Rede des Bundesministers des Auswärtigen,
Transcription
Rede des Bundesministers des Auswärtigen,
Rede des Bundesministers des Auswärtigen, Dr. Frank-Walter Steinmeier, anlässlich der Überreichung des Ordens Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland an den Außenminister der Tschechischen Republik Karel Schwarzenberg am 15. Dezember 2008 in Berlin 1 Anreden weiterer Ehrengäste, liebe Gäste aus Tschechien, meine Damen und Herren, vor allem aber: lieber Karel! Was lange währt, wird endlich gut! Ich freue mich sehr, dass Du, Karel, die Einladung zu diesem gemeinsamen Abend in Berlin angenommen hast und wir – nach mehreren Anläufen – gemeinsam Zeit für diese Ehrung finden, die mir sehr am Herzen liegt. Zunächst möchte ich Dir auch im Namen aller anwesenden Kollegen und Mitarbeiter noch einmal herzlich zu Deinem Geburtstag am letzten Mittwoch gratulieren und für das neue Lebensjahr alles Gute wünschen. Diese Auszeichnung ist aber kein nachgeholtes Geburtstagsoder vorweg genommenes Weihnachtsgeschenk zwischen Kollegen. Deutschland ehrt in Karel Schwarzenberg einen Mann, dessen Verdienste weit vor seine Dienstzeit als Außenminister der Tschechischen Republik zurückreichen. Die Bedrängnisse des 2. Weltkrieges und der deutschen Besatzung haben auch Deine Familie betroffen. Mit Deinen Eltern 1948 von den Kommunisten aus Deiner Heimat vertrieben, hast Du entscheidend daran mitgewirkt, dass die Teilung Europas und die Unfreiheit in der östlichen Hälfte unseres Kontinents schließlich überwunden wurden. Du hast in vielfacher Weise die Hoffnung auf eine Zukunft ganz Europas in Freiheit und Demokratie hoch gehalten. 2 Nach der Niederschlagung des Prager Frühlings im Sommer 1968, an die wir uns in diesem Jahr vielfach erinnert haben, hast Du vielen tschechischen Landsleuten in Wien und in Deutschland persönlich geholfen und Zuflucht gewährt. 1985 zum Präsidenten der Internationalen Helsinki-Föderation gewählt, hast Du Dich unermüdlich für die Einhaltung der Menschenrechte im Sinne der Helsinki-Schlussakte eingesetzt. Dank Deiner Unterstützung und Initiative entstand auf Schloss Schwarzenberg in Franken das „Dokumentationszentrum zur Förderung der unabhängigen tschechoslowakischen Literatur“, in dem die Schriften der maßgeblichen Mitglieder der Dissidentenbewegung Aufnahme fanden. Schließlich hast du in den kritischen Monaten der Wende der Jahre 1989/1990 als enger Berater von Václav Havel, von 1990 bis 1992 dann an seiner Seite als Kanzler der Prager Burg den Weg Deines Landes in die Freiheit und Demokratie begleitet und entscheidend mitgeprägt. Als Kanzler von Staatspräsident Havel warst Du maßgeblich an den Verhandlungen beteiligt, die zum Abschluss des Deutsch-Tschechoslowakischen Nachbarschaftsvertrages von 1992 führten. Er gilt heute für die drei Länder Deutschland, Tschechien und die Slowakei fort. Mit ihm haben wir unsere Beziehungen nach der Überwindung der Teilung Europas auf eine neue Grundlage gestellt. Die Unterstützung Deutschlands für eine künftige Mitgliedschaft unserer tschechischen und slowakischen 3 Nachbarn in der Europäischen Union ist schon in diesem Vertrag festgeschrieben. In Karel Schwarzenberg ehren wir auch einen guten Freund unseres Landes. Die Wurzeln Deiner Familie liegen in Franken, und in jungen Jahren hast Du unter anderem prägende Jahre in München verlebt. In einem goldenen Zeitalter, als man sich als Student noch Zeit für die schönen Seiten des Lebens nehmen durfte, die München und insbesondere der Stadtteil Schwabing damals zu bieten hatten – so hört man jedenfalls. Früh in die Verantwortung für die Familienunternehmen gerufen, hast Du Dich auch hier in Deutschland nicht nur als Forst- und Gastwirt betätigt, sondern Dir ein Netz von Freundschaften und Bindungen im öffentlichen Leben unseres Landes über die Grenzen der Parteien und des politischen Milieus hinaus geschaffen, das seinesgleichen sucht. Wir schätzen in Dir den Kenner unserer Verhältnisse, der das, was in Deutschland geschieht, versteht und mit der Mischung aus kritischem Geist und Empathie verfolgt, die wir uns von Freunden gerne gefallen lassen. Vor fast 20 Jahren konntest Du in Deine Heimat zurückkehren. Seit 2004 als Mitglied des tschechischen Senats, Mitglied des Auswärtigen Ausschusses des Senats und seit fast 2 Jahren als Außenminister Deines Landes hast du Dich mit rastloser Tatkraft für Dein Land eingesetzt, wie es Deiner persönlichen Überzeugung und der familiären Tradition entspricht. 4 In 14 Tagen, zu Beginn des neuen Jahres, steht mit der tschechischen Ratspräsidentschaft für Dich und alle Mitglieder der tschechischen Regierung eine besondere Herausforderung bevor. Wir werden die tschechische Ratspräsidentschaft unterstützen, so wie wir das schon bisher bei ihrer Vorbereitung getan haben. Ich tue es im übrigen auch für einen Kollegen und Freund, der bei den Aufgeregtheiten, denen wir uns manchmal zu stellen haben, mit Vernunft reagiert; der der deutschen Literatur verbunden ist; und mit dem man auch die Themen jenseits der Außenpolitik trefflich besprechen kann, manchmal auch an seinem Kamin, nahe Prag. Ich möchte Dir, lieber Karel, eines wünschen: Wenn in den nächsten 6 Monaten der Ruf des Jagdhornes aus Deinem Mobiltelefon erklingt, dann kündigt er hoffentlich keine neuen Krisen an, sondern nur Erfolge bei der Arbeit der tschechischen Ratspräsidentschaft, gefundene Kompromisse und gelöste Probleme. In diesem Sinne wünsche ich Dir Kraft und Gesundheit für die bevorstehenden Aufgaben. Ich möchte Sie jetzt bitten, mit mir das Glas zu erheben und anzustoßen auf Außenminister Karel Schwarzenberg, auf die Tschechische Republik, auf die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Tschechien und unsere gemeinsame Zukunft in Europa. 5