No Logo Branding

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No Logo Branding
No Logo Branding
Die nächste Stufe der Markengestaltung
Sarra Ganouchi, HGKZ 2007
EINLEITUNG
TABLE OF CONTENT
No Logo Branding
TABLE OF CONTENT
Einleitung
Positionierungskreuz
Quadranten
No Logo Branding
No Logo Branding
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Konnte Naomi Klein 2002 noch die Ära der Superbrands konsta-
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tieren, in der das Produkt nur noch ein Attribut der Marke darstell-
7-21
te, befinden wir uns kaum fünf Jahre später in einer veränderten
Anticonsumerism
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Situation. Gerade der Erfolg ihres Buches ‚No Logo‘ hat dazu
Sophistication
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beigetragen, das Image der Superbrands zu ramponieren und
Cleanliness
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so das Feld für No Logo Brandings zu ebnen. Seither können
No-Frills
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wir beobachten, dass das Produkt an Stelle der Marke wieder
Marke
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ins Zentrum des Bewusstseins vieler Konsumenten gerückt ist.
Design
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Produktionsbedingungen und Umweltverträglichkeit werden
Produktion (und Distribution)
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seither wieder gross geschrieben und als wichtige Verkaufsar-
Kommunikation
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gumente gehandelt. Zusammenfassung und Ausblick
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Impressum
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Das beste Beispiel, an dem sich eine Reihe der neuen Prinzipien
und Spielregeln des No Logo Brandings ablesen lassen, ist
American Apparel (AA). Die Anti-Marke aus Downtown Los Angeles produziert jedes einzelne Stück vor Ort im Hochlohnland
und verzichtet auf sichtbare Logos sowie teure Werbung. AA ist
es gelungen, sich ein Image zu erarbeiten, das Kunden mit sozialem Gewissen anspricht.
Die Ideologie hinter den No Logo Brandings basiert mehrheitlich auf den Wertevorstellungen von nicht kapitalistischen Non
Government Organisations, welche als oberstes Ziel die Nachhaltigkeit für Mensch und Umwelt verfolgen.
No Logo Marken scheinen auf den ersten Blick als wären sie
nicht gestaltet. Auf den zweiten Blick wird einem jedoch schnell
klar, dass hinter der Ideologie eine weitere markentechnische
Strategie lauert. Es handelt sich dabei um eine neue Stufe der
Markenführung von Grossunternehmen, welche sich an die Regeln von Non Government Organisations annähern.
EINLEITUNG
No Logo Branding
No Logo Branding
EINLEITUNG
EINLEITUNG
No Logo Branding
No Logo Branding
Der Anticonsumerism als ursprüngliche Gegenbewegung zur
Diese Trends äussern sich in einer Verschiebung vom symbo-
Überflussgesellschaft hat tatsächlich dem Kapitalismus einmal
lischen Mehrwert der Superbrands zum moralischen Mehrwert
mehr genützt als geschadet.
hin, wie es im No Logo Branding zu beobachten ist. Die Anti-
Viele Konsumprodukte, so Matthias Horx in seinem 2006 er-
nen Regeln funktioniert und in sich ausdifferenziert ist.
Marken-Bewegung wird zum neuen Paradigma, das nach eigeschienen Buch ‚Wie wir leben werden‘, erzählen neben dem
ewigen Lied von Preis, Qualität und Status auch die Geschichte
eines sozialen Wandels, in dem Jüngere gegen Ältere neue Ge-
From eco to ethics
wohnheiten durchsetzen und sich aus den Fesseln alter Abhängigkeiten lösen. Mit dem Konsum wird gegen den Kodex der
Mässigung rebelliert. Lange Zeit stand der simple Genuss der
Die wirtschaftliche Tätigkeit ist wieder zum Gegenstand gewor-
Aneignung in der Konsumwelt im Zentrum.
den. Während bei der Produktion auf Nachhaltigkeit gesetzt
wird, verschiebt sich die Werbung immer mehr in das Feld der
Verändertes Verhältnis von Mensch und Marke
Public Relations. Anhand eines Rasters lassen sich die unterschiedlichen Komponenten und Motivationen aufzeigen, aus denen sich das No
Durch die Übersättigung an Informationen, Trends und Pro-
Logo Branding zusammensetzt. Dies wird an einem Kreuz veran-
dukten beobachten wir in jüngster Zeit ein verändertes Verhält-
schaulicht. Die Achsen sind: Ich / Wir, Ideologie / Design.
nis von Mensch und Marke. Die Grundbedürfnisse nach Beachtung, Anerkennung und Abwechslung bleiben bestehen, jedoch
ist eine spürbare Verschiebung innerhalb der komplementären
Bedürfnisse nach Zugehörigkeit, Abgrenzung und Individualität
zu erkennen.
Die zwei Trends in der Markenwelt bauen auf dem ‚grünen
Gewissen‘ des Konsums und auf der raschen Vermehrung von
alternativen Statussymbolen auf, welche sich im besonderen
durch humane Produktionsbedingungen auszeichnen. In einer
vom Massenkonsum und Globalisierung geprägten Welt gibt
es eine steigende Anzahl Konsumenten, welche lokale, authentische und ökofreundliche Produkte suchen.
POSITIONIERUNGSKREUZ
No Logo Branding
POSITIONIERUNGSKREUZ
SOPHISTICATION
CLEANLINESS
ICH
Jil Sander
Bottega Veneta
±0
Michael Kors
Filippa K
Manufactum
American Apparel
IDEOLOGIE
Crafting
DESIGN
Zara
Gap (Red)
Greenpeace
Amnesty International
ANTICONSUMERISM
Muji
WIR
NO FRILLS
ANTICONSUMERISM
No Logo Branding
ANTICONSUMERISM
No Logo Branding
ANTICONSUMERSIM
No Logo Branding
SOPHISTICATION
CLEANLINESS
ICH
Während die Grossunternehmen seit Jahren die freie Wahl der
Verbraucher propagieren, beherrschen sie mit ihren Marken die
Medien und den öffentlichen Raum. “Um die Kosten der Ver-
Jil Sander
Bottega Veneta
marktung der Superbrands wieder einzusparen, produzieren
±0
sie in Freihandelszonen, in ghettoähnlich abgeschirmten Sweat-
Michael Kors
shops, frei von Steuern, Umweltauflagen und Sozialabgaben
und erzielen damit astronomische Gewinnspannen”. Zitat Nao-
Filippa K
Manufactum
mi Klein, No Logo, 2002.
American Apparel
IDEOLOGIE
Crafting
DESIGN
Die gegenläufige Entwicklung zeichnet sich im Anticonsumerism
der Lovos (Life of voluntary simplicity) ab, die sich als Regulativ
Zara
zur konsumorientierten, an Affluenza (Wohlstand, Reichtum) leidenden Überflussgesellschaft verstehen. Sie orientieren sich an
Gap (Red)
einem einfachen, genügsamen und ausgewogenen Lebensrhyt-
Greenpeace
mus abseits des konsumorientierten „American way of life“.
Amnesty International
Muji
Die Wertevorstellungen hinter dem Anticonsumerism, welches
sich im Feld zwischen Wir und Ideologie aufspannt, ist stark von
Non Government Organisations geprägt, welche sich haupt-
ANTICONSUMERISM
WIR
NO FRILLS
sächlich gegen die Ausbeutung von Menschen und der Umwelt
einsetzen. Wie bei Amnesty International nimmt nicht das Individuum, sondern das Wohlergehen des Kollektivs die höchste
Priorität ein.
Gemeinnutz vor Eigennutz
Die Produktionsbedingungen gewinnen durch die Lovos wieder
an Wert und werden zu einem der wichtigsten Entscheidungsträger über Kauf oder Nichtkauf. Besonders profitiert davon die
Craftingbewegung, welche nicht in das Rennen um Pseudo-Innovationen eingestiegen ist. Sie sieht ihren Zweck bereits in der
ANTICONSUMERSISM
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SOPHISTICATION
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Tätigkeit des handwerklichen Herstellens selbst und stellt nicht
den späteren Besitz des Gegenstandes in den Vordergrund.
Die Antimarke aus Downtown L.A. nutzte die Entwicklung des
Anticonsumersim geschickt aus und wurde durch den Verzicht
auf Logos, teure Werbung und insbesondere durch den Verzicht
auf ausbeuterische Dritt-Welt-Sweatshop-Produktionen zum Inbegriff des coolen Unterstatements. Es ist American Apparel gelungen, sich ein Image zu erarbeiten, das Kunden mit sozialem
Gewissen anspricht. „Jeder soll sich American Apparel leisten
können“, erklärt Gründer und CEO Dov Charney.
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SOPHISTICATION
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SOPHISTICATION
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SOPHISTICATION
CLEANLINESS
ICH
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Zu Beginn des 21. Jahrhunderts zeichnet sich eine neue Gruppe
ab: Bobos, das ist der Name, den David Brooks der neuen Elite
des Informationszeitalters gegeben hat.
Jil Sander
Bottega Veneta
±0
Der Lebensstil der Bobos führt zusammen, was bisher als un-
Michael Kors
vereinbar galt: Reichtum und Rebellion, beruflicher Erfolg und
eine nonkonformistische Haltung, das Denken der Hippies und
Filippa K
Manufactum
der unternehmerische Geist der Yuppies (young urban professionals). Der „bourgeoise Bohemien“ ist ein neuer Typus, der
American Apparel
IDEOLOGIE
Crafting
DESIGN
sich durch einen ausgeprägten Individualismus auszeichnet,
der idealistisch lebt, einen sanften Materialismus pflegt, wert
Zara
auf Kennerschaft legt, korrekt und kreativ zugleich ist und unser
gesellschaftliches, kulturelles und politisches Leben zunehmend
Gap (Red)
prägt.
Greenpeace
Amnesty International
Muji
Ostentatives Understatement
ANTICONSUMERISM
WIR
NO FRILLS
Eine Verschiebung von Werten aus dem Anticonsumerism ist
auch hier spürbar. Nicht nur noch das Produkt sondern auch die
Kenntnisse um Produktionsbedingungen haben sich zu einem
Interessensfeld der idealistisch veranlagten Bobos etabliert.
Im Zeitalter der Überflutung der globalen Märkte durch Masse
und Menge ist es einigen Handwerksunternehmen gelungen,
sich in einem Nischenmarkt zu etablieren, in welchem die Konsumenten Wert auf Kennerschaft legen. Ein weiteres Merkmal
dafür, dass der Endverbraucher heute nicht mehr so sehr die
Identifikation mit einer Marke sucht, sondern vielmehr wieder
ein starkes Vertrauen in die ureigenen Qualitäten einer Marke
von Bedeutung ist.
SOPHISTICATION
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CLEANLINESS
CLEANLINESS
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Das vom Bastlertum abgeleitete gewerbliche Handwerk, bei
dem ein Produkt auf Bestellung gefertigt wird, steht der industriellen und somit unpersönlichen Massenproduktion auf Vorrat
gegenüber.
Unternehmen wie Bottega Veneta haben es verstanden, sich als
italienische Meister des Handwerks auf dem globalen Modemarkt zu etablieren. Geschickt wissen sie mit dem Stilelement
des Understatements umzugehen und damit bei den Konsumenten ein Gefühl des „Savoire-vivre“ auszulösen.
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CLEANLINESS
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CLEANLINESS
ICH
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Bereits zur Zeit der Bauhausbewegung drückt sich Kultiviertheit
in Schlichtheit aus. So argumentierte Adolf Loos in seinem berühmten Artikel ‚Ornament und Verbrechen‘ von 1908, dass Funk-
Jil Sander
Bottega Veneta
tionalität und Abwesenheit von Ornamenten im Sinne mensch-
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licher Kraftersparnis ein Zeichen hoher Kulturentwicklung seien.
Michael Kors
Ornamentale Verzierungen oder andere besonders künstleri-
Filippa K
Manufactum
sche Gestaltungsversuche an einem Gebrauchsgegenstand
seien eine unangemessene wie überflüssige Arbeit.
American Apparel
IDEOLOGIE
Crafting
DESIGN
Statt dessen plädiert Loos für die Verwendung edelster Materi-
Zara
alien, soweit die Anmutung von Sinnlichkeit und Reichtum erzielt
werden soll.
Gap (Red)
Greenpeace
Die Designerin Filippa Knutsson, die hinter dem skandinavischen
Amnesty International
Label Filippa K steht, wird von Kennern gerne für ihre Cleanli-
Muji
ness gelobt. Ihr puristisches Design weist eine kühle Schlichtheit
auf, welche sich subtil, dezent und in vollkommener Reinheit
ausdrückt.
ANTICONSUMERISM
WIR
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Schlichtheit und Feinheit
Der Trend der Cleanliness hat selbst im Elektronikmarkt Einzug
gehalten: Das Konzept „Simplexity“ stellt eine Balance zwischen
beschleunigter Alltagskomplexität und persönlicher Zufriedenheit her und meistert komplexe Situationen mit Hilfe von simplen Mitteln. Die Funktionen werden wie beim iPod nach innen
verlagert, währenddem das Erscheinungsbild geradezu steril,
simple und schlicht gehalten wird.
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CLEANLINESS
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Jil Sander
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Filippa K
Manufactum
American Apparel
IDEOLOGIE
Crafting
DESIGN
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Greenpeace
Amnesty International
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Aus dem Englischen übersetzt bedeutet „no frills“ ohne Schnickschnack. Schlichtheit in allem.
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Im Web Design galt Google lange Zeit als Pionier des schlichten
Designs. Auf der Startseite, welche sich auch heute noch als einfaches Suchfenster präsentiert, wird alles weggelassen, was als
Durch das Weglassen von nicht essentiellen Teilen einer Ware
oder Dienstleistung können die Herstellungskosten derart gesenkt werden, dass die Verkaufspreise gegenüber vergleichbaren Angeboten deutlich niedriger liegen.
Das japanische Einrichtungslabel Muji als Beispiel einer typischen
No-Frills-Marke setzt auf funktionale und puristisch gestaltete Alltagsgegenstände zu günstigen Preisen, von Zahnpasta bis zum
Alu-Klapprad, ohne Logo und Schnörkel.
Style on Budget
Tadamitsu Matsui, Chef von Muji, setzte mit seinem Minimalismus-Konzept zur Zeit der Label-Manie, als Menschen wie wandelnde Plakatsäulen durch die Welt stolzierten, auf das richtige
Pferd. „Natürlich gibt es viele Kunden, die auf Marken fixiert
sind“, sagt Tadamitsu, „aber zu jeder Bewegung gibt es auch
eine Gegenbewegung.“
Mit dem Namen Muji – „Keine Marke, gute Qualität“ – setzt sich
der Konzern in Zeiten hoher Markenfixierung von der Konkurrenz ab. Zum Minimalismus der Produkte gehört auch, dass die
Namen der Designer nicht genannt werden.
„To us, it‘s all about a product that‘s simple and functional. Once
you remove the price tag from our products, there‘s nothing to
indicate what the brand is.“
störend empfunden wird.
MARKE
No Logo Branding
MARKE
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sein, Ethik und Moral erhalten in diesem Zusammenhang eine
ganz neue Bedeutung und werden auf die oberste Stufe der
Wertehierarchie gehoben. So laden No Logo Brandings eine
Marke mit Sinn, Zweck und Nutzen auf und verschieben dadurch
den symbolischen Mehrwert hin zu einem moralischen.
Reflex auf eine Überdosis an
Marketingmassnahmen
Es bestätigt sich daraus aufs Neue, dass es sich beim No Logo
Branding nicht um eine neuartige, ideologisch angehauchte
Marken-, sondern vielmehr um eine neue Marketingstrategie
handelt.
Die Hohe Kunst des No Logo Brandings basiert auf dem Paradox der Vermarktung von Anti-Marken. Denn die Nicht-Marke ist
immer auch schon eine Marke.
Auf eine Markenstrategie wird nur scheinbar verzichtet. Das No
Logo Branding streift lediglich das Logo ab, welches zwar einen
relevanten aber nur minimalen, komprimierten Teil des visuellen
Erscheinungsbildes gemäss Corporate Design darstellt. Dieses
Vorgehen kann als Reflex auf eine Überdosis an Marketingmassnahmen verstanden werden.
Die Markenstrategie führt die vorhandenen moralischen Mängel der Gesinnungsgemeinschaft weiter und passt sich an den
veränderten Rahmen-bedingungen des Marktes an. Corporate
Responsibility, Nachhaltigkeit, Sweatshop free, Umweltbewusst-
DESIGN
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DESIGN
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Funktion des Logos ein, um als Identifikations- und Wiedererkennungsmerkmale zu fungieren.
In ihrer Rolle als stille Schaffer werden Designer zum unverzichtbaren Pluspunkt in der Wahrnehmung einer Marke, wie es am
Exempel von Bottega Veneta und Tomas Maier konstatiert werden kann.
Ausser dem ostentativen Understatment, d.h. der bewusst zur
Schau gestellten Untertreibung, wird auf vordergründige Effekte
oder im Trend liegende Stilelemente bewusst verzichtet.
Schlichtheit in allem
Aufgrund der kritischen Auseinandersetzung mit der Gesellschaft ist ein starker Rückgriff auf traditionelle Techniken und
Handwerk spürbar.
No Logo Marken wie AA wirken zwar, als wären sie nicht gestaltet. Doch der Eindruck täuscht, worin sich auch die Schwierigkeit
für die Disziplin des Designs zeigt, etwas nicht gestaltet aussehen zu lassen.
Die Schlichtheit in allem ist zum Kodex der No Logo Bewegung
vorangeschritten. Einfachheit, Funktionalität und Neutralität – von
der Materialität, Gestaltung bis hin zur Umsetzung.
Das Branding, d.h. die Entwicklung und Betreuung einer Marke,
folgt denselben Regeln wie die Markenführung von regulären
Superbrands. Mit dem Unterschied, dass das visuelle Erscheinungsbild bewusst weggelassen wird. Die intangiblen (unberührbaren) und unsichtbaren Attribute der Marke nehmen die
PRODUKTION (UND DISTRIBUTION)
PRODUKTION (UND DISTRIBUTION)
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Während es früher umgekehrt der Fall war, heisst es heute lokal
denken, global handeln.
Beim mittlerweilen grössten Textilhersteller der USA geschieht
alles unter einem (Solar-) Dach: Von der Stoffproduktion über
Zuschneiderei und Näherei bis hin zur Distribution. Erst dank der
vertikalen Integration von American Apparel kann sich die NichtMarke einer weltweiten einzigartigen Nachfrage erfreuen.
Auf Zwischenhändler wird gänzlich verzichtet. Die firmeneigenen Läden liegen meist in angesagten Gegenden von Grossstädten.
Lokal denken, global handeln
(Don Trapscott)
In den letzten Jahren hat die Globalisierung der Produktion bis
hin zur Distribution stark zugenommen. Hierbei spielen die beiden Hauptmotive der Kostensenkung und Markterschliessung
die Schlüsselrollen.
Im Gegensatz zu den Superbrands handeln Unternehmen mit einer No-Logo-Branding-Strategie gegen diesen Trend. Sie setzen
sich gegen die Zerstörung lokaler Strukturen ein und verzichten
dadurch auf die Produktion in Billiglohnländern.
Das Wissen um Produktionsbedingungen und –zusammenhängen ist für die Kennerschaft von zentraler Bedeutung. Der Ausbeutung von Menschen und der Umwelt wird ein Riegel vorgeschoben.
KOMMUNIKATION
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KOMMUNIKATION
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In Werbung und Sponsoring ging es schon immer darum, Produkte durch die geeignete Bildersprache mit positiven kulturellen oder sozialen Erfahrungen gleichzusetzen. So werden
wir jeden Tag mit einer gigantischen Menge an Informationen
konfrontiert – und das nahezu pausenlos.
Die Kommunikation löst sich von den ausgedachten Markenwelten ab, welche über das Produkt reden und bewegt sich hin
zu den Menschen, die das Produkt herstellen. Selbst im Luxussegment werden die Produzenten sowie die Produktionsbedingungen ins Zentrum der Aufmerksamkeit gerückt. Andere
Formen der Konsumentenbeeinflussung wie Public Relations
werden dadurch immer wichtiger.
Ablösung von ausgedachten Markenwelten
Dov Charney, Gründer und CEO von American Apparel, verzichtet ganz auf Stars in der Werbung und setzt für seine Kampagnen ausschliesslich auf unverbrauchte junge Gesichter. Für
die Amateurmodels gibt es neben Ruhm und Ehre pro Shooting 50 Dollar.
In seinen Werbekampagnen steht nicht das Produkt im Vordergrund. Vielmehr soll das Produktwissen der Konsumenten gesteigert und ihr Empfinden gegenüber dem Produkt verbessert
werden, um schliesslich das Verhalten nachhaltig zu beeinflussen.
Sympathisch wirken Marken wie Bottega Veneta, die durch ihr
Understatement relativ unauffällig bleiben und kaum Werbung
betrieben.
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
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ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK
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ger verschwiegen sondern in die Kommunikation integriert, um
das Vertrauen der Konsumenten zu wecken.
In einer vom Massenkonsum und Globalisierung geprägten
Welt gibt es eine steigende Anzahl Konsumenten, welche lokale, authentische und ökofreundliche Produkte suchen. Mit der
Anti-Marken-Bewegung appelliert man an das grüne Gewissen
dieser Personen, um den simplen Genuss der Aneignung zu
rechtfertigen.
Die Anti-Markenbewegung kann jedoch auch als Indiz für den
Aufbruch in eine neue Marktwirtschaft gewertet werden. Denn
der alten, kapitalistischen Wirtschaft, die nur noch mit zahllosen
verwechselbaren Produkten um sich wirft, geht langsam die Luft
aus.
So wird die nächste grosse Frage unserer Zeit sich auf das
Quantum verschieben, das auf die Dimension ‚wie viel‘ und ‚wie
gross‘ verweisst. Es wird zum unverzichtbaren Mittler zwischen
Die kapitalistische Marktwirtschaft hat sich die Ideologien hinter
dem Anticonsumerism einmal mehr zu Eigen gemacht. Schliesslich haben alle Suchbewegungen der Bohème nach alternativen
Lebensentwürfen, humaneren Produkten und bedeutsamen Erfahrungen nur dazu geführt, den Superbrands neue Impulse zu
verleihen und Marktlücken aufzudecken.
Die Markenführung funktioniert nach wie vor nach denselben
Regeln, denn eine Nicht-Marke ist immer auch schon eine Marke. Die No Logo Bewegung muss deshalb vielmehr als kosmetischer Eingriff in eine Marke als eine neue Markenstrategie verstanden werden.
Kurzfristig wird sich alles um die Moralisierung des Marktes drehen. Die Herkunft und Herstellung der Ware wird nicht mehr län-
der Qualität und der Quantität als Masse. IMPRESSUM
No Logo Branding
Modul:
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Das nächste grosse Ding!
Interpretation der Oberflächen der Konsumkultur und einzelner
Produkte als Symptome allgemeiner Markt- und Gesellschaftstrends.
Lerninhalte:
Das Seminar vermittelt das analytische Rüstzeug, um mit dem
Raster grundlegender ökonomischer, technologischer und sozialer Trends die Dynamik in einzelnen Märkten und Lebensbereichen zu beschreiben. Produkte, Moden, Werbung, kulturelle und
soziale Phänomene werden als Symptome tiefer gehender gesellschaftlicher Strömungen interpretiert und zu Themenfeldern
geclustert.
An der Schnittstelle von Journalismus, qualitativer Marktforschung und strategischem Planning werden die Erkenntnisse in
ein eigenes Wording übersetzt, grafisch aufbereitet und das so
generierte Material in Form eines Dossiers verdichtet, das auch
strategische Ableitungen und Ansätze für Produktinnovationen
enthält.
Dozent:
Holm Friebe, Zentrale Intelligenz Agentur Berlin
Studentin:
Sarra Ganouchi
(Inhalt und Gestaltung)
Quellen:
No Logo! Naomi Klein, Goldmann Verlag, 2002, ISBN 3442153123
(Quellen nicht vollständig aufgelistet! )
All rights
Sarra Ganouchi und Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich,
reserved:
2007

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