Cindy Sherman Retrospektive
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Cindy Sherman Retrospektive
KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Cindy Sherman Retrospektive 2. Dezember 2006 – 28. Januar 2007 Pressekonferenz: Donnerstag, 30. November 2006, 12 Uhr Eröffnung: Freitag, 1. Dezember 2006, 20 Uhr Die Ausstellung Cindy Sherman wurde vom Jeu de Paume, Paris organisiert und vom Kunsthaus Bregenz, dem Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, Dänemark und dem Martin-Gropius-Bau, Berlin, koproduziert. Schon in ihren frühesten Arbeiten vor mehr als dreißig Jahren bedient sich Cindy Sherman fast ausschließlich ihrer eigenen Person als Modell und Gegenstand ihrer Inszenierungen. In ihren Serien stellt sie mit Hilfe unterschiedlicher Accessoires (Schminke, Kostüme, Prothesen) erfundene Personen dar und fotografiert sie im Studio. Auf diese Weise schafft sie eines der bedeutendsten Werke unserer Zeit, das ausschließlich die Fotografie als Träger benützt. Abwechselnd parodistisch, bissig, manchmal brutal, inszenieren diese Arbeiten eine Galerie von Figuren in Anlehnung an kulturelle und soziale Stereotype, um sie und die unterschiedlichen Möglichkeiten ihrer Darstellung zu hinterfragen: Mittelseiten in Illustrierten, Werbung, Kino, klassische Malerei, etc. Im Hintergrund wird eine subtile Analyse der individuellen Identität, insbesondere der weiblichen, spürbar, sowie der Fantasien, die sie auslöst und der Kräfte, denen sie ausgesetzt ist. Dieses Eintauchen in ungewisse und konfliktbeladene Bereiche, wo die Identität des Individuums mit dem kollektiven Unbewussten, mit Stereotypen und symbolischer Macht ringt, erfolgt zuweilen spielerisch, dann wieder düster, wenn sie Schrecken oder Ekel, verstümmelte oder entstellte Körper darstellt. Die hier gezeigte Retrospektive mit Arbeiten aus den Jahren 1975 bis 2005 erlaubt einen Blick auf die Entwicklung ihrer Arbeit, ihre üppige Karl-Tizian-Platz Postfach 371 A-6901 Bregenz Telefon (+43-55 74) 4 85 94-0 Fax (+43-55 74) 4 85 94-408 E-Mail [email protected] Web www.kunsthaus-bregenz.at 2/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Erfindungsgabe, die unterschiedlichen Kraftlinien, die sie strukturieren und die komplexen Fragestellungen, die sie aufwirft. Etappen der Ausstellung - Louisiana Museum of Modern Art, Humlebæk, Dänemark, 9. Februar bis 13. Mai 2007 - Martin-Gropius-Bau Berlin, 13. Juni bis 10. September 2007 Besuchen Sie die Website der Künstlerin: www.cindysherman.com Die im Kunsthaus Bregenz gezeigte Retrospektive umfasst mehr als 250 Werke, zum Großteil aus den bekanntesten Serien: - Doll Clothes, 1975 - Untitled ABCDE, 1975 - Untitled from Bus Riders, 1976-2005 - Murder Mystery, 1976-2000 - Untitled Film Stills, 1977-1980 - Rear Screen Projections, 1980 - Centerfolds or Horizontals, 1981 - Pink Robes, 1982 Untitled, 1982 Fashion, 1983-1984 Fairy Tales, 1985 Disasters, 1986-1989 History Portraits, 1988-1990 Civil War, 1991 Sex Pictures, 1992 Fashion, 1993-1994 Horror and Surrealist Pictures, 1994-1996 Masks, 1995-1996 Broken Dolls, 1999 Hollywood Portraits, 2000-2002 Clowns, 2003-2004 B/W super 8 film, 2’22 x 5 photographs: the complete series x 20 x 17: the complete series x 70: the complete series x 12 x 12: the complete series x3 x4 x7 x5 x7 x 24 x3 x9 x6 x9 x 10 x8 x 12 x 10 3/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Lebenslauf Cindy Sherman ist 1954 in Glen Ridge, einem Vorort von New York (New Jersey) geboren. Sie studierte zunächst Malerei, dann Fotografie in Buffalo. Damals lernte sie einen Menschen kennen, der entscheidenden Einfluss auf ihr Leben haben sollte, den Künstler Robert Longo. Mit Longo und Charles Clough, einem befreundeten Künstler, schuf Cindy Sherman einen Raum für unabhängige Künstler, Hallwalls genannt, wo sie mit anderen jungen Künstlern ausstellte. Nach dem Studienabschluss 1976 beschloss sie, sich in New York niederzulassen, wo sie 1977 begann, sich selbst zu fotografieren. Die Verwendung ihres eigenen Bildes in ihren Fotografien wurde damals ein Grundprinzip ihrer Arbeit. Cindy Sherman lebt und arbeitet in New York. Zahlreiche Ausstellungen (Einzel- oder Gruppenausstellungen) wurden weltweit mit den Arbeiten von Cindy Sherman organisiert. Hier einige der wichtigsten in den letzten Jahren: 1997: 1999: 2001: 2003: 2004: Cindy Sherman: The Complete Untitled Film Stills, MoMA, New York CAPC de Bordeaux Nikolaj Copenhagen Contemporary Art Center Scottish National Gallery of Modern Art, Edinburgh Fashioning Fiction – In Photography since 1990, MoMA, New York Auszüge aus dem Text von Régis Durand veröffentlicht im Ausstellungskatalog Cindy Sherman (gemeinsam verlegt von Flammarion und Jeu de Paume im Mai 2006) „Bis auf wenige Ausnahmen werden die Arbeiten von Cindy Sherman sowohl im Buch als auch in der Ausstellung in großen Serien gezeigt, ihrer Zusammengehörigkeit entsprechend und meist in chronologischer Reihenfolge. Obwohl übergreifende Stränge und Überschneidungen stets möglich sind (einige werden im Folgenden suggeriert) und die Grenzen zwischen den Serien manchmal fließend sind, können Serie und Chronologie als eine der Grundbedingungen im Werk der Künstlerin bezeichnet werden. Diese Konstellation ermöglicht es, sowohl die starke 4/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman innere Kohärenz als auch die ständige Weiterentwicklung der Arbeit nachzuvollziehen. Ein solcher Werdegang beeindruckt durch seine Strenge, seinen Erfindungsreichtum und seine beständige Vertiefung. Er verblüfft auch durch seinen Witz und seine Extravaganz, die jedoch auch über eine eher düstere Komponente verfügen, die mit der Unmöglichkeit, das Ich zu erfassen und mit der Allgegenwart von Illusion und Tod zu tun hat. Dieses Werk, das sich an der Oberfläche zu bewegen scheint und mit Trugbildern spielt, hält der Betrachtung Stand und hütet sein Geheimnis. Dieses Geheimnis gehört nicht zu denen, die eine bessere Information oder ein systematischerer Zugang zu lüften imstande wären. Denn es hängt zusammen mit der Identität des Menschen, mit seiner Fähigkeit, sich selbst zu erkennen und zu verkennen, sich darzustellen und sich parallele Leben zu erfinden – einer Fähigkeit, über die kein anderes Lebewesen verfügt. (...) A Cindy Book, c. 1964-1975 Bus Riders, 1976-2005 Murder Mystery, 1976-2000 Bei A Cindy Book geht es um ein Fotoalbum, wie sich viele Jugendliche eines zusammenstellen, um darin liebevoll die Erinnerungen an wichtige Momente ihres Lebens zu bewahren. Der Unterschied besteht darin, dass hier nicht der fragliche Augenblick wichtig ist, sondern das eigene Bild in der Fotografie: That’s me, das bin ich in verschiedenen Lebensaltern, in den Ferien in Maine, bei der Hochzeit meiner Cousine, bei meinem ersten Ball, etc. Alles läuft so ab, als könnte das Subjekt gar nicht aufhören, sich zu erkennen, zu identifizieren inmitten der Anderen, in Entzücken zu verfallen über die eigene Existenz, über die Unterschiedlichkeit der Umstände, die Plastizität des eigenen Seins, in Verbindung mit der Kontinuität einer Identität. (...) Mit Bus Riders (1976-2005) fand die grundlegende Umkehr statt. Es ist nicht mehr ein hysterisiertes Ich, das seine multiple Präsenz und sein Bedürfnis nach Anerkennung in einer Vielfalt von Erscheinungsformen und Umständen hinausschreit. Ganz im Gegenteil wird sich dieses Ich durch Simulierung spielerisch die Vielzahl der Identitäten derer aneignen, die es umgeben. (...) Murder Mystery (1976-2000) schafft ein fiktives, in sich geschlossenes Universum. Die dargestellten Figuren sind die mutmaßlichen Protagonisten einer Meldung aus den Lokalnachrichten, sie sind die obligate Besetzung für dieses Ereignis. Das Subjekt / der Regisseur setzt sie für uns in kurzen 5/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Momentaufnahmen ein, wie ein Autor von Kriminalromanen, und liefert sie unserer Neugier und unserer Scharfsicht aus. Wir als Betrachter/Leser sind aufgefordert, Indizien aufzuspüren, Hypothesen zu konstruieren: das könnte in der besseren Gesellschaft geschehen (es gibt ein Dienstmädchen, einen Butler, Menschen, die reiten, elegante Kleider tragen, etc.). Es gibt einen Fotografen und einen Detektiv, eine Femme fatale, die unvermeidlichen Zeugen ... (...) Die Kunst liegt im Make-up und in der Verkleidung, mit Hilfe derer das Subjekt sich virtuos alle Rollen aneignet, in einem Ansatz, der etwas Kindliches und triumphierend Fröhliches bewahrt. (...) Untitled A-E, 1975 Diese kurze Serie aus fünf Arbeiten erscheint im Rückblick wie ein Wendepunkt. Sehr homogen inszeniert sie fünf Porträts von jungen Frauen, die den Betrachter anlächeln. Gleichzeitig kommt das Subjekt hier in Formen vor, die man dann später wieder findet (der Clown, die junge Naive), die jedoch hier mit sehr wenigen Kunstgriffen bearbeitet werden, auf eine Art, die an Kinderspiele erinnert. Die narrative Dimension tritt in den Hintergrund, zugunsten einer knapperen, weniger schwatzhaften Form: das sind Anzeichen für mögliche Fiktionen oder Universen, und nicht so sehr für Erzählungen. (...) Untitled Film Stills, 1977-1980 Diese Werkgruppe ist zweifellos die wichtigste Serie im ersten Teil des Werks von Cindy Sherman. Ihre 69 Teile bilden eine Welt von Avataren des Subjekts, das sich nun stärker konstruierte Identitäten erfindet, mit Accessoires und Kulissen, ohne deswegen notwendigerweise expliziter zu werden. Diese fröhliche Lust an der Verwandlung bedient sich in unterschiedlichen Welten: den Stereotypen des Alltagslebens (die junge Hausfrau, die Studentin, etc.), aber auch in der Literatur, Malerei, und natürlich im Film (der italienische Neorealismus oder der amerikanische Film Noir zum Beispiel). (...) Der große Erfolg dieser Werkgruppe beruht auf der von der Künstlerin gehaltenen Spannung zwischen der unmittelbaren Identifizierung einer Referenz oder eines Stereotyps (was leicht zu einem etwas oberflächlichen Spiel werden kann), und einem Projektionsraum für die Fantasie und den Wunsch des Betrachters nach Fiktion. Alle diese Szenen sind speziell für ihn konstruiert, es sind Vorstadien von Fiktion. (...) 6/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Rear Screen Projections, 1980 Mit dieser Serie wechselt Cindy Sherman von Schwarz-Weiß zur Farbe und zu deutlich größeren Formaten (50,8 x 61 cm). Sie arbeitet auch erstmals mit einem neuen Verfahren: die Figur wird jetzt vor einem Hintergrund fotografiert, auf den ein Bild projiziert wird, das als „Kulisse“ dient. (...) Das Subjekt erscheint nun in eher vertrauten Formen, die weniger unmittelbar mit kulturellen oder sozialen Referenzen verknüpft sind – junge, „modern“ wirkende Frauen, festgehalten vor einer Kulisse (im Innenoder Außenbereich), in Halbnahe oder Großaufnahme, manchmal aus der Bildmitte versetzt, ertappt im Lauf einer narrativen Situation, die auf Anhieb schwierig zu identifizieren ist. (...) Centerfolds/Horizontals, 1981 Diese horizontalen großformatigen Aufnahmen (61 x 122 cm) greifen das Prinzip der Mittelseiten bestimmter Mode- oder Unterhaltungsmagazine auf. Sie entstanden aufgrund eines Auftrags der Zeitschrift Artforum, die sich dann übrigens weigerte, sie zu veröffentlichen. Der Bildausschnitt zeigt die Protagonistin in Nahaufnahme, meist liegend oder sitzend; gewählt wurde die Vogelperspektive, was den Eindruck verstärkt, dass etwas passiert ist oder im Begriff ist, zu passieren. (...) Was in dieser Serie wichtig erscheint, ist die Konzentration auf die Protagonistin (auf Kosten der Kulisse oder des Hintergrundes), und damit auf das Detail der Verwandlungen, die durch Make-up, Frisur oder Kleidung mit ihr geschehen. Die Kleidung bekommt eine besondere Bedeutung und wird geradezu zum eigentlichen Rahmen, in den sich die Protagonistin einfügt. (...) Pink Robes, 1982 Untitled #102-116, 1982 Fashion, 1983-1984 Fashion, 1993-1994 Die Bedeutung von Stoffen und Kleidern wird in dieser Gruppe von im Abstand von zehn Jahren produzierten Arbeiten klar, in denen sie das wesentliche Subjekt darstellen. In der Serie Pink Robes scheinen der Ausdruck und die generelle Mimik des Gesichts eine Person zu suggerieren, die beim Aufstehen überrascht wird, oder während sie aus dem Bad kommt, das Kleidungsstück in einer schamhaften Geste an den Körper gepresst. Die Serie verfährt in subtilen Variationen, gleichzeitig chromatisch und stilistisch, wie eine Serie von Studien nach alter Art über Schattierungen einer Farbe und den Fall eines 7/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Kleidungsstückes, aber durchdrungen und pervertiert durch das verwirrende Gefühl von Intimität, das von ihm ausgeht. Diese Schlüssel-Serie entwickelt sich dann in zwei verschiedene Richtungen. Einerseits (in Untitled #102-116) eine Reihe von Frauen in noch kleinerem Bildausschnitt, mit hartem Gesichtsausdruck und kontrastierter ausgeleuchtet; andererseits zwei Serien von so genannten „Mode“-Fotos (Fashion), im Abstand von ungefähr zehn Jahren, aber einander angenähert durch die Rolle, die Kleider von großen Modeschöpfern spielen, die hier von der Künstlerin wie eine ihrer üblichen Verkleidungen behandelt werden. Fairy Tales, 1985 Disasters, 1986-1989 Die „Märchen“ von Cindy Sherman haben sehr viel von einem Alptraum, aber man weiß, dass das oft so ist und dass das Wunderbare gefährlich nahe bei der „beunruhigenden Fremdheit“ und sogar beim Makabren liegt. Jede Spur von Realismus verschwindet hier zugunsten des Kunstgriffs und des Nicht-Menschlichen. Die Künstlerin arbeitet zum ersten Mal mit sichtbaren Prothesen und Puppen. Sie inszeniert gleichzeitig groteske und rätselhafte Visionen. (...) Es ist die Welt der Märchen im Allgemeinen, wo das Fantastische regiert, hier in seiner groteskesten und verstörendsten Version dargestellt. (...) History Portraits/Old Masters, 1988-1990 Sex Pictures, 1992 Das groteske Element, das in den früheren Serien in Erscheinung tritt, entfaltet sich hier in seiner komischen Ausprägung (Bei Cindy Sherman ist das Komische nie sehr weit entfernt. Sie vergnügt sich an seinen Überspitzungen, und man nimmt in ihrer Arbeit die reine Freude am Spiel wahr, am Theater und seinen Requisiten, bis in die düstersten Bilder). Was die Serie der History Portraits charakterisiert, ist zunächst offensichtlich, dass es sich um Porträts in der klassischen Bedeutung des Begriffs handelt. Das Subjekt posiert in verschiedenen Aufmachungen, Kostümen und Prothesen, die bisweilen explizit auf Werke der alten Meister verweisen. (...) Mit den Sex Pictures wird ein weiterer Schritt gemacht, weil etwas, das zum Leben gehört (die Sexualität) nur mehr durch Unbelebtes, durch Puppen dargestellt wird (...). Die Sex Pictures pendeln zwischen obszönen Ansichten des Körpers und Abbildungen von speziellen Praktiken. Aber das Wesentliche liegt nicht in den Details der Posen und der Praktiken, 8/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman sondern im verstörenden Charakter dieser Entmenschlichung der sexuellen Begierde, in der Tatsache, dass diese gewissermaßen an Puppen delegiert wird, deren obszöner Exhibitionismus sie auf verwirrende Weise „menschlich“ macht. Hier haben wir es mit einer beunruhigenden Welt zu tun, angesiedelt zwischen Menschlichem und Nicht-Menschlichem, wo alle Überschreitungen möglich erscheinen, wie in den Phantasmagorien der Werke von Bosch. (...) Civil War, 1991 Horror and Surrealist Pictures, 1994-1996 Diese beiden Serien knüpfen an die vorhergehende an, mit ihren zerstückelten, auf Teilobjekte reduzierten Körpern. In den Civil War Pictures sehen wir Details von Leichen, im Wesentlichen Füße und Hände, die am Boden liegen, mit dem sie sich bald vermischen werden. (...) Der „Bürgerkrieg“, um den es hier geht, (...), ist auch der, der in der heutigen Welt wütet, mit der ganz normalen anonymen Gewalt, von der die „kleinen“ vergessenen Kriege zeugen, die Zeitungsmeldungen, und die Leichenschauhäuser überall auf der Welt. (...) Die Phantasmagorie bezieht sich hier nicht mehr einzig auf ein Teilobjekt, die Geschlechtsteile oder verstreuten Gliedmaßen. Sie scheint den ganzen Körper zu erfassen – einen zerstückelten, offensichtlich wieder zusammengesetzten Körper, in dem die verschiedenen Teile nun ein monströses Eigenleben zu führen scheinen und zur Entstehung von verstörenden Golems führen. Masks, 1994-1996 Masken kommen bereits, und zusehends mit mehr Nachdruck, in den Sex Pictures und in den Horror and Surrealist Pictures vor. Ihre immer häufigere Verwendung erklärt sich möglicherweise durch den Wunsch der Künstlerin, nicht mehr „selbst“ in ihren Bildern aufzuscheinen, sondern gewissermaßen die Last der Verkleidung und des Agierens an unbelebte Substitute zu delegieren. Daher die Masken, aber auch die Puppen und die Schatten, und sogar die völlige Abwesenheit einer identifizierbaren Figur. In der Serie Masks wird die Maske selbst zum Subjekt des Bildes, zum Subjekt schlechthin, und scheint sich dort ein Eigenleben zuzulegen. (...) Broken Dolls, 1999 In dieser Serie von Schwarz-Weiß-Fotografien verschwindet jede Spur einer Präsenz (...) zugunsten von verstümmelten, verrenkten, in obszönen Stellungen angeordneten Puppen. Die Inszenierungen erinnern an die in den Sex Pictures, manchmal sogar an die Horror Pictures. Was bei ihnen 9/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman auffällt, ist ihre Intensität und die Fähigkeit dieser erniedrigten Objekte, diese zu kommunizieren. (...) Hollywood/Hampton Types, 2000-2002 Laut Cindy Sherman sollten „die Figuren gescheiterte oder vergessene Schauspieler sein (im wirklichen Leben Sekretärinnen, Hausfrauen oder Gärtner), die für Porträts sitzen, um sich für einen Job zu bewerben. Diese Leute versuchen, sich so gut wie möglich zu verkaufen. (...) Die Porträts bilden eine zugleich komische und aufwühlende Serie. (...) Diese Stiefkinder des Traums von Hollywood verweisen uns selbstverständlich auf unsere eigenen Illusionen und auf unser ständiges Bedürfnis nach Aufmerksamkeit und Anerkennung. Sie sind zwar Karikaturen, aber kaum schlimmer als im „wirklichen Leben“, an das sie erinnern. (...) Clowns, 2003-2004 Das Werk von Cindy Sherman musste zwangsläufig eines Tages auf die Figur des Clowns stoßen. Ihr Interesse an Maskerade und Verkleidung, die Mischung aus Grotesk und Ernst, die Hysterie des Chamäleons, all das rief nach dem Clown, der im Übrigen bereits in früheren Arbeiten präsent war. (...) Die ganze karnevaleske Dimension im Werk von Cindy Sherman, alles was darin an Widersprüchlichem und Exzessivem vorkommt, wird in der Figur des Clowns verdichtet. Man weiß, dass er etwas Beunruhigendes hat – unter der fröhlichen Maske liegt etwas Abgründiges, zuweilen depressiv, dann wieder pervers. Er wird der Kindheit und damit der diesem Alter eigenen Ambivalenz zugeordnet. Die Clowns von Cindy Sherman bleiben nicht innerhalb der Codes ihrer Art. Ihre Aufmachung und ihre Schminke liegen außerhalb der Normen. (...) 10/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Cindy Sherman Ausstellungskatalog, gemeinsam verlegt von Flammarion und Jeu de Paume Mit Texten von Jean-Pierre Criqui, Régis Durand, Laura Mulvey Von ihren ersten Schwarz-Weiß-Fotografien, den Untitled Stills, bis zu ihrer neuesten Serie Clowns ist Cindy Sherman eine der wichtigsten Figuren der aktuellen Kunst- und Kulturszene. Wie Régis Durand sagt: „Ihr Werdegang beeindruckt durch seine Strenge, seinen Erfindungsreichtum und seine beständige Vertiefung. Er verblüfft auch durch seinen Witz und seine Extravaganz, die jedoch auch über eine eher düstere Komponente verfügen, die mit der Unmöglichkeit, das Ich zu erfassen und mit der Allgegenwart von Illusion und Tod zu tun hat. Dieses Werk, das sich an der Oberfläche zu bewegen scheint und mit Trugbildern spielt, hält der Betrachtung Stand und hütet sein Geheimnis. Dieses Geheimnis gehört nicht zu denen, die eine bessere Information oder ein systematischerer Zugang zu lüften imstande wären. Denn es hängt zusammen mit der Identität des Menschen, mit seiner Fähigkeit, sich selbst zu erkennen und zu verkennen, sich darzustellen und sich parallele Leben zu erfinden – einer Fähigkeit, über die kein anderes Lebewesen verfügt.“ Dieser Katalog ist wie eine richtige Monographie konzipiert und umfasst alle Werke in der Ausstellung, 200 Reproduktionen, in Serien präsentiert und chronologisch angeordnet. Jede Serie wird durch einen Essay von Régis Durand, dem Kurator der Ausstellung, kommentiert. Zwei allgemeine ergänzende Essays von Laura Mulvey und Jean-Pierre Criqui analysieren das Werk der Künstlerin. Gemeinsam mit der Grafikfirma deValence konzipiert, ist dieser Katalog sowohl ein Nachschlagewerk als auch ein Buchobjekt. Die Autoren Régis Durand ist Leiter des Jeu de Paume und Kurator der Ausstellung. Laura Mulvey ist Professorin für Filmkunst und Bilderstudien am Birckbeck College, Universität London. Jean-Pierre Criqui ist Kunstkritiker und Chefredakteur der „Cahiers du Musée national d’Art moderne“. 288 Seiten, 200 Abbildungen Format: 24,5 x 28,5 cm Preis: 49,90€ 11/12 KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Partner und Sponsoren Das Kunsthaus Bregenz bedankt sich bei seinen Partnern für die großzügige finanzielle Unterstützung und das damit verbundene kulturelle Engagement. Sponsor der Haussponsor KUB Arena des Kunsthaus Bregenz Hypo Landesbank Vorarlberg KUB 06.06 Presseinformation Cindy Sherman Kunsthaus Bregenz Ausstellungsort/Veranstalter Kunsthaus Bregenz Karl-Tizian-Platz A-6900 Bregenz Direktor Eckhard Schneider Kurator Rudolf Sagmeister Kurator der Ausstellung Régis Durand Leiter des Jeu de Paume, Paris Presse- und Öffentlichkeitsarbeit Birgit Albers Tel (+43-55 74) 4 85 94-413 Fax (+43-55 74) 4 85 94-408 [email protected] Pressefotos per download: www.kunsthaus-bregenz.at Kunstvermittlung Winfried Nußbaummüller Tel (+43-55 74) 4 85 94-417 Fax (+43-55 74) 4 85 94-408 w.nussbaummueller@ kunsthaus-bregenz.at Publikationen Katrin Wiethege Tel.: (+43-55 74) 4 85 94-416 Fax: (+43-55 74) 4 85 94-408 [email protected] Editionen Caroline Schneider Tel.: (+43-55 74) 4 85 94-444 Fax: (+43-55 74) 4 85 94-408 [email protected] Öffnungszeiten Di – So 10 – 18 Uhr Donnerstag 10 – 21 Uhr