D - Horizont

Transcription

D - Horizont
25
REPORT
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
www.horizont.net/report
TOURISTIKMARKETING
REISEMAGAZINE
Expedition
in fremde Welten
D ER N EUE TUI-M ARKE TINGCHE F ER I K FRIEMU TH
WIL L SOCIA L ME D IA U ND M OB I LE B E SS E R N U TZ EN
32
Neue Arbeitsteilung fordert von
Print Inspiration, von Online
SEITE 30
Verknüpfung
MOBILE
Personalisierte Reiseinformationen dienen MitarbeiSEITE 36
tern und Kunden
INTERVIEW
Turespaña-Chef Manuel
Butler wendet sich von klassischer
SEITE 37
Werbung ab
@HORIZONT
Bereits zum zweiten Mal kooperiert HORIZONT mit dem
Schwestertitel FVW aus der dfv
Mediengruppe. Die Fachredakteure berichten über
3 Ambitionen des neuen
TUI-Marketingchefs. 32
3 Contentmarketing von
Touristikanbietern.
34
3 Bewegtbild in TV und
Online.
35
FOTO: SDECORET / FOTOLIA
Anzeige
26 REPORT TOURISTIKMARKETING
ZUM THEMA
Einheitsbrei
Bewegtbildwerbung rechnet sich. Jedenfalls für Reiseunternehmen, die den recht
kostspieligen Werbeplatz von einem TVSender im Austausch für eine Unternehmensbeteiligung bekommen. Die Fernsehwerbezeit als Gegenleistung für eine
Gewinnbeteiligung hat in den vergangenen ein bis zwei Jahren insbesondere Onlinebuchungsplattformen zu viel Aufmerksamkeit verholfen. Trivago, Weg.de,
Fluege.de – sie und noch viele andere haben sich in der Wahrnehmung von Reisebuchungswilligen vermeintlich fest verankert. Wohlgemerkt vermeintlich. Der
Brand Asset Valuator stellt das ganz anders dar: Die Markenstudie, die das Verhältnis von Konsumenten zu Marken abfragt, verzeichnet katastrophale Werte in
Sachen Unverwechselbarkeit für die genannten Plattformen. Kaum besser
schneiden sie bezüglich der empfundenen Unabhängigkeit ab. Dem Marketing
sollte das zu denken geben. Kurzfristig
mag die Fernsehwerbung für mehr Kunden, damit mehr Umsatz und einen hiermit zufriedengestellten Partner sorgen.
Doch ein scharfes Markenimage, das die
Abgrenzung zur Konkurrenz gewährleistet, bleibt auf der Strecke. Die Anbieter
gehen mit ihren Auftritten in einem Einheitsbrei unter der Überschrift Reise unter. Im Zweifelsfall werden Konsumenten
am Ende doch wieder den Weg über die
Suchmaschine wählen, sprich, sich auf
Googles Wahl verlassen, anstatt aus durch
Werbung gewonnener Überzeugung eine
bestimmte Adresse anzuwählen. Angesichts der zahlreichen Player in dem Segment, die alle mit nahezu austauschbaren
Angeboten um die Gunst der Reisenden
buhlen, kann das nicht im Sinn der Unternehmen sein. Langfristig werden auch
Reisebuchungsplattformen einen unverwechselbaren Auftritt benötigen. Mithilfe
von TV haben sie sich den bislang anscheinend nicht erarbeiten können.
Bettina Sonnenschein
Ressort Specials
„Ich sehe für
Onlinemarketing
nirgends die eine
richtige Strategie.
Im Grunde agieren
derzeit alle noch
nach dem Trialand-Error-Prinzip“
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
INHALT
Marktanalyse: Urlauber lassen sich von
weltweiten Krisen nicht vom Reisen abhalten und wählen bekannte Ziele.
28
Reisemagazine: Verlage setzen auf Ziele in
heimatlicher Umgebung, Print sorgt dabei
für Inspiration, Online für Verbindung. 30
Interview: Der neue TUI-Marketingchef
Erik Friemuth will neue Reisekunden auch
über Social Media und Mobile gewinnen. 32
Visueller Content: Die Qualitätsunterschiede beim Einsatz von Foto- und Bewegtbildinhalten sind groß.
34
Bewegtbild: Die Reisebranche setzt immer
häufiger auf TV, Onlineportale und Media
for Equity.
35
Echtzeitdaten: Reisende und Touristikdienstleister profitieren von personalisierten
Services auf Big-Data-Basis.
36
Interview: Manuel Butler, Chef von Turespaña in Deutschland, erteilt klassischen
Medien eine klare Absage.
37
Markenstudie: Young & Rubicam ermittelt
die Einstellung von Konsumenten zu Buchungsplattformen und Hotelmarken. 39
Audioeffekt: Der Pauschalreiseanbieter Alltours hat überprüft, dass sich Radiowerbung
positiv aufs Image auswirkt.
39
Manuel Butler, Generaldirektor Turespaña
in Deutschland
Im Fokus: Touristik Marketing Gipfel
Brandbuilding und Marketing der Reiseindustrie stehen im Mittelpunkt des Touristik
Marketing Gipfels, den die Fachzeitschriften
FVW und HORIZONT in diesem Jahr zum
ersten Mal veranstalten. Mit ihrer Expertise
sind die Schwestertitel aus der dfv Mediengruppe prädestiniert, die Verbindung
zwischen Werbebranche und Touristik
herzustellen. Die Konferenz am 11. Februar
im Steigenberger Airport Hotel am Frankfurter Flughafen ist hochkarätig besetzt. So
treffen gleich zur ersten Podiumsdiskussion
die Marketingchefs von DER Touristik, TUI
Group, Thomas Cook und Aida Cruises
aufeinander und diskutieren über möglichen
Nachholbedarf der Tourismusbranche im
Marketing. Für Zündstoff könnte auch der
Couch-Talk zwischen Matthias von Bechtolsheim, Geschäftsführer Heimat Werbeagentur, und Dieter Zümpel, Geschäftsführer
Marketing und Vertrieb Alltours Flugreisen,
sorgen. Sie werden mit der Frage konfrontiert, ob sich Erfolgsrezepte aus der
Konsumgüterindustrie auf die Touristik
übertragen lassen. Big Data, Destinationsmarketing, Vertriebsmodelle und Werbebudgetverteilung sind weitere Schlagworte
für den Kongress. Informationen und Programm unter fvw.de/touristikmarketing.
HORIZONTREPORT
ist ein Sonderteil von HORIZONT,
Zeitung für Marketing, Werbung und Medien
Chefredaktion: Dr. Uwe Vorkötter (V.i.S.d.P.),
Volker Schütz, Jürgen Scharrer
Ressortleitung: Dr. Jochen Zimmer
Telefon 069/7595-2695
E-Mail: [email protected]
Redaktion: Bettina Sonnenschein,
Lisa Naumann
28 REPORT TOURISTIKMARKETING
HORIZONT 6/2015
Völlig losgelöst
Weltweit beherrschen
Krisen das Geschehen –
Urlauber lassen sich
nicht abbringen und
wählen bekannte Ziele
Wandel
Die Forschungsgemeinschaft
Urlaub und Reisen (FUR) wertet
jedes Jahr den deutschen
Urlaubsreisemarkt aus. Im noch
aktuellen Bericht 2014 stellt sie
fest, dass die Pauschalreise
noch immer die wichtigste
Organisationsform von Urlaubsreisen ist und das Reisebüro die wichtigste Buchungsstelle – langfristig sei jedoch ein
Strukturwandel zu erkennen:
Anbieter von Unterkünften und
Internetportale werden von ihm
profitieren.
Von Bettina Sonnenschein
Bayern und Spanien sind am beliebtesten
D
ie Lage ist einigermaßen absurd: Zum Jahresende 2014
vermeldet der Deutsche Reiseverband (DRV) einen geschätzten Rekordumsatz des Veranstaltermarktes von 25,8 Milliarden Euro beziehungsweise ein Umsatzwachstum von
etwa 2 Prozent. Bei der Bekanntgabe dieser vorläufigen Prognose (die endgültigen
Ergebnisse werden im März zur Reisemesse ITB veröffentlicht) stellt DRV-Präsident Norbert Fiebig selbst fest, dass die
Zahlen vor dem Hintergrund zahlreicher
externer Faktoren und Einflüsse einigermaßen bemerkenswert sind. Externe
Faktoren und Einflüsse? Hinter dieser
Formulierung stecken handfeste politische Krisen, teils mit Waffen ausgetragen,
teils in Form von Epidemien, sowie ungezählte Streiks im deutschen Dienstleistungssektor.
Ukraine, IS-Bedrohungen, Ebola,
Lok- und Pilotenstreiks – nichts davon
hat die Deutschen also vom Reisen abgehalten. „Wenn es um ihren Urlaub geht,
sind deutsche Touristen bereit, sehr
schnell zu vergessen“, erklärt Beate Zwermann, Geschäftsführerin der Frankfurter
Beratungsagentur BZ.Comm. Und
Thomas C. Wilde, geschäftsführender Gesellschafter der
auf den Reisemarkt spezialisierten Agentur Wilde &
Partner in München, ordnet die sonderbare Konstellation von vielerlei
Spannungsherden und
einer selbstbewussten Reiseindustrie ein: „Die Branche hat inzwischen gelernt,
mit solchen Situationen
umzugehen. Das war
nach dem 11. September 2001 noch
Top 10 Urlaubsreiseziele 2013
Angaben in Prozent
Inland
Ausland
Bayern
6,0 Spanien
Mecklenburg-Vorpom.
5,9 Italien
7,6
Türkei
7,4
4,1
Schleswig-Holstein
3,8
Niedersachsen
2,5
Baden-Württemberg
12,6
5,9
Österreich
3,1
Frankreich
2,9
Berlin
1,3
Kroatien
Nordrhein-Westfalen
1,3
Griechenland
2,2
1,1
Polen
2,1
Sachsen
Brandenburg
0,7
Rheinland-Pfalz
0,7
2,1
Niederlande
1,7
Dänemark
Basis: Urlaubsreisen ab 5 Tagen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre
Quelle: FUR Reiseanalyse
HORIZONT 6/2015
ganz anders.“ Zwar müsse das Marketing
sensibel mit diesen Situationen umgehen
und könne nicht mit jedem beliebigen
Satz werben – als Bremsklotz empfinde
die Branche die weltweiten Entwicklungen aber eben nicht.
D
ass sich das anstehende Reisejahr
so positiv entwickeln wird, wie
DRV und Unternehmen erwarten, davon ist Wilde noch nicht recht
überzeugt. Abgesehen von den bereits erwähnten Schwierigkeiten könnte auch die Entwicklung der
Finanzmärkte unliebsame
Auswirkungen haben: Ein
schwacher Euro, ein starker Dollar, die Aufhebung
des Mindestkurses für den
Schweizer Franken – all
das macht Urlaube in
manchen Ländern für
Deutsche erheblich kostspieliger.
Profitieren wird davon im
Zweifelsfall das Produkt Pauschalreise: Kaum eine andere Nation
als die deutsche
kennt es überhaupt, für sie
aber ist und
bleibt es mit
das beliebteste Reise-
angebot überhaupt. „Die Deutschen sind
von der Einfachheit der Pauschalreise seit
Jahrzehnten überzeugt und das werden
sie noch lange Zeit bleiben“, sagt Expertin
Zwermann. Zumal sie mit der Buchung
eine gesicherte Leistung im Paket erstehen. Das Risiko liegt beim Veranstalter:
Er hat längst dafür gezahlt, schwächelt
jetzt die Währung, kommen die Kosten
möglicherweise nicht mehr rein.
Abgesehen vom finanziellen Risiko
haben die Veranstalter den Pauschalen
aber auch einen modernen Anstrich verliehen, der den zukünftigen Erfolg sichern wird: „Die Nachfrage nach Urlaubspaketen ist weiterhin sehr groß, weil
Pauschalreisen inzwischen so flexibel an
die Wünsche der Urlauber angepasst
sind, wie sie sich das wünschen – trotzdem profitieren die Reisenden von der
FOTO: GENNADIY POZNYAKOV / FOTOLIA
Das Reisebüro lässt nach
Am liebsten immer noch im Paket
Buchungsstellen der Reise
Angaben in Prozent
2013
Unterkunftsanbieter direkt
Internetportale
Reiseveranstalter direkt
7
7
8
16
13
14
21
Angaben in Prozent
2013
32
Reisebüro
Verkehrsträger direkt
Organisation der Reise
2005
30
44
2005
42
Pauschal-Bausteinreise
Unterkunft einzeln
Ticket/Fahrschein einzeln
andere Bestandteile einzeln
nichts vorher gebucht
6
6
11
16
27
35
15
17
Basis: Urlaubsreisen mit Vorausbuchung ab 5 Tagen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre;
(2005 nur Deutsche)
Basis: Urlaubsreisen ab 5 Tagen der deutschsprachigen Bevölkerung ab 14 Jahre;
(2005 nur Deutsche)
Quelle: FUR Reiseanalyse
Quelle: FUR Reiseanalyse
HORIZONT 6/2015
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HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
Sicherheit einer Pauschalreise“, sagt Markus Leutner, Leiter Produktmanagement
Thomas Cook und Neckermann Reisen.
Diese Anpassung, Pauschalreisen durch
einzeln wählbare Bausteine flexibler zu
machen, ist der Konkurrenz aus dem
Netz geschuldet: Denn auch wenn Reisebüros als Buchungsort 2014 eine Renaissance erlebten – der DRV spricht von einem Umsatzzuwachs zwischen einem
und 2 Prozent und dem erstmaligen Anstieg der Zahl stationärer Reisebüros seit
2004 auf 9829 –, ist das Selbstzusammenstellen einer Reise einfach wie nie. Auf
Onlineportalen lassen sich individuelle
Teile längst leicht zusammenfügen. Die
Reaktion der großen Veranstalter, den
persönlichen Spielraum der Pauschaltouristen zu vergrößern, ist also nur logisch.
U
nd wo zieht es ihn schließlich
hin, den deutschen Urlauber? So
er sich nicht für eine Kreuzfahrt
entscheidet – das einzige Segment, in dem
noch Wachstum durch Neukunden möglich ist, bleibt er sich auch bei den Zielen
treu: „Besonders gefragt auf der Mittelstrecke waren Griechenland, Ägypten, die
Türkei und die Kanaren“, sagt Dietmar
Gunz, Group Managing Director FTI
Touristik. Er erwartet, dass dieser Trend
auch 2015 anhält: Für Ägypten sehe man
viel Potenzial, auch für die Türkei und
Griechenland erwartet er hohe Nachfrage
aufgrund des guten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Thomas Cook-Manager nennt
dieselben Destinationen und fügt Tunesien an, das „seit längerer Zeit wieder gut
nachgefragt“ werde.
Das bestätigt die Einschätzung von
Branchenkennerin Zwermann, die sagt:
„Wenn es billig ist, fahren die Leute auch
hin.“ Dass Ägypten und Tunesien noch
immer unter den politischen Umwälzungen leiden, dass die Türkei Millionen syrischer Flüchtlinge beherbergt und sich
Griechenland gerade den nächsten Streit
mit der Europäischen Union liefert – im
Feriendomizil vor Ort wird und kann das
ausgeblendet werden.
Außerdem bleibt schließlich noch der
Urlaub im eigenen Land. Je älter die Reisenden, desto öfter steigt ihr Sicherheitsbedürfnis, ebenso wie die Erkenntnis zunimmt, dass die Fahrt nicht all zu weit
sein muss. Das sei inzwischen auch in
den Marketingabteilungen angekommen, sagt Zwermann: „Vor zehn bis
15 Jahren war das Produkt Deutschlandreise ziemlich angestaubt.
Heute ist das anders: Der Bereich
Wellness ist hinzugekommen,
Kurorte vermarkten sich jung
und modern, auf Wanderwegen gibt es coole Hütten
zu mieten – Deutschland
hat hier stark an Attraktivität
gewonnen.“
30 REPORT TOURISTIKMARKETING
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
Neue Gewaltenteilung
Reisezeitschriften stellen sich auf veränderte
Arbeitsaufgaben ein:
Print inspiriert, Online
verbindet
T
Von Roland Karle
orsten Biege kann sich noch gut
an seinen ersten Auftritt bei der
Internationalen
TourismusBörse (ITB) in Berlin erinnern.
„Sie sind ja ganz schön mutig“, gratulierten ihm die dortigen Gesprächspartner
zur Gründung seines Reisemagazins
„Sehnsucht Deutschland“. Unausgesprochen blieb der Subtext: Mal sehen, ob wir
den hier wieder treffen. Doch Biege kam
im Jahr darauf erneut zur Messe – und
ließ daraus eine Gewohnheit werden.
Acht Jahre sind seit der Premiere vergangen. Das Magazin hat sich in dieser Zeit
stetig entwickelt, zwischenzeitlich den
Umfang auf 100 Seiten verdoppelt und
die Erscheinungsweise seit Jahresanfang
von vier- auf sechsmal jährlich erhöht.
„Für unseren kleinen Verlag sind das
enorme Schritte“, sagt Biege. Als der heute 49-Jährige zusammen mit David Pohle,
der sich vorwiegend um die Redaktion
kümmert, die Zeitschrift 2007 startete,
wirkte die Fußball-WM mit dem gelebten
„Zu Gast bei Freunden“ noch nach. „Dieses Momentum wollten wir nutzen“, so
Kopf an Kopf ab Platz 2
Auflage der Reisezeitschriften
Titel
Verlag
Erscheinungsweise
Verkaufte
Auflage
IV/2014
ADAC Reisemagazin
ADAC Verlag, München
zweimonatlich
119 979
Sehnsucht Deutschland
Sehnsucht Deutschland, Hamburg
zweimonatlich
77 038
Geo Saison
Gruner + Jahr, Hamburg
monatlich
75 914
Abenteuer und Reisen
WDV Medien & Kommunikation, Bad Homburg
zehnmal jährlich
75 526
Reise und Preise
Reise & Preise Verlag, Buxtehude
vierteljährlich
74 568
Geo Special
Gruner + Jahr, Hamburg
zweimonatlich
45 341
Merian
Jahreszeiten Verlag, Hamburg
monatlich
37 002
Business Traveller
Perry Publications, München
zweimonatlich
36 927
Nordis-Das Nordeuropa Magazin
Nordis Verlag, Essen
zweimonatlich
25 725
* seit 2015, zuvor vierteljährlich
Quelle: IVW
HORIZONT 6/2015
Biege über die Aufbruchsstimmung. Damals wurde ihm und seinem Mitgründer
erst bewusst, „welch großartige Regionen
und Ecken unsere Heimat zu bieten hat“.
Auch ohne fußballweltmeisterliche
Initialzündung kann Ulrich Toholt diesen
Satz unterschreiben. Deutschland und
die grenznahen Gebiete sind attraktive
Reiseziele, die jahrelang medial etwas unterbelichtet waren. Verlagsmanager Toholt tat was dagegen und entwickelte das
seit Februar 2014 vierteljährlich erscheinende „Himmelblau“. Die Zeitschrift gehört zum Landwirtschaftsverlag in
Münster und ist somit eine Schwester der
berühmten „Landlust“. Ebenso bodenständig, natur- und menschennah ist
„Himmelblau“. Chefredakteur Frank Lorentz nennt seine Zeitschrift gerne das
„erste gedruckte Naherholungsgebiet“.
Nach dem vielversprechenden Start
mit 26000 verkauften Exemplaren
kämpft das Heft nun um Fortschritte. Der
Einzelverkauf habe sich „seitwärts entwickelt“, so Toholt, ein Abonnement beziehen immerhin mehr als 5000 Personen
und auf Facebook führt „Himmelblau“
den Reisezug sogar an (siehe Tabelle).
Doch das von Lesern geschätzte Nahreisen-Konzept hat auch seine Tücken: „Die
Interessen der Nutzer können weit auseinandergehen“, sagt Toholt. Seine Beobachtung: Weibliche Leser ab Mitte 40 lieben eher beschauliche, romantische Reiseziele, abenteuerlustige Männer in den
besten Jahren möchten auch mal etwas
über Wildwasser-Kajakfahrten lesen und
über den Fußmarsch quer durch die Alpen. Solch divergierende Interessen erfordern einen ausgeklügelten redaktionellen Mix.
Neben „Himmelblau“ und „Sehnsucht Deutschland“ belegen weitere Titel
den Trend zur heimatverbundenen Reisepublizistik: Für Mai kündigt der Neuwieder Verlag Ideenews das Freizeitmagazin
„Da!“ an. Die erste von künftig vier monothematischen Ausgaben pro Jahr widmet sich auf 112 Seiten der Mosel, danach
stehen Mittelrhein, Ruhrgebiet und die
Kitzbüheler Alpen auf dem Redaktions-3
A
uch Marketing- und
Medienprofis gönnen
sich Auszeiten.
HORIZONT fragt, welche
Medien sie zur Orientierung
und Information nutzen
Martina Lenk, Mitglied der Geschäftsleitung My Xplace
Susan Molzow, Geschäftsführerin Hamburger Morgenpost
Katja Metz, Managing Partner Young & Rubicam
„Mein Mann und ich sind Individualtouristen und lieben
es, Länder auf eigene Faust zu entdecken. Wenn es keine
(Tor)Tour der unliebsamen Überraschungen werden
soll, muss ein solcher Trip gut vorbereitet sein. Eine
Urlaubsreise beginnt deshalb bei uns immer mit einer
Reise durch die Bits und Bytes der Netzwelt. Wenn wir
beispielsweise Marokko erkunden wollen, ist für uns eine
Webseite wie www.erlebe-marokko.de die perfekte Wahl.
Wir legen die Reiseziele und Aufenthaltsdauer fest, und
der Reiseveranstalter kümmert sich um Unterkünfte und
Verkehrsmittel vor Ort wie Bus, Auto oder Kamel. Flüge
organisieren wir immer selbst – auch ausschließlich über
das Netz. Eine ,Standard-Webseite‘ für die Flugbuchung
haben wir nicht, da unsere Reiseziele stets voneinander
abweichen und auch die Reiseformen immer wieder
andere sind. Deshalb ergeben Newsletter eines Reiseveranstalters, Hotels oder einer bestimmten Reiseseite für
uns auch keinen Sinn. Bei längeren Urlauben begleiten
mich zur Information immer gedruckte Reiseführer,
während Reisezeitschriften bei der Planung oder auch
unterwegs kaum eine Rolle spielen. Unser ,Reisebüro‘ ist
also ganz klar das Internet.“
„Sonntagszeitungen, Zeitschriften, Bücher, Online-Sites,
Social Media, Mobile und Tipps von Freunden – aus
dem gesamten medialen Angebot nutze ich jedes Medium zu seiner Zeit. Ein Band der ,SZ‘-Reihe ,Ein perfektes
Wochenende in …‘ liegt eigentlich immer auf meinem
Nachttisch. Sonntags lese ich mit Hingabe die Reiseseiten der Sonntagszeitungen und im Internet lasse ich
mich gern von den Seiten Geo.de, Hotelparadiese.de
sowie Secretescapes.com inspirieren. Unterwegs, wenn
ich auf den nächsten Anschluss warte, schaue ich auch
gern in die Marco Polo Travel Guides App. Ist die Entscheidung gefallen, werden via Tripadvisor die Preise
verglichen. Neben den einschlägigen großen Portalen
habe ich schon phantastische Blogs gefunden, die Tipps
abseits des Mainstreams geben – das war beim letzten
Aufenthalt in Rom und Venedig sehr wertvoll. Kataloge
ziehe ich schon seit Jahren nicht mehr heran.“
„Man könnte mich schon fast als ,Reise-Junkie‘ bezeichnen, denn kaum etwas erweitert den eigenen
Horizont mehr – leider bleibt für dieses wunderbare
Hobby nicht immer die Zeit. Wenn ich in Zeitungen
und Magazinen oder auch Online interessante Tipps
finde, sammle ich sie in meinen ,Travel-Notes‘. Auf
besondere Empfehlungen von Freunden verlasse ich
mich gerne und reiseaffine Facebook-Seiten like ich
häufig. Wenn ich mich dann für ein Ziel entschieden
habe, informiere ich mich gern tiefergehend in Reisezeitschriften wie ,Geo Spezial‘ oder den ,Cool Cities‘-Reiseführern. Geht’s ans Buchen, sind bei mir Onlineseiten
wie Secret Escapes oder Smart Travelling für Recherchen
und Inspiration unerlässlich. Reiseveranstalter, vor allem
deren Kataloge, nutze ich weniger, da ich individuelles
Reisen bevorzuge. Bewertungsportale nutze ich ab und
zu, wenn ich bereits etwas gefunden habe, zur Rückversicherung. Meine persönlichen Tipps: „100 places to
see before you die”, „The New York Times: 36 Hours. 125
Wochenenden in Europa”. Ich liebe Kurztrips in Metropolen und habe dabei schon einige großartige Entdeckungen gemacht!“
HORIZONT 6/2015
programm. Es sollen jeweils 100000
Exemplare gedruckt werden und die Anhänger des Kurzurlaubs erreichen. „Heimat ist in“, gibt sich Geschäftsführer Uwe
Schöllköpf überzeugt.
Eine Erfahrung, die Red Bull Media
House bestätigen kann. Der Medienableger des Getränkekonzerns sagt gern „Servus“ – nicht nur mit dem gleichnamigen
Kanal im TV, sondern auch auf gedrucktem Papier. „Servus in Stadt und Land“,
im IVW-Register einsortiert unter
„Wohn- und Gartenmagazinen“, positioniert sich als Lebensart-Magazin und hat
dabei natürlich auch Reisende im Blick.
Im 4. Quartal 2014 kletterte die verkaufte
Auflage um gut 28 Prozent auf 83690
Hefte, mehr als zwei Drittel davon wurden über den Einzelhandel vertrieben, die
Zahl der Abonnenten stieg um beachtliche 39 Prozent auf 15276.
G
REPORT TOURISTIKMARKETING 31
5. Februar 2015
ut gemachte Zeitschriften, betont
Anja Kirig, Tourismusexpertin
beim Zukunftsinstitut in Frankfurt, „wecken Sehnsüchte und inspirieren. Das ist ihre Kernfunktion.“ Das Genussvolle, das zum Reisen gehört, sollte
sich in den Medien spiegeln. „Gerade
Print kann durch besondere Haptik
punkten“, sagt Kirig. Was „Sehnsucht
Deutschland“-Macher Biege bestätigt.
Zwar ist die Präsenz im Internet inklusive
Bewegtbild (Sehnsuchtdeutschland.tv)
inzwischen selbstverständlich, doch
„Print war zuerst da und ist weiter unser
wichtigster Kanal“.
Das gilt auch für Ratgeber-Titel wie
„Clever Reisen“ (Markt Control Multimedia Verlag, Duisburg) und „Reise und
Preise“ (Reise & Preise Verlag, Buxtehude). „Durch das Internet haben wir zwar
zahlreiche Leser verloren“, sagt Jürgen
Zupancic, Gründer und Geschäftsführer
von „Clever Reisen“, doch kurz vor der
100. Ausgabe des Magazins im April gibt
er sich zuversichtlich. „Die Zielgruppe ist
mit uns älter geworden und schätzt nach
wie vor die redaktionelle Qualität. Unsere
Leser wollen sparen, sind aber nicht geizig. Sie schätzen einen zuverlässigen Ratgeber, der sie durch das Angebots- und
Preisdickicht führt.“
Das Testsiegel von „Clever reisen“, mit
dem untersuchte Reiseorte, Airlines,
Fremdenverkehrsämter und Veranstalter
bei gutem Abschneiden gerne werben,
wirkt auf das Magazin zurück und
schreibt ihm besonderes Urteilsvermögen zu. Nicht ganz unwichtig in Zeiten
allgemeiner Verunsicherung, wo Bewertungsportale im Internet durch interes-
Onlinereiseportale setzen auf TV
Top 10 Touristikmarken nach Werbeausgaben in Offline-Medien*
Unternehmen
Bruttowerbeausgaben** in Mio. Euro
davon größter Anteil in Prozent
Unister
TV: 100
22,55
Comvel
TV: 100
22,13
Tropo
TV: 100
17,32
Wetter.com
TV: 100
16,10
Hotel Reservation Service (HRS)
TV: 99,6
10,94
Alltours Flugreisen
8,90
Radio: 99,8
Deutsche Lufthansa
8,65
TV: 45,1
Expedia.com
7,58
TV: 94,9
Österreich Werbung
7,34
PZ: 45,3
TC Touristik
7,32
TV: 74,9
* Zeitungen, Zeitschriften, TV, Hörfunk
** Zeitraum Januar bis Juni 2014
Quelle: Nielsen
HORIZONT 6/2015
Germanwings hebt im Netz ab
Top 10 Touristikmarken nach Werbeausgaben im Internet*
Unternehmen
Bruttowerbeausgaben** in Mio. Euro
Germanwings
13,64
TC Touristik
3,47
Air Berlin
3,39
Tuifly
3,23
Accor Hotellerie
2,86
Deutsche Lufthansa
2,82
Expedia.com
1,87
TUI Interactive
1,83
Amerikanisches Fremdenverkehrsamt
1,65
Emirates Fluglinie
1,50
* Online, Mobile
** Zeitraum Januar bis Juni 2014
Quelle: Nielsen
HORIZONT 6/2015
Himmelblau? Gefällt mir
Reisezeitschriften auf Facebook
Medienmarke
Facebook-Freunde
9516
Himmelblau
8478
Merian
5823
Geo Special*
4614
Geo Saison*
3215
Sehnsucht Deutschland
2966
Reise & Preise
2861
Lonely Planet Traveller Deutschland
2407
Abenteuer und Reisen
2349
Die neue Reiselust
Business Traveller
628
* gemeinsame Facebook-Seite unter „Geo Reise“
Quelle: Facebook; Stand: 28. Januar 2015
HORIZONT 6/2015
sengeleitete Noten und Kommentare in
die Kritik geraten sind. „Der aufgeklärte
Konsument zieht mehrere Quellen hinzu.
Letztlich zählen Empfehlungen von
Freunden am meisten“, sagt „Tourismus
Trends“-Autorin Kirig.
Reisemagazine können dazu ihren
Beitrag leisten. „Abenteuer & Reisen“ hat
ebenso eine eigene Reisecommunity aufgebaut wie „Geo Saison“ und „Geo Special“. „Unsere Leser wollen sich inspirieren lassen und über die neuesten Trends
informieren. Sie schätzen die Auswahl
der Destinationen und Reiseangebote
durch unsere Reiseexperten“, betont
„Geo“-Publisher Alexander Schwerin.
Richtig ist aber auch, was Stefan Schaub,
Senior Berater bei Philipp und Keuntje,
sagt: „Je weiter Kunden im Entscheidungsprozess für eine Reise sind, desto
mehr informieren sie sich online.“
Deshalb versuchen die Verlage, Print
und digitale Plattformen noch enger zu
verzahnen. Der „Geo Reisecommunity“
gehören aktuell mehr als 40000 Mitglieder an, es haben sich 450 Gruppen gebildet, rund 5100 Reiseberichte und 11000
Beiträge im Reiseforum sind online zu
lesen. „Unsere Reporter bringen von ihren Reisen in alle Welt viel mehr mit, als
in unsere Magazine passt“, sagt Schwerin.
„Deshalb gibt es aufwendig produzierte
Slideshows mit den Stimmen von Reportern und Fotografen oder kleine Filme bei
uns im Netz zu finden.“
Zählt man „Servus in Stadt und Land“
hinzu, kommen die zehn größten Magazine im Reisesegment aktuell auf rund
320000 im Abo und Einzelhandel verkaufte Hefte (IV/2014). Die gesamte Verkaufsmenge der sieben größten Titel heute (ohne „Sehnsucht Deutschland“ und
„Business Traveller“) ist kumuliert in den
vergangenen zehn Jahren um gut ein
Viertel auf 454000 Exemplare geschrumpft. Eine Entwicklung, die sich
kaum von jener in anderen Zeitschriftensegmenten unterscheidet. „Dass sich das
Pendel wieder umkehrt, ist zu bezweifeln“, sagt Agenturmanager Schaub, der
selbst sieben Jahre lang als Marken- und
New-Media-Direktor bei TUI tätig war.
Wenn die Bedeutung einzelner Titel
abnimmt, schwindet auch deren Relevanz als Werbeträger, zumal „die Touristikmarken ihre knappen Budgets zwischen Handelsmarketing und Endkundenmarketing aufteilen müssen“, so
Schaub. Etliche Marken setzten dabei
mehr auf Onlinepräsenz oder selektieren
Titel mit Fokus auf bestimme Destinationen (Florida, London, Mallorca), Reise-
arten (Kreuzfahrt), Nischen (Titel wie
„Mare“) und zur Angebotskommunikation auf reitweichenstarke Publikumsoder Zeitungstitel. Weil die Touristik
selbst, auch wegen des digitalen Wettbewerbs, unter Margendruck gerät, „bleibt
oft wenig Budget für klare Markenführung“, bedauert Schaub.
U
mso wichtiger also, dass die Reisezeitschriften nicht an medialer
Kraft einbüßen. „Geo“-Publisher Schwerin hat erkannt, dass Reiseziele
in Europa besser verkaufen als Fernreiseziele. So war die Hamburg-Ausgabe von
„Geo Special“ im Februar 2013 mit über
75000 Exemplaren im Einzelverkauf der
Bestseller der vergangenen beiden Jahre.
Auch die Ausgaben über die Provence
(Heft 3/2013) und Kroatien (4/2014) seien sehr gut gelaufen. Während die zahlungspflichtige New-York-App der Zeitschrift inzwischen fast 30000 Mal abgesetzt wurde, erweisen sich auch DVDs auf
dem Heft als stabile Erlösbringer. „Sie
machen rund 20 Prozent der Einzelverkaufsauflage aus“, berichtet Schwerin.
Peter Pfänder, Chefredakteur „Abenteuer & Reisen“, betont die „stabile Auflage seit 2013“ und kündigt an, dass der
Verlag mehr Geld für Handelspromotions ausgeben will. Auch der Relaunch der
Zeitschrift im Sommer 2014 habe positive
Resonanz erfahren. „Gut gemachte Reisemagazine wie das unsere sind keine Exund-hopp-Wegwerfware. Eine so hohe
Nutzungszeit schafft bis dato kaum eine
App und kein Travel-Blog“, sagt Pfänder.
Zugleich werde das Onlineangebot bis
zum Sommer „komplett erneuert, da
bleibt kein Stein auf dem anderen“.
Ein nicht mehr ganz taufrisches Thema wird dabei gerade heiß gehandelt bei
Reisemagazinen: Augmented Reality. Mit
der „Erlebnis App“ können die Leser von
„Clever reisen“ neuerdings digitale Zusatzinhalte und Videos zu Printbeiträgen
abrufen. „Etwa jeder fünfte Leser nutzt
den Service, das läuft großartig“, sagt
Chefredakteur Zupancic und hofft, „dass
bald auch mehr digitalisierbare Angebote
von Werbekunden vorliegen“.
Während Neuling „Da!“ eine redaktionelle Online-Anbindung über einen
QR-Code schafft und die 100 Top-Tipps
aus dem Heft auf mobilem Gerät erläutern will, verspricht Peter Pfänder den
„Abenteuer & Reisen“-Lesern ebenfalls
ungewohnte Sinneseindrücke. „Wir verpassen unserem Magazin ab Ausgabe 5
spannende neue Seiten und Aspekte
durch Augmented Reality.“
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32 REPORT TOURISTIKMARKETING
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
„Digital ist unsere Zukunft“
Der neue TUI-Marketingchef Erik Friemuth will Reisekunden
auch über Social Media und Mobile gewinnen. Seine datenintensive
Arbeitsweise soll dabei helfen
Von Christiane von Pilar
B
ei Erik Friemuth hängt der Inbegriff des Traumurlaubs an
der Wand: Türkisfarbenes
Meer, eine malerische Insel mit
luxuriöser Hotelanlage, alles von oben
fotografiert, zum Eintauchen schön. Der
neue Marketingchef der TUI ist stolz auf
den Wandschmuck, denn Reise ist für
ihn ein konkretes Produkt, das für Marken- und Marketingarbeit reichlich Potenzial bietet. Friemuth muss es wissen,
denn der Ex-Vodafone-Mann hat bislang
im Wesentlichen virtuelle Produkte und
Netzwerke vermarktet.
Herr Friemuth, Sie sind seit April 2014
der oberste Marken- und Marketingchef der TUI, ein Bereich, den bisher
Michael Lambertz verantwortet hat.
Was haben Sie in Hannover als Erstes
geändert?
Bisher war dieser Bereich bei TUI stark
auf die Markenstrategie und Marktforschung fokussiert. Diese Themen bleiben
auch weiter wichtig. Zusätzlich haben wir
unsere Aufgaben aber jetzt um die Bereiche CRM, Customer Experience und
das Projekt Customer Platform ergänzt.
Dabei handelt es sich um eine einheitliche
IT-Plattform für Kundendaten und Gästeverhalten. Sie soll länderübergreifend
und später auch über alle Assets hinweg
die technische Grundlage unter anderem
für CRM-Aktivitäten bilden. Zudem wollen wir das Content Management stärker
zentralisieren, um vor allem unsere stark
differenzierten Angebote besser kanalübergreifend zu präsentieren.
Das klingt so, als ob Sie stark datenbasiert arbeiten. Sind Sie kein CMO,
der sich durch schicke, große Kampagnen einen Namen machen will?
(lacht) Ich weiß, was Sie meinen. Wir
nennen das „Happy people jumping up
and down“. Nein, das bin ich definitiv
nicht. Ich komme aus dem Bereich der
kommerziellen Steuerung. Bei Vodafone
habe ich das gesamte Privatkundengeschäft in Deutschland geleitet – und in
dieser Funktion auch die Kampagnen
verantwortet. Ich stütze meine Arbeit daher stark auf Daten. Das können messbare Kundenkenntnisse sein oder die Ergebnisse qualitativer Marktforschung.
Klingt ein bisschen abstrakt. Haben Sie
ein Beispiel?
Wir haben die Customer Journey in 15
maßgebliche Faktoren zerlegt, die die
Weiterempfehlung eines Kunden treiben. Dabei haben wir echte Überraschungen erlebt: Zum Beispiel, dass die
Phase zwischen Buchung und Anreise
maßgeblich für die Weiterempfehlung
verantwortlich ist. Auch die sozialen Medienaktivitäten sind in dieser Zeit am
stärksten. Diesen Bereich bedienen wir
aber noch längst nicht ausreichend.
Auch wenn Sie nicht der Filmemacher
sind, kommen Sie aus einer Branche,
die für ihre gewaltigen Werbespendings bekannt ist. Die Touristik kann
da nicht mithalten. Vermissen Sie Ihre
früheren Budgets?
Zunächst einmal genieße ich es, ein greifbares Produkt zu vermarkten. Mir fällt in
der Touristik und insbesondere in
Deutschland aber auch die geringe Relevanz der Themen Marke und Marketing
auf. Man nimmt sich damit die Möglichkeit, die Produkte vom Wettbewerb zu
differenzieren und ein Preispremium –
die Differenz zum Konkurrenzpreis –
über Markenstärke zu erlösen.
land gibt es ja eine Vielzahl von Spezialisten. Werden Sie auch da ausdünnen?
Die Spezialistenmarken leben von der
Differenzierung und sind ihrem jeweiligen Bereich klar zugeordnet. Diese Marken werden wir nicht anfassen, weil sie
sich nur schwer oder gar nicht konsolidieren lassen.
Woran liegt das aus Ihrer Sicht?
In Deutschland läuft immer noch ein hoher Anteil des Geschäfts offline und über
indirekte Kanäle. Deswegen wird im Veranstalterbereich versucht, den Marktanteil über Provisionen zu steuern.
Was halten Sie von der Marke HapagLloyd Kreuzfahrten? Zu angestaubt?
Ganz im Gegenteil. Aus Markensicht
kann einem Unternehmen nichts Besseres passieren, als neben TUI Cruises
mit „Mein Schiff“ die Marke HapagLloyd zu besitzen. Sie steht schließlich für
die Gründung der Kreuzfahrt und ist 150
Jahre alt. Aus der Historie allein könnte
man schon 50 Jahre lang Marketing machen. Einen solchen Brand zu konsolidieren, wäre total unsinnig.
Der Vertrieb über Reisebüros hat doch
auch seine Vorteile.
Natürlich. Man ist eben nicht so abhängig von der Markenkommunikation, bei
der man nie so genau weiß, was am Ende
dabei herauskommt. Aber der Kunde
wünscht sich, immer digitaler zu agieren.
Und in einer digitalen Umgebung muss
ich die Markenbekanntheit und Präferenz schon vorher aufgebaut haben. Daher wird das Thema Marke und Marketing speziell für die Touristik in Deutschland perspektivisch immer wichtiger.
Unsere Marke Thomson in England zum
Beispiel setzt die Markenkommunikation schon sehr erfolgreich auch zur Markenbildung ein. In Deutschland gibt es
dagegen noch Potenzial.
Wie beurteilen Sie die Marke TUI in
diesem Zusammenhang?
TUI ist als Vollsortimenter die führende
Marke in der Touristik, die von der Preispositionierung her in der Mitte des
Marktes steht. Das ist ein wichtiger
Aspekt. Ich glaube aber, dass diese
Mitte breiter als bisher definiert
werden kann. Die Segmente an
den Rändern müssen wir
stärker miteinbeziehen.
Für das preiswerte
Volumengeschäft
gibt es doch schon
die Marke 1-2-Fly.
Steht sie zur
Disposition?
Wir werden uns
in den kommenden Monaten
alles sehr genau
anschauen und
dann entscheiden,
welche Schritte
notwendig sind,
um uns als Marke
breiter aufzustellen.
Ihr Chef Friedrich
Joussen fordert,
dass in der Marken-welt von TUI
aufgeräumt werden muss. Wie weit
sind Sie?
Wir haben zunächst
das Markenportfo-
Kommen wir zum Begriff Digitalisierung, der in der Reisebranche gerade in
aller Munde ist. Welchen Stellenwert
nimmt das digitale Marketing in Ihrer
Philosophie ein?
Das ist ganz klar unsere Zukunft, gerade
aus internationaler Perspektive: In Skandinavien läuft der Vertrieb zu mehr als 90
Prozent über E-Commerce, in England
zu 50 Prozent, und in Deutschland liegen
wir bei rund 20. Das zeigt doch, wohin
die Reise geht. Dazu kommt intelligentes
Content Marketing. Dazu brauche ich
nur die touristischen Produkte zu nehmen und habe sofort tolle Geschichten
zu erzählen. In dieser Hinsicht ist die
Branche gesegnet.
lio der Gruppe im Hotelbereich neu
strukturiert und werden uns mittelfristig
auf acht Marken konzentrieren. Heute
sind es 21. In diesen acht ist sogar eine
Neuentwicklung enthalten, die wir später im Jahr vorstellen werden. Grundsätzlich ist es unser Ziel, dass eine TUIMarke auch als TUI erkennbar sein soll.
Welche Hotelmarken werden verschwinden?
Ich bitte um Verständnis, dass wir uns
zum jetzigen Zeitpunkt dazu nicht äußern wollen.
Was wird mit den einzelnen Veranstaltermarken passieren? Gerade in Eng-
Manager und Marke
Erik Friemuth hat BWL studiert und war Managing Director von Spray Network in Hamburg,
später wechselte er zu Lycos Bertelsmann. Ab
2004 leitete er das Privatkundengeschäft im
Vodafone-Konzern. Seit April 2014 ist der 47Jährige Group Chief Marketing Officer bei TUI.
Auf Agenturseite werden die Themen Corporate
Identity und Marke bei TUI von Jung von Matt/
Brand Identity verantwortet, die länderübergreifende Kampagne „Discover your smile“ wurde
von der Kreativ-Agentur BMB umgesetzt. Sie soll
jedoch noch einmal überdacht werden. Dazu
wurde gerade ein neuer Pitch ausgeschrieben.
Wie lösen Sie das Problem, dass der
Content nicht nervt und die Verkaufsabsicht zu deutlich zeigt?
Gute Markenkommunikation unterhält
den Kunden. Wenn sie das tut, erlaubt er
auch kommerzielle Botschaften. Aber
wenn ich nur Preisanreize aussende,
baue ich keine werthaltige Marke auf.
Die Kampagne „Discover your smile“,
die wir in Deutschland mit einer SocialMedia-Aktion eingeführt haben, ist das
beste Beispiel. Die von den Kunden eingesendeten Fotos sind hervorragend. Die
Menschen haben richtig Spaß.
Dass Social Media zur Markenbindung
beitragen kann, ist mittlerweile gelernt. Aber taugt es auch als Vertriebskanal?
Ich würde es anders ausdrücken: Das
Smartphone wird zu einem immens
wichtigen Kanal, der auch für den Absatz
geeignet ist. Und die sozialen Netzwerke
sind der Ort, an dem sich die Kunden
aufhalten. Daher ist es wichtig, die Kommunikation zum Kunden in diesen Medien aufzubauen, um die E-Mail-Adresse
zu gewinnen und ihn direkt ansprechen
zu können. Damit erreichen wir eine
stärkere Profilierung und können maßgeschneidert mit dem Kunden agieren.
All das leistet die klassische Kommunikation nicht. Ob aber Social-Media-Kommunikation transaktionstreibend ist,
wird die Zukunft zeigen.
FOTO: CHRISTIAN WYRWA
@HORIZONT
34 REPORT TOURISTIKMARKETING
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
@HORIZONT
Unfassbares Gefälle
Visueller Content ist im Touristikmarketing einer der wichtigsten Erfolgsfaktoren.
Doch nicht alle beherrschen den Einsatz von Foto- und Bewegtbildinhalten
Von Anja Sturm
O
b Youtube, Instagram oder
Pinterest, eigene Corporate
Website oder Blog, Microsite
oder Bewegtbildwerbung –
der Hunger nach visuellem Content
wächst gigantisch. Für die Touristik eine
Riesenchance – und ein Riesenproblem.
Denn in kaum einer anderen Branche
sind die Qualitätsunterschiede so groß
und nirgendwo sonst fallen sie so auf. „Es
gibt in der Touristik zurzeit ein unfassbares Gefälle, das einen manchmal
sprachlos macht“, sagt
Hunger nach visuellem
Content steigt
Laut einer Studie des Telekommunikationsriesen Cisco sollen
schon 2018 fast 80 Prozent des
gesamten Internet Traffic aus
Bewegtbild bestehen. Nach
Youtube und Facebook will
deshalb sogar der KurztextDienst Twitter noch in diesem
Jahr einen Video-Player integrieren. Doch auch FotoContent legt noch immer
deutlich zu. Pinterest etwa zählt
weltweit rund 40 Millionen
aktive Nutzer monatlich,
Instagram 200 Millionen mit
einem Wachstum um rund
50 Millionen allein in den
vergangenen sechs Monaten.
In Deutschland sollen rund
3 Millionen Nutzer bei Instagram und rund 1,5 Millionen
bei Pinterest registriert sein.
Max Ströbel, Brand Engagement Director der Hamburger Agentur Achtung. Und Ralph Poser, Strategiegeschäftsführer bei Kolle Rebbe, glaubt,
dass die Chancen von visuellem Content
in diesem Wirtschaftszweig noch nicht
erkannt werden. Poser: „Ein Image wird
durch Images bestimmt, in keiner anderen Branche ist diese Erkenntnis so wichtig, wie in der, die im wahrsten Wortsinne
von Sehenswürdigkeiten lebt.“
Natürlich weiß das jeder. Viele große
Player und manche agile Marken beherrschen das vernetzte Spiel mit Bild und
Ton bereits ziemlich gut. Ob TUI oder
Thomas Cook, Lufthansa oder Hilton,
Südtirol oder Sylt, Air BnB oder 25hours
– mit ein paar Klicks sind im weltweiten
Netz schnell gute Beispiele für exzellenten
visuellen Content gefunden.
Doch oft genug herrscht dort, wo Inhalte sein sollten, gähnende Leere oder
noch schlimmer: ein wildes visuelles
Sammelsurium, frei nach dem Trial-andError-Prinzip. Selbst Top-Destinationen
stellen noch immer gigabyteweise unkommentierte Bildergalerien mit austauschbaren Fotos auf ihre Websites.
Noch immer zeigen namhafte Reiseveranstalter auf nagelneuen LänderMicrosites minutenlange Schwenks über
nichtssagende Strand-Meer-Palmen-Arrangements. Und noch immer bieten internationale Hotelketten ladezeitenfres-
sende 360-Grad-Einblicke in adrette
Standard-Doppelzimmer mit liebevoll
aufgeschüttelten Komfortkopfkissen.
Das Problem: So schnell die Nachfrage
nach visuellem Content in der Reiseindustrie steigt, so langsam kommen die
meisten Verantwortlichen mit Strategie,
Konzeption und Distribution hinterher.
Zumal oft genug nicht einmal klar ist, wer
in den Unternehmen überhaupt für die
Themen verantwortlich ist, geschweige
denn wo die Gelder dafür herkommen
sollen. Für die Hotellerie sieht Bruno
Marti, Chief Brand
Officer der 25hours Hotels, in der „noch immer vorherrschenden engen Verknüpfung von Sales und
Marketing ein echtes Problem“. Damit
komme man in der digitalen und vernetzten Welt nicht weiter. „Sales muss im
positivsten aller Sinne Klinken putzen,
Marketing muss strategisch denken“, so
Marti, der sich bei 25hours voll auf Marke
und Marketing konzentrieren kann. Vor
gut einem Jahr hat die Kette die Corporate Website komplett überarbeitet, mit
neuer Content- und Digitalstrategie. Das
Ergebnis ist sehenswert. Seit dem Relaunch ist bei den Designhotels „FotoContent King“ und „visuelle Opulenz“
das Erfolgsgeheimnis.
D
en Nutzen von Bewegtbild hingegen sieht Marti kritisch. Videos als reines Verkaufsinstrument, für die die Kamera einmal durchs
Hotel fährt und die im Schnitt für rund
2000 bis 5000 Euro zu bekommen sei,
lehnt er ab. Marti: „Solange es um klassische Produktinformationen geht, sind
Fotos gegenüber Filmen klar im Vorteil.“
Eine andere Sache seien Werbe- oder
Imagefilme, die der Markenbildung dienten. „Das ist spannend“, sagt Marti, „aber
eben auch vergleichsweise teuer.“
Für ihn jedoch offensichtlich spannend genug. Anfang Januar hat 25hours
zusammen mit der Hamburger Filmproduktion Erste Liebe einen Imagespot erstellt, der mit emotionalen Bildern die
Werte von 25hours transportieren soll.
Verbreitet wird der Film unter anderem
über die eigene Website und über den
Kanal Youtube.
G
enerell basieren erfolgreiche
Strategien für visuellen Content
meist auf einer dreistufigen Unterteilung. Stufe 1 beschreibt klassische
Produktinhalte, die primär informativen
Charakter haben. Hier ist in erster Linie
Top-Qualität gefragt,
wie etwa hochauflösende
Fotos. Stufe 2 beschreibt emotionale und
bildgewaltige Hintergrundinfos, die inspirieren und Lust auf das Produkt machen sollen. Hier sind neben Top-Qualität des Contents auch Kreation, Dramaturgie und Konzeption wichtig. Bei Stufe
3 schließlich geht es um die hohe Kunst
viraler Kampagnen mit exklusivem Storytelling und Vernetzung unterschiedlichster Kanäle. Alle drei Stufen müssen
intelligent aufeinander abgestimmt sein.
Und spätestens bei Stufe 3 geht nicht
mehr viel ohne kreativen Mut, ohne gut
gefüllte Kasse und ohne den Nutzer selbst
– als viraler Weiterflüsterer und Produzent von User generated Content.
Für ihren Mut belohnt wurde Ende
2014 beispielweise die Tourism Authority
of Thailand (TAT). Im November tauchte
im Netz der Film „I hate Thailand“ auf,
der den ganzen Hass eines vermeintlich
ausgeraubten Backpackers während einer
Reise durch das südostasiatische Königsreich zeigte und erkennen ließ, dass letztlich nur die unerschöpfliche Gastfreundschaft der Thai den Mann gerettet hatte.
Erst zwei Wochen später outete sich TAT
als Absender des Viralhits, der binnen
vier Wochen auf rund 2,5 Millionen Viewer und 27000 Likes kam. Ein hübsches
Lehrstück für erfolgreiches Onlinemarketing mit Bewegtbild-Content und Storytelling – und ein von langer Hand geplantes. Supranee Pongpat, Direktorin
des Thailändischen Fremdenverkehrsamts in Frankfurt, sagt: „Wir sind fest
davon ausgegangen, dass ,I hate Thailand‘
ein großer Erfolg wird. Denn er wurde
auf der Grundlage intensiver Marktforschung produziert.“ Diese habe ihnen
klar gezeigt, dass nicht gebrandete Werbung höhere Aufmerksamkeit erzielt. Der
Filmtitel wurde deshalb bewusst ins Negative gekehrt.
Hört sich nachvollziehbar an, doch ist so
viel Mut in der Branche noch immer eher
selten zu bestaunen.
Das Produkt Reise bietet vielfältige
Möglichkeiten für opulente
Bilder, diese müssen aber auch
etwas aussagen
G
leiches gilt für User generated
Content. In neuen großen Kampagnen tasten sich hier gerade
Thomas Cook („One campaign“) und
TUI („Discover your smile“) noch ein
Stückchen weiter vor. Kern beider Kampagnen ist, dass die Nutzer selbst den visuellen Content zur viralen Verbreitung
liefern. Ob das tatsächlich in großem Stil
funktioniert und wirksam auf die Markenwerte einzahlt, muss abgewartet werden. Kolle-Rebbe-Chef Poser, der die
TUI-Kampagne mitkonzipiert hat, sieht
– naturgemäß – jetzt schon viel Gutes:
„User generated Content hat den großen
Vorteil, dass er Emotionen verkauft und
die Erlebnisse der Menschen direkt miteinbindet.“ Zudem bediene er den Trend
zu Authentizität in der Kommunikation,
den es in anderen Branchen schon sehr
lange gebe. Nur die Reisebranche mit ihrer „gelernten Fototapetenästhetik“ hege
dagegen noch immer viel zu große Ressentiments. „Touristiker müssen endlich
die Perspektive wechseln und ihre Contentstrategie aus Sicht der Reisenden denken und umsetzen“, so Poser. Mit Himmelfahrtskommandos habe das nichts zu
tun. „Auch User generated Content ist
nur erfolgreich, wenn man zuvor eine
konsequente Strategie erarbeitet hat, ein
klares Gefühl für seine Zielgruppen besitzt und den Content entsprechend kuratiert“, sagt Poser.
HORIZONT 6/2015
REPORT TOURISTIKMARKETING 35
5. Februar 2015
@HORIZONT
T
„Für TV-Fläche
gibt es im Markt
genügend
zahlende
Nachfrager“
Anja Stockhausen,
Zenith Optimedia
Von Anja Sturm
homas Cooks macht’s, Alltours
macht’s wieder, JT Touristik
zum ersten Mal und Trivago,
Weg.de und Fluege.de tun es sowieso. Sie alle werben mehr oder weniger
konstant in TV und unterstreichen damit
auch für die Reisebranche, was aktuell für
fast alle werbeintensiven Industrien gilt:
TV ist wieder mächtig in. Allen Unkenrufen zum Trotz. Schließlich galt Fernsehen vielen Digitaljüngern lange Zeit
ebenso als vom Aussterben bedroht wie
die Printgattung.
Doch von wegen. Laut Nielsen hat TV
bis November 2014 bei den Bruttospendings über alle Branchen satte 8 Prozent
im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugelegt. In der Touristik inklusive OnlineReiseportalen sogar um rund 37 Prozent.
Das passt zu den Sehgewohnheiten der
Deutschen. Die aktuelle ARD/ZDF-Onlinestudie belegt, dass die über 14-Jährigen im vergangenen Jahr im Schnitt 242
Minuten vor dem Fernseher verbrachten
– täglich! Und nur rund 108 Minuten vor
dem Computer und rund 33 Minuten
mit Zeitungen und Zeitschriften. Viel trockenes Zahlenwerk, das aber die „Renaissance des Fernsehens“ (HORIZONT 51-52/
2014) sehr schön untermauert.
Für die Reisebranche nicht weniger
wichtig ist, dass Fernsehen noch immer
ein Medium ist, mit dem sich gut Emotionen wecken, Traumreisen verkaufen und
Zielgruppen massenweise erreichen lassen. Anja Stockhausen, Media Director
Trivago legt noch etwas mehr drauf
Die TV-werbeintensivsten Touristikunternehmen (inkl. Online-Reiseportale)
2013
Spendings in Tausend Euro
2014
63506
67292
Trivago
10068
Weg.de
42028
16945
Ab-in-den-Urlaub.de
Tropo
7002
Fluege.de
Booking.com
−
8769
12164
8153
Expedia
−
11333
7518
6292
6845
5100
5530
Holidaycheck
Aida Cruises
Air Berlin
L'TUR
−
Heide-Park Soltau
Tour.Mark.Ges. Sachsen
Österreich Werbung
Ethihad Airways
Condor
Irische Fremdenverkehrszentrale
Alltours
Thomas Cook
M
18800
14653
15626
14018
Lufthansa
TUI
31586
24066
22578
1
4265
2172
3406
3318
2490
3288
1439
2901
1917
2605
2530
2594
2529
−
435
2389
* 2013 und 2014 (jeweils Januar bis November)
Kanal voll
Quelle: Nielsen
TV bei der Mediaagentur Zenith Optimedia, sagt: „Die Aktivitäten in dieser Branche bestätigen, dass TV immer noch Massenmedium Nummer 1 ist. Kein anderes
Medium schafft in kürzester Zeit gemeinschaftlich wahrnehmbare Reichweite und
damit Aufmerksamkeit in den Köpfen
von pozentiellen Kunden.“ Und selbst Jan
Hinrichs, als Head of Omni Channel Digitalmarketing und E-Commerce bei
Thomas Cook nicht gerade als großer
TV-Befürworter verdächtig, weiß: „Fernsehen als Massenmedium ist absolut relevant für uns. Durch die Ausstrahlung von TV-Spots können wir unsere
Markenbotschaft schnell in der relevanten Zielgruppe platzieren.“
K
ein Wunder also, dass der Kanal gerade jetzt, zur wichtigen
Hauptbuchungszeit für die
Sommersaison 2015, wieder voll mit bunten Urlaubsempfehlungen und verlockenden Angeboten ist. Schon seit Ende
November läuft die neue Kampagne für
Neckermann Reisen im TV, zum Jahreswechsel frisch gestartet sind unter
anderem die TV-Premiere des virtuellen Veranstalters JT Touristik und –
nach einjähriger Fernsehabstinenz –
ein neuer Spot von Alltours. Jasmin
Taylor, Chefin von JT Touristik, beziffert das Mediavolumen für ihre
neue Kampagne, die zusätzlich mit
Onlinemarketingmaßnahmen flankiert wird, auf rund 6,4 Millionen
Euro. Bei Alltours wurde das TVGeld teilweise vom Radio-Etat geshiftet. Allerdings will man noch
nicht verraten, ob das 2013er-TVBruttobudget in Höhe von rund 2,5
Millionen Euro in diesem Jahr getoppt wird.
Klar ist aber in jedem Fall: Die
ganz großen TV-Töpfe stehen in der
Reisebranche ohnehin woanders – näm-
Es überrascht nicht, dass derlei Gerüchte bis Redaktionsschluss von Unister
Travel nicht kommentiert wurden. Doch
sollte der Deal zustande kommen, hätte
er – zumindest am Rande – sicher auch
Auswirkungen auf das künftige TV-Engagement von Unister Travel. Schließlich
ist 7 Travel bekannt für seine „Media for
Equity“-Deals und dürfte den einen oder
anderen Sendeplatz in die Waagschale
werfen.
HORIZONT 6/2015
fE – Werbezeit gegen Firmenbeteiligung – führt zu Marktverzerrung, wie zum Beispiel
an Weg.de zu sehen ist. Seit Ende 2013
gehört es zu 7 Travel, was sich auch an den
TV-Spendings bemerkbar macht. Von 10
Millionen Euro auf 42 Millionen ist das
Schaltvolumen für Fernsehwerbung bei
Weg.de im vergangenen Jahr gestiegen.
Meist kommen die Partner drei bis fünf
Jahre lang in den Genuss besonderer TVRabatte. Über die Höhe schweigen sich
alle Beteiligten aus, doch die Rede ist mitunter von Tarifen, die nur noch einen
kleinen Bruchteil der normalen Bruttopreise betragen. Ein Invesment, das sich
lohnt – und von dem in den vergangenen
Jahren auch Tropo profitiert hat. Der Reiseveranstalter, 2011 gegründet und seit
2012 zu Pro Sieben Travel gehörend, hat
seine Marke seither mit massiver TVWerbung in den Markt gedrückt. CEO
Frank Riecke gibt deshalb gerne zu: „Ohne 7 Travel wären wir heute nicht da, wo
wir sind.“ Für 2015 will Riecke mit Tropo
90 bis 100 Millionen Euro Umsatz machen (FVW 2/2015).
TV ist einer der großen Gewinner 2014.
Auch die Reisebranche liebt das
Medium immer mehr. Treiber sind
Onlineportale und Media for Equity
lich bei den Online-Reiseportalen. Laut
Nielsen haben allein die acht werbeintensivsten Anbieter 2014 rund 194 Millionen
Euro für Fernsehwerbung ausgegeben,
ein Plus von 58 Prozent gegenüber 2013
und rund 94 Prozent ihrer gesamten Werbeausgaben in allen Kanälen (außer Performance). Am meisten aus der Tasche
holt dabei das zu Expedia gehörende Vergleichsportal Trivago. Satte 67 Millionen
Euro Brutto-TV-Spendings weist Nielsen
2014 für die Düsseldorfer aus.
Intensiv auf Fernsehen setzt auch die
Leipziger Unister Travel. Für das Portal
Ab-in-den-Urlaub.de machte Group
CMO Thomas Wagner laut Nielsen im
vergangenen Jahr rund 31,5 Millionen
Euro locker, für Fluege.de rund18,8 Millionen. Wagner: „TV-Werbung hat für
Unister Travel eine hohe Relevanz und ist
eine wichtige Ergänzung zum eher Performance-orientierten Onlinemarketing.
Für 2015 planen wir mit stabilen Anteilen.“ Vor allem Letzteres bleibt spannend,
gibt es doch schließlich seit Monaten Gerüchte, dass die Unister-Gruppe, zu der
auch Unister Travel gehört, verkauft werden könnte. Namen zahlreicher potenzieller Käufer wurden schon genannt,
auch Axel Springer soll mit den Leipzigern in Gesprächen gewesen sein.
Mittlerweile ist die Rede meist von Finanzinvestoren, aber ein strategisch interessanter Name taucht zusätzlich immer
wieder auf: Pro Sieben Sat 1 beziehungsweise deren Tochter Pro Sieben Travel (7
Travel), zu der unter anderem das Reiseportal Weg.de und der Veranstalter Tropo
gehören. Mitte Januar war das „Handelsblatt“ sogar schon über erste Preise informiert. Am 13. Januar nannte das Wirtschaftsblatt 7 Travel als einen der UnisterInteressenten und spekulierte über einen
Verkaufspreis für Ab-in-den-urlaub.de
und Fluege.de zwischen 700 Millionen
und einer Milliarde Euro.
Nicht wenige in der Reisebranche
schäumen deshalb angesichts der MfeDeals. Öffentlich sagen wollen dies allerdings nur wenige. Eine erfreuliche Ausnahme macht an dieser Stelle Stefanie
Schulze zur Wiesch. Die Leiterin TUI
Marketing sagt: „Media for Equity verzerrt natürlich den Markt und führt aktuell im TV zu einem großen Einerlei aus
Preiswerbung, unterlegt mit schönen
Strand- und Hotelbildern.“ TUI setzt
deshalb seine 2014 begonnene TV-Pause
auch 2015 fort und hat im Januar eine
integrierte Social-Media-Kampagne gestartet, um den neuen TUI-Claim „Discover your smile“ unter die Leute zu bringen (FVW 25/2014). „Momentan ist aus
unserer Branche so viel Werbedruck im
TV, dass man als Werbungtreibender dort
nur einer unter vielen ist. Wir entsagen
deshalb im Januar der TV-Flut“, so Schulze zur Wiesch. Dabei weiß natürlich auch
sie, dass der ausschließliche Fokus auf Digital zur Etablierung eines neuen Claims
und zum Abfischen der Buchungspeaks
am Jahresanfang riskant ist. „Wir sind
sehr gespannt, wie viel Traffic uns diese
Kampagne bringen wird. Im Zweifel können wir schnell reagieren, da unser Mediamix sehr agil ist“, so die Managerin.
A
uf gute Preise wird sie dann aber
nicht hoffen können. Denn die
Annahme, dass die TV-Tarife
durch MfE-Deals und entsprechende
Rhetorik aus dem Markt unter Druck geraten könnten, hält Mediaexpertin Stockhausen für einen „großen Irrtum“. Im
Gegenteil: „Die Vermarkter sehen sich
aufgrund der beständig hohen Nachfrage
nach TV nicht veranlasst, dem Markt –
trotz Reichweitenverlusten und -verschiebungen zu kleineren Zielgruppensendern
– bessere Konditionen anzubieten. Für
TV-Fläche gibt es im Markt genügend
zahlende Nachfrager.“
36 REPORT TOURISTIKMARKETING
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
Spielend leicht ans Ziel
Immer mehr Unternehmen der Touristikbranche setzen Big
Data für individuellen
Echtzeit-Service ein
F
Von Ulrike Langer
luggesellschaften erheben bei der
Buchung jede Menge Daten über
ihre Kunden. Das löst bei vielen
negative Assoziationen an datenschnüffelnde US-Behörden aus. Dabei
können sich Airlines, Hotelketten oder
Reisebuchungsportale im Alltag von Reisenden durch den Einsatz von Big Data
ausgesprochen nützlich machen. Und
zwar dann, wenn sie einen individuell
und situativ passenden Service anbieten,
der nicht einmal aufwendig ist.
Ein Geschäftsreisender in der Business
Class bekommt in der Regel die gleichen
standardisierten Mietwagen- und Hotelzimmerangebote wie die vierköpfige Familie mit Economy-Flug, die einmal pro
Jahr die gleiche Reise macht, um ihre Verwandten zu besuchen – also weder Hotelzimmer noch Mietwagen benötigt. Individueller Service sieht anders aus. „Warum nicht rechtzeitig vor dem Abflug eine
SMS an einen Passagier schicken, mit
dem Hinweis, einen Regenschirm einzupacken, weil es nach der Ankunft am Reiseziel regnen wird?“, rät Allyson Barr,
Marketing-Vizechefin bei Boxever im
Unternehmensblog. „Oder darauf hinweisen, dass der Gangplatz im Flieger,
den ein Passagier bei der letzten Buchung
favorisiert hat, soeben verfügbar wurde?“
Personalisierte Angebote für
Reisende: Mobilgeräte
wissen wo das Gepäck ist,
welcher Sitzplatz frei ist
und schlagen ungefragt
Umbuchungen vor
kostenfrei zur Verfügung. Das soll ihnen
die Sorge nehmen, ob ihr Koffer nach
dem Flug wieder auftauchen wird. DeltaPassagiere können auf ihrem Smartphone jederzeit verfolgen, wo sich ihr Gepäckstück befindet, die mobile App wurde seit 2013 mehr als 11 Millionen Mal
heruntergeladen.
Das 2011 in Dublin gegründete Startup Boxever hilft Fluggesellschaften, Passagierdaten plattformübergreifend auszuwerten, um mehr aus Kundenbeziehungen zu machen. So baute Boxever für die
norwegische Airline Wideroe eine Datenmaske, in der Mitarbeiter des Callcenters
nicht nur alle vergangenen Buchungen eines Kunden abrufen können. Sie sehen
auch, auf welche Marketing-E-Mails reagiert und welche Seiten der Unternehmenswebsite abgerufen wurden. Für mehrere Unternehmen entwickelte das Startup Lösungen, die dem Phänomen des
„verlassenen Einkaufswagens“ entgegenwirken sollen. Bricht ein Kunde eine Buchung ab, bekommt er eine E-Mail mit
Nachfragen und individuellen Angeboten.
D
ILLUSTRATION: KREIZIHORSE / FOTOLIA
er Softwarekonzern Microsoft
wiederum nutzt Echtzeitdaten,
damit seine eigenen Mitarbeiter
effizienter um die Welt jetten können.
Wenn ein Programmierer oder Manager
auf dem Weg zu einem entfernten Einsatz
strandet, weil sein Flug gestrichen wurde,
muss sich der Mitarbeiter nicht selbst um
eine Umbuchung kümmern. Eine von
Microsoft entwickelte Reiselogistiksoftware arbeitet proaktiv im Hintergrund
und informiert den Geschäftsreisenden
selbstständig per Handy über seine neuen
Reisedaten.
Auch die Hotelbranche setzt zunehmend Big Data für personalisierten Kundenservice ein. Der Buchungsalgorithmus der Hotelkette Four Seasons weiß,
welches Stockwerk, welche Zimmerkonfiguration und sogar welche Matratzenhärte ein Gast bevorzugt, und wählt daraufhin das passende Zimmer aus. In Hilton-Hotels kann ein Check-in-Mitarbeiter mittels Software erkennen, dass ein
später eintreffender Gast lukrativer ist als
derjenige, der gerade vor ihm steht und
besser nicht das letzte verfügbare Zimmer-Upgrade bekommen sollte.
Für ein rundum personalisiertes Reiseerlebnis ihrer Kunden sollten Unternehmen stärker kooperieren. Dann
könnte beispielsweise eine Bar, die auf
Singles eingestellt ist, einen Gast, der soeben als Alleinreisender im Hotel auf der
anderen Straßenseite eingecheckt hat,
zum Cocktail einladen. Oder ein Ticketservice bietet ihm frei gebliebene Einzelplätze in Kinos oder Konzertsälen an, alles koordiniert per App. Wenn die Touristikbranche Geo- und weitere Echtzeitdaten nicht umfassend für personalisierte
Dienste nutzt, wird Google es sicherlich
tun. Dessen Service Google Now liefert
schon heute von der Terminerinnerung
über die Verkehrslage bei der Ankunft bis
hin zu Echtzeittipps für den Zielort nützlichen individuellen Service auf Reisen.
E
inige US-Fluggesellschaften steigen
mittlerweile vom traditionellen
Marketing für aggregierte Zielgruppen auf personalisiertes Echtzeitmarketing um. Bei Delta Airlines werden
seit vergangenem Herbst 20000 Flugbegleiter laut einem Report von Boxever
und dem Reiseanalysedienst Skift mit Mini-Tablets ausgerüstet. Mit den richtigen
Informationen im passenden Moment
können sie Passagiere in der gewünschten
Sprache ansprechen und Menüs vorschlagen, die ein Fluggast bei vergangenen Reisen mochte.
Auch bei United Airlines tut sich was
im Big Data Marketing. „Wir analysieren
mehr als 150 Datenpunkte zu jedem einzelnen Passagier und bekommen die Auswertung 200 Millisekunden später“, sagt
Scott Wilson, stellvertretender Vorstand
für E-Commerce und Merchandising bei
United Airlines. Auf diese Weise stiegen
die übrigen Erlöse außerhalb von Flugtickets laut Scott im vergangenen Jahr um
15 Prozent. Allerdings könnte United dabei konsequenter vorgehen. Derzeit bekommen Kunden immer noch einige Tage vor dem Abflug das Angebot, ihr Gepäck per Fed Ex vorauszuschicken – egal
ob eine zweiwöchige Reise oder ein Tagestrip gebucht wurde.
Nicht immer geht es beim personalisierten Echtzeitmarketing um sogenanntes Upselling (Zusatzgeschäfte). Delta
Airlines stellt die gleichen Logistikdaten,
die das Bodenpersonal in der Gepäckabfertigung nutzt, auch seinen Kunden
Unentschlossene im Netz
Eine Untersuchung von Intelli Ad Media zeigt, wie schnell sich Kunden online für eine Reisebuchung entscheiden
E
Von Lisa Naumann
s gibt sie, die Kurzentschlossenen: Viele Reiselustige entscheiden sich recht spontan, einen Urlaub zu buchen. Das zeigt eine
Auswertung der Performance Marketing
Plattform Intelli Ad. Mithilfe von Multichannel-Tracking hat das Unternehmen
das Nutzungsverhalten von Usern auf
Online-Reiseplattformen nachvollzogen
und genau festgehalten, wie viel Zeit zwi-
schen dem ersten Kontakt zum Reiseangebot bis zur endgültig abgeschlossenen
Buchung liegt.
Danach sind 51 Prozent der Suchenden kurz entschlossen und buchen schon
nach einem Tag, wobei sich ein Fünftel
von ihnen bereits nach einer Stunde für
den Kauf entschieden hat. Das ist ein
beachtlicher Anteil, denn: Im Vergleich
mit anderen Branchen – beispielsweise
Mode oder Kosmetik – ist der Entscheidungsprozess bei Reise selten von Impulsen getrieben. Tobias Kiessling, Ge-
schäftsführer von Intelli Ad, erklärt: „Reisen sind keine alltägliche Investition und
emotional, da muss die Buchung gut
überlegt sein. Der Entscheidungsprozess
ist insgesamt ein viel langsamerer als in
anderen Branchen.“ Das wiederum beweist die durchschnittliche Dauer bis
zum Abschluss aller Buchungen: Sie beträgt 139 Stunden – eine knappe Woche.
Kiessling empfiehlt daher: „Man muss
beim User über den ganzen Entscheidungsprozess hinweg präsent sein. Über
einen Gutschein für die Newsletter-An-
meldung kann die E-Mail-Adresse der
User gespeichert werden, um daraufhin
individualisierte Newsletter zu versenden.“ Direktmailings führen laut Intelli
Ad in den meisten Fällen zur GoogleSuche und einem Abschluss am nächsten
Tag: „Sie sind oft der entscheidende Auslöser für die Buchung .“
Neben Suchmaschinenmarketing rät
der Geschäftsführer außerdem zu einer
Werbeform, die zurzeit aufgrund rückläufigen Wachstums und einer Qualitätsdiskussion unter Druck steht: „Der User
sollte proaktiv mit Displaywerbung angesprochen werden, solange er unentschlossen ist. Intelligentes Retargeting
verhindert, dass er am Ende die Reise auf
einer anderen Plattform bucht.“ Außerdem könne dies vorbeugen, dass der potenzielle Kunde sich nur Informationen
besorgt und am Ende doch nicht bucht.
Auch auf Social-Media-Sites seien
User im Übrigen empfänglich für Urlaubsangebote, der Überraschungseffekt
sei dort sehr hoch – einfach, weil sie nicht
konkret auf der Suche sind.
Kurzentschlossene brauchen nur eine Stunde
Abgeschlossene Buchungen binnen einer Stunde, einem Tag, einer Woche
25 %
Buchung binnen
1 Stunde
10
Quelle: Intelli Ad Media
Durchschnittliche
Dauer bis
zur Buchung*
139 Stunden (ca.6 Tage)
51 %
Buchung binnen
1 Tag
20
30
40
50
60
70
80
90
100
* vom ersten Kontaktpunkt bis zur Buchung; n = 274 275 Onlinebuchungen im Zeitraum 1.9. bis 31.10.2014
110
120
130
140
150
71 %
Buchung binnen
1 Woche
(168 Std.)
160
Stunden
170
HORIZONT 6/2015
HORIZONT 6/2015
S
REPORT TOURISTIKMARKETING 37
5. Februar 2015
bung, insbesondere in TV, investiert.
In den 90er Jahren hat das noch sehr
gut funktioniert. Aber schon mit der
Diversifizierung der TV-Kanäle wurde
es für uns schwieriger. Meiner Meinung nach haben letztlich alle klassischen Medien zu große Streuverluste.
Zumindest aus Sicht einer so etablierten und starken Marke wie Spanien
auf einem so entwickelten touristischen Quellmarkt wie Deutschland.
Von Anja Sturm
Seit September 2014 vertreten Sie bereits zum dritten Mal in Ihrer langen
Karriere Turespaña in Deutschland.
Wie hat sich der Markt aus Ihrer Sicht
verändert?
Grundsätzlich wird unsere Arbeit am
stärksten durch die erhebliche Veränderung der Medienlandschaft beeinflusst.
Wie in allen anderen Branchen auch, stellt
sich für die Touristik die Frage: Wo sollen
wir unsere Marketinggelder investieren,
um möglichst zielgerichtet mit den Konsumenten kommunizieren zu können.
FOTO: TURESPAÑA
panien ist seit Jahrzehnten das beliebteste Auslandsreiseziel der
Deutschen. Doch die Finanzkrise
zwingt die spanische Tourismusbehörde Turespaña zu harten Einschnitten. Ihr Deutschlandchef setzt auf „100
Prozent Onlinemarketing“ und ist kein
großer Fan des Claims „I need Spain“.
Wobei Sie mittlerweile wesentlich weniger investieren können: Turespaña hat die Marketingetats
in den vergangenen Jahren
dramatisch reduziert.
Das ist richtig. Der ganz große
Break kam Anfang 2012, zu den
Hochzeiten der Finanzkrise.
Wie alle staatlichen Behörden
in Spanien muss auch Turespaña seither sparen. Das
weltweite Marketingbudget wurde allein 2012 im
Vergleich zu 2011 mehr
als halbiert.
Sieht es für den deutschen Quellmarkt besser aus, immerhin
ist Deutschland einer der wichtigsten
Märkte für den spanischen Tourismus?
Leider nein. Ich kann
Ihnen keine absoluten Zahlen nennen,
aber verglichen mit
meiner
letzten
Amtszeit hier in
Berlin, die von
2007 bis Ende 2011
dauerte, haben wir
für Deutschland heute rund 60 Prozent
weniger Marketinggelder zur Verfügung.
Das ist ziemlich hart.
Natürlich hätte ich gerne ein größeres Budget.
Aber so schlecht finde
ich die Etatkürzungen
gar nicht, weil sie uns zu
größtmöglicher Effizienz
zwingen. Wir setzen im
deutschen Quellmarkt seit
2014 zu 100 Prozent auf Onlinemarketing. Print machte
schon 2012 und 2013 nur
noch rund ein Fünftel des
klassischen Werbeetats aus,
TV haben wir in Deutschland bereits 2010 gestrichen.
Was haben Sie gegen Fernsehwerbung?
Das ist keine Frage der
persönlichen Einstellung,
sondern der Effizienz und
der Positionierung. Die
meisten Destinationen
haben in den vergangenen Jahren viel zu viel
Geld in klassische Wer-
„Eine
Frage der
Effizienz“
Manuel Butler, Chef von Turespaña
in Deutschland, erteilt
klassischen Medien eine klare Absage
Dennoch vermissen hierzulande
viele eine großangelegte emotionale
Werbekampagne für die Marke Spanien. Ein Markenexperte sagte
jüngst, dass selbst die FreixenetWerbung mit ihrer Grandezza mehr
für das positive Image von Spanien
beitrage als Turespaña.
Als Marktführer für Auslandsreisen in
Deutschland müssen wir das positive
Image von Spanien als Top-Destination für Sonne, Strand und Meer nicht
mehr kommunizieren. Das ist bestens
bekannt. Unser Ziel ist es, das sogenannte „andere Spanien“ zu vermarkten, als eine hervorragende Destination unter anderem für Kultur-, Städteund Ruraltourismus. Die Deutschen
machen sehr gerne ruralen Urlaub, allerdings in Österreich und nicht so
sehr in Spanien.
Mit knapp 65 Millionen ausländischen Gästen, davon über 10 Millionen aus Deutschland, war 2014 erneut ein Rekordjahr für Spanien.
Sind Sie damit nicht zufrieden?
Was die Entwicklung der Gästezahlen
angeht, ist das natürlich sehr gut. Aber
schaut man sich die drei wichtigsten
Parameter – Gäste, Übernachtungen
und Einnahmen – in Relation zueinander an, zeigt sich: Das Verhältnis
bleibt mehr oder weniger stabil.
Weil im Schnitt seit Jahren jeder
ausländische Tourist in Spanien
rund 950 Euro pro Aufenthalt ausgibt?
Ja. Aber wir wollen mehr. Ziel ist es,
Umsätze und Rentabilität deutlich zu
steigern. Hinzu kommt der demographische Wandel in Deutschland. Trotz
der aktuell sehr guten Entwicklung
müssen wir davon ausgehen, dass die
Zahl der deutschen Gäste in Spanien
langfristig sinken wird. Deshalb ist es
so wichtig für uns, mit dem „anderen
Spanien“ neue und vor allem kaufkräftigere Zielgruppen zu erschließen.
würde in der Tat Millionen Werbegelder
kosten, die wir nicht haben. Wir können
unser Image also nicht drehen, sondern
wollen es klug weiterentwickeln.
Und deshalb ist der ausschließliche Fokus auf Onlinemarketing die richtige
Wahl?
Ja, in Verbindung mit einer exzellenten
Marktforschung. Wir wollen touristische
Nischen besetzen, deshalb müssen wir
den Konsumenten besser kennenlernen.
2012, als Chef von Turespaña in Madrid,
habe ich eine große Marktforschung für
unsere wichtigsten Quellmärkte durchführen lassen, mit weitreichenden Erkenntnissen auch für den deutschen
Markt. Diese haben wir im Herbst 2014
gemeinsam mit der Gfk nochmals verfeinert. Jetzt wissen wir sehr genau, welche Zielgruppen wir für das „andere Spanien“ ansprechen wollen und wie und wo
wir diese künftig erreichen.
Spanien ist seit über 50 Jahren als TopDestination auf dem deutschen Markt
aktiv, auch die Diversifizierung Ihrer
Produkte ist nicht wirklich neu. Eigentlich müssten Sie Ihre Zielgruppen doch
schon seit langem ziemlich gut kennen.
Die Parameter sind heute ganz andere, die
Konsumenten und Zielgruppen viel komplexer und fragmentierter. Ich persönlich
finde das gut, weil ich sehr filigran kommunizieren will. Es gefällt mir, Marketing
wissenschaftlich und präzise anzugehen.
Oder wenn man es martialisch ausdrücken möchte: Früher haben wir mit Kanonen geschossen, heute setzen wir gezielt
Drohnen ein.
Rekordzahlen
Seit September 2014 ist Manuel Butler erneut
Deutschlandchef von Turespaña in Berlin. Denselben Posten hatte er bereits von 2007 bis 2011,
danach leitete er bis September 2013 die Zentrale
in Madrid. Der Auslandstourismus in Spanien entwickelt sich seit Jahren und trotz europäischer
Finanzkrise positiv, 2014 war ein weiteres Rekordjahr – mit 64,9 Millionen internationalen Touristen
(+7,1%), davon10,4 Millionen Deutsche (+6,2 %).
SpanienistdamitdasbeliebtesteAuslandsreiseziel
der Deutschen; für Spanien ist Deutschland nach
Großbritannien und vor Frankreich der zweitwichtigste Quellmarkt.
Diese Zielsetzung hört man von Turespaña schon seit mehr als zehn Jahren – ohne allzu großen Erfolg. Ist
der Blick auf das „andere Spanien“
ein Kampf gegen Windmühlen?
Das ist der Plan, um die Rentabilität
des Tourismus in Spanien zu steigern.
Und uns ist durchaus bewusst, dass
dies ein sehr langer Weg ist. Kurzfristige Resultate werden wir nicht erreichen.
Wie also sieht Ihr Online-Marketingplan konkret aus?
Auch wenn sich das radikal anhört: Ich
bin der festen Überzeugung, dass heute
keiner, egal in welcher Branche, genau
weiß, wo die Gelder tatsächlich am besten
investiert sind. Ich sehe für Onlinemarketing nirgends die eine richtige Strategie.
Im Grunde agieren derzeit alle noch nach
dem Trial-and-Error-Prinzip. Jeder sagt,
probiert dies, testet das – und wo es funktioniert, investiert er künftig mehr. Online
basiert noch immer vor allem auf Erfahrungswerten und weniger auf empirischen Daten.
Umso unverständlicher, dass Turespaña seit fünf Jahren weltweit mit
dem Claim „I need Spain“ wirbt.
Nicht jeder findet diesen für ein so
vielfältiges Land wie Spanien sonderlich passend. Wie sehen Sie das ?
Ich persönlich bin von dem Claim
auch nicht wirklich begeistert, aber in
Fokusgruppen hat er damals gut funktioniert. Doch ich kann Sie beruhigen:
Ab 2016 wird es einen neuen Claim
geben. Die große Herausforderung ist,
dass wir zur Vermarktung des „anderen Spanien“ kein komplett neues
Image aufbauen können. Denn das
Was heißt das für Turespaña?
Wir wissen zwar, dass Online für uns der
richtige Weg ist. Aber auch wir haben
noch kein klares Onlinekonzept. Im Tourismus herrscht noch ein sehr statisches
Marketingdenken vor. Ich aber kämpfe
für eine dynamische Mentalität, die man
braucht, um vieles auszuprobieren. Mir
geht es darum, unterschiedliche Formate
zu testen. Ich will 10 bis 20 Prozent in ein
Format investieren, dann die Erfolge anschauen und erst dann die restlichen 80
Prozent investieren. Allerdings ist es nicht
ganz leicht, eine solche Strategie in einem
staatlichen Ministerium durchzusetzen.
38 REPORT TOURISTIKMARKETING
HORIZONT 6/2015
5. Februar 2015
Übergepäck
im Kofferraum
Touristikanbieter setzen gerne und oft auf
Out-of-Home-Kampagnen. HORIZONT zeigt eine Auswahl
Von Lisa Naumann
„Design Your Journey“ – diese Aufforderung richtete
Pullman an die mehr als 13 Millionen internationalen
Vielflieger, die jährlich am Flughafen Frankfurt an- und abreisen.Warum gerade dort? Besonders Geschäftsreisende bewegen sich
häufig am Flughafen. Und genau darauf zielt die Hotelkette mit
ihrer Werbekampagne ab: Sie möchte Geschäftsleuten vermitteln, dass ihnen die Markenhotels und Resorts einen komfortablen Aufenthalt ermöglichen – trotz des harten Business.
Kunde: Pullman; Kreation: DDB Group
Die Schweiz machte wieder einmal mit den kulturellen und historischen Reizen
ihrer Städte als Reiseziele auf sich aufmerksam. Zur Buchmesse 2014 schmückten die
Highlights aus Zürich, Luzern und sieben weiteren Städten die Haltestellen der Straßenbahnlinie 16 zwischen Hauptbahnhof und dem Messegelände in Leipzig. In
diesem Jahr war das Alpenland Partner auf der Buchmesse.
Kunde und Kreation: Schweiz Tourismus
Ein Taxi vor der Abflughalle am Frankfurter Flughafen wurde innerhalb
kurzer Zeit zum Publikumshit. In Anspielung auf die Verdopplung der Freigepäckmenge wurde ein Wagen positioniert, dessen Kofferraum so überladen
war, dass die Vorderräder abhoben. „Für alle, die gern mehr mitnehmen. Die
neue Premium Economy Class“ lautete der Claim der LufthansaKampagne auf den Türen. Die Vielzahl der Passagiere macht den Flughafen
zur wichtigen Werbeplattform: „Nirgendwo sonst erreichen Touristikkunden
so viele Travel Key Consumers wie an internationalen Airports“, sagt Simone
Schwab, Geschäftsführerin Media Frankfurt.
Kunde: Deutsche Lufthansa; Kreation: Kolle Rebbe
„Werbung auf Bus oder Straßenbahn steigert nicht nur die Markenbekanntheit,
sondern auch den Online Traffic“, erklärt Mathias Wolfgang Keim, Geschäftsführer
von KWS Verkehrsmittelwerbung. Genau darauf setzte das Kreuzfahrten-Reisebüro
Treffpunkt Schiff. Nach seinem Umzug nach Ludwigsburg nutzte es die
Werbefläche auf dem Bus, der den neuen Reiseanbieter vor Ort auf seiner Fahrt
durch die Stadt im ganzen Gebiet bekannt machen sollte.
Kunde: Treffpunkt Schiff, AtourO
Kreation: Treffpunkt Schiff, AtourO, KWS
HORIZONT 6/2015
REPORT TOURISTIKMARKETING 39
5. Februar 2015
Zwiespältiges Verhältnis
Der Brand Asset
Valuator zeigt die
Ambivalenz der
Kunden zu Marken aus
dem Touristikbereich
Von Bettina Sonnenschein
S
o richtig trauen wollen Reisende,
die Online buchen, den entsprechenden Plattformen nicht –
trotzdem halten sie sie für immer
beliebter werdende Tools: Das geht aus
einer Auswertung des Brand Asset Valuator von Young & Rubicam hervor.
Für die weltweit größte Markenstudie
werden Beziehungen von Menschen zu
Marken erfasst, allein in Deutschland
werden dafür 2500 Bürger befragt.
Die jüngsten Ergebnisse 2015 zeigen
auch Markeneinstellungen aus dem Reisesektor: Gefragt nach der Zuverlässigkeit von Buchungsplattformen liegen
die Werte insgesamt nicht hoch. Trivago.de erzielt mit 52,5 Prozent Zustimmung den Bestwert. Dasselbe Unternehmen steht auch auf Platz 1 beim Thema Unverwechselbarkeit – mit nur 25,9
Prozent. Beide Begriffe treffen demzufolge kaum das Empfinden der User.
Ganz anders sieht es mit der Zustimmung zur Aussage aus, dass die Portale
immer populärer werden: Hier erreicht
Flüge.de einen Topwert von 97,6 Prozent, auch HRS.de auf Platz 8 erhält
noch 79 Prozent Zustimmung.
Interessante Ergebnisse liefert auch
ein Blick auf Hotelmarken: Zwar schneiden NH Hotels (85,4 Prozent) und Motel One (82,8 Prozent) bei der Frage
nach dem Preis-Leistungs-Verhältnis
bestens ab. Doch als besonders modern
werden sie nicht empfunden: Mit nur
jeweils 59,8 Prozent führen beide Businesshotelketten das Feld in der Kategorie „liegen im Trend“ an. Ganz ihrem
hohen Anspruch gerecht werden Marken wie Kempinski (99,8 Prozent), Steigenberger (99 Prozent), Hilton (97,8
Prozent) und Ritz-Carlton (96,9 Prozent) in der Kategorie Exklusivität.
Nicht allen gelingt dabei allerdings, auch
Offenheit zu vermitteln: 93,2 Prozent
der Befragten empfinden Ritz-Carlton
gleichzeitig als unnahbar.
Businessketten bieten guten Schnitt
Hotelmarken nach Preis-Leistungs-Verhältnis
First-Class-Häuser wirken nicht offen
Angaben in Prozent
85,4
NH Hotels
82,8
Motel One
80,4
B&B Hotels
72,0
Holiday Inn
64,2
Mercure (Hotel)
DoubleTree by Hilton
Sheraton
88,3
HORIZONT 6/2015
Fluege.de hebt ab
55,9
55,8
48,9
Quelle: Y&R BAV
HORIZONT 6/2015
Hohe Gleichförmigkeit
Buchungsportal ist nützlich/hilfreich
Angaben in Prozent
84,1
Fluege.de
77,7
Trivago.de
Ab-in-den-urlaub.de
Weg.de
75,7
Airbnb.de
9,8
Fluege.de
9,2
56,1
Airbnb.de
WIMDU.de
12,0
HRS.de
Quelle: Y&R BAV
HORIZONT 6/2015
Es könnte leichter gehen
Angaben in Prozent
77,2
Ab-in-den-urlaub.de
5,4
4,5
1,2
Quelle: Y&R BAV
HORIZONT 6/2015
Buchungsportal ist zuverlässig
Fluege.de
Fluege.de
Weg.de
65,1
Weg.de
60,5
Trivago.de
52,5
48,1
43,0
39,2
Ab-in-den-urlaub.de
Airbnb.de
47,6
38,2
30,6
HORIZONT 6/2015
37,8
Expedia.de
31,7
HRS.de
31,6
WIMDU.de
18,1
Quelle: Y&R BAV
Angaben in Prozent
Trivago.de
65,5
Expedia.de
15,2
Keine große Sicherheit
Buchungsportal ist einfach
WIMDU.de
23,9
Ab-in-den-urlaub.de
Weg.de
Angaben in Prozent
25,9
Trivago.de
76,2
65,9
HRS.de
Buchungsportal ist unverwechselbar
Expedia.de
69,2
Expedia.de
Airbnb.de
84,1
Motel One
19,2
HRS.de
87,4
86,0
InterContinental
Quelle: Y&R BAV
WIMDU.de
DoubleTree by Hilton
88,8
Steigenberger
29,7
Marriott
92,4
Hilton
Marriott
35,0
Maritim
93,2
Ritz-Carlton
Hyatt
40,0
Westin
Angaben in Prozent
Kempinski
55,4
25hours Hotels
Hotelmarken nach Unnahbarkeit
13,5
Quelle: Y&R BAV
HORIZONT 6/2015
Eindruck für die Ohren
Alltours hat mit
Audioeffekt überprüft, wie sich
Radiowerbung aufs
Image auswirkt
Von Bettina Sonnenschein
W
enn die stimmungsvolle
Weihnachtszeit vorbei ist
und das neue Jahr mit dem
gewohnten Alltag losgeht,
motivieren sich nicht wenige Konsumenten gleich mit der Aussicht auf einen
nächsten Urlaub. Von der Tourismusin-
Markenprofil verbessert sich durch Hörfunkkampagne
Eigenschaften, die auf Alltours zutreffen
Angaben in Prozent
28
ist zuverlässig
26
bietet ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
36
25
bietet gute, kompetente Beratung
14
hat die besten Urlaubsangebote
Quelle: TNS Infratest / Audioeffekt
37
25
bietet ein abwechslungsreiches Angebot
am Urlaubsort
hat die besten Last-Minute-Angebote
37
24
bietet einen attraktiven Frühbucherrabatt
bietet eine Notfallnummer
41
27
12
12
34
ohne Radio-Regognition
mit Radio-Recognition
24
22
HORIZONT 6/2015
dustrie werden sie dafür um diese Zeit in
der Regel mit Frühbucherrabatten belohnt. Die Unternehmen wollen ihrem
Geschäft damit gleich in den ersten Wochen des Jahres einen Schub verpassen.
Voraussetzung dafür ist allerdings, dass
sie vom Buchungswilligen auch wahrgenommen werden.
Der Pauschalreiseveranstalter Alltours wollte das für den Jahresanfang
2014 nicht dem Zufall überlassen und
bewarb seine Angebote für sonnige Ziele
inklusive Frühbucherrabatt bereits im
November 2013 mit einer nationalen Radiokampagne. Der Funkspot, in dem eine Frau mitten im Winter ihren Bikini
sucht und auf die Frage, was sie damit
wolle, nur mit einem „Ohne meinen Alltours sag ich nichts“ antwortet, sollte für
mehr Bekanntheit der Marke sorgen und
die Imagewerte verbessern.
Mithilfe der Werbewirkungsforschung
Audioeffekt der beiden Hörfunkvermarkter AS&S Radio und Radio Marketing Service konnte der Anbieter sich im Nachhinein vom Erfolg der Maßnahme überzeugen. Über das Tool Brand Effekt wurden über den Kampagnenzeitraum pro
Woche 2000 Onliner im Alter von 14 bis
69 Jahren befragt und die Werte derjenigen, die den Spot gehört hatten, mit den
In der Erinnerung verankert
Mit Radio öfter Nummer 1
Alltours im Relevant Set von
Angaben in Prozent
Pauschalreise-Anbietern*
Alltours als First Choice von
Angaben in Prozent
Pauschalreise-Anbietern*
50,7
32,4
4,6
ohne
Radio-Recognition
mit
Radio-Recognition
ohne
Radio-Recognition
8,4
mit
Radio-Recognition
* „Markieren Sie alle Anbieter von Pauschalreisen, die für
Sie infrage kommen“
* „Markieren Sie von allen infrage kommenden Anbietern den,
der Ihre erste Wahl ist“
Quelle: TNS Infratest / Audioeffekt
Quelle: TNS Infratest / Audioeffekt
HORIZONT 6/2015
Werten derer verglichen, die ihn nicht gehört hatten. Am Ende stand fest: Sowohl
die ungestützte als auch die gestützte Bekanntheit von Alltours als Anbieter von
Pauschalreisen hatte zugenommen. Bei
Befragten, die den Spot gehört hatten,
liegt die ungestützte Bekanntheit um 118
Prozent, die gestützte um 22 Prozent höher als bei Befragten ohne Recognition.
Ebenso gut funktionierte die Kernbotschaft „Alles, aber günstig“. Die Bekanntheit des Slogans liegt bei denjenigen mit
Spotkontakt 130 Prozent höher als bei
Personen ohne. Auch im Relevant Set
konnte sich der Reiseanbieter mit der
Kampagne festsetzen. Mit Radio-Reco-
HORIZONT 6/2015
gnition liegt der Wert knapp 60 Prozentpunkte über dem Wert von Personen, die
den Spot nicht gehört haben. Außerdem
ist Alltours für Hörer, die von der Kampagne erreicht wurden, fast doppelt so
häufig die erste Wahl wie bei denen, die
nicht erreicht wurden.
Dass sich die Kampagne so positiv auf
die Imagewerte ausgewirkt hat, kommt
bei Alltours-Marketingleiter Christoph
Dollhausen gut an: Der Stärke von Radio
als Aktivierungsmedium sei man sich
schließlich bewusst gewesen – die Steigerung beim Image „bestätigt uns noch
stärker in unserer Strategie, auf Radio zu
setzen.“