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Kapitel 2
Prof. Dr.-Ing. Lothar Siebel
FH Aachen
Fenster in historischen Gebäuden und im üblichen Gebäudebestand
Zum Einfluss von (neuen) Fenstern auf das Raumklima
und zu verordnungsbedingten Nebenwirkungen
Die alte Fenstertechnik hatte im Zusammenhang mit den
traditionellen Bauausführungen – vor etwa 1970 war das
die Regel – den Vorteil, dass eine Raumluftqualitätssicherung
che fungizid wirkten bzw. stark fungizid ausgerüstet waren.
und ein Feuchtesicherheitsventil vorhanden war: das »Bauten-
wendig. Kritische Feuchte-Lastfälle sind die Neubaufeuchte,
Feuchtebelastungen bei späteren Umbaumaßnahmen oder
schutzfenster« (vgl. Abb. 1). Die alte Fenstertechnik bestand
im Regelfall aus Holzrahmen (Blend- und Flügelrahmen),
welche recht dichte Falzausbildungen besaßen, die aber
nicht absolut luftdicht waren und damit eine passive Raumluft-
Im Hinblick auf bauübliche Feuchte-Lastfälle war dies – zumindest bei den früher üblichen Gegebenheiten – auch not-
auch eine höhere aber normale außen- und innenraumklimabedingte Luftfeuchtigkeit, welche typischerweise zwischen
Mai bis August in Deutschland durch Luftmassenströme von
feuchteanpassung an das Außenklima herstellten.
Zudem war eine Einfachverglasung typisch. Die Einfachver-
wärmeren Meeresgebieten aus südlichen bis südwestlichen
glasung fungierte als Raumluftfeuchteregulator insofern, dass
Luftfeuchtigkeitsspitzen temperaturabhängig entweder durch
Tauwasserbildung oder auch durch Eisblumenbildung auf der
Ohne fungizid wirkende Mittel, lackierte Oberflächen oder
Ähnliches waren und sind in Keller- und Erdgeschossräumen
Himmelsrichtungen auftreten.
Verglasung bedämpft und damit reduziert wurden. Eine bau-
Schimmelpilzbildungen im Allgemeinen wegen der »Wärmeträgheit« sowie der geringeren solaren Einwirkungen und
technisch günstige Raumluftfeuchtebeeinflussung bewirkte der
sehr geringe Wärmeschutz – durch den höchsten möglichen
U-Wert – bei der Verglasung, so dass andere Bauteileberei-
verhindern (Abb. 2, 3). Wobei eine erhöhte Belüftung, wie
dies nach DIN 1946 vorgesehen ist, die Schwierigkeiten in
che wärmetechnisch immer besser waren als die Verglasung.
Ein früher üblicher temporärer Wärmeschutz in Form von
Vorhängen, Gardinen und Schabracken bewirkte, dass
sowieso in gewissen Leeseiten-Räumen nicht oder kaum zu
derartigen Räumen noch erheblich vergrößern kann. Große
oder kleine Nutzungseinheiten, welche nach DIN 1946 lüf-
durch »Temperaturteilerwirkungen« eine Verbesserung für
tungstechnisch unterschiedlich bewertet werden können (vgl.
Abb. 4), hatten in einer Unzahl von betrachteten sowie be-
das thermische Raumklima einschließlich Energieeinsparung
werteten Problemfällen mit funktionierenden Verbesserungs-
bewirkt wurde und zudem die »Kondensatorwirkung« des
Fensterglases, zur Minderung der Raumluftfeuchtespitzen,
noch effektiver wurde. Diese Fenster waren mit einer innen-
siebziger Jahre praktisch keine Bedeutung.
Die alte Wohnbausituation war typischerweise auf einem
liegenden Entwässerung ausgestattet, weil Tauwasser gelegentlich auch stärker abfloss.
Bei lackierten Fensterrahmen und gekälkten bzw. holzverkleideten, lackierten Leibungen traten Schimmelpilze nicht auf,
wenn eine übliche Reinigungssituation gegeben war. Die
Gebäude blieben insgesamt und praktisch auch unabhängig von der Beheizung schimmelpilzfrei. Dies natürlich auch
deshalb, weil die Wände Kalkputze mit Deckschichten aus
Kalkschlemmen bzw. Tapeten oder Anstriche besaßen, welPaX Classic GmbH Fachtagung Herbst 2010
maßnahmen und ohne Lüftungsempfehlungen seit Mitte der
Niedrigenergiehausniveau, weil nur wenige Räume, die
Wohnküche und die gute Stube nur am Jahresende und
-beginn, beheizt wurden. Die Belüftungsbedingungen waren
durch eine gewisse Luftdurchlässigkeit der Fensterfugen und
durch die Feuerstätten in den Wohnräumen – mit Kamin –
sehr günstig. Im Normalfall entstand auch kein besonders
hoher Heizenergieaufwand für das Gesamtobjekt, obwohl
keine Wärmedämmschichten im heutigen Sinne und auch
keine komplizierte Haustechnik vorhanden war. Die alther17
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Fenster in historischen Gebäuden und im üblichen Gebäudebestand
Lothar Siebel
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Einflüsse für ein "gutes Schimmelpilzklima"
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A) Oberflächen-Temperatur
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B) Oberflächen-Feuchte
C) pH-Wert auf der Oberfläche
D) Untergrund JHUHLQLJWH*ODV0HWDOO+DUWNXQVWVW)lFKHQRl1lKUERGHQPLW*OXFRVH0DOWRVH=HOOXORVHEOLFKHP6WDXEIXQJL]LGH6WRIIH VFKZLHULJH%HGLQJXQJHQIU3LO]H
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Beobachtungen an Schimmelpilzen in Räumen / beim
beim BRD-Außenklima u. üblicher Bauweise
“..., viele Schimmelpilze keimen und wachsen zwischen 75 % und 85 % relativer Luftfeuchte; es
gibt auch Pilze, die ab 60 % relativer Luftfeuchte ihr Wachstum aufnehmen.” aus: Ökologie der
Pflanzen, UTB (UNI Taschenbuch 232), Verlag Eugen Ulmer Stuttgart, 1973. Dies hat sich auch
durch neuere Bauforschungen nicht verändert.
Schimmelpilze treten bevorzugt im Herbst (ab Oktober), in oberirdischen (> EG), weniger besonnten und dabei belüfteten Räumen auf. Eine übermäßige Abschattung der Fenster und
eine dabei stärkere Belüftung in den Sommermonaten verstärken das Problem extrem.
Bei sehr niedrigen Wintertemperaturen ist die Erstbesiedlung von Pilzen eher atypisch, aber
das alte Rechenmodell (vgl. DIN 4108/81), welches innen mit 20°C/50 % und außen mit -15°C
rechnete, führt zu gleichen Ergebnissen wie realistischere Betrachtungen mit Bedingungen,
die in der Herbst- und frühen Wintersituation (EHLGLFKWHQ)HQVWHUQPLW,99HUJODVXQJ) auftreten können,
wie z.B. bei φi /Θo,i /Θe: 60%/ 15,5/ 5, d.h. bautechnisch muß voR 0,3 *) erfüllt werden,
um eineSchimmelpilzerstbesiedelung - für normale Raumklimabedingungen - zu vermeiden.
vo aus Θi ;Θs i ;Θe : 20; 9,3; -15 (alte Norm) ist math. gleich mit 20; 12,6; -5 nach derzeitiger
Normvorstellung.
vo = (Θi - Θo,i )/(Θi - Θe ) = (5DXPOXIWWHPSHUDWXU2EHUIOlFKHQWHPSHUDWXU)(5DXPOXIWWHPSHUDWXU$X‰HQOXIWWHPSHUDWXU)
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bei undichten Fenstern mit Einfachverglasungen sind vo - Werte bis 0,5 i. Allg. unkritisch *)
*) vgl.: Feuchtigkeit in Wohnungen, DBZ, H.9 /1989 und Bauteile sicher beurteilen: ... LBB / LB, 1993
Wärmeträge Bereiche, dies sind Bauteile, welche besonders dick und/oder feucht sind, an das
Erdreich oder an Keller- oder Kriechkeller-Räumen angrenzen (untere Wandzonen im Erd- u.
Untergeschoss), führen im Sommer (ab ca. August - Acht ung ab dem 8.) und ggf. schon im
Frühsommer zu sehr kritischen Bedingungen - kaum abhängig von vo, d.h. auch wenig abhängig vom Wärmeschutz zwischen der Raum- und Außenluft. Für gering- oder unbeheizte
Kellerräume und auch thermisch ähnlich wärmeträge, wenig - oder unbesonnte Räume können
schon ab Mai (i. Allg. Anfang Juli, bei feuchter Außenluft) kritische Verhältnisse auftreten.
Feuchte aus Schlagregenbelastungen, Rohrbrüchen, dem Erdreich und einer übermäßigen
Feuchteproduktion in Räumen sind zu berücksichtigende Sonderprobleme.
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8 Zur »heutigen« üblen Raumklimakomponente »Schimmelpilz«, »Abgase« von Pilzsiedlungen und übermäßige Mengen an
Pilzsporen beeinflussen das Raumklima ungünstig: gesundheits- bis lebensbedrohlich
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