Erfahrungsbericht über Erasmus-Studium an der AGH Kraków im

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Erfahrungsbericht über Erasmus-Studium an der AGH Kraków im
Erfahrungsbericht über Erasmus-Studium an der AGH Kraków im Fach
Markscheidewesen und Geodäsie vom 16.02.2009-31.01.2010
Den Entschluss, einen Teil meines Studiums in Krakau zu machen, hatte ich während vorangegangener Besuche gefasst. Die Atmosphäre der Stadt und die Möglichkeit des Erwerbs
eines Doppeldiploms waren hierbei wichtige Punkte für diese Entscheidung. Leider bekam
ich erst nach einem Monat ein Zimmer im Wohnheim zugewiesen, die Suche nach einem
preiswerten Einzelzimmer gestaltete sich bis dahin durchaus schwierig, da einige Vermieter
„spezielle“ (also höhere) Preise für Erasmus-Studenten haben.
Trotz der netten Betreuung durch meinen Koordinator, Prof. Hejmanowski, und durch das
Internationale Studentenbüro taten sich am Anfang doch erhebliche Probleme bei den
„kleinen“ Dingen des Alltags auf, die gar nicht mehr so klein sind, wenn man die
Landessprache nicht beherrscht. Im
Nachhinein kann ich vor allem den
Besuch eines Intensivsprachkurses
empfehlen, nach dem man die meisten
Situationen auch allein meistern kann,
da Englisch und Deutsch nur selten
weiterhelfen.
An der AGH besuchte ich Vorlesungen
über Markscheidewesen, Bergschadenlehre, Geoinformationssystems und
Umweltschutz, allesamt gehalten auf
Polnisch.
Der Hauptunterschied zu
deutschen Vorlesungen ist die eher
verschulte Form des Unterrichts, auch werden PowerPoint, Polylux oder Skripte nur
sporadisch eingesetzt, jedoch schreibt man regelmäßig Leistungskontrollen, was zum
ständigen Lernen verpflichtet.
Campus der AGH
Leider werden nur wenige Veranstaltungen
in englischer Sprache angeboten, insgesamt
sind auch weit weniger Austauschstudenten
an der AGH eingeschrieben als in Freiberg.
Das liegt sicherlich in den noch immer
vorhandenen Vorurteilen gegen ehemalige
Ostblockstaaten. Nach mehrmonatigem
Aufenthalt kann ich jedoch versichern, dass
diese Klischees unbegründet sind.
Institut für Markscheidewesen und
Umweltingenieurwesen
Ich bekam einen umfassenden Einblick in das polnische (Studenten-)Leben, besonders fielen
mir dabei die Unterschiede zu Deutschland auf. 2- oder 3-Personen-Zimmer sind die Regel,
Dusche und WC teilen sich bis zu 10 Studenten; der Pragmatismus der Polen lässt daraus
allerdings keine Probleme entstehen und das Zusammenleben klappt einwandfrei. Speziell
die Gastfreundlichkeit hat mich immer wieder beeindruckt, auch die enthusiastische Freude
gegenüber Ausländern, die versuchen, Polnisch zu lernen. Niemand kann verstehen, wie
jemand freiwillig die Schwierigkeit auf sich nimmt, eine der kompliziertesten Sprachen der
Welt, und dazu gehört Polnisch, zu erlernen. Man kann zwar studienbegleitend einen
Sprachkurs besuchen, jedoch sollte man zusätzlich noch weitere Lernmethoden
ausprobieren, empfehlenswert ist vor allem ein Sprachtandem, bei dem beide Partner davon
profitieren. Kleiner Tipp: Man kann auch bereits in Deutschland ein Tandem gründen, in
Freiberg suchen regelmäßig Austauschstudenten nach Partnern.
Marktplatz im Stadtzentrum mit Tuchhallen und Rathausturm
Das Leben neben der Uni unterscheidet sich deutlich von dem im beschaulichen Freiberg,
kein Wunder bei der Einwohnerzahl Krakaus von 750.000. Unzählige Bars und Kneipen in der
Altstadt (definitiv eine der schönsten Europas und auch zum Weltkulturerbe der UNESCO
erklärt) laden dank der niedrigen Preise zur Einkehr ein, auch finden regelmäßig Konzerte
aller Musikrichtungen statt. Das Preisniveau in Polen ist vor allem bei Mieten und im
gastronomischen Bereich deutlich niedriger, jedoch gleichen sich die Kosten für Lebensmittel
langsam dem Weststandard an, man kann allerdings mit 400-450€ im Monat sehr gut leben
und muß keine Einschränkungen hinnehmen.
Anlaufpunkt für internationale Studenten
ist das ESN (Erasmus Student Network), das
zahlreiche Veranstaltungen (Kino- und
Theaterbesuche, Sportaktivitäten) und
Ausflüge organisiert, schließlich findet man
in der näheren Umgebung Krakaus genug
Ziele, wie z.B. das Salzbergwerk Wieliczka
oder den polnischen Wintersportort
schlechthin, Zakopane. Der Süden Polens
beherbergt eine Menge an Nationalparks
und unzählige geschichtsträchtige Plätze,
Exkursion zum Braunkohlentagebau Bełchatów
auch sind die Reisekosten so gering, daß
Wochenendausflüge
nach
Warschau,
Schlesien, Posen und sogar bis an die Ostsee finanziell erschwinglich sind.
DER Höhepunkt des studentischen
Jahres sind die Studententage im Mai,
die Juwenalia. Traditionell ziehen am
Freitag Studenten aller Krakauer
Universitäten (davon gibt es eine
Menge) in Verkleidung zum Marktplatz
im Stadtzentrum und veranstalten eine
Stimmung wie bei einem Volksfest. An
vielen Orten finden Gratiskonzerte und
Kulturaufführungen statt, die ganze
Stadt gehört für diese Zeit den
Studenten. Allerdings prägen sie auch
sonst das Bild der Stadt, da Krakau die
Freitagsumzug während der Juwenalia 2009
bevorzugte Universitätsstadt vieler
junger Polen ist, und als heimliche Hauptstadt gilt.
Nach den ganzen gewonnenen Eindrücken kann ich einen Auslandsaufenthalt nur empfehlen
und Krakau als vielleicht schönste Stadt Europas besonders ans Herz legen. Die Möglichkeit,
durch andere Austauschstudenten verschiedene Kulturen Europas kennenzulernen und
damit auch den Blick über den Tellerrand hinaus zuwerfen, ist für mich die wichtigste
Erfahrung, die das Erasmus-Programm bietet. Besonders danken möchte ich meinen beiden
Betreuern, Prof. Sroka (Freiberg) und Prof. Hejmanowski (Krakau), dem Internationalem
Universitätszentrum in Freiberg, speziell Frau Junghans, die meinen Aufenthalt trotz meines
späten Entschlusses ermöglichte, und der Verbundnetz Gas AG für deren Unterstützung.
Do widzenia w Krakowie
Stefan Meyer