16/3850 - Niedersächsischer Landtag
Transcription
16/3850 - Niedersächsischer Landtag
Niedersächsischer Landtag − 16. Wahlperiode Drucksache 16/3850 Kleine Anfrage mit Antwort Wortlaut der Kleinen Anfrage des Abgeordneten Christian Meyer (GRÜNE), eingegangen am 16.06.2011 Atomarer Katastrophenschutz im Landkreis Holzminden unzureichend? Laut Aussage eines ehemaligen Ortsbrandmeisters der Ortsfeuerwehr Hehlen wurde im Jahr 2004 das alte Strahlenspür- und Messfahrzeug des Landkreises Holzminden von 1984 durch einen neuen Messwagen abgelöst, wobei jedoch das vorher vorhandene Kontaminationsnachweisgerät nicht ersetzt wurde. Dies sei sehr verwunderlich, da mit diesen Geräten Personal und Material auf Kontamination überprüft werden, bevor der Gefahrenbereich verlassen werden darf. Auch ein im alten Messwagen vorhandener Aerosolsammler sei nicht wieder eingebaut worden. Weiterhin liege der Feuerwehr der aktuell gültige Anschlussplan für Katastrophenschutz mit Sonderschutzplan für das Atomkraftwerk Grohnde nicht vor. Bei atomaren Katastrophen oder Unfällen kommt den örtlichen Feuerwehren eine große Bedeutung zu. Ihre gute Ausstattung ist eine der Voraussetzungen dafür, dass sie ihre Aufgaben erfüllen können. Ich frage die Landesregierung: 1. Aus welchen Gründen gibt es im derzeitigen Strahlenspür- und Messfahrzeug des Landkreises Holzminden kein Kontaminationsnachweisgerät mehr, und warum wurde auf den Einbau eines Aerosolsammlers verzichtet? 2. Auf welcher Rechtsgrundlage wird die Ausstattung von Strahlenspür- und Messfahrzeugen in Niedersachsen festgelegt? 3. Wer ist - neben den Landkreisen - zuständig und verantwortlich für die ausreichende Ausrüstung der Feuerwehr? 4. Hält die Landesregierung die Ausstattung und damit den Einsatzwert des Strahlenspür- und Messfahrzeugs des Landkreises Holzminden für ausreichend? Wenn nein, welche Maßnahmen wird sie ergreifen? 5. Wie sind die Feuerwehren im 30-km-Umkreis um das Atomkraftwerk Grohnde materiell ausgestattet (persönliche Schutzausrüstung und Messgeräte)? 6. Ist der Landesregierung bekannt, dass der gültige Anschlussplan für Katastrophenschutz mit Sonderschutzplan für das AKW Grohnde der Feuerwehr im Landkreis Holzminden nicht vorliegt? 7. Wie beurteilt die Landesregierung das Fehlen des Anschlussplans? Was wird sie unternehmen oder hat sie bereits unternommen (bitte mit Datum), um dem abzuhelfen? 8. Sind der Landesregierung Missstände dieser oder vergleichbarer Art auch für die Umgebung anderer niedersächsischer oder landesgrenznaher Atomanlagen bekannt? Wenn ja, welche? (An die Staatskanzlei übersandt am 21.07.2011 - II/721 - 993) 1 Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/3850 Antwort der Landesregierung Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport - B21 – 14602 - Hannover, den 29.07.2011 Das kreiseigene Strahlenspür- u. Messfahrzeug mit dem Kennzeichen HOL-HG 4 wurde der Freiwilligen Feuerwehr Hehlen vom Landkreis Holzminden im Jahre 2004 als Ersatz für das ausgesonderte Vorgängerfahrzeug zur Verfügung gestellt. Dieses wird als kreiseigene Einheit (Strahlenspürund Messtrupp) parallel zum ABC-Zug eingesetzt, um die Strahlenbelastung im Nahbereich von kerntechnischen Anlagen an vorgegebenen Messpunkten zu messen. Seitens des Strahlenspür- u. Messtrupps wurde im März 2011 der Defekt des Kontaminationsnachweisgerätes gemeldet und der Austausch beantragt. Der Landkreis Holzminden hat der Freiwilligen Feuerwehr Hehlen im April 2011 die Zuweisung eines kreiseigenen Gerätes vom ABC-Zug Holzminden nach einer entsprechenden Funktionsprüfung zugesagt. Eine entsprechende Übergabe wird zeitnah erfolgen. Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Kleine Anfrage namens der Landesregierung wie folgt: Zu 1 und 2: Weder in Niedersachsen noch auf Bundesebene gibt es rechtsverbindliche Vorgaben für die Beschaffung und Ausstattung von Strahlenspür- und Messfahrzeugen. Wie die Fahrzeuge des ABCSchutzes auszustatten sind, liegt im Ermessen der jeweils zuständigen Kommune. Als Anhaltspunkt für kommunal beschaffte ABC-Fahrzeuge können die Ausstattungsliste des Bundes für den bundeseigenen ABC-Erkundungskraftwagen hinzugezogen werden sowie die Empfehlungen des NLWKN, das in Hildesheim das Radiologische Lagezentrum betreibt, eingeholt werden. Bei der neuesten Fahrzeuggeneration des ABC-Erkundungskraftwagens des Bundes mit seinem leistungsfähigen radiologischen Messsystem gehört der Aerosolsammler nicht zur Ausstattung. Zu 3: Für die Ausrüstung der Feuerwehren sind die Gemeinden zuständig (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 Niedersächsisches Brandschutzgesetz - NBrandschG -). Zu 4: Die Gemeinden und Landkreise entscheiden in eigener Zuständigkeit über die Ausstattung, Ausrüstung und Unterhaltung ihrer Feuerwehren. Aus dieser Verantwortung heraus hat der Landkreis Holzminden seinerzeit entschieden, neben der vom Bund bereitgestellten Ausstattung das Strahlenspür- und Messfahrzeug mit dem Kennzeichen HOL-HG 4 zu beschaffen und in Hehlen zu stationieren. Die Regierungsbrandmeister beraten die Landkreise und Gemeinden u. a. hinsichtlich der Beschaffung von Feuerwehrfahrzeugen und feuerwehrtechnischem Gerät. Darüber hinaus steht im Landkreis Holzminden ein ABC-Erkundungskraftwagen des Bundes bereit. Zu 5: Die Feuerwehren der Landkreise Holzminden und Hameln-Pyrmont sind nach der FeuerwehrVO ausgestattet. Ergänzungen der vorgesehenen Mindestausstattung werden anhand einer örtlichen Gefahrenanalyse bzw. eines Brandschutzbedarfsplanes beschafft. So verfügt die Feuerwehr Hameln zusätzlich über Kontaminationsschutzanzüge und Strahlenmessgeräte. Die Landkreise Hameln-Pyrmont und Holzminden halten überörtliche Einheiten (ABC-Zug LK Holzminden bzw. ABC-Zug der Feuerwehrbereitschaft KatS LK Hameln-Pyrmont) zur Gefahrenabwehr für den ABC-Bereich vor. Diese verfügen über die gem. Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 vorgesehene Ausrüstung auch für den Einsatz bei atomaren Lagen. In die Einheiten eingebunden sind die vom Bund bereitgestellten ABC-Erkundungskraftwagen bzw. Dekontaminationslastkraftwagen. 2 Niedersächsischer Landtag – 16. Wahlperiode Drucksache 16/3850 Zu 6 und 7: Der Katastrophenschutzplan des Landkreises Holzminden und der Anschlussplan für das KKW Grohnde liegen vor und sind auch der Verwaltung der Samtgemeinde Bodenwerder-Polle bekannt. Der Anschlussplan für das KKW Grohnde wird regelmäßig überprüft und aktualisiert. Die aktualisierten Fassungen wurden zuletzt im März 2010 der Polizeidirektion Göttingen und der im Planungsbereich gelegenen Samtgemeinde Bodenwerder-Polle als Träger der Feuerwehr zur Kenntnisnahme übersandt. Das gleiche Verfahren ist auch für 2011 vorgesehen. Zu 8: Nein. In Vertretung Dr. Sandra von Klaeden (Ausgegeben am 04.08.2011) 3