A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz

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A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
1.
Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 HPflG:
a)
Die Anspruchsgegner muss Betriebsunternehmer einer Schienenoder Schwebebahn sein.
Betreiber einer solchen Bahn ist, wer diese für eigene Rechnung in
Gebrauch hat und die dazu erforderliche Verfügungsgewalt besitzt.
Schienenbahnen: Alle Fahrzeuge, die zum wiederholten Transport von
Menschen oder Gütern über nicht ganz unbeutende Entfernungen mit
beträchtlicher Geschwindigkeit bestimmt sind und sich dabei auf
Schienen fortbewegen.
Schwebebahnen: Sie haben dieselbe Zweckbestimmung wie
Schienenbahnen, berühren aber nicht die Erde, sondern bewegen sich
an Schienen oder an Drahtseilen (Seilschwebebahnen) fort.
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Professor Dr. Elmar Mand
Vertiefung im Haftungsrecht
A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
1.
Anspruchsvoraussetzungen des § 1 Abs. 1 HPflG:
b)
Tod oder Verletzung eines Menschen oder Sachbeschädigung
c)
Bei Betrieb der Schienen- oder Schwebebahn
Bei Betrieb: Zum Betrieb zählen Vorbereitung, Durchführung und
Abschluss des Transports von Personen oder Gütern mit
Bahnfahrzeugen.
Es muss sich zudem eine dem Bahnbetrieb eigentümliche Gefahr
realisiert haben (z.B. durch Bewegung auf Schienen ohne
Ausweichmöglichkeit; hohe Geschwindigkeit, die rasches Anhalten
erschwert; die Wucht hoher Transportmassen bei Kollisionen;
Möglichkeit des Entgleisens; Massenandrang als Folge der
Massenbeförderung).
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Vertiefung im Haftungsrecht
A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
2.
Kein Haftungsausschluss:
a)
gem. § 1 Abs. 2 HPflG durch höhere Gewalt
Höhere Gewalt liegt vor, wenn das Schadensereignis mit
wirtschaftlich erträglichen Mitteln auch durch äußerste, nach der
Sachlage vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht verhütet
oder unschädlich gemacht werden kann (zuletzt BGH, Urt.v.
19.1.2006, Az: III ZR 121/05)
b)
gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 HPflG:
Nr. 1: Beschädigung einer zur Aufbewahrung angenommenen Sache
Nr. 2: Beschädigung einer beförderten Sache, außer Fahrgast führte
sie mit sich
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A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
3.
Haftungsumfang des HPflG
a)
Im Falle der Tötung gem. § 5 HPflG:
Ersatz der Kosten einer versuchten Heilung, des Verdienstausfalls
und der Betreuungskosten (§ 5 Abs. 1 S. 1 HPflG)
Ersatz der Beerdigungskosten (§ 5 Abs. 1 S. 2 HPflG)
Zahlung einer Geldrente an Dritte, soweit der Getötete während
der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des
Unterhalts verpflichtet gewesen wäre (§ 5 Abs. 2 S. 1 HPflG i.V.m.
§ 8 Abs. 1 HPflG)
b)
Im Falle der Körperverletzung gem. § 6 HPflG:
Ersatz der Heilungskosten, des Verdienstausfalls und der
Betreuungskosten (Satz 1)
Schmerzensgeld (Satz 2)
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Vertiefung im Haftungsrecht
A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
3.
Haftungsumfang des HPflG:
Haftungshöchstgrenze gem. § 9 HPflG:
600.000 € im Falle der Tötung oder Verletzung oder jährlicher
Rentenbetrag von 36.000 € (jeweils pro Geschädigtem)
Mitwirkendes Verschulden gem. § 4 HPflG:
Mitwirkendes Verschulden ist entsprechend § 254 BGB bei dem
Umfang des zu leistenden Ersatzes zu berücksichtigen.
4. Verjährung gem. § 11 HPflG:
Entsprechende Anwendung der für unerlaubte Handlungen geltenden
Verjährungsvorschriften des BGB
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Vertiefung im Haftungsrecht
A. Haftung nach dem Haftpflichtgesetz
Außerdem im Haftpflichtgesetz geregelt:
Haftung des Inhabers einer Energieanlage gem. § 2 Abs. 1 S. 1
HPflG (Haftung des Anlageninhabers für technisches Versagen)
Haftung sonstiger Betriebsunternehmer (Bergwerk, Steinbruch,
Grube, Fabrik) gem. § 3 HPflG
(Haftung des Betreibers für menschliches Versagen,
Sonderregelung im HPflG erforderlich, da § 278 BGB mangels
Schuldverhältnis unanwendbar, d.h. Ausschluss der
Exkulpationsmöglichkeit nach § 831 BGB)
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B. Haftung nach dem
Pflichtversicherungsgesetz
Regelungsgegenstand des PflVG:
§ 1 PflVG verpflichtet den Halter eines Kfz oder Anhängers mit
regelmäßigem Standort im Inland für sich und ggf. den Kfz-Eigentümer
und den Fahrer eine Haftpflichtversicherung zur Deckung der durch
den Gebrauch des Fahrzeugs verursachten Personenschäden,
Sachschäden und sonstigen Vermögensschäden abzuschließen.
Die Haftung nach dem PflVG dient dazu, dem Geschädigten mit
dem Haftpflichtversicherer einen solventen Schuldner zur Verfügung
zu stellen.
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B. Haftung nach dem
Pflichtversicherungsgesetz
Haftungssystem des PflVG:
Der Geschädigte kann den Schädiger selbst aus § 7 StVG oder § 823
BGB auf Schadensersatz in Anspruch nehmen. Dieser hat einen
Rückgriffsanspruch gegen die Versicherung nach Maßgabe des
Versicherungsvertrages oder nach gesamtschuldnerischen
Innenausgleich, vgl. § 3 Nr. 9 PflVG .
Der Geschädigte kann gem. § 3 Nr. 1 S. 1 PflVG den Schaden auch
unmittelbar gegenüber dem Versicherer geltend machen.
Das Gesetz gewährt dem Geschädigten auf Grund eines gesetzlich
angeordneten Schuldbeitritts in der Person des Versicherers einen
Schuldner für seinen quasi-deliktischen Schadensersatzanspruch
gem. § 1 PflVG.
Der Versicherer und der ersatzpflichtige Versicherungsnehmer haften
gem. § 3 Nr. 2 PflVG als Gesamtschuldner.
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B. Haftung nach dem
Pflichtversicherungsgesetz
Beachte:
Der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Versicherer ist kein
Anspruch aus dem Versicherungsvertrag, sondern überwiegend
deliktsrechtlicher Natur, wenn er auch infolge seiner Anknüpfung an
das Versicherungsverhältnis gewisse versicherungsrechtliche Züge
aufweist. („Quasi-deliktische Haftung“, vgl. BGHZ 57, 265 [269 f.] und
zuletzt BGH, Urt. v. 13.12.2005, Az: VI ZR 68/04, Rn. 12).
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B. Haftung nach dem
Pflichtversicherungsgesetz
Haftungsvoraussetzungen des Direktanspruchs gem. § 3 Nr. 1 PflVG:
1. Voraussetzungen des § 1 Nr. 1 PflVG:
Versicherungsverhältnis zwischen Schädiger und Anspruchsgegner
(Versicherung)
Personen- oder Sachschaden
Durch Gebrauch eines Kraftfahrzeugs (Kausalität)
Auf öffentlichen Wegen oder Plätzen
2. Kein Haftungsausschluss infolge Befreiung von der Versicherungspflicht gem.
§ 2 Abs. 1 PflVG
(Im Falle eines Haftungsausschlusses ist § 2 Abs. 2 i.V.m. § 1 Abs. 1 PflVG die
einschlägige Anspruchsgrundlage)
3. Anzeige des Schadensereignisses, aus dem der Dritte einen Anspruch
herleiten will, gegenüber dem Versicherer innerhalb von zwei Wochen nach dem
Schadensereignis in Textform gem. § 3 Nr. 7 PflVG (anderenfalls gilt gemäß § 158 e
VVG Haftungsbeschränkung auf den bei rechtzeitiger Anzeige angefallenen Schaden)
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B. Haftung nach dem
Pflichtversicherungsgesetz
Weitere Haftungsvoraussetzungen des Direktanspruchs gem. § 3 Nr. 1 PflVG:
4. Verjährung:
Der Direktanspruch gem. § 3 Nr. 1 PflVG unterliegt gem. § 3 Nr. 3 PflVG der
gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen
Versicherungsnehmer.
5. Rechtsfolge:
Schadensersatz gem. §§ 249 ff. BGB.
Beachte:
Gem. § 3 Nr. 1 S. 2 PflVG hat der Versicherer den Schadensersatz immer in Geld zu
leisten.
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Vertiefung im Haftungsrecht
C. Haftung nach dem Umwelthaftungsgesetz
Anwendungsbereich des UmweltHG:
Wird durch Umwelteinwirkungen bestimmter Anlagen der Tod eines
Menschen, eine Körperverletzung oder eine Sachbeschädigung
verursacht, ist der Inhaber der Anlage gem. § 1 UmweltHG zum
Schadensersatz verpflichtet.
Ein Schaden entsteht gem. § 3 Abs. 1 UmweltHG durch eine
Umwelteinwirkung, wenn er durch Stoffe, Erschütterungen,
Geräusche, Druck, Strahlen, Gase, Dämpfe, Wärme oder sonstige
Erscheinungen verursacht wird, die sich in Boden, Luft oder Wasser
ausgebreitet haben.
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C. Haftung nach dem Umwelthaftungsgesetz
Der Inhaber haftet auch für Umwelteinwirkungen von noch nicht
fertig gestellten Anlagen gem. § 2 Abs. 1 UmweltHG und für
Schäden, die von nicht mehr betriebenen Anlagen verursacht
werden gem. § 2 Abs. 2 UmweltHG
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Vertiefung im Haftungsrecht
C. Haftung nach dem Umwelthaftungsgesetz
Haftungsvoraussetzungen im Überblick:
1.
Inhaber einer Anlage i.S.d. Anhangs 1 zu § 1 UmweltHG.
Anlagen sind gem. § 3 Abs. 2 UmweltHG ortsfeste Einrichtungen wie
Betriebsstätten und Lager
Dazu zählen gemäß § 3 Abs. 3 UmweltHG auch Zubehör.
2.
Tod eines Menschen, Körperverletzung oder Sachbeschädigung
3.
Durch eine Umwelteinwirkung entstanden, d.h. der zum Schaden führende
Verlauf muss seinen Weg über die Umwelt genommen haben (Vergiftung
durch Genuss von mit Chemikalien aus einer Fabrik verseuchtem
Grundwasser)
4.
„Ausgehen“ der Umwelteinwirkung von dieser Anlage
Haftet der Produzent bei Grundwasserverseuchung durch den mit der
Beseitigung der giftigen Abfälle beauftragten Entsorgungsunternehmer?
(+) wenn er die Gefahren durch Heranziehung eines unzuverlässigen
Unternehmens verschuldet hat (BGH, NJW 1976, 46 ff.)
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C. Haftung nach dem Umwelthaftungsgesetz
Haftungsvoraussetzungen im Überblick:
5.
Kausalität wird gem. § 6 Abs. 1 S. 1 UmweltHG nach den Umständen des
Einzelfalls widerleglich (vgl. § 7 Abs. 1 UmweltHG) vermutet; Vermutung ist
gem. § 6 Abs. 2 UmweltHG bei nachzuweisendem bestimmungsgemäßem
Betrieb ausgeschlossen.
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C. Haftung nach dem Umwelthaftungsgesetz
Rechtsfolge:
Sofern die Voraussetzungen des § 1 UmweltHG bzw. § 2 i.V.m. § 1
UmweltHG erfüllt sind, haftet der Inhaber der Anlage gem. § 15 S. 1
UmweltHG den Geschädigten verschuldensunabhängig bis zu einem
Höchstbetrag von 85 Millionen € pro schädigender Umwelteinwirkung.
Gem. § 13 S. 2 UmweltHG ist auch Schmerzensgeld zu leisten.
Haben mehrere Anlagenbetreiber den Schaden kumulativ oder alternativ
verursacht, haften sie als Gesamtschuldner gem. § 830 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2
BGB.
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