Sorin Georgescu

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Sorin Georgescu
Radio-Köpfe
ein. Meine frühen Kindheitsjahre (3 bis 9)
verbrachte ich in (damals noch Ost-) Berlin,
von 1990 bis 1992 lebte ich in Wien, 2004
bis 2005 war ich Austauschstudent an der
Musikfakultät der Carl-von-OssietzkyUniversität in Oldenburg (Niedersachsen).
Radio-Kurier: Heute sind Sie bei Radio Rumänien International (nur) noch im „Funkbriefkasten“ zu hören. Warum haben Sie
sich darauf zurückgezogen? Was ist das
Reizvolle an dieser Aufgabe?
Sorin Georgescu – Redakteur bei
Radio Rumänien International
Für viele Hörer gehört er schon fest zum
Wochenende; da wird es geradezu zum Ritual, am Sonntag den „Funkbriefkasten“
von Radio Rumänien International zu hören. Unser Mitarbeiter Hendrik Leuker bat
den zuständigen Redakteur Sorin Georgescu (42) zum Interview. Ihm kam es darauf
an, mehr vom Menschen Sorin Georgescu
zu erfahren.
dakteur fest angestellt. Die Prüfung für den
festen Posten war ähnlich wie jene für die
Einstellung auf Zeit, hinzu kam die Redigierung eines kurzen Berichtes über ein Ereignis aus dem aktuellen Geschehen, außerdem
waren grundsätzliche Kenntnisse über die
Organisation des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks und über das einschlägige Mediengesetz gefragt.
Radio-Kurier: Wie kamen Sie zum deutschsprachigen Auslandsdienst von Radio România, Radio Rumänien International? Seit
wann sind Sie dort Redakteur?
Radio-Kurier: Welche Ausbildung bzw.
welches Studium haben Sie wann und wo
absolviert? Haben Sie längere Zeit in
Deutschland verbracht?
Sorin Georgescu: Kurz vor dem Studienabschluss (im Frühjahr 1995) habe ich erfahren, dass Radio Rumänien International
Nachwuchskräfte sucht, die des Deutschen
mächtig sind. So habe ich mich dann beim
Sender gemeldet und eine Probe abgelegt.
Sie bestand aus der Übersetzung eines journalistischen Textes aus dem Rumänischen
ins Deutsche und dem Einsprechen desselben Textes. Geprüft wurden einerseits die
Deutschkenntnisse und die Fähigkeit, unter
Zeitdruck schnell und gut zu übersetzen, andererseits die Eignung der Stimme und der
Aussprache fürs Mikrofon. Die damalige
Chefredakteurin, Mariana Stoican, und den
leider Gottes verstorbenen Leiter der Deutschen Redaktion, Florin Stoica, muss ich
wohl überzeugt haben, denn ich bekam sofort eine provisorische Stelle. Die Einarbeitung in die tagtägliche Routine erfolgte im
Sender; dabei durften jüngere oder neue
Kollegen von den Erfahrenen lernen und in
bestimmten Abständen auch Fortbildungen
besuchen. Seit Herbst 1996 bin ich als Re-
Sorin Georgescu: Ich habe von 1990 bis
1992 in Wien allgemeine Sprachwissenschaft, Germanistik und Romanistik studiert, das Studium ab dem Wintersemester
1992 an der Bukarester Universität fortgesetzt und 1995 mit einer Diplomarbeit über
den Beitrag des Leipziger Philologen und
Balkanologen Gustav Weigand (18601930) zur Entwicklung der rumänischen
Sprachwissenschaft absolviert. Weigand
wurde zwar von den Nachfolgegenerationen für seine nicht immer akkurat wissenschaftliche Arbeitsweise kritisiert, für damalige Standards hat er aber Bemerkenswertes geleistet, z.B. den Sprachatlas des
Rumänischen entworfen und veröffentlicht,
der in mühsamer jahrelanger Feldforschung
entstand. Anschließend habe ich noch ein
zweisemestriges
Masterstudium
mit
Schwerpunkt rumänische Sprachgeschichte
und Dialektologie belegt, wofür ich 1996
ein weiteres Diplom erlangte. Von 2002 bis
2006 habe ich Komposition an der Bukarester Musikhochschule studiert, die Diplomarbeit (in Form eines Musikstückes für großes Orchester) reichte ich im Frühjahr 2007
Bild oben: Das Funkhaus von Radio Rumänien. Foto: Hendrik Leuker.
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Sorin Georgescu: Die Rubrik „Funkbriefkasten“ habe ich – wenn ich mich recht entsinne – Ende 2007 oder Anfang 2008 von
der damals scheidenden Kollegin Julianne
Thois übernommen. Die Hörerpostbetreuung umfasst nebst regelmäßigem, nahezu
täglichem Lesen der Hörerzuschriften, die
über alle möglichen Wege kommen (Briefpost, E-Mail, Online-Formular, Fax) auch
andere Aufgaben wie etwa das Erstellen von
Statistiken bei Höreraktionen, die Zusammenfassung der interessantesten Hörermeinungen eines Monats für die Zentralredaktion und den Vorstand sowie selbstverständlich das Recherchieren diverser gesellschaftlicher Bereiche, um Hörerfragen beantworten zu können. Auch weniger kreative bis schlicht zeitraubende Aufgaben gehören dazu, etwa die Überprüfung der Bearbeitungsvorgänge, wenn Hörer ausbleibende QSL-Sendungen beanstanden. Darüber
hinaus kümmere ich mich um den größten
Teil unserer deutschsprachigen Homepage.
Dies bedeutet das Korrekturlesen der übersetzten Sendemanuskripte sowie das Hochladen der korrigierten Texte und der jeweiligen Audiodatei. Auch zu unserem Facebook-Auftritt (http://www.facebook.com/
rrideutsch) trage ich nicht unwesentlich bei.
Selbstverständlich helfe ich bei Bedarf (beispielsweise bei Belegschaftsengpässen aufgrund Urlaub oder Krankheit) den Kollegen
auch mit der Übernahme eines Teils ihres
täglichen Arbeitspensums. In dem Sinne
würde ich meine derzeitige Auslastung
nicht gerade als „Rückzug“ bezeichnen.
Radio-Kurier: Welche Sendungen/Sendungsrubriken betreuten Sie vorher noch
bei Radio Rumänien International? Waren
Sie sonst schon einmal für Radio România
(Inlandsdienst) tätig?
Sorin Georgescu: Wie alle Kollegen habe
ich früher täglich einen Teil der Beiträge
vom Newsroom oder der Features von der
Zentralredaktion übersetzt. Ungefähr von
1999 bis 2002 habe ich die inzwischen eingestellte Rubrik „Thematik Medien“ gestaltet, die ein Nachfolger der ehemaligen DXSendung war. In dieser Sendung habe ich
mich kritisch mit Entwicklungen auf dem
rumänischen und internationalen Medien-
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markt auseinandergesetzt, Fragen der journalistischen Ethik und des modernen Medienkonsums erörtert. Zuletzt (2011) hieß
die Rubrik „Media 21“. Ihr letzter Gestalter,
Florin Lungu, brachte seinen persönlichen,
sicherlich auch den eigenen Interessen entsprechenden Touch in die Sendung, die sich
zunehmend Themen aus dem multimedialen Bereich widmete (Internet, Telekommunikation, Streaming, soziale Netzwerke
u.a.m.). Es ist schade, dass wir eher wenig
Feedback bekommen haben, daher wurde
die Sendung auch ausgesetzt. Eine DX-Sendung im eigentlichen Sinne gab es seit ca.
1998 u.a. aus dem Grund nicht mehr, dass
wir damals jungen Spunde in der Redaktion
kaum mit den technischen Fachfragen der
Rundfunkwellenverbreitung bzw. des Empfangs vertraut waren. Zur zweiten Frage:
Selbstverständlich dürfen die meisten Redakteure von RRI bei entsprechendem Anlass auch für alle anderen Sender des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (z.B. Radio România Actualitati, Radio România Cultural,
Radio Bucuresti FM usw.) arbeiten oder
Beiträge beisteuern. Beispielsweise werden
RRI-Redakteure aufgrund ihrer Sprachkenntnisse bei Live-Sendungen mit Gästen
aus dem Ausland zum Übersetzen herangezogen. Früher wurden wir turnusmäßig auch
als Korrespondenten des Rumänischen
Rundfunks in unterschiedlichen Ländern
eingesetzt. So war ich im Hebst 1998 für einen Monat Korrespondent in Wien; im
Frühjahr 2000 für knapp drei Monate in
Berlin. Im Mai 2007 durfte ich zusammen
mit Kollegen vom Kultursender zur Kinderund Jugendbuchmesse nach Saarbrücken
fahren. Rumänien war damals Gastland und
ich half den Organisatoren des rumänischen
Ausstellungsstandes beim Kontakteknüpfen
und bei Lesungen.
Radio-Kurier: Sie gestalten die deutschsprachige Webseite von http://www.rri.ro.
Wie können Ihnen unsere Leser helfen (alte
QSL-Karten/Wimpel etc.)?
Sorin Georgescu: Sie meinen bestimmt unsere Nostalgie-Ecke, die mit Hilfe unserer
Hörer und auch des ADDX-Bildarchives
entstanden ist. Dieser Abschnitt unserer
Webseite ist sehr beliebt. Er ermöglicht einen virtuellen Rundgang durch die Vergangenheit der Hörer-Sender-Beziehung und
einen nostalgischen Blick auf alte QSLKarten, Treuediplome, Wimpel und diverse
andere Souvenirs, die unser Sender entlang
der Zeit seinen Hörern zuschickte. Sollten
Ihre Leser im Besitz anderer Artikel als die
bereits auf unserer Webseite abgebildeten
sein, würde ich mich über eingescannte Bilder (in großer Auflösung) mit möglichst genauen Angaben freuen. Wenn die Besitzer
alter Kostbarkeiten dieser Art keinen Scanner haben und das Risiko einer Postsendung
Sorin Georgescu im Studio von Radio Rumänien International. Foto: Hendrik Leuker.
für vertretbar halten, dürfen sie uns die Artikel auch zuschicken (Adresse unten bei
„Kontakt“), ich scanne sie ein und schicke
die Sammlerstücke selbstverständlich zurück. Gefragt sind besonders Artikel aus der
Zeit vor 1989 und von 1990 bis einschließlich 1998, da wir ab 1999 alle QSL-Serien in
elektronischem Format haben und auf unserer Homepage auch zum Herunterladen anbieten.
Radio-Kurier: Was machen Sie hauptberuflich?
Sorin Georgescu: Heutzutage gehen immer
mehr Menschen mehreren Beschäftigungen
nach, um über die Runden zu kommen;
folglich kann man wohl nur noch in wenigen Fällen von Haupt- und Nebenberuf
sprechen. Was mich anbelangt, runde ich
mein Einkommen mit Dolmetscher- und
Übersetzungsaufträgen auf, so wie viele andere RRI-Mitarbeiter.
Radio-Kurier: Nutzen Sie das Radio auch
auf Reisen oder betreiben Sie selbst Funkfernempfang? Wann nutzen Sie Kurzwelle/Mittelwelle und Webradio?
Sorin Georgescu: Einen eigenen AmateurSender betreibe ich nicht; vor 1989 wäre es
auch schwierig gewesen, eine Lizenz zu erhalten, und Funkamateure wurden vom
kommunistischen Staat aufmerksam überwacht. Als Teenager habe ich in den Spätachtzigern aber fast jeden Abend zusammen
mit meinem Vater mit einem Yacht Boy 120
von Grundig (6-mal KW-Meterbänder) die
rumänischsprachigen Sendungen von Radio
Free Europe, Voice of America oder BBC
über Kurzwelle gehört – in gedämpfter
Lautstärke, versteht sich. Damals, noch vor
der Wende, war es eine der wenigen Mög-
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lichkeiten, sich über Weltpolitik und besonders über die Zustände im eigenen Land zu
informieren, da das Ceau3escu-Regime in
seinen letzten Jahren Rumänien von der Außenwelt völlig abgeschirmt hatte und in den
staatlichen Sendern lief nur noch Propaganda und Personenkult rund um den Diktator.
Auf der Kurzwelle ist es inzwischen leider
fast still geworden, Mittelwelle nutze ich
nur noch in seltenen Fällen, wenn ich in abgelegenen Gebieten bin, in denen UKW
nicht durchkommt. Webradio kann ich in
funkerschlossenen, meistens städtischen
Gebieten jederzeit bequem über das Internet
und mittels einer App, die Zugang zu Sendern auf der ganzen Welt ermöglicht, sogar
auf dem Handy nutzen, da ich glücklicherweise einen günstigen Vertrag mit kostenlosem und in Datenmenge großzügigen Zugang zu mobilem Internet habe.
Radio-Kurier: Was sind Ihre Hobbys?
Sorin Georgescu: Lesen, Musik, Filme,
Schlafen (für ein Nickerchen ist fast jeder
Ort geeignet, wenn man nicht allzu förmlich
ist), Schwimmen, Sauna und Wandern.
Radio-Kurier: Wir danken Ihnen für das
Gespräch!
Das Interview führte Hendrik Leuker.
Kontakt
Radio Rumänien International
Hr. Sorin Georgescu
General Berthelot Str. 60-64
P.O. Box 111
RO-010171 Bukarest
Rumänien
E-Mail: [email protected]
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