die im Spiel noch mal aufrufen kann." Ein erfolgreicher Umgang mit einem Computerspiel stellt sich prinzipiell vor allem dann ein, wenn sich das Spiel den Lernerfolgen der Spieler anpasst. Im Fall von “Sudden Strike” würde dies bedeuten, dass die Missionen im Spielverlauf immer höhere Handlungsanforderungen an den Spieler stellen, die er aufgrund seiner im Spiel bereits getätigten Erfahrungen bewältigen kann. Vier Versuchspersonen erwähnen, dass sie auf diese Weise den Umgang mit dem Spiel allmählich erlernt haben. Zwei Beispiele aus den Interviews: VP 29: "Ich bevorzuge im Spiel gerne das learning by doing - ähnlich wie hier. Man hat eine Kampagne, mit der man anfängt, wo man langsam ans Spiel herangeführt wird. Ich bin also keiner, der erst mal ein Handbuch durchliest. Entweder das Spiel läuft nach einer halben Stunde oder ich lege es auf die Seite." VP 51: "Das auf jeden Fall. Das Gute an dem Spiel ist, dass alles aufeinander aufbaut, und mit der Zeit lernt man. Man kann das Spiel am besten durch Experimentieren erlernen, ein Handbuch habe ich nicht genutzt. Bei "Command & Conquer" habe ich mir schon mal das Handbuch oder eine Lösung angesehen, aber bei diesem Spiel nicht. Am Anfang habe 24 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" ich mir immer noch die Einstiegssequenzen angesehen, um zu wissen, was von mir verlangt wird. Aber wenn man weiß, was von einem verlangt wird, ist es nicht mehr nötig. Der Nachteil von einem Handbuch ist ja, dass das immer sehr allgemein gehalten ist und man nur selten schlau daraus wurde." Zwei Interviewpartner berichten zudem von den Orientierungsmöglichkeiten auf der Spielkarte. U.a. erwähnt VP 29 im Interview die Relevanz dieser Hilfestellungen: "Die Erklärungen für dieses Spiel sind sehr lang, aber wenn man sieht, wo man auf dem Bildschirm steht, da ist es hell erleuchtet, da kann man dann sehen, welcher Auftrag ausgeführt werden soll. Hilfen sind schon da." Dass auch das Wissen über die Eigenschaften und Fähigkeiten der Figuren hilfreich sein kann und so eine gewisse Bedeutung für den Spieler erlangt, erläutert VP 72: "Ich wusste eigentlich schon relativ genau, was ist mache. Ein einzelner Infanterist hat keine Chance gegen einen Panzer. Wenn aber irgendwo eine Artillerie steht, ist die besser. Man muss schon wissen, welche Figuren was können." Das Handbuch wurde von den Interviewpartnern grundsätzlich nicht genutzt. Es diente weder der Einübung des Handlings, noch der Entnahme von Informationen. In der Regel lehnen die Versuchspersonen Handbücher prinzipiell ab, kommen entweder relativ schnell mit dem Spiel zurecht oder legen es beiseite. Eine Einleitung in Form von Videosequenzen zu Beginn der einzelnen Missionen existiert nicht, wenngleich ein Befragter gerne einen solchen Spieleinstieg vorgefunden hätte. Der Einstieg in das Spiel erfolgt neben der Hilfestellung durch die einzelnen Spielelemente vielmehr unter Berücksichtigung der bereits getätigten Vorerfahrungen mit anderen Strategiespielen. Vier Interviewpartnern wird der Umgang mit dem Spiel auf diese Weise erleichtert. Nicht minder interessant ist die Frage, ob auch Elemente im Spiel existieren, die nicht zum Verständnis des Spiels und seiner Abläufe beitragen und den Spieler in die Irre führen. Sechs Interviewpartner erwähnen derartige inhaltliche Disparitäten. Eine Regel des Spiels ist beispielsweise, dass Brücken nur an einer einzigen Stelle gebaut werden können, was bei einem Spieler (VP 51) auf Ablehnung stößt. Weitere beanstandete Mängel des Spiels in Bezug auf die Realität: Panzer können sich nicht festfahren, Soldaten marschieren immer weiter, Panzer können ohne Weiteres unbeschadet über selbst gelegte Minenfelder fahren und Befehle oder Weisungen müssen oft mehrfach wiederholt werden. Dazu einige Beispiele aus den Interviews: 25 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" VP 71: "Ja, das ist der Grund, weshalb ich “Sudden Strike” nicht mehr so gerne spiele, weil es einige Sachen beinhaltet, die nicht mehr historisch korrekt dargestellt worden sind. Zum Beispiel: Panzer können sich nicht festfahren, sowohl im Matsch als auch im Sumpf nicht, die Soldaten marschieren immer noch nach vorne bis der Letzte umfällt, die Munitionsvorräte stimmen nicht so ganz." VP 75: "Ich habe mich gewundert, dass die eigenen Panzer über die selbst gelegten Minen fahren können. Eigentlich sollten ja die Minenleger den Panzern Bescheid sagen, so dass die nicht über die Minen fahren." Von Interesse ist allerdings nicht nur, ob einzelne Elemente des Inhaltes zum Verständnis der Regeln beitragen oder dieses verhindern, sondern auch, ob Regeln ihrerseits die Bedeutung des Inhaltes präformieren, bestimmen oder überformen. Gerade bei “Sudden Strike” wäre es denkbar, dass die Vorteile einer vom Computerspieler gewählten Nation die Bedeutsamkeit des Inhaltes in fataler Weise beeinflussen. Beispielsweise könnten bei der Wahl der deutschen Truppen nationalsozialistische Vorstellungen als positiv empfunden werden. Bewirkt die Koppelung zwischen Inhalt und Regeln solche Effekte? Eine generelle Überformung des Inhaltes durch die Regeln wird von den Interviewpartnern nicht erkannt. Alle befragten Personen verneinen einerseits das Vorhandensein von moralischen Vorbehalten und andererseits die Übertragung der im Computerspiel vermittelten Werte auf ihr reales Leben. Die überwiegende Mehrzahl der Versuchspersonen bezieht sich bei der Beantwortung der Frage nach etwaigen moralischen Vorbehalten auf die im Spiel geforderten Handlungsmuster. Die Regeln des Spiels verlangen von den Spielern ganz klar, die eigenen Truppen in Position zu bringen und den Feind zu vernichten. Einheitlich wird von den Interviewten angeführt, dass derartige Vorgehensweisen gleich zu Beginn des Spiels in Kauf genommen werden und kein Problem für sie darstellen, da es sich in ihren Augen "nur um ein Spiel handelt". Hierzu einige Beispiele: VP 37: "Es handelt sich ja bei “Sudden Strike” um ein Kriegsspiel und ähm, in einem Krieg sind es ja immer zwei Seiten, die gegeneinander kämpfen. Das war mir schon vorher bewusst, dass ich hier die Gegner vernichten muss. So gesehen war es für mich kein großes Hindernis, denn wenn ich Spiele spielen möchte, bei denen ich was aufbauen will, wie zum Beispiel "Sim City", dann spiele ich so was. Aber bei “Sudden Strike” wusste ich das vorher und habe das auch so akzeptiert." VP 51: "[...] Ich wusste von Anfang an, dass das nur ein Spiel ist und das wird von dir verlangt. Im normalen Leben würde man das natürlich nicht machen. Ich sehe das aber 26 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" auch als reines Spiel. Es ist zwar nicht sehr angenehm, wenn da Soldaten zerfetzt rumliegen, ist aber okay." Doch selbst die historische Thematik wird zumeist während des Spiels quasi "ausgeblendet", so dass keine moralischen Bedenken bei den Spielern aufkommen. VP 72 und VP 74 äußern sich im Verlauf des Interviews dazu wie folgt: VP 72: "Nein, eigentlich nicht. Ich habe mir keine Gedanken über den geschichtlichen Hintergrund gemacht. Ich wollte einfach nur das Spiel spielen." VP 74: "Dann würde ich das ganze Spiel ja nicht spielen. Wenn ich meine moralischen Wertvorstellungen übertragen würde, dann dürfte ich dieses Spiel nicht starten, denn es ist ja ausgeschlossen, dass man im wahren Leben tötet, um ein Ziel zu erreichen. Wenn ich auch überlege, welche Position ich zu den einzelnen Nationen in diesem Spiel habe, ist es mir auch völlig Wurst, welche Partei ich ergreife. Also selbst wenn meine Wertvorstellung sagt, Nazi-Deutschland und das ganze drum herum kann ich nicht nachvollziehen, spiele ich doch gern die Deutschen, wenn sie für mich die besten Waffen haben. Ich nehme wenige meiner Moralvorstellungen in das Spiel mit rein." Diese gleich zu Beginn des Spiels vorhandene Einstellung, die moralischen Vorbehalte jedweder Art auszuschließen, sowie die Entscheidung keine Parallelen zum realen Leben zu ziehen, verstärkt die Auffassung, dass eine Übertragung der im Computerspiel vorhanden Wertentscheidungen von den Interviewpartnern ausgeschlossen wird. Im Bewusstsein der Spieler werden durch den Spielinhalt "unterschwellig" keine Wertvorstellungen transportiert, die sich bei ihnen "einnisten" und auf diese Weise Verhaltensänderungen auslösen könnten. Pragmatische Aspekte der Inhalte Inwiefern können der geschichtliche Hintergrund, die Spiellandschaften bzw. die wechselnden Karten, die Truppen und die diversen Spielobjekte (Panzer, Lkws etc.) von “Sudden Strike” zum wirkungsvollen spielerischen Handeln beitragen? Existieren im Spiel ausreichende Einwirkungsmöglichkeiten auf die genannten Elemente? Hinsichtlich der Einwirkung beziehen sich die Interviewpartner auf die recht vielfältigen Handlungsmöglichkeiten, die sie als Oberbefehlshaber einer Truppe besitzen. Der Computerspieler ist u.a. in der Lage, verschiedene Stellungen einzunehmen, Häuser und Gebäude zu besetzen und sich zu verschanzen, Truppen zu heilen oder auch zu verteidigen, Munition nachzuladen usw. Insgesamt sind die Einwirkungsmöglichkeiten sehr 27 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" vielgestaltig und haben allesamt eines zum Ziel: Einfluss auf den Gegner auszuüben und ihn auf jegliche Art und Weise zu vernichten. Dazu einige Beispiele aus den Interviews: VP 29: "Äh, Zusammenziehen, ich kann Truppen heilen, Truppen zurückziehen, ich kann sie im Lazarettfahrzeug heilen lassen, ich kann mit den Truppen angreifen und ich kann mit Truppen auch verteidigen, wobei ich persönlich mehr verteidige, lasse den Gegner erst mal anrennen, bis dass er schwach ist und dann versuche ich durchzubrechen." VP 37: "Verschiedene Einheiten haben natürlich auch verschiedene Funktionen. [...] Man kann verschiedene Häuser einnehmen. Und jedes Gebäude und jede Einheit hat komplexe Funktionen und man kann halt nicht nur eine Sache machen und das war es dann." Gleichwohl mokieren die Versuchspersonen auch fehlende Einwirkungsmöglichkeiten im Spiel. Vier Personen bemängeln, dass teilweise Einwirkungsmöglichkeiten auf die Truppen, Objekte oder die Spiellandschaft fehlen. Eingegrenzt ist vor allem das Vermögen des Spielers, auf Luftanschläge angemessen zu reagieren. Gleiches gilt im Hinblick auf die verbündeten Einheiten. Diese Problematik verdeutlichen u.a. die Bemerkungen von VP 15 und VP 71: VP 15: "Ja, man hat genau dieselben Möglichkeiten wie der Gegner. Nur, natürlich immer begrenzt - besonders bei Luftschlägen." VP 71: "[...] “Sudden Strike” gibt dir zwar noch die Möglichkeit, dass du Verbündete hast, die man nicht steuern kann. [...] Zum Beispiel bei diesen verbündeten Einheiten, die steuert der Computer. Wenn der Gegner dann auch ein Computer ist, dann kann der Computer den Verbündeten abschlachten und du kannst nichts machen." Zwei Interviewpartner beklagen zudem insbesondere den Umstand, dass kein eigenes Ressourcenmanagement möglich ist. Die Produktion von Panzern und der Nachschub von dringend benötigten Truppen (Einheiten) liegen nicht in der Hand des Computerspielers: VP 71: "[...] Also man kann keine Panzer produzieren, man bekommt nur neue Einheiten über Verstärkungen." VP 75: "Ich kann keinen Nachschub beschaffen, ich weiß nicht mal, wann der mir im Spiel zur Verfügung steht,[...]." Die Regelstruktur des Spiels verfügt insofern über einen starken Einfluss auf die Handlungsmöglichkeiten. An welcher Stelle sich dem Computerspieler Möglichkeiten zum Agieren bieten und wo ihm diesbezüglich Grenzen aufgezeigt werden, bestimmen eindeutig die Regeln von “Sudden Strike”. Und was ist mit den Gefährdungen im Spiel? Die Gefahren in “Sudden Strike” gehen wie zu erwarten insbesondere vom Gegner aus. Dieser kann einen direkten Angriff starten oder 28 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" gleichsam Minen legen, die die Truppen des Spielers schwächen oder vollkommen zerstören. VP 37 und VP 72 stellen dies heraus: VP 37: "Ja, was kann mir passieren? Ja, man kann vom Gegner zerstört werden. Es gibt nicht viele Alternativen. Entweder man gewinnt oder verliert. Es gibt auch kein Unentschieden." VP 72: "Man kann ziemlich aufgerieben werden. Die einzigen Gefährdungen gehen von Minen aus, die sind allerdings nur gegen Panzer wirksam." Besonders hervorgehoben wird von VP 75 die Gefahr, die von einer besonderen Waffe im Spiel ausgeht: "Die Gegner sind mit ziemlich gleichen Waffen ausgestattet, außer die eine Waffe der Russen, gegen die hat man keine Chance." Gefahren, die sich aus der Spiellandschaft bzw. -umgebung herleiten ließen, gibt es in dem Spiel “Sudden Strike” nicht. Die Truppen können beispielsweise nicht erfrieren oder in Erdlöcher fallen etc. Welche Handlungsmöglichkeiten der Computerspieler im Spiel besitzt bzw. nicht besitzt und welche Gefährdungen existieren, erschließt sich sehr deutlich aus dem Inhalt; genauere Regelkenntnisse sind nicht unbedingt erforderlich. Zwar wird in den Interviews teilweise davon gesprochen, dass detailliertere Regelkenntnisse vor allem zu Beginn des Spiels hilfreich wären, gleichwohl werden die Regeln in Verbindung mit dem Inhalt auch ohne anderweitige Hilfe nach einiger Zeit der Spielerfahrung deutlich. Dazu zwei Beispiele: VP 41: "Aus dem Inhalt weiß man, welche Gefahr auf einen zukommt. Bei Kriegsspielen weiß man, dass Einheiten verloren gehen können. Ich weiß, dass ich eine Mission verlieren kann." VP 75: "Das ergibt sich aus dem Spielinhalt. Man probiert sie aus, schickt sie nach vorne und sieht, welche Wirkung sie haben. Man kann dann sehen, dass ein Laster Abwehrkanonen schleppen kann und richtig plazieren kann. Man hat relativ schnell die Mausklicks raus, die man benötigt." Danach befragt, ob die Einwirkungsmöglichkeiten und die Gefährdungen dem Spiel angemessen sind, äußerten sich immerhin vier Personen geringfügig negativ. Bemängelt wird vor allem, dass das Spiel stellenweise zu schwierig ist und entsprechende Handlungsmöglichkeiten fehlen. Ein Beispiel aus den Interviews: VP 51: "Eigentlich ist das in diesem Spiel nicht. Bei diesem Spiel ist es sehr schwierig, weiterzukommen. Das ist eins der schwierigsten Spiele, die ich je gespielt habe. Man kann auf manche Probleme gar nicht einwirken." 29 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Gleichwohl äußerten die Interviewpartner - z.T. sich selbst widersprechend - auch Positives hinsichtlich der Angemessenheit. Gefährdungen und Handlungsmöglichkeiten seien gut auf die Thematik "Zweiter Weltkrieg" abgestimmt und runden den in der Regel vorhandenen erfreulichen Gesamteindruck vom “Sudden Strike” ab, so VP 74: "Ja, finde ich schon recht gut umgesetzt. Wenn ich mir vorstelle, wie es im Zweiten Weltkrieg war, kommt das der Realität schon sehr nahe. Ich finde Möglichkeiten, wie ich als Befehlshaber Truppen kommandieren kann, als auch das, was einzelne Truppen tun können. Bis hin zur Gefährdung ist es schon sehr realistisch. Wenn ich das mit anderen Spielen vergleiche, ist “Sudden Strike” sehr nah an der Realität." Schwerwiegende Disparitäten und Unverträglichkeiten, die Auswirkungen auf die Wahrnehmung des Inhaltes haben könnten, werden von den Befragten insgesamt betrachtet nicht benannt. Präsentative Aspekte der Inhalte Im Rahmen der Zumessung des Bedeutungsgehalts des Spielinhaltes muss auch die Frage der Darstellungsform und -qualität, in welcher sich der Spielinhalt präsentiert in Betracht gezogen werden. Wichtig ist, ob naturalistisch anmutende Abbilder dem Spieler helfen, die Relevanz des Spiels zu erschließen oder, ob es sich eher um symbolorientierte Abbilder handelt, die möglicherweise mit sekundären Bedeutungen befrachtet bzw. überformt werden. Ein weiterer Bereich, der Aufschluss über die Bedeutung des Inhaltes liefern könnte, ist die Klärung der Frage, welchen Anteil neben den Bildern die Sprache (u.a. die Äußerungen der Soldaten) sowie der Sound bzw. die akustischen Signale besitzen (Dröhnen der herbei fliegenden Bomber etc.) und über welche Wichtigkeit sie für die Computerspieler verfügen. Zur optischen Darstellung des Spielinhaltes lässt sich zunächst sagen, dass es sich hierbei eher um eine symbolorientierte Präsentation handelt, die von einer naturalistisch-bildhaften Darbietungsform abstrahiert. Einzelne Figuren oder Objekte stehen stellvertretend für ganze Kompanien oder Panzerflotten etc. Dennoch sind die eher symbolhaft dargestellten Einheiten grafisch so gestaltet, dass diese in der Regel voneinander zu unterscheiden sind. Punktuell werden Elemente von “Sudden Strike” sogar besonders detailliert präsentiert. Die Panzer im Spiel erfahren beispielsweise eine derart genaue Darstellung, dass jedes einzelne Spezifika zu erkennen ist. VP 71 schildert dies im Interview sehr prägnant: 30 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" "[...] Es ist sehr detailliert dargestellt. Das hat mich auch am Anfang gewundert, wie genau die Panzer dargestellt waren, dass jede einzelnen Laufrolle stimmt. Der Tiger hatte zum Beispiel zwei vorgezogene Laufrollen, son Schachtellaufwerk. Die Größe, also das Verhältnis zwischen den Soldaten und den Fahrzeugen. [...]" Das Beispiel macht deutlich, dass einige Interviewpartner insbesondere den Realismus der Darstellung im Spiel positiv bewerten. Neben VP 71 und VP 75 beschreibt VP 41 die Grafik z.B. als sehr wirklichkeitsnah: "Von der Grafik her ist es ziemlich gelungen, es sieht sehr realitätsgetreu aus." Insgesamt gesehen wird die grafische Präsentation eher als positiv, denn als negativ und hinsichtlich der Wahrnehmung des Spielinhaltes als angemessen beschrieben. Sie ist "für das Spiel - bezogen auf Krieg - passend" (VP 41), das Verhältnis der Figuren zu den Fahrzeugen ist stimmig usw. Leichte Verbesserungsvorschläge bzw. Einwände erhebt die Hälfte der Interviewpartner, wobei nur einer ausschließlich die negativen Aspekte herausstellt. Mokiert wird primär, dass das Spiel noch realistischer hätte dargestellt werden können, da z.B. die Unterscheidung von Infanterie und Fahrzeugen z.T. schwer zu treffen ist. Auch die Karten tragen, aufgrund der seltenen Änderungen, wenig zur Abwechslung bei. Neben dieser grafischen Präsentation verfügen gleichsam die Sprache der Truppen bzw. die Akustik, der Sound über eine bestimmte Bedeutung, wenngleich die grafische Präsentation von den meisten Versuchspersonen als wichtiger erachtet wird. Vier Interviewpartner treffen explizite Aussagen zu diesem Bereich, u.a. VP 74 und VP 75: VP 74: "Ja, in der Regel werden die Inhalte bildorientiert dargestellt. Es gibt auch einen Ton, aber auf den achte ich nur, wenn ich weiß, dass gewisse Hinweise sich mir nur über den Audioweg öffnen. Ich schalte meistens den ab. [...]" IL: "Wie wichtig ist der Sound für dich?" VP 75: "Das ist sehr wichtig, um zu sehen, woher der Feind kommt. Wenn man eine relativ große Karte hat, muss man schnell zu dem Punkt springen, von dem es gekommen ist. Da helfen diese roten Kreise und der Ton, um zu sehen, woher ein Angriff kommt." Die akustische Untermauerung dient demzufolge einzig einer verbesserten Informationsaufnahme. 31 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Temporäre Aspekte der Inhalte Im Mittelpunkt der Betrachtung steht im Folgenden die Frage, inwieweit die Bedeutung der Thematik, der Spielumgebung bzw. -karten, der Truppen und der Präsentation im Verlauf des Computerspiels variiert. Welche Bedeutsamkeit und welche Funktionen hat die Thematik "Zweiter Weltkrieg" in den unterschiedlichen Phasen des Spielprozesses, vom Vertrautmachen mit dem Spiel, bis hin zum intensiven, zielorientierten Umgang? Es ist anzunehmen, dass in intensiven Spielphasen, wenn die an den Spieler gestellten Handlungsanforderungen zur Lösung einer besonders schweren Mission außergewöhnliches Geschick erfordern, die Relevanz der Inhalte deutlich in den Hintergrund tritt. Insofern ist zunächst die Betrachtung der Funktion der Spielgeschichte im temporären Verlauf von Interesse. Einige wenige Spieler messen dieser gleich zu Beginn eine wichtige Bedeutung bei. Drei Personen beschreiben die Relevanz der Geschichte, die sich von der Auswahl des Spiels, über das Vertrautmachen, bis hin zum intensiven Spielprozess deutlich macht. So berichtet u.a. VP 15: VP 15: "Die Story ist schon wichtig. Es ist für mich immer wichtig, was man macht. Wenn man jetzt einfach nur auf ein Feld gesetzt wird und bekommt die Aufgabe, alle Spieler zu vernichten, dann ist das für mich uninteressant; das hat etwas Sinnloses. Wenn jetzt gesagt wird: "Erobern sie die Normandie!"... Es wird zwar nicht gesagt, warum man das machen soll, aber wenn man geschichtsinteressiert ist, dann kann man sich denken, warum da was gemacht wurde." IL: "Bleibt diese Story für dich während des Spielens gleich wichtig?" VP 15: "Die Geschichte bleibt in meinem Kopf. Ich bin mir jederzeit im Klaren, worum es jetzt im Ganzen geht." Für VP 37 und VP 41 stellt die Geschichte eher einen Einstiegsreiz dar. Sie ist zwar noch bei der Auswahl des Spiels und während der Phase des Vertrautmachens von Bedeutung, im Verlauf des Spielprozesses jedoch verliert sie an Relevanz und die Handlungsanforderungen, die an den Spieler gestellt werden, rücken in den Mittelpunkt des Interesses: VP 37: "Die Idee hat mir gut gefallen und deshalb habe ich mir “Sudden Strike” damals gekauft. [...] Der Inhalt ist mir etwa bis zur achten oder neunten Mission wichtig und dann fängt es für mich interessant zu werden an, das Spiel durchzuspielen." 32 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Die übrigen fünf Interviewpartner erachten die Geschichte bei “Sudden Strike” als von Beginn an eher unwichtig. Für sie stehen, losgelöst vom geschichtlichen Rahmen, ganz eindeutig die Handlungsanforderungen im Vordergrund, wie die Angaben von VP 74 sehr treffend verdeutlichen: "[...] dass man erst überlegt in welcher Reihenfolge man welche Schritte ansetzt. Deshalb ist es auch losgelöst, dass es hier ein Kriegsschauplatz ist, sondern für mich steht diese Aufgabe im Vordergrund. [...] Bei “Sudden Strike” hat der Inhalt kaum Relevanz. Mir ist es total egal, ob ich eine Brücke erobern muss oder eine ganze Eroberung durchführe. [...], ob ich am Ende die Welt erobert habe oder ob das Endziel der letzten Mission die Eroberung eines Brückenkopfes ist. Das ist wirklich losgelöst von der Bedeutung des Inhalts der Aufgabe. Es geht nur darum, dass zu Anfang unlösbar Scheinende doch in den Griff zu bekommen." Von Interesse ist ferner die Relevanz der Grafik bzw. der wechselnden Karten im Verlauf des Spiels. Leider liegen zu diesem Bereich nur recht allgemeine Angaben von den Interviewpartnern vor. Nur teilweise können aus den Ausführungen Rückschlüsse auf das Spiel gezogen werden bzw. machen die Befragten konkrete Angaben zum Spiel “Sudden Strike”. Sechs Personen äußern, dass eine angemessene, gute Grafik zumindest ein Entscheidungskriterium beim generellen Kauf eines Spiels darstellt. In der Regel ist sie nicht ausschlaggebend, gleichwohl trägt sie jedoch zum positiven Gesamteindruck eines Spiels bei. VP 37 bezieht sich dabei konkret auf “Sudden Strike” und äußert Folgendes: ""Sudden Strike” habe ich mir gekauft, weil ich aus verschiedenen Zeitschriften entnommen habe, dass es sehr realistisch ist, dass die Grafik sehr gut ist.” Erneut wird in diesem Beispiel die Bedeutung des Realismus im Spiel angesprochen.2 Die Relevanz der Grafik nimmt - zumindest in Bezug auf “Sudden Strike” - jedoch im Verlauf des Spiels deutlich ab. Lediglich eine interviewte Person gibt an, dass diese während des gesamten Spielprozesses ihre Bedeutsamkeit beibehält: VP 29: "Man muss den Panzer als Panzer erkennen. Wenn das Spiel gut ist, kann auch ein gelber Ball eine Kanone sein, aber es verliert dann für mich schnell an Interesse. Es gibt ein Spiel, da wurden die Panzer gegen Zeichen ausgetauscht. Man muss sich das wie eine Generalkarte vorstellen. Man hat das immer noch mit dem Panzer verbunden, aber für wichtig halte ich, dass man den Panzer sieht. Der Reiz geht verloren, wenn die Objekte nicht als solche zu erkennen sind. Man kann sich nicht so gut da reinversetzen." 2 Weitere Ausführungen zur Bedeutung des Realismus im Spiel s. auch Punkt 15.4 Semantische Aspekte des Inhaltes. 33 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Ansonsten stellen die Versuchspersonen eher eine fortschreitende Verminderung der Präsentationsrelevanz fest. Animationen bzw. kleine Zwischeneinblendungen erhöhen zwar vor allem zu Beginn den Spielreiz, sind für den Spielprozess allerdings nicht entscheidend. Erneut trifft VP 29 eine prägnante Aussage: "Die Animation für kleine Zwischenbeispiele sind recht amüsant - am Anfang guckt man sie sich an und später drückt man sie weg." Wie bedeutsam die wechselnden Landschaften bzw. unterschiedlichen Karten für die Versuchspersonen im Verlauf des Spiels sind, wird aus den Interviews nicht deutlich. Dies mag daran liegen, dass die Karten von den Spielern generell als eher unbedeutend erachtet werden und diese somit gleichwohl in keiner Spielphase über eine besondere Bedeutung verfügen.3 Zu der Bedeutsamkeit der verschiedenen Truppen im Rahmen des Spielprozesses liegen ebenfalls nur wenige Angaben vor. Dennoch wird aus den geringfügigen Hinweisen deutlich, dass der Wert der Truppen für das emotionale Erleben der Spieler geringfügig ist. Obwohl vier Personen äußern, beim Verlust von diversen Truppenteilen Ärger zu empfinden, entstehen keine empathischen Gefühle zu den virtuellen Soldaten. Auch findet keine Identifikation mit einer bzw. mehreren Spielfiguren oder einer Kompanie statt. Exemplarisch zwei Beispiele aus den Interviews: IL: "Fühlst du mit deinen Einheiten mit, ist es schlimm für dich, wenn du verlierst?" VP 51: "Nein eigentlich nicht. Es ärgert mich schon, weil das ein Verlust ist, der nicht sein muss, aber so wichtig ist das auch nicht. Man bekommt keine Wutausbrüche, aber man ärgert sich schon." VP 75: "Wenn eine Spielfigur scheitert oder getötet wird, empfinde ich nur Ärger über die Tatsache, verloren zu haben. Ich fühle da nicht mit der Spielfigur. Ich laufe deshalb nicht fünf Tage depressiv herum." VP 74 abstrahiert noch weiter vom konkreten Spielinhalt. Die Spielfiguren verlieren an inhaltlicher Relevanz und werden austauschbar: "[...] Ich könnte mir das vielleicht sogar vorstellen mit Gummibären und Störchen, die rumfliegen. [...]" Es wird deutlich, dass die Thematik "Zweiter Weltkrieg" für die Mehrzahl der Spieler insgesamt betrachtet relativ bedeutungslos ist. Der Spielinhalt kann zwar noch einen Einstiegsreiz darstellen, verliert hingegen im Verlauf des Spielprozesses zunehmend an 34 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Wichtigkeit. Scheinbar stehen in der Regel gleich zu Beginn die an den Spieler gestellten Handlungsanforderungen zur Lösung der einzelnen Missionen im Mittelpunkt und vermindern so die Bedeutung des Inhaltes. Die wenigen Äußerungen zu der Bedeutsamkeit der Präsentation (Grafik, Sound, Spielkarten) lassen auf eine ähnliche Tendenz schließen. Auch in diesem Fall findet eine Reduzierung der Relevanz mit dem Fortschreiten des Spieles statt. Und selbst die Truppen erlangen zu keiner Zeit des Spiels eine besondere Bedeutung für die Spieler, wachsen ihnen nicht ans Herz und stehen in keinem Zusammenhang mit empathischen Gefühlen oder einer Identifikation. Eintauchen in die virtuelle Welt Von großer Wichtigkeit im Hinblick auf die Bedeutung der Inhalte ist auch die Frage, wie hoch das Ausmaß der Konzentration oder gar der Verschmelzung mit dem Spiel ist, welche Form der Verschmelzung durch das Spiel möglich wird und von welchen Faktoren diese abhängt. Es wäre zu vermuten, dass bei der direktionalen Identifikation, die als Form der Verschmelzung bei unmittelbarer bzw. indirekter Lenkung auftritt, eine stärkere Distanzierung vom konkreten Spielinhalt festzustellen ist. Käme es zu Formen einer Identifikation, so beträfe diese vermutlich weniger die Spielfiguren, sondern mehr die selbst geschaffene Spielumgebung (,z.B. Stellung der eigenen Truppen auf dem Schlachtfeld). Eine Versuchsperson muss sich bei “Sudden Strike” zwar konzentrieren, jedoch nicht in einem besonders starken Ausmaß. Dagegen sagen sechs Personen, dass sie sich zur angemessenen Bewältigung des Spiels besonders stark konzentrieren müssen. Die Umgebung wird während des Spiels nicht mehr wahrgenommen, z.T. wird das Essen oder das Trinken vergessen und das Gefühl für die Zeit geht verloren. Ein Beispiel aus den Interviews: VP 71: "Doch teilweise schon. Ich bin dann mitten im Spiel und meine Mutter geht weg und sagt mir vorher, wo sie hingeht. Wenn mein Vater dann kommt und fragt nach meiner Mutter, dann weiß ich meistens nicht, wo sie hingegangen ist. Ich sage dann oft: "Ja, ja." und ich habe dann oft gar nicht zugehört. Die Zeit vergisst man dann auch sehr schnell." 3 Zur Relevanz der Spiellandschaft bzw. -karten finden sich nähere Angaben unter Punkt 15.4 Semantische Aspekte des Inhaltes. 35 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Begründet wird dies vor allem damit, dass es gilt, diverse Aufgaben gleichzeitig zu erledigen bzw., dass die Missionen im Allgemeinen ausgesprochen hohe Anforderungen an den Computerspieler stellen. Das Ausmaß der Konzentration ist demzufolge - wie eingangs vermutet - nicht von der Grafik oder besonders ansprechenden Spielfiguren abhängig, sondern von den Handlungsanforderungen und der Spielumgebung, der -situation. Wesentlich tiefer ist das Eintauchen in das Spielgeschehen, wenn eine Verschmelzung mit dem Spiel stattfindet. Einen solchen Prozess haben lediglich zwei Personen, über die Konzentration hinaus, in Ansätzen bei sich selbst feststellen können: VP 41: "Bei “Sudden Strike” hat man ja so eine Übersicht. Da ist es schwieriger, den Überblick zu behalten und die Verschmelzung ist nicht so leicht. [...]" VP 71: Teilweise schon. Manche Spiele fesseln mich schon. Bei “Sudden Strike” war das in den Anfangsphasen der Fall." Es wird deutlich, dass weder der komplexen Thematik, den Truppen als ein Element des Spiels, der grafischen Präsentation noch den Anforderungen zur Missionserfüllung eine besondere Bedeutung im Hinblick auf einen Verschmelzungsprozess zukommt. Eine Verschmelzung bzw. Identifikation mit den Spielfiguren (Truppen) wird von den Versuchspersonen generell bestritten, so von VP 37: ”Bei “Sudden Strike” ist es so, dass das Eintauchen nicht von den verschiedenen Einheiten abhängig ist. Wenn ich mich in eine Einheit hineinversetze, dann auf keinen Fall bei Echtzeit-Strategiespielen wie bei “Sudden Strike”." Mit großer Wahrscheinlichkeit liegt eine Ursache für einen nicht stattfindenden Verschmelzungsprozess in der Form der Einwirkung begründet. Zwar wird die in “Sudden Strike” vorhandene "Vogelperspektive" von der Mehrheit der Spieler bevorzugt, gleichwohl schafft sie eine stärkere Distanz zum Geschehen und verhindert eine Identifikation mit einer Spielfigur, die einen Verschmelzungsprozesse nach sich ziehen würde. Dies belegt die Aussage von VP 51: VP 51: "[...] Bei Strategiespielen ist die Verschmelzung sehr gering, weil das alles indirekt ist und man keine direkten Bezugspersonen hat, sondern einfach irgendwelche Einheiten, die unwichtig sind." Prozesse einer strukturellen Koppelung, die außerdem möglicherweise den Stellenwert des Inhaltes für den Spieler erhöht hätten, konnten nicht festgestellt werden. Insgesamt betrachtet bleibt also Folgendes festzuhalten: Die zu Beginn aufgestellte Vermutung, dass “Sudden Strike” aufgrund der indirekten Lenkung eher eine 36 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Distanzierung vom konkreten Spielinhalt bewirkt und ein Verschmelzungsprozess bzw. vielmehr eine erhöhte Konzentration lediglich in Verbindung mit den Handlungsanforderungen zu bringen ist, findet in den Interviews Bestätigung. Zusammenhang von Inhalt und Perspektive Eine zentrale Frage im Hinblick auf die Bedeutung der Inhalte von Computerspielen ist der Zusammenhang zwischen der Form der Einwirkung und der Wahrnehmung des Inhaltes. Inwiefern haben also die unterschiedlichen Formen der Einwirkung einen Einfluss darauf, ob der Inhalt des Spiel an Bedeutung gewinnt oder nicht? Eine ausführliche Erörterung dieser Frage kann natürlich erst im Rahmen des Vergleiches unterschiedlicher Spielgenres geschehen.4 An dieser Stelle soll jedoch kurz auf die Äußerungen der Interviewpartner bezüglich der Vor- sowie Nachteile einer indirekten Lenkung eingegangen werden. Insgesamt sechs Interviewpartner machten diesbezüglich entsprechende Angaben, wobei nur eine Versuchsperson die indirekte Lenkung eher negativ bewertete. Mokiert wird von VP 29 der kleine Sichtradius, so dass das, was den Spieler weitläufig umgibt, nicht erkennbar und der Inhalt so nur schwer mitzubekommen ist. Die übrigen Interviewpartner vertreten die Meinung, dass durch diese Form der Perspektive der Inhalt wesentlich deutlicher in Erscheinung tritt, als dies beispielsweise bei einem Ego-Shooter der Fall wäre: VP 41: "[...] Durch die Draufsicht in einem Spiel bekommt man die Inhalte am besten mit." VP 51: "Ja, von einer Perspektive kann man das am besten aufnehmen. Die Frage ist, wie groß ist die Perspektive und wie ist sie aufgebaut. Durch die "Gott-Perspektive" bekommt man mehr vom Inhalt mit, weil man sonst nur eine begrenzte Einsicht hat." VP 75: "Bei der Gottperspektive bekommt man den Inhalt besser mit, weil man weiß, wo die Truppen stehen. Das ist bei Ego-Shootern nicht der Fall." Die indirekte Position scheint laut der Aussagen der Interviewpartner demzufolge eher positiv denn negativ im Hinblick auf die Wahrnehmung der Inhalte zu sein. 4 s. auch Gesamtauswertung Punkt 24 37 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Spielinhalt und Gedächtnis Abschließend ist von Interesse, welche Elemente den Computerspielern nach Beendigung des Spiels noch präsent sind. Dies könnte weiteren Aufschluss über die Bedeutung der Inhalte von Computerspielen geben. Wird z.B. die Präsentation des Spiels noch besonders im Gedächtnis behalten? Bleiben vielleicht einzelne Elemente der Spiellandschaft bzw. -karten oder einzelne Truppen, also die Deutschen, die Alliierten oder die Russen aufgrund ihrer Fähigkeiten besonders in Erinnerung? Oder ist es eher die Thematik des Zweiten Weltkrieges, die in “Sudden Strike” aufgegriffen und gespielt werden kann und auf diese Weise länger im Gedächtnis verweilt? Werden die enthaltene “Message” oder aber die im Spiel geforderten Handlungsmuster, also besonders schwere Missionen oder bestimmte Strategien stärker erinnert? Dass die in “Sudden Strike” gestellten Anforderungen einen hohen motivationalen Anreiz für die Computerspieler darstellen, wurde bereits im Rahmen der Bedeutung der Motivation deutlich.5 Erstaunlicherweise spiegelt sich diese Relevanz nicht im Rahmen der Gedächtnisleistung der Versuchspersonen wieder. Lediglich vier der Befragten geben an, dass ihnen die kognitiven Handlungsanforderungen nach dem Spiel noch in Erinnerung bleiben bzw. geblieben sind. So werden Lösungswege oder Tricks behalten, wie der Gegner zu überlisten ist. Beispiele aus den Interviews: VP 29: "Ich würde mir definitiv den Lösungsweg merken. Wenn man sich unterhält, zu wissen, wie man was gemacht hat. Diese Lösungswege kann man sehr lange behalten. Normal habe ich ein sehr schlechtes Gedächtnis, aber solche blöden Sachen, die habe ich sehr lange im Kopf." VP 51: "[...] Vielleicht ein paar Tricks, die man herausgefunden hat." Wie beinahe zu erwarten, verfügt die Spielgeschichte auch im Rahmen der Gedächtnisleistung über einen eher geringen Stellenwert. Die Erinnerung an die Geschichte oder an Elemente der Geschichte ist lediglich bei zwei Versuchspersonen vorhanden: VP 15: "Die Story natürlich, [...] Teile aus der Geschichte oder einfach faszinierende Sachen. [...]" 5 Genauere Informationen zum Bereich der motivationalen Aspekte der Inhalte s. auch Punkt 15.5 Motivationale Aspekte der Inhalte. 38 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" VP 71: "Kann ich so direkt nicht sagen. Aber ich würde meinen, dass es die Grafik ist. Dann die Missionen und worum es in den Missionen geht. Dann, was für Einheiten mitspielen." Vielmehr verbleiben einzelne Elemente des Spielinhaltes sowie deren Einsatzmöglichkeiten, wie besondere Waffen und deren Stärke und Reichweite im Gedächtnis. Immerhin drei Versuchspersonen machen zu diesem Bereich entsprechende Angaben, u.a. VP 51: "Bestimmt irgendwelche Einheiten, die neu dazugekommen sind, die dann besondere Fähigkeiten haben oder einen besonders hohen Vernichtungsgrad. Es sind also eher einzelne Einheiten, vielleicht ein paar Tricks, die man herausgefunden hat." Einzig VP 51 macht Angaben zur Bedeutung der Einheiten, wenngleich die Wahlmöglichkeiten zwischen den diversen Truppen und Truppenteilen mit ihren je spezifischen Eigenschaften als ein wesentlicher Motivationsfaktor von den Spielern benannt wurde. Scheinbar verfügen diese einzelnen Spielelemente über keine, das Spiel überdauernde Relevanz. Inwiefern bleibt die Präsentation im Gedächtnis? Dazu gibt es Aussagen von vier der insgesamt zehn Befragten. Von den anderen Versuchspersonen liegen leider nur allgemeine Aussagen zu der Bedeutung der Grafik vor. Drei der vier Interviewpartner berichten, dass die realitätsgetreue Grafik sie derart beeindruckt hat, dass diese nach der Beendigung von “Sudden Strike” erinnert wird. Dem Sound hingegen wir eine eher untergeordnete Rolle beigemessen, wie dies VP 71 verdeutlicht: "Kann ich so direkt nicht sagen. Aber ich würde meinen, dass es die Grafik ist. [...] Der Sound ist auch wichtig, aber ich erinnere mich nicht so direkt daran." Wie zu erwarten, lösen besonders schwere, kaum lösbare Kampagnen bei vielen Spielern Frust und negative Erinnerungen bzw. deren Lösung besonders positive Gedanken aus. Insgesamt sechs Interviewpartner berichten, dass derartige Reaktionen auf Erfolg oder Misserfolg sehr lange im Gedächtnis bleiben. Einige Beispiele aus den Interviews: VP 71: "Das war bei “Sudden Strike” die Mission Stalingrad. Das war die, an der ich so lange dran gesessen habe. Die ist mir nicht aus dem Kopf gegangen und bleibt mir auch noch lange in Erinnerung." VP 72: "[...] Man freut sich schon, wenn man eine Mission schafft für die man lange gebraucht hat. Und an solche Sachen erinnert man sich auch später noch." Eine Versuchsperson erinnert sich und reflektiert zugleich ihr Spielverhalten: 39 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" VP 74: "Ich denke dann darüber nach, was ich richtig und falsch gemacht habe, um beim nächsten Mal besser agieren zu können. Bei den Sportspielen erinnere ich mich lieber an die Sequenzen, die ich richtig entschieden habe, als an die Glücksmomente." Äußere Umstände des Spielens scheinen nur sehr selten in Erinnerung zu bleiben. Lediglich eine Versuchsperson berichtet, dass sie sich bei Computerspielen, also auch bei “Sudden Strike”, an die Zeit erinnern kann, in welcher sie ein Spiel gespielt hat. Insgesamt wird erkennbar, dass vor allem Erfolge oder Misserfolge im Gedächtnis der Interviewpartner bleiben. Andere Elemente des Spiels, wie die Spielgeschichte, die geforderten Handlungsmuster oder einzelne Truppen etc. werden eher selten genannt. Zum Teil hat sich dies in den Punkten 15.4 und 15.9 der Auswertung, der generellen bzw. temporären Bedeutung der genannten Elemente bereits herausgestellt. Zusammenfassung Gerade solche Spiele wie “Sudden Strike”, in denen Gewalt in einen historischen Sachverhalt eingebettet ist, schüren die Bedenken der Bevölkerung. Es besteht die Sorge, dass die Inhalte solcher Spiele negative Wirkungen auf Kinder oder Jugendliche haben könnten und Auswirkungen auf Bewusstsein, Werthaltungen und Verhalten nach sich ziehen. Insofern stellt sich die Frage, ob entsprechende Hinweise in den geführten Interviews zu finden sind. Es wurde deutlich, dass die Spieler insbesondere der Thematik des Computerspiels sowie den einzelnen Elementen des Spielinhaltes (einzelne Truppen, einzelne Spielobjekte) eine besondere Bedeutung zukommen lassen. Dieses Interesse spiegelt sich nicht selten in anderen Lebensbereichen der Interviewten wieder. Sie beschäftigen sich in ihrer Freizeit mit Büchern oder rezipieren entsprechende Filme. Gleichwohl scheint die Thematik keinen erheblichen Motivationsfaktor darzustellen, was möglicherweise damit zusammenhängt, dass sich die Storyline nicht vordergründig durch das gesamte Spiel zieht. Im Vordergrund stehen, hinsichtlich einer motivierenden Wirkung, vielmehr die an den Spieler gestellten Handlungsanforderungen, einzelne Elemente des Spiels oder die Präsentation. Taktisches Geschick sowie komplexes Denken werden von dem Spieler im hohen Maße gefordert. Eben dies scheint die Interviewpartner besonders anzusprechen, so dass den Handlungsanforderungen eine große Bedeutung zukommt. 40 Inhaltsanalyse und Auswertung der Befragung des Spiels "Sudden Strike" Diese Tendenz zeigt sich gleichsam im Rahmen der temporären Aspekte der Inhalte. Zwar kann die Thematik "Zweiter Weltkrieg" zu Beginn des Spiels noch einen bestimmten Einstiegsreiz besitzen, sie verliert jedoch im weiteren Verlauf des Spiels gleichwohl zunehmend an Relevanz. Wesentlich bedeutsamer während des Spielprozesses sind erneut die Handlungsanforderungen zur Lösung der einzelnen Missionen des Spiels. Präsentation, Sound etc. verlieren dagegen an Bedeutung. Hervorgehoben wird in diesem Zusammenhang stets die Relevanz des Realitätsaspektes. Die Interviewpartner bewerten die Anlehnung an reale Gegebenheiten als sehr positiv, wenngleich kein Befragter erwähnt, dass es ihm z.B. Freude bereitet, den Krieg im Spiel möglichst real erleben zu können. Gefühle bleiben von den Interviewpartnern im Rahmen des Spiels unerwähnt. Sie können mit dem Spiel keine Erinnerungen an reale Begebenheiten verbinden, negative Gefühlsregungen kommen kaum auf und es entsteht darüber hinaus auch keine empathische Verbindung zu den Truppen im Spiel. Für die Sorge jedoch, dass die Spieler abstumpfen und möglicherweise Virtuelles von der Realität nicht mehr unterscheiden können, findet sich in den Interviews kein Beleg. Die Befragten verfügen über keine moralische Bedenken, da sie sich jederzeit bewusst darüber sind, in einem Spiel zu agieren. Ferner wird in dem Spiel selten eine "Message" erkannt, die eine tiefere Bedeutung im Hinblick auf Veränderung der Wertorientierung in der realen Welt erlangen könnte. Erkannte Wertorientierungen beziehen sich einzig auf den taktischen Bereich von “Sudden Strike”. Spieler entnehmen einem Spiel beispielsweise, dass es klüger wäre, im Vorfeld über mögliche Konsequenzen nachzudenken und nicht, dass möglicherweise das “bessere Volk” gewinnt. 41