Mißbrauch im Chat - Zur Online
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Mißbrauch im Chat - Zur Online
Prävention vor Missbrauch im Chat Bericht über ein Projekt der Beratungsstelle Mittelstraße Dr. Britta Schmitz Seite 2 Inhaltsverzeichnis Projektidee und Zielsetzung S. 3 Einführung ins Thema Chatten und Missbrauch im Chat S. 3 Phasen der Projektdurchführung S. 5 Information der Lehrer(innen) und Zusammenarbeit mit Schulen S. 6 Informationssammlung über die Chat-Erfahrung von Schüler(innen) S. 7 Unterrichtseinheiten zum Thema „Gefahren im Chat“ S.12 Information der Eltern S. 13 Informationsmaterialien S. 13 Besonderheiten der Schulformen S. 14 Vernetzung der Schulen untereinander S. 15 Außerschulische Veranstaltungen S. 16 Fazit und Ausblick S. 16 Literatur, Organisationen, Links S. 18 Anhang mit Materialien S. 20 Inhaltsverzeichnis S. 21 Einführung ins Thema S. 22 Konzept Doppelstunde mit Live-Chat S. 38 Klassenlehrer(innen)stunde mit Live-Chat S. 40 Workshop über 4 Schulstunden mit Live-Chat S. 42 Unterrichtseinheit für Politikunterricht S. 45 Vorschlag für die Durchführung eines Workshops für Eltern S. 46 Fragebogen für Schüler zum Chatten S. 56 Seite 3 Projektidee und Zielsetzung Als Mitarbeiter der Beratungsstelle Mittelstraße Mitte des Jahres 2002 zum ersten Mal auf das Thema „sexueller Missbrauch im Chat“ aufmerksam wurden, fiel sehr schnell die eklatante Diskrepanz zwischen den Aktivitäten der Kinder und Jugendlichen im Chat und dem geringen Informationsstand der Erwachsenen auf. Bei näherem Hinsehen wurde aber auch deutlich, dass sich die Jugendlichen gut im technischen Bereich auskannten, jedoch nur sehr wenig über die Gefahren im Chat kannten. Aufgrund dieser Erfahrungen stellte die Beratungsstelle Mittelstraße im Oktober einen Antrag auf Unterstützung des Projektes „Prävention vor Missbrauch von Kindern und Jugendlichen im Chat“ beim Verein „Wir helfen“ vom Verlag M. DuMont Schauberg. Innerhalb des Projektes sollten Schulen als Multiplikatoren genutzt werden, um möglichst viele Fachleute, Eltern und Kinder bzw. Jugendliche zu erreichen. Zielsetzung des Projekts war die Integration des Themas „Prävention vor Missbrauch im Chat“ in den Schulalltag weiterführender Schulen in den Jahrgangstufen 5 – 7 (Sonderschulen bis Gymnasium). Ins Projekt einbezogen werden sollten alle weiterführenden Schulen im kommunalen Einzugsgebiet der Beratungsstelle Mittelstraße in Kerpen-Horrem. Insgesamt handelte es sich dabei um acht einzelne Schulen aus dem Stadtgebiet Kerpen: ein Gymnasium zwei Realschulen zwei Hauptschulen eine Gesamtschule eine Schule für Lernbehinderung eine Schule für Erziehungshilfe. Da man bei den acht Schulen von sehr unterschiedlichen Organisationsstrukturen und Gestaltungen des Schulalltags ausgehen musste, wurde eine individuelle Zusammenarbeit mit jeder einzelnen Schule der Erwicklung eines „allgemeingültigen“ Konzepts vorgezogen. Einführung in das Thema Chatten und Missbrauch im Chat Anders als Internetseiten zu bestimmten Themen kann man Chaträume nicht in prinzipiell gefährlich oder ungefährlich einteilen. Ob für Jugendliche in einem Chatraum Gefahren lauern, ist immer von den anderen gerade anwesenden Chattern und ihren Absichten abhängig. Im Chat können Jugendliche Erwachsene treffen, die mit den Jugendlichen über Texte und auch Bilder Cybersex haben wollen oder Jugendliche in realen Treffen sexuell missbrauchen. Formen des sexuellen Missbrauchs im Chat sind: genaue Fragen nach der körperlichen Reife Aufforderung zu sexuellen Handlungen vor dem Computer Aufforderung sich bei sexuellen Handlungen mit einer Webcam zu filmen Schilderung von sexuellen Handlungen, die der Chatpartner gerade selbst durchführt. Ein Schutz ist nur möglich, indem die Jugendlichen gut informiert sind, sich selbst eigene Grenzen setzen und bewusst Chaträume und Chatpartner auswählen. Ein für die Gefahren im Chat wichtiges Merkmal der Chat-Kommunikation ist die Anonymität, die in Kombination mit einer sehr direkten Intimität auftreten kann. Im Chat gilt: „Nichts ist unmöglich“. Hinter Anonymität und Pseudoanonymität kann man alle Spuren verwischen und sich voll und ganz in eine virtuelle Scheinwelt begeben. Das ist Seite 4 nicht nur für Jugendliche, sondern auch für Erwachsene mit abnormen sexuellen Bedürfnissen ein besonderer Kick. Der Chat zeichnet sich durch verschiedene Merkmale aus, die ihn für das Ausleben erotischer und sexueller Bedürfnisse sehr interessant macht: Im Chat herrscht eine große Risikolosigkeit. In den seltensten Fällen kann jemand zur Verantwortung gezogen werden. Im Chat ist ein schneller Rollenwechsel möglich, da man sich nur über einen ausgedachten Nickname zu erkennen gibt, den man auch schnell wieder wechseln kann. Die Sprache im Chat ist oft sehr direkt und konkret. Hier kann man schnell zum Thema Sex und Erotik kommen und eine lange Kennenlernphase überspringen. Im Chat treffen Erwachsene mit abnormen sexuellen Bedürfnissen immer wieder auf Gleichgesinnte. Das lässt die Hemmschwelle sinken und diese Erwachsenen bekommen den Eindruck, dass sie mit ihren Bedürfnissen gar nicht so allein da stehen. Viele Erwachsene unterschätzen den Sog, der für Jugendliche – und letztendlich auch für Erwachsene – im Chat entstehen kann. Das Chatten wird von Jugendlichen gern genutzt, um sich im Gespräch mit dem anderen Geschlecht auszuprobieren. „Im Chat frage ich schon mal ein Mädchen nach der Körbchengröße“, sagte ein Jugendlicher im Rahmen des Projekts in einem Klassengespräch. So wie ihm geht es vielen anderen auch, die einen ersten Flirt im Chat suchen und ausprobieren, was beim anderen gut ankommt. Diese Jugendlichen stoßen mit ihren Interessen und Bedürfnissen teilweise auf Erwachsene, die nicht nur einen Flirt, sondern sehr direkten bis brutalen Sex suchen. Dabei muss es gar nicht zu Treffen zwischen diesen Erwachsenen und den Jugendlichen im „wirklichen Leben“ kommen. Bilder, die durch Worte oder auch durch den Gebrauch von Photos oder einem Live-Video per Webcam an die Jugendlichen heran getragen werden, können Jugendliche zutiefst erschrecken und belasten. „Ich habe etwas Schlimmes erlebt, darüber möchte ich aber nicht sprechen“ war ein Satz, der häufiger in Klassengesprächen zu hören war. Jugendlichen fällt es teilweise schwer, ihre eigene Grenze in solchen Situationen zu finden. Sie machen sich keine Vorstellung davon, was auf sie zukommen kann, wenn sie sich auf eine Kommunikation einlassen. Andererseits ist für sie der Chatpartner so real wie im Alltagsleben. Sie möchten diese Person nicht vor den Kopf stoßen oder beleidigen und scheuen sich, ihre Grenzen deutlich zu machen. Der schlichte Rat von Eltern „dann mach doch den Computer einfach aus“ kann hier nicht greifen. Erwachsene Täter, die ihre abnormen sexuellen Bedürfnisse ausleben wollen, machen sich diese Umstände zu nutze. Sie machen keinen Hehl aus ihren sexuellen Bedürfnissen. Stattdessen „verkaufen“ sie den Jugendlichen diese Bedürfnisse als etwas ganz Normales, was man heute so macht. Sie schmeicheln den Jugendlichen, indem sie den Altersunterschied benennen aber für unbedeutend erklären und die Jugendlichen mit Komplimenten überschütten. Nicht alle Täter legen es auf ein Treffen mit den Jugendlichen an. Manchen reicht es sich mit den Jugendlichen auf der Ebene des „Cybersex“ zu bewegen. Jugendliche fühlen sich hier häufig viel zu sicher in der Einschätzung ihres Chat-Partners. Sie machen sich während der Chatkommunikation ein Bild von dem anderen und verwechseln dann dieses Bild mit der Realität. Ausführliche Informationen zum Thema „Chatten“ und „Gefahren im Chat“ sind im Anhang zu finden. Seite 5 Phasen der Projektdurchführung Einführung ins Thema durch Literaturstudium und Chat-Experten In einer ersten Phase ging es um eine intensive Auseinandersetzung mit dem Thema Chatten und Missbrauch im Chat. Während es zum Thema Chatten allgemein ein recht umfangreiches Repertoire an Literatur zu finden gab, tauchte das Thema „Missbrauch im Chat“ fast gar nicht auf. Dieser Umstand hat sich von 2003 bis 2005 gravierend verändert. Jetzt gibt es immer mehr Personen und Organisationen, die sich mit dem Thema Missbrauch auseinandersetzen und dazu veröffentlichen. Zur ersten Projektphase gehörte auch, dass wir jugendliche Chatter als Experten nutzten, die uns ihre Chat-Erfahrungen und verschiedene Chaträume vorstellten. Auf diese Weise war es möglich, einen schnellen und effektiven Einstieg ins Chatten zu finden. Dieser Weg über die Jugendlichen als Chat-Experten ist Lehrer(innen) und Eltern sehr zu empfehlen. Kontaktaufnahme mit den Schulen Kontakt zu den Schulen wurde über die Schulleitung aufgenommen. Fast alle Schulen zeigten sich an dem Projekt grundsätzlich interessiert - trotz der häufig genannten Sorge, dass die Lehrerkollegien überlastet seien und sich vielleicht nicht auch noch auf dieses Thema einlassen könnten. In den meisten Schulen war der zweite Schritt eine persönliche Information interessierter Lehrer oder das Vorstellen des Themas in einer Lehrerkonferenz. Danach lief die Zusammenarbeit mit den Schulen sehr individuell und unterschiedlich ab (vgl. Abschnitt „Information der Lehrer(innen) und Zusammenarbeit mit Schulen“ und „Besonderheiten der Schulformen“). Konzertierte Aktionen und Kontinuität In der Komplexität des Schulalltags und durch die vielfältigen Aufgaben, die Lehrer und Lehrerinnen heute zu bewältigen haben, drohte das Thema „Missbrauch im Chat“ bei manchen Schulen immer wieder in Vergessenheit zu geraten. Die Beratungsstelle sah es im Rahmen des Projekts als eine ihrer Aufgaben an, Kontinuität herzustellen und das Interesse an dem Thema zu wecken. Daher wurden während der Projektlaufzeit neben der individuellen Zusammenarbeit immer wieder Aktionen überlegt, die allen Schulen angeboten wurden. Zu diesen Aktivitäten gehörten: eine Fragebogenuntersuchung die Vorstellung der schulspezifischen Auswertung dieser Fragebogenuntersuchung im Lehrerkollegium Treffen aller Schulen zum Erfahrungsaustausch. Diese Angebote wurden von allen Schulen mit Interesse angenommen. Streckenweise konnten über die Aktionen weitere interessierte Lehrer und Lehrerinnen für das Thema gewonnen werden. Seite 6 Information der Lehrer(innen) und Zusammenarbeit mit Schulen Lehrerkonferenzen Lehrerkonferenzen waren ein sehr häufiges Forum, in dem das Thema allen Lehrern und Lehrerinnen vorgestellt werden konnte. In einem etwa 20-minütigen Vortrag mit anschließender Diskussion konnte häufig ein erstes Interesse bei einigen Lehrer(innen) geweckt und konnten weitere Absprachen getroffen werden. Unterlagen zu dieser Lehrerinformation finden interessierte Leser in Form einer Power-PointPräsentation auf der CD. Sozialarbeiter(innen) und Stufenleitung In manchen Schulen konnten die Kontakte zu zuständigen oder interessierten Lehrer(innen) über Sozialarbeiter(innen) oder über die Stufenleitung hergestellt werden. Dieser Weg hatte häufig den Vorteil, dass sich eine Person für das Thema verantwortlich fühlte und nicht das gesamte Lehrerkollegium in grundlegende, organisatorische Überlegungen einbezogen werden musste. Lehrerfortbildungen Eine ausführliche Information im Rahmen einer ca. zweistündigen Fortbildung teilweise auch mit einer Live-Demonstration eines Chats, wurde an manchen Schulen für interessierte Personen aus den Lehrerkollegien durchgeführt. Solche Veranstaltungen hatten den Vorteil, dass man sich ohne großen Zeitdruck dem Thema widmen und ausführlicher diskutieren und planen konnte. Ergebnisse der Zusammenarbeit mit Lehrer(innen) Aus der Zusammenarbeit mit den am Thema interessierten Lehrerinnen und Lehrern sind verschiedene Produkte entstanden. Die Zusammenarbeit gestaltete sich meist so, dass verschiedene Arbeitstreffen stattfanden, in denen Unterrichtseinheiten geplant wurden, diese Einheiten durchgeführt und teilweise später ausgewertet wurden. Eine ausführliche Darstellung der Unterrichtseinheiten für Schüler und Informationseinheiten für Eltern erfolgt in den entsprechenden Abschnitten. Materialien sind im Anhang und auf der CD zu finden. Workshops: Es wurde ein 4-stündiger Workshop für die 7. Klasse vorbereitet und durchgeführt. Unterrichtseinheit: Für die 6. Klasse wurde eine 2-stündige Unterrichtseinheit vorbereitet und durchgeführt. Unterrichtseinheit im Fachunterricht: Für den Politikunterricht wurde eine Unterrichtseinheit für eine 6. Klasse vorbereitet und durchgeführt. Klassenlehrerstunde: Die Gestaltung einer Klassenlehrerstunde zum Thema wurde vorbereitet und in einer 6. Klasse durchgeführt. Elternworkshop: Ein 4-stündiger Elternworkshop im Rahmen einer Elternpflegschaftsveranstaltung wurde vorbereitet und durchgeführt. Elternabende: wurden geplant und mehrfach für Eltern mit Kindern in der 5.-7. Klassen durchgeführt. Seite 7 Informationssammlung über die Chat-Erfahrung von Schülern und Schülerinnen Für die Entwicklung von Präventionsmaßnahmen war es unerlässlich zu erfahren, wie die Zielgruppe Schüler mit dem Medium Chat umgeht. Diese Informationen wurden über zwei Wege gesammelt: Klassengespräche Fragebogen zum Chatten. Im Folgenden werden Erfahrungen aus den Klassengesprächen und Ergebnisse aus dem Fragebogen zum Chatten berichtet. Der Fragebogen zum Chatten ist im Anhang zu finden. Klassengespräche Klassengespräche wurden in mehreren Klassen der Jahrgangsstufen 5-7 in verschiedenen Schulformen durchgeführt. Hier war nicht entscheidend, systematisch alle Schulformen und Klassenstufen zu erfassen. Vielmehr ging es darum, sich in ersten Gesprächen mit Schülern einen Eindruck über die Chat-Erfahrungen zu verschaffen. Die Klassengespräche liefen so ab, dass Frau Dr. Schmitz von der Beratungsstelle für eine Schulstunde in eine Klasse ging und mit den Schülerinnen und Schülern ein Gespräch über das Chatten führte. In den meisten Fällen waren die jeweiligen Fach- oder Klassenlehrer(innen) in dieser Zeit anwesend, beteiligten sich jedoch nicht am Gespräch. Mögliche Fragen in den Klassengesprächen Thema: Umgang mit dem PC und Erfahrungen mit dem Internet Wer hat einen Computer zu Hause? Was macht ihr so am Computer? Wer macht auch etwas anderes als schreiben oder spielen? Wer war schon mal im Internet? Was erlebt ihr im Internet? Mit wem sitzt ihr am Computer (allein oder mit Freunden oder den Eltern)? Wer hat euch gezeigt, wie man ins Internet geht? Thema: Chatten Habt ihr schon mal gechattet? Welche Erfahrungen habt ihr da gemacht? Wer kann mir mal erzählen, was er gern im Internet macht / in welche Chaträume er gern geht? Was ist das Spannende / Schöne am Chatten; was würde euch interessieren, wenn ihr es tätet? Was macht ihr so im Chat? Habt ihr schon mal an einen Chatter eure persönlichen Daten weitergegeben? Habt ihr schon mal jemanden über das Chatten kennen gelernt? Wisst ihr was Nettiquette oder Chattiquette ist? Thema: Schlechte Erfahrungen mit dem Chatten / Missbrauch im Chat Ist euch schon mal etwas im Chat passiert, was ihr nicht so toll oder sogar unangenehm fandet? Wisst ihr etwas über die Gefahren im Chat? Habt ihr eine Idee, warum Chatten nicht nur lustig, sondern auch gefährlich sein könnte? Seite 8 Kennt ihr jemanden, der schon mal schlechte Erfahrungen mit dem Chatten gemacht hat? Mit wem könnt ihr über Dinge sprechen, die ihr im Chat erlebt? Diese Fragen waren in erster Linie Anhaltspunkte für die Gestaltung der Klassengespräche. Im Vordergrund stand, dass sich ein lebendiges Gespräch mit den Schülern entwickelte, bei dem dann auch Themen in den Vordergrund rücken konnten, die die Schüler einbrachten. Ergebnisse der Klassengespräche Die Klassengespräche konnten einen ersten Aufschluss über die Chat-Erfahrungen der Schüler und Schülerinnen liefern: Schüler und Schülerinnen der 5. und 6. Klassen sind sehr interessiert am Thema und haben selbst Fragen (z. B. „Muss man im Chat jetzt die Wahrheit sagen oder nicht?“). Als Schutz vor Bedrohungen oder Belästigungen fällt den meisten Schülern (aller Klassenstufen) nur das Verlassen des Chatraums oder Ausschalten des Computers ein. Nur wenige kennen die Möglichkeit des Ignorierens innerhalb eines Chatraums oder des Beschwerens beim Anbieter. Chat-Erfahrung ist bei einigen bereits in der 5. Klasse vorhanden. In den 7. Klassen haben die meisten schon mal gechattet. Im Rahmen der Klasse unter Anwesenheit von Lehrern und einer fremden Person aus der Beratungsstelle sind nur wenige bereit, über schlechte Erfahrungen im Chat zu sprechen. Manche sagen offen, dass sie nicht darüber sprechen wollen, andere kichern nur viel sagend. Die Schüler und Schülerinnen chatten in sehr unterschiedlichen Chaträumen. Das Gespür dafür, wann im Chat die Privatsphäre verletzt wird, ist sehr unterschiedlich ausgeprägt. Einige geben freimütig nicht nur ihre eigenen Daten im Chat weiter, sondern auch noch die persönlichen Daten von Freunden. Andere beschweren sich und sind betroffen darüber, dass andere z.B. Photos von ihnen über den Chat oder über eine Homepage veröffentlicht – ohne sie vorher zu fragen. Insgesamt herrscht eher Unsicherheit darüber, wo das freimütige Weitergeben von Informationen in Ordnung ist und wo die Privatsphäre anfängt. Erfahrungen aus den Klassengesprächen Es war in den 5. und 6. Klassen der verschiedenen Schulformen recht leicht, mit den Schülern und Schülerinnen ins Gespräch zu kommen. Sie stiegen schnell in das Thema ein – egal ob sie schon Chat-Erfahrung hatten oder nicht. In den 7. Klassen gestaltete sich die Gesprächsführung wesentlich schwieriger. Die Schüler waren nicht mehr so offen, beantworteten Fragen eher lustlos. Fragen zu schlechten Erfahrungen im Chat wurden seltener beantwortet, wobei man jedoch den Eindruck gewinnen konnte, dass einige Schüler durchaus schlechte Erfahrungen gemacht hatten, aber nicht darüber sprechen wollten. Andere konnten offen sagen, dass sie darüber nicht sprechen möchten. Seite 9 Fragebogenuntersuchung In der Fragebogenuntersuchung sollten die ersten Eindrücke aus den Klassengesprächen erweitert und vertieft werden. Die Fragebogenuntersuchung wurde in allen acht Schulen in je einer 5., 6., und 7. Klasse durchgeführt. Dabei wurde darauf geachtet, dass Klassen ausgewählt wurden, die nicht an den Klassengesprächen teilgenommen hatten. In der Schule für Lernbehinderung wurden höhere Klassen ausgewählt, da in den 5. und 6. Klassen viele Schüler(innen) noch nicht gut genug lesen und schreiben konnten, um zu chatten. Insgesamt nahmen 528 Schüler an der Untersuchung teil. Zielsetzung der Fragebogenuntersuchung Mit Hilfe der Fragebogenerhebung sollte die Zielgruppe (Schüler der 5.-7. Klassen verschiedener Schulformen) genauer beschrieben werden können im Hinblick auf: ihre Chat-Erfahrung ihre Einstellung zum Chatten ihren Umgang mit dem Medium (z. B. Weitergabe persönlicher Daten; Treffen mit Chatbekanntschaften im realen Leben, etc.) Angst und Unwohlsein durch negative Erfahrungen beim Chatten. Die Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung sollten zu einer fundierten Planung von Präventionsmaßnahmen beitragen. Aufbau des Fragebogens Der Fragebogen wurde bewusst kurz gehalten (eine DIN A 4 Vor- und Rückseite), damit er problemlos zu Beginn oder am Ende einer Unterrichtsstunde ausgefüllt werden konnte. Es wurden keine Namen erfragt, um den Schülern zu signalisieren, dass es nicht um sie persönlich geht, und um ihnen eine ehrliche Antwort auch auf heikle Fragen zu erleichtern. Die Fragen der Erhebung bezogen sich auf folgende Bereiche: Häufigkeit des Chattens (Chat-Erfahrung) Faszination beim Chatten Negative Aspekte des Chattens Einstellung von Nicht-Chattern zum Chatten Chatten mit Fremden Weitergabe von Daten (persönliche und Daten andere) an fremde Chatter Treffen mit fremden Chattern (Chatbekanntschaften) Angst und Unwohlsein durch negative Erfahrungen beim Chatten Vertrauenspersonen als Ansprechpartner bei negativen Erfahrungen. Ein Exemplar des Fragebogens ist auf der CD zu finden. Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung Der Fragebogen wurde in erster Linie deskriptiv ausgewertet. An dieser Stelle werden Ergebnisse dargestellt, die nahezu für alle Schulen gelten, da sich über alle Fragen hinweg keine signifikanten Unterschiede zwischen den Schulen finden ließen. Seite 10 Chat-Erfahrung Die Chat-Erfahrung nimmt von der 5. bis zur 7. Klasse rapide zu. Während in der 5. Klasse die meisten Schüler und Schülerinnen noch keine Chat-Erfahrung haben, gibt es in den 7. Klassen nur noch wenige Nicht-Chatter. Der Anteil der Viel-Chatter (die auf einer Skala von 0-6 (0= nie und 6= sehr häufig) die Kategorien 5 oder 6 angekreuzt haben) nimmt dagegen nicht zu und bleibt relativ gering. Faszination beim Chatten Hier wurde eine offene Frage gestellt, auf die die Schüler(innen) frei antworten konnten. Die Antworten wurden anschließend kategorisiert. Das Ergebnis zeigt, dass Schüler(innen) am häufigsten chatten, um im Chat neue Leute kennen zu lernen oder ihre Freunde zu treffen (chatten statt telefonieren). Häufig dient das Chatten bei den befragten Schüler(innen) auch zum Spaß und Zeitvertreib, zum Flirten in der Anonymität, weil niemand sie im Chat kennt und sie ihre wahre Identität verstecken können. Negative Aspekte des Chattens Hier wurden über alle Schulen hinweg am häufigsten Antworten gegeben, die man den Kategorien „Perversitäten“ und „Falschaussagen“ zuordnen kann. Schüler und Schülerinnen fühlen sich oft durch perverse Anmache, schweinische Wörter und sexuelle Angebote belästigt. Diese Kategorie wird von Mädchen deutlich häufiger benannt als von Jungen. Ebenso stört es viele, wenn sie das Gefühl haben, von Chattern belogen zu werden und es durch die Anonymität nicht überprüfen können. Bei manchen Fragebögen fällt auf, dass die selben Schüler oder Schülerinnen es toll finden, selbst im Chat anonym sein zu können und gleichzeitig blöd finden, dass sie im Chat nicht wissen, mit wem sie es zu tun haben. Einstellung von Nicht-Chattern zum Chatten Auf die Frage, warum Nicht-Chatter (Schüler(innen), die noch nie gechattet haben) nicht chatten, gibt es sehr unterschiedliche Antworten. Auch hier war die Frage offen gestellt, so dass die Schüler(innen) frei antworten konnten. Am häufigsten äußerten Nicht-Chatter im Fragebogen, sie hätten kein Interesse, fänden chatten blöd, hätten keinen Internetzugang und oder ein Verbot der Eltern. Daneben spielt bei den Nicht-Chattern auch die Anonymität eine Rolle. Sich mit Leuten im Chat zu unterhalten, die sie in den meisten Fällen nie richtig kennen lernen können, finden einige Nicht-Chatter überhaupt nicht attraktiv. Da gehen sie lieber an reale Ort, um neue Leute kennen zu lernen. Manche Nicht-Chatter äußerten auch die Befürchtung, dass Chatten gefährlich sein könnte, führten das aber nicht genauer aus. Weitergeben von Daten Wenn Daten weiter gegeben werden, dann ist es meist der eigene Vorname und /oder die Handynummer bzw. die e-Mailadresse. Häufig werden Daten auch in Kombination weiter gegeben (z.B. der eigene Vorname und die Handynummer oder der gesamte Name und die eMailadresse). Die eigenen Daten werden bereitwilliger im Chat veröffentlicht als Daten anderer Leute, wobei die Weitergabe fremder Daten auch immer wieder vorzukommen scheint. Hier werden in erster Linie Vornamen, z.B. von Freunden genannt, gelegentlich auch andere Daten darüber hinaus. Treffen mit Chat-Bekanntschaften Es gibt so gut wie keine Klasse, in der sich nicht mindestens ein Schüler oder eine Schülerin schon mal mit einer Chat-Bekanntschaft getroffen hat. Von den 528 Schülern und Seite 11 Schülerinnen haben sich 64 schon mal mit Menschen getroffen, die sie nur über den Chat kannten. Angst und Unwohlsein durch negative Erfahrungen im Chat Während die Frage, ob die Schüler(innen) schon mal Angst vor einem anderen Chatter gehabt hätten nur von einem recht geringen Prozentsatz der Stichprobe bejaht wurde, äußerten im Schnitt die Hälfte der Schüler und Schülerinnen, dass ihnen die Art, wie andere Chatter sie angesprochen haben, unangenehm war. Bei diesen Fragen ergab sich der einzige deutliche Geschlechtsunterschied: Mädchen sagen eher, dass sie durch die Art, wie sie von einem anderen Chatter angesprochen werden, unangenehm berührt sind. Vertrauenspersonen Relativ viele Schülerinnen und Schüler scheinen über ihre negativen Erlebnisse im Chat mit anderen zu sprechen. Nur sehr wenige geben an, dass sie mit niemandem sprechen. Während in den 5. Klassen noch sehr häufig die Eltern als Ansprechpartner genannt werden, sind es in den 6. und besonders 7. Klassen eher die Freundinnen und Freunde. Fazit der Fragebogenuntersuchung Die Chat-Erfahrung nimmt von der 5. bis zur 7. Klasse stetig zu. Die Sorge mancher Lehrkräfte und Eltern, dass man durch präventive Informationsveranstaltungen bei den Kindern und Jugendlichen schlafende Hunde wecken könnte, ist somit unbegründet. In den 7. Klassen haben auch ohne Informationsveranstaltungen fast alle Schülerinnen und Schüler schon mal gechattet. Die Meisten scheinen das Chatten auszuprobieren, sich aber nicht automatisch zu Viel-Chattern zu entwickeln. Der Anteil der Viel-Chatter bleibt über alle Klassenstufen hinweg relativ gering. Die meisten Schüler(innen) chatten, um Kontakte zu (Schul)freundinnen zu pflegen oder aber, um neue Leute kennen zu lernen. Der Anteil der Schüler(innen), die bereit sind, sich mit Chat-Bekanntschaften zu treffen, ist beängstigend groß. Ebenso hat der Anteil der Schüler(innen), die persönliche Daten oder Daten von anderen im Chat weitergeben eine Größe, über die man nicht einfach hinwegsehen sollte (siehe Abschnitt „Ableitungen“). Als negative Aspekte des Chattens werden häufig die Konfrontation mit Perversitäten und Falschaussagen anderer Chatter genannt. Diese beiden Punkte scheinen viele Schüler nicht nur zu stören, sondern auch zu belasten. Mädchen geben offener als Jungen an, dass sie davon betroffen sind. Aus dem Fragebogen lässt sich nicht schließen, dass Mädchen häufiger belästigt werden. Womöglich äußern Jungen diese Aspekte nicht so offen wie Mädchen. Erfreulich ist, dass die meisten Jungen und Mädchen über ihre negativen Erlebnisse im Chat mit anderen sprechen. Erwachsene haben besonders bei den 5. und 6. Klassen eine Chance, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Schüler(innen) der 7. Klassen ziehen häufig ein Gespräch mit Freunden und Freundinnen vor. Ableitungen aus den Fragebogenergebnissen für die Präventionsarbeit Um wirklich präventiv arbeiten zu können, sollten Informations- und Aufklärungsveranstaltungen für Schüler in der 5. Klasse, spätestens in der 6. Klasse ansetzen. Elterninformationen sollten so früh wie möglich stattfinden, da Eltern bei ihren jüngeren Kindern noch eher den Status einer Vertrauensperson für dieses Thema haben. Seite 12 Die Anzahl der Treffen mit Chat-Bekanntschaften und der Weitergabe von persönlichen Daten machen in besonderer Weise deutlich, dass Präventionsarbeit und Aufklärung über die Gefahren im Chat unerlässlich sind, da sich Schüler(innen) sonst einem nicht kalkulierbaren Risiko aussetzen. Bei der Präventionsarbeit sollte man berücksichtigen, dass Mädchen allem Anschein nach offener über negative Erlebnisse im Chat berichten als Jungen. Eventuell macht es Sinn, mit Mädchen und Jungen zumindest zeitweise getrennte Unterrichtseinheiten durchzuführen. Unterrichtseinheiten zum Thema „Gefahren im Chat“ Im Projekt wurden verschiedene Möglichkeiten entwickelt, das Thema „Gefahren im Chat“ in den Jahrgangsstufen 5-7 im Unterricht zu bearbeiten. Es zeigte sich, dass es nicht immer notwendig war, mit den Schüler(innen) auch in den Chat zu gehen. Ausführlichere Angaben zum Ablauf und Inhalt der Unterrichtseinheiten sind im Anhang zu finden. Hier werden kurz die Konzepte der Unterrichtseinheiten skizziert. Konzept für eine Doppelstunde Zu Beginn wurde besonders bei den Klassen 5 und 6 eine allgemeine Einführung zum Thema „Was ist eigentlich chatten?“ gegeben, da in diesen Klassen laut der Ergebnisse der Fragebogenuntersuchung noch viele Schülerinnen und Schüler sind, die noch nie gechattet haben. Im Rahmen dieser Einführung wurde ein Live-Chat angeboten – entweder als Demonstration oder aber indem die Schüler paarweise vor einem Rechner saßen und chatten. Anschließend an die Live-Demonstration folgte häufig ein Gespräch, in dem erste Erfahrungen und Eindrücke ausgetauscht werden konnten. Hier flossen durchaus auch Erfahrungen ein, die nicht in dieser Stunde über das Chatten gesammelt wurden. Das Gespräch wurde teilweise ergänzt durch eine Gruppenarbeit, in der sich wenige Schüler noch mal intensiver austauschen konnten und ihre Ergebnisse auf Metaplankärtchen festhalten konnten. In der zweiten Stunde der Doppelstunde wurde an die Erfahrungen angeknüpft. Hier wurde eine Überleitung zu Lösungsmöglichkeiten und Schutzmaßnahmen gesucht. Wenn sich im Klassengespräch zu wenige Beispiele für schlechte Erfahrungen fanden, konnten auch Beispiele aus der Literatur eingebracht werden. In den im Literaturverzeichnis aufgeführten Artikeln oder auch Broschüren sind solche Beispiele zu finden. Solche Beispiele für sexuelle Belästigung oder sexuellen Missbrauch im Chat kann man unterteilen in: Beschimpfung und Beleidigung im Chat Sexuelle Belästigung (z.B. im Separee) Kommunizieren sexueller Fantasien Aufforderung zu sexuellen Handlungen während des Chattens (auch bei laufender Webcam) Anfrage nach getragener Kinderunterwäsche Aufforderung zu Herausgabe persönlicher Daten und einem Treffen Das Sammeln von Lösungsmöglichkeiten konnte durch den Flyer und die Broschüre der Beratungsstelle unterstützt oder vervollständigt werden. Klassenlehrer(innen)stunde Hat eine Lehrerin oder ein Lehrer in seiner Klasse die Möglichkeit eine wöchentliche Klassenlehrer(innen)stunde einzurichten, so kann auch hier das Thema „Gefahren im Chat“ in einer Stunde aufgegriffen werden. Seite 13 Wegen der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit wurde keine Live-Demonstration eingeplant. Die Frage „was ist eigentlich chatten“ konnte im Gespräch zwischen erfahrenen Chattern und Nicht-Chattern geklärt werden. Unterstützend wurden Screenshots oder Beispieldialoge vorführt. Im Zentrum der Klassenlehrer(innen)stunde sollte der Erfahrungsaustausch mit der Suche nach Präventions- und Lösungsmöglichkeiten stehen. Diese eine Stunde kann aber auch als Ausgangspunkt genutzt werden, um in folgenden Klassenlehrer(innen)stunde das Thema nochmals kurz anzureißen oder Schülern die Möglichkeit zu geben, von sich aus später Chat-Erfahrungen zu thematisieren. Workshop über 4 Schulstunden Stand z.B. im Rahmen von Projekttagen sehr viel Zeit zur Verfügung, konnte man über die Punkte „was ist chatten“, Live-Demonstration, Erfahrungsaustausch und Suche nach Lösungen hinausgehen und konkretere Themen ansprechen wie z.B. die Suche nach geeigneten Nicknames, was sind Kriterien für gute Chaträume, technische Möglichkeiten sich zu schützen in den Chats, Internetseiten für Kinder und Jugendliche über das Chatten. Information der Eltern Zur Information der Eltern wurden im Rahmen des Projektes verschiedene Veranstaltungen angeboten und durchgeführt: Elternabende, Elternworkshops und eine Information der Elternpflegschaft. In diesem Abschnitt soll nur das Konzept des Elternworkshops ausführlich dargestellt werden. Die beiden anderen Varianten waren kurze Informationsveranstaltungen, zu denen es auf der CD noch Arbeitsmaterial in Form einer Power-Point-Präsentation gibt. Information der Elternpflegschaft Die Information der Elternpflegschaft besteht aus einem ca. 15-minütigen Vortrag über die Gefahren im Chat und einer anschließenden 5-minütigen Diskussionsphase. Ergänzend kann der Flyer verteilt werden. Elternabend Elternabende sind Informationseinheiten von 1,5 bis 2 Stunden. Hier ist sowohl für die Informationseinheit als auch für die Diskussionsphase mehr Raum. Wenn man möchte kann man hier auch einen Live-Chat durchführen. Eine Power-Point-Präsentation zum Konzept eines Elternabends ist auf der CD zu finden. Ausführlichere Hintergrundinformationen zu den Folien finden sich im nächsten Abschnitt zum Thema „Elternworkshop“. Elternworkshop Als Informationsmaterial für den Elternworkshop können hier genau wie beim Elternabend die Power-Point-Präsentation und als Ergänzung der Flyer verwendet werden. Ein Ablauf zu einem Elternworkshop ist im Anhang zu finden. Informationsmaterialien Neben Informationsmaterialien anderer Organisationen, die im Literaturverzeichnis aufgeführt sind, wurden innerhalb des Projekts von der Beratungsstelle Mittelstraße Materialien erstellt, die hier kurz beschrieben werden und auf der beiliegenden CD als Druckvorlage zu finden sind. Seite 14 Flyer zum Thema Prävention vor Missbrauch im Chat: Dieser Flyer ist eine kurze Information zu den Gefahren im Chat und richtet sich in erster Linie an Erwachsene. Der Flyer ist gut als ergänzendes Material für Elternabende einsetzbar.. Broschüre „Chatten: Anquatschen, anflüstern, anmachen – Klartext zum Thema sicheres Chatten“: Diese Broschüre ist in erster Linie für Kinder und Jugendliche gedacht und bietet sich ergänzend zu Unterrichtseinheiten an. Thema der Broschüre sind Möglichkeiten, wie Jugendliche sich schützen können, wenn sie chatten. Es gibt zwar keinen hundertprozentigen Schutz, aber es gibt verschiedene Regeln, durch deren Beachtung sich das Risiko verringern lässt. Hintergrundinformation zu den Themen Chatten und Gefahren im Chat: Ausführlichere Hintergrundinformationen sind im Anhang dieses Berichtes zu finden. Sie sind für Fachleute gedacht, die sich in das Thema einarbeiten möchten, um Informationen an Jugendliche und Erwachsene weiter zu geben. Besonderheiten der Schulformen Das Thema „Gefahren im Chat“ ist kein selbstverständliches Schulthema. Daher ist es um so wichtiger, die individuellen Möglichkeiten zu eruieren und zu nutzen, um das Thema im Schulalltag etablieren zu können. Die acht weiterführenden Schulen sind Systeme mit sehr unterschiedlichen Größenordnungen und Organisationsformen. Deswegen wurde im Rahmen des Projekts sehr bewusst von Anfang an individuell mit ihnen zusammen gearbeitet. So konnten die Besonderheiten der Schulsysteme berücksichtigt und für das Projekt genutzt werden. Besonderheiten der Organisationsformen In großen Systemen stellen sich sehr schnell Stufenleitungen als Ansprechpartner und Verantwortliche zur Verfügung. In manchen Schulen ist es üblich z.B. kurz vor den Sommerferien Projekttage anzubieten, bei denen den Schülern verschiedenste Themen in Form von Workshops angeboten werden. In diesem Rahmen kann das Thema „Gefahren im Chat“ etabliert werden. Gerade große Schulsysteme bieten regelmäßige Themenschwerpunkte an (z.B. Gewaltprävention oder Suchtprävention), bei denen auch mit externen Fachkräften zusammengearbeitet wird. Hier kann das Thema „Gefahren im Chat“ mit eingeflochten werden. Die Spielräume von Klassenlehrern sind unterschiedlich. Klassenlehrerstunden bieten Klassenlehrern die Möglichkeit einer freien Gestaltung. Hier können nicht nur Probleme im Klassenverband und organisatorische Dinge angesprochen werden sondern auch aktuelle Themen wie die Gefahren im Chat aufgegriffen werden. Die Organisation und Aktivität der Elternschaft in Form der Elternpflegschaft ist in den Schulen ebenfalls sehr unterschiedlich. An manchen Schulen ist es durchaus möglich, die Eltern direkt über die Elternpflegschaft anzusprechen. Manche Elternpflegschaften organisieren auch zusammen mit dem Lehrerkollegium Workshoptage für die Elternschaft der Schule, bei denen das Thema Chatten seinen Platz finden kann. Seite 15 Ansprechpartner innerhalb der Schulen Die Wege, um feste Ansprechpartner für ein Thema zu finden, die sich dann für das Thema verantwortlich fühlen, sind von Schule zu Schule sehr unterschiedlich. Unsere Erfahrung hat gezeigt, dass es in kleineren Systemen durchaus funktionieren kann, wenn ein von außen kommendes Thema an die Schulleitung gebunden bleibt. In manchen Systemen wird man sehr schnell an Stufenleiter verwiesen, und manchmal geht der Weg dann noch weiter zu interessierten Lehrerinnen oder Lehrern, die das Thema kontinuierlich aufgreifen und begleiten. An manchen Schulen entstehen Kontakte zu den jeweiligen Klassenlehre(innen) der 5.-7. Klassen. Diese Lehrer(innen) tragen dann das Thema direkt in ihre Klassen. Schulsozialarbeiter sind ebenfalls wichtige Anlaufstellen, die entweder das Thema in der Hand behalten oder aber beim Kontaktknüpfen zu interessierten Lehrer(innen) behilflich sind. Um das Thema „Gefahren im Chat“ kontinuierlich in einer Schule zu etablieren, ist es notwendig, Personen zu finden, die sich für das Thema verantwortlich fühlen und es auch über einen bestimmten Projektzeitraum hinaus begleiten. Dieser Vorgang gestaltet sich in den meisten Schulen nicht sehr einfach. Lehrerkollegien werden heute mit sehr unterschiedlichen und vielschichtigen Anforderungen konfrontiert. Da bleibt häufig wenig Zeit und Motivation, sich auch noch mit schulferneren Themen auseinander zu setzen. Ansprechpartner können daher Schulleitung, Stufenleiter, Klassenlehrer(innen), themeninteressierte Lehrer oder Schulsozialarbeiter sein. Besonderheiten auf Seiten der Schüler Zum einen durch die Erfahrung im Projekt an einer reinen Mädchenschule, zum anderen durch die Fragebogenuntersuchung fiel auf, dass Mädchen und Jungen anders mit dem Thema Belästigung im Chat umgehen. Offensichtlich finden offenere Gespräche darüber statt, wenn Mädchen unter sich sind, so dass Angebote zu geschlechtergetrennte Gesprächsmöglichkeiten sinnvoll erscheinen. In der Schule für Lernbehinderung wurden als Zielgruppe nicht die Klassen 5-7, sondern die Klassen 8-10 ausgewählt. Da lernbehinderte Schüler aus den jüngeren Jahrgangsstufen häufig noch nicht über ausreichende Leseund Rechtschreibkenntnisse verfügen, ist das Thema Chatten eher bei den Älteren verortet. Von daher bieten sich Aufklärungs- und Präventionsangebote eher in diesen Klassen an. In der Schule für Erziehungshilfe wurde besonders betont, dass man es hier vielleicht nicht nur mit potentiellen Opfern, sondern auch mit potentiellen Tätern zu tun haben könnte. Diese Überlegung wurde zwar besonders für die Schule für Erziehungshilfe benannt, gilt aber letztendlich auch für alle anderen Schulformen. Vernetzung der Schulen untereinander Vernetzung der Schulen untereinander bedeutet, dass sich die für das Thema „Gefahren im Chat“ verantwortlichen Personen der verschiedenen Schulen treffen und austauschen. Ein solches Treffen entstand aus dem eigenen Interesse von Lehrern und wurde innerhalb des Projekts in der Beratungsstelle Mittelstraße durchgeführt. In der Folge wurde fest gehalten, weitere Treffen in größeren Abständen stattfinden zu lassen, um die Kontinuität in der Auseinandersetzung mit dem Thema zu fördern und sich gegenseitig zu unterstützen. Seite 16 Außerschulische Veranstaltungen Das Thema „Gefahren im Chat“ hat im Laufe der Projektzeit über die Grenzen der Schulen hinweg Kreise gezogen. Es kamen Anfragen von verschiedenen außerschulischen Stellen an die Beratungsstelle, ob nicht ein Workshop, Elternabend oder Vortrag zu dem Thema angeboten werden könnte. Diese Anfragen wurden von der Beratungsstelle genutzt das Thema weiter publik zu machen. An dieser Stelle seien kurz einige außerschulische Veranstaltungen benannt und kurz beschrieben: Erftprävent: (???) was ist das für eine Veranstaltung Beim Erftprävent wurde ein Workshop mit Live-Demonstration eines Chats durchgeführt. Teilnehmer(innen) waren Fachleute aus unterschiedlichen pädagogischen Sparten. Caritas-Rhein-Erft-Forum: Im Rahmen einer Veranstaltungsreihe des Caritasverbandes Rhein-Erft wurde ein Vortragsabend zum Thema „Gefahren im Chat durchgeführt, zu dem Fachleute aus unterschiedlichen Bereichen geladen waren. Internetcafe einer Pfarrgemeinde: Von einer Pfarrgemeinde kam die Anfrage, ob eine Informationsveranstaltung in ihrem Internetcafe zu dem Thema durchgeführt werden könnte. Im Rahmen dieser Veranstaltung wurde eine Live-Chat demonstriert. Informationsnachmittag in einer Jugendgruppe: Die Leiterin einer kirchlich organisierten Jugendgruppe hatte die Idee, einer ihrer Gruppenstunden zum Thema „Gefahren im Chat“ zu gestalten. Neben vielen Diskussionen und Fragerunden wurde hier auch ein Live-Chat demonstriert. Weiterführende Schulen außerhalb von Kerpen: In einigen Schulen außerhalb von Kerpen bestand Interesse an einem Elternabend zu dem Thema. Hier wurden Veranstaltungen außerhalb des Projektrahmens angeboten. Fazit und Ausblick Das Thema „Gefahren im Chat“ ist bei Schülern, Lehrern und Eltern auf großes Interesse gestoßen. Die Fragebogenerhebung bei den Schülern hat deutlich gemacht, dass eine Aufklärung in diesem Bereich notwenig ist, da ein nicht zu vernachlässigender Anteil der Schüler (5.-7. Klasse) sehr risikobereit und unbefangen mit dem Medium umgeht. Sie geben leichtfertig eigene Daten wie Handynummer und Namen weiter. Einige scheuen sich nicht Treffen mit Chatbekanntschaften zu vereinbaren, und sehr viele Schüler haben perverse Anmache oder Beleidigungen im Chat erlebt. Daher ist es in Zukunft wichtig, Schüler(innen) über die Gefahren im Chat und auch über Schutz- und Präventionsmöglichkeiten aufzuklären und mit ihnen über dieses Thema im Gespräch zu bleiben. In den 5. und 6. Klassen ist die Präventionsarbeit besonders sinnvoll, da hier noch viele Schüler(innen) ohne Chat-Erfahrung sind und alle insgesamt für das Thema aufgeschlossener sind. In der Zusammenarbeit mit den Schulen hat sich eine schulspezifische und individuelle Herangehensweise bewährt. Die acht weiterführenden Schulen stellten sich im Rahmen des Projektes als sehr unterschiedliche Systeme dar, bei denen es verschiedene Nischen gab, in denen sich das Thema „Gefahren im Chat“ platzieren ließ. Die Schulen sind sehr unterschiedlich mit dem Thema umgegangen, wodurch ein großes Spektrum an Ideen und Möglichkeiten zu dem Thema entstand. Seite 17 Einige Schulen steckten in dem Dilemma, dass sie das Thema durchaus als interessant und wichtig einstuften, aber Schwierigkeiten hatten, es im Gesamtplan der Anforderungen unterzubringen. Schulen werden im Moment mit vielen von außen kommenden Themen konfrontiert. In dieser Situation wurde es als hilfreich erlebt, dass Fachleute aus der Beratungsstelle Mittelstraße Vorarbeit leisteten, Informationen sammelten und geplante Veranstaltungen vorstrukturierten. Ebenso war es wichtig, das Thema von Seiten der Beratungsstelle immer wieder in den Schulen in Erinnerung zu rufen. Der Fragebogen erfüllte eine weitere wichtige Funktion: Er diente in manchen Klassen als Türöffner für ein beginnendes Gespräch zwischen Lehrern und Schülern über das Thema Chatten. Durch die Darstellung der Fragebogenergebnisse in Lehrerkonferenzen wurde das Thema noch mal im ganzen Lehrerkollegium aufgegriffen und in Erinnerung gerufen. Da die Laufzeit des Projektes über einen Schuljahreswechsel hinausging, wurde deutlich, in welchen organisatorischen Konstellationen die Weitergabe des Themas an die nächsten Klassen gut funktionierte und wo es Schwierigkeiten zu überwinden galt. Ein einfacher Übergang war oft dann möglich, wenn sich eine oder mehrere Personen des Lehrerkollegiums für das Thema verantwortlich fühlten und eine klare Einordnung des Themas in den Schulalltag definiert war (z.B. im Rahmen von Projekttagen, die sich immer in einer bestimmten Jahrgangsstufe wiederholten). Schwieriger gestaltete sich der Übergang, wenn sich einzelne Klassenlehrer(innen) engagierten, die dann mit ihrer Klasse aus dem Bereich der Zielgruppe (5.-7. Klasse) „herauswuchsen“. Sie konnten zwar mit ihrer Klasse im Gespräch bleiben, es war aber nicht definiert, wie das Thema in die neuen 5.-7. Klassen getragen werden kann. Hilfreich und sinnvoll war die Arbeit vieler Lehrer(innen), die das Thema ohne großen Aufwand in ihren Fachunterricht oder aber in sonstige Gesprächszeiten mit Schülern integriert haben und auf diese Weise eine Sensibilisierung für die Gefahren im Chat und eine Gesprächsbasis zwischen Lehrern und Schülern geschaffen haben. In der Arbeit mit Eltern war ein wichtiges Ziel, ihnen die Befürchtung zu nehmen, sie würden sich zu wenig mit dem Chatten auskennen, um ihre Kinder sinnvoll im Umgang mit diesem Medium zu begleiten. Hier zeigte sich bei Elternabenden ein ähnliches Bild wie bei Lehrerkonferenzen: Die meisten Eltern hatten schon mal vom Chatten gehört, hatten aber darüber hinaus kaum Ahnung von den Möglichkeiten und Gefahren im Chat. Die Fragebogenerhebung macht deutlich, dass die Elternarbeit besonders in den 5. Klassen sinnvoll ist, da hier Eltern und Kinder noch in gutem Kontakt stehen und Eltern wichtige Vertrauenspersonen für die Kinder darstellen. Innerhalb der später folgenden Pubertät haben Eltern einen wesentlich schwereren Stand bei ihren Kindern und können sie daher auch mit ihrem Begleitungsangebot beim Chatten schwerer erreichen. Wie oben schon erwähnt, scheint es für Schulen hilfreich zu sein, wenn von außen regelmäßig auf das Thema aufmerksam gemacht wird und es in Erinnerung gerufen wird. Daher plant die Beratungsstelle Mittelstraße in größeren zeitlichen Abständen interessierte Lehrer(innen) zu einer Gesprächsrunde zum Thema „Prävention vor Missbrauch im Chat“ einzuladen. Seite 18 Literatur, Links, Broschüren Literatur Abbühl, V. (2003). Chatkommunikation. http//visor.unibe.ch/ws04/medienthemen/docs/Vortrag_chat.pdf Beißwenger, M. (Hrsg.) (2002). Chat-Kommunikation, Sprache, Interaktion, Sozialität & Identität in synchroner computervermittelter Kommunikation, Perspektiven auf ein interdisziplinäres Forschungsfeld. Band 1 und 2. Stuttgart: ibidem-Verlag. Der richtige Dreh im WWW Broschüre des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Bezugsmöglichkeit über www.bmfsfj.de Döring, N. (2000). Cybersex aus feministischen Perspektiven: Viktimisierung, Liberalisierung und Empowerment. Zeitschrift für Frauenforschung und Geschlechterstudien, 18. Jhg., Heft 1 + 2 / 2000, 22-48. http://www.nicola-doering.de/publications/ZfFG_doering-2000.pdf Döring, N. (2003). Sozialpsychologie des Internets. Göttingen: Hogrefe Döring, N. (2004). Verliebt – verlobt – vernetzt: Paarbeziehungen im Internetzeitalter. Psychologie Heute, Januar 2004 (46-51). Ein Netz für Kinder – Surfen ohne Risiko? Bezugsmöglichkeit: www.bmfsfj.de/Kategorien/Publikationen.did=4712.html Ursula Enders (2004). Sexueller Missbrauch in den Chaträumen des Internets. www.zartbitter.de Groner, R., Dubi, M. (Hrsg.) (2001). Das Internet und die Schule, Bisherige Erfahrungen und Perspektiven für die Zukunft. Göttingen: Verlag Hans Huber. Heine, C. (2001). Chatten, Alles über Chatsysteme, Communities und die Netzkultur. Würzburg. Arena-Verlag Links www.blinde-kuh.de www.cyberangels.org www.enough.org www.internet-seepferdchen.de www.internet-abc www.jugendschutz.de Seite 19 www.kindersache.de/interakt/default.html http://chatten-aber-sicher.pixsolution.de www.polizei.propk.de/kids www.safer-internet.net www.seitenstark.de www.zartbitter.de Broschüren Chatten ohne Risiko? Zwischen fettem Grinsen und Cybersex. www.jugendschutz.de Chatten: Anqatschen, anflüstern, anmachen – Klartext zum sicheren Chatten. Unveröffentlichte Broschüre der Beratungsstelle Mittelstraße (2004). Kerpen-Horrem. Click it! – für Jungen und Mädchen. Zartbitter e.V. (2005) Click it! Für Eltern. Zartbitter e.V. (2005) Sicher surfen. Sicherheitsregeln für Kinder im Internet. www.nrw.jugendschutz.de Seite 20 ANHANG mit Materialien Seite 21 Inhaltsverzeichnis zum Anhang Einführung ins Thema Chatten und Missbrauch im Chat S. 22 Konzept für eine Doppelstunde mit Live-Chat S. 38 Klassenlehrer(innen)stunde ohne Live-Chat S. 40 Workshop über 4 Schulstunden mit Live-Chat S. 42 Unterrichtseinheit für den Politikunterricht S. 45 Vorschlag für die Durchführung eines Workshops für Eltern über ca. 3 Schulstunden (mit Live-Chat) S. 46 Fragebogen für Schüler zum Chatten S. 56 Seite 22 Einführung ins Thema Chatten und Missbrauch im Chat Was ist Chatten? Chat ist englisch und bedeutet „Plausch“ oder „Schwätzchen“. Chatten ist die Möglichkeit, im Internet Gespräche mit anderen Personen zu führen, die sich zeitgleich auch im Internet – genauer in dem gleichen Chatraum - befinden. Als Kommunikationstechnologie ist das Chatten am ehesten mit dem Telefonieren zu vergleichen. Die Redepartner kommunizieren ohne Sichtkontakt. Chatten ist sozusagen eine zeitgleiche Distanzkommunikation. Anders als beim Telefonieren: erfolgt die Kommunikation beim Chatten schriftlich ist zumindest in den öffentlichen Chaträumen meist mehr als eine Person potentieller Gesprächspartner ist es möglich, parallel an mehreren Gesprächssträngen teilzunehmen erscheinen die Beiträge der einzelnen Personen in der Reihenfolge, in der sie beim Chat-Server eintreffen. „Wer zuerst kommt, mahlt zuerst“. ist es schwer, die genaue Identität der Gesprächspartner herauszubekommen können von den Gesprächen Protokolle angefertigt werden, die später eingesehen werden können Organisation von Chaträumen Chatten kann man im Internet in eigens dafür angelegten Räumen. Solche Räume kann man durch Angabe der Internet-Adresse aufrufen (z. B. www.knuddels.de oder http//de.yahoo.com oder www.chatcity.de). 1. Schritt: Anmeldung In den meisten Chaträumen muss man sich als neuer Nutzer anmelden. Das heißt, man muss sich einen Nickname geben und ein Passwort angeben. In manchen Chats kann man sich aber auch als Gast einloggen (anmelden). Das geht z. B. in Chatcity. 2. Schritt: Wahl eines Channels / Chatraums Anschließend kommt man auf eine neue Oberfläche, auf der man sich einen „Chatraum“ oder „Channel“ aussuchen kann. Meist gibt es unter einer www-Adresse (z. B. knuddels.de) sehr viele verschiedene Channels. Die Channels haben Namen, die schon etwas über ihre thematische Ausrichtung verraten. Beispiele für Channel-Namen: Flirt 45 Teenchat Biergarten Heiße Liebe Unter 20 Halle 3 Hausaufgaben Help 4 you Durch die Wahl des Channels kann man schon ein bisschen steuern, was einen erwartet. Dabei muss man sagen, dass man z. B. sexuelle Belästigungen nicht wirklich ausschließen, sondern eher bewusst aufsuchen kann. Das heißt, im Schüler-Chat kann man nicht davon ausgehen, dass man nicht sexuell belästigt wird. Geht man aber in den Chanel „Heiße Liebe“, Seite 23 kann man sicher sein, dass man in kürzester Zeit sehr eindeutig in Richtung Cybersex angesprochen wird. Allgemein kann man sagen, es gibt Channels für bestimmte Altersgruppen (z. B. unter 20) bestimmte Themen (z. B. Heiße Liebe oder Hausaufgaben) offene Channels (z. B. Halle 3) ohne thematische Ausrichtung Channels, in denen man Fragen zum Chat stellen kann (z. B. Help 4 you) Channels, in denen man Online-Spiele mit anderen spielen kann (z. B. Mafia im knuddels) 3. Schritt: Kontaktaufnahme Hat man einen Channel ausgewählt, wird meist von einer im Chat befindlichen Instanz im Channel bekannt gegeben, dass man den Raum betreten hat (z. B. „Luisa14 betritt den Raum“). Meist kann man in einem Channel über eine nebenstehende Liste sehen, wer sonst noch zur gleichen Zeit in diesem Channel / Chatraum ist. Jetzt kann man mit einzelnen Personen oder mit mehreren gleichzeitig chatten. Einen Chatter, der sich nur als Beobachter im Channel befindet, ohne sich an einem Gespräch zu beteiligen, nennt man Lurker. In manchen Chaträumen wird man dann allerdings von der Administration rausgeworfen. Das macht besonders in teilnehmerbegrenzten Chats Sinn, da dann wieder „gesprächswillige“ Chatter nachrücken können. Die Administratoren können auch gebeten werden, jemanden aus dem Chat zu werfen, der andere belästigt. Dieser kann dann allerdings durchaus unter einem anderen Nickname wieder auftauchen und weitermachen. 4. Schritt: Aufsuchen eines intimeren Kommunikationsraums (Anflüstern, Privatraum / Separee) Wenn man mit jemandem nicht vor allen anderen chatten möchte, kann man ihn anflüstern. Das heißt, man bleibt in dem vorher gewählten Channel, wählt aber über eine bestimmte Funktion (ist von Chatraum zu Chatraum verschieden), dass der Text, den man schreibt, nur von einer bestimmten Person gesehen werden kann. Geht einem diese Form der privaten Kommunikation noch nicht weit genug, kann man den oder die gewünschten Gesprächspartner auch ins Separee einladen. Das heißt, es wird ein privater Raum eingerichtet, in den die gewünschten Gesprächspartner und man selbst wechseln können. Im SEP ist man dann unter sich. Niemand sonst kann lesen, was dort geschrieben wird. Diese Möglichkeit wird vielfach von Personen gewählt, die mit bestimmten anderen Personen Cybersex haben wollen, wird aber genau so von Freunden genutzt, die sich einfach privater unterhalten möchten. Chat-Technologien Im Chat wird in erster Linie Text zur Kommunikation verwendet. Daneben gibt es aber auch noch die Möglichkeit, Bilder oder Filme und Töne zu verschicken. o Video-Chats: Um im Chat nicht nur Texte, sondern auch Videos zu benutzen, braucht man spezielle Hard- und Software. Mit einer Webcam kann man z. B. Live-Bilder verschicken, wie man gerade allein vor dem Computer sitzt und chattet. Diese Möglichkeit wird zunehmend in den erotischen Chats genutzt, damit man sich gegenseitig bei der Selbstbefriedigung zusehen kann. Das stellt für Jugendliche eine Seite 24 besondere Gefahr da, weil sie dadurch mit Bild- und Videomaterial konfrontiert werden, das sie völlig unvorbereitet trifft, schockiert und überfordert. o Grafik-Chats: In Grafik-Chats kann man sozusagen in eine virtuelle grafische Welt einsteigen, auch „Avatar-Welten“ genannt. Hier kann man für sich selbst auch eine grafische Darstellung wählen (Avatar) und in eine mehr oder weniger phantastische Geschichte einsteigen. Dieser Bereich ist für das Thema sexueller Missbrauch im Chat anscheinend nicht so relevant. o Text-Chats: Das sind die am häufigsten verwendeten Chats, die jedoch zunehmend mit Video-Chats und Audio-Chats kombiniert werden können. o E-Mail im Chat: In manchen Chaträumen ist es möglich, e-Mails an den Nickname einer anderen Person zu versenden. So kann man an diese Person eine Nachricht senden, auch wenn sie im Moment nicht „online“ ist. Betritt diese Person wieder den Chatraum, wird sie von der Administration (Verwaltung des Chatraums, die vom Anbieter betrieben wird) benachrichtigt, dass für sie eine e-Mail vorliegt. Auch dies kann eine lästige bis gefährliche Funktion sein, da sich so Pädophile an Jugendliche wenden können, ohne dass die sich gegen die Nachricht wirklich schützen oder wehren können. Die Chat-Sprache Im Laufe der Zeit hat sich eine eigene Chat-Sprache entwickelt, die man zumindest verstehen sollte, wenn man sich in einen Chat begibt. Diese Chat-Sprache ist nicht nur eine Modeerscheinung, sondern hat seine Ursachen zumindest teilweise in den Besonderheiten des Mediums. Chatten muss schnell gehen: Es ist nicht sinnvoll – und in den meisten Chats auch nicht erwünscht, dass man Romane schreibt. Längere Texte zu verfassen ist auch deshalb problematisch, da das Geschriebene immer erst zum Chat-Server abgeschickt werden kann, wenn es vollständig ist. Das heißt, der Chatpartner weiß in dem Moment gar nicht, ob man einen langen Text verfasst, gerade durch etwas anderes abgelenkt ist oder keine Lust mehr hat, mit ihm zu chatten. Non- und paraverbale Kommunikation muss in kurze Schriftsprache umgesetzt werden: Chatten hat sehr häufig Smalltalk-Charakter. Und der Smalltalk lebt nicht von den harten Fakten, die vermittelt werden, sondern von den emotionalen Inhalten. Im Gespräch auf einer Party kann man Sympathie und Antipathie, Interesse, emotionale Erregung etc. durch Mimik, Gestik und Intonation dem Gegenüber vermitteln. Im Chat hat man nur die schwarzen Zeichen auf weißem Grund. Daher wurden Emoticons und Kürzel entwickelt, die sehr schnell diese emotionalen Inhalte in den Chat einfließen lassen können. Meldungen und Anmerkungen der Administration müssen von den anderen Gesprächsinhalten unterscheidbar sein. Daher werden diese Mitteilungen in Kursivschrift geschrieben. Gängige Standards der Chat-Sprache: Endungsausfall und Kontraktion: „is doch nur´n spiel“ Umgangssprachliches Verschlucken von Silben: Kommste morgn Begriffe für Mimik: „snieff, traen und wer liebt mich???? Heul“ Seite 25 Geschriebene Umgangssprache: „ich mach mich denn auch ma auffe socken“ Gesprächswörter: „huch, da war er schon wech, dummdidumm“ Lautstärke durch Großbuchstaben: „HAAAALOOOO; HÖÖRT MICH JEMAND“ Emotionen durch Abkürzungen: *g* heißt „Grinsen“; *gg* heißt „breites Grinsen“ Die Chat-Sprache ist stark der Umgangssprache angepasst. Rechtschreibfehler durch schnelles Tippen oder auch umgangssprachliche Auslassungen sind durchaus üblich. Die Verwendung von Emoticons (Symbole für Gefühle wie z. B. :o) für lachen ) ermöglicht es den Chattern, ihre Gefühle in sehr kurzer und teilweise witziger Weise mitzuteilen. Erfahrene Chatter können an der Art der Gestaltung von Gesprächsinhalten erkennen, ob ihr Gegenüber ein ebenfalls erfahrener Chatter oder ein Anfänger ist. Dies ist auch eine Möglichkeit für Pädophile, ihre potentiellen Opfer schnell und unkompliziert herauszufiltern, da sie hoffen können, dass Jugendliche ohne Chaterfahrung den Gefahren des Chattens eher auf den Leim gehen als Jugendliche, die Experten in der Nutzung dieses Mediums sind. Chattiquette oder Nettiquette: Regeln im Chat Der Chat ist anonym und als Kommunikationsform sehr flüchtig. Dadurch ist er ideal geeignet, Kommunikationsarten und Gesprächsformen auszuprobieren, die im realen Leben nicht konform und nicht geduldet sind. Da es immer wieder zu sehr ausschweifenden und beleidigenden Konversationen gekommen ist, wurde versucht, durch die Chattiquette oder auch Nettiquette Regeln für die Kommunikation und die Gestaltung von Beziehungen im Netz - speziell im Chat – zu etablieren. Beispiele für solche Regeln sind: „Sprich andere so an wie Du selbst auch angesprochen werden möchtest.“ „ Sei höflich zu anderen .“ „Vergiss nie, dass die anderen Chatter auch Menschen und nicht virtuelle Gestalten sind.“ „Versuche nie, anderen Deine Meinung aufzuzwingen.“ In manchen Chaträumen wird verlangt, sich vor Betreten des Raumes über die Regeln zu informieren (z. B. neuerdings bei Chatcity) oder aber es gibt auch innerhalb der Chaträume „Aufsichtspersonen“, die darauf achten, dass keine Schimpfwörter oder Ähnliches verwendet werden. Im Knuddels werden solche Gesprächsbeiträge erst gar nicht im Chatraum angezeigt. Stattdessen schreibt der „Butler James“ eine Mitteilung an den Urheber. Viele solcher Mitteilungen führen zum Verweis aus dem Chatraum. Das heißt, hier sind Verstöße gegen die Regeln auch teilweise sanktioniert. Virtuelle Aufsichtspersonen wie der Butler James können dabei aber nur sehr rudimentäre Funktionen erfüllen und sollten nicht vorschnell als weitreichende Absicherung verstanden werden. Der des Raumes verwiesene Chatter kann sich sofort wieder unter einem anderen Nickname einloggen und unerkannt im gleichen Chatraum weiter chatten. Seite 26 Beispiele für Chaträume www.chatcity.de 1. Aufrufen des Chats. 2. Anmeldung: Man kann sich entweder als Gast einloggen oder als registrierter Nutzer. 3. Wahl eines Chatraums aus der Liste. Bevor man in den Chatraum gehen kann, muss man noch quittieren, dass man sich über die Regeln im Chat informiert hat. 4. Im Chatraum Im Chatraum kann man ganz oben im Bildausschnitt sehen, wie viele Personen gerade im Chat sind. (Anwesende 18 / 32) bedeutet, dass 18 Personen im offenen Chat sind und 32 im Separee. Einige Befehle für Chatcity Befehle Bedeutung der Befehle /springe schueler Mit / kann man immer Befehle angeben. In diesem Fall lautet der Befehl: Springe in den Chatraum Schüler. Wer ist gerade im Chatraum Dieser Punkt vor dem geschriebenen Text bedeutet, dass jemand im offenen Separee ist. Möchte man selbst in ein Separee, kann man das mit diesem Befehl tun. Der Text, der nach dem „flüstert“ erscheint, kann nur von mir, nicht von den anderen Anwesenden im Chatraum gelesen werden. Vor dem „flüstert“ steht der Nickname der Person, die mich angeflüstert hat. Mit diesem Befehl kann ich jemanden anflüstern, so dass nur er meinen Text sieht. So kann ich ein neues Separee anlegen, in das ich jemanden einladen kann (sn bedeutet Separee new). So kann ich ein Separee verlassen. So kann ich in der dritten Person von mir sprechen. Rechte Maustaste Markieren Kopieren an den gewünschten Ort Illegale Texte oder Bilder sollte man zu Dokumentationszwecken nicht auf die Festplatte, sondern nur auf CD oder Diskette speichern, sonst kann man sich strafbar machen. /who oder /wer / gehe (Name des Separees) (Nickname) flüstert .......... /w oder /f (Nickname) Text /sn (Name) /weg /me Speichern von Textabschnitten Erklärung zur Tabelle: Die Klammern um z. B. Nickname gehören nicht zum Befehl sondern sollen nur deutlich machen, dass an dieser Stelle ein spezieller Name oder ein spezielles Wort einzufügen ist. Seite 27 Chatcity ist ein Chat, in dem es sehr viel um Sex und Erotik geht. Selbst im Schueler-Chat wird man innerhalb kürzester Zeit sehr direkt auf Cybersex angesprochen – auch oder gerade wenn man sich als 13-14 jähriges Mädchen ausgibt. Auch „echte“ Jugendliche werden in dieser Weise angesprochen. www.knuddels.de Im Knuddels-Chat muss man sich anmelden und kann nicht als Gast einsteigen. 1. 2. 3. 4. Aufrufen des Chatraums mit der www-Adresse Nickname erfinden Password eingeben im Knuddels stehen einem sehr viele verschiedene Chaträume zur Verfügung. Die meisten verraten durch ihren Namen, worum es geht. Im Knuddels ist es möglich, „Family-Mitglied“ zu werden. Mitglied wird man, wenn man mehr als 6000 Minuten im Knuddels-Chat war und wenn man in der Zwischenzeit nicht zu oft von dem „Aufpasser“ James ermahnt werden musste, weil man die Chattiquette verletzt hat. Als Family-Mitglied darf man Chaträume besuchen, die den Anfängern verschlossen bleiben. Daneben hat man auch andere Vorteile als Family-Mitglied, die ich hier nicht alle auflisten kann (z. B. auch, dass man seinen eigenen Channel bestimmen und eröffnen kann, in den man andere Personen einladen kann. Diese Channels sind aber nicht öffentlich und daher in der Eingangsliste auch nicht erwähnt). Solche Channels können sich auch Cliquen, Freunde oder Schulklassen einrichten. Wenn sie den Namen nicht öffentlich machen, sondern nur an Mitglieder ihrer Gruppe weiter geben, haben sie so einen Chatraum, in dem sie ungestört unter sich sein können. Einige Befehle aus dem Knuddels-Chat: Befehle /kiss (Name) /w (Nickname) /go (Channelname) /blinddate /away (Grund Abwesenheit) /m (Nickname) /ig (Nickname) Bedeutung der Befehle Man kann im Knuddels Küsse als Sympathiebezeugungen verteilen. Bekommt man einen Kuss, wird der als Knutschfleck dargestellt und im Profil der Person gezählt. So lässt sich ein Beliebtheitsgrad feststellen. Neben Küssen kann man auch Rosen verteilen. Es kommt ein Raster mit Informationen über die Person mit dem genannten Nicknamen (z. B. wie viele Küsse sie schon bekommen hat, wann sie das erste Mal im Knuddels war etc.). Mit diesem Befehl kann man den Chatraum wechseln. Es erscheint ein Raster, in das man das Profil eines WunschChatpartners eingeben kann (z. B. Alter, Region, Interessen im Chat etc.). für Mit diesem Befehl sagt man, dass man mal kurz weg ist, ohne ganz aus Knuddels raus zu gehen. Den Grund dazu muss man nicht angeben. Mit /m kann man eine Nachricht an eine Person senden, egal ob sie gerade im Chat ist oder nicht. Wenn sie in den Chat kommt, wird sie benachrichtigt, dass sie eine Message hat (funktioniert wie e-Mail über den Nickname). Mit /ig kann ich jemanden ignorieren, der mich nervt oder in einer für mich unangenehmen Weise anspricht. Dann Seite 28 /unig (Nickname) /f (Nickname) /f /tut /h knigge (Nickname) cm anflüstern Help 4 you Channel maffen James /p (Nickname): Text Schifttaste zusammen mit Taste links von der 1 plus Buchstaben für Farbe plus Zahl für Schriftgröße plus wieder Schifttaste zusammen mit Taste links von der 1 : °y50° erscheinen seine Texte nicht mehr auf meinem Bildschirm. So kann ich das Ignorieren wieder aufheben. In Knuddels kann ich eine Freundschaftsliste mit bis zu 40 Freunden anlegen und mit /f (Nickname) kann ich einen Freund hinzufügen. Wenn ich in den Chat gehe, kann ich mich benachrichtigen lassen, ob meine Freunde auch gerade online sind. Ansehen der Freundschaftsliste. Über diesen Befehl kommt man in ein Tutorial, in dem man schrittweise lernt, sich in Knuddels zurecht zu finden. Immer wenn man eine Lektion geschafft hat, bekommt man die nächste. Hier bekommt man die Liste der Regeln des Umgangs miteinander für Knuddels (Nettiquette). Hinter Nicknamen mit „cm“ dahinter verbergen sich Personen, die einen Channel moderieren. Rechts neben dem Chatraum befindet sich die Liste der Anwesenden. Möchte ich mit jemandem flüstern, muss ich ihn nur in der Liste mit der Maus markieren. Dann erscheint meine nächste Nachricht nur für ihn und alle folgenden Nachrichten auch, so lange ich ihn markiert lasse. In diesem Channel wird einem geholfen, wenn man Fragen hat. Wie beim Arbeitsamt muss man mit dem Text „nummer bitte“ eine Nummer ziehen. Wenn man dran ist, kann man mit einem Mentor flüstern und seine Fragen stellen. Maffen ist ein Kürzel für Mafia spielen. In Knuddels kann man das Spiel „mafia“ spielen. Auch hier gibt es wie bei „Family“ verschiedene Experten-Stadien und als Family-Mitglied kann man sich Leute in den eigenen Channel zum Maffen einladen. James ist im Knuddels der Butler. Von ihm kann man sich z. B. eine eisgekühlte Cola bringen lassen oder andere ButlerAufgaben erledigen lassen. James hat aber auch die Funktion eines Aufpassers. Wenn jemand sich gegen die Regeln verhält und z. B. Schimpfwörter benutzt, wird der Beitrag zensiert, kommt also nicht für alle auf den Bildschirm. Stattdessen rügt James den Urheben (z. B. mit „lass den Käse“). Rügen von James werden gezählt und bei zu vielen Rügen hat das Konsequenzen. Mit diesem Befehl kann man von einem Channel zum anderen schreiben, z. B. wenn man in einem anderen Channel einen Freund entdeckt hat und sich mit ihm verabreden will. °y50° bedeutet, dass man für sich eine gelbe Schrift (Anfangsbuchstaben der Farben im Englischen) in der Schriftgröße 50 wählen möchte. Knuddels ist ein Chat, in dem man auch erotische Abenteuer erleben kann, wenn man möchte. Man kann sich aber auch davor schützen. Es gibt verschiedene Channels mit verschieden Seite 29 strenger Nettiquette und verschieden strengen Knigge-Regeln. Gutes Verhalten wird belohnt, schlechtes Verhalten auch bestraft bis hin zum Ausschluss aus dem Chat. Je erfahrener die Chatter sind, desto mehr Freiheiten bekommen sie in Knuddels (z. B. als Family-Mitglied selbst private Channels aufzumachen, als Admin auch öffentliche Channels, als erfahrenes Family-Mitglied kann man Mentor werden und unerfahrenen Chattern hilfreich zur Seite stehen). Kontaktaufnahme im Chat Die Kontaktaufnahme im Chat läuft meist immer nach dem gleichen Muster ab: 1. 2. 3. 4. 5. 6. Kontaktaufnahme im öffentlichen Chat oder in Foren Einladen in ein Separee bzw. private Chats Austauschen von e-Mails und der e-Mailadressen Austauschen von Fotos Austauschen der Handynummern und erster telefonischer Kontakt persönliches Treffen (aus N. Döring, 2004) Viele Kontakte im Chat durchlaufen nicht alle Stufen. Die allermeisten brechen irgendwo dazwischen ab. Jeder Schritt weiter bedeutet nicht nur einen neuen Vertrauensbeweis, sondern auch eine neue Möglichkeit, den anderen besser kennen zu lernen und zu überprüfen, ob die Vorstellung vom anderen etwas mit seiner realen Person zu tun hat. Viele Chatter werden auf einer späteren Stufe herbe enttäuscht (z. B. vom Foto oder von der Stimme, oder von den Inhalten, wenn längere Gespräche per Telefon möglich sind). Es passiert aber auch immer wieder, dass sich Personen im Chat kennen lernen, ineinander verlieben und im realen Leben ein Paar werden. Jugendlichen ist zu empfehlen, sich sehr gut abzusichern und auch ihre Eltern zu informieren, bevor sie ihre e-Mailadresse, ihren wirklichen Namen, ihren Wohnort oder ihre Handynummer herausgeben. Sollten sie sich wirklich mit einer Chat-Bekanntschaft treffen wollen, ist es ratsam, das nicht allein zu tun, sondern sich von Freunden begleiten zu lassen und geschützte Räume für die Verabredung auszuwählen (z. B. zu Hause oder in einem Café, o.ä.). Identitäten im Chat So sehr man es im „wirklichen Leben“ hasst, wenn man den anderen nicht gut einschätzen kann, wenn man nicht weiß, woran man beim anderen ist, so sehr macht es im Chat gerade den Reiz der Kommunikation aus. Im Chat gilt: „Nichts ist unmöglich“, hinter Anonymität und Pseudoanonymität kann man alle Spuren verwischen und sich nach Herzenslust in eine virtuelle Scheinwelt begeben. Man kann sich eine völlig neue Identität geben und so sein, wie man schon immer sein wollte. Der Computer und damit der Chatraum sind wie eine Blackbox, die zwischen den Gesprächspartnern steht und nur das durchlässt, was der andere auch wirklich vorgeben oder von sich preisgeben möchte. In einem realen Kontakt kann man Figur, Aussehen, Alter, Geruch, Sprachfehler aber auch zum Teil finanziellen Wohlstand, soziale Zurückhaltung, Ungeschicklichkeit im Umgang mit anderen kaum verbergen. Im Chat ist das ganz anders. Auch wenn man das Blaue vom Himmel gelogen hat, andere übel Seite 30 beschimpft oder sexuell belästigt hat, kann man sich unerkannt aus dem Staub machen und beim nächsten Mal völlig „sauber“ mit einem neuen Nickname in den Chat gehen. Erstaunlicher Weise zeigen Untersuchungen, dass die meisten Chatter nicht so vorgehen. Sie bleiben mit der Darstellung ihrer Identität sehr nah an ihrer realen Person. Macken bindet man dem Gesprächspartner nicht unbedingt auf die Nase und einige Aspekte (Alter oder Aussehen) werden vielleicht leicht beschönigt. (vgl. Döring, 2003). Den meisten Chattern ist es nach ihren Aussagen viel zu anstrengend, sich konsequent in eine andere Identität hinein zu denken und hier glaubwürdig zu erscheinen. Viele Chatter sind nicht an einem kurzen, grandiosen Erlebnis im Chat interessiert, sondern wollen längerfristige Kontakte zu anderen Chattern aufbauen. Da würde eine erfundene Identität nur stören. Auch der vielbesprochene „Gender-switch“ (Geschlechtswechsel) ist für die meisten Chatter längst nicht so attraktiv wie es auf den ersten Blick erscheint. Sich fälschlicher Weise als Mann oder als Frau auszugeben ist höchstens für Jugendliche, die mit dem Chatten anfangen, attraktiv. Danach verliert es schnell seinen Reiz. Auch Pädophile halten mit ihrer Identität und ihren Absichten nicht großartig hinter dem Berg. Vielleicht machen sie sich manchmal nur jünger als sie sind, gehen ansonsten aber sehr offen mit ihrer Person und ihren Wünschen um. Hier ist eher die Hemmungslosigkeit, mit der Persönliches und abnorme Bedürfnisse veröffentlicht werden (z. B. auch über die WebcamVideos) erschreckend. Nichts desto trotz ist es für Jugendliche wichtig, immer zu berücksichtigen, dass sich hinter den schwarzen Buchstaben auf dem Bildschirm Alles und Jeder verbergen kann. Im Netz kann keine wirkliche Vertrautheit und kein wirkliches Kennen Lernen stattfinden. Hier ist die Überprüfung im realen Leben notwendig. Für Jugendliche kann es auch interessant sein, im Chat neue Möglichkeiten des Kontakts auszuprobieren, die im realen Leben nicht möglich wären. Solche Ideen sollte man nicht verteufeln, sondern aufgreifen und so unterstützen, dass es nicht zu groben Entgleisungen kommt. Im Alter der Jugendlichen gehört es naturgemäß dazu, sich in neuen Beziehungsformen und Kontakten einerseits und neuen Identitäten und Rollen anderseits zu üben. Da kommt der Chat als Übungsplattform genau richtig. Gefahren im Chat Warum ist es so attraktiv, erotische Aktivitäten über den Chat auszuleben? Fast völlige Risikolosigkeit: Regel- und Normverletzungen können unbehelligt ausgeübt werden, ohne dass jemand zur Verantwortung gezogen werden kann. Hohe Verfügbarkeit: Chatten kann man rund um die Uhr. Besonders nachts, wenn man in der realen Umgebung keinen mehr so leicht erreichen kann, findet man im Chat immer einen Ansprechpartner. Kostengünstig: Das Internet und die Internetnutzung kostet nicht sehr viel. Sehr viele deutsche Haushalte sind in der Lage, sich einen Internetanschluss zu leisten und ihn auch zu nutzen. Schneller Rollenwechsel: Auch wenn man mit einem Nickname Schiffbruch erlitten hat und eventuell sogar aus dem Chat geworfen wurde, kann man mit einem neuen Nickname und einem neuen Passwort im nächsten Moment wieder auftauchen und eine neue Kontaktaufnahme starten. Neue Form der Selbstinszenierung: Wer sich sonst unattraktiv fühlt, erlebt endlich positive Resonanz und fühlt sich geschmeichelt und begehrt. Seite 31 Direkte Ansprachemöglichkeiten: Im Chat braucht man keine lange Kennenlernphase, wenn man das nicht möchte. Hier kann man sehr schnell zum Thema Erotik und Cybersex übergehen, ohne bei den anderen Anstoß zu erregen. Viele potentiell bereitstehende Partner: Je nachdem, welchen Channel man sich ausgesucht hat, kann man sich streckenweise kaum retten vor Gesprächspartnern, die auch auf der Suche nach einem erotischen Abenteuer sind. Geht man z. B. bei Yahoo unter Romantik und Erotik in den Teenchat, so ist das, was dann kommt, alles andere als jugendfrei. (Auflistung in Anlehnung an Kollmann in Beißwenger, 2002 (Band 2, S. 345)) Die Gefahren, die durch die Neuartigkeit des Mediums Chat entstehen, sind vielfältig: Der im Chat vollzogene Rollenwechsel bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das „reale“ Selbstbild. Denkt sich jemand sehr intensiv in eine – teilweise – andersartige virtuelle Identität, hat das meist unkontrollierte Auswirkungen auf das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung. Das kann positive Folgen haben (z.B. dass sehr zurückhaltende und kontaktscheue Personen über den Chat lernen, mit anderen in Kontakt zu treten und sich zu öffnen). Es kann aber auch negative Folgen haben (wenn z. B. im Chat ausgelebte Aggressionen zu einer Enthemmung im realen Leben führen). Jemand kann im Chat andere Personen – besonders Kinder und Jugendliche – massiv unter Druck setzen. Trotz der anfänglichen Anonymität kann eine Person (z. B. ein Pädophiler) auf unterschiedliche Arten Druck ausüben: o Er kann sich durch eine sehr verständnisvolle und vertrauenswürdige Art mit dem Kind oder dem Jugendlichen vertraut machen. Auf diese Weise macht er es dem Kind /Jugendlichen schwer, nein zu sagen und eventuell den Kontakt abzubrechen. Das schlechte Gewissen, den netten Gesprächspartner vor den Kopf zu stoßen oder eine Abfuhr zu erteilen, können Pädophile hier ausnutzen. So kann es z. B. zu realen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen kommen, ohne dass sich ein junges Mädchen in dem Moment wehrt. o Er kann auf die Scham- und Schuldgefühle der Jugendlichen hoffen. Sie werfen sich oft vor, dass sie viel zu lange eingewilligt haben oder nichtsahnend bestimmten Bedingungen zugestimmt haben. Belastende Erlebnisse im Chat werden dann häufig aus Schuldgefühlen und Erleben von Peinlichkeit heraus nicht den Eltern oder anderen Erwachsenen erzählt. So bleibt der Täter weiter unbehelligt. o Er kann dem Kind oder Jugendlichen offen reale Gewalt androhen. Es gibt viele Möglichkeiten, die genaue Identität eines Kindes oder Jugendlichen heraus zu bekommen, wenn einige wenige Informationen geflossen sind (z. B. Alter, Wohnort und Schule). Auf diese Weise können Kinder und Jugendliche eingeschüchtert und gezwungen werden, Dinge zu tun oder auszuhalten, die gegen ihren Willen sind. Täter leben im Chat abnorme Bedürfnisse aus und finden Gleichgesinnte. Dadurch verschieben sich moralische Werte und die Hemmschwelle wird herabgesetzt. Im Chat sind Dinge möglich, die im realen Leben aufgrund unserer gesellschaftlichen Werthaltungen undenkbar wären: Tiersex, Pädophilie, Betrug des realen Lebenspartners mit Chat-Bekanntschaften im Netz, Austausch über gewünschte/erträumte Gewaltexzesse etc.. In bestimmten Chaträumen und Foren treffen sich Gleichgesinnte und tauschen sich hemmungslos aus. Dabei geschieht das manchmal öffentlich, manchmal im Rahmen privater Räume, die nicht allen zugänglich sind und vor Polizei und strafrechtlicher Verfolgung gut geschützt sind. Seite 32 Dieses Äußern und Ausleben abnormer Bedürfnisse führt zu einer schrittweisen Enthemmung – nicht nur im Netz, sondern auch in der Realität. Das Finden anderer Personen mit ähnlichen Bedürfnissen und Gedanken verschiebt die Abnormalität unmerklich in den Bereich der Normalität. Täter fühlen sich mit ihren Gefühlen und Gedanken nicht mehr allein. Die Gemeinschaft macht sie stark. Langsam verwischt die Grenze zwischen Virtualität und Realität. Am Ende kann ein reales Verbrechen oder eine reale Vergewaltigung stehen. Ein Beispiel für so einen Prozess bietet der Fall des „Kannibalen von Rotenburg“, der kürzlich durch die Presse gegangen ist. Jugendliche probieren Kontaktmöglichkeiten aus und finden die Grenze nicht mehr. Jugendliche sind neugierig und nutzen das Medium Chat auch, um mal zu sehen, was passiert, wenn ....... Sie fühlen sich hinter der Anonymität im Netz und im Angesicht der Ungestörtheit vor dem PC sicher. Grenzen, die in realen Kontakten klar eingehalten werden, fallen. Sowohl im sexuellen als auch im aggressiven Bereich werden neue Möglichkeiten und eventuelle eigene Stärken erprobt. Da im Chat sehr selten eine Kontrolle von außen erfolgt, sind sie auf ihre eigene Selbstkontrolle angewiesen. Das kann sehr schwierig werden und zu ungewollten, belastenden Erlebnissen führen. Die Täter und Opfer Weder bei den Tätern noch bei den Opfern lässt sich ein bestimmter Typus herauskristallisieren. Die Täter zeichnen sich im Chat durch teilweise große Hemmungslosigkeit und ein selbstbewusstes Auftreten aus. Sie sind offensiv und in manchen Channels sehr zahlreich. Nicht selten kommen sie schnell und ohne große Umschweife auf ihr Anliegen zu sprechen und stellen das als völlig normales Bedürfnis dar. Opfer sind nicht die „typischen“ Opfertypen, wie man sie aus Beschreibungen zum sexuellen Missbrauch oder auch zum Mobbing aus der Literatur kennt. Gefährdet sind alle Kinder und Jugendlichen, die ins Internet gehen und auch chatten. Da der erste Kontakt mit dem PC immer früher auftritt und auch die Computerkompetenz der jüngeren Kinder immer mehr zunimmt, werden auch die Opfer immer jünger. Die Scheu vor dem Medium hat ebenfalls eine abnehmende Tendenz, so dass Kinder und Jugendliche immer offensiver und risikobereiter ins Netz gehen. Das steigert ihre Gefährdung. Prävention und Schutz Präventive Maßnahmen und Schutzmaßnahmen für die Nutzung von Internet und Chat sind noch nicht sehr lange Thema in unserer Gesellschaft. Lange wurde das Internet als quasi rechtsfreier Raum geduldet. Regeln entstanden bestenfalls aus der Nutzung heraus. Ethische und moralische Werte waren Privatsache. Langsam wird deutlich, dass das Internet zwar ein Medium mit gänzlich neuen Möglichkeiten ist, aber bestimmte Prozesse der Interaktion und Kommunikation eine ähnliche Dynamik und Wirkung haben wie im realen Leben. Beleidigungen können z. B. eine genauso verletzende Wirkung in der virtuellen wie in der realen Welt haben. Auch über das Netz kann eine - kilometermäßig vielleicht weit entfernte Person Macht über eine andere Person ausüben, sie einschüchtern und ihr Angst machen. Seite 33 Kinder und Jugendliche Für Kinder und Jugendliche ist das Internet und speziell auch der Chat ein spannendes und willkommenes Medium, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. In der Altersgruppe zwischen 10 und 18 Jahren ist das Ausprobieren neuer Kontakt- und Beziehungsmöglichkeiten – und speziell auch der Kontakt zum anderen Geschlecht ein großes und wichtiges Thema. Die Chatkommunikation lebt von diesem Bedürfnis und bietet durch die hohe Verfügbarkeit und die Anonymität ganz neue Möglichkeiten auf diesem Gebiet. Von daher macht es keinen Sinn, dieses Medium zu verdammen oder zu verbieten. Auf diese Weise käme es nur zu einer noch größeren Verdunkelung der Chataktivitäten. Information Ein wichtiges Standbein der Prävention vor Missbrauch im Chat ist die Information. Worüber sollten Kinder und Jugendliche unbedingt Bescheid wissen, bevor sie anfangen zu chatten? Technische Möglichkeiten: Viele Kinder und Jugendliche kennen nur eine Möglichkeit, sich im Chat vor rüder sexueller Ansprache oder Bedrohung zu schützen: den Chat verlassen und den Computer ausmachen. Nur wenige kennen die Möglichkeit, sich bei der Administration (häufig in Form eines Butlers oder Lotsen) zu beschweren, so dass der unverschämte Gegenüber aus dem Chatraum ausgeschlossen wird. Auch gibt es die Möglichkeit des Ignorierens: D. h. man kann die Mitteilungen des störenden Chatters auf seinem Bildschirm ausblenden. Chattiquette: Die höflichen Umgangsformen für das Internet und speziell für den Chat sollten bekannt sein. Die Chattiquette macht deutlich, dass man es auch im Chat mit einem menschlichen Gegenüber zu tun hat und auch hier die alltäglichen gesellschaftlichen Regeln zum Umgang mit anderen gelten, was Kinder und Jugendliche gern vergessen, wenn sie den anderen nicht sehen und nicht hören können. Chatsprache: Die Chatsprache sollte zumindest in ihren Grundzügen bekannt sein. Manche Anbieter von Chaträumen schicken schon mit ihrer Anmeldebestätigung eine Zusammenfassung wichtiger Kürzel und Emoticons mit. Das Beherrschen der Chatsprache verleiht den Kindern und Jugendlichen Sicherheit im Umgang mit ihrem „virtuellen“ Gegenüber und macht es ihnen leichter, dessen Bedürfnisse und Absichten einschätzen zu können. An dem Sprachgebrauch im Chat kann aber auch der Gegenüber erkennen, ob er es mit einem Chat-Anfänger oder Chat-Experten zu tun hat. Kinder und Jugendliche, die durch die Verwendung der Chatsprache deutlich machen, dass sie sich auskennen und informiert sind, werden es leichter haben, sich von unangenehmen, sexuellen Angeboten abzugrenzen und trickreiche Überredungskünste Pädophiler zu stoppen. Wahl des Channels: Durch die Wahl des Channels kann man sich nicht wirklich schützen, da sich in jedem Channel auch Pädophile aufhalten können. Aber wenn man einen Channel mit dem Namen „Erotik“, „Flirt“ oder „Schwule und Lesben“ wählt, kann man 100%-ig sicher sein, in kürzester Zeit und fast ausschließlich sexuelle Gesprächsangebote zu bekommen. Sicherheitsregeln: Es gibt mittlerweile eine Menge guter Sicherheitstipps, die von verschiedenen Organisationen im Internet, aber auch über Flyer und Informationsbroschüren verbreitet werden (z. B. „Sicher surfen“ vom AJS, www.internet-seepferdchen.de, http://chatten-aber-sicher.pixsolution.de, www.blindekuh.de/fbitips.html). Eine ausführlichere Auflistung findet sich unter Literatur. Hier sollen nur einige wichtige Regeln in aller Kürze genannt werden: Seite 34 o Gib niemandem im Internet deine Adresse bzw. Telefonnummer, deine Kontoverbindung / Kreditkartennummer oder deinen richtigen Namen. o Schicke niemandem dein Bild. o Triff dich nicht allein mit jemandem, den du im Chat kennen gelernt hast. o Wenn du dich mit jemandem treffen willst, wähle einen öffentlichen Ort (z. B. Cafe oder Jugendzentrum). Es reicht nicht, einen Freund oder eine Freundin mitzunehmen. o Bleib nicht in einem Chatraum, in dem über Dinge gesprochen werden, die dir unangenehm sind oder die dir Angst machen. o Schütze deine Freunde und Bekannten, indem du auch von ihnen keine Namen, Adressen etc. im Chat weiter gibst. Kommunikation über den Chat Kinder und Jugendliche sind – was die Medienkompetenz angeht – den Erwachsenen heutzutage um Längen voraus. Das macht sie im Umgang mit dem Medium oft einsam. Wenn überhaupt, dann tauschen sie sich über Hard- und Softwareangelegenheiten mit gleichaltrigen Freunden aus. Andere Aspekte der Mediennutzung werden kaum kommuniziert. So ist es nicht verwunderlich, dass Kinder und Jugendliche meist über belastende oder verwirrende Erlebnisse, die sie im Chat gemacht haben, mit niemandem reden. Kontaktaufnahme, Sympathiebekundungen, Ablehnungen und Beleidigungen oder auch sexuelle Belästigungen laufen im Chat in einem Tempo ab, das für reale Kommunikationssituationen undenkbar wäre. Kinder und Jugendliche sind damit überfordert und brauchen vertrauenswürdige, reale Ansprechpartner und Foren, mit denen bzw. in denen sie sich darüber austauschen können. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie ChatBekanntschaften beurteilen können, was von Bedrohungen und Beleidigungen im Chat zu halten ist, welche Erwartungen sie an Chat-Beziehungen knüpfen können und wie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Chat-Freundschaften und realen Freundschaften aussehen kann, müssen Kinder und Jugendliche sich darüber mit anderen Gleichaltrigen und auch Erwachsenen austauschen können. Diese emotionalen Aspekte der Chat-Kommunikation finden im Moment kaum Beachtung – obwohl viele Kinder und Jugendliche, die chatten, dort schon unangenehme oder beängstigende Erlebnisse hatten. Grenzen setzen Der Chat reizt durch seine Anonymität, Grenzen zu überschreiten – nicht nur bei den Pädophilen, sondern auch bei den Kindern und Jugendlichen selbst. 12-14-Jährige nutzen den Chat vielfach, um erste Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen oder immer wieder auch, um „Leute zu verarschen“. In beiden Fällen ist es gerade der Reiz, Grenzen des höflichen Umgangs zu überschreiten. Im Chat kann z. B. ein 14-jähriger Junge ausprobieren, wie ein gleichaltriges Mädchen reagiert, wenn er es z. B. nach seiner Körbchengröße fragt. Die Neugierde treibt pubertierende Jugendliche in Channels mit eindeutig sexuellen Themen. In der Realität wäre die Hemmschwelle dagegen viel höher, in einen Sexshop oder ein Bordell zu gehen. Diese Neugierde, die sich mit Hilfe des Internets und des Chats auf sehr freizügige Art befriedigen lässt, macht den Schutz vor den Gefahren im Chat nicht einfach. Kinder – und besonders Jugendliche – müssen lernen, mit dieser Neugierde umzugehen und genau wie im realen Leben ihre Grenzen kennen zu lernen. Sie müssen ein Gespür dafür entwickeln, wann ihnen ein Chat-Kontakt zu weit geht und was sie dann tun können. Sie müssen aber auch wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich in diesem Bereich risikofreudig auf das Glatteis begeben. Obwohl sie sich im Chat manchmal als Gesprächspartner für sexuell gefärbte Gespräche anbieten, gehen ihnen die Reaktionen – besonders älterer Gesprächspartner oder Pädophiler - doch viel zu weit. So erzählte z. B. ein Seite 35 Jugendlicher in einem Klassengespräch, dass er von seiner Chat-Partnerin zwar gern ein Bild gehabt hätte, auf dem sie nur einen Bikini anhat. Als er aber ein Foto einer nackten jungen Frau bekam, war er schockiert und unangenehm berührt. Klar zu wissen, was man will und was man nicht will und das auch eindeutig und bestimmt zu äußern, ist im Chat fast noch wichtiger als im realen Leben, nicht zuletzt wegen der Geschwindigkeit, in der Stadien der Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung durchlaufen werden. Intimität hat im Chat eine andre Qualität als im realen Leben. Was man sich selbst und anderen im Chat zumuten kann, darüber besteht bei Kindern und Jugendlichen große Unklarheit und Unsicherheit. Diese Themen kann man nicht – wie z. B. die Sicherheitsregeln – in einem 10-Punkte-Plan abhandeln. Hier sind Gespräche mit Vertrauenspersonen wichtig. Hier können auch Hinweise besprochen werden, an denen ein Kind oder Jugendlicher erkennen kann, wann ein ChatGespräch in eine gefährliche Richtung abzudriften droht. Hierzu einige Beispiele aus dem Flyer „Sicher surfen“ vom AJS: - Wenn dich jemand zu etwas überreden oder zwingen will... Wenn dich jemand erpressen will oder dir droht... Wenn jemand „schweinische“ Wörter benutzt... Wenn dich jemand locken oder kaufen will... Wenn jemand dir großzügige Geschenke anbietet... (...) Wenn jemand hauptsächlich über dein Aussehen und deinen Körper reden will... (...)“ Eltern Interesse Auch wenn Eltern sich nicht persönlich für die vielfältigen Möglichkeiten des Internets interessieren, sollten sie ein Auge darauf haben, wofür sich ihr Kind interessiert. Je früher es zur Selbstverständlichkeit wird, dass der Vater oder die Mutter dem Kind am Computer mal über die Schulter schaut und Fragen stellt, um so leichter lässt sich das auch beim Jugendlichen weiterführen. Die oftmals technische Überlegenheit der Kinder muss hier kein Hindernis sein. Im Gegenteil: Welches Kind genießt es nicht, mal den Eltern etwas zu erklären. So können Eltern die ersten Schritte ihrer Kinder im Internet begleiten und bekommen eine Idee davon, wie ihre Kinder sich im Umgang mit diesem Medium verhalten: - Ist ein Kind eher vorsichtig oder risikobereit? - Wie verhält sich ein Kind, wenn es im Umgang mit dem Internet etwas herausfinden will? - Tauscht sich ein Kind mit Freunden über dieses Thema aus? Eltern sollten die Online-Freunde ihrer Kinder genauso ernst nehmen wie die Freunde aus der Klasse oder dem Sportverein. Wenn Kinder das erste Date mit ihrer Chat-Bekanntschaft bei sich zu Hause abhalten, ist das wesentlich sicherer als an vielen anderen Orten, und die Eltern bekommen mögliche Enttäuschungen oder Irritationen sofort mit und können ihr Kind unterstützen. Vertrauen und Verständnis Kinder brauchen ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern oder zu einer anderen erwachsenen Person. Zum Aufbau eines solchen Verhältnisses ist es sehr wichtig, die Interessen und Vorlieben des Kindes ernst zu nehmen. Zu strenge Verbote bezogen auf den Umgang mit dem Computer sind da eher hinderlich. Seite 36 Eltern sollten so detailliert über Gefahren im Umgang mit dem Internet oder auch über Gefahren des Chats informiert sein, dass sie eventuelle Alarmsignale ihres Kindes wahrnehmen und auch beim Computergebrauch ihres Kindes nach Ursachen suchen: - Zieht sich ein Kind zurück? - Ist ein Kind in letzter Zeit sehr bedrückt oder gereizt? - Scheint ein Kind etwas zu verheimlichen? - Dehnen sich die Zeiten vor dem Computer oder auch im Chat immer mehr aus? - Will ein Kind plötzlich nur noch für sich allein chatten? Falls ein Kind oder ein Jugendlicher nicht direkt mit den Eltern reden will, ist es manchmal sinnvoll, mit ihm über mögliche andere Ansprechpartner zu reden und dafür zu sorgen, dass jemand anderes ihm unterstützend zur Seite stehen kann. Kontrolle Kontrolle gehört zu den fürsorglichen Pflichten von Eltern. Da sollte der Umgang mit dem Computer nicht ausgeschlossen sein. o Eltern sollten wissen, auf welchen Internet-Seiten sich ihre Kinder bewegen und ihren Eindruck ab und zu überprüfen und aktualisieren. Das sollten sie offen mit ihren Kindern besprechen und dann auch tun. o Gerade bei jüngeren Kindern und Internet-Einsteigern ist es sinnvoll, eine EMailadresse einzurichten, bei der ankommende E-Mails erst von einem Erwachsenen kontrolliert werden. Die Gefahr, dass ein Kind überraschend mit pornographischem Bildmaterial konfrontiert wird, wird dadurch deutlich geringer. o Eltern sollten Wert darauf legen, sich ein Bild von Chat-Freunden machen zu können und sie –so wie Schulfreunde auch – im realen Leben kennen zu lernen, wenn das Kind den Kontakt intensiviert. Schule und Lehrer Medienkompetenz ist ein Schlagwort für einen - relativ – neuen Bildungszweig, der in die Schulen Einzug hält. Im Moment geht es dabei in erster Linie um technisches Wissen und „Know How“, wie man sich mit Hilfe des Computers und des Internets die Arbeit an einem Thema erleichtern kann. Der Chat bietet auch hier lohnende Möglichkeiten (z. B. thematische Foren zu bestimmten Fachbereichen, Englisch und Französisch sprechen und benutzen lernen, indem man sich mit Engländern und Franzosen im Chat trifft, eigene Chaträume einrichten, in denen sich Schüler einer Klasse oder einer AG unkompliziert austauschen können). Neben den Chancen der Medien sollten aber auch die Risiken in der Schule thematisiert werden. Anders als im Elternhaus hat die Schule die Möglichkeit, solch ein Thema auf vielfältige Weise und didaktisch aufbereitet zu vermitteln. Im Abschnitt „Information der Schüler innerhalb von Unterrichtseinheiten“ werden einige Ideen genannt und kurz erläutert. Rechtliche Grundlagen Seit dem 1. April 2004 ist ein Sexualstrafrecht in Kraft, das den Schutz von Kindern und Jugendlichen in Chaträumen verbessert. § 176 StGB stellt ab diesem Zeitpunkt sexuellen Missbrauch ohne Körperkontakt unter Strafe. Das heißt, wenn sich ein Erwachsener z.B. in einem Chatraum einem Kind (unter 14 Jahre) nähert und es zu sexuellen Handlungen auffordert, sich mit dem Kind zu sexuellen Handlungen verabredet oder ihm pornographische Handlungen oder Bilder zeigt, damit das Kind die gesehenen Handlungen wiederholt, macht er sich strafbar. Das Gesetz schreibt für solche und ähnliche Delikte eine Strafe von drei Seite 37 Monaten bis fünf Jahren vor. Die Tat kann erst verjähren, wenn das Opfer das 18. Lebensjahr vollendet hat. Sollte ein Kind oder ein Jugendlicher im Chat sexuell missbraucht worden sein, sollte die Polizei benachrichtigt werden. Dazu ist wichtig, möglichst folgende Informationen zu haben: Adresse der Internetseite das Datum die auf die Minute / Sekunde genaue Uhrzeit das Pseudonym des Täters und eventuelle die e-Mailadresse den ausgedruckten Chatdialog. Die Polizei sollte möglichst schnell benachrichtigt werden, da die Internetanbieter – wenn überhaupt – die Daten nur für einen begrenzten Zeitraum gespeichert haben. Anzeigen nimmt jede Polizeidienststelle entgegen. Es gibt aber auch auf sexuelle Ausbeutung spezialisierte Kriminalämter. Meldungen sind möglich unter www.lka.nrw.de . Ebenso kann man sich an die Stelle für Jugendschutz im Internet wenden (www.jugendschutz.net). Im Raum Kerpen kann man sich auch an den Opferschutz in Wesseling wenden (02236 / 89320 oder 02236 / 89324960). Seite 38 Konzept für eine Doppelstunde mit Live-Chat Ideen für Möglichkeiten, das Thema schon vorab im Fachunterricht anzureißen: 1. Im Klassenlehrerunterricht einen Steckbrief entwerfen lassen, den die Schüler(innen) gern ins Internet stellen würden 2. Im Kunstunterricht einen Text aus Satzzeichen, Buchstaben etc. Emoticon entwerfen lassen 3. Im Deutschunterricht einen Text entwerfen oder gestalten, in dem möglichst viele Emoticons und Abkürzungen wie „CU“ (für see you) vorkommen. 1. Stunde der Doppelstunde Fragestellung: Was ist eigentlich chatten? A. Allgemeine Einführung (5 Minuten) Lehrerin erzählt etwas zu den Projekttagen und zum Chatten allgemein (vielleicht, wie sie zum ersten Mal gechattet hat) Frage: Wer aus der Klasse hat schon mal selbst gechattet? Wie ist er / sie darauf gekommen? B. Inhaltliche Einführung (5 Minuten) Konkreter zum Thema: was ist ein Chat und wie geht das Als Visualisierungsmöglichkeit ein Plakat, auf dem die Metapher eines Hochhauses benutzt wird und so die Organisation eines Chats erklärt wird. (z.B. das ganze Hochhaus ist der Chat. Die einzelnen Channels sind Zimmer oder Wohnungen. Der Eingangsbereich ist vergleichbar mit den Hallen, die allen zugänglich sind u.s.w.) C. Die Schüler chatten paarweise (10 Minuten) Bei der Bildung der Paare soll darauf geachtet werden, dass immer ein erfahrener Chatter mit einem unerfahrenen zusammen sitzt, so dass der erfahrene den anderen anlernen kann. Ziel: Die Schüler sollen nicht lernen zu chatten, sondern nur einen Eindruck von dem Medium bekommen und dabei beobachten können, was sie daran mögen, was ihnen nicht gefällt oder was ihnen vielleicht auch unheimlich ist. Mittel: Wenn möglich soll für diese Phase ein Klassen-Channel eröffnen werden (z. B. über ein knuddel-Familymitglied, das selbst einen Channel öffnen kann). Wenn das nicht möglich ist, kann man auch in einen vorhandenen Channel gehen, in dem zu dem Zeitpunkt nicht so viel los ist. D. Klassengespräch (5 Minuten) Schüler tauschen sich über ihre Erfahrungen aus – vielleicht nur diejenigen, die sie in den vergangenen 10 Minuten gemacht haben, sie können aber auch Erlebnisse erzählen, die sie früher schon mal beim chatten hatten. E. Stillarbeit: Gefühle und Erfahrungen auf Metaplan-Kärtchen schreiben (10 Minuten) Auch hier können frühere Erlebnisse einfließen. Die Schüler, die zusammen am Computer gesessen haben, können die Kärtchen auch zusammen ausfüllen. F. Kärtchen geordnet nach positiv und negativ an eine Wand heften (10 Minuten) Seite 39 2. Stunde der Doppelstunde Ziel: In der zweiten Stunde soll an den eigenen negativen Gefühlen angesetzt werden und von da aus Lösungen gesucht werden, mit deren Hilfe sich die Schüler vor Missbrauch im Chat schützen können. A. Gefühle aufgreifen und besonders auf die genannten negativen Gefühle achten. Falls gar keine negativen Gefühle genannt werden, sollte Lehrerin Beispiele für Episoden nennen, bei denen es bei anderen Schülern schon zu negativen Gefühlen gekommen ist, Situationen, in denen sie sich bedroht gefühlt haben oder Angst hatten, sich verletzt oder beleidigt fühlten oder aber peinlich berührt waren. Lehrer(in) hat vorbereitete Beispiele, die sie/er gegebenen falls nutzen kann. Hier kann der Fokus schon klarer auf Missbrauchsfällen und sexueller Belästigung liegen. Anknüpfungspunkte für die Beispiele: - Wenn Schüler sagen, sie hätten gar nicht gewusst, mit wem sie jetzt eigentlich gechattet haben - Wenn Schüler beschreiben, dass sie im Chat von anderen beleidigt worden sind. - Wenn Schüler berichten, dass es ihnen nicht gut ging, da sie in dem ganzen Rummel niemanden gefunden haben, der mit ihnen chatten wollte - Wenn sich Schüler geschmeichelt fühlten, wenn sie ins Sep. eingeladen wurden. (10 Minuten) B. Lösungen suchen 1. Vorbeugende Lösungen: Das sind solche Lösungen, die die Gefahr herabsetzen können, im Chat belästigt zu werden (z. B. aussuchen des Channels; Aussuchen des Nicknames, keine persönlichen Daten weitergeben, Gestaltung des eigenen Profils) 2. Agierende Lösungen: Das sind Lösungen, die ich brauche, wenn ich bei Chatgesprächen schon ein komisches Gefühl bekomme oder jemand mich auf eine Art anspricht, die ich nicht mag (z.B. ignorieren, sich mit dem Chatter nicht weiter befassen, Mails und Bilder erst von Erwachsenen ansehen lassen, eine vertraute Person (große Geschwister) dazu holen, den Channel wechseln, den Computer aus machen. Hier aber auch, was kann ich machen, wenn ich mich mit einem total netten Chatter zum ersten Mal treffen möchte? 3. Nachbereitende Lösungen: Wenn mir bestimmte Sätze oder Bilder nicht mehr aus dem Kopf gehen oder ich Angst habe, wieder auf den gleichen Chatter zu treffen, oder Sorge habe, wieder so blöde Bilder/Filme geschickt zu bekommen, dann ist es gut, eine vertraute erwachsene Person einzuschalten und über die schlechten Gefühle zu sprechen. Dann kann man gemeinsam nach Lösungen suchen. Wichtige Bestandteile der zweiten Stunde: Siehe Flyer C. Brenzlige Beispielsituationen Zum Abschluss der Stunde nennt der oder die Lehrer/in brenzlige Beispielsituationen, in denen die Schüler auf dem Hintergrund der Stunde konkrete Lösungsmöglichkeiten überlegen sollen. Auf diese Weise können Schüler mit dem gelernten Stoff umgehen lernen. Zu Beginn der Pause können alle noch mal chatten, die gern möchten. Seite 40 Klassenlehrer(innen)stunde ohne Live-Chat Chatten: Was ist chatten und wie geht das? Wer kann das erklären und wer hat es noch nie gesehen? Zur Demonstration: Screenshot vom Chatten (z. B. Knuddel) als Folie auf Tageslichtprojektor Was ist toll am Chatten? Was denkt ihr, was häufig von anderen Chattern genannt wird? - andere Leute hochnehmen - alles schreiben können, ohne Ärger zu bekommen - sich mit anderen unterhalten können - streiten oder flirten - sich verwandeln können, ohne dass es einer merkt Was ist blöd am Chatten? Was denkt ihr, was häufig von anderen Chattern genannt wird? - dass manche nur Mist / Müll schreiben - dass man nicht weiß, wer der andere ist - dass manche einen treffen wollen oder die Handynummer haben wollen - dass Leute sehr schnell aufdringlich werden und man schnell nach CS (Cybersex), TS (Telefonsex) oder SB (Selbstbefriedigung) gefragt wird Fazit: - manche, die noch keine Erfahrung haben, haben auch Angst vor den „blöden“ Seiten beim Chatten - manche haben schon Chat-Erfahrung und haben auch schon negative Dinge erlebt - manche chatten nur mit Freunden/innen, die sie auch aus dem richtigen Leben kennen Welche Erfahrungen habt ihr gemacht, welche Gefühle habt ihr beim Chatten kennen gelernt? Was könnt ihr tun, wenn - ihr zum ersten Mal chatten wollt ihr euch einen Nickname überlegen müsst ihr ein Profil von euch anlegen wollt jemand blöde Sachen im Chat zu euch sagt ihr euch von jemandem bedrängt fühlt jemand euch ein Bild von sich schicken will sich jemand mit euch treffen will Wie könnte der Chat weitergehen? Lehrer(in) kann sich ein Beispiel ausdenken: Lehrer(in) ist jemand, der die Mädchen bedrängen will und reagiere immer auf das, was die Mädchen schreiben – kann an der Tafel gemacht werden Begleitend zur KlassenlehrerInnenstunde kann die Broschüre für Schülerinnen und Schüler genutzt werden, die von der Beratungsstelle erstellt wurde (siehe CD). Daneben kann man aber auch auf anderes Infomaterial zurückgreifen. Seite 41 Workshop über 4 Schulstunden mit Live-Chat Einführung ins Thema Chatten durch ein Klassengespräch Wer hat schon mal gechattet? Was ist toll / blöd am Chatten? Wer hat noch nie gechattet und warum? Was denkt ihr über diesen Workshop, was würde euch interessieren? Am Ende dieser Phase sollte man wissen, wie viele Schüler Chat-Erfahrung haben und wie viele nicht, warum die Nicht-Chatter nicht chatten und was die Schüler an dem Workshop interessiert. Konkretere Informationen zum Chatten mit Live-Demonstration Wer kann mal einen Chatraum vorstellen, in dem er häufig chattet? Oder Immer zwei Schüler(innen) chatten an einem Computer und stellen sich gegenseitig einen Chatraum vor (bzw. ein Chatter stellt einem Nicht-Chatter einen Raum vor) Oder Wenn möglich einen Chatraum eröffnen, in dem nur die Schüler dieses Workshops chatten können. Anschließendes Gespräch über Themen wie: Die Sprache im Chat Was habt ihr gerade im Chat erlebt; was hat euch gefallen, was nicht? Erkennt ihr Leute, die ganz neu im Chat sind (so genannte Newbies) und wenn ja woran? Wie habt ihr es schon mal geschafft, neue Leute im Chat kennen zu lernen? Kleingruppenarbeit “Was würdet ihr eurem Freund / eurer Freundin raten …“ zu z. B. diesen Themen: Wenn sie/er sich im Chat in jemanden verliebt hat, den sie sonst nicht kennt Wenn sie/er nach seiner Adresse und seiner Telefonnummer gefragt wird Wenn sie/er blöd angemacht wird oder sie/er mitbekommt, wie andere blöd angemacht werden Wenn sie/er sich einen guten Nickname ausdenken soll Wenn sie/er noch nie in einem Chat war und zum ersten Mal chatten möchte Wenn sie/er sich im Chat ein Profil oder eine Homepage anlegen möchte Anschließende Auswertung ist eine erste Einführung ins Thema „Gefahren im Chat und wie kann man sich schützen“. Ergebnisse sollten vielleicht auf Flipchart oder Folie (Tageslichtschreiber) festgehalten werden. Thema Nicknames: Was sagt ein Nickname aus und wie suche ich mir einen aus? Aufgabe in Großgruppe: Nennen von ca. 10 Nicknames, die an der Tafel für alle sichtbar aufgeschrieben werden. Danach soll jede Schülerin und jeder Schüler 4 Adjektive / Beschreibungen finden, die ihrer/seiner Meinung nach zu dem Nickname passen. Auswertung: Einige Adjektive bzw. Beschreibungen werden vorgestellt und hinter den Namen notiert. In der Auswertung soll deutlich werden, dass man sich durch den Nickname im Chat auf eine bestimmte Weise präsentiert und Phantasien bei den anderen über die eigene Person weckt. Eventuell Metapher: Durch eine bestimmte Art sich zu kleiden präsentiert man sich im realen Leben auch auf eine bestimmte Weise und möchte damit etwas aussagen. Seite 42 Anschließende Diskussion: Was sind gute Namen? Welche Namen sollte man nicht wählen, wenn man nicht blöd angemacht werden will? In Großgruppe sammeln und z. B. auf Flipchart festhalten Ist euch schon mal etwas Unangenehmes passiert beim Chatten oder seid ihr beim Chatten schon mal unangenehm angemacht worden? Kennt ihr jemanden, dem schon mal etwas Unangenehmes beim Chatten passiert ist, so dass er/sie sich nachher unwohl gefühlt hat oder sich peinlich berührt gefühlt hat? Zum Thema Täterstrategien (Hintergrundinformation: siehe Ursula Enders: Sexueller Missbrauch in den Chaträumen des Internets) Diskussion: Was glaubt ihr tun Täter, um das Vertrauen der Jugendlichen zu bekommen und was brauchen sie zu ihrer Befriedigung? Oder Lehrer(in) fängt an der Tafel oder am Tageslichtschreiber einen Dialog als Täter an, Schüler(innen) machen Vorschläge, wie sie reagieren würden oder wie sie schon mal reagiert haben. Hier kann man verschiedene Varianten an Dialogen durchführen. Zum Thema Prävention (Hintergrundinformation: siehe Broschüren zum Thema Prävention für Jugendliche) Sammeln zu Fragen wie: Was macht dich wütend im Chat; was macht dir Angst; worüber freust du dich; was erschreckt dich; was fordert dich heraus? Wodurch können Jugendliche sich schützen; was können sie tun, um im Chat nicht in komische Situationen zu kommen? Hier können Ergebnisse der vorhergehenden Arbeitseinheiten einbezogen und genutzt werden. Erfahrungen aus der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern zum Thema Gefahren im Chat Vielfach kommt es zu technischen Schwierigkeiten zu Beginn der Unterrichtseinheiten, wenn man mit einem Live-Chat arbeitet. Hier ist es sicher sinnvoll, alles vorab auszuprobieren und eventuell Experten einzuschalten. Es kann schwierig sein, innerhalb des Computerraums zwischen Unterrichtseinheiten am Computer und Einheiten ohne Computer zu wechseln. Viele Schüler(innen) können sich dann schlecht lösen und bei einer Gruppenarbeit oder einer Diskussion mitarbeiten. Falls das möglich ist, macht es Sinn, für die Unterrichtseinheiten den Raum zu wechseln. Es wurden durchaus gute Erfahrungen damit gesammelt (z. B. in einer einstündigen Unterrichtseinheit), Unterrichtseinheiten zu den Gefahren im Chat ohne eine LiveDemonstration im Chat durchzuführen. Falls es in der Klasse Schülerinnen oder Schüler gibt, die noch nie im Chat waren, kann man auch mit auf Folie kopierten Screenshots arbeiten, um diesen Schülern einen Eindruck vom Chat zu vermitteln. Erfahrungen aus den Unterrichtseinheiten Wenn mit einem Live-Chat gearbeitet werden soll, ist es wichtig, die technischen Möglichkeiten und Voraussetzungen genau zu prüfen und auszuprobieren. In den verschiedensten Schulen kam es immer wieder zu technischen Aussetzern – besonders, wenn nicht ein eigener Chatraum eingerichtet worden ist, sondern die Schüler in einen öffentlich zugänglichen Chat gehen sollten. Seite 43 Live-Chat-Unterrichtseinheiten und Diskussions- oder Arbeitseinheiten sollten vielleicht auch räumlich klar getrennt werden. Schüler(innen) sind ansonsten von den Computern sehr abgelenkt und versuchen immer wieder heimlich ins Netz oder in den Chat zu gehen. Nicht-Chatter in der Klasse können sich nach den vorliegenden Erfahrungen sehr schnell in das Thema einklinken und brauchen nur eine kurze allgemeine Einführung in das Thema „was ist Chatten“. Screenshots können hier ähnlich wirkungsvoll verwendet werden wie eine Live-Chat-Demonstration. Beispiele für negative Erfahrungen im Chat brauchen sich Lehrkräfte nicht mühsam vorab zu überlegen oder zusammensuchen. Hier gibt es in jeder Klasse eigene Beispiele oder Schüler(innen), die andere Jugendliche mit schlechten Erfahrungen kennen und davon berichten können. Seite 44 Unterrichtseinheit für den Politikunterricht Information der Eltern Um die Eltern etwas mit einzubeziehen und um eventuelle Vorbehalte vorab zu klären, kann man vor Beginn der Unterrichteinheit den Schülern eine Information an die Eltern mitgeben. Live-Chat Hier kann man einen eigenen Chatraum einrichten, oder aber auf bestehende Chaträume zurückgreifen (z. B. als sicher eingestufte Chats aus der Broschüre „Chatten ohne Risiko? Zwischen fettem Grinsen und Cybersex“). Hier kann man erfahrene Chatter mit unerfahrenen zusammen chatten lassen. Erstellen eines Ratgebers In der Gesamtgruppe oder auch in Kleingruppen stellen die Schülerinnen und Schüler einen Ratgeber mit dem Titel „Worauf muss ich beim Chatten achten“ zusammen. Anschließend können die Ergebnisse vorgestellt und über das Thema diskutiert werden. Hier können dann auch eigene Erfahrungen einfließen. Seite 45 Vorschlag für die Durchführung eines Workshops für Eltern über ca. 3 Schulstunden (mit Live-Chat) Einstieg (Aufhänger, um Interesse zu wecken) 10 Minuten Fragen zum Chatten wie bei Schülerveranstaltung: Wer hat schon mal gechattet? Wer chattet regelmäßig? Wissen Sie, ob Ihre Kinder chatten? Haben Sie Ihrem Kind schon mal beim Chatten über die Schulter gesehen? In welche Chaträume gehen Sie, wenn Sie chatten? Was reizt Sie am Chatten? Warum haben Sie noch nie gechattet? z.B. sich mit dem Nachbarn darüber austauschen, was man über das Chatten weiß und warum man chattet oder auch nicht chattet. Kurze Auswertung des Einstiegs im Plenum; so bekommt die Workshopleiterin oder der Workshopleiter einen Überblick darüber, was die Teilnehmer(innen) wissen und was nicht. Was ist Chatten Chat ist englisch und bedeutet Plausch oder Schwätzchen. Chatten ist die Möglichkeit, im Internet Gespräche mit anderen Personen zu führen, die sich zeitgleich auch im Internet – genauer in dem gleichen Chatraum - befinden. Als Kommunikationstechnologie ist das Chatten am ehesten mit dem Telefonieren zu vergleichen. Die Redepartner kommunizieren ohne Sichtkontakt. Chatten ist sozusagen eine zeitgleiche Distanzkommunikation. Chatten: Wie geht das? 15 Minuten Dieser Punkt kann mit oder ohne Verwendung eines Live-Chats durchgeführt werden. Wenn kein Live-Chat gewünscht oder möglich ist, kann man auch über Screenshots eine Einblick in die Art und Weise der Chatkommunikation geben. 1. Schritt: Anmeldung In den meisten Chaträumen muss man sich als neuer Nutzer anmelden. Das heißt man muss sich einen Nickname geben und ein Passwort angeben. In manchen Chats kann man sich aber auch als Gast einloggen (anmelden), das geht z. B. in Chatcity. 2. Schritt: Wahl eines Channels / Chatraums Anschließend kommt man auf eine neue Oberfläche, auf der man sich einen Chatraum oder Channel aussuchen kann. Meist gibt es unter einer www-Adresse (z. B. knuddels.de) sehr viele verschiedene Channels. Die Channels haben Namen, die schon etwas über ihre thematische Ausrichtung verraten. Beispiele für Channel-Namen: Flirt 45 Teenchat Biergarten Heiße Liebe Unter 20 Halle 3 Seite 46 Hausaufgaben Help 4 you Durch die Wahl des Channels kann man schon ein bisschen steuern, was einen erwartet. Dabei muss man sagen, dass man z. B. sexuelle Belästigungen nicht wirklich ausschließen sondern eher bewusst aufsuchen kann. Das heißt, im Schueler-Chat kann man nicht davon ausgehen, dass man nicht sexuell belästigt wird. Geht man aber in den Chanel „Heiße Liebe“ kann man sicher sein, dass man in kürzester Zeit sehr eindeutig in Richtung Cybersex angesprochen wird. Allgemein kann man sagen, es gibt Channels für Bestimmte Altersgruppen (z. B. unter 20) Bestimmte Themen (z. B. Heiße Liebe oder Hausaufgeben) Offene Channels (z. B. Halle 3) ohne thematische Ausrichtung Channels, in denen man Fragen zum Chat stellen kann (z. B. Help 4 you) Channels, in denen man Online-Spiele mit anderen spielen kann (z. B. Mafia im knuddels) 3. Schritt: Kontaktaufnahme Hat man einen Channel ausgewählt, wird meist von einer im Chat befindlichen Instanz im Channel bekannt gegeben, dass man den Raum betreten hat (z.B. Luisa14 betritt den Raum). Meist kann man in einem Channel über eine nebenstehende Liste sehen, wer sonst noch zur gleichen Zeit in diesem Channel / Chatraum ist. Jetzt kann man mit einzelnen Personen oder mit mehreren gleichzeitig chatten. Einen Chatter, der sich nur als Beobachter im Channel befindet, ohne sich an einem Gespräch zu beteiligen, nennt man Lurker. In manchen Chaträumen wird man dann allerdings von der Administration rausgeworfen. Das macht besonders in teilnehmerbegrenzten Chats Sinn, da dann wieder „gesprächswillige“ Chatter nachrücken können. 4. Schritt: Aufsuchen eines intimeren Kommunikationsraums (Anflüstern, Privatraum / Separee) Wenn man mit jemandem nicht vor allen anderen chatten möchte, kann man ihn anflüstern. Das heißt, man bleibt in dem vorher gewählten Channel, legt aber über eine bestimmte Funktion fest (ist von Chatraum zu Chatraum verschieden), dass der Text, den man schreibt, nur von einer bestimmten Person gesehen werden kann. Geht einem diese Form der privaten Kommunikation noch nicht weit genug, kann man den gewünschten Gesprächspartner oder die gewünschten Gesprächspartner auch ins Separee einladen. Das heißt, es wird ein privater Raum eingerichtet, in den die gewünschten Gesprächspartner und man selbst wechseln können. Im SEP ist man dann unter sich. Diese Möglichkeit wird vielfach von Personen gewählt, die mit bestimmten anderen Personen Cybersex haben wollen, wird aber genau so von Freunden genutzt, die sich einfach privater unterhalten möchten. Folie mit den 4 Schritten parallel zum Live - Chat Seite 47 Kurze Hintergrundinformationen 5 Minuten Chat-Technologien Was ist alles möglich, und wie können Jugendliche mit Informationen konfrontiert werden, die schockierend sind? Innerhalb eines Chatraums kann man sich nicht nur durch die Schriftsprache miteinander austauschen. Diese grundlegende Technologie ist mittlerweile kombinierbar mit anderen Möglichkeiten des Informationsaustausches: E-Mail: Innerhalb eines Chatraums wird eine Mailbox eingerichtet, die andere Chatter mit Post füllen können. Dazu brauchen sie nur meinen Nickname zu kennen. Verschicken von Bildern: Über diesen E-Mailweg können dann nicht nur Briefe sondern auch digitale Fotos und Videos verschickt werden. Webcam: Während des Chats kann man live eine Kamera mitlaufen lassen, die z.B. einen selbst zeigt, wie man gerade chattet. (Pädophile haben dann z.B. die Kamera zwischen ihre Beine gerichtet; es kann einem aber auch passieren, dass ein Pärchen möchte, dass man ihm beim beim Geschlechtsverkehr zuschaut und zuhört). Chatsprache, Motivation zu chatten (Chatkultur) Chatten ist: Anonym – wenn man möchte Zunächst sehr flüchtig, was den Kontakt angeht Man muss keine Sorge haben, den Chatpartner irgendwann mal wieder zu treffen Das Hin und Her innerhalb der Gespräche ist sehr schnell – niemand sitzt 10 Minuten vor dem Rechner und wartet auf eine Antwort, ohne zu wissen, ob überhaupt eine kommt. Dementsprechend ist die Chatsprache: Kurz Flüchtig bis unvollständig Sehr der Umgangssprache angeglichen Direkt Häufig sehr emotional Schnell – d.h. auch sehr schnell intim Emotionen werden vielfach durch Emoticons ausgedrückt Folie Großschreibung bedeutet aber auch z.B. schreien Was reizt Jugendliche am Chatten: Chatten ist eine sehr schnelle und unverbindliche Art, andere Leute zu treffen Manche Jugendliche sind zufrieden, wenn sie ihre Freunde im Chat treffen können und nicht immer nur mit ihnen telefonieren müssen Im Chat können Jugendliche Arten der Kommunikation ausprobieren, die sie sich im „richtigen Leben“ nicht trauen würden. Im Chat können Jugendliche ausprobieren, wie es ist, sich dem anderen Geschlecht zu nähern und welche Art der Kommunikation beim anderen Geschlecht gut ankommt. Manche Jugendliche trauen sich, im Chat Dinge über sich selbst zu erzählen, die sie im „wirklichen Leben“ lieber für sich behalten. Seite 48 Gefahren im Chat 15 Minuten Diesen Teil eher als Gespräch und Diskussion Beispielsätze von Schülern aus den Klassengesprächen 6. Klasse: Als der mich nach meiner Telefonnummer gefragt hat, habe ich ihm die Handynummer von meiner Freundin gegeben. 7. Klasse. Im Chat frage ich ein Mädchen auch schon mal nach seiner Körbchengröße, würde ich mich sonst nie trauen. 7. Klasse: Als ich die nach einem Foto gefragt habe, dachte ich, ich bekomme ein Bild von einem Mädchen in meinem Alter. Dann kam aber ein Bild von einer nackten erwachsenen Frau. Das wollte ich nicht. 5. Klasse: Und dann hat einer auf einmal geschrieben, sein Schwanz ist schon ganz groß und steif. 6. Klasse: Der Mann hat mich richtig verfolgt, immer wenn ich im Chat war, war er auch sofort da und hat mich blöd angemacht. Da habe ich richtig Angst bekommen. 6. und 7. Klasse: Ich habe etwas ganz Unangenehmes erlebt, darüber möchte ich hier aber nicht sprechen. 6. und 7. Klasse: Über die blöden und unangenehmen Dinge im Chat rede ich mit niemandem. 7. Klasse: Das merke ich doch ganz schnell, ob sich jemand als Jugendlicher ausgibt oder ob er wirklich so alt ist wie ich. Gespräch: Eltern fragen, was sie darüber denken, wie sie diese Aussagen einschätzen. Warum ist es so attraktiv, erotische Aktivitäten über den Chat auszuleben? Im Chat herrscht fast völlige Risikolosigkeit. Regel- und Normverletzungen können unbehelligt ausgeübt werden, ohne dass jemand zur Verantwortung gezogen werden kann. Hohe Verfügbarkeit: Chatten kann man rund um die Uhr. Besonders nachts, wenn man in der realen Umgebung keinen mehr so leicht erreichen kann, findet man im Chat immer einen Ansprechpartner. Kostengünstig: Das Internet und die Internetnutzung kostet nicht sehr viel. Sehr viele deutsche Haushalte sind in der Lage, sich einen Internetanschluss zu leisten und ihn auch zu nutzen. Schneller Rollenwechsel ist möglich: Auch wenn man mit einem Nickname Schiffbruch erlitten hat und eventuell sogar aus dem Chat geworfen wurde, kann man mit einem neuen Nickname und einem neuen Passwort im nächsten Moment wieder auftauchen und eine neue Kontaktaufnahme starten. Neue Form der Selbstinszenierung ist möglich: Wer sich sonst unattraktiv fühlt erlebt endlich positive Resonanz und fühlt sich geschmeichelt und begehrt. Direkte Ansprachemöglichkeiten: Im Chat braucht man keine lange Kennenlernphase, wenn man das nicht möchte. Hier kann man sehr schnell zum Thema Erotik und Cybersex übergehen, ohne bei den anderen Anstoß zu erregen. Viele potentiell bereitstehende Partner: Je nachdem, welchen Channel man sich ausgesucht hat, kann man sich streckenweise kaum retten vor Gesprächspartnern, die auch auf der Suche nach einem erotischen Abenteuer sind. Geht man z. B. bei Yahoo unter Romantik und Erotik in den Teenchat, so ist das, was dann kommt, alles andere als jugendfrei. Seite 49 (Auflistung in Anlehnung an Kollmann in Beißwenger, 2002 (Band 2, S. 345)) Die Gefahren, die durch die Neuartigkeit des Mediums Chat entstehen, sind vielfältig: Der im Chat vollzogene Rollenwechsel bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das „reale“ Selbstbild. Denkt sich jemand sehr intensiv in eine – teilweise – andersartige virtuelle Identität, hat das meist unkontrollierte Auswirkungen auf das Selbstbild und die Selbstwahrnehmung. Das kann positive Folgen haben (z.B. dass sehr zurückhaltende und kontaktscheue Personen über den Chat lernen, mit anderen in Kontakt zu treten und sich zu öffnen). Es kann aber auch negative Folgen haben (wenn z. B. im Chat ausgelebte Aggressionen zu einer Enthemmung im realen Leben führen). Jemand kann im Chat andere Personen – besonders Kinder und Jugendliche – massiv unter Druck setzen. Trotz der anfänglichen Anonymität kann eine Person (z. B. ein Pädophiler) auf unterschiedliche Arten Druck ausüben: o Er kann sich durch eine sehr verständnisvolle und vertrauenswürdige Art mit dem Kind oder dem Jugendlichen vertraut machen. Auf diese Weise macht er es dem Kind /Jugendlichen schwer, nein zu sagen und eventuell den Kontakt abzubrechen. Das schlechte Gewissen, dem netten Gesprächspartner vor den Kopf zu stoßen oder eine Abfuhr zu erteilen, können Pädophile hier ausnutzen. So kann es z. B. zu realen sexuellen Übergriffen und Vergewaltigungen kommen, ohne dass sich ein junges Mädchen in dem Moment wehrt. o Er kann auf die Scham- und Schuldgefühle der Jugendlichen hoffen. Sie werfen sich oft vor, dass sie viel zu lange eingewilligt haben oder nichts ahnend bestimmten Bedingungen zugestimmt haben. Belastende Erlebnisse im Chat werden dann häufig aus Schuldgefühlen und Empfinden von Peinlichkeit heraus nicht den Eltern oder anderen Erwachsenen erzählt. So bleibt der Täter weiter unbehelligt. o Er kann dem Kind oder Jugendlichen offen reale Gewalt androhen. Es gibt viele Möglichkeiten, die genaue Identität eines Kindes oder Jugendlichen heraus zu bekommen, wenn einige wenige Informationen geflossen sind (z. B. Alter, Wohnort und Schule). Auf diese Weise können Kinder und Jugendliche eingeschüchtert und gezwungen werden, Dinge zu tun oder auszuhalten, die gegen ihren Willen sind. Täter leben im Chat abnorme Bedürfnisse aus und finden Gleichgesinnte. Dadurch verschieben sich moralische Werte, und die Hemmschwelle wird herabgesetzt. Im Chat sind Dinge möglich, die im realen Leben aufgrund unserer gesellschaftlichen Werthaltungen undenkbar wären: Tiersex, Pädophilie, Betrug des realen Lebenspartners mit Chatbekanntschaften im Netz, Austausch über gewünschte/erträumte Gewaltexzesse etc.. In bestimmten Chaträumen und Foren treffen sich Gleichgesinnte und tauschen sich hemmungslos aus. Dabei geschieht das manchmal öffentlich, manchmal im Rahmen privater Räume, die nicht allen zugänglich sind und vor Polizei und strafrechtlicher Verfolgung gut geschützt sind. Dieses Äußern und Ausleben abnormer Bedürfnisse führt zu einer schrittweisen Enthemmung – nicht nur im Netz, sondern auch in der Realität. Das Finden anderer Personen mit ähnlichen Bedürfnissen und Gedanken verschiebt die Abnormalität unmerklich in den Bereich der Normalität. Täter fühlen sich mit ihren Gefühlen und Gedanken nicht mehr allein. Die Gemeinschaft macht sie stark. Langsam verwischt die Grenze zwischen Virtualität und Realität. Am Ende kann ein reales Verbrechen oder eine reale Vergewaltigung stehen. Ein Beispiel für so einen Prozess bietet der Fall des „Kannibalen von Rotenburg“, der derzeit durch die Presse gegangen ist. Seite 50 Jugendliche probieren Kontaktmöglichkeiten aus und finden die Grenze nicht mehr. Jugendliche sind neugierig und nutzen das Medium Chat auch, um mal zu sehen, was passiert, wenn ....... Sie fühlen sich hinter der Anonymität im Netz und im Angesicht der Ungestörtheit vor dem PC sicher. Grenzen, die in realen Kontakten klar eingehalten werden, fallen. Sowohl im sexuellen als auch im aggressiven Bereich werden neue Möglichkeiten und eventuelle eigene Stärken erprobt. Da im Chat sehr selten eine Kontrolle von außen erfolgt, sind sie auf ihre eigene Selbstkontrolle angewiesen. Das kann sehr schwierig werden und zu ungewollten, belastenden Erlebnissen führen. Die Täter und Opfer Weder bei den Tätern noch bei den Opfern lässt sich ein bestimmter Typus herauskristallisieren. Die Täter zeichnen sich im Chat teilweise durch große Hemmungslosigkeit und ein selbstbewusstes Auftreten aus. Sie sind offensiv und in manchen Channels sehr zahlreich. Nicht selten kommen sie ohne große Umschweife auf ihr Anliegen zu sprechen und stellen es als völlig normales Bedürfnis dar. Opfer sind nicht die „typischen“ Opfertypen, wie man sie aus Beschreibungen zum sexuellen Missbrauch oder auch zum Mobbing teilweise aus der Literatur kennt. Gefährdet sind alle Kinder und Jugendlichen, die ins Internet gehen und auch chatten. Da der erste Kontakt mit dem PC immer früher auftritt und auch die Computerkompetenz der jüngeren Kinder immer mehr zunimmt, werden auch die Opfer immer jünger. Die Scheu vor dem Medium hat ebenfalls eine abnehmende Tendenz, so dass Kinder und Jugendliche immer offensiver und risikobereiter ins Netz gehen. Das steigert ihre Gefährdung. Folien von Beispielkommunikationen aus dem Chat (z.B. aus Döring) 10 Minuten Pause Prävention und Schutz 15 Minuten Präventive Maßnahmen und Schutzmaßnahmen für die Nutzung von Internet und Chat sind noch nicht sehr lange Thema in unserer Gesellschaft. Lange wurde das Internet als quasi rechtsfreier Raum geduldet. Regeln entstanden bestenfalls aus der Nutzung heraus. Ethische und moralische Werte waren Privatsache. Langsam wird deutlich, dass das Internet zwar ein Medium mit gänzlich neuen Möglichkeiten ist, aber bestimmte Prozesse der Interaktion und Kommunikation eine ähnliche Dynamik und Wirkung haben wie im realen Leben. Beleidigungen können z. B. eine genauso verletzende Wirkung in der virtuellen wie in der realen Welt haben. Auch über das Netz kann eine - kilometermäßig vielleicht weit entfernte Person Macht über eine andere Person ausüben, sie einschüchtern und ihr Angst machen. Kinder und Jugendliche Für Kinder und Jugendliche ist das Internet und speziell auch der Chat ein spannendes und willkommenes Medium, das auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten ist. In der Altersgruppe zwischen 10 und 18 Jahren ist das Ausprobieren neuer Kontakt- und Seite 51 Beziehungsmöglichkeiten – und speziell auch der Kontakt zum anderen Geschlecht ein großes und wichtiges Thema. Die Chatkommunikation lebt von diesem Bedürfnis und bietet durch die hohe Verfügbarkeit und die Anonymität ganz neue Möglichkeiten auf diesem Gebiet. Von daher macht es keinen Sinn, dieses Medium zu verdammen oder zu verbieten. Auf diese Weise käme es nur zu einer noch größeren Verdunklung der Chataktivitäten. Information Ein wichtiges Standbein der Prävention vor Missbrauch im Chat ist die Information. Worüber sollten Kinder und Jugendliche unbedingt Bescheid wissen, bevor sie anfangen zu chatten? Technische Möglichkeiten: Viele Kinder und Jugendliche kennen nur eine Möglichkeit, sich im Chat vor rüder sexueller Ansprache oder Bedrohung zu schützen: den Chat verlassen und den Computer aus machen. Viele kennen nicht die Möglichkeit, sich bei der Administration (häufig in Form eines Butlers oder Lotsen) zu beschweren, so dass der unverschämte Gegenüber aus dem Chatraum ausgeschlossen wird. Auch gibt es die Möglichkeit des Ignorierens: D.h. man kann die Mitteilungen des störenden Chatters auf seinem Bildschirm ausblenden. Chattiquette: Die höflichen Umgangsformen für das Internet und speziell für den Chat sollten bekannt sein. Die Chattiquette macht deutlich, dass man es auch im Chat mit einem menschlichen Gegenüber zu tun hat und auch hier die alltäglichen gesellschaftlichen Regeln zum Umgang mit anderen gelten, was Kinder und Jugendliche gern vergessen, wenn sie den anderen nicht sehen und nicht hören können. Chatsprache: Die Chatsprache sollte zumindest in ihren Grundzügen bekannt sein. Manche Anbieter von Chaträumen schicken schon mit ihrer Anmeldebestätigung eine Zusammenfassung wichtiger Kürzel und Emoticons mit. Das Beherrschen der Chatsprache verleiht den Kindern und Jugendlichen Sicherheit im Umgang mit ihrem „virtuellen“ Gegenüber und macht es ihnen leichter, dessen Bedürfnisse und Absichten einschätzen zu können. An dem Sprachgebrauch im Chat kann aber auch der Gegenüber erkennen, ob er es mit einem Chat-Anfänger oder Chat-Experten zu tun hat. Kinder und Jugendliche, die durch die Verwendung der Chatsprache deutlich machen, dass sie sich auskennen und informiert sind, werden es leichter haben, sich von unangenehmen, sexuellen Angeboten abzugrenzen und trickreiche Überredungskünste Pädophiler zu stoppen. Wahl des Channels: Durch die Wahl des Channels kann man sich nicht wirklich schützen, da sich in jedem Channel auch Pädophile aufhalten können. Aber wenn man einen Channel mit dem Namen „Erotik“, „Flirt“ oder „Schwule und Lesben“ wählt, kann man 100%-ig sicher sein, in kürzester Zeit und fast ausschließlich sexuelle Gesprächsangebote zu bekommen. Sicherheitsregeln: Es gibt mittlerweile eine Menge guter Sicherheitstipps, die von verschiedenen Organisationen im Internet aber auch über Flyer und Informationsbroschüren verbreitet werden (z. B. „Sicher surfen“ vom AJS, www.internet-seepferdchen.de, http://chatten-aber-sicher.pixsolution.de, www.blindekuh.de/fbitips.html). Eine ausführlichere Auflistung findet sich im Abschnitt „Literatur, Links, Broschüren“. Hier sollen nur einige wichtige Regeln in aller Kürze genannt werden: o Gib niemandem im Internet deine Adresse bzw. Telefonnummer, deine Kontoverbindung / Kreditkartennummer oder deinen richtigen Namen. o Schicke niemandem dein Bild. o Triff dich nicht allein mit jemandem, den du im Chat kennen gelernt hast. Seite 52 o Wenn du dich mit jemandem treffen willst, wähle einen öffentlichen Ort (z. B. Cafe oder Jugendzentrum). Es reicht nicht, einen Freund oder eine Freundin mitzunehmen. o Bleib nicht in einem Chatraum, in dem über Dinge gesprochen werden, die dir unangenehm sind oder die dir Angst machen. o Schütze deine Freunde und Bekannten, indem du auch von ihnen keine Namen, Adressen etc. im Chat weiter gibst. Kommunikation über den Chat Kinder und Jugendliche sind – was die Medienkompetenz angeht – den Erwachsenen heutzutage um Längen voraus. Das macht sie im Umgang mit dem Medium oft einsam. Wenn überhaupt, dann tauschen sie sich über Hard- und Softwareangelegenheiten mit gleichaltrigen Freunden aus. Andere Aspekte der Mediennutzung werden kaum kommuniziert. So ist es nicht verwunderlich, dass Kinder und Jugendliche meist über belastende oder verwirrende Erlebnisse, die sie im Chat gemacht haben, mit niemandem reden. Kontaktaufnahme, Sympathiebekundungen, Ablehnungen und Beleidigungen oder auch sexuelle Belästigungen laufen im Chat in einem Tempo ab, das für reale Kommunikationssituationen undenkbar wäre. Kinder und Jugendliche sind damit überfordert und brauchen vertrauenswürdige, reale Ansprechpartner und Foren, mit denen bzw. in denen sie sich darüber austauschen können. Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sie ChatBekanntschaften beurteilen können, was von Bedrohungen und Beleidigungen im Chat zu halten ist, welche Erwartungen sie an Chat-Beziehungen knüpfen können und wie ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Chat-Freundschaften und realen Freundschaften aussehen kann, müssen Kinder und Jugendliche sich darüber mit anderen Gleichaltrigen und auch Erwachsenen austauschen können. Diese emotionalen Aspekte der Chat-Kommunikation finden im Moment kaum Beachtung – obwohl viele Kinder und Jugendliche, die chatten, dort schon unangenehme oder beängstigende Erlebnisse hatten. Grenzen setzen Der Chat reizt durch seine Anonymität, Grenzen zu überschreiten – nicht nur bei den Pädophilen, sondern auch bei den Kindern und Jugendlichen selbst. 12-14-Jährige nutzen den Chat vielfach, um erste Kontakte zum anderen Geschlecht zu knüpfen oder immer wieder auch, um „Leute zu verarschen“. In beiden Fällen ist es gerade der Reiz, Grenzen des höflichen Umgangs zu überschreiten. Im Chat kann z.B. ein 14-jähriger Junge ausprobieren, wie ein gleichaltriges Mädchen reagiert, wenn er es z. B. nach seiner Körbchengröße fragt. Die Neugierde treibt pubertierende Jugendliche in Channels mit eindeutig sexuellen Themen. In der Realität wäre die Hemmschwelle dagegen viel höher, in einen Sexshop oder ein Bordell zu gehen. Diese Neugierde, die sich mit Hilfe des Internets und des Chats auf sehr freizügige Art befriedigen lässt, macht den Schutz vor den Gefahren im Chat nicht einfach. Kinder – und besonders Jugendliche – müssen lernen, mit dieser Neugierde umzugehen und genau wie im realen Leben ihre Grenzen kennen zu lernen. Sie müssen ein Gespür dafür entwickeln, wann ihnen ein Chat-Kontakt zu weit geht und was sie dann tun können. Sie müssen aber auch wissen, worauf sie sich einlassen, wenn sie sich in diesem Bereich risikofreudig auf das Glatteis begeben. Obwohl sie sich im Chat manchmal als Gesprächspartner für sexuell gefärbte Gespräche anbieten, gehen ihnen die Reaktionen – besonders älterer Gesprächspartner oder Pädophiler - doch viel zu weit. So erzählte z. B. ein Jugendlicher in einem Klassengespräch, dass er von seiner Chat-Partnerin zwar gern ein Bild gehabt hätte, auf dem sie nur einen Bikini anhat, als er aber ein Foto einer nackten jungen Frau bekam, war er schockiert und unangenehm berührt. Seite 53 Klar zu wissen, was man will und was man nicht will und das auch eindeutig und bestimmt zu äußern, ist im Chat fast noch wichtiger als im realen Leben, nicht zuletzt wegen der Geschwindigkeit, in der Stadien der Kontaktaufnahme und Beziehungsgestaltung durchlaufen werden. Intimität hat im Chat eine andere Qualität als im realen Leben. Was man sich selbst und anderen im Chat zumuten kann, darüber besteht bei Kindern und Jugendlichen große Unklarheit und Unsicherheit. Diese Themen kann man nicht – wie z.B. die Sicherheitsregeln – in einem 10-Punkte-Plan abhandeln. Hier sind Gespräche mit Vertrauenspersonen wichtig. Hier können auch Hinweise besprochen werden, an denen ein Kind oder Jugendlicher erkennen kann, wann ein ChatGespräch in eine gefährliche Richtung abzudriften droht. Hierzu einige Beispiele aus dem Flyer „Sicher surfen“ vom AJS: - „Wenn dich jemand zu etwas überreden oder zwingen will... Wenn dich jemand erpressen will oder dir droht... Wenn jemand „schweinische Wörter benutzt... Wenn dich jemand locken oder kaufen will... Wenn jemand dir großzügige Geschenke anbietet... (...) Wenn jemand hauptsächlich über dein Aussehen und deinen Körper reden will... (...)“ Eltern Interesse Auch wenn Eltern sich nicht persönlich für die vielfältigen Möglichkeiten des Internets interessieren, sollten sie ein Auge darauf haben, wofür sich ihr Kind interessiert. Je früher es zur Selbstverständlichkeit wird, dass der Vater oder die Mutter dem Kind am Computer mal über die Schulter schaut und Fragen stellt, um so leichter lässt sich das auch beim Jugendlichen weiterführen. Die oftmals technische Überlegenheit der Kinder muss hier kein Hindernis sein. Im Gegenteil: Welches Kind genießt es nicht, mal den Eltern etwas zu erklären. So können Eltern die ersten Schritte ihrer Kinder im Internet begleiten und bekommen eine Idee davon, wie ihre Kinder sich im Umgang mit diesem Medium verhalten: Ist ein Kind eher vorsichtig oder risikobereit? Wie verhält sich ein Kind, wenn es im Umgang mit dem Internet etwas herausfinden will? Tauscht sich ein Kind mit Freunden über dieses Thema aus? Eltern sollten die Online-Freunde ihrer Kinder genauso ernst nehmen wie die Freunde aus der Klasse oder dem Sportverein. Wenn Kinder das erste Date mit ihrer Chat-Bekanntschaft bei sich zu Hause abhalten, ist das wesentlich sicherer als an vielen anderen Orten, und die Eltern bekommen mögliche Enttäuschungen oder Irritationen sofort mit und können ihr Kind unterstützen. Vertrauen und Verständnis Kinder brauchen ein vertrauensvolles Verhältnis zu ihren Eltern oder zu einer anderen erwachsenen Person. Zum Aufbau eines solchen Verhältnisses ist es sehr wichtig, die Interessen und Vorlieben des Kindes ernst zu nehmen. Zu strenge Verbote bezogen auf den Umgang mit dem Computer sind da eher hinderlich. Eltern sollten so detailliert über Gefahren im Umgang mit dem Internet oder auch über Gefahren des Chats informiert sein, dass sie eventuelle Alarmsignale ihres Kindes wahrnehmen und auch beim Computergebrauch ihres Kindes nach Ursachen suchen: - Zieht sich ein Kind zurück? - Ist ein Kind in letzter Zeit sehr bedrückt oder gereizt? Seite 54 - Scheint ein Kind etwas zu verheimlichen? - Dehnen sich die Zeiten vor dem Computer oder auch im Chat immer mehr aus? - Will ein Kind plötzlich nur noch für sich allein chatten? Falls ein Kind oder ein Jugendlicher nicht direkt mit den Eltern reden will, ist es manchmal sinnvoll, mit ihm über mögliche andere Ansprechpartner zu reden und dafür zu sorgen, dass jemand anderes ihm unterstützend zur Seite stehen kann. Kontrolle Kontrolle gehört zu den fürsorglichen Pflichten von Eltern. Da sollte der Umgang mit dem Computer nicht ausgeschlossen sein. o Eltern sollten wissen, auf welchen Internet-Seiten sich ihre Kinder bewegen und ihren Eindruck ab und zu überprüfen und aktualisieren. o Gerade bei jüngeren Kindern und Internet-Einsteigern ist es sinnvoll, eine EMailadresse einzurichten, bei der ankommende E-Mails erst von einem Erwachsenen kontrolliert werden. Die Gefahr, dass ein Kind überraschend mit pornographischem Bildmaterial konfrontiert wird, wird dadurch deutlich geringer. o Eltern sollten Wert darauf legen, sich ein Bild von Chat-Freunden machen zu können und sie –so wie Schulfreunde auch – im realen Leben kennen zu lernen, wenn das Kind den Kontakt intensiviert. Präventionsmöglichkeiten der Eltern (Arbeitsgruppen) 20 Minuten Kleingruppenarbeit 20 Minuten Darstellung mögliche Fragen für die Kleingruppenarbeit: a. Wie können Elternpflegschaftsvertreter das Thema weiter in die Klassen (vornehmlich zu den Eltern) tragen b. Wie können Eltern zu Hause bei ihren Kindern Präventionsarbeit leisten? c. Was muss ich selbst über das Chatten wissen Ergebnisse pro Arbeitsgruppe werden auf einer Folie zusammengetragen Auswertung der Kleingruppenarbeit und weitere Planung 10 Minuten