Untersuchung zur prognostischen Bedeutung erhöhter Blutwerte
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Untersuchung zur prognostischen Bedeutung erhöhter Blutwerte
Institut für Biometrie, Epidemiologie und medizinische Informatik der Ruhr Universität Bochum Direktor: Prof. Dr.med. Dr. rer. Hans Jürgen Trampisch Untersuchung zur prognostischen Bedeutung erhöhter Blutwerte des Entzündungsmarkers hochsensitives C-Reaktives Protein hinsichtlich des allgemeinen und kardiovaskulären Mortalitätsrisikos bei älteren Patienten in hausärztlicher Versorgung Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Veria Khosrawipour Geboren in Teheran 2009 Dekan: Prof. Dr. med. G. Muhr Referent: Prof. Dr. Dr. med. H.J. Trampisch Korreferent: Dr. Josef Hilbert Tag der mündlichen Prüfung: 26.01.2010 2 Inhaltsverzeichnis: Abkürzungsverzeichnis 5 1. Einleitung 6 2. Methoden 10 2.1 Atherosklerose als inflammatorischer Prozess 10 2.2 Das C-Reaktive Protein 12 2.2.1 Struktur und Funktion 2.2.2 CRP und atherosklerotische Prozesse 2.2.3 CRP als Surrogatmarker vaskulärer Ereignisse 12 13 15 2.3 Die peripher arterielle Verschlusskrankheit 16 2.4 Die getABI-Studie 21 2.4.1 Studiendesign 2.4.2 Organisationsstruktur 2.4.3 Studienpopulation 2.4.4 Basisuntersuchung 2.4.5 Zielereignis 21 23 25 26 27 2.5 Statistische Methoden 28 3. Ergebnisse 29 3.1 Patientencharakteristika 29 3.2 hs-CRP-Blutwerte 35 3.2.1 Gesamtkohorte 3.2.2 Patienten ohne PAVK 3.2.3 Patienten mit PAVK 35 36 37 3.3 Tödliche Ereignisse 3.3.1 Gesamtkohorte 3.3.2 Patienten ohne PAVK 3.3.3 Patienten mit PAVK 38 38 39 40 3.4 41 41 41 42 Mortalitätsrisiko 3.4.1 Gesamtkohorte 3.4.2 Patienten ohne PAVK 3.4.3 Patienten mit PAVK 3 4. Diskussion 46 5. Zusammenfassung 52 6. Literaturverzeichnis 54 7. Danksagung 57 Lebenslauf 58 4 Abkürzungsverzeichnis: CRP = C-Reaktives Protein hs-CRP = hochsentives C-Reaktives Protein getABI = German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index PAVK = Peripher arterielle Verschlusskrankheit ABI = Ankle Brachial Index KHK = Koronare Herzkrankheit CVD = Kardiovaskuläre Erkrankungen IL = Interleukin TNF = Tumor Nekrose Faktor RR = Relatives Risiko OR = Odds Ratio HRR = Hazard Rate Ratio KI = Konfidenzintervall 5 1. Einleitung Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie die koronare Herzkrankheit oder der Schlaganfall stehen an der Spitze der Todesursachen in der westlichen Industrienationen. Fast jeder zweite Todesfall ist hierauf zurückzuführen. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes waren in Deutschland 10.7% aller Sterbefälle auf die chronische ischämische Herzkrankheit, 7.5% auf den Myokardinfarkt und 4.4% auf den Schlaganfall zurückzuführen (http://www.destatis.de). Dem ganz überwiegenden Teil der Herz-Kreislauf-Erkrankungen liegt eine Verkalkung der Gefäße (Atherosklerose) zugrunde. Diese Gefäßverkalkungen werden zumeist durch Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Übergewicht, hohe Blutfettwerte (erhöhte LDLund Triglyzerid- sowie erniedrigte HDL-Cholesterin-Werte) und durch eine stressreiche und hektische Lebensweise verursacht. Die Kenntnis der Pathophysiologie der Atherosklerose hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Während man früher annahm, dass der atherosklerotische Prozess im wesentlichen in der Ablagerung von Lipiden und Lipoproteinen in der Gefäßwand besteht, weiß man heute, dass dies eine sehr vereinfachende Vorstellung war. Atherosklerose muss als ein hochkomplexer, aktiver Prozess betrachtet werden bei dem entzündliche Vorgänge in der Gefäßwand eine bedeutende Rolle spielen. Das heutige pathogenetische Konzept geht davon aus, dass die etablierten kardiovaskulären Hauptrisikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, Dyslipidämie und Hyperglykämie daran beteiligt sind. Sie führen über die Bildung pro-inflammatorischer Substanzen zu einer vermehrten Anheftung von Entzündungszellen an die Gefäßwandzellen und initiieren über die Aufnahme cholesterinhaltiger Substanzen den Beginn der Plaque-Bildung. In diesem Prozess wird dem C-Reaktiven Protein (CRP) eine kausale Rolle zugeschrieben. Das C-Reaktive Protein gehört zur Familie der Akute-Phase-Proteine und ist ein äußerst sensibler Marker für entzündliche Prozesse. Seine Synthese erfolgt in der Leber. Innerhalb des bisherigen Normalbereiches (< 5 mg/L) ist das CRP, als sogenanntes hochsensitives CRP (hs-CRP) bezeichnet, in der Lage, eine subtile Entzündung anzuzeigen. 6 Diverse prospektiven Beobachtungsstudien konnte eine Assoziation zwischen erhöhten hochsensitiven CRP-Blutwerten und kardiovaskulärem Risiko aufzeigen. Des weiteren konnten erhöhte CRP-Werte mit cerebrovaskulären Ereignissen in Zusammenhang gebracht werden (Makita S, et al.,2008) Bezüglich des Endpunktes tödlicher und nichttödlicher Herzinfarkt wurden Ergebnisse von elf dieser Untersuchungen in einer formalen Metaanalyse zusammengefasst (Danesh et al.,2000). Hierbei wiesen Personen, deren hs-CRP sich im obersten Tertil der Verteilung befand (> 3mg/L), ein mehr als doppelt so hohes Risiko für ein zukünftiges koronares Ereignis auf als diejenigen, deren CRP im untersten Tertil lag (<1 mg/L; relatives Risiko,RR: 2.0; 95%-KI [1.6–2.5]). Erstaunlicherweise zeigte hs-CRP als Akute-Phase-Marker keine Zeitabhängigkeit bezüglich seiner prädiktiven Funktion. Lediglich einmal gemessene, erhöhte hs-CRP-Blutwerte bei klinisch gesunden Männern und Frauen, waren über einen Zeitraum von 8 bis 10 Jahren mit dem Risiko koronarer Ereignisse assoziiert. Eine spezifische Therapie zur Senkung von hs-CRP Blutwerten ist bisher nicht ausreichend evaluiert. In einigen Untersuchungen (Ridker PM et al., 1997, 1999) konnte bei der Einnahme von Statinen eine Senkung der hs-CRP-Blutkonzentration nachgewiesen werden. Es ist jedoch nicht abschliessend geklärt, ob dieser medikamentöse Effekt zu einer Senkung des Morbiditäts- und Mortalitätsrisikos kardiovaskulärer Erkrankungen beitragen kann. In Deutschland gibt es nur unzureichende epidemiologische Daten zur Bedeutung erhöhter hochsensitiver CRP-Blutwerte (König et al., 1999), insbesondere nicht aus der hausärztlichen Versorgen. Diese liegen für einige Länder wie Japan (Arima H et al.,2008) bereits vor. Diese Daten sind jedoch aus Public-Health Perspektive von hoher Bedeutung, um auf der Grundlage eines klar beschriebenen Ist-Zustandes erforderliche Maßnahmen in der hausärztlichen Praxis ableiten zu können. Die getABI-Studie (German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index) ist eine der größten epidemiologischen Hausarztstudien weltweit. Diese prospektive Beobachtungsstudie wurde im Jahre 2001 in Deutschland initiiert. Eine Follow-up-Phase von bis zu 10 Jahren ist geplant. Zur getABI-Basiserhebung wurde eine repräsentative Stichprobe von N=6880 deutschen Hausarztpatienten rekrutiert. Ziel der getABI-Studie ist es zu untersuchen, welche Risikofaktoren bei älteren Patienten ab 65 Jahre in der täglichen Praxis mit einem vorzeitigen Versterben bzw. dem Auftreten von kardiovaskulären Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall) assoziiert sind. Der Fokus der getABI-Studie liegt dabei auf der 7 Risikoerhöhung durch Begleiterkrankungen. Hier wiederum wird der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) ein besonders wissenschaftliches Interesse beigemessen. In den letzten Jahren hat sich die Sichtweise der Medizin auf die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) substantiell verändert. Dies ist insbesondere dadurch bedingt, dass eine enge Verknüpfung der PAVK mit ischämischen kardiovaskulären und zerebrovaskulären Ereignissen gezeigt wurde und sie deshalb auch als aussagekräftiger Surrogatmarker für das Vorliegen – und den Schweregrad - von Atherosklerose in anderen Gefäßebenen des menschlichen Körpers diesen kann. Patienten mit PAVK leiden in bis zu 60% gleichzeitig an einer koronaren Herzerkrankung (KHK), wenn die Diagnose auf der Vorgeschichte, der körperlichen Untersuchung oder einem EKG basiert und in bis zu 90% bei Vorliegen einer Koronarangiographie (Dormandy 1999). Zudem haben die Patienten in bis zu 50% auch eine zerebrovaskuläre Erkrankung (CVD) (Dormandy,1999; Criqui, 1998). Dennoch ist es weithin unbekannt, dass das Hauptrisiko eines PAVK-Patienten im Vergleich zu Patienten ohne PAVK nicht darin besteht, sich wegen einer Extremitätenischämie einer Fuß- oder Beinamputation unterziehen zu müssen (< 1% pro Jahr), sondern ein deutlich erhöhtes Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko besteht (ca. 5-10% pro Jahr) (Dormandy, 1999). Das Ziel der vorliegender Promotionsarbeit ist es, die prognostische Bedeutung erhöhter hochsensitiver C-Reaktiver Blutserumwerte bezüglich des 3-Jahres Mortalitätsrisikos an einer repräsentativen Stichprobe von deutschen Hausarztpatienten über 64 Jahre zu untersuchen. Dementsprechend sollen folgende Hypothesen auf Grundlage der erhobenen getABI-Daten falsifiziert werden: • Innerhalb von drei Jahren Beobachtungszeit gibt es keinen Unterschied hinsichtlich der Mortalität jeglicher Ursache zwischen Patienten zu Studienbeginn mit erhöhten Blutserumwerten des hochsensitiven C-Reaktiven Proteins (4. Quartil) und Patienten zu Studienbeginn mit erniedrigten hs-CRP-Blutwerten (1. Quartil). • Innerhalb von drei Jahren Beobachtungszeit gibt es keinen Unterschied hinsichtlich der Mortalität kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache zwischen Patienten zu Studienbeginn mit erhöhten Blutserumwerten des hochsensitiven C-Reaktiven Proteins (4. Quartil) und Patienten zu Studienbeginn mit erniedrigten hs-CRP-Blutwerten (1. Quartil). 8 Das Zielereignis „3-Jahres Mortalität“ wird in der Analyse spezifiziert (Tod kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache) um einen möglichen kausalen Zusammenhang zwischen erhöhten hs-CRP-Blutserumwerten und tödlich verlaufenden artheriosklerotisch bedingten HerzKreislauf-Erkrankungen gezielter untersuchen zu können. Die zu erhebenden relativen Risiken werden mittels Cox-Regressionsmodellen geschätzt. Die statistischen Analysen werden sowohl für die Gesamtkohorte als auch stratifiziert für Patienten ohne und mit Diagnose einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) zu Studienbeginn durchgeführt. Diese startifizierte Analyse soll klären, ob erhöhte hs-CRP-Blutserumwerte eine unterschiedliche prognostische Relevanz für Patienten ohne und mit ärztlich bestätigter Diagnose einer artheriosklerotisch bedingten Gefässkrankheit besitzen. 9 2. Methoden 2.1 Atherosklerose als inflammatorischer Prozess Die Kenntnis der Pathophysiologie der Atherosklerose hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend gewandelt. Während man früher annahm, dass der atherosklerotische Prozess hauptsächlich in der Ablagerung von Lipiden und Lipoproteinen in der Gefäßwand bestehen würde, weiss man heute, dass dies eine sehr vereinfachende Vorstellung war. Atherosklerose muss als ein hochkomplexer, aktiver Prozess betrachtet werden und ist wesentlich durch eine inflammatorische Reaktion in der Gefäßwand charakterisiert. Bereits in der Frühphase, im Stadium der endothelialen Dysfunktion, kommt es zum Anhaften bestimmter Blutzellen wie Monozyten an das Endothel. Dies wird durch sogenannte Adhäsionsmoleküle vermittelt. Im weiteren Verlauf dringen diese Blutzellen in den subintimalen Raum, es kommt zur Umbildung in Monozyten / Makrophagen und nach Lipidablagerung entstehen Schaumzellen, die charakteristische Zellen der atherosklerotischen Plaque (Ross R, et al., 1999). Immunhistologische Untersuchungen konnten weiterhin zeigen, dass Makrophagen, T-Lymphozyten und Mastzellen sich vermehrt in der Schulter von atherosklerotischen Plaques finden, denjenigen Stellen, an denen es gehäuft zu Fissuren und Rupturen mit der Folge eines akuten Koronarsyndroms kommt (Van der Wal et al., 1994). Atherosklerose ist jedoch ebenfalls durch eine systemische, subtile inflammatorische Antwort charakterisiert. Durch eine Reihe bereits identifizierter proinflammatorischer Stimuli, wie zum Beispiel verschiedener Risikofaktoren, wie Rauchen, Übergewicht, Typ-2-Diabetes aber auch anderer bislang nicht identifizierter Faktoren, kommt es zur Bildung von primären proinflammatorischen Zytokinen wie Interleukin-1 (IL-1) und Tumor-Nekrose-Faktor-α (TNF-α). Über die Stimulation von Botenzytokinen wie Interleukin-6 (IL-6) wird die AkutePhase-Reaktion in der Leber induziert. Gleichzeitig werden Adhäsionsmoleküle (ICAM-1, VCAM-1, E-Selektin) und andere Mediatoren - insbesondere aus Endothelzellen - freigesetzt. 10 Aufgrund dieser experimentellen Beobachtungen wurde in den vergangenen Jahren verstärkt wissenschaftliche Anstrengungen unternommen in prospektiven Studien nachzuweisen, ob einen Zusammenhang zwischen systemisch messbaren Inflammationsmarkern und konsekutiven kardiovaskulären Endpunkten bestehen könnte. Abbildung 1: Atherosklerotischer Plaque 11 2.2 Das C-Reaktive Protein 2.2.1 Struktur und Funktion Das Capsel-Reaktive Protein (CRP) wurde 1930 von William Tillet und Thomas Francis am Rockefeller Institut erstmalig beschrieben (Tillet et Francis, 1930). Es verdankt seinen Namen der Fähigkeit, mit dem C-Polysaccarid von Streptococcus pneumoniae zu reagieren. CRP wird primär in der Leber synthetisiert. Jüngste Daten deuten allerdings darauf hin, dass es möglicherweise auch in atherosklerotischen Plaques gebildet wird (Yasojima et al., 2001). Das C-Reaktive Protein besteht aus fünf identischen Polypeptideinheiten mit einem Molekulargewicht von je 21kDa, die zu einem Ring zusammengelagert sind (Pentraxin). Als klassisches Akute-Phase-Protein stellt es einen hochsensitiven Inflammationsmarker dar, der als Reaktion auf eine akute Verletzung, Infektion oder einen anderen inflammatorischen Stimulus innerhalb von 24 bis 48 Stunden um das ca. 1000-fache ansteigen kann (Gabay et Kushner, 1999). Seine Plasmahalbwertszeit (ca. 19 Stunden) ist kurz, jedoch identisch unter allen Bedingungen. Dies bedeutet, dass die CRP-Syntheserate die einzige Determinante seiner Plasmakonzentration darstellt. Abbildung 2: Molekulare Struktur des C-Reaktiven Proteins 12 Ausgezeichnete Anti-CRP-Antikörper und ein gut etablierter internationaler WHO Referenzstandard stehen zur Verfügung, so dass präzise, sensitive und robuste Assays zur Bestimmung aus Serum oder Plasma etabliert werden konnten (Hutchinson WL, Koenig W, Fröhlich M, 2000). Dabei erscheint es wichtig anzumerken, dass diese Assays in der Lage sind CRP-Konzentrationen in einem Bereich zu messen, der früheren Methoden nicht zugänglich war (bis zu 0,02 mg/L) und der darüber hinaus als klinisch irrelevant betrachtet wurde (< 5 mg/L). In der klinischen Praxis gelten CRP-Konzentrationen < 10 mg/L als ein Indikator für subtile, chronische Entzündungsreaktionen. CRP-Blutwerte ≥ 10 mg/L werden hingegen als Zeichen einen akuten Entzündung gewertet. Die Möglichkeit, schwelende Entzündungsprozesse im menschlichen Organismus mittels laborchemischer Verfahren nachzuweisen, hat insbesondere auf dem Gebiet der Artherioskleroseforschung besondere wissenschaftliche Aufmerksamkeit gefunden. 2.2.2 CRP und atherosklerotische Prozesse Obwohl die zugrundeliegenden Mechanismen für die inflammatorische Antwort im Rahmen des atheroskleotischen Prozesses letztlich noch nicht geklärt sind, ist die Erhöhung von CRP biologisch plausibel. In der Tat deuten experimentelle Befunde und Ergebnisse immunhistologischer Studien darauf hin, dass CRP möglicherweise direkt am atherosklerotischen Prozess beteiligt ist. Das C-Reaktive-Protein findet sich in der arteriellen Gefäßwand, wo es mit dem terminalen Komplementkomplex kolokalisiert ist und die Expression von Adhäsionsmolekülen (ESelektin, VCAM-1, ICAM-1) durch Endothelzellen induziert (Pasceri, Willerson, Yeh, 2000). CRP lockt Monozyten direkt – Rezeptor vermittelt (Torzewski et al., 2000) - aus dem Blut an. Es fördert möglicherweise die LDL Opsonierung durch Makrophagen (Zwaka, Hombach, Torzewski, 2001). 13 CRP bindet an Plasmamembranen geschädigter Zellen und aktiviert Komplement über den klassischen Weg. Dies könnte die Akkumulation von CRP in der Plaque durch seine Bindung an den Komplementrezeptor glatter Gefäßmuskelzellen verstärken. Da tierexperimentelle Befunde zeigten, dass die Aktivierung von Komplement (unter anderem durch CRP) möglicherweise eine entscheidende Determinante der Plaqueprogression darstellt, existiert hier ein weiterer Mechanismus über den CRP an der Atherogenese beteiligt sein könnte (Buono et al., 2002). Darüber hinaus fördert CRP die Thrombusbildung durch die Stimulation von Gewebefaktor (tissue factor, TF) in Monozyten (Cermak et al., 1993). In klinischen Untersuchungen konnte durch einen akuten inflammatorischen Prozess eine Endotheldysfunktion induziert und ein starker Zusammenhang zwischen erhöhtem CRP und einer endothelialen Dyfunktion nachgewiesen werden (Fichtlscherer et al., 2000). Abbildung 3: 14 2.2.3 CRP als Surrogatmarker vaskulärer Ereignisse Der Zusammenhang zwischen subtil erhöhter CRP-Blutwerte und erhöhtem kardiovaskulären Risiko konnte bislang in mehreren epidemiologischen Langzeitstudien beobachtet werden. Vorwiegend wurden kardiale Ereignisse untersucht. Die Ergebnisse von elf dieser Untersuchungen fassten Danesh et al. in einer formalen Metaanalyse zusammen (Danesh et al., 2000). Demnach wiesen Personen, deren CRP sich im oberen Tertil der Verteilung (> 3 mg/L) befand ein mehr als doppelt so hohes Risiko für ein zukünftiges koronares Ereignis (tödlicher und nichttödlicher Myokardinfarkt) auf als Personen, deren CRP im untersten Tertil lag (< 1 mg/L; Relatives Risiko, RR: 2,0; 95%Konfidenzintervall (KI): 1,6 – 2,5). Diese Assoziation liegt in derselben Größenordnung wie diejenige für die klassischen Risikofaktoren Rauchen, Hyperlipoproteinämie, Hypertonie, Diabetes mellitus und körperlicher Inaktivität und war statistisch unabhängig von diesen Faktoren. Dies bedeutet, dass erhöhte CRP-Blutwerte einen eigenständigen Beitrag zur Erklärung des Auftretens eines akuten Myokardinfarktes leisten. Ebenso gibt es wissenschaftliche Hinweise, die auf einen Zusammenhang zwischen subtil erhöhter CRP-Blutwerte und erhöhtem Schlaganfallrisiko verweisen. In der bevölkerungsbezogenen Rotterdam-Studie wurden 6430 über 54 Jahre hinsichtlich dieses Risikos untersucht. Der Beobachtungszeitraum der Bevölkerungskohorte lag bei durchschnittlich 8.2 Jahren. In diesem Zeitraum wurden 498 hämorrhagische bzw. ischämische Schlaganfallereignisse registriert. Den Studiendaten zufolge besassen Personen, die zu Studienbeginn erhöhte hs-CRP-Blutwerte aufwiesen im Vergleich zu Personen mit niedrigen hs-CRP-Blutkonzentrationen ein 1.14-fach erhöhtes Risiko einen Schlaganfall zu entwickeln (OR 1.14; 95%-Konfidenzintervall (KI): 1,04 – 1,24) (Bos et al., 2006). 15 2.3 Die peripher arterielle Verschlusskrankheit Die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) basiert auf krankhafte Verengungen der arteriellen Gefässstrombahn der peripheren Extremitäten. Vorwiegend sind die Gefässe unterhalb der Aortenbifurkation betroffen. Diese Verengungen der Beinarterien führen zu Durchblutungsstörungen in den Beinen und zwingen die betroffenen Patienten zu Gehpausen. Daher wird die Erkrankung auch als Schaufensterkrankheit (Claudicatio intermittens) bezeichnet. Die Arteriosklerose ist in mehr als 90 Prozent der Fälle die Ursache der PAVK. Das Ausmass und die Folgen der Durchblutungsstörung hängen vom Ort und der Entwicklung der Gefässveränderung ab. Sie können im Becken, in den Ober- und Unterschenkeln auftreten. Je höher die Gefässverengung oder der -verschluss sitzt, desto stärker ist die Durchblutungsstörung. Viele Betroffene entwickeln erst bei Verengungen von mehr als 90 Prozent Symptome. Der Grund ist, dass der Körper Kollaterale bilden kann. Dadurch besteht weiterhin eine ausreichende Durchblutung. Das erste Anzeichen einer PAVK sind Schmerzen, die unterhalb der Gefässveränderung auftreten. Ein Schmerz im rechten Unterschenkel wird beispielsweise durch eine Gefässverengung im rechten Oberschenkel verursacht. Je nach Grad und Ort der Engstelle in der Arterie kann sich auch ein Taubheitsgefühl im Gesäss, in den Oberschenkeln oder am Unterschenkel entwickeln; die Füsse und Zehen werden zunehmend kalt und empfindungslos. Die Erkrankung wird in vier Stadien unterteilt (nach Fontaine-Ratschow): • Stadium 1: keine Beschwerden; • Stadium 2 a: Belastungsschmerzen ab einer Strecke von 200 Metern; • Stadium 2 b: Belastungsschmerzen schon bei einer Strecke unter 200 Metern; • Stadium 3: Ruheschmerz; • Stadium 4: Zusätzliche Gewebeschädigungen, Entzündungen und Geschwüre 16 Der plötzliche Verschluss einer Beinarterie durch eine Embolie oder Thrombose stellt einen angiologischen Notfall dar. Die Symptome sind schwerer örtlicher Schmerz, verbunden mit Kälte- und Taubheit der Haut sowie Pulslosigkeit unterhalb der Verschlussstelle. Das Goldstandardverfahren zur Sicherung der Diagnose ist die Darstellung der arteriellen Gefässverengung mittels Kontrastmittel (Angiographie). Für die praktische ärztliche Routine hat sich die dopplersonographische Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes (ABI, „ankle brachial index“) bewährt, wobei gemessene Blutdruckdifferenzen zwischen Arm und Bein auf eine Durchblutungsstörung der Beinarterien rückschliessen lassen. Üblicherweise entspricht beim liegenden Patienten der systolische Blutdruck in den unteren Extremitäten dem der A. brachialis (Armarterie), oder er ist etwas höher. Folglich berechnet sich beim gefässgesunden Patienten ein Quotient von ≥ 1 aus dem systolischen Blutdruck am Beinknöchel geteilt durch den systolischen Blutdruck am Arm. Andererseits ist bei verengten Unterschenkelarterien und vermindertem systolischen Blutdruck am Beinknöchel der ABI erniedrigt. Ein Wert unter 0,9 gilt nach üblichen Konventionen als pathologisch. Abbildung 4: Dopplersonographische Bestimmung des peripheren Blutdruckes 17 Nachfolgend wird die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes, wie sie in der getABI-Studie durchgeführt wurde, kurz skizziert: • Der Patient befindet sich in liegender Position (seit circa 10 min) • Dopplersonographische Messung des systolischen Blutdrucks (X, mmHg) über den Knöchelarterien der Beine o A) Arteria tibialis posterior rechts und Arteria tibialis anterior rechts o B) Arteria tibialis posterior links und Arteria tibialis anterior links Für das selbige Bein (Vergleich A. tibialis posterior vs. anterior) wird zur Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes (ABI) der höhere systolische Blutdruckwert verwendet. Für die Beine insgesamt (rechtes vs. linkes Bein) wird zur Bestimmung des KnöchelArm-Indexes (ABI) der niedrigere systolische Blutdruckwert verwendet. • Dopplersonographische Messung des systolischen Blutdruck der Armarterien o Arteria brachialis rechts o Arteria brachialis links Zur Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes (ABI) wird der Mittelwert der gemessenen systolischen Blutdruckwerte (A. brachialis rechts, A. brachialis links) verwendet (χ, mmHg). Bei einer Druckdifferenz von ≥ 10 mmHg (Anzeichen einer hämodynamisch relevanten Stenose einer Armarterie) wird jedoch nicht der Mittelwert sondern der höhere systolische Armarteriendruck verwendet. 18 Abbildung 5: Bestimmung des Knöchel-Brachial-Indexes (ABI) A. brachialis rechts A. tibialis anterior rechts A. tibialis posterior rechts A. brachialis links A. tibialis anterior links A. tibialis posterior links 19 In den letzten Jahren hat sich die Sichtweise der Medizin auf die periphere arterielle Verschlusskrankheit (PAVK) substantiell verändert. Dies ist insbesondere dadurch bedingt, dass eine enge Verknüpfung der PAVK mit ischämischen kardiovaskulären und zerebrovaskulären Ereignissen gezeigt wurde und sie deshalb auch als aussagekräftiger Marker für das Vorliegen – und den Schweregrad – der Atherosklerose in anderen Gefässebenen dienen kann. Dennoch ist es bei Hausärzten wenig bekannt, dass das Hauptrisiko eines PAVK-Patienten im Vergleich zu Patienten ohne PAVK nicht darin besteht, sich wegen einer Extremitätenischämie einer Fuß- oder Beinamputation unterziehen zu müssen (<1% pro Jahr). Vielmehr ist dieser Patient einem deutlich erhöhten Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko ausgesetzt (Ereignisrate ca. 5-10% pro Jahr) (Dormandy, 1999). Während das Screening auf einer koronaren Herzkrankheit (KHK) oder einer zerebrovaskulären Erkrankung nur eingeschränkt im hausärztlichen Bereich durchgeführt werden kann, ist dies für die peripher arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) unproblematisch möglich. Dies gilt sowohl für die symptomatische Manifestation (Claudicatio intermittens) als auch für die asymptomatische Form. Als Untersuchungsmethode der Wahl hat sich die dopplersonographische Bestimmung des Knöchel-Arm-Index bewährt. 20 2.4 Die getABI-Studie 2.4.1 Studiendesign Die getABI-Studie (German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index) wurde im Jahre 2001 initiiert, mit dem Ziel, Daten zur Prävalenz, Inzidenz und Risiken der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) in einer repräsentativen Stichprobe älterer Patienten in hausärztlicher Betreuung zu erheben. Darüber hinaus sollte dieses spezielle Klientel älterer Hausarztpatienten hinsichtlich ihrer medizinischen Versorgungssituation befragt werden. Die getABI-Studie wurde von der Ethikkommission der Universität Heidelberg begutachtet und befürwortet. Die Studie wurde entsprechend den Richtlinien für „Gute Epidemiologische Praxis“ der Deutschen Arbeitsgemeinschaft Epidemiologie (DAE) durchgeführt. Die getABI-Studie basiert auf dem Studiendesign einer prospektiven Kohortenstudie. Gemäss diesem Design wurde zu Studienbeginn eine exponierte sowie nicht exponierte Patientengruppe definiert und beide Patientengruppen hinsichtlich des Eintretens eines interessierenden Zielereignisses prospektiv verfolgt. Abbildung 6: Studiendesign einer prospektiven Kohortenstudie Zielereignis einget reten Bevölkerung Personen ohne ZielErkrankung Exponiert NichtExpon iert Zeit Zielereignis nicht Zielereignis einget Zielereignis nicht einget Die Basiserhebung der getABI-Studie fand im Jahre 2001 statt. Zu diesem Zeitpunkt wurde das Studienkollektiv auf das Vorliegen einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) untersucht. 21 Per definitionem wurden Patienten als exponierte Personen klassifiziert, wenn bei ihnen vom Arzt bei der hausärztlichen Untersuchung ein dopplersonographisch bestimmter KnöchelBrachial-Index (ABI) < 0.9 ermittelt wurde. Ebenso wurden Patienen mit einer stattgehabten peripheren Revaskularisation einer Beinarterie der Expositionsgruppe zugeordnet. Des weiteren wurden Patienten, bei denen eine Beinamputation aufgrund arterieller Durchblutungsstörungen durchgeführt worden war der exponierten Gruppe zugerechnet. Im Gegensatz dazu wurden Hausarztpatienten ohne Nachweis einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (ABI ≥ 0.9) der nicht exponierten Gruppe zugeteilt. Exponierte Personen der getABI-Studie: Nachweis einer PAVK aufgrund eines ABI-Wertes < 0.9 Extremitätenamputation aufgrund einer PAVK Revaskularisation einer Beinarterie aufgrund einer PAVK Die Kohorte wurde prospektiv verfolgt. Das Eintreten bestimmter Zielereignisse wurde vom behandelnden Hausarzt dokumentiert. Im wissenschaftlichen Interesse standen u.a. folgende auftretende Zielereignisse: Extremitätenamputation aufgrund einer PAVK Revaskularisation einer Beinarterie Myokardinfarkt Schlaganfall Tod Der Beobachtungszeitraum der getABI-Kohortenstudie erstreckt sich bislang über mehr als fünf Jahre. In dieser Zeit wurden die Studienpatienten dreimalig nachuntersucht. Die Nachsuchungen wurden 6, 12 und 36 Monate nach Erhebung der Basiswerte (Herbst 2001) durchgeführt (Abbildung 7). 22 Abbildung 7: Zeitlicher Verlauf der prospektiven getABI-Kohortenstudie BASISErhebung Follow-up I (6 Mo.) Follow-up II (12 Mo.) Follow-up III (36 Mo.) Follow-up IV (60 Mo.) Herbst 2001 Frühjahr 2002 Herbst 2002 Herbst 2004 Herbst 2006 -------- ABGESCHLOSSENE DATENERHEBUNG ------------ --- IN PLANUNG ----- 2.4.2 Organisationsstruktur Die getABI-Studie wurde von einem Steering Commitee konzipiert (Prof. Dr. med. C. Diehm, Klinikum Karlsbad-Langensteinbach, Karlsbad-Langensteinbach; Prof. Dr. med. F.A. Spengel, Fachkrankenhaus für Innere Medizin, Angiologie und Phlebologie, Feldafing; Dr. med. A. Schuster, 3P Consulting, München; Prof. Dr. rer. nat. H.J. Trampisch, Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Ruhr-Universität Bochum, Bochum). Dieses Committee wurde von einem inderdisziplinären Advisory Board für klinische Fragestellungen beratend unterstützt. Das Koordinations- und Datenzentrum wurde der Abteilung für Medizinische Informatik, Biometrie und Epidemiologie, Ruhr-Universität Bochum zugeteilt. 344 Hausarztpraxen (Allgemeinarztpraxen oder internistische Praxen) wurden unter repräsentativen Gesichtpunkten für Gesamtdeutschland ausgewählt. Dazu wurden 34 Angiologen (sog. Center of Excellence) vom Steering Committee bestimmt. Deren Aufgabe bestand darin, getABI-Hausärzte in der korrekten diagnostischen Bestimmung des KnöchelBrachial-Indexes (ABI) anzuleiten. 23 Abbildung 8: Geographische Verteilung der Center of Excellence Das Monitoring der Studie wurde von Mitarbeitern der Firma Winicker Norimed (Nürnberg) durchgeführt. Während der Studie erfolgen Monitorbesuche in Absprache mit den Studienärzten zu Baseline, Monat 6, 12 und 36. Der Zweck dieser Besuche war, die Einhaltung des Protokolls sicherzustellen, die Patientenerhebungsbögen auf Vollständigkeit und Plausibilität zu überprüfen und einzusammeln. Das Publikationsmanagement wurde von der Firma 3P-Consulting, München übernommen. 24 Abbildung 9: Organisationsstruktur der getABI-Sudie 2.4.3 Studienpopulation Die getABI-Studie repräsentiert ein Patientenkollektiv älterer Hausarztpatienten in Deutschland. Für die Rekrutierung der Studienteilnehmer wurde ein hoher logistischer Aufwand betrieben, um eine möglichst hohe Repräsentativität der Patientenstichprobe zu erlangen. Die Einschlusskriterien zur Studienteilnahme waren wie folgt definiert: 1. Alter ≥ 65 Jahre 2. Hausarztpatient 3. Keine Lebenserwartung < 6 Monate (vom Hausarzt eingeschätzt) Die Rekrutierung der Patienten erfolgte in 344 Hausarztpraxen (allgemeinmedizinische oder internistische Arztpraxen). Die Auswahl der Arztpraxen erfolgte vom Steering Committee nach repräsentativen Gesichtpunkten. Jeder Studienarzt sollte 20-25 Patienten aus seinem hausärztlichem Patientenklientel in die Studie einschliessen. Es wurde eine bestimmte zeitlicher Zeitrahmen definiert (eine Woche), in der alle Studienteilnehmer rekrutiert werden 25 sollten. Die Baseline-Untersuchung sollte spätestens sechs Wochen nach Rekrutierung erfolgen. Hausarztpatienten wurden durch aushängende Plakate im Wartezimmer zur Studienteilnahme aufgefordert oder direkt vom behandelnden Arzt angesprochen. Die Rekrutierung sollte zufällig erfolgen. Es ist jedoch nicht auszuschliessen, dass Hausärzte vor allem „unkomplizierte“ Patienten zur Studienteilnahme motivierten. Der Gesundheitszustand dieser Patienten dürfte im Vergleich zum gesamten hausärztlichen Patientengut als „eher besser“ einzuschätzen sein. Jeder Studienarzt führte ein Protokoll über all diejenigen Patienten, die während der Rekrutierungswoche die Ein- und Ausschlusskriterien erfüllten. Dieses Protokoll diente als Kontrollinstrument zur Entdeckung potentieller Selektionsphänomene der Rekrutierung. Insgesamt konnten 6880 Patienten der hausärztlichen Versorgung im Alter über 64 Jahre in die getABI-Studie eingeschlossen werden. 2.4.4 Basisuntersuchung Die Basiserhebung bestand aus einer ausführlichen Erhebung der Krankengeschichte. Hierbei wurde insbesondere nach kardiovaskulären Vorerkrankungen und Risikofaktoren gefragt. Darüber hinaus wurde eine umfassende Medikamentenanamnese erhoben. Die körperliche Untersuchung umfasste die Ermittlung des Körpergewichtes, der Körpergrösse, des Pulsstatus, der Herzfrequenz und des systolischen sowie diastolischen Blutdruckes. Anschliessend erfolgte die Bestimmung des Knöchel-Arm-Indexes nach standardisierten Vorgaben (ABI-Messung). Zur Abklärung des Vorhandenseins einer klinisch manifesten peripheren arteriellen Durchblutungsstörung (PAVK) wurde zusätzlich der WHORose-Fragebogen eingesetzt. Die Blutentnahme erfolgte beim nüchternen Patienten. Das Blut wurde eingefroren und einem Studienlabor zugesandt. Hier erfolgte die weitere differenzierte Blutanalyse. 26 Das hochsensitive-C-reaktive Protein (hs-CRP) wurde aus dem Blutserum bestimmt. Zur Analyse wurde ein labortechnisch etabliertes Verfahren angewandt. 2.4.5 Zielereignis Als Zielereignis wurde die Mortalität nach drei Jahren Beobachtungszeit definiert. Der Tod eines Studienpatienten wurde direkt vom Studienarzt zum Zeitpunkt der getABINachuntersuchung (6 Monate, 1 Jahr, 3Jahre) dokumentiert. Bei unklarem Informationsstand über den Lebendstatus eines Studienpatienten wurde eine Einwohnermeldeamt-Recherche durchgeführt. Die Todesursache wurde anhand folgender Informationsquellen verifiziert: Persönliche Angaben des Studienarztes Krankenhausbriefe Als tödliche kardio-, oder zerebrovaskuläre Ereignisse wurden definiert: Myokardinfarkt Chronische Herzinsuffizienz Plötzlicher Herztod Maligne Herzrhythmusstörungen Aortenaneurysma Ischämischer Schlaganfall Intrazerebrale Blutung 27 2.5 Statistische Methoden 6880 Patienten über 64 Jahre in hausärztlicher Versorgung wurden in die getABI-Studie eingeschlossen. Hierbei lagen zur Basiserhebung der Studie gleichzeitig hs-CRPBlutserumwerte wie auch Informationen zum PAVK-Status von 6759 Studienpatienten vor. Die vorliegende Analyse zur Untersuchung einer möglichen Assoziation zwischen erhöhten hs-CRP-Konzentrationen und Mortalitätsrisiko nach 3-jähriger Beobachtungszeit beziehen sich auf diese 6759 Patienten (hier als Gesamtkohorte bezeichnet). Die Gesamtkohorte wurde nochmalig unterteilt in Patienten ohne bzw. mit Nachweis einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit zur Basiserhebung der Studie. Alle drei Patientengruppen wurden hinsichtlich der laborchemisch gemessenen hs-CRP-Blutwerte in vier gleichmässig stark besetzte Untergruppen (Quartile) untergliedert. Die Darstellung der Patientencharakteristika sowie der tödlichen Zielereignisse erfolgte deskriptiv mittels absoluter und relativer Häufigkeiten. Die Blutserumwerte des hs-CRP wurden beschrieben mittels Mittelwert, Standardabweichung, Median, Minimum, Maximum, 5%-Perzentile, 25%-Perzentile, 75%-Perzentile sowie 95%-Perzentile. Aus den Informationen sich ereignender tödlicher Zielereignisse und Beobachtungszeit wurden Inzidenzraten (Ereignisse bezogen auf 1000 Personenjahre) berechnet. Studienpatienten mit erhöhte hs-CRP-Blutwerten (2. Quartil oder 3. Quartil oder 4. Quartil) wurden mit Patienten in Vergleich gesetzt, bei denen niedrigste hs-CRP-Blutwerten (1.Quartil) laborchemisch nachgewiesen wurde. Dieser Patientenvergleich wurde mittels univariatem bzw. multivariatem Cox-Regressionsverfahren auf eine mögliche Assoziation bezüglich des Zielereignisses Tod nach 3-jähriger Beobachtungszeit untersucht. Alle Auswertungen erfolgten anhand der Statistikprogrammpakets SAS, Version 9.01, (SAS Institute Inc.,Cary, NC, 1999). 28 3. Ergebnisse 3.1 Patientencharakteristika Tabelle 1 gibt einen Überblick über die Charakteristika der 6759 untersuchten getABIPatienten. Das mittlere Alter der Gesamtpopulation (N=6759) betrug 72.5 +/- 5.3 Jahre, wobei fast 90% aller Teilnehmer ein Lebensalter zwischen 65 und 80 Jahre aufwiesen. Mit 58.1% waren Frauen etwas häufiger vertreten als Männer. Die Prävalenz der peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) betrug in der Gesamtkohorte zur Basiserhebung 18.0%. Das Vorhandensein klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren war in der untersuchten Population häufig vorzufinden. So wiesen zwei Drittel aller Personen einen arteriellen Hypertonus auf, ein Viertel gab an, eine diabetischen Stoffwechsellage zu besitzen und nahezu jede fünfte Person zeigte laborchemisch Anzeichen einer Fettstoffwechselstörung (Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin im Blut ≥ 5.5). Aktive Raucher waren mit 9.3% aller Probanden eher gering vertreten, jedoch gaben 36.6% der Befragten an, ehemalige Raucher gewesen zu sein. Die überwiegenden Mehrzahl der getABITeilnehmer wies ein erhöhtes Körpergewicht auf. Ausgedrückt in Body Mass Index (BMI) zeigte sich, dass 46.7% der Teilnehmer ein leichtes Übergewichtigkeit (BMI: 25-29.9 kg/m2) und 23.2% eine Adipositas (BMI: ≥ 30 kg/m2) aufwiesen. In der Krankenvorgeschichte konnte bei 12.6% der Gesamtstudienteilnehmer eine chronische vaskuläre Erkrankung (Herzinfarkt oder Schlaganfall) eruiert werden. Unterteilt nach hs-CRP-Blutwerten (1. bis 4. hs-CRP-Quartil) liessen sich für die vier fast gleichstark besetzten Patientengruppen (Gruppengrösse um 1700 Personen) folgende Patientencharakteristika feststellen. Alle Gruppen wiesen ein mittleres Alter um 72,5 Jahre auf. Der Frauenanteil variierte leicht (1. Quartil: 54.6 %, 2. Quartil: 58.9%, 3. Quartil: 57.9%, 4. Quartil: 61.3%). Mit steigenden hs-CRP-Blutwerten konnte ebenfalls ein Anstieg der PAVK-Prävalenz beobachtet werden. Patienten mit hs-CRP-Blutwerten ≤1.3 mg/L (1.Quartil) wiesen in 13% der Fälle eine periphere arterielle Verschlusskrankheit auf. In der Gruppe mit Blutwerten zwischen 1.3 und 2.3 mg/L konnte bei 16.5% aller Probanden, in der Gruppe mit Blutwerten 29 zwischen 2.4 und 4.4 mg/L bei 19.6% aller Probanden eine PAVK klinisch nachgewiesen werden. Fast jeder vierter getABI-Teilnehmer (23.3%) mit hs-CRP-Blutwerten > 4.4 mg/L (4. Quartil) wurde der PAVK-Gruppe zugeteilt. Im Gruppenüberblick zeigte sich, dass mit steigenden hs-CRP-Blutwerten ebenso auch das Vorhandensein klassischer kardiovaskulärer Risikofaktoren häufiger nachweisbar war. So stieg der Anteil aktiv rauchender Personen von 6.4% (1. Quartil) über 8.6% (2. Quartil) und 9.9% (3. Quartil) auf 12.4 % (4. Quartil). War bei getABI-Teilnehmern mit Nachweis niedriger hs-CRP-Werte im Blut (≤1.3 mg/L) ein Diabetes mellitus bei jeder fünften Person anamnestisch eruierbar, so zeigte sich, dass in der Gruppe mit höchsten hs-CRP-Werten (> 4.4 mg/L) fast jede dritte Person von dieser Stoffwechselkrankheit betroffen war. Der Anteil von Patienten mit Adipositas stieg von 11.5% (1.Quartil) auf 33.2% (4. Quartil). Ebenso konnte ein kontinuierlicher Prävalenz-Zunahme im Hinblick auf das Vorliegen einer arteriellen Hypertonie bzw. Dyslipidämie beobachtet werden. 30 Tabelle 1.: Patientencharakteristika der Gesamtstudienpopulation (N=6759) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile Total 1. Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil ≤ 1.3 mg/L 1.3 - 2.3 mg/L 2.4 - 4.4 mg/L > 4.4 mg/L N=6759 72.5 ± 5.3 n=1768 72.4 ± 5.1 n=1666 72.6 ± 5.3 n=1636 72.5 ± 5.4 n=1689 72.6 ± 5.3 65-69 Jahre 37.9% (n=2562) 37.8% (n=668) 36.8% (n=613) 39.1% (n=639) 38.0% (n=642) 70-74 Jahre 31.6% (n=2138) 33.6% (n=595) 31.8% (n=530) 30.2% (n=494) 30.7% (n=519) 75-79 Jahre 20.6% (n=1390) 19.8% (n=349) 21.4% (n=356) 19.7% (n=322) 21.5% (n=363) 80-84 Jahre 8.0% (n=539) 7.3% (n=129) 8.2% (n=137) 8.7% (n=143) 7.7% (n=130) 1.9% (n=130) 58.1% (n=3929) 1.5% (n=27) 54.6% (n=966) 1.8% (n=30) 58.9% (981) 2.3% (n=38) 57.9% (947) 2.1% (n=35) 61.3% (1035) Männlich 41.9% (n=2830) 2 Body mass index (kg/m ) 45.4% (n=802) 41.1% (685) 42.1% (689) 38.7% (654) 30.1% (n=2035) 43.6% (n=770) 31.0% (n=516) 23.6% (n=385) 21.6% (n=364) 46.7% (n=3157) 44.9% (n=794) 47.7% (n=793) 49.8% (n=815) 44.7% (n=755) ≥ 30 23.2% (n=1562) 11.5 % (n=204) 21.3% (n=355) 26.6% (n=435) 33.7% (n=568) Niemals Raucher 54.1% (n=3653) 57.0% (n=1008) 56.5% (n=941) 51.0% (n=834) 51.5% (n=870) Ehemalige Raucher 36.6% (n=2479) 36.6% (n=647) 34.9% (n=582) 39.1% (n=640) 36.1% (n=610) Aktive Raucher 9.3% (n=627) 6.4% (n=113) 8.6% (n=143) 9.9% (n=162) 12.4% (n=209) Arterielle Hypertonie† 74.3% (n=5023) 66.7% (n=1180) 73.6% (n=1227) 75.7% (n=1238) 81.6% (n=1378) Diabetes mellitus‡ 25.4% (n=1713) 20.8% (n=367) 23.0% (n=382) 26.0% (n=425) 32.0% (n=539) Dyslipidämie & 19.6% (n=1325) 13.9% (n=245) 18.4% (n=307) 22.9% (n=375) 23.6% (n=398) Anamn. Herzinfarkt 8.9 % (n=599) 9.1% (n=161) 7.8% (n=130) 8.7% (n=143) 9.8% (n=165) Anamn. Schlaganfall 4.5% (n=306) 4.7% (n=83) 3.8% (n=64) 4.7% (n=76) 4.9% (n=83) Anamn. CVD # 12.6% (n=850) 13.1% (n=232) 11.2% (n=186) 12.4% (n=202) 13.6% (n=230) Anamn. PAVK 18.0% (n=1218) 13.0% (n=230) 16.5% (n=274) 19.6% (n=320) 23.3% (n=394) Alter, MW ± SD (Jahre) ≥ 85 Jahre Weiblich < 25 25-29.9 Raucher-Status †: RR systolisch > 160 mmHg od. RR diastolisch > 95 mmHg oder Einnahme von Antihypertensiva ‡: Ärztlich bestätigte Diabetes mellitus Diagnose oder HbA1c ≥ 6.5% oder Einnahme von oralen Antidiabetika oder InsulinAnwendung &: Total Cholesterin (TC) zu HDL-Cholesterin Ratio ≥ 5.5 #: Anamn. Herzinfarkt oder Schlaganfall 31 Die Tabellen 2 und 3 geben eine Zusammenfassung über die Charakteristika der getABIStudienteilnehmer mit (N=5541) und ohne (N=1218) Nachweis einer PAVK zur Basiserhebung. PAVK-Patienten waren im Durchschnitt etwas älter als ihre Studienteilnehmer ohne diese Erkrankung (73.9 vs. 72.2 Jahre). Männliche Probanden machten einen etwas grösseren Anteil in der PAVK-Studiengruppe aus verglichen mit Probanden ohne PAVK (45.8% vs. 41.0%). Wie zu erwarten, waren bei Patienten mit PAVK prozentual deutlich häufiger kardiovaskuläre Risikokonstellationen nachweisbar im Vergleich zu Probanden ohne PAVK (Aktives Rauchen: 15.9% vs. 7.8%, Arterieller Hypertonus: 71.7% vs. 86.2%, Diabetes mellitus: 37.2% vs. 22.8%, Adipositas: 24.2% vs. 22.9%, Dyslipidämie: 26.4 vs. 22.8%). Für beiden Patientengruppen konnte mit steigenden hs-CRP-Blutwerten ein kontinuierlicher Anstieg der Prävalenz kardiovaskulärer Risikofaktoren beobachtet werden. Patienten mit PAVK wiesen fast doppelt so häufig einen Herzinfarkt bzw. Schlaganfall in ihrer Krankheitsvorgeschichte auf (Herzinfarkt: 13.8% vs. 7.8%; Schlaganfall: 7.8% vs. 3.8%). Im Gegensatz zu den klassischen kardiovaskulären Risikofaktoren konnte jedoch keine Tendenz zwischen hs-CRP-Blutwertanstieg und Herzinfarkt- bzw. Schlaganfall-Prävalenz beobachtet werden. 32 Tabelle 2.: Charakteristika von Patienten ohne PAVK (N=5541) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile Total 1. Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil ≤ 1.2 mg/L 1.3 - 2.2 mg/L 2.3 - 4.2 mg/L > 4.2 mg/L N=5541 72.2 ± 5.1 n=1369 72.1 ± 5.0 n=1450 72.4 ± 5.2 n=1349 72.0 ± 5.2 n=1373 72.3 ± 5.1 65-69 Jahre 39.8% (n=2205) 39.7% (n=544) 37.9% (n=549) 42.0% (n=567) 39.7% (n=545) 70-74 Jahre 32.4% (n=1796) 34.1% (n=466) 33.4% (n=484) 30.7% (n=415) 31.4% (n=431) 75-79 Jahre 19.0% (n=1053) 18.7% (n=256) 19.5% (n=284) 17.6% (n=237) 20.1% (n=276) 80-84 Jahre 7.2% (n=399) 6.1% (n=84) 7.6% (n=110) 7.9% (n=106) 7.2% (n=99) 1.6% (n=88) 59.0% (n=3269) 1.4% (n=19) 54.3% (n=743) 1.6% (n=23) 58.3% (846) 1.8% (n=24) 59.8% (807) 1.6% (n=22) 63.6% (873) Männlich 41.0% (n=2272) Body mass index (kg/m2) 45.7% (n=626) 41.7% (604) 40.2% (542) 36.4% (500) 30.2% (n=1672) 45.3% (n=620) 31.2% (n=452) 23.0% (n=310) 21.2% (n=290) 46.9% (n=2597) 44.2% (n=605) 47.9% (n=694) 51.3% (n=692) 44.2% (n=606) ≥ 30 22.9% (n=1267) 10.5 % (n=144) 20.9% (n=302) 25.7% (n=346) 34.6% (n=475) Niemals Raucher 56.8% (n=3147) 57.8% (n=791) 58.9% (n=854) 55.4% (n=747) 55.0% (n=755) Ehemalige Raucher 35.4% (n=1960) 36.2% (n=495) 34.0% (n=493) 36.1% (n=488) 35.2% (n=484) Aktive Raucher 7.8% (n=434) 6.0% (n=83) 7.1% (n=103) 8.5% (n=114) 9.8% (n=134) Arterielle Hypertonie† 71.7% (n=3973) 64.2% (n=879) 70.7% (n=1025) 73.0% (n=985) 78.9% (n=1084) Diabetes mellitus‡ 22.8% (n=1261) 18.8% (n=257) 20.7% (n=299) 23.3% (n=313) 28.7% (n=392) Dyslipidämie & 18.1% (n=1004) 12.7% (n=174) 16.9% (n=245) 21.0% (n=284) 21.9% (n=301) Anamn. Herzinfarkt 7.8 % (n=431) 8.0% (n=109) 6.8% (n=99) 7.6% (n=102) 8.8% (n=121) Anamn. Schlaganfall 3.8% (n=211) 4.3% (n=59) 3.5% (n=51) 3.5% (n=47) 3.9% (n=54) Anamn. CVD # 11.0% (n=609) 11.8% (n=161) 10.0% (n=146) 10.2% (n=138) 11.9% (n=164) Alter, MW ± SD (Jahre) ≥ 85 Jahre Weiblich < 25 25-29.9 Raucher-Status †: RR systolisch > 160 mmHg od. RR diastolisch > 95 mmHg oder Einnahme von Antihypertensiva ‡: Ärztlich bestätigte Diabetes mellitus Diagnose oder HbA1c ≥ 6.5% oder Einnahme von oralen Antidiabetika oder InsulinAnwendung &: Total Cholesterin (TC) zu HDL-Cholesterin Ratio ≥ 5.5 #: Anamn. Herzinfarkt oder Schlaganfall 33 Tabelle 3.: Charakteristika von Patienten mit PAVK (N=1218) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile Total 1. Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil ≤ 1.5 mg/L 1.6 - 2.8 mg/L 2.9 – 5.9 mg/L > 5.9 mg/L N=1218 73.9 ± 5.7 n=292 74.4 ± 5.7 n=314 74.0 ± 5.4 n=309 73.9 ± 5.9 n=303 73.5 ± 5.8 65-69 Jahre 29.3% (n=357) 24.4% (n=71) 28.4% (n=89) 31.7% (n=98) 32.6% (n=99) 70-74 Jahre 28.0% (n=342) 30.1% (n=88) 28.3% (n=89) 26.2% (n=81) 27.7% (n=84) 75-79 Jahre 27.7% (n=337) 28.1% (n=82) 31.2% (n=98) 24.3% (n=75) 27.1% (n=82) 80-84 Jahre 11.5% (n=140) 14.0% (n=41) 9.2% (n=29) 14.2% (n=44) 8.6% (n=26) ≥ 85 Jahre Weiblich 3.5% (n=42) 54.2% (n=660) 3.4% (n=10) 55.1% (n=161) 2.9% (n=9) 54.8% (172) 3.6% (n=11) 54.4% (168) 4.0% (n=12) 52.5% (159) Männlich 45.8% (n=558) Body mass index (kg/m2) 44.9% (n=131) 45.2% (142) 45.6% (141) 47.5% (144) 29.8% (n=363) 41.4% (n=121) 31.8% (n=100) 24.3% (n=75) 22.1% (n=67) 46.0% (n=560) 43.2% (n=126) 45.2% (n=142) 49.2% (n=152) 46.2% (n=140) ≥ 30 24.2% (n=295) 15.4 % (n=45) 22.9% (n=72) 26.5% (n=82) 31.7% (n=96) Niemals Raucher 41.5% (n=506) 49.0% (n=143) 39.8% (n=125) 37.5% (n=116) 40.3% (n=122) Ehemalige Raucher 42.6% (n=519) 41.4% (n=121) 44.3% (n=139) 43.4% (n=134) 41.2% (n=125) Aktive Raucher 15.9% (n=193) 9.6% (n=28) 15.9% (n=50) 19.1% (n=59) 18.5% (n=56) Arterielle Hypertonie† 86.2% (n=1050) 82.2% (n=240) 85.4% (n=268) 86.4% (n=267) 90.8% (n=275) Diabetes mellitus‡ 37.2% (n=452) 32.3% (n=94) 35.9% (n=113) 35.4% (n=109) 45.2% (n=136) Dyslipidämie & 26.4% (n=321) 18.9% (n=55) 29.3% (n=92) 26.2% (n=81) 30.8% (n=93) Anamn. Herzinfarkt 13.8 % (n=168) 15.0% (n=44) 14.6% (n=46) 11.9% (n=37) 13.5% (n=41) Anamn. Schlaganfall 7.8% (n=95) 7.9% (n=23) 7.0% (n=22) 8.4% (n=26) 7.9% (n=24) Anamn. CVD # 19.8% (n=241) 21.6% (n=63) 19.1% (n=60) 18.8% (n=58) 19.8% (n=60) Alter, MW ± SD (Jahre) < 25 25-29.9 Raucher-Status †: RR systolisch > 160 mmHg od. RR diastolisch > 95 mmHg oder Einnahme von Antihypertensiva ‡: Ärztlich bestätigte Diabetes mellitus Diagnose oder HbA1c ≥ 6.5% oder Einnahme von oralen Antidiabetika oder InsulinAnwendung &: Total Cholesterin (TC) zu HDL-Cholesterin Ratio ≥ 5.5 #: Anamn. Herzinfarkt oder Schlaganfall 34 3.2 hs-CRP-Blutwerte 3.2.1 Gesamtkohorte Die Tabelle 4 stellt die hs-CRP-Blutserumkonzentrationen (mg/L) für die Gesamtkohorte (N=6579) dar. Im Durchschnitt lag die hs-CRP-Konzentration bei 4.5 mg/L. Die unterste Nachweisgrenze lag bei 0.2 mg/L. Maximal wurde ein hs-CRP-Blutwert von 206.9 mg/L gemessen. 50% der Blutwerte lagen im Konzentrationsbereich zwischen 1.3 und 4.4 mg/L und jeweils 25% darunter bzw. darüber. Der Medianwert wurde bei 2.3 mg/L ermittelt. Tabelle 4.: hs-CRP-Blutserumkonzentrationen (mg/L) der Grsamtkohorte (N=6579) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile hs-CRP (mg/L) Total 1. Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil Minimum N=6759 0.2 n=1768 0.2 n=1666 1.4 n=1636 2.4 n=1689 4.5 Maximum 206.9 1.3 2.3 4.4 206.9 Mittelwert 4.5 0.9 1.8 3.2 12.3 SD 8.3 0.3 0.3 0.6 13.9 Median 2.3 0.9 1.8 3.2 7.6 5%-Quantil 0.6 0.4 1.4 2.4 4.6 25%-Quantil 1.3 0.7 1.6 2.7 5.6 75%-Quantil 4.4 1.1 2.1 3.7 12.4 95%-Quantil 14.6 1.3 2.3 4.3 36.5 Im Vergleich zwischen Patienten ohne vs. mit PAVK ergaben die laborchemischen Messungen einen mittleren hs-CRP-Wert von 2.4 +/- 2,6 mg/L (Patienten ohne PAVK) bzw. 3.2 +/- 2,7 mg/L (Patienten mit PAVK). Demnach war der Entzündungsmarker C-Reaktives Protein häufiger in der PAVK-Gruppe im Blutserum nachweisbar. 35 Tabelle 5.: hs-CRP-Blutserumkonzentrationen (mg/L) der Gesamtkohorte - stratifiziert nach PAVK-Status hs-CRP (mg/L) Total PAVK - PAVK + p-Wert* N=6759 n=5541 n=1218 MW +/- SD # < 3 mg/L 2.5 +/- 2,6 mg/L 59.7% (n=4038) 2.4 +/- 2,6 mg/L 3.2 +/- 2,7 mg/L 61.7% (n=3421) 50.7% (n=617) < 0.0001 ≥ 3 mg/L 40.3% (n=2721) 38.3% (n=2120) 49.1% (n=601) < 0.0001 #: Anti-(log) hs-Blutserumwerte * Test auf Unterschied zwischen Patienten mit und ohne PAVK; t-Test (kontinuierliche Variable), Chi-QuadratTest (kategorielle Variable) 3.2.2 Patienten ohne PAVK Patienten ohne PAVK wiesen eine durchschnittliche hs-CRP-Blutkonzentration von 4.3 mg/L auf. Der Medianwert lag bei 2.2 mg/L. In der 1. Quartilgruppe wurde ein Medianwert von 0.9 mg/L in der 2. Quartilgruppe von 1.7 mg/L, in der 3. Quartilgruppe von 3.0 mg/L und in der 4. Quartilsgruppe von 7.1 mg/L bestimmt (Tabelle 6). Tabelle 6.: hs-CRP-Blutkonzentrationen (mg/L) von Patienten ohne PAVK (N=5541) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile hs-CRP (mg/L) Total 1. Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil Minimum N=5541 0.2 n=1369 0.2 n=1450 1.3 n=1349 2.3 n=1373 4.3 Maximum 206.9 1.2 2.2 4.2 206.9 Mittelwert 4.3 0.8 1.7 3.1 11.7 SD 8.2 0.2 0.3 0.6 14.1 Median 2.2 0.9 1.7 3.0 7.1 5%-Quantil 0.6 0.4 1.3 2.3 4.4 25%-Quantil 1.3 0.7 1.5 2.6 5.3 75%-Quantil 4.2 1.1 2.0 3.5 11.6 95%-Quantil 13.7 1.2 2.2 4.1 35.0 36 3.2.3 Patienten mit PAVK Patienten mit PAVK wiesen im Durchschnitt einen hs-CRP-Blutwert von 5.5 mg/L auf. In dieser Patientengruppe wurde ein Medianwert von 2.9 mg/L analysiert. In der 1. Quartilgruppe wurde ein Medianwert von 1.1 mg/L in der 2. Quartilgruppe von 2.1 mg/L, in der 3. Quartilgruppe von 3.9 mg/L und in der 4. Quartilsgruppe von 9.6 mg/L bestimmt (Tabelle 7). Tabelle 7.: hs-CRP-Blutkonzentrationen (mg/L) von Patienten mit PAVK (N=1218) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile hs-CRP (mg/L) Total 1. Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil Minimum N=1218 0.3 n=292 0.3 n=314 1.6 n=309 2.9 n=303 6.0 Maximum 105.1 1.5 2.8 5.9 105.1 Mittelwert 5.5 1.0 2.2 4.0 14.8 SD 8.6 0.3 0.4 0.9 13.3 Median 2.9 1.1 2.1 3.9 9.6 5%-Quantil 0.8 0.5 1.6 3.0 6.3 25%-Quantil 1.6 0.8 1.9 3.3 7.4 75%-Quantil 5.9 1.3 2.5 4.6 16.4 95%-Quantil 18.1 1.5 2.8 5.7 40.7 37 3.3 Tödliche Ereignisse Im folgenden Abschnitt werden die tödlichen Ereignisse der getABI-Kohorte nach 3-jähriger Beobachtungszeit aufgelistet. Zu Beginn der Studie standen 6759 Personen unter Risiko im Laufe der drei jährigen Follow-up-Zeit zu versterben. Geschichtet nach PAVK-Status betrug die Zahl von Personen unter Risiko zur Basiserhebung der Studie n=5541 (Patienten ohne PAVK) bzw. n=1218 (Patienten mit PAVK). 3.3.1 Gesamtkohorte Innerhalb des 3-jahrigen Beobachtungszeitraumes verstarben 368 Personen, entsprechend einer prozentualen Häufigkeit von 5.4 %. Stratifiziert nach hs-CRP-Blutkonzentration ergab sich in der 1. Quartilsgruppe eine Mortalitätsrate von 3.7%, in der 2. Quartilsgruppe von 4.9%, in der 3. Quartilsgruppe von 5.5% und in der 4. Quartilsgruppe von 7.7%. Absolut gesehen ereigneten zerebrovaskulären Ereignisses. sich 145 Dies Todesfälle aufgrund entspricht einer eines kardio- spezifischen oder relativen Mortalitätshäufigkeit von 2.2%. Die relative Mortalitätsrate betrug in der 1. Quartilsgruppe 1.5%, in der 2. Quartilsgruppe 1.7%, in der 3. Quartilsgruppe 2.1% und in der 4. Quartilsgruppe 3.3%. Tabelle 8.: 3-Jahres Mortalität der Gesamtkohorte (N=6759) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile Total 1.Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil N=6759 n=1768 n=1666 n=1636 n=1689 Tod jeglicher Ursache 5.4% (n=368) 3.7% (n=66) 4.9% (n=82) 5.5% (n=90) 7.7% (n=130) Tod kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache 2.2% (n=145) 1.5% (n=27) 1.7% (n=29) 2.1% (n=34) 3.3% (n=55) 38 3.3.2 Patienten ohne PAVK Drei Jahre nach Erhebung der Basisuntersuchung waren von den 5541 Patienten ohne PAVKNachweis 235 verstorben (4.2%). Insgesamt verstarben 29 von 1369 Patienten mit niedrigsten hs-CRP-Blutwerten (2.9%) und 87 von 1373 Patienten mit höchsten hs-CRP-Konzentrationen (6.3%). 78 von 5541 Patienten verstarben aufgrund eines kardio- oder zerebrovaskulären Ereignisses (1.4%). Die relative Häufigkeit tödlicher Ereignisse war mehr als doppelt so hoch bei Patienten mit höchsten hs-CRP-Blutspiegeln im Vergleich zu Studienteilnehmer mit niedrigsten hs-CRP-Werten (2.3% vs. 1.0%). Die relative Mortalitätshäufigkeit stieg jedoch nicht kontinuierlich mit zunehmenden hs-CRP-Blutwerten an. Tabelle 9.: 3-Jahres Mortalität von Patienten ohne PAVK (N=5541) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile Total 1.Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil N=5541 n=1369 n=1450 n=1349 n=1373 Tod jeglicher Ursache 4.2% (n=235) 2.9% (n=40) 4.3% (n=62) 3.4% (n=46) 6.3% (n=87) Tod kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache 1.4% (n=78) 1.0% (n=14) 1.4% (n=20) 1.0% (n=13) 2.3% (n=31) 39 3.3.3 Patienten mit PAVK Die relative Häufigkeit tödlicher Ereignisse jeglicher Ursache lag bei Patienten mit PAVK im Vergleich zu Patienten ohne PAVK um mehr als das zweifache höher (10.9% vs. 4.2%). Die spezifische Mortalitätsrate (kardio- oder zerebrovaskulärer Tod) war bei PAVK-Patienten im Vergleich zu Patienten ohne PAVK-Nachweis um mehr als das Vierfache erhöht (5.5% vs. 1.4%). Stratifiziert nach hs-CRP-Blutwert lag die spezifische Mortalitätshäufigkeit bei 4.8% (1. Quartil), 5.7% (2. Quartil), 3.9% (3. Quartil) sowie 7.6% (4. Quartil) Tabelle 10.: 3-Jahres Mortalität von Patienten mit PAVK (N=1218) - stratifiziert nach hs-CRP-Blutserum-Quartile Total 1.Quartil 2. Quartil 3. Quartil 4. Quartil N=1218 n=292 n=314 n=309 n=303 Tod jeglicher Ursache 10.9% (n=133) 9.9% (n=29) 8.9% (n=28) 11.7% (n=36) 13.2% (n=40) Tod kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache 5.5% (n=67) 4.8% (n=14) 5.7% (n=18) 3.9% (n=12) 7.6% (n=23) 40 3.4 Mortalitätsrisiko 3.4.1 Gesamtkohorte Patienten der getABI-Gesamtkohorte mit hs-CRP-Blutwerten > 4.4 mg/L hatten im Vergleich zu Patienten mit hs-CRP-Konzentrationen ≤ 1.3 mg/L ein 1.81-fach höheres Risiko innerhalb eines Zeitraumes von drei Jahren zu versterben (95%-KI [1.32-2.49]). Das Risiko eines tödlichen kardio- oder zerebrovaskulären Ereignisses innerhalb eines 3-jährigen Beobachtungszeitraumes war bei getABI-Studienteilnehme mit hs-CRP-Blutwerten > 4.4 mg/L im Vergleich zu getABI-Studienteilnehmer mit hs-CRP-Konzentrationen ≤ 1.3 mg/L um 68% erhöht (95%-KI [3%-175%]. In der Analyse wurden konfundierende Faktoren wie Alter, Geschlecht, Rauchen, Body-Mass-Index, arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus, TC/HDL-Cholesterin Ratio, anamnestisch eruierte Herzkreislauferkrankungen berücksichtigt. Mit zunehmenden hs-CRP-Blutwerten konnte ein kontinuierlicher Anstieg des unspezifischen und spezifischen Mortalitätsrisikos beobachtet werden (Tabelle 11). 3.4.2 Patienten ohne PAVK Das allgemeine 3-Jahres Mortalitätsrisiko bei Patienten ohne Nachweis einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) zur getABI-Basiserhebung lag im Vergleich zwischen Patienten mit höchsten Entzündungszeichen (hs-CRP > 4.2 ng/L) vs. niedrigsten Entzündungszeichen (hs-CRP ≤ 1.2 mg/L) um den Faktor 2.2 höher (HRR 2.27; 95%-KI [1.53-3.37]). Ein eindeutiger Trend hinsichtlich der Zunahme des Mortalitätsrisikos bei steigenden hs-CRP-Blutwerten konnte jedoch nicht beobachtet werden. Ein ähnliches Ergebnis ergab sich für das spezifische Mortalitätsrisiko. Patienten mit höchsten hs-CRP-Konzentrationen hatten im Vergleich zu Patienten mit niedrigsten hs-CRPBlutwerten ein 2.41-fach erhöhtes Risiko innerhalb von 3-Jahen Beobachtungszeit an einem kardio- oder zerebrovaskulären Ereignis zu versterben (HRR 2.41, 95%-KI [1.28-4.55]). In der Analyse konnte jedoch keine kontinuierliche Risikozunahme trotz steigender Werte des Entzündungsmarker hs-CRP eruiert werden (Tabelle 12). 41 3.4.3 Patienten mit PAVK Für Patienten mit Diagnose einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) zur getABI-Basiserhebung konnte im Vergleich höchster (> 5.9 mg/L) vs. niedigster (≤ 1.5 mg/L) hs-CRP-Blutwerte kein signifikant erhöhtes Mortalitätsrisko nachgewiesen werden. Für das allgemeine 3-Jahres Mortalitätsrisiko wurde ein Schätzer (HRR) von 1.20 ermittelt, mit einem 95%-Konfidenzintervall Entzündungszeichen zwischen 0.72 und 2.00. PAVK-Patienten mit höchsten im Blut hatten im Vergleich zu Patienten mit niedrigsten immunchemischen Serumwerten ein 1.61-fach erhöhtes Risiko für ein Versterben aufgrund kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache nach 3-jähriger Beobachtungszeit. Das 95%Konfidenzintervall lag zwischen 0.83 und 3.12 (Tabelle 13). 42 Tabelle 11. Gesamtkohorte (N=6759) Assoziation zwischen hs-CRP Blutserumkonzentration (mg/L) - dargestellt in Quartile - und 3-Jahres Mortalitätsrate hs-CRP (mg/L) Anzahl Anzahl Personen Ereignisse Hazard ratio Hazard ratio p-Wert von der -jahre pro 1000 PJ (univariat) (multivariat *) für Patienten Ereignisse (PJ) [95% CI I] [95% CI] [95% CI] Trend Tod jeglicher Ursache 1. Quartil (≤ 1.3 mg/L) 1768 66 5215 12.66 [9.60-15.71] - - 2. Quartil (> 1.3 mg/L, ≤ 2.3 mg/L) 1666 82 4885 16.79 [13.15-20.42] 1.33 [0.96-1.83] 1.27 [0.91-1.76] 3. Quartil (> 2.3 mg/L, ≤ 4.4 mg/L) 1636 90 4787 18.80 [14.92-22.69] 1.48 [1.08-2.04] 1.37 [0.98-1.91] 4. Quartil (> 4.4 mg/L) 1689 130 4889 26.59 [22.02-31.16] 2.11 [1.57-2.83] 1.81 [1.32-2.49] 0.0003 Kardio- oder zerebrovaskulärer Tod 1. Quartil (≤ 1.3 mg/L) 1768 27 5215 5.18 [3.22-7.13] - - 2. Quartil (> 1.3 mg/L, ≤ 2.3 mg/L) 1666 29 4885 5.94 [3.78-8.10] 1.14 [0.68-1.93] 1.03 [0.60-1.76] 3. Quartil (> 2.3 mg/L, ≤ 4.4 mg/L) 1636 34 4787 7.10 [4.72-9.49] 1.37 [0.82-2.26] 1.11 [0.65-1.89] 4. Quartil (> 4.4 mg/L) 1689 55 4889 11.25 [8.28-14.22] 2.17 [1.37-3.44] 1.68 [1.03-2.75] 0.0531 * adjustiert für: Alter, Geschlecht, Rauchen, BMI, arterielle Hypertonie, Diabetes, TC/HDL-Cholesterin Ratio, anamn. CVD 43 Tabelle 12. Patienten ohne Diagnose einer PAVK zur getABI-Basiserhebung (N=5541) Assoziation zwischen hs-CRP Blutserumkonzentration (mg/L) - dargestellt in Quartile - und 3-Jahres Mortalitätsrate hs-CRP (mg/L) Anzahl Anzahl Personen Ereignisse Hazard ratio Hazard ratio p-Wert von der -jahre pro 1000 PJ (univariat) (multivariat) für Patienten Ereignisse (PJ) [95% CI I] [95% CI] [95% CI] Trend Tod jeglicher Ursache 1. Quartil (≤ 1.2 mg/L) 1369 40 4050 9.89 [6.82-12.94] - - 2. Quartil (> 1.2 mg/L, ≤ 2.2 mg/L) 1450 62 4264 14.54 [10.92-18.16] 1.47 [0.99-2.19] 1.44 [0.96-2.16]* 3. Quartil (> 2.2 mg/L, ≤ 4.2 mg/L) 1349 46 3983 11.55 [8.21-14.89] 1.17 [0.76-1.78] 1.37 [0.88-2.14]* 4. Quartil (> 4.2 mg/L) 1373 87 4002 21.74 [17.17-26.31] 2.21 [1.52-3.21] 2.27 [1.53-3.37]* 0.0002 Kardio- oder zerebrovaskulärer Tod 1. Quartil (≤ 1.2 mg/L) 1369 14 4050 3.46 [1.64-5.27] - - 2. Quartil (> 1.2 mg/L, ≤ 2.2 mg/L) 1450 20 4264 4.69 [2.63-6.75] 1.35 [0.68-2.67] 1.35 [0.68-2.66]** 3. Quartil (> 2.2 mg/L, ≤ 4.2 mg/L) 1349 13 3983 3.26 [1.49-5.04] 0.94 [0.44-1.99] 0.98 [0.46-2.08]** 4. Quartil (> 4.2 mg/L) 1373 31 4002 7.75 [5.02-10.47] 2.24 [1.19-4.20] 2.41 [1.28-4.55]** * ** 0.0110 adjustiert für: Alter, Geschlecht, Rauchen, BMI, arterielle Hypertonie, Diabetes, TC/HDL-Cholesterin Ratio, anamn. CVD adjustiert für: Alter, Geschlecht 44 Tabelle 13. Patienten mit Diagnose einer PAVK zur getABI-Basiserhebung (N=1218) Assoziation zwischen hs-CRP Blutserumkonzentration (mg/L) - dargestellt in Quartile - und 3-Jahres Mortalitätsrate hs-CRP (mg/L) Anzahl Anzahl Personen Ereignisse Hazard ratio Hazard ratio p-Wert von der -jahre pro 1000 PJ (univariat) (multivariat) für Patienten Ereignisse (PJ) [95% CI I] [95% CI] [95% CI] Trend Tod jeglicher Ursache 1. Quartil (≤ 1.5 mg/L) 292 29 839 34.56 [21.98-47.15] - - 2. Quartil (> 1.5 mg/L, ≤ 2.8 mg/L) 314 28 905 30.94 [19.48-42.40] 0.90 [0.53-1.51] 0.87 [0.51-1.50]* 3. Quartil (> 2.8 mg/L, ≤ 5.9 mg/L) 309 36 875 41.14 [27.70-54.58] 1.19 [0.73-1.94] 1.05 [0.63-1.76]* 4. Quartil (> 5.9 mg/L) 303 40 858 46.62 [32.17-61.08] 1.35 [0.84-2.18] 1.20 [0.72-2.00]* 0.3458 Kardio- oder zerebrovaskulärer Tod 1. Quartil (≤ 1.5 mg/L) 292 14 839 16.69 [7.95-25.43] - - 2. Quartil (> 1.5 mg/L, ≤ 2.8 mg/L) 314 18 905 19.89 [10.70-29.08] 1.19 [0.59-2.40] 1.23 [0.61-2.48]** 3. Quartil (> 2.8 mg/L, ≤ 5.9 mg/L) 309 12 875 13.71 [5.95-21.47] 0.83 [0.38-1.78] 0.82 [0.38-1.77]** 4. Quartil (> 5.9 mg/L) 303 23 858 26.81 [15.85-37.76] 1.61 [0.83-3.12] 1.61 [0.83-3.12]** * ** 0.2581 adjustiert für: Alter, Geschlecht, Rauchen, BMI, arterielle Hypertonie, Diabetes, TC/HDL-Cholesterin Ratio, anamn. CVD adjustiert für: Alter, Geschlecht 45 4. Diskussion Die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung zeigen, dass Hausarztpatienten über 64 Jahre mit Nachweis erhöhter Blutwerte des Entzündungsmarkers C-Reaktives Protein (hs-CRP) ein erhöhtes Mortalitätsrisiko besitzen. Diese Risikoerhöhung konnte sowohl für das Versterben aufgrund allgemeiner Ursache als insbesondere auch für das Versterben aufgrund kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache nachgewiesen werden. In diesem Kontext bestätigen die Ergebnisse der getABI-Studie wissenschaftliche Hypothesen, dass entzündliche Prozesse im menschlichen Körper das Auftreten und die Prognose atherosklerotisch bedingter HerzKreislauf-Erkankungen mitbestimmen. Die prospektiv über einen Beobachtungszeitraum von 3-Jahren ermittelten Daten der getABIGesamtkohorte (N=6759) ergaben, dass Patienten mit hs-CRP-Blutserumwerten > 4.4 mg/L im Vergleich zu Patienten mit hs-CRP-Konzentrationen ≤ 1.3 mg/L ein 1.81-fach (95%-KI [1.32-2.49]) höheres allgemeines (Tod jeglicher Ursache) sowie ein 1.68-fach (95%-KI [1.032.75]) spezifisches (Tod kardio- oder zerebrovaskulärer Ursache) Mortalitätsrisiko hatten. Der Zusammenhang zwischen laborchemisch erhöhten Entzündungszeichen (hs-CRP) und allgemeinen sowie spezifischen Mortalitätsrisiko liess sich aus den Daten für Patienten ohne Nachweis einer peripheren arteriellen Verschlusskrankheit (PAVK) deutlicher nachweisen als für Patienten mit PAVK. Patienten ohne PAVK mit erhöhten hs-CRP-Blutwerten hatten im Vergleich zu Patienten mit niedrigen Entzündungswerten ein mehr als doppelt so hohes 3Jahres allgemeines Mortalitätsrisiko (HRR 2.27; 95%-KI [1.53-3.37]) bzw. kardio- oder zerebrovaskuläres Mortalitätsrisiko (HRR 2.41; 95%-KI [1.28-4.55]). Für Patienten mit Nachweis einer PAVK lag das entsprechende allgemeine Mortalitätsrisiko bei HRR 1.20 (95%-KI [0.72-2.00]) bzw. das spezifische Mortalitätsrisiko bei HRR 1.61 (95%-KI [0.833.12]). Eine wesentliche Ursache dieser unterschiedlichen Risikoermittlungen mag durch die unterschiedliche Zahl beobachteter Personen beider Patientengruppen begründet sein. So war die Gruppe ohne PAVK in der getABI-Studie 4-mal grösser besetzt als die Vergleichsgruppe ohne PAVK. Absolut gesehen ereigneten sich in der Patientengruppe mit höchsten Entzündungswerten und PAVK-Nachweis fast 4-mal so häufig kardio- oder zerebrovaskuläre Todesfälle im Vergleich zur Studienpopulation ohne PAVK (28.6 vs. 7.7 Ereignisse pro 1000 Personenjahre). 46 Die Ergebnisse der getABI-Studie gehen weitgehend konform mit wesentlichen wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum diesem Thema. Die von Untersuchungen Harris et al. bezogen sich auf ältere Probanden über 65 Jahre aus dem US-Staate Iowa, welche Teilnehmer der Rural Health Study waren (Harris et al., 1999). Diese Personen wiesen überwiegend einen guten allgemeinen Gesundheitszustand auf. Pflegebedürftige, immobile Patienten wurden nicht in die Studie eingeschlossen. Von insgesamt 1293 Studienteilnehmern lagen bei 665 Probanden hs-CRP-Blutprobenwerte vor. Diese Personen teilten sich auf in 229 männliche und 396 weibliche Teilnehmer mit einem durchschnittlichen Alter von 77.8 Jahren. Hiervon waren 29% Raucher oder ehemalige Raucher. Bei 18% der Probanden lag eine kardiovaskuläre Erkrankung vor. Die Personen wurden über einen durchschnittlichen Zeitraum von 4.6 Jahren prospektiv verfolgt. Als Zielereignisse wurden Todesfälle allgemeiner bzw. kardiovaskulärer Ursache registriert. Für die 665 Personen ergaben sich nachfolgende hs-CRP Quartilswerte (mg/L: <0.91; 0.91-1.56; 1.57-2.78; ≥ 2.78). Harris et al. konnten nachweisen, dass Patienten mit hs-CRP-Blutwerten ≥ 2.78 mg/L ein 1.6-fach höheres allgemeines Mortalitätsrisiko (95%-KI [1.0-2.6]) bzw. 1.8-fach höheres kardiovaskuäres Mortalitätsrisiko (95%-KI [0.9-3.6]) aufwiesen vergleichend zu Studienteilnehmern mit hsCRP-Blutwerten <0.91 mg/L. In der bevölkerungsbezogenen Helsinki Ageing Study (Strandberg, Tilvis, 2000) konnte die prognostische Bedeutung erhöhter hs-CRP-Blutserumwerte an drei Alterskohorten eruiert werden. Im Jahre 1989 wurden 651 Personen aus den Jahrgängen 1904, 1909 und 1914 in die Studie aufgenommen. Zur Baseline-Erhebung lagen CRP-Blutwerte von 455 Probanden vor. Das Follow-up lief bis zum Jahre 1998. In diesem Zeitraum verstarben 278 der 455 Studienteilnehmer. 53% der Todesfälle waren auf ein kardiovaskuläres Ereignis zurückzuführen. Strandberg und Tilvis wiesen im alters- und geschlechtsadjustierten Regressionsmodell nach, dass mit einem hs-CRP-Anstieg um 10 mg/L das Risiko innerhalb von 10 Jahren zu versterben um den Faktor 1.20 (95%-KI [1.08-1.32]) ansteigt. Für das kardiovaskuläre 10-Jahres Mortalitätsrisiko wurde ein Faktor von 1.22 (95%-KI [1.10-1.35]) ermittelt. Koenig et al. führten eine Untersuchung innerhalb der bevölkerungsbezogenen MONICAStudie durch (Koenig et al., 1999). In der Studie wurden unselektiert Stichproben von Personen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren von der Einwohnern der Stadt Augsburg und angrenzenden Landkreisen zu mehreren Zeitpunkten gezogen. Die erste Stichprobe wurde im 47 Jahre 1984 erhoben. Die Untersuchungen von Koenig et al. zum CRP bezogen sich ausschliesslich auf männliche Sudienteilnehmer im Alter zwischen 45 und 64 Jahren der ersten MONICA-Bevölkerungsstichprobe. Auftretende nichttödliche und tödliche Myokardinfarkte wurden im einem Herzinfarktregister festgehalten. Koenig et al. werteten von 936 männlichen Probanden CRP-Informationen aus. Maximal wurde ein Beobachtungszeitraum von 8.2 Jahren erfasst. Hierbei wurden 53 erstmalige Herzinfarkte registriert, von denen fast 50% (n=26) tödlich verliefen. Im Regressionsmodell konnte eine Relation zwischen hs-CRP-Blutwerten und künftigem Herzinfarktrisiko gefunden werden. Mit einem Anstieg um eine Standardabweichung logarithmisch transformierter CRP-Werte konnte eine Risikozunahme für zukünftige Herzinfarktereignisse um den Faktor 1.50 (95%-KI [1.14-1.97]) ermittelt werden. Danesh et al. fassten in einer Metaanalyse die Ergebnisse von elf populationsbezogenen Studien zusammen, welche sich mit erhöhten hs-CRP-Blutwerten und zukünftigem Herzinfarktrisiko befassten (Danesh et al., 2000). Hierbei wurden insgesamt 1953 inzidente Myokardereignisse herangezogen. Die Analyseergebnisse der einzelnen Studien waren zumindest für mögliche Verzerreffekte des Alters adjustiert. Insgesamt konnten Danesh et al. nachweisen, dass Personen mit hohen hs-CRP Blutwerten (oberstes Tertil der Verteilung; im Mittel 2.4 mg/L) ein doppelt so hohes Risiko (RR 2.0; 95%-KI [1.6-2.5]) für ein zukünftiges koronares Ereignis (tödlicher und nichttödlicher Myokardinfarkt) aufwiesen im Vergleich zu Personen mit niedrigen hs-CRP Blutwerten (unterstes Tertil der Verteilung; im Mittel 1.0 mg/L). Zusätzlich wurden in dieser Metaanalyse auch Ergebnisse von drei Studien zusammengefasst, die sich ausschliesslich auf Patienten mit erhöhtem vaskulären Risikoprofil beschränkten. Hierbei konnte im Vergleich zwischen höchsten und niedrigsten hs-CRP Blutwerten (3. vs. 1 Tertil) ein 1.5-fach erhöhtes Myokardinfarktrisiko (RR 1.5; 95%-KI [1.12.1]) ermittelt werden. Im Gegensatz zu den bisherigen veröffentlichten wissenschaftlichen Untersuchungen beziehen sich die Ergebnisse der getABI-Studie auf das Klientel älterer Hausarztpatienten. Demnach können die Date der getABI-Studie insbesondere für den niedergelassenen ärztlichen Bereich einen wertvollen medizinischen Informationsbeitrag leisten. Die stärken der getABI-Studie sind vor allem in der Populationsgrösse, Studienorganisation und Follow-up Erhebungsrate zu sehen. Insgesamt konnte eine Kohorte aufgestellt werden, 48 die eine Populationsgrösse von 6880 älteren Hausarztpatienten (≥ 65 Jahre) umfasste. Für dieses spezielle Patientenklientel stellt die getABI-Studie eine der grössten bislang durchgeführten Beobachtungsstudien dar. Mit hohem methodischen Aufwand wurde versucht, repräsentative Daten der deutschen hausärztlichen Versorgung zu erhalten. Die Auswahl von Arztpraxen erfolgte nach bestimmten geographischen Gesichtspunkten. Des weiteren wurde durch die Studienzentrale überprüft, ob die ausgewählten Arztpraxen auch der Verteilung von Fachgruppen (Internisten, Allgemeinmediziner, praktische Ärzte) innerhalb Deutschlands entspricht. Darüber hinaus wurde durch Führung eines Patienten-Logbuches innerhalb der Arztpraxen versucht, Selektionsphänomene bei der Rekrutierung von Patienten frühzeitig zu entdecken. Nach Abschluss des 3-Jahres Follow-up der Studie lag bei 99.9% aller rekrutierten Probanden eine Information zum Lebendstatus vor. Dies bedeutet eine hervorragende Followup Erhebungsrate. Eine methodische Schwäche der getABI-Studie mag in der Ermittlung der Todesursache zu sehen sein. Die Angabe der Todesursache basierte ausschliesslich auf ärztliche Erfahrungswerte. In keinem Todesfall lag eine Information zur Todesursache vor, welche durch eine Obduktion bestätigt wurde. Lag in der Studie eine fehlende Information zur Todesursache vor, wurde eine Nachrecherche beim Studienarzt durchgeführt. Hierbei konnte festgestellt werden, dass Ärzte bei Patienten mit Krebsleiden deutlich zurückhaltend mit der Angabe „kardiovaskulärer Tod“ waren und überwiegend die Ursache des Todes der Tumorerkrankung zuschrieben. Aufgrund dieses ärztlichen Verhaltens ist zu vermuten, dass weniger kardiovaskuläre Todesfälle gemeldet wurden als dies der tatsächlichen organischen Gegebenheit entspricht. In Bezug auf die prognostische Bedeutung erhöhter hs-CRP Blutwerte führt jedoch dieses ärztliche Meldeverhalten eher zu einer Unter- als zu einer Überschätzung des tatsächlichen kardiovaskulären Mortalitätsriskos. In der klinischen Praxis gelten CRP-Konzentrationen < 10 mg/L als ein Indikator für subtile, chronische Entzündungsreaktionen. CRP-Blutwerte ≥ 10 mg/L werden hingegen eher als Zeichen akuter Entzündungen gewertet. Eine der Schwächen der vorliegenden Untersuchung ist es, dass nicht zwischen Patienten mit hs-CRP Blutwerten grösser vs. kleiner 10 mg/L unterschieden wurde. Insgesamt lagen bei 8.5% (n=575) aller untersuchter Patienten hs-CRPBlutwerte ≥ 10 mg/L vor. Es ist davon auszugehen, dass bei diesen Patienten eher ein akutes (z.B. Infektion) als subtil chronisches Entzündungsgeschehen vorlag. Dies erschwert die Interpretation der Daten hinsichtlich eines potentiellen Zusammenhanges zwischen erhöhten 49 hs-CRP Blutwerten und Genese artherosklerotischer Umbauprozesse im menschlichen Organismus. Im zusammenfassenden Überblick der vorgestellten Literatur lässt sich feststellen, dass erhöhte Blutwerte des Entzündungsmarker hs-CRP mit einem erhöhten Mortalitätsrisiko sowie erhöhten kardiovaskulären Risiko assoziiert sind. Die getABI-Ergebnisse der vorliegenden Arbeit gehen mit diesen wissenschaftlichen Veröffentlichungen konform. Es stellt sich die Frage, in wieweit die prognostische Aussagekraft erhöhter Blutwerte des CReaktiven Proteins (hs-CRP) für die klinische Praxis von Relevanz ist. Zu diesem Thema konstituierte sich im Frühjahr 2003 eine Arbeitsgemeinschaft der American Heart Association (AHA) und des Centers of Disease Control (CDC) (AHA/CDC, 2003). Die wesentlichen Aussagen dieser Arbeitsgemeinschaft sind nachfolgend wiedergegeben: 1. Die Arbeitsgemeinschaft empfiehlt keine Messung des hs-CRP als Sceening der gesamten erwachsenen Bevölkerung als öffentliche Gesundheitsmaßnahme 2. Es ist angemessen, das hs-CRP neben den Hauptrisikofaktoren zu bestimmen, um im Rahmen der Primärprävention das uneingeschränkte Risiko für die koronare Herzerkrankung erweitert beurteilen zu können. Die Messung liegt im Ermessen des Arztes und wird als optional betrachtet. 3. In dieser Funktion scheint die Messung von hs-CRP am angemessensten zu sein, um das erhöhte uneingeschränkte Risiko bei Personen festzustellen, bei denen vielfältige Risikofaktoren ein 10-Jahres-Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Bereich von 10% bis 20% vorhersagen. Der Nutzen dieser Strategie bleibt jedoch ungewiss. 4. Der Befund eines hohen relativen Risikoniveaus durch die Messung von hs-CRP (>3.0 mg/L) könnte Anlass für eine Intensivierung der medikamentösen Behandlung sein, um das Risiko weiter zu reduzieren und um einige Patienten zu motivieren, ihren Lebensstil zu verbessern oder sich nach den verschriebenen Verordnungen zu richten, um ihr Risiko zu reduzieren. 5. Bei Menschen mit einem niedrigen kardiovaskulären Risiko (10-Jahres-Risiko < 10%) wird durch die Messung von hs-CRP die Risikobewertung wahrscheinlich nicht wesentlich höher ausfallen. 6. Menschen mit einem hohen kardiovaskulären Risiko (10-Jahres-Risiko >20%) oder mit bestehender atherosklerotischer Erkrankung sollten ungeachtet ihres hs-CRP50 Niveaus generell intensiv medikamentös behandelt werden, so dass der Nutzen der Messung von hs-CRP in der Sekundärprävention stärker limitiert zu sein scheint. 7. Bei Patienten mit stabiler Angina pectoris oder akutem Koronarsyndrom könnte die Messung von hs-CRP Wahrscheinlichkeit als von unabhängiger wiederkehrenden Marker nützlich Ereignissen sein, um einschließlich die Tod, Myokardinfarkt, oder einer Re-Stenose nach perkutaner Koronarintervention abzuschätzen. Eingriffe mit erwiesener Wirksamkeit im Rahmen der Sekundärprävention sollten jedoch nicht vom hs-CRP-Niveau abhängig sein. Ferner sollte das regelmäßige Testen von hs-CRP nicht genutzt werden, um die Effekte einer Behandlung zu kontrollieren. Erhöhte hs-CRP-Blutwerte allein wurden also bisher nicht als hinreichend für eine therapeutische Intervention in der klinischen Praxis empfohlen. Jedoch könnten Ergebnisse von kontrollierten Interventionsstudien mit der Substanzklasse der Statine diese Sichtweise modifizieren. Ridker et al. konnten nachweisen, dass Statine zu einer LDL-unabhängigen Senkung erhöhter hs-CRP-Blutwerte führen (Ridker PM et al., 1997, 1999). Post-hocErgebnisse der «PROVE IT TIMI 22»-Studie erweitern das bestehende Wissen dahingehend, dass nach einem Monat unter Statintherapie das hs-CRP unabhängig vom erreichten LDLCholesterinspiegel prädiktiv für zukünftige vaskuläre Ereignisse bei Personen mit akutem Koronarsyndrom war (Ridker et al., 2005). Eine Auswertung von Daten der «REVERSAL»Studie zeigte, dass bei Statin-behandelten Koronarkranken das Ausmass der Reduktion des hs-CRP im Zeitverlauf unabhängig von Veränderungen des LDL-Cholesterinspiegels mit der Progredienz der koronaren Atherosklerose korrelierte (Nissen et al., 2005). Die Frage, ob eine Statin-bedingte CRP-Senkung per se eine Reduktion des kardiovaskulären Risikos bewirken kann, bleibt bisher unbeantwortet. Es wäre wünschenswert, diese klinische Fragestellung durch weitere klinisch kontrollierten Studien intensiver zu erforschen. Zusammenfassend deuten die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit darauf hin, dass entzündliche Prozesse im menschlichen Körper das Auftreten und die Prognose atherosklerotisch bedingter Herz-Kreislauf-Erkankungen mitbestimmen. Mit Spannung bleibt abzuwarten, wie sich dieses interessante medizinische Forschungsgebiet in der Zukunft weiterentwickeln wird. 51 5. Zusammenfassung Untersuchung zur prognostischen Bedeutung erhöhter Blutwerte des Entzündungsmarkers hochsensitives C-Reaktives Protein hinsichtlich des allgemeinen und kardiovaskulären Mortalitätsrisikos bei älteren Patienten in hausärztlicher Versorgung. Einleitung: Seit einigen Jahren steht im Fokus des wissenschaftlichen Interesses, ob subtil entzündliche Prozesse im menschlichen Körper das Auftreten und die Prognose atherosklerotisch bedingter Herz-Kreislauf-Erkankungen mitbestimmen. Ziel der vorliegender Promotionsarbeit war es, die prognostische Bedeutung des Entzündungsmarkers hochsensitives C-reaktives Protein (hsCRP) zur Vorhersage des allgemeinen und kardiovaskulären 3-Jahres Mortalitätsrisikos an einer Stichprobe älterer Hausarztpatienten zu untersuchen. In einer stratifizierten Analyse sollte zusätzlich geklärt werden, ob Patienten mit bzw. ohne peripher arterieller Verschlusskrankheit (PAVK) eine unterschiedliche Prognose besitzen. Methoden: Zur Untersuchung wurden Daten der getABI-Studie (German Epidemiological Trial on Ankle Brachial Index) ausgewertet. Diese prospektive Beobachtungsstudie basiert auf einer repräsentativen Stichprobe von 6880 deutschen Patienten über 64 Jahre in hausärztlicher Betreuung. Zur Basiserhebung lagen von 6759 Patienten Informationen bezüglich hs-CRP Blutserumwerte sowie PAVK-Status vor. Das Follow-up erstreckte sich über einen Zeitraum von drei Jahren. Zielereignis war der Tod allgemeiner bzw. kardiovaskulärer Ursache. Zur Untersuchung einer möglichen Assoziation zwischen erhöhten hs-CRP-Blutwerten und Mortalitätsrisiko wurde das Cox-Regressionsverfahren angewandt. Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum traten 368 Todesfälle auf, davon waren 145 kardiovaskulärer Ursache. Die Analyse bezogen auf die Gesamtkohorte ergab für Patienten mit hs-CRP-Werten > 4.4 mg/L (4. Quartil) vs. ≤ 1.3 mg/L (1. Quartil) ein 1.81-fach (95%-KI [1.32-2.49]) erhöhtes allgemeines Mortalitätsrisiko bzw. ein 1.68-fach (95%-KI [1.03-2.75]) erhöhtes kardiovaskuläres Mortalitätsrisiko. Patienten ohne PAVK hatten in der Vergleichsanalyse ein mehr als doppelt so hohes allgemeines (HRR 2.27; 95%-KI [1.53-3.37]) bzw. kardiovaskuläres Mortalitätsrisiko (HRR 2.41; 95%-KI [1.28-4.55]). Für Patienten mit PAVK 52 lag das entsprechende allgemeine Mortalitätsrisiko bei 1.20 (95%-KI [0.72-2.00]) bzw. das kardiovaskuläre Mortalitätsrisiko bei 1.61 (95%-KI [0.83-3.12]). Disskussion: Die Auswertung der getABI-Daten zeigt, dass erhöhte Blutwerte des Entzündungsmarkers hsCRP bei älteren Hausarztpatienten mit einem erhöhten allgemeinen sowie kardiovaskulären Mortalitätsrisiko assoziiert sind. Dieser Zusammenhang stellte sich in der Analyse bei Patienten ohne PAVK deutlicher dar im Vergleich zu Patienten mit PAVK. 53 6. Literaturverzeichnis Arima H, Kubo M, Yonemoto K, Doi Y, Ninomiya T ,Tanizaki Y, Hata J, Matsumura K, Iida M, Kiyohara Y. (2008) High-sensitivity C-reaktive protein and coronary heart diseaes in general population of Japanesse: the Hisayama study. Arterioscler Thromb Vasc Biol. ; 28(7):1222-4. Bos MJ, Schipper CM, Koudstaal PJ, Witteman JC, Hofman A, Breteler MM. (2006). High serum C-reactive protein level is not an independent predictor for stroke: the Rotterdam Study. Circulation.;114(15):1591-8. Epub 2006 Oct 2. Buono C, Come CE, Witztum JL, Maguire GF, Connelly PW, Carroll M, Lichtman AH. (2002). 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Seine Erläuterungen, Anmerkungen und konstruktiven Ratschläge waren für mich eine wertvolle Stütze bei der Verfassung meiner Dissertation. 57 Lebenslauf 1983 Geboren in Teheran, am 23.Oktober 1990 Grundschule, Köln 1991 Grundschule, Dortmund 1994 Helmholz-Gymnasium, Dortmund 1997 Schiller-Schule, Bochum 2003 Abitur an der Schiller-Schule und am Graf Engelbert Gymnasium, Bochum Begin des Medizinstudiums an der Ruhr-Universität-Bochum Seit 2004 Präparierassistent, Institut für Anatomie der Ruhr-Universität-Bochum 2005 Erstes Staatsexamen, Ruhr-Universität-Bochum 2006 Famulus an der Division of Pulmonary and Critical Care medicine, Crandall Ph.D. M.D. sowie am Depart. of Plastic and Reconstructive Surgery, Sherma, MD University of Southern California U.S.C., Los Angeles 2007 USMLE Step 1 2008 PJ Marienhospital Herne: Chirurgie / Innere , Josef Hospital Bochum : Dermatologie USMLE Step 2 CS 58