KammerMitteilungen 3/2015 - Rechtsanwaltskammer Düsseldorf

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KammerMitteilungen 3/2015 - Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
11. Jahrgang . Nr. 3
30.09.2015 . S. 257–356
PVSt 68037
257 Editorial
Wortwechsel
259 Interview mit dem neuen DAVPräsidenten Ulrich Schellenberg
Aufsätze
266 Die SGB VI-Änderung im
Gesetzentwurf zum Syndikusanwalt
(Von RA Martin Schafhausen)
270 Der Entwurf eines Gesetzes zur
Neuordnung des Rechts der
Syndikusanwälte und seine berufsrechtlichen Auswirkungen
(Von RAin Dr. Susanne
Offermann-Burckart)
283 Vermittlung durch die Rechtsanwaltskammer in Gebührenstreitigkeiten als alternative
Möglichkeit der Konfliktlösung
(Von RAin Nicola Kreutzer)
Das aktuelle Thema
285 Zu den Neuerungen auf dem
Gebiet der Rechtsdienstleistungen durch das neue Vergaberecht
(Von RA Dr. Sven-Joachim Otto)
Berichte und Bekanntmachungen
297 Beschlüsse der Satzungsversammlung vom 16.3.2015
treten am 1.11.2015 in Kraft
298 FG Köln zu § 18a UStG und anwaltlicher Schweigepflicht
300 Anwaltlicher Insolvenzverwalter unterliegt dem Berufsrecht
Die Kammer rät
305 Die digitale Kommunikation mit der Justiz rückt näher
(Teil 2) – Zur Funktionsweise, Sicherheit und Einrichtung
des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs
(Von RA Jörg Stronczek und Stud. iur. Constanze Schwarzer)
Neues aus Gesetzgebung und Berufspolitik
309 Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte auf gutem Weg
309 Umsetzung der ADR-Richtlinie
310 Reform im Vergaberecht
Meldungen aus Brüssel
314 Kompromiss beim europäischen Verfahren für geringfügige
Forderungen
314 Weg frei für einheitlichen Patentschutz in Europa
315 Vierte Anti-Geldwäscherichtlinie
Ihr größter Freund
im Kleingedruckten.
Ulmer/Brandner/Hensen – den großen Kommentar kennt man seit jeher als das Standardwerk zum Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen; haben seine Namensgeber doch
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11. Jahrgang
Nr. 3
30.09.2015
Informationen
und offizielle
Verlautbarungen
Inhaltsverzeichnis
Editorial
257
Wortwechsel
Interview mit dem neuen DAV-Präsidenten
Ulrich Schellenberg
259
Aufsätze
Die SGB VI-Änderung im Gesetzentwurf zum
Syndikusanwalt
(Von RA Martin Schafhausen)
266
Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des
Rechts der Syndikusanwälte und seine berufsrechtlichen Auswirkungen
(Von RAin Dr. Susanne Offermann-Burckart)
270
Vermittlung durch die Rechtsanwaltskammer in
Gebührenstreitigkeiten als alternative Möglichkeit der Konfliktlösung
(Von RAin Nicola Kreutzer)
283
Das aktuelle Thema
Zu den Neuerungen auf dem Gebiet der Rechtsdienstleistungen durch das neue Vergaberecht
(Von RA Dr. Sven-Joachim Otto)
285
Berichte und Bekanntmachungen
70. Tagung der GebührenreferentenKurzprotokoll
287
Tätigkeitsbericht 2014 der Schlichtungsstelle
der Rechtsanwaltschaft
287
„Wege in die Justiz“ – Veranstaltung am
15.6.2015 im LG Düsseldorf
292
Bericht über die 86. JuMiKo-Konferenz
293
Wichtige berufsrechtliche Änderungen zum
1.7.2015 in Kraft getreten
297
Beschlüsse der Satzungsversammlung vom
16.3.2015 treten am 1.11.2015 in Kraft
297
Rechtsanwaltsaustausch China-Deutschland
297
FG Köln zu § 18a UStG und anwaltlicher
Schweigepflicht
298
AGH NRW untersagt Namensaufdruck auf
Anwaltsrobe
299
Anwaltlicher Insolvenzverwalter unterliegt
dem Berufsrecht
300
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Broschüre „Justiz auf einen Blick“ des
Statistischen Bundesamtes
Elektronischer Rechtsverkehr in der Arbeitsgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz
Novellierte ReNoPat-Ausbildungsverordnung
in Kraft getreten
Ausbildungskonsens NRW wirbt für weitere
Ausbildungsplätze
Neues von heimischen Autoren
301
302
302
303
303
Die Kammer rät
Die digitale Kommunikation mit der Justiz rückt
näher (Teil 2) – Zur Funktionsweise, Sicherheit
und Einrichtung des besonderen elektronischen
Anwaltspostfachs
(Von RA Jörg Stronczek und Stud. iur.
Constanze Schwarzer)
305
Neues aus Gesetzgebung
und Berufspolitik
Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts
der Syndikusanwälte auf gutem Weg
Umsetzung der ADR-Richtlinie
Reform im Vergaberecht
Gesetz zum Internationalen Erbrecht
Kleinanlegerschutzgesetz
Tarifeinheitsgesetz in Kraft getreten
Deutsches Institut für Menschenrechte
IT-Sicherheitsgesetz
Stärkung des Rechts des Angeklagten auf
Vertretung in der Berufungsverhandlung
Neues Bleiberecht
309
309
310
310
310
311
311
312
312
313
Meldungen aus Brüssel
Kompromiss beim europäischen Verfahren für
geringfügige Forderungen
Kein automatischer Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung bei Notarund Rechtsanwaltsanderkonten
Weg frei für einheitlichen Patentschutz in
Europa
Vertragsverletzungsverfahren gegen deutsches
Mindestlohngesetz
Vierte Anti-Geldwäscherichtlinie
314
314
314
314
315
III
Inhaltsverzeichnis
EU-Parlament zieht Vorschlag für Mutterschutzrichtlinie (vorerst) zurück
315
Örtliche Zuständigkeit bei Klage auf Schadensersatz wegen eines rechtswidrigen Kartells
315
Europäische Einpersonengesellschaft (SUP)
315
Europäische Insolvenzordnung im Amtsblatt
veröffentlicht
Staatliche Überwachung versus Datenschutz
316
316
Dienstleistungsrichtlinie – Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und fünf weitere
EU-Mitgliedstaaten
TTIP-Entschließung des EU-Parlaments
Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie
317
318
318
Modernisierung des Urheberrechts
Spezifische Empfehlungen 2015 – Rat fordert
mehr Wettbewerb bei den freien Berufen
318
319
Einigung über Regelungen für Pauschalreisen
319
Rechtsprechungsübersicht
Anwaltsrecht/Berufsrecht
320
Arbeitsrecht
Bank- und Kapitalmarktrecht
Bau- und Architektenrecht
320
322
322
Erbrecht
Familienrecht
324
324
Gebührenrecht/Kostenrecht
Gewerblicher Rechtsschutz
Handels- und Gesellschaftsrecht
Insolvenzrecht
Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Öffentliches Recht
Sozialrecht
Steuerrecht
Strafrecht
Transport- und Speditionsrecht
Urheber- und Medienrecht
Verkehrsrecht
Versicherungsrecht
Zivilrecht
325
328
329
330
331
333
334
334
334
335
335
335
337
337
Veranstaltungshinweise
Kammerveranstaltungen im 4. Quartal 2015
Infoveranstaltung zum besonderen elektronischen Anwaltspostfach (beA)
Fachtagungen des Deutschen Anwaltsinstituts e.V.
344
347
347
Personalnachrichten
Zulassungen
Löschungen
350
352
Im nächsten Heft:
Der neue BRAK-Präsident.
Impressum
KammerMitteilungen
Informationen und offizielle Verlautbarungen der Rechtsanwaltskammer
Düsseldorf.
Herausgeber: Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Freiligrathstr. 25, 40479
Düsseldorf, Tel. 0211-495020, Telefax 0211-4950228, E-Mail: info@
rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, Internet: www.rechtsanwaltskammerduesseldorf.de
Schriftleitung: Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart, Hauptgeschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf (Adresse wie oben).
Verlag: Verlag Dr. Otto Schmidt KG, Gustav-Heinemann-Ufer 58, 50968
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Erscheinungsweise: vierteljährlich
Bezugspreise: Den Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf werden die KammerMitteilungen im Rahmen der Mitgliedschaft ohne Erhebung
IV
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Zustellgebühr); Einzelheft 16,80 E (zzgl. Versandkosten). In diesen Preisen
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Auflage dieser Ausgabe: nnn Exemplare
Druck: L.N. Schaffrath DruckMedien GmbH & Co. KG, Geldern
Urheber- und Verlagsrechte: Die Zeitschrift sowie alle in ihr enthaltenen
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auch für Entscheidungen und deren Leitsätze, wenn und soweit sie redaktionell bearbeitet oder redigiert worden sind. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen
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Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherungen und Verarbeitungen in elektronischen Systemen.
ISSN 1614-8843
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Editorial
Investieren, aber richtig
Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Demgegenüber gibt es aber durchaus
sinnvolle Maßnahmen, die durch Sie
derzeit zur Vorbereitung auf das beA
getroffen werden können.
erinnern Sie sich noch an Zeiten, in
denen das Klappern von Schreibmaschinentastaturen zur allgemeinen
Geräuschkulisse einer Rechtsanwaltskanzlei zählte? Oder daran dass,
wenn der Rechtsanwalt sich nicht in
seiner Kanzlei befand, er auch in
dringenden Notfällen nicht ohne weiteres telefonisch erreichbar war und
ein Laserfaxgerät High-Tech-Standard
darstellte?
Tatsächlich sind diese Zeiten in den
Leonora
Kanzleien nicht viel mehr als 20 Jahre
her. Der digitale Fortschritt hat seitdem unaufhörlich (auch) bei der Anwaltschaft Einzug gehalten. Elektronische Medien
und Kommunikation über das Internet sind heute aus
der modernen Rechtsanwaltskanzlei nicht mehr wegzudenken.
Interessanterweise haben sich diese Umstellungen fast
unauffällig und mit allgemeiner Akzeptanz vollzogen,
sodass die aktuell durch Kolleginnen und Kollegen geäußerten Befürchtungen bezüglich der Einführung des
besonderen elektronischen Anwaltspostfaches (beA)
in weiten Teilen nicht ganz nachvollziehbar erscheinen. Wir als Rechtsanwaltskammer Düsseldorf bieten
Ende des Jahres gerade auch deshalb Veranstaltungen
im Zusammenhang mit der Einführung des beA an,
um diesen Befürchtungen Rechnung zu tragen und sie
nach Möglichkeit auszuräumen.
In meiner Eigenschaft als Beauftragte der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf für den Elektronischen
Rechtsverkehr hatte ich bereits Gelegenheit, das beA
„in Aktion“ zu sehen. Wenn auch noch nicht in Gestalt
seiner endgültigen Benutzeroberfläche. Diesbezüglich
kann ich Sie beruhigen, dass die Benutzeroberfläche
des beA sich nicht signifikant von Benutzeroberflächen
gängiger E-Mail-Programme unterscheiden wird, sondern lediglich besondere Zusatzfunktionen enthält, die
eine Umsetzung bisheriger ZPO-Vorschriften, wie etwa
die Empfangsvollmacht, in die elektronische Kommunikation vollziehen.
Aus diesem Grund hat die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf auch zunächst ausdrücklich keine Empfehlung
ausgesprochen, schon im Laufe diesen Sommers Veranstaltungen für den Umgang mit dem beA zu besuchen. Ohne die endgültige Benutzeroberfläche zu kennen, erscheint dies verfrüht.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Holling
Hierzu gehört in erster Linie ein kritischer Blick auf die eigene Kanzleiausstattung im Hinblick auf den elektronischen Rechtsverkehr. Bedarf
möglicherweise die „Hardware“ der
Kanzlei einer Verbesserung, insbesondere um eine schnelle Datenverarbeitung (Up- und Download von Daten)
zu gewährleisten?
Sicherlich ist auch zu prüfen, welche
Zusatzgeräte, so Scanner für die
Übertragung von Papierform in digitale Form, angeschafft werden müssen.
Schließlich erscheint es eine Überlegung wert, ob
nicht im Zuge der Einführung des beA eine generelle
Umstellung des gesamten Kanzleibetriebes auf eine
elektronische Aktenführung jetzt eine sinnvolle Investition sein kann. Es darf, gerade im Hinblick auf die
Bestrebungen in Justiz und Verwaltung zur Einführung
der digitalen Aktenführung, davon ausgegangen werden, dass auch die Anwaltschaft über kurz oder lang
vollständig zu einer elektronischen Aktenführung
übergehen muss. Sonst sind Medienbrüche nicht zu
verhindern.
Was die „Software“ der Kanzlei anbelangt, so sollte
zumindest eine erste Nachfrage beim Hersteller Ihres
Rechtsanwaltssoftwareprogrammes erfolgen, ob eine
Kompatibilität über eine sogenannte Schnittstelle mit
dem beA inzwischen geschaffen worden ist.
Neben der Investition in erforderliche Hard- und Software sollten Sie aber auch einmal kritisch beleuchten,
inwieweit sowohl Sie selbst als auch Ihr Kanzleipersonal „fit“ im Umgang mit den digitalen Medien sind.
Hierbei ist nicht gemeint, ob PC und Programme bedient werden können oder man mit einem Smartphone
umzugehen weiß. Es geht vielmehr darum, ob, etwa
wenn auf einmal der Internetzugriff nicht mehr möglich wäre, man selbst in der Lage ist, seinen Zugang
zum beA schnell wieder Online zu schalten. Leidige
Erfahrungen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass
das Warten auf einen Techniker manchmal sehr lange
dauern kann.
Es kann deshalb eine sehr sinnvolle Investition darstellen, einmal mit einem Fachmann diejenigen Handgrif257
Editorial
fe durchzugehen, die erforderlich sind, um einen getrennten Zugang zum Internet wieder herzustellen, ein
nicht reagierendes Computerprogramm erneut zum
Laufen zu bekommen oder den streikenden Scanner
wieder in den Arbeitsmodus zu versetzen.
Insoweit wage ich nämlich bereits heute die Prognose,
dass die auftretenden Probleme im Zeitalter des beA
nicht die Benutzung desselben sein werden. Deshalb
sollten Sie, wenn Sie bereits heute etwas für den kommenden elektronischen Rechtsverkehr investieren wollen, zunächst einmal in der eigenen Kanzlei anfangen.
Insoweit bin ich fast sicher, dass dann die anwaltliche
Arbeit mit dem beA genauso unproblematisch vonstatten gehen wird, wie heute die Anfertigung eines Papierschriftsatzes und seine Versendung.
Ihre
Leonora Holling
Schatzmeisterin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
258
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Wortwechsel
Interview mit dem neuen DAV-Präsidenten
Ulrich Schellenberg
Bearbeitet von Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart,
Hauptgeschäftsführerin der RAK Düsseldorf
Am 13.6.2015 hat der Vorstand des
Deutschen Anwaltvereins am Rande
des Deutschen Anwaltstags Rechtsanwalt und Notar Ulrich Schellenberg
aus Berlin einstimmig zum neuen
DAV-Präsidenten gewählt. Herr Kollege Schellenberg löst damit Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer aus
Kiel ab, der sein Amt nach sechs Jahren zur Verfügung gestellt hatte.
•
Vorsitzender des Berliner
Anwaltvereins 2003
•
Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses
der Arbeitsgemeinschaft
Insolvenzrecht im Deutschen
Anwaltverein
•
Mitglied im Beirat für
gerichtliche Mediation Berlin
Wir freuen uns, dass wir schon kurz
• Mitglied im Beirat Ost
nach Amtseintritt Gelegenheit hatten,
der Deutschen Bank
mit Herrn Kollegen Schellenberg das
Ulrich Schellenberg
nachfolgend abgedruckte Gespräch
zu führen, das insbesondere die Pläne
Die Redaktion: Lieber Herr Kollege
und Ziele des neuen Präsidenten und
Schellenberg, zunächst noch einmal
damit zwangsläufig diejenigen Themen zum Gegenganz herzlichen Glückwunsch zu Ihrer Wahl zum neuen DAV-Präsidenten und vielen Dank dafür, dass Sie
stand hat, die die Anwaltschaft zurzeit bewegen. Hierzu
gehören, um nur wenige Stichworte herauszugreifen,
sich schon so bald nach Antritt des neuen Amtes die
Zeit für ein Interview nehmen. Bitte erzählen Sie uns
die Konkurrenz auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt,
zunächst etwas über Ihren beruflichen Werdegang und
das Schicksal der Syndikusanwälte und das besondere
vor allem auch darüber, ob Ihnen die Entscheidung,
elektronische Anwaltspostfach.
sich für das anspruchsvolle und zeitaufwändige Präsidentenamt zur Verfügung zu stellen, schwergefallen
Ulrich Schellenberg
ist.
Kurzbiografie:
Schellenberg: Ich kenne die Arbeit des DAV und mit• Geboren 1960 in Stuttgart, verheiratet,
hin auch die Aufgaben und Verantwortungen des PräVater zweier Kinder
sidenten ja schon aus meiner Zeit als Vorstandsmitglied und Vizepräsident und weiß sehr gut, was auf
• Studium in Freiburg im Breisgau
mich zukommt. Gleichwohl ist mir die Entscheidung
• anschließend Umzug nach Berlin
nicht schwergefallen. Ganz im Gegenteil, ich habe
mich sehr gefreut, dass der Vorstand des DAV mich
• hier zweites Staatsexamen 1989 am
einstimmig zum Präsidenten gewählt hat.
Kammergericht
•
•
•
•
1989 Zulassung zur Anwaltschaft
1995 Bestellung zum Notar
2007 Fachanwalt für Erbrecht
2008 Fachanwalt für Handels- und
Gesellschaftsrecht
•
Mitglied des Vorstandes des Deutschen
Anwaltvereins seit 1999
•
Mitglied im DAV-Präsidium von
2009 bis 2011 und seit 2013
•
Präsident des Deutschen Anwaltvereins seit
2015
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Mein beruflicher Werdegang ist – zumindest in den
ersten Jahren – eng mit dem Fall der Mauer in Berlin
verbunden. Das war in jeder Hinsicht eine spektakuläre Zeit. Begonnen habe ich als junger Anwalt in der
Kanzlei, in der ich auch mein Referendariat abgeleistet
hatte. Ich wurde schon vor Bekanntgabe der Prüfungsergebnisse „unter Vertrag“ genommen. Vier Jahre später wurde ich als Partner aufgenommen. Heute trägt
diese Sozietät meinen Namen und befindet sich immer
noch in denselben Räumen am Kürfürstendamm, in
denen ich vor 25 Jahren meine anwaltliche Arbeit begonnen habe. In den ersten Jahren war ich fast ausschließlich mit der Privatisierung volkseigener Betriebe durch die Treuhandanstalt beschäftigt. Schon als
259
Wortwechsel
junger Anwalt hatte man in dieser Zeit Zugang zu den
Rechtsabteilungen großer Unternehmen. Oft waren die
einschlägigen gesetzlichen Regelungen nur wenige
Tage oder Wochen alt. Das brachte es mit sich, dass
man als „Greenhorn“ oft besser im Stoff war als
manch erfahrener Leiter einer großen Rechtsabteilung.
Ich habe dann meinen Tätigkeitsschwerpunkt im Handels- und Gesellschaftsrecht gefunden und diesen dann
später durch das Erbrecht erweitert. Das Erbrecht hat
mir schon im Studium viel Freude gemacht und ergänzt unser Beratungsangebot, insbesondere mit Blick
auf die Unternehmensnachfolge, ganz gut.
Die Redaktion: In Ihrer Antrittsrede am 30.6.2015 haben Sie von den aktuellen Herausforderungen für die
Anwaltschaft, darunter die Themen „Digitalisierung“,
„Demografische Entwicklung“, „Positionierung am
Markt“ gesprochen. Um welche Herausforderungen
geht es konkret und wo sehen Sie die Schwerpunkte
Ihrer künftigen Arbeit?
Schellenberg: Das Thema der „Digitalisierung“ beschränkt sich nicht allein auf die Anwaltschaft. Wir erleben gerade eine „Digitalisierung“ unseres Alltages.
Dies wird noch weit fortschreiten. Dies hat auch unsere Zukunftsstudie „Anwaltsmarkt 2030“ ergeben. Den
Begriff Digitalisierung können Sie aber auch im Zusammenhang mit IT-Outsourcing, mehr Wettbewerb
im Rechtsdienstleistungsmarkt oder den Gefahren sehen, die sich aus der immer weiter gehenden Digitalisierung für Privatheit und Datenschutz ergeben.
Des Weiteren geht es um das Thema der Datensicherheit. In Zeiten wöchentlicher NSA- und BND-Enthüllungen erscheint Datensicherheit geradezu wagemutig.
Dennoch ist die Anwaltschaft gefordert, einen entsprechenden technischen Aufwand zu betreiben, um den
Workflow in der Kanzlei auch auf den künftigen elektronischen Rechtsverkehr umzustellen. Der DAV wird
seinen Beitrag leisten. Dies betrifft sowohl die „Digitalisierung“ als auch die „Datensicherheit“. Der DAV
hat eine Kooperation mit einem Dienstleister hinsichtlich einer Cloud-Lösung für Kanzleien und sicheren
Übertragungswegen abgeschlossen.
Die Redaktion: Auf dem Deutschen Anwaltstag 2013
in Düsseldorf wurde die von Ihnen gerade schon angesprochene Prognos-Studie zur Zukunft der Anwaltschaft vorgestellt. Welche Lehren wurden bislang aus
dieser Studie gezogen und wie kann es gelingen, sich
die Erkenntnisse der Forscher nutzbar zu machen?
Schellenberg: Die Studie zeichnet ein optimistisches
Bild in die Zukunft, betont aber auch zugleich die Herausforderungen, die – auch von der Anwaltschaft
selbst – gemeistert werden müssen. Der Anwalt 2030
– so die Verfasser der Studie – wird als (internationaler) Dienstleister und Problemlöser seine Mandanten
mobil auch außerhalb der Kanzlei und dort, wo Rechtsrat gefragt ist, beraten.
260
Einzelkanzleien, so die Studie, werden 2030 praktisch
kaum eine Chance haben. Wer allerdings sein Geschäftsmodell radikal ändert, sich mit anderen Einzelkanzleien in Netzwerken zusammenschließt, sich spezialisiert, kann dagegen auch bei veränderten Rahmenbedingungen exzellent bestehen. Mit der zunehmenden
Anspruchshaltung der Mandanten und der gestiegenen
Kostensensibilität wird ein hoch effizient arbeitendes
Backoffice zum Dreh- und Angelpunkt.
Profitieren kann die Anwaltschaft von der Nutzung von
Informations- und Kommunikationstechnologien in der
Mandatsbearbeitung (Stichwort: E-Akte). Auch die
Mandantenkommunikation wird mehr noch als bisher
– gerade in standardisierbaren Sachverhalten – automatisch oder halb-automatisch stattfinden und Prozesse in der Wertschöpfungskette beschleunigen. Davon
profitieren Mandanten wie Anwälte gleichermaßen.
Die Veröffentlichung der Studie war für uns erst der
Anfang. Wir diskutieren momentan die Ergebnisse mit
unseren Mitgliedern, den örtlichen Vereinen, und den
Fach-Arbeitsgemeinschaften. Das hat natürlich Auswirkungen auf die Angebote des DAV für seine Mitglieder. Einige Arbeitsgemeinschaften haben die neuen
Themen und Herausforderungen in ihren Fortbildungsveranstaltungen bereits aufgenommen. Insofern hilft
die Studie schon jeder einzelnen Kollegin, jedem einzelnen Kollegen und dem DAV als Interessenvertreter
der Anwaltschaft. Etwa 25 Jahre nach der letzten großen Studie, mit der der DAV den Rechtsberatungsmarkt dargestellt hat, war das höchste Zeit.
Die Redaktion: Rechtsanwälten wird häufig vorgeworfen, „Akten-Autisten“ zu sein und dabei wenig Interesse
an der Berufspolitik und an solidarischem Agieren mit
Berufskollegen zu haben. Trifft dieser Vorwurf zu und
– falls ja –, welche Möglichkeiten sehen Sie, hier etwas zu verändern? Wie kann es in der heutigen Zeit
gelingen, Mitglieder an einen freiwilligen Zusammenschluss wie den Deutschen Anwaltverein zu binden
und – wichtiger noch – neue Mitglieder zu gewinnen?
Welche berufspolitischen, aber auch ganz praktischen
Angebote hält der DAV für seine Mitglieder bereit?
Schellenberg: Vielen Dank für dieses Thema. Sie betonen ganz zu Recht, dass der Deutsche Anwaltverein
ein freiwilliger Zusammenschluss von Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten ist, und dies schon seit
über 140 Jahren. Über einen so langen Zeitraum muss
ein Berufsverband, der um die Mitgliedschaft der Berufsgenossinnen und -genossen werben muss, sich immer wieder neu erfinden, sich an die Veränderungen
und an den Lauf der Zeit anpassen und auch die sich
verändernden Bedürfnisse und beruflichen Notwendigkeiten seiner Mitglieder und der potenziellen Mitglieder im Auge haben. Dies scheint dem DAV ganz gut
gelungen zu sein. Wie anders wäre es zu erklären,
dass wir rund 66.000 freiwillige Mitglieder über örtliKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Wortwechsel
che Anwaltvereine zusammenführen? Auch der Deutsche Anwaltverein spürt, dass es nicht einfacher wird,
Menschen aus beruflichen Gründen zu einem freiwilligen Berufsverband zusammen zu bringen. Und dies
gerade in einer Zeit, wo der Individualismus hoch im
Kurs steht und Gruppen- und Gemeinschaftsinteressen
oft mit Zurückhaltung bewertet werden. Wie jeder andere moderne Berufsverband bemüht sich auch der
DAV, durch ein Bündel verschiedenster Maßnahmen
und Angebote berufspolitisch und an der Gemeinschaft interessierte Anwältinnen und Anwälte als Mitglieder für die örtlichen Anwaltvereine zu gewinnen.
Welches Angebot dann konkret den Ausschlag gibt,
einem Verein beizutreten, kann man nicht pauschal beschreiben. Es gibt sehr viele unterschiedliche Motivationen dazu.
Ein Aspekt dürfte sein, dass es dem DAV bislang immer ganz gut gelungen ist, eine zeitgemäße Interessenvertretung und ein aktuelles Serviceangebot an die
Vereinsmitglieder bereitzustellen. Von den vielen und
vielfältigen Angeboten des DAV für die Mitglieder
der örtlichen Anwaltvereine möchte ich exemplarisch
nur zwei hervorheben: Da ist zum einen die Deutsche
Anwaltauskunft. Sie ist vor etwa 15 Jahren aus der
Taufe gehoben worden und stellt heute das qualitativ
und auch quantitativ überzeugendste Angebot in ganz
Deutschland dar, sich spezialisierte Rechtsanwältinnen
und Rechtsanwälte aus dem vielfältigen Angebot herauszusuchen, verbunden mit einem für die rechtsuchende Bevölkerung durchaus unterhaltsamen und
auch lehrreichen Angebot an Informationen und Magazinbeiträgen. Dies dient natürlich ganz stark auch
den Interessen der Mitglieder des DAV, nämlich von
potenziellen Mandanten gefunden zu werden. Das
zweite Angebot exklusiv für unsere Mitglieder sind
die Arbeitsgemeinschaften. Anders als in anderen Berufen findet die Diskussion unter spezialisierten Kolleginnen und Kollegen nicht in Fachgesellschaften statt,
die voneinander unabhängig sind, sondern unter dem
Dach eines starken Berufsverbands.
Die Redaktion: Wie beurteilen Sie das „Zusammenspiel“ von Bundesrechtsanwaltskammer und Deutschem Anwaltverein? Wo liegen die jeweiligen Stärken und Schwächen dieser Organisationen und wie
wird die Zusammenarbeit in Zukunft – mit einem neuen Präsidenten des DAV und ebenso einem neuen Präsidenten der BRAK – aussehen?
Schellenberg: Ich würde weniger von einem Zusammenspiel, sondern mehr von konstruktiver Zusammenarbeit von BRAK und DAV sprechen. Zu dieser Zusammenarbeit gehört meines Erachtens auch eine
Aufgabenteilung. Der DAV unterstützt die Selbstverwaltung der Anwaltschaft und schiebt allen Bestrebungen, insbesondere aus Europa, einen Riegel vor, diese
Selbstverwaltung der Anwaltschaft zu schwächen.
Das Existenzrecht der Kammern darf nicht angegriffen
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
werden, auch nicht aus Brüssel. Auf der anderen Seite
versteht sich der DAV als freiwilliger Zusammenschluss, somit als derjenige, der den Interessen der Anwaltschaft dadurch begegnet, dass er ein modernes und
umfangreiches Serviceangebot bereitstellt und versucht, Antworten auf die Zukunftsfragen zu finden.
Hierzu gehört auch die Interessenvertretung im Allgemeinen. Hilfreich war und ist es, dass DAV und
BRAK regelmäßig bei bestimmten Themen einen gemeinsamen Weg finden, auch gesetzgeberische Lösungen für die Anwaltschaft hinsichtlich der dringenden
Fragen zu finden. Dieses duale System für die Anwaltschaft garantiert für mich den Erfolg von BRAK und
DAV. Ich möchte aber nicht verschweigen, dass es
auch immer wieder zu Meinungsunterschieden kommen kann. Dies ist aber nicht unüblich vor dem Hintergrund der unterschiedlichen Aufgaben.
Es ist durchaus verständlich, dass die Kammern auch zu
einzelnen Fragen einen anderen Blick haben als der
DAV. In der Vergangenheit sind Meinungsunterschiede
zu sehr als grundsätzliche Differenzen zwischen BRAK
und DAV instrumentalisiert worden. Meinungsverschiedenheiten sind nicht schlecht, sondern sind gut. Sie
helfen, im Diskurs die richtigen Antworten zu finden.
Die Redaktion: Der Deutsche Anwaltstag 2015 in
Hamburg unter dem Motto „Streitkultur im Wandel“
konnte einen Teilnehmerrekord verzeichnen. Lag dies
am Standort oder am Thema oder an beidem?
Schellenberg: Die Attraktivität und gute Erreichbarkeit des Austragungsortes spielt für die Teilnehmer
immer auch eine Rolle. Von den Umfragen, die nach
jedem Anwaltstag bei den Teilnehmern gemacht werden, wissen wir aber, dass das Fachprogramm für die
Teilnahmeentscheidung große Bedeutung hat. Mit dem
Thema Wandel der Streitkultur hat der DAV in diesem
Jahr sicherlich einen besonderen Nerv getroffen. Außerdem haben die Arbeitsgemeinschaften und Ausschüsse des DAV wieder mit viel Engagement hochkarätige Veranstaltungen auf die Beine gestellt. Das
Gute ist: Es spricht sich herum, dass der Besuch eines
Anwaltstages sich lohnt. Und: Uns gehen die spannenden Themen nicht aus. Sie dürfen auf den nächsten
Anwaltstag 2016 in Berlin gespannt sein.
Die Redaktion: Unter dem Stichwort „Streitkultur im
Wandel“ wurde auch über die Ausweitung von Schiedsverfahren und Verfahren der alternativen Streitbeilegung gesprochen. Hier gibt es Chancen, aber auch
Risiken, vor allem das Risiko, dass sich der Staat zunehmend aus der „Streitentscheidung“ zurückzieht
oder – in Zeiten von TTIP – auch aus der Streitentscheidung verdrängt wird. Auf welche zukünftige Entwicklung müssen wir uns da einstellen?
Schellenberg: Zunächst einmal ist es wichtig, zwischen
den unterschiedlichen Formen der alternativen Streitbeilegung zu unterscheiden. Durch die Debatte um
261
Wortwechsel
die Freihandelsabkommen TTIP und CETA hat das
Ansehen der Schiedsgerichtsbarkeit insgesamt Schaden genommen. Man muss jedoch zwischen der privaten Schiedsgerichtsbarkeit und Investor-State-Dispute-Resolution (ISDS) unterscheiden. Die private
Schiedsgerichtsbarkeit hat in Deutschland eine lange
Tradition und bietet gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit oftmals Vorteile. Vor allem ist sie jedoch
mit Blick auf die Privatautonomie der Parteien nicht
zu beanstanden. Anwältinnen und Anwälte spielen in
diesen Schiedsverfahren oftmals eine wichtige Rolle,
sei es als Vertreter der Parteien oder auch als Schiedsrichter mit besonderen Rechts-, Sach- oder Sprachkenntnissen. Die Zahlen dieser Schiedsverfahren sind
in Deutschland zuletzt moderat gestiegen. Schätzungen gehen von einigen Hundert Verfahren pro Jahr
aus, denen in 2013 knapp 1,5 Millionen Neuzugänge
bei den Amts- und Landgerichten gegenüberstanden.
Von einer Verdrängung der staatlichen Gerichte kann
also (noch) keine Rede sein. Deutschland hinkt als
Standort für private Schiedsverfahren hinter anderen
Ländern, etwa England, Frankreich, Schweiz, Österreich oder Schweden hinterher. Der DAV engagiert
sich daher im Rahmen der Initiative „Law – Made in
Germany“ für eine Stärkung des Rechtsstandortes
Deutschland, und zwar auch in Bezug auf die private
Schiedsgerichtsbarkeit.
Die Investitionsschiedsgerichtsbarkeit (ISDS) ist von
der privaten Schiedsgerichtsbarkeit zu trennen. Sie ist
im Zusammenhang mit den transatlantischen Freihandelsabkommen TTIP und CETA stark in die Kritik geraten. Klar ist, dass es sich um einen absoluten Sonderfall handelt. Weltweit sind bislang insgesamt gut 600
solcher Verfahren bekannt, davon 42 aus dem Jahr
2014. Gegen Deutschland wurden zwei Verfahren geführt, eines davon läuft noch. Dagegen standen deutsche Investoren bereits 42 Mal auf der Klägerseite. Bekanntlich hat Deutschland weltweit die meisten bilateralen Investitionsabkommen abgeschlossen, insgesamt
132. Wohin die Entwicklung geht, ist derzeit noch
schwer absehbar. In Sachen Transparenz werden mit
der Anwendung der UNCITRAL Transparency Rules
neue Maßstäbe gesetzt, die weit über das Maß an Öffentlichkeit in staatlichen Gerichtsverfahren hinausgehen. In anderen Punkten herrscht nach wie vor Diskussionsbedarf. Richtig und wichtig ist, dass über den
Nutzen und die Rechtsstaatlichkeit dieser Verfahren
eine öffentliche Debatte geführt wird, an der sich übrigens auch der DAV mit einer eigenen Diskussionsveranstaltung beteiligt hat.
Ein ganz anderes Thema ist die Verbraucherschlichtung. Die EU-Richtlinie zur alternativen Streitbeilegung in Verbrauchersachen setzt den Trend fort, die
außergerichtliche Streitbeilegung zu fördern. Über die
konkrete Umsetzung bestehen in Deutschland noch
Differenzen. Fakt ist, dass die vier größten Schlichtungsstellen in Deutschland schon jetzt ca. 60.000 Fäl262
le jährlich bearbeiten. Gegebenenfalls bahnt sich hier
wirklich ein Wandel der Streitkultur an. Oftmals geht
es um geringe Summen, aber die Richtlinie sieht keine
Begrenzung der Streitwerte vor. Der DAV fordert daher, dass in jedem Schlichtungsgremium zumindest
ein Volljurist vertreten sein muss und nur Volljuristen
als Einzelschlichter tätig werden können.
Die Redaktion: Das „Aufreger-Thema“ der letzten
Monate war und ist die „Syndikus-Problematik“. Das
Bundessozialgericht hat mit seinen Entscheidungen
vom 3.4.2014, durch die die Möglichkeit von „Rechtsanwälten mit Zweitberuf“, eine Befreiung von der
Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erhalten, gänzlich abgeschnitten wurde,
eine Lawine ins Rollen gebracht. Inzwischen liegen
ein Regierungsentwurf und parallel dazu ein Entwurf
der CDU/CSU- und SPD-Fraktion vor, durch die das
Recht der Syndikus(rechts)anwälte völlig neu geregelt
werden soll. Wie bewerten Sie den aktuellen Gesetzesvorschlag und wie sehen Sie die Zukunft der – neutral
formuliert – „Rechtsanwälte mit Zweitberuf“?
Schellenberg: Der Deutsche Anwaltverein war bei der
Anhörung im Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages durch seinen damaligen Präsidenten Prof. Dr.
Ewer vertreten und hat auch eine schriftliche Stellungnahme zu dem aktuellen Gesetzentwurf formuliert.
Der DAV begrüßt den Gesetzentwurf der Fraktionen
der CDU/CSU und SPD und den Regierungsentwurf
als positive Fortentwicklung des Referentenentwurfs.
Insbesondere die Regelung der Berufs- bzw. Berufsausübungsbezeichnung befürworten wir ohne Einschränkung. Allerdings lehnen wir die Schaffung einer
Sonder-Zulassung zur Rechtsanwaltschaft für Syndikusrechtsanwälte weiterhin nachhaltig ab. Eine Zulassung bezieht sich regelmäßig auf den Beruf. Es handelt sich bei der Syndikusrechtsanwaltstätigkeit aber
nicht um einen eigenständigen Beruf, sondern um
eine Berufsausübungsmodalität des einheitlichen
Rechtsanwaltsberufs. Deshalb ist die Schaffung einer
besonderen Zulassung systemwidrig. Darüber hinaus
schafft dies unnötige Probleme. Stattdessen empfehlen
wir eine einheitliche Zulassung auch für Syndikusanwälte, verbunden mit einem durch die Rechtsanwaltskammern zu erlassenden Feststellungsbescheid,
ob und in welchem Umfang die rechtlich beratende
und vertretende Tätigkeit im Unternehmen als anwaltliche Berufsausübung eingeordnet werden kann. Die
Einheitlichkeit des Berufes darf nicht aufgehoben werden. Sonst droht irgendwann auch anderen Teilen der
Anwaltschaft die Preisgabe.
Die Redaktion: In die Diskussionen um die „Syndikus-Problematik“ hat sich intensiv auch der noch recht
neue Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ)
eingebracht. Wie würden Sie das Verhältnis zwischen
DAV und BUJ beschreiben? Gibt es hier auch so etwas
wie „Konkurrenz“?
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Wortwechsel
Schellenberg: Schon mein Vorgänger im Amt pflegte
ein ausgesprochen kollegiales und konstruktives Verhältnis zur seinerzeitigen Präsidentin des Bundesverbandes der Unternehmensjuristen. Nachdem in beiden
Funktionen neue Präsidenten sowohl für den DAV
wie auch für den BUJ die Leitung übernommen haben,
gehe ich nach ersten Gesprächen mit dem neuen BUJPräsidenten davon aus, dass dieses entspannte Verhältnis sich auch in Zukunft fortsetzen wird. Bei der Problematik der Syndikusanwälte hat der DAV über den
gesamten Zeitraum eine enge Abstimmung sowohl
mit den Repräsentanten der BRAK wie auch des BUJ
praktiziert. Dies hat letztlich auch zur erfolgreichen
Initiierung von Gesetzesvorschlägen geführt.
Die Redaktion: Ein weiteres und vielleicht noch größeres „Aufreger-Thema“ ist die Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs, die der Anwaltschaft zum 1.1.2016 ins Haus steht. Viele Kollegen
ärgern sich über den finanziellen und auch technischen
Aufwand, der hierdurch entsteht, und viele Kollegen
haben große Bedenken, was die Sicherheit des Datenverkehrs angeht. Wie beurteilen Sie das beA?
Schellenberg: Die von der Hauptversammlung der
BRAK beschlossenen mehr als 60 Euro jährlich Zusatzgebühren sind keine Kleinigkeit. Dass es darüber
hinaus technischen Aufwand bedeutet, den Workflow
in der Kanzlei umzustellen, ist sicher. Die erhofften
positiven Effekte, etwa hinsichtlich Effektivierung der
Kanzleiabläufe, werden sich bei vielen erst tatsächlich
einstellen müssen, damit sie das beA als Gewinn betrachten. Das ist menschlich. Es ist deshalb wichtig,
die Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen. Durch
Transparenz kann die Bundesrechtsanwaltskammer
hier sicher vielen Sorgen begegnen. Der DAV wird
seinen Beitrag leisten. Vor allem aber müssen wir das
beA erstmal in der beruflichen Praxis auf seine Alltagstauglichkeit prüfen, bevor wir uns ein endgültiges
Urteil bilden.
Die Redaktion: Halten Sie denn die Informationspolitik der Bundesrechtsanwaltskammer und der regionalen Rechtsanwaltskammern in Sachen beA für ausreichend oder müsste hier noch mehr getan werden?
Schellenberg: Es kann nie genug getan werden, siehe
oben. Wenn Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte
das beA erst selbst einmal „in der Hand haben“, werden sie auch ganz anders mit dem Thema umgehen
und diffuse Sorgen in ganz konkrete und praktische
Fragen umwandeln. Von da ab geht es aufwärts.
Die Redaktion: Der Rechtsdienstleistungsmarkt ist
umkämpft. Rechtsanwälte stehen nicht nur in Konkurrenz zu ihren Berufskollegen, sondern erleben, dass
verstärkt auch andere „Mitspieler“, insbesondere die
Rechtsschutzversicherungen Präsenz zeigen. Die
Rechtsschutzversicherer haben die Mediation für sich
entdeckt und machen sich dabei den Umstand zu NutKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
ze, dass Mediation nach der ausdrücklichen Regelung
des RDG nicht als Rechtsdienstleistung gilt und deshalb auch von Nicht-Anwälten angeboten werden darf.
Wie beurteilen Sie die gegenwärtige Situation? Hat die
Anwaltschaft seinerzeit bei der Diskussion über das
RDG zu viele Zugeständnisse gemacht?
Schellenberg: Nach meiner Einschätzung hat die Anwaltschaft bei der Diskussion über die Ablösung des
Rechtsberatungsgesetzes durch das Rechtsdienstleistungsgesetz im Jahr 2008 weder zu viele Zugeständnisse gemacht, noch sich an die Aufrechterhaltung der
bisherigen, aus der Historie sicherlich zweifelhaften
Regelung geklammert. Sowohl nach meinem subjektiven Eindruck, der von vielen Kolleginnen und Kollegen geteilt wird, wie auch nach Erkenntnissen rechtssoziologischer Untersuchungen des Soldan Instituts
für Anwaltsmanagement, hat die Schaffung des Rechtsdienstleistungsgesetzes im Jahre 2008 für das Anwaltsmonopol kaum spürbare Auswirkungen gehabt. Was
sicherlich zugenommen hat, ist die Wahrnehmbarkeit
einer verschärften Wettbewerbssituation durch Aktivitäten der Rechtsschutzversicherungen. Allerdings dürfen auch die Rechtsschutzversicherungen nach der Reform des Rechtsdienstleistungsgesetzes lediglich eine
Kostenersatzversicherung anbieten, das ist keine Folge
der Einführung des RDG.
Die Redaktion: Beim Bundesverfassungsgericht ist
schon seit längerem ein Verfahren anhängig, bei dem
es um eine Öffnung des § 59a BRAO, also um die
Möglichkeit für Rechtsanwälte geht, mit Angehörigen
noch anderer Berufsgruppen als Steuerberatern etc. zusammenzuarbeiten. Was halten Sie von diesem Ansatz?
Schellenberg: Grundsätzlich begrüße ich den Ansatz
zu Überlegungen, dass Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte auch mit anderen Berufsgruppen als denen des
§ 59a BRAO sich zur Berufstätigkeit zusammenschließen dürfen. Hier gibt es konkrete Überlegungen in den
Fachgremien des Deutschen Anwaltvereins, mit welchen Berufsgruppen und auf welche Art und Weise
solche Erweiterungen der beruflichen Zusammenarbeit
geregelt werden könnten. Die Überlegungen sind aber
noch nicht abgeschlossen. Dies hängt auch damit zusammen, dass alle auf die besagte Entscheidung des
Bundesverfassungsgerichts warten. Dort geht es um
einen beruflichen Zusammenschluss zwischen einem
Rechtsanwalt und einer Ärztin.
Die Redaktion: Wie stehen Sie zu dem umstrittenen
Thema „Fremdbesitz“? Drohen auch in Deutschland
britische Verhältnisse? Und wie sehen Sie insgesamt
die Einbindung der deutschen Anwaltschaft in „europäische Gegebenheiten“?
Schellenberg: Das ist ein schwieriges Thema, nicht
nur in Deutschland. Die Frage, ob reine Kapitalinvestitionen in Rechtsanwaltskanzleien in Zukunft erlaubt
sein sollen, wurde zuletzt in einer viel beachteten Ver263
Wortwechsel
anstaltung auf dem 66. Deutschen Anwaltstag in Hamburg diskutiert. Die Diskussionsteilnehmer kamen aus
Deutschland, England, Frankreich und vertraten überwiegend die Auffassung, dass die Zulassung von
Fremdbesitz in England auch den Weg auf den europäischen Kontinent finden werde und sich die Abwehrhaltung in Deutschland als Fehler herausstellen
könnte. Ich sehe mich in Übereinstimmung mit der
vom Präsidium und vom Vorstand des DAV mehrfach
bestätigten Auffassung, dass wir keinen Fremdbesitz
bei Rechtsanwaltskanzleien in Deutschland zulassen
sollten. Deshalb sehe ich auch nicht, dass in Deutschland britische Verhältnisse „drohen“ könnten.
missare –, den zentralen Abgeordneten im Europäischen Parlament sowie den Einheiten des Rates voraus.
Aus diesem Grund ist der DAV seit 1997 in Brüssel
mit einem eigenen Büro mit mittlerweile vier Rechtsanwälten vertreten. Der DAV unterhält ein gemeinsames Büro mit dem CCBE und dem Consiglio Nazionale Forense (CNF). Dabei pflegt das Brüsseler Büro
zusammen mit der Vertretung der BRAK vor Ort
einen engen Kontakt zu den großen nationalen Anwaltsvertretungen (Frankreich, Spanien, Italien, Österreich, Polen, Großbritannien, Ungarn, Luxemburg und
Tschechien), die mittlerweile alle mit einem Büro in
Brüssel vertreten sind.
Zum zweiten Teil Ihrer Frage: Die Einbindung der
deutschen Anwaltschaft auf europäischer Ebene geschieht im Wesentlichen über den Rat der Europäischen Rechtsanwaltschaften (CCBE). Dort ist die aus
Deutschem Anwaltverein und Bundesrechtsanwaltskammer gebildete deutsche Delegation nach meiner
Einschätzung hoch geschätzt und gut integriert. Zum
Thema Fremdbesitz wurde zu Artikel 11 der Europäischen anwaltlichen Niederlassungsrichtlinie ein guter
Kompromiss gefunden. Die europäische Anwaltschaft
hat anerkannt, dass bei der Prüfung des Verbots von
Fremdbesitz das Verhältnismäßigkeitsgebot gilt. Das
heißt, die Verbote sind dann möglich, wenn sie zum
Ziel des Schutzes der Kernwerte der Anwaltschaft erforderlich sind. Mit der in Deutschland seit Jahren gelebten Praxis der Zulassung von Multidisziplinären
Partnerschaften – das heißt des Haltens von Kapital
von anwaltsfremden nach der BRAO vereinbaren Berufen – gehen wir hier mit gutem Beispiel voraus. Diese Form von Fremdbesitz ist zulässig, weil bei vergleichbaren Berufsrechten ein Verbot zum Schutz der
anwaltlichen Kernwerte nicht erforderlich wäre.
Die Redaktion: Die Fünfte Satzungsversammlung hat
in der letzten Sitzung ihrer Legislaturperiode die Einführung eines neuen „Fachanwalts für Migrationsrecht“ abgelehnt und einen möglichen „Fachanwalt
für Opferrecht“ in die nächste Legislaturperiode (die
Wahlen sind bekanntlich inzwischen abgeschlossen)
vertagt. Wie stehen Sie zu einer noch weiteren Ausdehnung des Kanons der Fachanwaltschaften?
Die Redaktion: Wie gut ist die deutsche Rechtsanwaltschaft im europäischen Kontext insgesamt vernetzt?
Schellenberg: Die deutsche Anwaltschaft ist im europäischen Kontext hervorragend vernetzt. Wie schon
angesprochen, ist die deutsche Anwaltschaft durch
eine Delegation von Vertretern des DAV und der
BRAK im europäischen Dachverband CCBE (Conseil
des Barreaux Européens) präsent. Mittlerweile sind
32 Staaten Vollmitglied im CCBE und unser europäischer Dachverband spricht für über 1 Million Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. Alle deutschen Experten im CCBE genießen höchste Wertschätzung –
das freut mich.
Ich bin froh, dass die deutsche Anwaltschaft auch in
ihrer Interessenvertretung bei den europäischen Institutionen vorbildlich aufgestellt ist. Eine gutes Lobbying der Anwaltschaft in Brüssel setzt eine enge fachliche Vernetzung mit den wichtigen Ansprechpartnern
in Kommission – hier Dienste und Kabinette der Kom264
Schellenberg: Sie sprechen den im März 2015 gescheiterten „Fachanwalt für Migrationsrecht“ an:
Während der „Fachanwalt für Vergaberecht“ problemlos 22. Fachanwaltschaft werden durfte, wurde die
dringend erforderliche Aufwertung des Migrationsrechts aus fadenscheinigen Gründen abgelehnt. Ganz
Europa diskutiert über das Ausländer- und Asylrecht,
und die Satzungsversammlung glaubt, sich um dieses
Thema nicht kümmern zu müssen. Ich hoffe sehr,
dass die Sechste Satzungsversammlung diesen Fehler
schnell korrigieren wird.
Damit liegt auch die Antwort zu Ihrer Frage auf der
Hand: Die Fachanwaltschaften sind ein Erfolgsmodell
und der DAV wird alle neuen Fachanwaltschaften unterstützen, die die Anwaltschaft auf dem Rechtsdienstleistungsmarkt stärken. Die Mandanten haben durchweg von jeder neuen Fachanwaltschaft profitiert –
und am Ende auch die Anwältinnen und Anwälte.
Neue Fachanwaltschaften nehmen niemandem etwas,
denn der Kuchen für alle wird größer. Es gilt für beide
Seiten des Marktes: Für die Mandanten und für die
Anwaltschaft gibt es ein Bedürfnis nach den Fachanwaltschaften „Migrationsrecht“ und „Opferrecht“,
wobei es beim Opferrecht wichtig ist, die Aufgabengebiete präzise zu fassen, sodass eine Abgrenzung der
Fachanwaltschaften untereinander möglich ist.
Die Redaktion: Wie bewerten Sie grundsätzlich das
derzeitige Fachanwaltssystem?
Schellenberg: Der Markt fragt die Fachanwaltschaften
nach und da, wo wir eine Fachanwaltschaft haben, verstummt die Kritik an der Qualität von Anwältinnen und
Anwälten. Wäre es anders, wäre das System – wie gesagt – nie zum Erfolg geworden, und würden sich keine Anwältinnen und Anwälte finden, die die 120 LehrKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Wortwechsel
gangsstunden und die Fälle sammeln würden. Besonderen Änderungsbedarf sehe ich daher nicht, wenn auch
für den DAV gilt: Wir sperren uns nicht, Gutes noch
besser zu machen. Aufpassen müssen wir aber, dass
die Fachanwaltschaften kein „closed shop“ werden.
Die Redaktion: Ihr Vorgänger, Herr Kollege Prof.
Dr. Ewer, war ein großer Verfechter der Einführung
einer „systemischen Pflichtfortbildung“ für alle
Rechtsanwälte. Zwischenzeitlich hat es ja auch einen
entsprechenden Vorschlag der Satzungsversammlung
an den Gesetzgeber gegeben, den der Bundesminister
der Justiz und für Verbraucherschutz, Heiko Maas, positiv aufgenommen hat. Wie denken Sie über dieses
Thema und wie könnte aus Ihrer Sicht eine Regelung
aussehen?
Schellenberg: Nach meiner Ansicht hat die Satzungsversammlung zu diesem Thema im letzten Jahr nach
einer sehr vernünftigen Diskussion einen zielführenden Vorschlag gefunden. Der Vorschlag der Satzungsversammlung ist auch mit einem konkreten Modell für
die Fortbildungspflicht für alle Anwälte verbunden.
Darüber kann man sicherlich diskutieren. Wir dürfen
aber nicht vergessen, dass es die Fortbildungspflicht
bereits gibt. Der Vorschlag, der letztlich aus einer
nachweisbaren Fortbildung durch Besuch von Lehrgangsveranstaltungen o.Ä. im Umfang von 10 Stunden
pro Jahr besteht, schraubt die Anforderungen an die
einzelnen Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte nach
meiner Auffassung nicht über das zumutbare Maß hinaus. Nun sollten wir zunächst die anstehende Reaktion aus dem Bundesjustizministerium abwarten. Der
Minister hatte ja bereits grundsätzlich positiv reagiert
und zugesagt, eine entsprechende Gesetzesänderung
ins Auge fassen zu wollen.
sche vor der Tür. Auf dem Weg in die Anwaltstätigkeit kann man den jungen Kolleginnen und Kollegen
daher Durchhaltevermögen wünschen – und Kreativität. Spezialisierungen sind wichtig, Freude an der Arbeit ebenso. Die Strapazen der Ausbildung zahlen
sich aus: Der Anwaltsberuf ist ein großartiger Beruf,
der mit großer Verantwortung verbunden ist. Denn Anwältinnen und Anwälte sind die Mittler des Rechts für
den Bürger, sie setzen das Recht für den Bürger durch.
Mein praktischer Tipp: Man sollte sich zu günstigen
Konditionen für eine Mitgliedschaft im FORUM Junge
Anwaltschaft des DAV entscheiden, schon als Referendar.
Die Redaktion: Eine Frage zum Abschluss: Könnten
Sie sich vorstellen, etwas anderes zu sein als Rechtsanwalt?
Schellenberg: Nein.
Rechtsanwalt zu sein ist schlicht mein Traumberuf.
Es gilt, die Qualität der anwaltlichen Arbeit gerade
auch im Hinblick auf andere beratende Berufsgruppen
weiter zu stärken und das auch nach außen deutlich zu
machen.
Die Redaktion: Was würden Sie einem Jurastudenten
zu Beginn des Studiums und einem jungen Rechtsanwalt bei Aufnahme seiner beruflichen Tätigkeit raten?
Schellenberg: Aus meiner Perspektive ist das Studium
die ideale Zeit, um sich – neben dem Erwerb der
Grundlagen und Methodik des juristischen Arbeitens
– möglichst viel umzusehen, also in viele Rechtsbereiche reinzuschnuppern. Erfahrungsgemäß fehlt dafür
später leider meist die Zeit. Mein Tipp an die Studierenden daher: Nutzen Sie die Zeit und schauen Sie
nicht zu früh darauf, was „examensrelevant“ ist. Nebenjobs – etwa beim Anwalt – helfen, sich eine Vorstellung vom späteren Beruf machen zu können, und
motivieren häufig enorm.
Der Einstieg in den Anwaltsberuf kann hart sein; in
den seltensten Fällen steht nach einem Jahr der PorKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
265
Aufsätze
Die SGB VI-Änderung im Gesetzentwurf zum Syndikusanwalt
Der Regierungs- und Fraktionsentwurf bietet manche Erleichterung für Praxis*
Von Rechtsanwalt Martin Schafhausen, Frankfurt am Main
Bundestag und Bundesrat sind
mit einem parallelen Regierungsund einem Fraktionsentwurf der
CDU/CSU- und SPD-Fraktion zur
Neuregelung des Rechts der Syndikusanwälte in die Sommerpause
gegangen. In diesem Beitrag stellt
der Autor den sozialrechtlichen
Teil des Entwurfs vor.
cherungspflicht möglich machen sollen (§ 231 Abs. 4a SGB VI-Entwurf).
I. Befreiung nach „neuem“ Recht
Die eigentliche Befreiungsvorschrift
des § 6 SGB VI bleibt unverändert.
Die „neue“ Befreiung entspricht dem
bisherigen Procedere.
Die seit vielen Jahren geführte DisDie Befreiung von der Rentenverkussion1 um die cberufsrechtliche
sicherungspflicht ist nur auf Antrag
Stellung der in Unternehmen tätigen
möglich. Die Befreiung wirkt auf
Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälden Zeitpunkt der Aufnahme der Bete eskalierte mit den drei „SyndikusMartin Schafhausen
schäftigung zurück, wenn der Antrag
Entscheidungen“ des Bundessozialbinnen einer Frist von drei Monaten
gerichts vom 3. April 2014.2 Die
nach Aufnahme der Tätigkeit gestellt
Lösung des durch diese Rechtsprewird und zu diesem Zeitpunkt die Befreiungsvorauschung entstandenen „Problems“ konnte nicht (allein)
setzungen vorliegen; wird diese Frist versäumt, wirkt
sozialrechtlich sein, da zunächst im Berufsrecht zu
die Befreiung ab Antragseingang. Es entsprach bislang
klären ist, ob die Tätigkeit eines Rechtsanwalts auch
einer Absprache zwischen der Arbeitsgemeinschaft der
in einem Beschäftigungsverhältnis bei einem nicht-anberufsständischen Versorgungseinrichtungen (ABV)
waltlichen Arbeitgeber ausgeübt werden kann.3 Ohne
und der Deutschen Rentenversicherung Bund, dass Besozialversicherungsrechtliche Regelungen kann aber
freiungsanträge über die Versorgungswerke gestellt
eine Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte
werden konnten und die Deutsche Rentenversicherung
ebenso wenig gelingen, da es dem betroffenen PersoBund den Zeitpunkt des Eingangs des Antrags bei den
nenkreis gerade auch um die „Versicherung in den VerVersorgungseinrichtungen gegen sich gelten ließ. Es
sorgungswerken“ geht.4 Um den befreiungsrechtlichen
ist zurzeit nicht zu erkennen, dass es nicht bei dieser
Status quo weitestgehend wiederherzustellen5 – so die
Verwaltungspraxis bleiben wird. Der Befreiungsantrag
Zielsetzung des Gesetzes – müssen auch Änderungen
kann aber jederzeit, auch formlos, unmittelbar bei der
im Befreiungsrecht erfolgen, wenn auch die eigentDeutschen Rentenversicherung Bund gestellt werden.
liche Befreiungsnorm (§ 6 SGB VI) durch das Gesetz
Im Verwaltungsverfahren ist dann der Nachweis zu
unverändert bleiben wird.
führen, dass die Befreiungsvoraussetzungen vorliegen,
Der Koalitionsentwurf eines Gesetzes zu Neuordnung
des Rechts der Syndikusanwälte vom 16. Juni 20156
enthält daher auch in Art. 5 Änderungen des SGB VI.
Kern dieser Regelungen sind dabei Bestimmungen,
die eine rückwirkende Befreiung von der Rentenversi* Der folgende Beitrag, der bereits im Anwaltsblatt 2015, 643 ff., erschienen
ist, geht zurück auf einen Vortrag des Autors in einer Sonderveranstaltung
auf dem 66. Deutschen Anwaltstag in Hamburg am 12. Juni 2015 und
wird mit freundlicher Genehmigung des Deutschen Anwaltvereins abgedruckt.
1 Vgl. etwa nur Kilger, AnwBl 1999, 571.
2 B 5 RE 13/14 R.
3 BT-Drucks. 18/5201, S. 2.
4 Dem Grunde nach wird die Versicherungspflicht in den Versorgungseinrichtungen durch die Entscheidungen des BSG nicht berührt. Auch bei
fehlender Befreiung in der gesetzlichen Rentenversicherung bleibt es bei
der Pflichtmitgliedschaft in dem Versorgungswerk.
5 BT-Drucks. 18/5201, S. 25.
6 BT-Drucks. 18/5201.
266
also insbesondere eine Pflichtmitgliedschaft in einer
berufsständischen Versorgungseinrichtung besteht.
Der Befreiungsantrag (nach neuem Recht) sollte wegen § 6 Abs. 4 S. 1 SGB VI unmittelbar mit dem Antrag auf Zulassung als Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) gestellt werden. Die Zulassung wirkt
auf den Zeitpunkt des Antrags zurück, die Pflichtmitgliedschaft in der Versorgungseinrichtung tritt zu diesem Zeitpunkt ein, die Befreiungsvoraussetzungen liegen vor, sodass mit der Zulassung dann auch die
Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erreicht
werden kann. Dies gilt nicht, wenn der Befreiungsantrag nicht binnen der 3-Monats-Frist des § 6 Abs. 4
S. 1 SGB VI gestellt wurde.
Für die Zukunft wird zu überlegen sein, ob die Deutsche Rentenversicherung Bund nicht mit der BundesKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
rechtsanwaltskammer (BRAK) und ABV geänderte
Absprachen über das Verwaltungsverfahren trifft. Bindet die Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammer den Rentenversicherungsträger und ist dieser
daher am Zulassungsverfahren zu beteiligen, so könnte
gleichzeitig mit dem Zulassungsantrag bei der Rechtsanwaltskammer auch ein Befreiungsantrag nach § 6
Abs. 1 SGB VI gestellt werden, den die Kammer
dann mit der Anhörung zum Zulassungsantrag an die
Deutsche Rentenversicherung Bund weiterleitet. Der
Eingang eines solchen Antrags bei der Rechtsanwaltskammer könnte für die Einhaltung der Frist des § 6
Abs. 4 SGB VI maßgeblich sein.
II. Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung
War in dem Referentenentwurf noch keine ausdrückliche Regelung zur Bindungswirkung der Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammer vorgesehen,
die sich aber aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erschließen ließ,7 wird in § 46a Abs. 2 S. 4
BRAO-Entwurf nunmehr klargestellt, dass die Deutsche Rentenversicherung Bund bei ihrer Entscheidung
über die Befreiung von der Versicherungspflicht in
der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1
S. 1 Nr. 1 und Abs. 3 SGB VI an die bestandskräftige
Entscheidung der Rechtsanwaltskammer gebunden ist.
Bedauerlich ist, dass der Deutschen Rentenversicherung
Bund eine Klagebefugnis eingeräumt wird, die über das
eigentliche Interesse des Rentenversicherungsträgers hinausgeht. Die Bindungswirkung tritt mit der Bestandskraft der Zulassungsentscheidung ein. Ein Klageverfahren, das die Deutsche Rentenversicherung Bund gegen
eine Rechtsanwaltskammer führt, an dem der Antragsteller zu beteiligen ist, hemmt nicht nur den Eintritt
der Befreiung, sondern führt auch dazu, dass der Antragsteller nicht als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) tätig werden kann. Nicht nur bei langen Klageverfahren ein kaum hinzunehmender Umstand.
III. Übergangsrecht und rückwirkende Befreiung
Die vorgeschlagenen Neuregelungen im Sozialrecht
beschränken sich vor allem auf die Frage, ob und unter
welchen Voraussetzungen eine rückwirkende Befreiung möglich ist und wie fehlerhaft gewordene Rentenversicherungsverhältnisse rückabzuwickeln sind. § 231
Abs. 4a SGB VI-Entwurf stellt darüber hinaus wegen
§ 6 Abs. 1 S. 3 SGB VI klar, dass durch die Änderungen der BRAO der Kreis der Pflichtmitglieder der
Versorgungseinrichtungen nicht erweitert wird.
1. Vom Beginn der Beschäftigung an – ab April 2014
Der Grundtatbestand der Rückwirkungsregelungen findet sich in § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI-Entwurf:
7 BSG, Urt. v. 3.4.2014 – B 5 RE 13/14 R, juris, Rdn. 26; BSG, Urt. v.
31.8.2005 – B 6 KA 68/04 R, juris, Rdn. 11 m.w.Nachw.; Urt. v.
13.12.2000 – B 6 KA 26/00, juris, Rdn. 23.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Eine Befreiung von der Versicherungspflicht als Syndikusrechtsanwalt oder Syndikuspatentanwalt nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, die unter Berücksichtigung der Bundesrechtsanwaltsordnung in der Fassung vom … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens
nach Artikel 7 Absatz 1 dieses Gesetzes] oder der Patentanwaltsordnung in der Fassung vom … [einsetzen: Datum des Inkrafttretens nach Artikel 7 Absatz 1 dieses Gesetzes] erteilt wurde, wirkt
auf Antrag vom Beginn derjenigen Beschäftigung an, für die die
Befreiung von der Versicherungspflicht erteilt wird.
Die rückwirkende Befreiung erfordert zunächst und
vor allem einen weiteren Antrag, der bei der Deutschen Rentenversicherung Bund zu stellen ist. Allein
der Befreiungsantrag nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
SGB VI genügt nicht für die rückwirkende Befreiung.
Insbesondere dann, wenn ältere Antragsformulare verwendet werden, ist darauf zu achten, dass ausdrücklich
auch die rückwirkende Befreiung beantragt wird. Zwar
wird man bei einer verständigen Würdigung den Befreiungsantrag einer Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) auch so verstehen müssen, dass die Befreiung nicht erst ab dem Zeitpunkt des Eingangs des
Antrags gewünscht wird, sondern auch zurückwirken
soll. Man vermeidet aber Auslegungsschwierigkeiten,
wenn ausdrücklich auch rückwirkend die Befreiung
von der Rentenversicherungspflicht begehrt wird.
Diese Rückwirkung gilt unabhängig davon, ob nach
den Entscheidungen des Bundessozialgerichts von
April 2014 ein Befreiungsantrag gestellt, dieser abgelehnt oder ein solcher Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden ist. Hat eine Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) in Ansehung dieser Entscheidungen davon abgesehen, einen Befreiungsantrag zu stellen, soll ihr nichtsdestotrotz die Möglichkeit eingeräumt werden, ab April 2014 für diese Beschäftigung
von der Rentenversicherung befreit zu werden. Dies
gilt selbst in den Fällen, in denen das Beschäftigungsverhältnis vor April 2014 begründet wurde und noch
nach bisheriger Rechtslage verabsäumt worden war,
einen Befreiungsantrag zu stellen. Die Befreiung von
der Rentenversicherungspflicht wirkt dann aber wegen
§ 231 Abs. 4b S. 3 SGB VI-Entwurf zunächst nicht auf
den Zeitpunkt der Aufnahme der Beschäftigung zurück, sondern ist auf den Zeitraum ab April 2014 begrenzt. Auf eine „Pflichtmitgliedschaft“ oder die Zahlung von „Pflichtbeiträgen“ stellt § 231 Abs. 4b S. 1
SGB VI-Entwurf nicht ab.
Diese weitreichende Regelung sollte aber trotzdem
nicht zu dem Entschluss verleiten, anhängige Antrags-,
Widerspruchs- oder Klageverfahren durch Rücknahme
oder Erledigungserklärung zu beenden.8 Tatsächlich ist
der Antrag nach § 231 Abs. 4b S. 1 SGB VI-Entwurf
– anders als die Regelung in § 231 Abs. 4b S. 5
8 Die Deutsche Rentenversicherung Bund legt ein solches Vorgehen in einer Veröffentlichung vom 25.6.2015 nahe, vgl. hierzu http://anwaltsblatt.
anwaltverein.de/de/news/syndikusanwalt-neue-verlautbarung-der-deutschenrentenversicherung-bund.
267
Aufsätze
SGB VI-Entwurf, die Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Bund betrifft, mit denen vor dem 3.4.2014
Befreiungsanträge bestandskräftig abgelehnt wurden –
unabhängig davon, ob eine Entscheidung der Rentenversicherung über einen Befreiungsantrag bestandskräftig wurde oder nicht.
Obwohl die Rentenversicherung in einer Veröffentlichung im Internet9 darauf aufmerksam macht, dass
Betroffene nach dem 3.4.2014 gestellte Anträge zurücknehmen könnten, ohne dass Rechtsnachteile entstünden, sollte dieser Empfehlung nicht ohne weiteres
gefolgt werden. Ob tatsächlich keine Rechtsnachteile
entstehen, ist schon im „Regelfall“ zweifelhaft, da bislang nur der Gesetzentwurf bekannt ist und die Erste
Lesung des Fraktionsentwurfs im Bundestag stattgefunden hat. Änderungen auch am Übergangsrecht
sind möglich, wenn auch nicht wahrscheinlich. Rechtliche Nachteile entstehen aber sicher, wenn etwa wegen einer fehlerhaften Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund eine „Vertrauensschutz-Befreiung“
erreicht werden kann, aber aus welchen Gründen auch
immer, eine Zulassung als Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt) nicht in Betracht kommt. Nach den Gesetzesmaterialien soll es in diesen Fällen bei der Befreiung aus Gründen des Vertrauens- oder Bestandsschutzes bleiben.10 Einer solchen „VertrauensschutzBefreiung“ steht aber die Bestandskraft eines Bescheides entgegen, mit dem die Rentenversicherung einen
solchen Feststellungsantrag zurückgewiesen hatte.
2. Davor liegende Beschäftigungen – ab April 2014
Die rückwirkende Befreiung erstreckt sich auch auf
vorhergehende Beschäftigungsverhältnisse, wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft
in einer Versorgungseinrichtung bestand. § 231 Abs. 4b
S. 2 SGB VI-Entwurf lautet:
Sie wirkt auch vom Beginn davor liegender Beschäftigungen an,
wenn während dieser Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft
in einem berufsständischen Versorgungswerk bestand.
Auf Beschäftigungsverhältnisse, die vor dem zurzeit
ausgeübten Beschäftigungsverhältnis bestanden haben,
wird die rückwirkende Befreiung nach § 231 Abs. 4b
S. 2 SGB VI-Entwurf erstreckt, wenn während dieser
Beschäftigungen eine Pflichtmitgliedschaft in einem
berufsständischen Versorgungswerk bestanden hat. Begrenzt ist diese Rückwirkung wegen § 231 Abs. 4b
S. 3 SGB VII-Entwurf zunächst auf den Zeitraum ab
April 2014.
Dabei kommt es nicht darauf an, ob wegen der Beschäftigung, für die die rückwirkende Befreiung ver9 Im Netz: www.deutsche-rentenversicherung.de unter Home/Services/Fach
infos/Aktuelles aus der Rechtsprechung/Bundessozialgericht/Syndikus
anwälte (Stand: 25.6.2015).
10 BT-Drucks. 18/5201, S. 12, 53.
268
langt wird, eine Pflichtmitgliedschaft in der berufsständischen Versorgungseinrichtung bestand. Anders
als bei § 6 Abs. 1 S. 1 SGB VI fehlt bei § 231 Abs. 4b
S. 2 SGB VI-Entwurf das Tatbestandsmerkmal des
„wegen der“, sodass es nur darauf ankommen kann,
ob überhaupt (etwa wegen einer anwaltlichen Nebentätigkeit) eine Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk bestand.
Nach den Gesetzesmaterialien11 und der bisherigen
Verwaltungspraxis der Deutschen Rentenversicherung
Bund12 ist es auch ausreichend, wenn eine Pflichtmitgliedschaft in einem Versorgungswerk als freiwillige
Versicherung weitergeführt wird, nachdem ein Kammerwechsel und damit ein Wechsel der Versorgungseinrichtung, zu der eine Pflichtmitgliedschaft bestehen
würde, stattgefunden hat und von der Möglichkeit Gebrauch gemacht wurde, sich von der Pflichtmitgliedschaft in der zweiten Versorgungseinrichtung befreien
zu lassen.
3. Und darüber hinaus – vor April 2014
Unter der Voraussetzung, dass für den Zeitraum einkommensbezogene Pflichtbeiträge an die Versorgungseinrichtung gezahlt wurden, entfällt die Begrenzung des Rückwirkungszeitraums auf die Zeit nach
April 2014. Die rückwirkende Befreiung kann demnach auch Zeiträume eines oder mehrerer Beschäftigungsverhältnisse umfassen, die vor den „SyndikusEntscheidungen“ des Bundessozialgerichts liegen.
Einkommensbezogene Pflichtbeiträge wurden etwa
dann gezahlt, wenn für den Rechtsanwalt, der bei
einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber beschäftigt ist,
aus dieser Beschäftigung Beiträge an die Versorgungseinrichtung abgeführt wurden. Auch insoweit kann es
nicht darauf ankommen, dass nach dem Verständnis
des Bundessozialgerichts wegen der Syndikustätigkeiten keine Pflichtbeiträge zu zahlen gewesen sind. Die
Änderungen des Rechts der Syndikusanwälte sollen,
so der Gesetzgeber, den Rechtsstand vor April 2014
wiederherstellen. Die Rückwirkungsregelungen, die
dieses gesetzgeberische Ziel umsetzen, verlören jedweden Anwendungsbereich, wenn es auf Pflichtbeiträge ankäme, die (nach Verständnis des Bundessozialgerichts) rechtmäßig gezahlt worden sind.
4. Keine Rückwirkung bei alten bestandskräftigen
Entscheidungen
Nach § 231 Abs. 4b S. 5 SGB VI-Entwurf besteht für
Beschäftigungen keine rückwirkende Befreiungsmöglichkeit, wenn auf Grund einer vor dem 4. April 2014
ergangenen Entscheidung ein Befreiungsantrag bestandskräftig abgelehnt wurde. Zielt das Gesetz zur
11 BT-Drucks. 18/5201, S. 53.
12 rvLiteratur, SGB VI, § 6 Anm. 2.1.2.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte auch darauf ab, den Rechtszustand vor den „Syndikus-Entscheidungen“ des Bundessozialgerichts wiederherzustellen, ist diese Begrenzung hinnehmbar. Nur der,
der sich gegen eine „alte“ Entscheidung des Rentenversicherungsträgers in einer Befreiungssache gewandt
hat und bei dem noch keine Bestandskraft dieser Entscheidung eingetreten ist, soll in den Genuss der rückwirkenden Befreiung kommen können.
Ob dies auch in den Fällen gilt, in denen nach Bestandskraft eines ablehnenden Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Zugunsten-Antrag
nach § 44 SGB X gestellt wurde, ist offen. Hat sich
aber die Deutsche Rentenversicherung Bund vor dem
Inkrafttreten der Neuregelungen wieder mit einer alten,
bestandskräftigen Entscheidung in einer Befreiungssache in einem Verwaltungsverfahren zu befassen,
spricht einiges dafür, die Regelung in § 231 Abs. 4b
S. 5 SGB VI-Entwurf auch auf diese Sachverhalte zu
erstrecken. Die Interessenlage ist durchaus vergleichbar.
Ab jetzt
ist mehr für
Sie drin.
NEU
IV. Rückabwicklung fehlerhafter Rentenversicherungsverhältnisse
Durch die Zulassungs- und dieser folgend die Befreiungsentscheidung fehlerhaft gewordene Rentenversicherungsverhältnisse werden nicht nur auf Antrag
(§§ 26 SGB IV, 211 SGB VI) rückabgewickelt. Vielmehr wird den Rentenversicherungsträgern durch
§ 286f S. 1 SGB VI-Entwurf aufgegeben, zu Unrecht
gezahlte Pflichtbeiträge an die berufsständische Versorgungseinrichtung zu erstatten. Mit dieser Erstattung
erfüllt die Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)
ihre Beitragspflicht gegenüber der Versorgungseinrichtung ebenso wie der Arbeitgeber seine Verpflichtung
auf Zahlung eines Beitragszuschusses nach § 172a
SGB VI. Der Erstattungsbetrag wird dabei nicht verzinst – § 286f S. 2 SGB VI-Entwurf.
Hat die Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) einkommensbezogene Pflichtbeiträge, zumindest in Höhe
des Mindestbeitrags, in die Versorgungseinrichtung
gezahlt, so können diese zumindest bis zum Erreichen
des satzungsgemäßen Höchstbeitrags bei der Versorgungseinrichtung verbleiben. Überschreiten die zu erstattenden Beiträge und die von der Rechtsanwältin
(Syndikusrechtsanwältin) gezahlten Beiträge aber den
Höchstbeitrag, sind mit der Versorgungseinrichtung
Absprachen darüber zu treffen, wie überzahlte Beiträge rückabzuwickeln sind. Solche Erstattungen gebühren aber der Rechtsanwältin (Syndikusanwältin), die
die Beiträge insgesamt aufgebracht hat.
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Anmerkung der Redaktion: Der vorstehende Beitrag steht
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, „Podcast
– RAK info to go“ auch als Podcast zur Verfügung.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
269
Aufsätze
Der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte
und seine berufsrechtlichen Auswirkungen
Von Rechtsanwältin Dr. Susanne Offermann-Burckart,
Hauptgeschäftsführerin der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf und Mitglied der Satzungsversammlung*
A. Einleitung
Kein anderes Thema hat die Anwaltschaft in den vergangenen Monaten
so bewegt wie das Schicksal der Syndikusanwälte und deren rentenversicherungsrechtliche, aber vor allem
auch berufsrechtliche „Einordnung“.
Nachdem das Bundessozialgericht
durch seine berühmten drei Urteile
vom 3.4.20141 die Möglichkeit aller
Rechtsanwälte mit Zweiberuf (künftig noch) eine Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung zu erhalten,
grundsätzlich abgeschnitten hat, sah
sich der Gesetzgeber zu raschem
Handeln veranlasst.
keit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden
Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (Berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied
einer berufsständischen Kammer sind, … .“
Dr. Susanne Offermann-Burckart
Inzwischen hat der Entwurf eines Gesetzes zur Neuordnung des Rechts der Syndikusanwälte bereits wichtige Hürden genommen. Der folgende Beitrag, der auf
einem Kurzvortrag beim diesjährigen Deutschen Anwaltstag basiert, beschäftigt sich in einer ersten Tour
d’Horizon mit den berufsrechtlichen Auswirkungen
der geplanten Änderungen. Dabei soll es nicht um
eine kritische Würdigung, sondern um eine möglichst
neutrale Analyse gehen, die allerdings auch einige
Probleme aufzeigt.
B. Die Ausgangssituation
Es ist hier nicht der Ort, nochmals die ganze traurige
Geschichte der Situation der Syndikusanwälte, der
Entscheidungen des Bundessozialgerichts vom
3.4.20142 und ihrer weitreichenden Konsequenzen zu
repetieren.
Zum besseren Verständnis der folgenden Ausführungen ist nur noch einmal festzuhalten, dass sich die
Aufgabe, die der Gesetzgeber dankenswerterweise lösen will, im Wesentlichen aus § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
SGB VI ergibt. Die „sperrig“ formulierte Norm lautet:
„Von der Versicherungspflicht werden befreit Beschäftigte und
selbstständig Tätige für die Beschäftigung oder selbstständige Tätig* Der folgende Beitrag, der nahezu wortgleich bereits im Anwaltsblatt 2015,
582 ff., erschienen ist, wird mit freundlicher Genehmigung des Deutschen
Anwaltvereins abgedruckt. Er bezieht sich – soweit nicht ausdrücklich auf
den Referentenentwurf verwiesen wird – auf den Regierungsentwurf, wie
er auf der Homepage des BMJV (www.bmjv.de) veröffentlicht ist.
1 Vgl. hierzu nur NJW 2014, 2743, und Offermann-Burckart, NJW 2014,
2683.
2 NJW 2014, 2743 m. Anm. Offermann-Burckart, NJW 2014, 2683 =
AnwBl. 2014, 854.
270
Für Rechtsanwälte bedeutet dies,
dass sie nur dann von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit werden, wenn
sie nicht nur Rechtsanwälte sind, also
die Zulassung zur Anwaltschaft haben, sondern auch als bzw. wie
Rechtsanwälte tätig werden.
Der Befreiung von Syndikusanwälten
steht – wie das Bundessozialgericht unmissverständlich festgestellt hat – de lege lata die sog. Doppelberufs- oder Zweiberufe-Theorie des BGH3 entgegen,
die da lautet:
„Der Syndikusanwalt hat eine Doppelstellung inne. Er ist einerseits
Angestellter und andererseits Rechtsanwalt. Soweit es um das Anstellungsverhältnis geht, kann er allerdings seine Eigenschaft als
Rechtsanwalt nicht abstreifen, aber diese Eigenschaft ändert nichts
daran, dass das Arbeitsverhältnis von dem Prinzip der Über- und Unterordnung beherrscht wird. Die BRAO vermochte nicht in bestehende Arbeitsverträge einzugreifen, und schreibt auch für nach ihrem
Erlass abgeschlossene Verträge keinen neuen Arbeitsvertragstypus
vor, der den Syndikusanwalt und seinen Dienstherrn etwa gleichgeordnet stellt. Wenn man, wie das die BRAO getan hat, die Institution des Syndikusanwalts bejaht, muss man auch dem gerecht werden, dass der Syndikusanwalt zwei Arbeitsbereiche hat, nämlich
einen arbeitsvertraglich gebundenen und einen als freier Anwalt.“
Über diese kategorische Sichtweise konnte – dies hat
das BSG unmissverständlich klargemacht – auch die
von der Deutschen Rentenversicherung (DRV) und
der Arbeitsgemeinschaft Berufsständischer Versorgungseinrichtungen e.V. (ABV) entwickelte Vier-Kriterien-Theorie nicht hinweghelfen. Deshalb schlägt
die Bundesregierung in ihrem Entwurf (S. 1) – ausgehend von dem berufsrechtlichen Ansatz der Urteile
des Bundessozialgerichts – eine Lösung vor, „die eine
statusrechtliche Anerkennung der Tätigkeit als Syndikusanwalt in einem Unternehmen als Rechtsanwalt
vorsieht, dabei aber bestimmte Einschränkungen vornimmt“. Dabei soll im Hinblick auf das Befreiungsrecht von der Rentenversicherungspflicht „weitestgehend der bisherige Status quo aufrechterhalten
bleiben“.
3 BGH NJW 1961, 219.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
C. Die „Palette“ künftiger Rechtsanwalts-Typen
Nach den Vorstellungen der Bundesregierung soll es
künftig verschiedene „Typen“ von Rechtsanwälten geben, nämlich
•
den „normalen“ (gelegentlich auch als „Kanzleianwalt“ bezeichneten) Rechtsanwalt, der zur Rechtsanwaltschaft zugelassen ist, keinen Zweitberuf ausübt und entweder Einzelkämpfer ist oder als freier
Mitarbeiter, Angestellter oder Gesellschafter mit
anderen Rechtsanwälten oder mit anderen Rechtsanwälten und Angehörigen eines sozietätsfähigen
Berufs zusammenarbeitet
•
den Syndikusrechtsanwalt, der nur Angestellter
eines nicht-anwaltlichen Arbeitgebers ist und für
diesen Arbeitgeber anwaltlich tätig wird
•
den Syndiusrechtsanwalt (wie zuvor), der zusätzlich
noch als „normaler“ Rechtsanwalt zugelassen ist
und der im Rahmen seiner „normalen“ Anwaltstätigkeit Einzelkämpfer ist oder als freier Mitarbeiter, Angestellter oder Gesellschafter mit anderen
Rechtsanwälten oder mit anderen Rechtsanwälten
und Angehörigen eines sozietätsfähigen Berufs zusammenarbeitet
und schließlich
•
den Rechtsanwalt, der einen Zweitberuf ausübt, also
bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber tätig ist,
ohne Syndikusrechtsanwalt zu sein.
I. Der „normale“ Nur-Rechtsanwalt
Für den „normalen“ Nur-Rechtsanwalt gelten gegenüber der bisherigen Rechtslage keine Besonderheiten.
Allerdings präzisiert § 46 Abs. 1 BRAO-E, dass Rechtsanwälte „ihren Beruf als Angestellte solcher Arbeitgeber ausüben (dürfen), die als Rechtsanwälte, Patentanwälte oder rechts- oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften tätig sind“.
Nach geltendem Recht ist die „Kanzlei-Angestelltentätigkeit“ eines Rechtsanwalts nicht ausdrücklich, sondern nur mittelbar geregelt. So bestimmt § 59a Abs. 1
S. 1 BRAO, dass „Rechtsanwälte sich mit Mitgliedern
einer Rechtsanwaltskammer und der Patentanwaltskammer, mit Steuerberatern, Steuerbevollmächtigten,
Wirtschaftsprüfern und vereidigten Buchprüfern zur
gemeinschaftlichen Berufsausübung im Rahmen der
eigenen beruflichen Befugnisse verbinden (dürfen).“
Und eine denkbare Form der „gemeinschaftlichen Berufsausübung“ ist eben auch die Tätigkeit als Angestellter in einer Anwaltskanzlei oder in einer gemischten Anwalts- und z.B. Steuerberaterkanzlei.4
Trotz des „weiten“ Wortlauts von § 59a Abs. 1 S. 1
BRAO gilt die Einschränkung, dass ein Rechtsanwalt,
4 Vgl. hierzu nur Hartung, in: Henssler/Prütting, Kommentar zur BRAO,
§ 59a BRAO Rdn. 162 ff.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
der in einer Kanzlei angestellt ist, deren Gesellschafter
zwar sämtlich Angehörige eines sozietätsfähigen Berufs (also etwa Steuerberater, vereidigte Buchprüfer
oder Wirtschaftsprüfer), aber nicht (auch) Rechtsanwälte sind, nicht Angestellter (also zur „gemeinschaftlichen Berufsausübung“ Verbundener) i.S. von
§ 59a Abs. 1 S. 1 BRAO (und nunmehr von § 46 Abs. 1
BRAO-E), sondern Angestellter eines nicht-anwaltlichen Arbeitgebers und damit Syndikus(rechts)anwalt
ist. Ein solcher Anwalt darf im Rahmen seines Anstellungsverhältnisses nicht anwaltlich tätig werden und
juristische Dienstleistungen nur in dem Umfang erbringen, der dem Arbeitgeber gestattet ist. Bei dem in einer
reinen Steuerberaterkanzlei angestellten Rechtsanwalt
sind das diejenigen juristischen Nebenleistungen, die
in unmittelbarem Zusammenhang mit der Steuerberatung stehen, sich also auf eine Haupttätigkeit mit steuerlicher oder betriebswirtschaftlicher Zielsetzung beziehen.5
Manch einer wird sich noch an die Diskussionen im
Vorfeld der Verabschiedung des Rechtsdienstleistungsgesetzes (RDG), das an die Stelle des früheren
Rechtsberatungsgesetzes getreten ist, erinnern. Hier
wurde lange die sog. „Erfüllungsgehilfen-Lösung“ favorisiert. Nach einem bis zum Schluss in allen Gesetzentwürfen enthaltenen § 5 Abs. 3 RDG-E sollte jedermann ohne Einschränkung die Erbringung von Rechtsdienstleistungen gestattet werden, wenn er sich nur
seinerseits zu diesem Zweck einer hierfür qualifizierten natürlichen oder juristischen Person, also insbesondere eines Rechtsanwalts, bediente.6 Erst kurz vor Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Idee
fallengelassen.
Auch die aktuelle Situation lässt allerdings genug
Raum für eine breite „Grauzone“, weil Mitbewerber
und Rechtsanwaltskammern kaum die Möglichkeit haben, festzustellen, ob ein Rechtsanwalt, der auf dem
Briefbogen einer interprofessionellen Berufsausübungsgemeinschaft erscheint, tatsächlich Gesellschafter oder aber bloßer „Schein-Sozius“ und in Wirklichkeit nur Angestellter oder freier Mitarbeiter ist.
Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, dass der
Regierungsentwurf, anders als noch der Referentenentwurf, in § 46 Abs. 1 BRAO-E jetzt auch ausdrücklich
solche Arbeitgeber erwähnt, die als Patentanwälte
oder patentanwaltliche Berufsausübungsgesellschaften
tätig sind. Damit wird dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 14.1.20147 Rechnung getragen,
in dem ausdrücklich klargestellt wird, dass Patentanwälte ebenso wie Rechtsanwälte Organe der Rechtspflege sind und einem Berufsrecht unterliegen, das
5 Vgl. hierzu nur Koslowski, in: Gehre/Koslowski, Kommentar zum
StBerG, § 33 StBerG Rdn. 15 unter Hinweis auf § 5 Abs. 1 RDG.
6 Vgl. hierzu Krenzler, in: Krenzler, Kommentar zum RDG, § 5 RDG
Rdn. 12.
7 NJW 2014, 613 = AnwBl. 2014, 270.
271
Aufsätze
demjenigen der BRAO nachgezeichnet ist. Allerdings
ist, wie in der Begründung zu § 46 Abs. 1 BRAO-E
(S. 30) ausdrücklich festgestellt wird, von bei Patentanwälten angestellten Rechtsanwälten die auf die in
der PAO genannten Rechtsgebiete eingeschränkte Beratungs- und Vertretungsbefugnis der Patentanwälte
zu beachten.
Zu den in § 46 Abs. 1 BRAO-E ausdrücklich benannten rechts- oder patentanwaltlichen „Berufsausübungsgesellschaften“ gehören Gesellschaften bürgerlichen Rechts, Partnerschaftsgesellschaften in ihren
beiden Erscheinungsformen, Rechtsanwalts-GmbHs,
Rechtsanwalts-AGs und alle „sonstigen rechtsfähigen
Formen gemeinschaftlicher Berufsausübung“. Umfasst
sind monoprofessionelle und interprofessionelle Gesellschaften, die dem anwaltlichen Berufsrecht unterliegen.
II. Der Syndikusrechtsanwalt
Der Syndikusrechtsanwalt wird eine eigene bzw. eigenständige Zulassung zur Rechtsanwaltschaft erhalten
und mit besonderen Rechten und Pflichten ausgestattet
sein, die zum Teil denen eines „normalen“ Rechtsanwalts entsprechen, zum Teil aber auch von diesen
abweichen.
1. Die Zulassungsvoraussetzungen im Überblick
§ 46 Abs. 2 BRAO-E sieht vor:
„Angestellte anderer als der in Absatz 1 genannten Personen oder
Gesellschaften üben ihren Beruf als Rechtsanwalt aus, sofern sie im
Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind (Syndikusrechtsanwälte). Der Syndikusrechtsanwalt
bedarf zur Ausübung seiner Tätigkeit nach Satz 1 der Zulassung zur
Rechtsanwaltschaft nach § 46a.“
Die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt erhält auf Antrag derjenige, der zusätzlich zu den für jeden Rechtsanwalt geltenden Voraussetzungen folgende Merkmale
aufweist:
(1) Es besteht ein Anstellungsverhältnis zu einem
nicht-anwaltlichen Arbeitgeber.
Nicht-anwaltliche Arbeitgeber sind z.B. Unternehmen
der freien Wirtschaft, Verbände oder auch Angehörige
eines sozietätsfähigen Berufs i.S. von § 59a BRAO
(also etwa Steuerberater oder Steuerberatungsgesellschaften, vereidigte Buchprüfer, Wirtschaftsprüfer –
siehe oben).
(2) Der Betreffende muss anwaltliche Tätigkeit ausüben, was voraussetzt
•
•
•
seine fachliche Unabhängigkeit
seine Eigenverantwortlichkeit
ein Tätigkeitsspektrum, das die Prüfung von Rechtsfragen (einschließlich der Aufklärung des Sachver-
272
halts), das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten, die Erteilung von Rechtsrat, die
Gestaltung von Rechtsverhältnissen (insbesondere
durch das selbstständige Führen von Verhandlungen) sowie die Verwirklichung von Rechten umfasst
•
seine Vertretungsbefugnis nach außen.
2. Die Zulassungsvoraussetzungen im Detail
Um eine Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu erhalten, muss der bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber angestellte Volljurist bzw. Assessor bestimmte
Voraussetzungen erfüllen.
a) Fachliche Unabhängigkeit
Der Begriff der „fachlichen Unabhängigkeit“ ist in
§ 46 Abs. 4 S. 1 BRAO-E negativ definiert.
Fachlich unabhängig ist nicht, „wer sich an Weisungen
zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der
Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen“.
Unternehmensinterne Compliance-Regelungen, die
keine unmittelbaren fachlichen Bezüge aufweisen,
sondern den Verhaltenskodex im Unternehmen festschreiben, sind – wie im Begründungstext (S. 31) ausdrücklich hervorgehoben wird – nicht als „unternehmensinterne Vorgaben“ anzusehen, die eine Tätigkeit
als Syndikusrechtsanwalt ausschließen.
Die fachliche Unabhängigkeit ist vertraglich und tatsächlich zu gewährleisten.
Bei der Forderung nach fachlicher Unabhängigkeit
handelt es sich übrigens nicht um ein Novum im Anwaltsrecht. § 59f Abs. 4 BRAO schreibt auch jetzt
schon für Geschäftsführer, Prokuristen oder Handlungsbevollmächtigte einer Rechtsanwaltsgesellschaft
mit beschränkter Haftung vor, dass ihre Unabhängigkeit bei der Ausübung ihres Rechtsanwaltsberufs zu
gewährleisten ist und Einflussnahmen der Gesellschafter, namentlich durch Weisungen oder vertragliche
Bindungen, unzulässig sind.
Bei der Auslegung des Begriffs „fachliche Unabhängigkeit“ kann man deshalb auch auf die Überlegungen
zurückgreifen, die der Gesetzgeber seinerzeit bei
Schaffung des § 59f BRAO angestellt hat. In der entsprechenden amtlichen Begründung8 heißt es hierzu:
„Dem verantwortlichen Rechtsanwalt muss – im Verhältnis zu den
Gesellschaftern und zu etwaigen an der Geschäftsführung Beteiligten – dasselbe Maß an Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit zustehen wie einem Anwaltssozius. Das bedeutet nicht, dass jegliche Arten von Weisungen schlechthin unzulässig wären. Ebenso wie bei
anderen beruflichen Zusammenschlüssen – etwa in einer Partnerschaft oder BGB-Gesellschaft – kann es in Rechtsanwaltsgesellschaften vorkommen, dass die Berufskollegen für die Berufsaus8 BT-Drucks. 13/9820, S. 15.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
übung Vorgaben machen. Dies ist beispielsweise gerechtfertigt,
wenn es darum geht, besonders haftungsgefährdendes und sonst berufswidriges Verhalten des Kollegen zu unterbinden. Inwieweit solche Vorgaben mit dem Gebot der Unabhängigkeit der anwaltlichen
Berufsausübung in Einklang stehen, hängt von den Umständen des
Einzelfalls ab. Eine Grenzziehung zwischen zulässigen und der anwaltlichen Unabhängigkeit zuwiderlaufenden Vorgaben war bisher
nicht Gegenstand einer gesetzlichen Regelung und ist auch für die
Rechtsanwaltsgesellschaft mit beschränkter Haftung nicht erforderlich.“
Henssler9 fordert in diesem Zusammenhang das Maß
an Unabhängigkeit, „das in ähnlicher Form auch für
jeden angestellten Anwalt gilt“.
Der „heutige“ Gesetzgeber formuliert (S. 33 des Regierungsentwurfs), aus dem Begriff „fachlich unabhängig“ (und dem Begriff „eigenverantwortlich“) ergebe sich, dass der Syndikusrechtsanwalt fachlich
weisungsfrei (und in eigener Verantwortung) handele
und im Rahmen der Rechtsberatung und Rechtsvertretung in erster Linie den Pflichten der BRAO unterworfen sei „und die arbeitsrechtlichen Weisungsbefugnisse des Arbeitgebers dahinter zurückstehen“. Hierdurch
werde jedoch nicht „jegliches Weisungsrecht des Arbeitgebers“ ausgeschlossen.
b) Eigenverantwortlichkeit
Die Forderung nach eigenverantwortlich auszuübender
Tätigkeit in § 46 Abs. 3 BRAO-E bedeutet, dass der
Syndikusrechtsanwalt grundsätzlich von seinem Arbeitgeber für fehlerhafte Beratung und Vertretung haftungsrechtlich in Anspruch, also in Regress genommen
werden kann. Konsequenz dieser Forderung ist, dass
auch der Syndikusrechtsanwalt (natürlich) verpflichtet
ist, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten
(siehe hierzu näher unter Ziff. B.II.7.f).
c) Inhaltliche Anforderungen an die Tätigkeit
Bei der Umschreibung der „prägenden Merkmale“ der
anwaltlichen Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts in
§ 46 Abs. 3 Nr. 1 bis 4 BRAO-E knüpft der Gesetzgeber hinsichtlich der „Inhalte“ bewusst und ausdrücklich an die alte Vier-Kriterien-Theorie (Rechtsberatung,
Rechtsentscheidung, Rechtsgestaltung und Rechtsvermittlung)10 an.
Die vier Kriterien sind in den Gesetzestext „eingestreut“:
Rechtsberatung und Rechtsvermittlung seien, so heißt
es in der Begründung (S. 31), in § 46 Abs. 2 BRAO-E11
9 In: Henssler/Prütting, aaO, § 59f BRAO Rdn. 26.
10 Vgl. hierzu näher Jung, in: Offermann-Burckart, Anwaltsrecht in der Praxis, § 15 Rdn. 14 ff.; Jung/Horn, KammerMitteilungen RAK Düsseldorf,
2010, 317 ff.; Prossliner, KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 2011,
326, 327 ff.; Horn, NJW 2012, 966; Offermann-Burckart, MDR 2013,
1197, 1198.
11 „… sofern sie im Rahmen ihres Anstellungsverhältnisses für ihren Arbeitgeber anwaltlich tätig sind …“
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
und § 46 Abs. 3 Nr. 1 u. 2 BRAO-E12 eingeflossen.
Das Kriterium der Rechtsgestaltung sei in § 46 Abs. 3
u. 4 BRAO-E13 enthalten und dasjenige der Rechtsentscheidung werde in § 46 Abs. 4 BRAO-E14 abgebildet.
Insgesamt ist die Ausfüllung der (vier) Kriterien etwas
vage geraten, zum Teil geschieht sie (wie in § 46
Abs. 4 BRAO-E) sogar nur indirekt. Dies gibt Anlass
zu der Hoffnung, dass die Einordnung der Tätigkeit
für einen nicht-anwaltlichen Arbeitgeber als „anwaltlich“ künftig nicht mehr daran scheitern wird, dass
ein einzelnes der vier Tätigkeitsmerkmale nicht erfüllt
ist. Bekanntlich sind in der Vergangenheit Befreiungsanträge häufig deshalb zurückgewiesen worden, weil
die Rentenversicherung eines von vier Kriterien (besonders häufig die Rechtsentscheidung und auch die
Rechtsgestaltung) verneinte. Auch wenn der Gesetzgeber auf die Vier-Kriterien-Theorie rekurriert, stellt
er grundsätzlich auf die übergeordneten Tätigkeiten
der Rechtsberatung und Rechtsvertretung ab, wodurch
sich der Kreis zu § 3 Abs. 1 BRAO schließt, der den
Rechtsanwalt als den „berufenen unabhängigen Berater und Vertreter“ umschreibt.
Insgesamt darf man schon jetzt gespannt sein auf die
Kasuistik, die sich zu den verschiedenen Tätigkeitsmerkmalen herausbilden wird. Es bleibt zu hoffen,
dass die regionalen Rechtsanwaltskammern sich hier
auf weitgehenden Gleichlauf werden verständigen können. Eine Hilfserwägung könnte dabei etwa die Frage
sein, ob das Tätigkeitsspektrum, das ein bei einem
nicht-anwaltlichen Arbeitgeber angestellter Rechtsanwalt abdeckt, auch als Gegenstand eines „Beratervertrags“ zwischen einem niedergelassenen Rechtsanwalt und dem Arbeitgeber in Betracht käme.
d) Vertretungsbefugnis nach außen
Eine weitere eigenständige Voraussetzung, durch die
zugleich teilweise auch das Kriterium der Rechtsgestaltung (siehe oben) abgebildet sein soll, ist die in
§ 46 Abs. 3 Nr. 4 BRAO-E geforderte Vertretungsbefugnis nach außen.
Im berufsrechtlichen Schrifttum, so heißt es in der
Begründung (S. 34), sei es für eine rechtsanwaltliche
Tätigkeit anerkannt, dass selbst dann, wenn im Innenverhältnis zwischen Mandant und Rechtsanwalt vereinbart worden sei, dass der Rechtsanwalt keine Erklä12 „…
1. die Prüfung von Rechtsfragen, einschließlich der Aufklärung des Sachverhalts, sowie das Erarbeiten und Bewerten von Lösungsmöglichkeiten,
2. die Erteilung von Rechtsrat,
…“
13 „…
3. die Ausrichtung der Tätigkeit auf die Gestaltung von Rechtsverhältnissen, insbesondere durch das selbstständige Führen von Verhandlungen,
oder auf die Verwirklichung von Rechten und
4. die Vertretungsbefugnis nach außen.“
14 „Eine fachlich unabhängige Tätigkeit im Sinne des Absatzes 3 übt nicht aus,
wer sich an Weisungen zu halten hat, die eine eigenständige Analyse der
Rechtslage und eine einzelfallorientierte Rechtsberatung ausschließen. …“
273
Aufsätze
rungen gegenüber Dritten für seinen Mandanten
abgebe, solche Erklärungen im Außenverhältnis wirksam seien und den Mandanten verpflichten könnten.
Hingegen setze das Merkmal der „Vertretungsbefugnis
nach außen“ nicht voraus, dass der Syndikusrechtsanwalt eigene unternehmerische Entscheidungen treffe. Der Gesetzgeber spricht hier die schwierigen Themen „Anscheinsvollmacht“ und „Vertreter ohne
Vertretungsmacht“ an, ohne konkret zu sagen, was gemeint ist. Es geht ganz offensichtlich nicht um rechtsgeschäftliche Vertretung (Prokura etc.). Aber auch die
Forderung nach der Befugnis zur Wahrnehmung rechtlicher Angelegenheiten gegenüber Dritten erscheint als
sehr weitgehend, zumal diese Befugnis bei dem von
einem Mandanten beauftragten „normalen“ Rechtsanwalt – je nach Ausgestaltung des Auftrags und der
Vollmacht – nicht zwingend und bei dem bei einem
„normalen“ Rechtsanwalt (nur) angestellten Rechtsanwalt praktisch niemals gegeben ist. Der Gesetzgeber
konzediert ja selbst, dass zwischen Mandant und
Rechtsanwalt vereinbart werden kann, dass der Anwalt
keine Erklärungen gegenüber Dritten abgibt. Warum
an dieser Stelle der Syndikusrechtsanwalt mit weitergehenden Kompetenzen ausgestattet sein muss als der
„normale“ Rechtsanwalt, erschließt sich nicht.
Immerhin soll es ausreichen, dass Syndikusrechtsanwälte nach außen die Befugnis zur Vertretung haben, „auch wenn sie tatsächlich von dieser Befugnis
keinen Gebrauch machen, etwa weil sie ausschließlich
im Bereich der Vertragsgestaltung oder der Beratung
der Unternehmensleitung tätig sind“. Aber auch hier
stellt sich sogleich wieder die Frage, warum jemand,
der aufgrund des Zuschnitts seiner Tätigkeit nur intern
agiert, überhaupt über eine wie auch immer geartete
Vertretungsbefugnis nach außen verfügen soll.
e) Gesamtschau
Die im Vorhergehenden dargestellten Merkmale fachliche Unabhängigkeit, Eigenverantwortlichkeit, der VierKriterien-Theorie entsprechendes Tätigkeitsspektrum
und Vertretungsbefugnis nach außen müssen kumulativ
vorliegen, wobei § 46 Abs. 3 BRAO-E die positive Umschreibung der „anwaltlichen Tätigkeit“ des Syndikusrechtsanwalts vornimmt und – von der Gesetzessystematik her nicht ganz befriedigend – § 46 Abs. 4 BRAO-E
dann noch einmal näher umschreibt, wann eines der geforderten Merkmale, nämlich die fachliche Unabhängigkeit, nicht vorliegt bzw. wie sie zu gewährleisten ist.
Praktische Schwierigkeiten werden sich in Zukunft
– so wie dies auch in der Vergangenheit der Fall war –
bei der Einordnung solcher Beschäftigungsverhältnisse
ergeben, die zwar auch, aber nicht ausschließlich dem
anwaltlichen Bereich zuzuordnen sind. Der Gesetzgeber (S. 22) trifft hierzu einige Aussagen, die ihrerseits wiederum auslegungsfähig sind. Er verweist zunächst auf eine „zunehmende Verrechtlichung der
274
Lebensverhältnisse im Sinne einer rechtlichen Durchdringung nahezu aller Lebensbereiche“. Diese Verrechtlichung betreffe vor allem wirtschaftliche, aber
auch medizinische, psychologische oder technische
Tätigkeiten mit der Folge, dass kaum eine berufliche
Betätigung ohne rechtliches Handeln und entsprechende Rechtskenntnisse möglich sei oder ohne rechtliche
Wirkung bleibe. Folgerichtig heißt es dann weiter, die
Übertragung anwaltsfremder Aufgaben stehe der Annahme einer anwaltlichen Tätigkeit nicht entgegen,
wenn die anwaltsfremden Aufgaben in einem engen
inneren Zusammenhang mit der rechtlichen Beistandspflicht stünden und auch rechtliche Fragen aufwerfen
könnten. Zur Abgrenzung der anwaltlichen Tätigkeit
von sonstigen Tätigkeiten bei einem nicht-anwaltlichen
Arbeitgeber sei auf „den Kern und den Schwerpunkt
der Tätigkeit“ abzustellen. Die anwaltliche Tätigkeit
müsse im Rahmen des Anstellungsverhältnisses die
„qualitativ und quantitativ ganz eindeutig prägende
Leistung“ des angestellten Rechtsanwalts sein.
Und außerdem: Durch die Verwendung des Begriffs
„prägen“15 solle dem Umstand Rechnung getragen
werden, dass der „ganz eindeutige Schwerpunkt“ der
im Rahmen des Anstellungsverhältnisses ausgeübten
Tätigkeiten und der bestehenden vertraglichen Leistungspflichten im anwaltlichen Bereich liegen müsse.
Umgekehrt werde eine anwaltliche Tätigkeit nicht bereits dadurch ausgeschlossen, dass im Rahmen des Anstellungsverhältnisses in geringem Umfang andere
Aufgaben wahrgenommen würden (S. 34).
Die noch im Referentenentwurf (S. 32) enthaltene präzise Formulierung, dass eine Tätigkeit, „die lediglich
zu 50 Prozent anwaltlich ist“, diese Voraussetzung
nicht erfülle, fehlt im Regierungsentwurf. Aus der 50Prozent-Regelung hätte man u.U. schließen können,
dass 51 % anwaltlicher Tätigkeit schon ausreichen,
wohingegen die jetzt übrig gebliebene Formulierung,
dass „in geringem Umfang“ andere Aufgaben wahrgenommen werden dürfen, eher an eine deutlich ungünstigere Gewichtung (vielleicht 75 % : 25 % oder
auch 90 % : 10 %?) denken lässt. Syndikusanwälte in
kleineren Unternehmen und Verbänden können ein
Lied davon singen, dass sie zwar einerseits in hohem
Maße allzuständig und damit unabhängig sind, dass sie
dabei vielfach aber auch die Rolle des „Mädchens für
alles“ spielen – eine Rolle, die zwar in großem Umfang anwaltliche Tätigkeiten, aber in einem mindestens ebenso großen Umfang auch rein geschäftliche,
organisatorische und strukturelle Aufgaben umfasst.
Syndikusrechtsanwalt ist auch der Angestellte (nicht:
der Gesellschafter) eines Angehörigen eines sozietäts15 § 46 Abs. 3 BRAO-E:
„Eine anwaltliche Tätigkeit im Sinne des Absatzes 2 Satz 1 liegt vor,
wenn das Anstellungsverhältnis durch folgende fachlich unabhängig und
eigenverantwortlich auszuübende Tätigkeiten sowie durch folgende Merkmale geprägt ist: … .“
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
fähigen Berufs. Die Befugnis des Syndikusrechtsanwalts zur Rechtsberatung und -vertretung erstreckt
sich in diesem Fall auch auf die Beratung und Vertretung Dritter, wobei sich der Umfang der Beratungsbefugnis nach der Beratungsbefugnis des Arbeitgebers
richtet (Regierungsentwurf S. 37).
Das gilt – worauf oben unter Ziff. B.I. bereits hingewiesen wurde – auch heute schon. Der bei einem Steuerberater oder einer Steuerberatungsgesellschaft angestellte Rechtsanwalt ist Syndikusanwalt bzw. Anwalt
mit Zweitberuf, muss dementsprechend eine Freistellungserklärung seines Arbeitgebers vorlegen und darf
nur außerhalb seines Anstellungsverhältnisses rechtsberatend und -vertretend tätig werden. Er „verhilft“
nicht dem Steuerberater oder der Steuerberatungsgesellschaft dazu, den eigenen Tätigkeitsbereich auf
allgemeine Rechtsberatung (also solche Rechtsberatung, die nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit
der Steuerberatung steht) auszudehnen.
3. Zulassung zur Rechtsanwaltschaft
Syndikusrechtsanwalt ist derjenige, dem die zuständige Rechtsanwaltskammer auf Antrag die Zulassung
zur Rechtsanwaltschaft als Syndikusrechtsanwalt erteilt (§ 46a BRAO-E).
Die Zulassung erfolgt tätigkeitsbezogen und setzt voraus, dass die konkret ausgeübte Tätigkeit den Anforderungen des § 46 Abs. 2 bis 5 BRAO-E entspricht
(§ 46a Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BRAO-E; siehe hierzu näher
oben Ziff. B.II.2.).
Bei mehreren voneinander unabhängigen Anstellungsverhältnissen ist keine gesonderte Zulassung für jedes
Anstellungsverhältnis erforderlich (§ 46a Abs. 1 S. 2
BRAO-E). Auf Antrag (dessen es allerdings bedarf)
ist die Zulassung vielmehr auch auf neue Tätigkeiten
zu erstrecken (§ 46b Abs. 3 BRAO-E).
Gem. § 46a Abs. 2 S. 1 BRAO-E entscheidet die
Rechtsanwaltskammer über den Zulassungantrag „nach
Anhörung des Trägers der Rentenversicherung“. Wie
sie die Anhörung im Einzelnen vornehmen, obliegt
dabei der pflichtgemäßen Ermessensentscheidung der
regionalen Rechtsanwaltskammern (Regierungsentwurf S. 39). In der Entwurfsbegründung ist ausdrücklich vorgesehen, dass die zuständige Rechtsanwaltskammer dem Träger der Rentenversicherung eine
angemessene Frist zur Stellungnahme setzen und bei
Fristversäumung ohne die Stellungnahme der Rentenversicherung entscheiden kann. Dadurch wird verhindert, dass das Zulassungsverfahren von der Rentenversicherung „auf die lange Bank geschoben“ wird.
4. Bindungswirkung der Kammerentscheidung
Anders als noch der Referentenentwurf sieht der Regierungsentwurf vor, dass „der Träger der RentenverKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
sicherung bei seiner Entscheidung über die Befreiung
von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und Abs. 3
des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch an die bestandskräftige Entscheidung der Rechtsanwaltskammer nach
Satz 1 gebunden (ist)“ (§ 46a Abs. 2 S. 3 BRAO-E).
Dadurch wird verhindert, dass – was nach dem Referentenentwurf möglich gewesen wäre – die Zulassungsentscheidung der Rechtsanwaltskammer und die
Befreiungsentscheidung der Rentenversicherung auseinanderfallen. Das Absehen von einer Bindungswirkung hätte für den Betroffenen vielfältige Unsicherheiten mit sich gebracht. So wäre etwa das Szenario
denkbar gewesen, dass er bei Ablehnung seines Zulassungsantrags durch die Rechtsanwaltskammer zunächst auf Zulassung hätte klagen müssen und sodann
– nach positiver Entscheidung des Anwaltsgerichtshofs oder des Anwaltssenats des BGH – noch einmal
mit einem negativen Bescheid der Rentenversicherung
hinsichtlich seiner Befreiungsfähigkeit hätte konfrontiert sein können, der dann wiederum vor den Sozialgerichten anzugreifen gewesen wäre. Dabei wäre in
letzter Konsequenz mit allen entsprechenden Folgewirkungen auch denkbar gewesen, dass der Anwaltssenat des BGH das Vorliegen anwaltlicher Tätigkeit
anders eingeschätzt hätte als das Bundessozialgericht.
Ein solches Szenario bleibt der Anwaltschaft nun erspart.
Der „Preis“ für die Bindungswirkung ist ein eigenes
Klagerecht des Trägers der Rentenversicherung, dem
– wie dem Antragsteller – gegen die Entscheidung
der Rechtsanwaltskammer „Rechtsschutz gem. § 112a
Absatz 1 und 2 zu(steht)“. Von Kritikern wurde dies
bereits als Eingriff in die anwaltliche Selbstverwaltung
abgelehnt, doch muss man sich vergegenwärtigen,
dass, da Rechtsschutz für alle Beteiligten natürlich zu
gewährleisten ist, die Alternative eben in der zuvor beschriebenen Zweigleisigkeit mit ihren sehr viel gravierenderen Unzuträglichkeiten bestanden hätte.
Problematisch ist allerdings, dass die Rechtsmittel
nach § 112a Abs. 1 und 2 BRAO, für die gem. § 112c
Abs. 1 BRAO die Vorschriften der VwGO entsprechend gelten, aufschiebende Wirkung haben (in manchen Bundesländern ist sogar noch ein Vorverfahren
erforderlich), was dazu führen kann, dass die Rentenversicherung die Zulassung des Betroffenen als Syndikusrechtsanwalt für längere Zeit blockiert.
Die aufschiebende Wirkung sollte deshalb entfallen,
was nach § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 VwGO ohne weiteres
festgeschrieben werden könnte.
5. Tätigkeitswechsel
Der Syndikusrechtsanwalt verliert seinen Status, wenn
er den Arbeitgeber und/oder den Tätigkeitsbereich verändert und danach nicht mehr die Kriterien des § 46
275
Aufsätze
BRAO-E erfüllt. Das Problem gebrochener Rentenbiographien ist damit auch nach neuem Recht nicht gelöst.
Es gilt eine strenge Anzeigepflicht nach § 46b Abs. 4
S. 1 BRAO-E, die neben die Anzeige-, Auskunftsund Vorlagepflichten des § 56 BRAO und des § 24
BORA („unbeschadet“) tritt.
6. Rechte des Syndikusrechtsanwalts
a) Beratung und Vertretung des Arbeitgebers
Der Syndikusrechtsanwalt darf nur in Bezug auf die
Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers beratend und
vertretend tätig werden.
Der Gesetzgeber differenziert dabei zwischen
Zu den Rechtsangelegenheiten des Arbeitgebers sollen
gem. § 46 Abs. 5 BRAO-E auch gehören
•
•
Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen (i.S. des § 15 AktG)16
•
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers
gegenüber seinen Mitgliedern
•
erlaubte Rechtsdienstleistungen des Arbeitgebers
(z.B. eines Steuerberaters) gegenüber Dritten.
jeder tätigkeitsbezogenen Änderung des Arbeitsvertrags (wozu auch die Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses gehört) (§ 46b Abs. 4 S. 1 Nr. 1
BRAO-E)
und
•
jeder wesentlichen Änderung der Tätigkeit innerhalb des Anstellungsverhältnisses (§ 46b Abs. 4
S. 1 Nr. 2 BRAO-E),
also zwischen nach außen erkennbaren und rein internen Änderungen.
Die im Referentenentwurf (S. 32) noch enthaltene Einschränkung, dass „eine vorübergehende Abordnung zu
anderen Tätigkeiten“ für die Syndikustätigkeit unschädlich sei, findet sich in der Begründung zum Regierungsentwurf nicht mehr.
Hier taucht jetzt die Klarstellung auf, dass eine wesentliche Tätigkeitsänderung (Nr. 2) etwa bei einem
Wechsel von der Rechts- in die Personalabteilung anzunehmen sein könne, nicht hingegen, wenn bei einer
gleichbleibend unabhängig rechtsberatenden Tätigkeit
innerhalb derselben Rechtsabteilung lediglich ein anderes Rechtsgebiet bearbeitet werde.
Es wird hier also der Typus eines „Rechtsanwalts“ geschaffen, der nicht der „berufene … Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten“ ist, sondern dessen Aktionsradius sich u.U. – je nach Ausprägung des
Arbeitsverhältnisses – auf die anwaltliche Beratung
und Vertretung einer einzigen Person beschränkt. Ein
Syndikusrechtsanwalt, der mehr will, muss gleichzeitig die Zulassung als „normaler“ Rechtsanwalt beantragen.
b) Vertretungsbefugnisse
aa) Der Syndikusrechtsanwalt darf seinen Arbeitgeber
vertreten in
(1)
Hier werden sich – insbesondere für die Rechtsanwaltskammern – in der Zukunft schwierige Detailfragen
stellen. Die „Kontakte“ zwischen Syndikusrechtsanwälten und ihrer Heimatkammer werden künftig
deutlich zahlreicher sein als in der Vergangenheit.
Allerdings obliegt die Frage, ob eine Tätigkeitsänderung wesentlich ist (und daher bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 46a BRAO-E eine Erstreckung
der Zulassung bzw. andernfalls deren Widerruf zu erfolgen hat), allein der Prüfung und Entscheidung durch
die zuständige Rechtsanwaltskammer. Eine (nochmalige) Involvierung des Trägers der Rentenversicherung
ist an dieser Stelle nicht vorgesehen. Die Rentenversicherung hat auch kein Rechtsmittel für den Fall,
dass sie eine ihr (zufällig) bekannt gewordene Tätigkeitsänderung anders als die Rechtsanwaltskammer
als wesentlich einstuft und dabei zugleich auch noch
von einem Wegfall der Zulassungs- und Befreiungsvoraussetzungen ausgeht. Die Rentenversicherung
kommt erst (wieder) ins Spiel, wenn die Kammer Wesentlichkeit annimmt und die Zulassung entsprechend
erstreckt.
276
allen zivil- und arbeitsrechtlichen Verfahren sowie in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
ohne Anwaltszwang
Das entspricht der aktuellen Rechtslage. Anders
als jetzt darf der Angestellte sich aber „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“ nennen und
muss nicht mehr nur als „Mitarbeiter“ seines
nicht-anwaltlichen Arbeitgebers agieren.
(2)
allen verwaltungs-, finanz- und sozialgerichtlichen Verfahren sowie in Verfahren vor Schiedsgerichten
Dies ist aktuell nach § 46 Abs. 1 BRAO nicht
möglich.
(3)
Straf- und Bußgeldverfahren, soweit der Arbeitgeber nicht als Beschuldigter oder Einziehungsbeteiligter, sondern z.B. als Geschädigter und
Nebenkläger am Verfahren beteiligt ist
Auch dies ist nach geltendem Recht nicht möglich.
16 Diese Regelung entspricht § 2 Abs. 3 Ziff. 6 RDG, wonach die Erledigung
von Rechtsangelegenheiten innerhalb verbundener Unternehmen nicht unter den Begriff der Rechtsdienstleistung fällt. Vgl. Offermann-Burckart,
in: Krenzler, aaO, § 2 RDG Rdn. 167.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
bb) Spiegelbildlich zu dem zuvor Gesagten gilt, dass
der Syndikusrechtsanwalt seinen Arbeitgeber nicht
vertreten darf
(1)
(2)
(3)
vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten und
dem Bundesgerichtshof in zivilrechtlichen Verfahren und Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, sofern Anwaltszwang herrscht (die Parteien oder die Beteiligten sich also durch einen
Rechtsanwalt vertreten lassen müssen oder vorgesehen ist, dass ein Schriftsatz von einem
Rechtsanwalt unterzeichnet sein muss)
vor den in § 11 Abs. 4 S. 1 ArbGG genannten
Gerichten (Landesarbeitsgericht, Bundesarbeitsgericht), sofern es sich bei dem Arbeitgeber nicht
selbst um einen vertretungsbefugten Bevollmächtigten i.S. des § 11 Abs. 4 S. 2 ArbGG (also
z.B. eine Gewerkschaft) handelt
in Straf- oder Bußgeldverfahren, die sich gegen
den Arbeitgeber oder dessen Mitarbeiter richten,
als deren Verteidiger oder Vertreter
cc) Eine wichtige Neuerung ergibt sich dadurch, dass
Syndikusrechtsanwälte, die zugleich als „normale“
Anwälte zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sind, ihren
Arbeitgeber auch vor den Landgerichten, Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof in zivilrechtlichen Verfahren und in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Anwaltszwang sowie vor den in § 11
Abs. 4 S. 1 ArbGG genannten Gerichten als „normaler“ Rechtsanwalt vertreten dürfen.
Dies gilt nach derzeitiger Einschätzung selbst in Angelegenheiten, mit denen sie zuvor schon im Rahmen ihrer Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt befasst waren.
Denn die Beschränkungen des § 45 BRAO gelten
nicht, weil der Rechtsanwalt, der zuvor als Syndikusrechtsanwalt mit einer Angelegenheit befasst war
(oder umgekehrt), nicht „außerhalb seiner Anwaltstätigkeit“ tätig geworden ist.
Selbstverständlich muss der Syndikusrechtsanwalt gegenüber dem Arbeitgeber nach RVG abrechnen, wenn
er ihn als „normaler“ Anwalt vertritt.
Die beschriebene Öffnung gilt in Straf- oder Bußgeldverfahren grundsätzlich nicht. Hier gilt sie allerdings
dann, wenn das Straf- oder Bußgeldverfahren keinen
Unternehmensbezug aufweist, einem Mitarbeiter des
Unternehmens z.B. eine Trunkenheitsfahrt zur Last gelegt wird, ohne dass es sich bei dieser um eine Dienstfahrt gehandelt hätte.
Vertretungsbefugnisse eines Syndikusrechtsanwalts,
der neben seiner Tätigkeit als Syndikusrechtsanwalt
auch als „normaler“ Rechtsanwalt tätig ist, werden in
der Begründung zum Regierungsentwurf als „verfassungsrechtlich geboten“ (S. 24) bzw. als „aus verfassungsrechtlichen Gründen zulässig“ (S. 45) bezeichnet.
c) Legal privileges
aa) Dem Syndikusrechtsanwalt steht zu
•
•
ein Zeugnisverweigerungsrecht im Zivilprozess
(§ 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO)
daraus abgeleitet das Recht, einer gerichtlichen Anordnung zur Urkundenvorlegung nicht nachzukommen (§ 142 Abs. 2 ZPO).
bb) Dagegen steht ihm nicht zu das Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 3 StPO. Etwas anderes
gilt nur dann, wenn der Syndikusrechtsanwalt Angestellter eines Berufsträgers (z.B. eines Wirtschaftsprüfers, vereidigten Buchprüfers, Steuerberaters oder
Steuerbevollmächtigten) ist, für den ein eigenes Zeugnisverweigerungsrecht gilt (§ 53a Abs. 1 StPO).
Für den Syndikusrechtsanwalt gelten auch nicht
•
•
•
die Beschlagnahmefreiheit nach § 97 Abs. 1 bis 3
StPO
das Abhörungs- und Aufzeichnungsverbot nach
§ 100c Abs. 6 StPO
das Verbot der Durchführung von Ermittlungsmaßnahmen (§ 160a StPO).
d) Praktische Erfahrungen aus der Syndikustätigkeit
In der Begründung zum Regierungsentwurf (S. 19 f.,
25) wird klargestellt, dass die praktischen Erfahrungen, die der Syndikusrechtsanwalt im Rahmen seiner
Angestelltentätigkeit erwirbt, also die Fälle, die er bearbeitet, zu berücksichtigen sind
•
•
•
beim Erwerb einer Fachanwaltsbezeichnung (§ 43c
Abs. 1 S. 1 BRAO i.V.m. § 5 Abs. 1 FAO)18
nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BNotO für die Bestellung als
Notar19
nach § 11 Abs. 1 S. 1 EuRAG für die Zulassung
eines europäischen Rechtsanwalts zur Rechtsanwaltschaft.20
17 Vgl. hierzu Offermann-Burckart, AnwBl. 2015, 202, 206.
18 Ein entsprechender Vorschlag zur Änderung bzw. Ergänzung von § 5
Abs. 4 FAO, den der Ausschuss 1 der Fünften Satzungsversammlung unterbreitet hatte, war seinerzeit zurückgenommen und nicht weiterverfolgt
worden, nachdem absehbar war, dass sich im Plenum der Satzungsversammlung hierfür keine Mehrheit würde finden lassen.
19 Hier stellt sich allerdings die Frage, wie die Forderung nach einem Tätigsein für „verschiedene“ Auftraggeber erfüllt werden kann.
20 Für europäische Rechtsanwälte besteht – wie sich aus dem Verweis auf
§ 4 BRAO ergibt – die Möglichkeit einer Zulassung als Syndikusrechtsanwalt übrigens nicht. Insofern ergibt sich ein Widerspruch zu § 6 Abs. 1
EuRAG, der u.a. einschränkungslos auf den Dritten Teil der BRAO verweist und dementsprechend noch geändert werden muss.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
277
Es ist erstaunlich (Stichwort: Quadratur des Kreises)
wie geradezu „sang- und klanglos“ der Gesetzgeber
die bisherigen Vertretungsbeschränkungen des Syndikusanwalts, die bislang gar nicht bzw. – etwas fadenscheinig – mit der Gefahr von Interessenkollisionen
begründet werden,17 fallenlässt. Die Erweiterung der
Aufsätze
7. Pflichten des Syndikusrechtsanwalts
d) Besonderes elektronisches Anwaltspostfach
a) Mitgliedschaft in der Rechtsanwaltskammer
Der Syndikusrechtsanwalt muss auch ein besonderes
elektronisches Anwaltspostfach (beA) haben (§ 31a
BRAO21).
Der Syndikusrechtsanwalt ist Pflichtmitglied der örtlich für ihn zuständigen Rechtsanwaltskammer (§ 46a
BRAO-E i.V.m. § 12 Abs. 3 BRAO).
b) Anzeigepflichten
Er unterliegt den Anzeige-, Auskunfts- und Vorlagepflichten eines „normalen“ Rechtsanwalts gem. § 56
Abs. 3 BRAO und § 24 BORA.
Darüber hinaus muss er gem. § 46b Abs. 4 BRAO-E
der zuständigen Rechtsanwaltskammer die bereits unter Ziff. B.II.5. dargestellten Veränderungen anzeigen.
Nur so wird die Rechtsanwaltskammer in die Lage
versetzt, zu überprüfen, ob der Syndikusrechtsanwalt
die Anforderungen nach § 46 BRAO-E durchgängig
erfüllt.
Erfüllt er sie nicht mehr, ist die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt ganz oder teilweise zu widerrufen.
Eine Zulassung als „normaler“ Rechtsanwalt bleibt
von diesem Widerruf unberührt.
Etwas anderes gilt nur für den Fall, dass die Zulassung
als Syndikusrechtsanwalt aus einem Grund widerrufen
wird, der auch die „normale“ Zulassung tangiert (z.B.
Vermögensverfall, schwerwiegende Erkrankung). In
einem solchen Fall sind beide Zulassungen zu widerrufen. Es ergehen gesonderte Widerrufsbescheide, gegen
die auch gesondert Rechtsmittel einzulegen ist.
c) Kanzleipflicht
Auch Syndikusrechtsanwälte sind gem. § 27 BRAO
verpflichtet, eine Kanzlei zu unterhalten. Das gilt mit
der Maßgabe, dass die regelmäßige Arbeitsstätte als
Kanzlei gilt (§ 46c Abs. 4 S. 1 BRAO-E).
Ist der Syndikusrechtsanwalt zugleich als „normaler“
Rechtsanwalt zugelassen, muss er hierfür eine gesonderte Kanzlei errichten und unterhalten (§ 46c Abs. 4
S. 2 BRAO-E).
Daraus ergibt sich für den auch „normal“ zugelassenen
Syndikusrechtsanwalt gegenüber der heutigen Situation eine Erschwernis. Es ist künftig nicht mehr möglich, die Kanzlei (ausschließlich) beim Arbeitgeber
einzurichten. Allerdings ist diese derzeit durchaus gängige Praxis ohnehin im Hinblick auf § 59a Abs. 3
BRAO „grenzwertig“. Denn wer seine Kanzlei in den
Räumen des Arbeitgebers einrichtet, begründet letztlich eine Bürogemeinschaft mit dem Arbeitgeber, deren Zulässigkeit (eigentlich) davon abhängt, dass der
Arbeitgeber Rechtsanwalt oder Angehöriger eines sozietätsfähigen Berufs i.S. von § 59a Abs. 1 S. 1
BRAO ist.
278
Wie sich aus dem Begründungstext (S. 48) ergibt, muss
der Syndikusrechtsanwalt, der zugleich als „normaler“
Anwalt zugelassen ist, ein gesondertes besonderes
elektronisches Anwaltspostfach haben. Für ihn sind
also zwei Postfächer – und sofern er mehrere Syndikustätigkeiten ausübt, sogar noch weitere – einzurichten.
e) Berufsbezeichnung
Der Syndikusanwalt/die Syndikusanwältin muss die
Berufsbezeichnung „Rechtsanwalt (Syndikusrechtsanwalt)“ bzw. „Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin)“ führen (§ 46a Abs. 4 Nr. 2 BRAO-E).
Im Referentenentwurf war noch die isolierte Bezeichnung „Syndikusrechtsanwalt“ bzw. „Syndikusrechtsanwältin“ vorgesehen.
f) Berufshaftpflichtversicherung
Da der Syndikusrechtsanwalt eigenverantwortlich tätig
wird, also dem Arbeitgeber wie einem Mandanten haftet, soll er wie jeder „normale“ Rechtsanwalt eine Berufshaftpflichtversicherung unterhalten müssen, die
den Anforderungen des § 51 BRAO genügt (§ 46a
Abs. 4 Nr. 1 BRAO-E i.V.m. § 12 Abs. 2 2. Hs.
BRAO). Eine Ausnahme soll nur dann gelten, wenn
der Arbeitgeber für den Syndikusrechtsanwalt eine
Haftpflichtversicherung unterhält, die den Anforderungen von § 51 BRAO entspricht.22
Kritiker wenden ein, der Zwang, eine ausreichende
Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, könne
sich prohibitiv auswirken, weil Haftungsrisiken namentlich für in großen Unternehmen beschäftigte Syndikusrechtsanwälte so unüberschaubar seien, dass sie
gar nicht zu tragbaren Konditionen versichert werden
könnten.
Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass § 46c
Abs. 3 BRAO-E den § 52 BRAO von der Anwendbarkeit auf Syndikusrechtsanwälte ausnimmt, was bedeutet, dass zwischen Syndikusrechtsanwalt und Arbeitgeber Haftungsbeschränkungen ohne die in der BRAO
vorgesehenen Einschränkungen vereinbart werden
können.
Der Gesetzgeber hält den Abschluss und das Aufrechterhalten einer Berufshaftpflichtversicherung durch den
Syndikusrechtsanwalt „zur Wahrung der Vermögensinteressen Dritter und der Unabhängigkeit des Syn21 Tritt am 1.1.2016 in Kraft.
22 Zu der Frage, ob auch für Syndikusrechtsanwälte die Grundsätze gelten,
die das BAG zum Thema „gefahrgeneigte Arbeit“ entwickelt hat, vgl.
Schuster, AnwBl. 2015, nn.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
dikusrechtsanwalts“ für erforderlich (S. 42). Die Einschränkung des § 52 BRAO in Bezug auf die Tätigkeit
als Syndnikusrechtsanwalt trage aber dem Umstand
Rechnung, dass das Interesse des Arbeitgebers an
einem Schadensausgleich durch den Syndikusrechtsanwalt bzw. dessen Versicherung im Rahmen des bestehenden Anstellungsverhältnisses anders zu bewerten
sei als das Interesse eines Mandanten im Rahmen eines
Einzelauftrags; der Arbeitgeber sei daher nicht in gleicher Weise schutzwürdig. So bestehe zwischen Arbeitgeber und Syndikusrechtsanwalt bei Abschluss des
Anstellungsvertrags regelmäßig ein größeres Verhandlungsgleichgewicht als zwischen (Syndikus-) Rechtsanwalt und Mandant bei Begründung eines Einzelmandats. Zudem könne es für den Arbeitgeber, der den
Syndikusrechtsanwalt nach § 46c Abs. 4 Nr. 1
BRAO-E mitversichern oder im Innenverhältnis dessen
Versicherungsprämie übernehmen wolle, wirtschaftlich
interessant sein, dem Syndikusrechtsanwalt Haftungserleichterungen einzuräumen, die sich vorteilhaft auf
die Höhe der Versicherungsprämie auswirkten. Vor
diesem Hintergrund sollten im Verhältnis zum Arbeitgeber individualvertragliche Haftungsbegrenzungen
im Rahmen der allgemeinen gesetzlichen Bestimmungen (z.B. des § 276 Abs. 3 BGB) zulässig sein (S. 47).
stellt sich auch die interessante Frage, ob die
Syndikusrechtsanwalts-Kollegen eines den Arbeitsplatz wechselnden Syndikusrechtsanwalts
(im abgebenden Unternehmen und/oder im aufnehmenden Unternehmen) „infiziert“, also ebenfalls kollisionsbefangen sind. Wenn man die ausnahmslose Geltung des Berufsrechts auch für
Syndikusrechtsanwälte ernst nimmt, kann diese
Frage – mit den hierzu allgemein diskutierten
Imponderabilien – nur bejaht werden.
(4)
Ist die Gegenseite anwaltlich vertreten, kann der
Syndikusrechtsanwalt sich nicht mehr auf den
Standpunkt zurückziehen, er selbst handele ja
nur als Mitarbeiter seines Arbeitgebers.
(5)
besondere Darlegungs- und Informationspflichten bei Inkassodienstleistungen (§ 43d BRAO)
(6)
die Pflicht zur Entgegennahme ordnungsgemäßer
Zustellungen (§ 14 BORA)
(7)
das Verbot erfolgsabhängiger Vergütung (§ 49b
Abs. 2 S. 1 BRAO), das der Gesetzgeber als
„vor allem“ zu benennende Grundpflicht, der
auch Syndikusrechtsanwälte unterliegen, erwähnt
(S. 44), ohne darzulegen, was hier konkret gemeint ist
g) Berufsrechtliche Pflichten
Der Syndikusrechtsanwalt unterliegt denselben berufsrechtlichen Pflichten wie jeder „normale“ Rechtsanwalt.
Soll es dem Syndikusrechtsanwalt etwa verwehrt
sein, mit seinem Arbeitgeber Prämien auszuhandeln? Wie vertrüge sich das mit arbeitsrechtlichen Überlegungen?
Dazu zählen insbesondere
(1)
die Pflicht zur Wahrung der Unabhängigkeit
(§ 43a Abs. 1 BRAO), die in der Gesetzesbegründung (S. 44) als Pflicht des Syndikusrechtsanwalts ausdrücklich erwähnt wird
(2)
die Pflicht zur Verschwiegenheit (§§ 203 StGB,
43a Abs. 2 BRAO, 2 BORA)
Der Syndikusrechtsanwalt, der ein Geheimnis aus
seinem „anwaltlich geprägten“ Tätigkeitsbereich
offenbart, verstößt also nicht nur gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten, sondern auch gegen
Berufsrecht. U.U. macht er sich sogar strafbar.
(3)
das Verbot der Vertretung widerstreitender
Interessen (§§ 356 StGB, 43a Abs. 4 BRAO, 3
BORA)
Das Interessenkollisions-Verbot kann (Stichwort:
Sozietätswechsler-Situation) erhebliche Bedeutung erlangen, wenn ein Syndikusrechtsanwalt
innerhalb derselben Branche einen Arbeitsplatzwechsel vornimmt (z.B. ein Syndikusrechtsanwalt aus der Vertragsabteilung eines Autokonzerns in die Vertragsabteilung eines Zulieferbetriebs wechselt, der in intensiven Geschäftsbeziehungen zu dem Autokonzern steht). Dabei
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
das Verbot der Umgehung des Gegenanwalts
(§ 12 BORA)
(8)
Bestimmte Berufspflichten, insbesondere die
Pflicht zur Übernahme von PKH- und Beratungshilfe-Mandaten, gelten (bzw. passen) für den Syndikusrechtsanwalt nicht (§ 46c Abs. 3 BRAO-E).
Um dies zu begründen, genügt es allerdings
nicht, nur darauf zu verweisen, dass Syndikusrechtsanwälte gegenüber ihrem Arbeitgeber nicht
nach RVG abrechnen (dürfen) (siehe hierzu näher sogleich). Nach den Ausführungen in der
Entwurfsbegründung verträgt sich eine solche
Übernahmepflicht mit der Tätigkeit eines ausschließlich nach § 46a BRAO-E zugelassenen
Syndikusrechtsanwalts schon deshalb nicht, weil
dessen anwaltliche Tätigkeit nach § 46 Abs. 5
BRAO-E auf die Beratung und Vertretung des
Arbeitgebers beschränkt sei (S. 47). Auch diese
Argumentation springt letztlich zu kurz, weil
durchaus Fälle denkbar sind (z.B. der des in Vermögensverfall geratenen Einzel-Steuerberaters
mit einem angestellten Syndikusrechtsanwalt),
in denen darüber nachzudenken wäre, ob es in
Verfahren, die der Syndikusrechtsanwalt für seinen Arbeitgeber führen darf, wirklich noch vertretbar ist, gleichwohl einen niedergelassenen
279
Aufsätze
Rechtsanwalt im Wege der Prozesskostenhilfe
beizuordnen und so die Allgemeinheit mit eigentlich unnötigen Aufwendungen zu belasten.
h) Abrechnungsverhalten
Der Syndikusrechtsanwalt ist nicht berechtigt und verpflichtet, nach RVG abzurechnen (§ 1 Abs. 2 S. 1
RVG-E).
III. Der auch als „normaler“ Rechtsanwalt zugelassene Syndikusrechtsanwalt
Hier ergeben sich – abgesehen von der doppelten Zulassung – gegenüber dem unter Ziff. B.II. Dargestellten keine Unterschiede.
1. Grundsätzliches
Zusammengefasst gilt, dass der Syndikusrechtsanwalt
mit „zweiter“ Anwaltszulassung
•
weitergehende Vertretungsbefugnisse als der Syndikusanwalt heute hat, weil er den nicht-anwaltlichen Arbeitgeber außerhalb des Anstellungsverhältnisses auch umfassend gerichtlich vertreten darf
•
eine Berufshaftpflichtversicherung (oder auch zwei
Versicherungen) unterhalten muss, die zu 100 %
die Syndikusrechtsanwaltstätigkeit (diesen Bereich
kann auch der Arbeitgeber übernehmen) und zu
100 % die „normale“ Anwaltstätigkeit abdeckt
•
als „normaler“ Rechtsanwalt eine eigene, weitere
Kanzlei unterhalten muss
•
als „normaler“ Rechtsanwalt ein eigenes, weiteres
besonderes elektronisches Anwaltspostfach unterhalten muss.
2. Unvereinbarkeit der Syndikustätigkeit?
Daneben gilt außerdem (natürlich) § 7 Nr. 8 BRAO
(bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO), was bedeutet, dass
nach wie vor festgestellt werden muss, dass die Angestelltentätigkeit, also die Syndikusrechtsanwaltstätigkeit mit der Anwaltstätigkeit vereinbar ist.
Die Beschränkungen, die hier ganz grundsätzlich für
Rechtsanwälte bestehen, müssen natürlich auch für
Syndikusrechtsanwälte gelten, die eine zusätzliche
„normale“ Zulassung erhalten bzw. behalten wollen.
Das Bundesverfassungsgericht schließt in seiner
Zweitberufs-Entscheidung vom 4.11.199223 die Vereinbarkeit von (insbesondere kaufmännisch-erwerbswirtschaftlichen) Tätigkeiten mit dem Anwaltsberuf
aus, wenn Interessenkollisionen naheliegen, weil etwa
ein kaufmännischer Beruf die Möglichkeit bietet, Informationen zu nutzen, die aus der rechtsberatenden
23 BVerfGE 87, 287 = NJW 1993, 317 = AnwBl. 1993, 120 = BRAK-Mitt.
193, 50.
280
Tätigkeit stammen. Solchen Gefahren zu wehren, sei
im Interesse der Rechtspflege und des Ansehens der
Rechtsanwaltschaft geboten und auch erkennbares
Ziel entsprechender Berufswahlbeschränkungen.
Für „reine“, also ausschließlich als Syndikusrechtsanwälte zur Anwaltschaft zugelassene Syndikusrechtsanwälte stellt sich hierbei die spannende Frage, ob
auch für sie die von der Rechtsprechung entwickelten
Beschränkungen hinsichtlich der Unvereinbarkeit einer
Tätigkeit gelten. Konkret geht es dabei etwa darum, ob
ein Nur-Syndikusrechtsanwalt z.B. im Finanzdienstleistungsbereich tätig sein darf, wenn zu seiner Tätigkeit
(und sei es auch nur in geringerem Umfang) auch die
Vermittlung von Finanzprodukten gehört. Der umfassende Verweis auf § 7 BRAO in § 46a Abs. 1 S. 1
Nr. 2 BRAO-E legt eine solche Sichtweise nahe. Andererseits ist zu bedenken, dass der nur seinem eigenen
Arbeitgeber „dienende“ Syndikusrechtsanwalt kaum
der Gefahr von Interessenkollisionen unterliegen kann.24
Wünscht ein solcher Syndikusrechtsanwalt aber auch
die „normale“ Zulassung, kann sich ein entsprechender
Versagungs- bzw. Widerrufsgrund natürlich ergeben.
Fälle einer Unvereinbarkeit wegen der ausgeübten Tätigkeit dürften bei Syndikusrechtsanwälten in der Praxis dennoch selten sein, weshalb es im Wesentlichen
um die Frage gehen wird, ob der „normale“ Anwaltsberuf auch in angemessenem Umfang ausgeübt werden kann.
Das Bundesverfassungsgericht führt hierzu in seiner
Zweitberufs-Entscheidung aus, der rechtliche und tatsächliche Handlungsspielraum, der für die Ausübung
des Anwaltsberufs unentbehrlich sei, werde vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung danach bestimmt, ob dem Berufsbewerber der Freiraum für eine
irgendwie nennenswerte und nicht nur gelegentliche
Beratungs- und Vertretungstätigkeit bleibe.25 Dieser
konkretisierende Grundsatz sei von dem gesetzgeberischen Ziel geleitet, ein Mindestmaß an Unabhängigkeit und Professionalität des Rechtsanwalts zu gewährleisten. Er sei dazu geeignet und auch erforderlich, um
den reinen „Feierabend-Anwalt“ auszuschließen und
die Berufsbezeichnung des Rechtsanwalts nicht zu
einem bloßen Titel werden zu lassen. Die Zumutbarkeit ergebe sich daraus, dass die betroffenen Berufsbewerber bereits über einen ausfüllenden und zeitlich
belastenden Hauptberuf verfügten, in der Regel also
durch einen Ausschluss vom Rechtsanwaltsberuf weniger hart getroffen würden.
Es wird somit auch weiterhin die von den Kammern
„ungeliebten“ Freistellungserklärungen geben, in denen nicht-anwaltliche Arbeitgeber den bei ihnen angestellten (Syndikusrechts-)Anwälten – mehr oder weni24 Allerdings könnte die Unabhängigkeit (§ 43a Abs. 1 BRAO) des Syndikusrechtsanwalts in Gefahr sein.
25 Vgl. etwa BGHZ 33, 266, 268 = NJW 1961, 216.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
ger wahrheitsgemäß – bescheinigen, dass sie sich
„während der Dienststunden zur Wahrnehmung etwaiger gerichtlicher Termine und Besprechungen jederzeit von ihrem Dienstplatz entfernen (dürfen), ohne
im Einzelfall eine Erlaubnis hierfür einholen zu müssen, selbst wenn anwaltliche Termine mit dienstlichen
Terminen kollidieren“.26
IV. Der „normale“ Rechtsanwalt mit Zweitberuf
Bei aller Euphorie über den Regierungsentwurf darf
eine Spezies nicht vergessen werden: der Rechtsanwalt
mit Zweitberuf.
Angesichts der Anforderungen, die an den Syndikusrechtsanwalt gestellt werden, wird es – nicht wenige –
Unternehmens- und Verbandsjuristen geben, die zwar
über eine „normale“ Anwaltszulassung verfügen, aber
nicht Syndikusrechtsanwälte sind bzw. werden können. Es sind dies diejenigen Unternehmens- und Verbandsjuristen (mit Anwaltszulassung), die nicht die
Anforderungen von § 46 BRAO-E erfüllen, also nicht
anwaltlich geprägt und/oder nicht unabhängig und/
oder nicht eigenverantwortlich tätig sind und/oder keine Vertretungsbefugnis nach außen haben.
Die Gesetzesbegründung (S. 31) benennt exemplarisch
den juristisch ausgebildeten Mitarbeiter (z.B. Sachbearbeiter), der weisungsgebunden rechtliche Sachverhalte prüft und anhand unternehmensinterner Vorgaben entscheidet.
Auch für diese Gruppe gilt (natürlich) weiterhin § 7
Nr. 8 BRAO (bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 8 BRAO), d.h. es
muss die Vereinbarkeit der Tätigkeit mit dem Anwaltsberuf geprüft werden, was u.a. die Vorlage einer
Freistellungserklärung (siehe oben) erfordert.
Übrigens ist kein bei einem nicht-anwaltlichen Arbeitgeber angestellter „Volljurist“ verpflichtet, sich als
Syndikusrechtsanwalt zulassen zu lassen.
Wem die Befreiung von der Rentenversicherungspflicht egal ist und wer die Syndikusrechtsanwalts-Zulassung nicht will, weil er z.B. nicht den berufsrechtlichen Regeln unterworfen sein will, kann auch
weiterhin als „einfacher“ Unternehmens- oder Verbandsjurist mit oder ohne Zulassung als „normaler“
Rechtsanwalt tätig sein.
Daraus ergibt sich – wie dies ja auch bislang nicht der
Fall ist – kein Verstoß gegen das RDG.
C. Aufgabe der Doppelberufstheorie?
Vor dem Hintergrund der Ausführungen zu dem alten
und nach wie vor existierenden Typus des Rechtsanwalts mit Zweitberuf stellt sich die Frage, ob durch
26 So der Vorschlag der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf für eine entsprechende Passage in der „Freistellungserklärung“.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
den Gesetzentwurf – wie von der Bundesregierung formuliert (S. 21) – wirklich die sog. Doppelberufs- oder
Zweiberufe-Theorie aufgegeben wird.
Wie gezeigt, ändert sich bei denjenigen Unternehmens- und Verbandsjuristen, die nicht Syndikusrechtsanwalt sind, aber über eine Anwaltszulassung verfügen, gegenüber dem heutigen Rechtszustand praktisch
nichts. Sie sind auch weiterhin Rechtsanwälte mit
Zweitberuf.
In der Gesetzesbegründung wird formuliert, die Aufgabe der Doppelberufstheorie bedeute nicht, dass die
Ausübung zweier oder mehrerer Berufe nebeneinander
ausgeschlossen werde, sondern lediglich, dass der Begriff des Syndikusrechtsanwalts nicht mehr zwingend
die Ausübung zweier Berufe, nämlich desjenigen eines
ständigen Rechtsberaters in einem festen Dienst- oder
Anstellungsverhältnis zu einem bestimmten nicht-anwaltlichen Arbeitgeber und eines zweiten Berufs als
freier Rechtsanwalt fordere (S. 21).
Richtigerweise wird man allerdings sagen müssen,
dass gerade durch den Gesetzentwurf die Doppelberufstheorie für diejenigen Anwälte im Anstellungsverhältnis, die nicht die Zulassung als Syndikusrechtsanwalt haben bzw. erhalten können, manifestiert wird.
Durch das Nebeneinanderstellen von „normalen“
Rechtsanwälten und Syndikusrechtsanwälten sowie
das Erfordernis einer jeweils eigenen Zulassung wird
aus der Doppelberufstheorie letztlich eine Art „ZweiAnwaltstypen-Theorie“.
Das ist einer der Gründe, warum z.B. der Deutsche
Anwaltverein (DAV) und der Bundesverband der Unternehmensjuristen (BUJ) in ihren ersten Stellungnahmen die eigene zusätzliche Syndikusrechtsanwalts-Zulassung abgelehnt haben. Der DAV hat stattdessen
vorgeschlagen, die Frage des Vorliegens anwaltlicher
Tätigkeit zum Gegenstand eines eigenen Feststellungsbescheids zu machen, der gewissermaßen auf der „normalen“ Zulassung zur Rechtsanwaltschaft aufsetzt.27
Hierzu schlägt der DAV folgenden § 46a Abs. 5
BRAO vor:
„Wer den Rechtsanwaltsberuf gem. § 46 Abs. 6 zugleich selbstständig und nach § 46 Abs. 2 ausübt, bedarf für die letzte Tätigkeit keiner gesonderten Zulassung i.S. von Abs. 2. Er darf die Tätigkeit als
Syndikusrechtsanwalt erst dann aufnehmen, wenn die Rechtsanwaltskammer durch Feststellungsbescheid nach Abs. 6 bestätigt
hat, dass die im Rahmen des Anstellungsverhältnisses nach § 46
Abs. 2 geschuldete Dienstleistung eine anwaltliche Tätigkeit i.S.
von § 46 Abs. 3 u. 4 ist.“
D. Zur Reichweite der Vertrauensschutzregelung
des § 231 Abs. 4b SGB VI-E
Eine der Fragen, die sofort nach Bekanntwerden des
Referentenentwurfs heftig diskutiert wurden, war die,
27 Vgl. die Stellungnahme des DAV von Mai 2015.
281
Aufsätze
ob auch diejenigen zur Anwaltschaft zugelassenen
„Alt-Syndizi“, die über einen gültigen rentenversicherungsrechtlichen Befreiungsbescheid verfügen, gezwungen sind, einen Antrag auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zu stellen.
Die Verfasserin hat dies schon in ihrem Vortrag am
12.6.2015 verneint und auf § 231 Abs. 4b S. 4
SGB VI-E verwiesen, der lautet:
„Die Befreiung wirkt jedoch auch für Zeiten vor dem 1. April 2014,
wenn für diese Zeiten einkommensbezogene Pflichtbeiträge an ein
berufsständisches Versorgungswerk gezahlt wurden.“
In der Begründung (S. 57) heißt es hierzu, Satz 4 regele, dass die Begrenzung der Rückwirkung der Befreiung auf April 2014 nicht in den Fällen gelte, in denen
insbesondere in der Annahme des Bestehens einer gültigen Befreiung seinerzeit nur einkommensbezogene
Pflichtbeiträge zur berufsständischen Versorgung gezahlt worden seien, nicht jedoch zur gesetzlichen Rentenversicherung.
Und:
„Hiermit wird umfassend eine Rückabwicklung der zur berufsständischen Versorgung entrichteten Beiträge vermieden und im Ergebnis die tatsächliche Beitragszahlung nachträglich legalisiert“.
Gegen einen Zwang für „Alt-Syndizi“, sich als Syndikusrechtsanwalt zulassen zu lassen, sprechen auch
die Ausführungen der Bundesregierung zum Erfüllungsaufwand für die Rechtsanwaltskammern. Hier ist
eine Fallzahl von ca. 4.000 bis 6.000 Anträgen auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt im Jahr (bundesweit)
„eingepreist“ und nicht von einer Antragsflut im ersten
Halbjahr 2016 die Rede.
Zahlung einkommensgerechter Beiträge) vorliegen. Die betroffenen
Personen müssen erst bei einem Wechsel der Tätigkeit ein neues Befreiungsverfahren in Gang setzen. Wer am 31.12.2014 bereits das 58.
Lebensjahr vollendet hat und in der Vergangenheit von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit
war, bleibt befreit, solange die oben angeführten Befreiungsvoraussetzungen vorliegen und eine rechtsberatende Tätigkeit ausgeübt
wird.“
Die übrigen sozialversicherungsrechtlichen Fragen
werden Gegenstand eines gesonderten Beitrags von
Schafhausen28 sein. Auch zu diesen weiteren Fragen
äußert sich die DRV in ihrer erwähnten Verlautbarung
vom 29.6.2015, in der es u.a. heißt, einer Aufrechterhaltung von Widersprüchen und Klagen gegen nach
dem 3.4.2014 ergangene Ablehnungsbescheide bedürfe es, um rechtliche Nachteile zu vermeiden, nicht.
Da jeder Fall anders ist, bei einer Klagerücknahme die
entstandenen Kosten (insbesondere die Anwaltskosten)
beim Kläger verbleiben und Fälle denkbar sind, in denen zwar Bestandsschutz besteht, nicht aber gewährleistet ist, dass ein Verfahren auf Zulassung als Syndikusrechtsanwalt zum Erfolg führt, kann hier von
vorschnellen Entscheidungen nur dringend abgeraten
werden!
Anmerkung der Redaktion: Der vorstehende Beitrag steht
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, „Podcast
– RAK info to go“ auch als Podcast zur Verfügung.
Es gibt auch keinen Grund, der einen Unternehmensoder Verbandsjuristen, dessen Befreiung von der Rentenversicherungspflicht fortgilt, zwänge, die Zulassung
als Syndikusrechtsanwalt zu erlangen (siehe oben).
Dies könnte im Einzelfall u.U. sogar zu schwierigen
Verhandlungen mit dem Arbeitgeber und/oder dazu
führen, dass bei einer Versagung der Zulassung durch
die Kammer die Befreiung verloren wäre.
Andererseits wird es Syndikusanwälte geben, die die
zusätzlichen Möglichkeiten, die eine Zulassung sowohl als Syndikusrechtsanwalt als auch als „normaler“
Rechtsanwalt (Stichwort: Möglichkeit der Vertretung
des Arbeitgebers als „normaler“ Rechtsanwalt, Zeugnisverweigerungsrecht gem. § 383 Abs. 1 Nr. 6 ZPO
etc.) mit sich bringt, nutzen wollen.
Die Auffassung der Verfasserin (also kein Zwang)
wird aktuell auch durch die jüngste Verlautbarung der
DRV vom 29.6.2015 gestützt, in der es heißt:
„Syndikusanwälte, die bei nicht-anwaltlichen Arbeitgebern arbeiten
und für ihre derzeit ausgeübte Tätigkeit über eine aktuelle Befreiung
verfügen, bleiben in dieser Tätigkeit befreit, solange die übrigen Befreiungsvoraussetzungen (Pflichtmitgliedschaft in einer Rechtsanwaltskammer und in einem Versorgungswerk für Rechtsanwälte,
282
28 Vgl. oben S. 266 ff., und AnwBl. 2015, 643 ff.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Aufsätze
Vermittlung durch die Rechtsanwaltskammer in Gebührenstreitigkeiten
als alternative Möglichkeit der Konfliktlösung
Von Rechtsanwältin Nicola Kreutzer, Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, Düsseldorf
Vorstandsmitglied der RAK Düsseldorf
Die Rechtsanwaltskammer erreichen
neben den Eingaben von Mandanten
mit der Bitte um Überprüfung der anwaltlichen Gebührenrechnung oftmals
auch mehr oder weniger (un)bestimmte Bitten um Hilfe bei der Bewältigung von Konflikten die anwaltliche
Gebührenrechnung betreffend.
Die Mandanten, die bei der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf um Überprüfung der Rechnung bitten, werden
deshalb durch die Kammer auf die
Möglichkeit hingewiesen, eine Vermittlung zwischen den Parteien durch
die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
oder die Bundesrechtsanwaltskammer
in Berlin gemäß § 191 f BRAO zu beantragen, wenn die Voraussetzungen
für eine solche Vorliegen.
Solche Eingaben werden von der
Kammer dahingehend beantwortet,
dass eine Überprüfung der anwaltSowohl von den Mandanten als auch
lichen Gebührenrechnung durch die
von Rechtsanwälten als Antragstellern
Rechtsanwaltskammer nicht durchwird die Form der vorgerichtlichen
geführt wird. Denn die GebührenrechNicola Kreutzer
Konfliktbeilegung in Form der Vernung unterfällt im Rahmen der gesetzmittlung durch die Rechtsanwaltskamlichen Vorschriften grundsätzlich der
mer in den letzten Jahren vermehrt wahrgenommen.
Eigenverantwortlichkeit des Rechtsanwaltes. Meinungsverschiedenheiten über die Gebührenrechnung sind,
Die Schlichtungsabteilung der RAK Düsseldorf hat
soweit es sich nicht um eine strafrechtlich relevante
stetig steigende Fallzahlen in den letzten vier Jahren
Gebührenüberhebung i.S. von § 352 Abs. 1 StGB hanzu verzeichnen. Aus den Tätigkeitsberichten ergeben
delt (vgl. Kammerbeitrag in KammerMitteilungen
sich folgende Eingänge:
4/2014, S. 387 ff.), vor den Zivilgerichten zu klären.
Jahrgang
2011
2012
2013
2014
Sowohl Mandanten als auch Rechtsanwälte wollen den
zivilgerichtlichen Weg jedoch regelmäßig ungern, zumindest als ultima ratio beschreiten.
Eingänge
63
74
97
105
Die Mandanten versprechen sich von einer Eingabe bei
der Rechtsanwaltskammer Hilfe im Umgang mit dem
Rechtsanwalt, dem sie sich bei der Beurteilung der
Richtigkeit der Rechnung oft sowohl fach- und sachlich, als auch argumentativ unterlegen fühlen. Die Absage durch die Rechtsanwaltskammer hinsichtlich ihres
Ansinnens der Überprüfung der Anwaltsrechnung lässt
die Mandanten mit vielen ungeklärten Fragen zurück.
Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin
berichtet in ihrem Tätigkeitsbericht 2014 von jährlichen
etwa 1.100 Anträgen in den letzten drei Jahren. Dort
heißt es zu Ursachen und den typischen Streitfällen:
Auch Rechtsanwälte wollen regelmäßig ihre Mandanten nicht sofort auf Zahlung verklagen. Denn damit
ist das wechselseitige Vertrauensverhältnis und damit
die Vertragsbeziehungen zum Mandanten zumeist dauerhaft und endgültig beendet. Anwälte fürchten zudem
– ob zu Unrecht oder zu Recht – anschließend negative
Publicity.
Der in Gegenwart des Mandanten vor dem Gericht
geschlossene Vergleich erweist sich nach Abrechnung aller Gerichts- und Anwaltskosten doch als
weniger vorteilhaft als vom Mandanten erwartet;
Vergleichsreue ist ein häufiger Auslöser für Streit
mit dem Anwalt. Fristversäumnisse kann selbst der
Laie erkennen. Ob sie aber dem Mandanten geschadet haben, wird dann streitig. Dies zu beurteilen wird
noch schwieriger, wenn der Mandant seinem Anwalt
materielle und inhaltliche Fehler vorwirft.
Für die Beilegung von Streitigkeiten unter Mitgliedern
der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf sowie zwischen
Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf und
ihren Auftraggebern hat der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf nach §§ 73 Abs. 2 Nr. 2 und 3, 77
BRAO eine gesonderte Abteilung VII, die „Schlichtungsabteilung“ gebildet. Die Schlichtungsabteilung besteht aus Mitgliedern des Vorstandes, die gemäß § 76
Abs. 1 BRAO zur Verschwiegenheit verpflichtet sind.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
„Es gibt Streit über den Umfang des Mandats und die
erforderliche Aufklärung über die Kosten (§ 49b
BRAO). Geht der Prozess verloren, wird dem Anwalt
das Führen eines aussichtslosen Prozesses vorgehalten.
Oft aber entzündet sich der Streit isoliert an der Gebührenrechnung, indem die Wirksamkeit von Vergütungsvereinbarungen oder ihre Konkretisierung in der
Rechnung beanstandet wird. Bei der Abrechnung gesetzlicher Gebühren wird über Gegenstandswert, Gebührenfaktor, den Anfall einer Einigungsgebühr und
283
Aufsätze
sogar über die Nebenkosten (Kopien, Fahrtkosten
usw.) gestritten. Wer mit dem Ausgang seines Rechtsstreits nicht einverstanden ist, wird kaum die dafür
aufgewandten Kosten für angemessen halten. Sogar
Mandanten, für die der Anwalt ersichtlich erfolgreich
tätig war, vergessen gern die ursprüngliche Erleichterung und halten ihre früheren Probleme im Nachhinein für so geringfügig und den erzielten Freispruch
für so selbstverständlich, dass sie Gebühren allenfalls
im untersten Bereich des Gebührenrahmens für vertretbar halten. Wird der Großteil der angefallenen Kosten durch eine Rechtsschutzversicherung abgedeckt,
soll der Anwalt für den Selbstbehalt oder die Differenz
zu den tatsächlichen Gebühren geradestehen.“
Die Durchführung des Schlichtungsverfahrens bei der
Rechtsanwaltskammer Düsseldorf ist für die Parteien
kostenfrei, das Verfahren nicht öffentlich und es kann
auf Antrag jeder der Parteien eingeleitet werden. Der
Antrag muss
•
•
•
•
Namen und Anschriften der Parteien,
•
bei der Antragstellung durch einen Bevollmächtigten eine Originalvollmacht,
•
•
eine kurze Darlegung des Sachverhaltes,
die Unterschrift der antragstellenden Partei,
sämtliche für die Streitentscheidung relevanten Unterlagen,
eine Erklärung über die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht des Rechtsanwaltes und
eine Erklärung, dass nach Kenntnis des Antragstellers keine Hinderungsgründe gemäß § 5 Abs. 1 der
Schlichtungsordnung der Rechtsanwaltskammer
Düsseldorf vorliegen,
enthalten.
Näheres regelt die Schlichtungsordnung
(http://www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de/
assets/Uploads/Kammer/Kammer_Regelwerk/
Schlichtungsordnung-der-Abteilung-VII.pdf).
Das Schlichtungsverfahren ist unzulässig,
•
•
•
•
•
•
wenn der Antragsteller seinen Anspruch oder seine
Einwendung vor Anrufung der Schlichtungsabteilung nicht gegenüber dem Antragsgegner erfolglos
geltend gemacht hat,
die Streitigkeit bereits gerichtsanhängig ist oder war,
die Streitigkeit Gegenstand eines Schlichtungsverfahrens ist oder war, insbesondere vor der Schlichtungsabteilung der Rechtsanwaltschaft bei der Bundesrechtsanwaltskammer Berlin,
die Streitigkeit durch einen Vergleich beigelegt
wurde,
ein Antrag auf PKH wegen Unbegründetheit des
Begehrens abgewiesen worden ist,
von einer der beteiligten Parteien Strafanzeige im
Zusammenhang mit dem streitigen Sachverhalt er-
284
stattet worden ist oder während des Schlichtungsverfahrens erstattet wird,
•
eine berufsrechtliche oder strafrechtliche Überprüfung des gerügten Verhaltens bei der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf oder der Staatsanwaltschaft anhängig und diese noch nicht abgeschlossen ist,
•
in der Angelegenheit ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen einen der Beteiligten anhängig ist,
•
bereits zwei Anträge des Antragstellers bezüglich des
gleichen Sachverhaltes nach §§ 6 und 7 der Schlichtungsordnung zurückgewiesen worden sind oder
•
es den Beteiligten um Streitigkeiten geht, die nicht
auf anwaltlicher Tätigkeit beruhen.
Die Schlichtungsabteilung kann die Durchführung
oder die Fortsetzung des Schlichtungsverfahrens jederzeit zurückweisen, wenn der Sachverhalt unklar bleibt,
sie unter Zugrundelegung der ihr vorgelegten Unterlagen zu der Auffassung gelangt, dass die beantragte
Schlichtung keine Aussicht auf Erfolg hat, der Sachverhalt nach ausländischem Recht zu beurteilen ist
oder sie das Verfahren wegen der tatsächlichen und/
oder rechtlichen Schwierigkeiten des Streitfalls oder
wegen des Verhaltens eines Beteiligten als ungeeignet
ansieht, eine Schlichtung herbeizuführen.
Ergibt sich im Verlauf der Bearbeitung des Vorgangs
durch den Berichterstatter eine einvernehmliche vergleichsweise Einigung der Parteien, kann der Berichterstatter diese gegenüber den Parteien schriftlich bestätigen und hierdurch das Verfahren beenden. Ansonsten
kann die Schlichtungsabteilung den Parteien einen
Schlichtungsvorschlag unterbreiten, den die Parteien
allerdings nicht annehmen müssen. Ergibt sich keine
Einigung, ist der Antrag auf Schlichtung als gescheitert
zurückzuweisen.
Festzuhalten ist, dass Schlichtungsvorschläge der
Kammer von den Parteien vermehrt akzeptiert werden,
nicht zuletzt da Missverständnisse und Fehlvorstellungen zum anwaltlichen Gebührenrecht durch Erläuterung der Gebührenrechnung von Dritter Seite zumeist
ausgeräumt werden können.
Auch nach Scheitern der Vergleichsverhandlungen finden die Parteien manchmal zu Lösungen, indem sie mittels eigenen Verhandlungsgeschicktes weiterverhandeln.
Dies berichtet auch die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft in Berlin in ihrem Tätigkeitsbericht 2014:
„Schon die Einleitung des Schlichtungsverfahrens
verändert die Konfliktsituation zwischen Rechtsanwalt und Mandant, so dass im laufenden Verfahren eigenständig die Tür zu einem Ausweg gefunden wird, die zuvor im Streit versperrt war.“
Anmerkung der Redaktion: Der vorstehende Beitrag steht
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, „Podcast
– RAK info to go“ auch als Podcast zur Verfügung.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Das aktuelle
Thema
Zu den Neuerungen auf dem Gebiet der Rechtsdienstleistungen
durch das neue Vergaberecht
Von Rechtsanwalt Dr. Sven-Joachim Otto, Düsseldorf
Vorstandsmitglied der RAK Düsseldorf
Am 28.3.2014 wurde das Paket zur
Im „Unterschwellenbereich“ gilt § 55
Modernisierung des europäischen
BHO sowie die meist inhaltsgleichen
Vergaberechts, bestehend aus der
Normen der LandeshaushaltsordnunRichtlinie über die öffentliche Aufgen der jeweiligen Länder. Auch die
tragsvergabe (RL 2014/24/EU), der
Gemeindehaushaltsverordnungen entRichtlinie über die Vergabe von Aufhalten die grundsätzliche Vorgabe,
trägen im Bereich der Wasser-, Enerdass öffentlichen Aufträgen eine Ausgie- und Verkehrsversorgung sowie
schreibung vorauszugehen hat und
der Postdienste (Richtlinie 2014/25/
normieren die Geltung hierzu erlasseEU-„Sektoren-RL“) und der Richtner Verwaltungsvorschriften. Diese
linie über die Vergabe von Konzesoder das Gesetz selbst ordnen meist
die Anwendung des ersten Abschnitts
sionen (RL 2014/23/EU) im Amtsblatt
der VOL/A bzw. VOB/A an. Im
der Europäischen Union veröffent„Oberschwellenbereich“ gilt gem.
licht. Die Richtlinien sollten bis zum
Dr. Sven-Joachim Otto
§ 106 Abs. 1 der 4. Teil des GWB.
18.4.2016 ins nationale Recht umgeDanach werden öffentliche Aufträge
setzt werden. Am 8.7.2015 beschloss
und Konzessionen ab einem bedas Bundeskabinett einen entsprestimmten Schwellenwert im Wege transparenter Verchenden Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung
fahren vergeben. Öffentliche Aufträge sind „entgeltdes Vergaberechts, der im Herbst 2015 im Bundestag
liche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern
abgestimmt werden soll.
oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen, die die
Ziel der Vergaberechtsmodernisierung ist es in erster
Erbringung von Liefer-, Bau- oder DienstleistungsaufLinie, das Vergaberecht entsprechend der aktuellen
träge zum Gegenstand haben“.
Bedürfnisse des Binnenmarktes weiterzuentwickeln
Die Schwellenwerte, ab denen das Vergabeverfahren
und eine stärkere Vereinheitlichung innerhalb der
nach GWB anwendbar ist, liegen ab dem 1.1.2014 für
Europäischen Union herbeizuführen. Insbesondere
Bauleistungen bei 5.186.000 Euro und für Liefer- und
kleineren und mittelständischen Unternehmen sollte
Dienstleistungsaufträge bei 207.000 Euro, für Lieferdurch effizientere, einfachere und flexiblere Verund Dienstleistungsaufträge aus dem Sektorenbereich
gabeverfahren der Marktzugang erleichtert werden.
bei 414.000 Euro und für Liefer- und DienstleistungsDazu soll auch die Einführung der elektronischen Veraufträge der obersten und oberen Bundesbehörden bei
gabe beitragen. Daneben soll der neue Rechtsrahmen
134.000 Euro, was sich aus § 106 Abs. 2 GWB neu
es öffentlichen Auftraggebern ermöglichen, die öffenti.V.m. RL 2014/24/EU ergibt. Unter Dienstleistungsliche Auftragsvergabe stärker zur Unterstützung strateaufträge fallen auch Rechtsdienstleistungen, sodass
gischer Ziele zu nutzen, wozu unter anderem soziale,
für diese das Schwellenwert-Regime grundsätzlich
umweltbezogene und innovative Aspekte zählen. Das
Anwendung findet.
Richtlinienpaket soll auch zu mehr Rechtssicherheit
und mehr Rechtsklarheit beitragen, insbesondere beNeu durch die Richtlinien 2014/24/EU sowie 2014/25/
stehende Regelungslücken schließen (Vorschlag für
EU eingeführt wurde ein besonderer Schwellenwert für
eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Dienstleistungen betreffend soziale und andere besonRates über die Konzessionsvergabe, KOM (2011) 897
deren
Dienstleistungen, der für alle im Anhang XIV geendgültig, Begründung; Entwurf eines Gesetzes zur
nannten
Dienstleistungen, auch juristische DienstleisModernisierung des Vergaberechts, Problem und
tungen,
gilt
und bei 750.000 Euro für klassische öffentZiel).
liche Auftraggeber sowie bei 1.000.000 Euro für SektoDie gesetzlichen Grundlagen bei der Vergabe öffentrenauftraggeber liegt. Eine Unterscheidung zwischen
licher Aufträge unterscheiden danach, ob es sich um
„prioritären“ und „nichtprioritären“ Dienstleistungen,
eine Vergabe im sog. „Unterschwellenbereich“ oder
wie dies noch in der alten Regelung vorgesehen war,
im „Oberschwellenbereich“ handelt.
wird also nicht mehr getroffen. Dies wird damit begrünKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
285
Das aktuelle Thema
det, dass es nicht gerechtfertigt sei, die volle Anwendbarkeit des Vergaberechts auf eine bestimmte Gruppe
von Dienstleistungen zu beschränken (Vorschlag für
eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des
Rates über die Konzessionsvergabe, KOM (2011) 897
endgültig, Begründung). Grundsätzlich ist aber weiterhin auch bei juristischen Dienstleistungen ab Erreichen
der Schwellenwerte in Höhe von 750.000 Euro bzw.
1.000.000 Euro der 4. Teil des GWB anwendbar.
Aufgrund der neuen Regelung des § 116 Abs. 1 Nr. 1
GWB neu sind die folgenden Rechtsdienstleistungen:
die Vertretung eines Mandanten durch einen Rechtsanwalt in Gerichts- oder Verwaltungsverfahren vor
nationalen oder internationalen Schiedsgerichts- oder
Schlichtungsverfahren, eine Rechtsberatung zur Vorbereitung eines der zuvor genannten Verfahren, Beglaubigungen und Beurkundungen, sofern sie von Notaren vorzunehmen sind, Tätigkeiten von gerichtlich
bestellten Betreuern, Vormündern, Pflegern, Verfahrensbeiständen, Sachverständigen oder Verwaltern
etc., Tätigkeiten, die zumindest teilweise mit der Ausübung von hoheitlichen Befugnissen verbunden sind,
von der Ausschreibungspflicht ausgenommen.
Auch wenn keine besondere Ausnahme gem. § 116
Abs. 1 Nr. 1 gegeben ist, kommt nicht das allgemeine
Vergabeverfahren zur Anwendung, sondern ein vereinfachtes Verfahren im Sinne des § 130 Abs. 1 GWB
neu. Danach besteht bei öffentlichen Aufträge über soziale und andere besondere Dienstleistungen eine freie
Verfahrenswahl, sodass das offene Verfahren, das nicht
offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb, der wettbewerbliche Dialog und die
Innovationspartnerschaft zur Verfügung steht. Eine weitere Erleichterung sieht § 130 Abs. 2 GWB neu vor.
Danach ist eine Änderung eines öffentlichen Auftrages
dann ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens zulässig, wenn der Wert der Änderung nicht mehr
als 20 % des ursprünglichen Auftragswertes beträgt.
Begründet wird die Schaffung eines Sonderregimes
der besonderen erleichterten Beschaffungsbedingungen für bestimmte soziale und andere besondere
Dienstleistungen, insbesondere im Bereich der Erbringung von Rechtsdienstleistungen, damit, dass diese
üblicherweise Fragestellungen des nationalen Rechts
betreffen und daher in der Regel von Unternehmen in
dem jeweiligen Mitgliedstaat angeboten werden (Erwägungsgrund 116 der RL 2014/24/EU). Ein grenzüberschreitendes Interesse sei bei derartigen Dienstleistungen nicht gegeben. Etwas anderes gilt jedoch
für solche Dienstleistungen, die den Schwellenwert
von 750.000 Euro überschreiten, da dann auch ein
Interesse international tätiger Großkanzleien gegeben
sein kann, insbesondere, wenn es um die Beantwortung von Rechtsfragen geht, die auf unionsrechtlichen
oder anderen internationalen Rechtsvorschriften beruhen (Erwägungsgrund 116 der RL 2014/24/EU). Die
286
Ermöglichung einer größeren Flexibilität im Bereich
der Änderung öffentlicher Aufträge in § 130 Abs. 2
GWB hat ihren Grund in der gestiegenen Nachfrage
nach sozialen und anderen besonderen Dienstleistungen. Die Regelung soll es öffentlichen Auftraggebern
ermöglichen, die vereinbarten Teilnehmerkontingente
flexibel in einem höheren Umfang erweitern zu können, um den Bedürfnissen betroffener Menschen angemessen Rechnung zu tragen. Die ursprüngliche Regelung, wonach dies bei einer Änderung des Auftragswertes um 10 % möglich war, war nicht ausreichend,
sodass die Begrenzung auf 20 % erweitert wurde (Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Vergaberechts, Begründung zu § 130 Absatz 2).
Positiv zu dem Gesetzesentwurf der Bundesregierung
wird von der BRAK angemerkt, dass der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit durch die nahezu wortgleiche
Umsetzung der Richtlinie Rechnung getragen wird,
was zur Schaffung und Stärkung eines einheitlichen
Binnenmarktes beiträgt. Auch die Schaffung von Ausnahmetatbeständen im Bereich der Rechtsdienstleistungen wird grundsätzlich begrüßt. Allerdings greife
diese im Ergebnis zu kurz, weil sie nur bestimmte
Rechtsberatungsdienstleistungen, nämlich die in § 116
Abs. 1 Nr. 1 genannten, erfasst. Alle übrigen Rechtsberatungsleistungen unterfallen dem GWB-Vergaberecht, wenn auch bestimmte Erleichterungen vorgesehen sind. Denn Rechtsberatungsdienstleistungen seien
im Regelfall aufgrund unterschiedlicher Rechtsordnungen in den Mitgliedstaaten nicht derart binnenmarktrelevant, dass eine Gleichstellung mit klassischen
Dienstleistungsaufträgen und eine Unterwerfung unter
das Vergaberecht geboten wäre (BRAK, Stellungnahme Nr. 23/2015, Juni 2015).
Die vom EU-Gesetzgeber für die vereinfachten Verfahren und angepasste Schwellenwerte herangezogene Begründung wurde durch den nationalen Gesetzgeber also
aufgrund der Begrenzung der Ausnahmetatbestände in
§ 116 Abs. 1 Nr. 1 auf bestimmte Rechtsanwaltstätigkeiten zu eng ausgelegt. Art. 76 Abs. 1 RL 2014/24/EU
dient als Ermächtigungsgrundlage für die Mitgliedstaaten, für soziale und andere besondere Dienstleistungen einzelstaatliche Verfahrensregeln einzuführen,
die es den öffentlichen Auftraggebern ermöglichen,
den entsprechenden Besonderheiten der jeweiligen
Dienstleistungen Rechnung zu tragen. Möglich wäre
also auch eine völlige Bereichsausnahme auf dem Gebiet der Rechtsdienstleistungen von den Vergabeverfahren. Es bleibt also abzuwarten, ob sich diesbezüglich bis Herbst 2015 eine Mehrheit unter den Abgeordneten des Bundestages bildet, die eine solche vorantreibt und einen entsprechenden Vorschlag zur Änderung des Gesetzesentwurfes unterbreitet.
Anmerkung der Redaktion: Der vorstehende Beitrag steht
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, „Podcast
– RAK info to go“ auch als Podcast zur Verfügung.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und
Bekanntmachungen
70. Tagung der Gebührenreferenten – Kurzprotokoll
Schon in den letzten KammerMitteilungen 2/2015,
S. 170, haben wir die 70. Tagung der Gebührenreferenten der Rechtsanwaltskammern angesprochen, die
am 21.3.2015 in Leipzig stattgefunden hat.
Wir liefern hier noch das von der Bundesrechtsanwaltskammer gefertigte Kurzprotokoll, das beim damaligen
Redaktionsschluss noch nicht vorgelegen hatte, nach.
70. Tagung der Gebührenreferenten der
Rechtsanwaltskammern
Kurzbericht
…
1. Geschäftsgebühr für Testamentsentwurf
Für die Beratung bei der Formulierung eines eigenhändigen Testaments des Mandanten und den Entwurf des Textes hierfür fällt
eine Beratungsgebühr an.
2. Gebührenrechtliche Erfassung der Fälle der
Streitverkündung
Die Tagung war der Auffassung, das Begehren der gebührenrechtlichen Erfassung der Fälle der Streitverkündung konzentriert
weiter zu verfolgen.
3. Zusatzgebühr in Nr. 1010 VV RVG
Der Weg einer Neuregelung der Zusatzgebühr in Nr. 1010 VV
RVG soll weiter verfolgt werden.
4. Dieselbe Angelegenheit im Beratungshilferecht
Das initiale und das folgende Verwaltungsverfahren sind auch
beratungshilferechtlich verschiedene Angelegenheiten. Es ist nur
ein Berechtigungsschein erforderlich, weil dieser nur den Auftrag
widerspiegelt, der Grundlage des späteren Vergütungsanspruchs
ist. § 4 Abs. 2 BerHG spricht von dem „Sachverhalt“, für den Beratungshilfe beantragt wird.
Es sind beide Angelegenheiten abrechenbar, weil das BerHG in
den §§ 2 und 4 keinen eigenen Begriff der Angelegenheit kennt.
Ist deshalb in § 17 Nr. 1a RVG eine Aufspaltung der Verwaltungsverfahren in zwei Angelegenheiten vorgesehen, entsteht
die Gebühr nach Nr. 2503 VV RVG zweifach.
5. Getrennte Klageverfahren der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft eine gebührenrechtliche Angelegenheit?
Aus der Begründung des Regierungsentwurfs zur Einfügung
einer neuen Nr. 1 in § 17 RVG und der darauf folgenden Aufhebung des § 15 Abs. 2 Satz 2 RVG ergibt sich, dass jeder
Rechtszug eines gerichtlichen Verfahrens gebührenrechtlich eine
eigene Angelegenheit bildet. Dies soll nach dem Wortlaut der
Begründung jedoch nichts daran ändern, dass mehrere parallele
Rechtsstreitigkeiten in jedem Fall jeweils gesonderte Angelegenheiten bilden.
Für die Vertretung der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft in
getrennten Klageverfahren folgt daraus, dass mehrere gebührenrechtliche Angelegenheiten vorliegen.
6. Unverzügliche Entscheidung/Eilbedürftigkeit bei
nachträglicher Beantragung von Beratungshilfe?
Bei nachträglicher Beantragung von Beratungshilfe hat die Erteilung eines Berechtigungsscheines unverzüglich zu erfolgen. Das
Bedürfnis nach Klarheit über das Ob der Bewilligung von Beratungshilfe ist bei nachträglicher Beantragung von Beratungshilfe
ebenso gegeben wie bei vorträglicher.
Darüber hinaus schlug die Tagung vor, verschiedenste gebührenrechtliche praktische Probleme wie z.B. die Kürzung der RA-Gebühren durch Sozialgerichte in den regelmäßig stattfindenden
Gesprächen der RAKn mit der Justiz anzusprechen.
Die 71. Tagung der Gebührenreferenten findet am 26.09.2015 in
Potsdam statt. Die Tagung wird sich vorrangig mit dem Änderungsbedarf beim RVG befassen und mögliche Gesetzgebungsvorschläge, die der AS Rechtsanwaltsvergütung erarbeitet, beraten.
(sob)
Tätigkeitsbericht 2014 der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft
Ende Mai 2015 erreichte uns der vierte Tätigkeitsbericht der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft,
verfasst von der (scheidenden) Schlichterin Dr. Renate
Jaeger, und der Geschäftsführerin, Frau Rechtsanwältin Dr. Sylvia Ruge. In ihrem Begleitschreiben verweisen die Autorinnen darauf, dass im Jahr 2014 die Abläufe bei der Bearbeitung der Schlichtungsverfahren
bereits erfolgreich an die Fristen des Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) angepasst worden
seien. Außerdem heben sie ihren Eindruck hervor,
dass die Akzeptanz der Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft bei den an den Schlichtungsverfahren Beteiligten und in der Öffentlichkeit weiter gestiegen sei.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Grußwort von Bundesminister Heiko Maas
Der Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz Heiko Maas beschreibt in seinem Grußwort die
Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft als „ein zukunftweisendes Beispiel für die Möglichkeiten außergerichtlicher Streitbeilegung in Deutschland“. Binnen
weniger Jahre sei es ihr gelungen, vielen Streitparteien
innerhalb kurzer Zeit einen Schlichtungsvorschlag zu
unterbreiten, und das trotz der hohen Zahl von Verfahren, in denen sie eingeschaltet werde. Häufig führten
die Vorschläge zu einer einvernehmlichen Lösung
und machten den Weg zu den Gerichten entbehrlich.
287
Berichte und Bekanntmachungen
Sie zeige so, was Schlichtungsstellen leisten könnten.
Das sei gerade jetzt wichtig, da diese Möglichkeit weiter ausgebaut werden solle. Das BMJV arbeite zurzeit
an einem Gesetz über alternative Streitbeilegung in
Verbraucherangelegenheiten. Sie solle europaweit gestärkt werden und in Zukunft auch online möglich
sein. So sähen es die ADR-Richtlinie und die ODRVerordnung der EU vor, die damit umgesetzt würden.
Ziel sei es, ein flächendeckendes und niedrigschwelliges Angebot von Streitbeilegungsstellen zu schaffen.
Mit dem neuen Gesetz sollten die wesentlichen Anforderungen an Verbraucherschlichtungsstellen und an
das Verfahren dort ganz grundsätzlich geregelt werden. Private Schlichtungsstellen, die diese Anforderungen erfüllten, könnten sich dann von den zuständigen
Landesbehörden anerkennen lassen. So solle erreicht
werden, dass sie möglichst branchenspezifisch und
passgenau arbeiten könnten. Man sei zuversichtlich,
dass es viele private Angebote geben werde, die von
der Wirtschaft initiiert, begleitet und finanziert würden. Wenn diese jedoch nicht ausreichten, dann sollten
nach den aktuellen Plänen die Länder behördliche
Auffangschlichtungsstellen einrichten, die ihre Arbeit
ebenfalls an dem neuen Gesetz ausrichten müssten.
So werde sichergestellt, dass sich Verbraucherinnen
und Verbraucher überall kostenlos oder gegen ein geringes Entgelt an eine Schlichtungsstelle wenden
könnten.
Die Regeln im neuen Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG) würden sich auch auf die Arbeit der
Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft auswirken.
Denn der Gesetzentwurf sehe vor, dass sich auch bestehende, branchenspezifische Angebote neu ausrichten und als Verbraucherschlichtungsstellen anerkannt
werden sollten. Die Bestimmungen über das Schlichtungsverfahren in der BRAO würden insoweit geändert.
Wichtig sei, dass sowohl für Verbraucherinnen und
Verbraucher als auch für Unternehmer die Teilnahme
an einer Schlichtung freiwillig bleiben werde, ganz
gleich, wer sie anbiete. Der Zugang zu den Gerichten
werde nicht eingeschränkt. Das neue Gesetz solle die
Verbraucherrechte weiter stärken und den gerichtlichen
Rechtsschutz ergänzen, es solle ihn aber nicht ersetzen.
Wie das funktionieren könne, dafür sei die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft seit Jahren ein herausragendes Beispiel. Hierfür danke er ganz herzlich.
Auszug aus dem Tätigkeitsbericht
U.a. liefert der Bericht folgende Zahlen und Fakten:
„3.2 Statistik
3.2.1 Verfahren, Verfahrensstand, Verfahrensdauer
Die Zahl der Anträge ist relativ konstant geblieben und lag im
Jahr 2014 wiederum bei knapp 1.000. Auch die Erledigungszahlen blieben auf dem hohen Vorjahresniveau mit der Folge, dass
288
das Jahr 2014 zu mehr als 70 % erledigt ist. Dementsprechend hat
sich die Bearbeitungsdauer weiter verkürzt. Die Bearbeitungsdauer der Akten aus 2013 betrug noch durchschnittlich 87 Tage,
wohingegen die durchschnittliche Bearbeitungsdauer der Akten
aus 2014 auf 70 Tage vermindert werden konnte. Dabei berechnen wir die Bearbeitungsdauer vom ersten Eingang des – meist
noch unvollständigen – Antrags an. Die Laufzeitberechnung
wird sich vermutlich ändern, sobald die EU-Richtlinie zur Alternativen Streitbeilegung in deutsches Recht umgesetzt sein wird.
3.2.2 Schlichtungen
Die Anzahl der Schlichtungsvorschläge ist gegenüber dem Vorjahr geringfügig zurückgegangen, ebenso die Anzahl der überhaupt schlichtungsgeeigneten Anträge. Von 991 Anträgen waren
nur 474 schlichtungsgeeignet. Wir haben keine wirkliche Erklärung dafür, warum ungeachtet von Öffentlichkeitsarbeit und ausführlichen, immer wieder ergänzten Hinweisen zu den Voraussetzungen und zum Gang Schlichtungsverfahrens ein nicht
unerheblicher Teil der Anträge unzulässig bleibt.
Das ist noch am ehesten verständlich in der nicht ganz geringen
Anzahl von Fällen, in denen man ohne Beweisaufnahme nicht
weiterkommt. Mandanten verwechseln gerne das Behaupten und
das Beweisen einer Tatsache. Sie sind von der Richtigkeit ihres
eigenen Vortrags so durchdrungen, dass sie ihn für evident oder
mindestens überzeugend halten. Wenn die Schlichtungsstelle der
Rechtsanwaltschaft der Gegendarstellung des Anwalts ebenso
viel Gewicht beimisst, kommt nicht selten der Vorwurf, dass die
Schlichtungsstelle sich schützend vor die Anwälte stelle. Dem
einzelnen Mandanten = Antragsteller, der in seiner Sache an der
Notwendigkeit einer Beweisaufnahme scheitert, bleibt wegen
der Vertraulichkeit des Verfahrens verborgen, in wie vielen Fällen die Schlichtungsstelle einen Schlichtungsvorschlag bei ungeklärter Beweislage auch nach Plausibilitätsgesichtspunkten unterbreitet und den Beteiligten ein gegenseitiges Nachgeben ohne
Beweisaufnahme vorschlägt. Für eine solche Abschätzung bedarf
es allerdings stützender Hinweise im Sachverhalt oder allgemeiner Erfahrungstatsachen, die die eine oder andere Version wahrscheinlicher machen.
Von vornherein nicht schlichtungsgeeignet war auch eine große
Anzahl von Anträgen, die äußerst komplexe Sachverhalte betrafen – aus dem Bank- und Kapitalmarktrecht, dem gewerblichen
Rechtsschutz und dem Wirtschaftsrecht sowie dem Bau- und Architektenrecht. Hier wird man ganz generell feststellen müssen,
dass die Fortsetzung des materiellen Streits in Gestalt von Regressansprüchen gegen den mandatierten Anwalt keine hohe
Schlichtungseignung aufweist. Die Sorge der Gerichte, sie könnten wegen der Schlichtungsaktivitäten in diesen interessanten
Rechtsgebieten an Bedeutung verlieren, erscheint mir unbegründet. Alles rechtlich oder tatsächlich Anspruchsvolle und grundsätzlich Bedeutsame wird weiterhin von Gerichten entschieden
werden.
Erfolgreiche Schlichtungen
Der Anteil der erfolgreichen Schlichtungen ist zurückgegangen.
Auf Seiten der Anwaltschaft war zu spüren, dass die Gründe hierfür vorwiegend im emotionalen Bereich zu suchen sind. Die Anwälte, die sich der Mitwirkung verweigerten, waren meist mit ihrer Geduld am Ende, weil die Mandatsbeziehung zerrüttet war.
Dann fehlt die wohlwollende Distanz zum Streitgegenstand, die
überhaupt erst ein Einlenken möglich macht. Nimmt man indessen Stil und Tonlage der im Ausgangsverfahren gewechselten
E-Mails in den Blick, überrascht das nicht wirklich, obwohl mit
jedem ausführlich begründeten Schlichtungsvorschlag dennoch
die Hoffnung auf Einsicht verbunden ist. In gleicher Weise ist
auf Seiten der Mandanten solche Verbitterung anzutreffen. Aber
das ist doch eher selten, weil sie die Schlichtungsstelle ganz überwiegend mit der Bereitschaft zur argumentativen Auseinanderset-
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
zung anrufen. Erfolgreich vermitteln kann die Schlichtungsstelle
daher vor allem dann, wenn grundsätzlich Kommunikationsbereitschaft besteht. Dann gelingt die Streitauflösung sogar in sehr
komplexen Verfahren mit überdurchschnittlichem Zeitaufwand.
Unterbreitet die Schlichtungsstelle hingegen in sehr kurzer Zeit
einen Schlichtungsvorschlag, steigt die Einigungsbereitschaft auf
bei den Seiten spürbar, beflügelt von Erleichterung und Dankbarkeit. Erst dann erfüllt das Schlichtungsverfahren wirklich seine
Funktion und hebt sich deutlich ab vom Gerichtsalltag, dem beide – Anwalt und Mandant – zuvor gemeinsam begegnet sind.
Leider hat die Schlichtungsstelle nur begrenzt Einfluss auf die
Verfahrensdauer. Rechtsanwälte stellen gewohnheitsmäßig Anträge auf Fristverlängerung. Mandanten übersenden die angeforderten Unterlagen nur unvollständig oder bitten um Bearbeitungsaufschub bis zur Rückkehr aus dem Winterdomizil. Der eine
oder die andere mag auch nicht einsehen, dass das kostenlose
Verfahren vor der Schlichtungsstelle ebenfalls an strikte Formalien gebunden ist, und stellt überrascht fest, dass der mit Abänderungen „angenommene“ Schlichtungsvorschlag in Wahrheit abgelehnt ist, wodurch das Verfahren sein Ende gefunden hat.
Überdurchschnittlich erfolgreich sind Schlichtungsbemühungen
im Familienrecht, obwohl die Angelegenheiten meist komplex
sind. Wir gehen davon aus, dass die Parteien aus den vorausgegangenen Verhandlungen oder Gerichtsverfahren mit dem Aushandeln von Vergleichen vertraut sind. Quer durch alle Rechtsgebiete ist zu beobachten, dass Rechtsanwälte bei nachweislichen
Ungenauigkeiten in der Gebührenrechnung bereitwillig nachgeben. Manches Einlenken aus Kulanz beruht allerdings allein
auf dem Wunsch, den Fall eines schwierigen Mandanten endlich
ad acta zu legen.
Genderspezifisches Verhalten haben wir nicht ermitteln können.
Auch hat sich weiterhin bestätigt, dass sich nicht darstellen lässt,
ob die Mandanten oder die Rechtsanwälte eher einigungsgeneigt
sind. Über die Jahre hat sich das Verhältnis etwa bei halbe halbe
eingependelt.
3.2.3 Beendigungstatbestände
3.2.3.1 Unzuständigkeit der Schlichtungsstelle
§ 191f Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und § 4 Nr. 1
unserer Satzung regeln, wann eine Zuständigkeit der Schlichtungsstelle zu bejahen ist. Danach muss es sich um eine vermögensrechtliche Streitigkeit aus einem bestehenden oder beendeten Mandatsverhältnis handeln. Ist eines dieser Kriterien nicht
erfüllt, wird die Durchführung des Schlichtungsverfahrens für
unzulässig erklärt.
Streitigkeit
Scheuen Antragsteller die direkte Auseinandersetzung mit ihrem
Rechtsanwalt, wenden sie sich an uns, ohne sich zuvor überhaupt
mit ihrem Anwalt über ihre Beanstandungen an seiner Arbeit
oder seinen Gebührenrechnungen auseinandergesetzt zu haben.
Sie versuchen, uns als Gutachter über die Höhe der Gebühren
oder als Vermittler der ersten Stunde einzuschalten.
Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft erteilt jedoch keine Auskünfte oder Ratschläge. Sie führt auch keine VorabPrüfung durch, sondern schlichtet – in geeigneten Fällen – vermögensrechtliche Streitigkeiten. Dazu muss es sich überhaupt
um eine Streitigkeit handeln. Ein Streit liegt nicht schon vor,
wenn eine Partei die Auffassung einer anderen nicht teilt, sondern nur dann, wenn der Antragsgegner vom Antragsteller über
dessen Unzufriedenheit informiert worden ist und nicht bereit
war, Abhilfe zu schaffen.
Im Berichtsjahr 2014 haben wir insgesamt 19 Schlichtungsanträge als unzulässig abgewiesen, weil keine Streitigkeit vorlag. Ihre
Anzahl hat sich erhöht, obwohl wir dazu übergegangen sind, den
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Antragstellern zunächst die Rücknahme ihres Antrages nahezulegen, bis sie sich mit der anderen Seite auseinandergesetzt haben.
In einem solchen Fall kann anschließend, sofern dann noch Bedarf besteht, das Schlichtungsverfahren erneut eröffnet werden.
Das geschieht indessen nur äußerst selten. Wir haben keine Erkenntnisse darüber, ob in den anderen Fällen eine Einigung erzielt wurde oder ob die Antragsteller resignieren, weil sie die
persönliche Auseinandersetzung scheuen.
Vermögensrechtliche Streitigkeit
11 Fälle wurden förmlich für unzulässig erklärt, weil der Streit
keine vermögensrechtliche Angelegenheit betraf. Eingereichte
Anträge, die diese Voraussetzung nicht erfüllten, sind deutlich
häufiger; nach belehrenden Hinweisschreiben wurden sie aber
zurückgenommen. Eine vermögensrechtliche Streitigkeit liegt
vor, wenn ein Anspruch geltend gemacht wird, der auf Geld oder
Geldwert gerichtet ist. Nicht selten erstreben Mandanten die Herausgabe von Unterlagen oder ein Einwirken auf das Verhalten
des Rechtsanwaltes. Beides ist nicht möglich. Insbesondere kann
die Schlichtungsstelle das Verhalten des Antragsgegners nicht
berufsrechtlich überprüfen.
Die berufsrechtliche Verantwortlichkeit für die in Deutschland
tätigen Rechtsanwälte liegt allein bei den regionalen Rechtsanwaltskammern. Deren Vorstand überwacht, ob Mitglieder des
Kammerbezirkes die berufsrechtlichen Vorschriften einhalten.
Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft ist dafür nicht zuständig. Ein entsprechender Vortrag kann nicht verwertet werden. Er kann auch nicht an die zuständige Rechtsanwaltskammer
weitergeleitet werden. Das verstieße gegen die Verpflichtung zur
Vertraulichkeit. Solche Anträge werden erwartungsgemäß gerne
mit Beanstandungen hinsichtlich der Gebührenrechnung verbunden. Wer mit der anwaltlichen Berufsauffassung unzufrieden ist,
findet die Kosten immer überteuert. Dann allerdings werden die
Anträge statistisch insgesamt als zulässig erfasst.
Fehlendes Mandatsverhältnis
Im Berichtszeitraum hat sich die Zahl der aus diesem Grund abgewiesenen Verfahren weiter vermindert. Es waren nur noch
38 Fälle. Das ausführliche Merkblatt und die Internetinformation
zeigen Wirkung. Schwerpunktmäßig richten sich solche Anträge
gegen den Anwalt der Gegenseite, aber auch gegen Anwälte, die
in ihren Funktionen als Testamentsvollstrecker, Insolvenzverwalter oder Betreuer wirken. Gelegentlich glauben auch Dritte, die
für den eigentlichen Mandanten die Rechnung beglichen haben,
dass sie schon aus diesem Grund über die Schlichtungsstelle Gebührenklarheit erlangen könnten. Das ist aus ihrer Sicht verständlich, weil die Gebührenhöhe den Mandanten (sofern er nicht zur
Erstattung herangezogen wird) gar nicht betrifft. Aber die Satzung lässt das Schlichtungsverfahren nur zu, wenn die Dritten in
Vollmacht für den Mandanten handeln.
3.2.3.2 Unzulässige Verfahren
Die Unzulässigkeitsgründe sind in § 4 Nr. 2 der Satzung geregelt.
Anspruch übersteigt 15.000 Euro
Gem. § 4 Nr. 2 Buchstabe a ist ein Schlichtungsverfahren unzulässig, wenn ein Anspruch von mehr als 15.000 Euro geltend gemacht wird. Dabei ist bei einem Teilanspruch der gesamte strittige
Anspruch zur Wertbemessung heranzuziehen. Einige Antragsteller versuchen das zu umgehen, weil sie im Schlichtungsverfahren
austesten wollen, wie ihre Chancen stehen. Die Regelung ist aber
sehr sinnvoll, weil andernfalls im Fall einer vergleichsweisen Erledigung nicht klar wäre, welche Teile des Gesamtanspruches erfasst sind. Im Jahr 2014 sind 31 Anträge an der Wertgrenze von
15.000 Euro gescheitert. Das sind nur 3 % der abgeschlossenen
Verfahren, was vor allem dafür spricht, dass bei höheren Verfahrenswerten andere Wege bevorzugt werden.
289
Berichte und Bekanntmachungen
Vorbefassung durch ein Gericht
§ 4 Nr. 2 Buchstabe b sieht vor, dass ein Schlichtungsantrag unzulässig ist, wenn die Streitigkeit vor einem Gericht anhängig
war oder ist. Davon waren immerhin 59 Fälle betroffen, davon
manche erst nach Anhängigkeit bei der Schlichtungsstelle. Dann
dokumentieren die Rechtsanwälte ihre fehlende Bereitschaft zur
Mitwirkung mit der Einleitung des Mahnverfahrens. Wie auch
in den vergangenen Jahren haben im Berichtszeitraum die Unzulässigkeit wegen Strafanzeigen, straf- oder berufsrechtlichen Verfahren oder wegen Schlichtungs- bzw. Vermittlungsverfahren bei
einer regionalen Rechtsanwaltskammer praktisch keine große
Rolle gespielt; dasselbe gilt für den Ausschlussgrund, dass sich
der Antrag nicht gegen ein Kammermitglied richtet.
3.2.3.3 Offensichtlich unbegründete Anträge
Im Berichtszeitraum haben wir insgesamt 182 Verfahren für unzulässig erklärt. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die verbleibenden
Anträge sämtlich einem Schlichtungsvorschlag zugeführt werden
konnten. Denn dann, wenn die Erhebung von Beweisen notwendig
wäre (38 Fälle) oder aber die Schlichtung aus unserer Sicht keine
Aussicht auf Erfolg bietet (237 Fälle) können wir die Anträge
auch gem. § 4 Nr. 3 unserer Satzung als offensichtlich unbegründet ablehnen. Außerdem sind 39 Anträge ausdrücklich zurückgenommen worden und in 396 fällen haben sich die Antragsteller
nicht mehr gemeldet, selbst wenn ihnen zur Vervollständigung ihrer Anträge, zur Beibringung von Unterlagen oder zur Replik auf
die Ausführungen der Gegenseite fristen und anschließend Ausschlussfristen gesetzt worden sind. Dann hat das Interesse an der
Durchführung des Verfahrens aus für uns nicht nachvollziehbaren
Gründen ein Ende gefunden. Wir neigen zu der Annahme, dass
die Übersendung des Informationsmaterials mit der Eingangsbestätigung in der überwiegenden Zahl der Fälle beim Antragsteller die Erkenntnis gefördert hat, dass das Schlichtungsverfahren
nicht der für ihn geeignete und Erfolg versprechende Weg ist.
In 11 Fällen konnte kein Schlichtungsvorschlag unterbreitet werden, weil der Sachverhalt mehr als 5 Jahre zurücklag (§ 4 Nr. 3
Buchstabe c der Satzung). Die Zeitgrenze ist ersichtlich gut gewählt, sonst käme sie öfter ins Spiel. Sie ermöglicht in Altfällen,
die ohnedies nicht wirklich klärbar sind, eine A-limine-Abweisung. Das senkt das Schutzniveau für Verbraucher nicht ungebührlich ab. Denn wer so lange untätig zugewartet hat, den
drückt der Schuh nicht heftig.
Ablehnungen
Der Schwerpunkt der Ablehnungsentscheidungen liegt bei § 4
Nr. 3 Buchstabe b der Satzung; die Schlichtung bietet keine Aussicht auf Erfolg = 237 Fälle. Davon ist jeder Antragsteller schwer
zu überzeugen, obwohl wir eine Begründung schreiben, die allerdings kürzer ausfällt als die Begründung der Schlichtungsvorschläge. Da auch nicht auszuschließen ist, dass in einem anderen,
insbesondere dem gerichtlichen Verfahren mit anderen Beweismöglichkeiten und Gegenüberstellungen in einer mündlichen
Verhandlung, dem Antrag stattzugeben ist, weisen wir inzwischen explizit darauf hin, dass unsere Einschätzung allein auf
dem vorliegenden schriftlichen Material beruht und keine Prognose für ein Gerichtsverfahren darstellt. Dem Nichtjuristen ist
selten klar, dass das Verfahren und die hierbei zu beachtenden
Regeln die Ergebnisse der Wahrheitssuche maßgeblich bestimmen. Laien unterschätzen, wie stark Ergebnisse durch Verfahrensregeln bestimmt werden. Wir wollen niemanden entmutigen,
sich an die staatlichen Gerichte zu wenden. Sie werden durch die
Schlichtung nicht ersetzt.
3.2.4 Nachklapp
Ein Gerichtsverfahren ist nicht immer eine Alternative zur
Schlichtung. Statt zu Gericht zu gehen, schreiben 13 % der Antragsteller, deren Anträge abgelehnt oder für unzulässig erklärt
290
worden sind, nach Beendigung des Schlichtungsverfahrens erneut
an uns mit dem Ziel, ihre Sache weiter zu betreiben, Sie sehen im
Gerichtsverfahren keine Alternative zum Schlichtungsverfahren.
Hier wird ganz deutlich, dass das Schlichtungsverfahren nicht
ein Vorverfahren zum Gerichtsverfahren ist, sondern ein Teil
der Antragsteller allenfalls die Schlichtung wählt, um den Frust
aus einer gestörten Anwalts-Mandanten-Beziehung abzubauen.
Nimmt man diejenigen hinzu, die sich nach Belehrungsschreiben
gar nicht mehr melden oder ihre Anträge zurückziehen, wird
deutlich, dass dies doch alles in allem mehr als die Hälfte der
Antragsteller ist. Sie sind meist keine potenziellen Kläger, die
der Ziviljustiz verloren gehen. Es handelt sich um Menschen,
die nur niedrigschwellige Angebote annehmen können.
Wir versuchen, den nachträglichen Posteingang nach Abschluss
des Verfahrens zu begrenzen. Auf Rückfragen und Vorhaltungen
wird stets noch einmal ausführlich geantwortet, in der Hoffnung,
dass mit einer neuerlichen Erläuterung in einfacher Diktion ein
besseres Verständnis erreicht werden kann. Das gelingt nicht immer, aber wir beenden dann die Korrespondenz.
Erfreulicherweise bedanken sich aber auch die Beteiligten, sowohl
Rechtsanwälte als auch Mandanten. Nicht nur, wenn die Schlichtung erfolgreich war, sondern auch wenn sie einen Erkenntnisgewinn hatten. Lehnen die Rechtsanwälte den Schlichtungsvorschlag ab, der dem Mandanten teilweise Recht gibt, wird dann
dieser Vorschlag vom Mandanten als moralischer Sieg gewertet,
dem nicht unbedingt ein Gerichtsverfahren folgen muss, das zu
dem möglichen Erfolg in Zeitaufwand, Kosten und psychischer
Belastung außer Verhältnis stünde. Wohl tut auch die Bestätigung
durch Gerichtsverfahren, in denen der Richter unter ausdrücklicher
Bezugnahme auf unsere Vorarbeit den Schlichtungsvorschlag wiederholt und einen gerichtlichen Vergleich derselben Art anregt.“
Zahl der Verfahren aus einzelnen Kammerbezirken
Im Tätigkeitsbericht ist auch die Zahl der Schlichtungsanträge nach Kammerbezirken aufgelistet. Aus
dem Kammerbezirk Düsseldorf (mit 12.326 Mitgliedern zum Stichtag) wurden in den Jahren 2009 bis
2011 44 Anträge, im Jahr 2012 43 Anträge, im Jahr
2013 42 Anträge und im Jahr 2014 39 Anträge, zusammen 168 Anträge, gestellt.1 Zum Vergleich: Im Kammerbezirk Köln (mit 12.785 Mitgliedern) lag die Zahl
der insgesamt gestellten Anträge bei 194, im Kammerbezirk Hamm (mit 13.828 Mitgliedern) bei 233. Überdurchschnittlich viele Anträge (651) stammten aus
dem Bezirk der Rechtsanwaltskammer Berlin (mit
13.850 Mitgliedern), was sicher auch mit der Ansässigkeit der Schlichtungsstelle in Berlin zusammenhängt.
Sogar die Kammer der Rechtsanwälte beim BGH hatte
Verfahren, nämlich insgesamt 5, zu verzeichnen. Die
Gesamtzahl aller Verfahren aus allen 28 Kammerbezirken lag in den Jahren 2009 bis 2014 bei 3.802.
Bericht des (weiteren) Schlichters
Seit dem 25.4.2014 ist in Person von Wolfgang Sailer
ein weiterer Schlichter der Schlichtungsstelle der
Rechtsanwaltschaft tätig. Sailer war in der Verwal1 Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf selbst hat im Jahr 2011 63, im Jahr
2012 74, im Jahr 2013 97 und im Jahr 2014 105 Schlichtungsanträge bearbeitet.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
tungsgerichtsbarkeit bis 2012 Richter in allen Instanzen, zuletzt Vorsitzender Richter am Bundesverwaltungsgericht. Vor seiner Karriere als Verwaltungsrichter war er kurze Zeit Rechtsanwalt.
In seinem Bericht stellt Sailer zunächst die Frage, ob
ein zusätzlicher Schlichter als Vertreter der bisher einzigen Schlichterin tatsächlich nötig sei. Die Schlichtungsstelle der Rechtsanwaltschaft, von Frau Dr. Jaeger
bestens eingerichtet und organisiert, laufe schließlich
– betreut von einem motivierten hochqualifizierten
Team – seit mehreren Jahren hervorragend, wie er in
den wenigen Monaten seiner bisherigen Mitarbeit
habe feststellen können.
Allerdings ließen die teils selbst gesteckten, teils von
der Richtlinie 2013/11/EU vom 21.5.2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten vorgegebenen engen Fristen für einzelne Verfahrensschritte und für die Entscheidung kein „Verschnaufen“ und schon gar keine längeren Ausfallzeiten
bei der Bearbeitung zu.
Mit jeder Erkrankung, jedem längeren Urlaub drohe
eine Überschreitung der Fristen, zumal die Schlichterin nach gegenwärtiger Satzungslage vielfach auch
Schriftsätze im „Vorfeldbereich“ abzeichnen müsse,
bevor diese die Geschäftsstelle verlassen könnten. Die
Schlichtungsstelle wäre ggf. für Wochen arbeitsunfähig gewesen, wenn Frau Dr. Jaeger als bislang einzige
Schlichterin überraschend einmal für längere Zeit ausgefallen wäre. Die Bestellung eines Vertreters sei deshalb für die kontinuierliche Arbeit der Schlichtungsstelle wenn nicht unumgänglich, so doch zumindest
sehr sinnvoll gewesen.
Dabei unterscheide sich – was auf der Hand liege – die
Tätigkeit eines stellvertretenden Schlichters nicht von
derjenigen der Hauptschlichterin. Er entscheide auf
der Grundlage von Vorschlägen der Referentinnen
oder Referenten (und gelegentlich nach Rücksprache
mit ihnen) über die Zulässigkeit von Anträgen, über
eventuelle Auflagen zur weiteren Spezifizierung des
Begehrens, über Schlichtungsvorschläge, über die Ablehnung der Schlichtung usw.
Anders als die Hauptschlichterin stehe er aber quasi
nur in „Einsatzbereitschaft“ für den Fall der Verhinderung, weshalb er auch lediglich nach Abruf und Terminvereinbarung zur Arbeit in der Schlichtungsstelle
erscheine. In den wenigen Monaten seit seiner Bestellung seien so fünf – allerdings „vollgepackte“ – Arbeitstage angefallen, ausreichend viele also, um in Form zu
bleiben und nicht jedes Mal neu in die Arbeitsabläufe
eingeführt werden zu müssen.
Die Vertreterrolle, so wie er sie verstehe, bedeute dabei Zweierlei:
Einerseits müsse das Rad nicht noch einmal neu erfunden werden; wo etwas in einer bewährten Weise
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
gut laufe, müsse nichts geändert werden, auch wenn
eine andere Vorgehensweise ebenfalls in Betracht käme. Andererseits führe ein Blick von außen doch gelegentlich zu neuem Nachdenken über eine eingefahrene, nicht mehr hinterfragte Praxis. Er stelle deshalb
schon Fragen – etwa zu manchmal nicht einheitlichen
Entscheidungsformulierungen – und lasse diese in
die internen Teambesprechungen einbringen. Sein
Hauptanliegen bei alledem sei es, dass die Schlichtungsstelle nach außen auch in den Vertretungsfällen
ihre Kontinuität und ihr einheitliches Auftreten beibehalte.
Sein – nach den wenigen bisherigen Einsatztagen naturgemäß nur vorläufiges – Urteil bestehe in drei inhaltlichen Festlegungen, die er riskieren könne:
1. Sein sicherer Eindruck sei, dass das gesamte Team
in allen Streitfällen um einen fairen Ausgleich bemüht sei, die Interessenlagen beider Seiten – der
Anwaltschaft und der Mandanten – gleichgewichtig
würdige und dabei der häufig anzutreffenden
„Sprachlosigkeit“ der ohne anwaltlichen Beistand
auftretenden ehemaligen Mandanten einfühlsam
und angemessen Rechnung trage.
2. Es liege auf der Hand, dass das grundsätzliche Verbot einer Beweisaufnahme – mit Ausnahme des Urkundenbeweises (§ 4 Nr. 3 lit. a der Satzung) –
einer Ermittlung der „Wahrheit“ bei streitigen
Sachverhalten entgegenstehe. Das sei insbesondere
antragstellenden ehemaligen Mandanten nur schwer
zu vermitteln. Die Satzung spreche an der genannten Stelle allerdings nur davon, dass die Durchführung des Schlichtungsverfahrens abgelehnt werden
„kann“, wenn die Klärung des Sachverhalts eine
Beweisaufnahme erfordere. Sie lasse es zumindest
zu (und das entspreche auch der Praxis der Schlichtungsstelle), mit Plausibilitäten zu arbeiten; möglicherweise käme in Ausnahmefällen aber auch eine
Beweisaufnahme in Betracht. Gleichwohl wäre es
wünschenswert, wenn insbesondere über den Inhalt
von Anwaltsgesprächen regelmäßig ein zusammenfassendes „Bestätigungsschreiben“ abgefasst und den
Mandanten zugeleitet würde. Eine häufige Quelle
des späteren Streits wäre dann beseitigt. Das gelte
vor allem auch für die vielfachen Klagen von Mandanten, über Risiken und Erfolgsaussichten nicht
hinreichend informiert worden zu sein. Existierten
hierüber schriftliche Unterlagen, gäbe es manche
Beschwerde nicht.
3. Erfreulicherweise wirkten die meisten – wenn auch
leider nicht alle – Anwaltskanzleien am Schlichtungsverfahren trotz der damit für sie zwangsläufig
verbundenen Zusatzarbeit mit. Es sei sehr zu hoffen, dass diese Kooperationsbereitschaft auch unter
dem Diktat der kurzen Fristen für Stellungnahmen
und Vorlagen von Urkunden etc. nicht nachlasse.
291
Berichte und Bekanntmachungen
Fristeneinhaltung
Zu dem schwierigen Thema der Fristen führt die Geschäftsführerin Dr. Sylvia Ruge in ihrem Bericht insbesondere auch mit Blick auf die nach künftiger
Rechtslage (siehe oben) geltende Situation aus:
Sowohl nach der EU-Richtlinie als auch nach den Referentenentwürfen müssten Schlichtungsverfahren bei
(anerkannten) Verbraucherschlichtungsstellen innerhalb bestimmter Fristen durchgeführt werden. Wenn
der Antrag auf Durchführung eines Schlichtungsverfahrens unzulässig sei oder die Schlichter die Durchführung des Schlichtungsverfahrens ablehnten, müsse
dies dem Antragsteller und ggf. dem Antragsgegner innerhalb von drei Wochen mitgeteilt werden. Diese Frist
beginne mit Eingang des Antrags, es sei denn, der Ablehnungsgrund trete erst während des Verfahrens ein
oder werde erst während des Verfahrens bekannt.
Wenn die Durchführung eines Schlichtungsverfahrens
in Betracht komme, solle die Verbraucherschlichtungsstelle einen Schlichtungsvorschlag innerhalb von
90 Tagen nach Eingang der vollständigen Beschwerdeakte übermitteln. Die Beschwerdeakte sei erst vollständig, wenn alle erforderlichen Unterlagen und Stellungnahmen aller Beteiligten des Schlichtungsverfahrens
vorlägen, also die Sache schlichtungsreif sei.
Diese Fristen (Drei-Wochen-Frist für Unzulässigkeitserklärung/Ablehnung und 90-Tage-Frist für einen
Schlichtungsvorschlag) würden mit Inkrafttreten des
Verbraucherstreitbeilegungsgesetzes (VSBG) gelten.
In der Schlichtungsstelle sei bereits erprobt worden,
ob diese Fristen eingehalten werden könnten. Dazu
seien einige organisatorische Maßnahmen ergriffen
worden. Vor allem das Wiedervorlagesystem sei an
diese Fristen angepasst worden. Es sei ein Fristensystem eingeführt worden mit Vorlagefristen, Vorfristen und Fristablaufvermerken. Dabei habe man
sich an dem gängigen Wiedervorlagen- und Fristensystem einer gut organisierten Anwaltskanzlei orientiert. Die entsprechenden Fristen würden sowohl elektronisch als auch auf Fristenzetteln notiert. Die Akten
würden entsprechend der zeitlichen Wichtigkeit vorgelegt.
Nach einem Jahr der Erprobung lasse sich feststellen,
dass die 90-Tage-Frist für die Unterbreitung eines
Schlichtungsvorschlags problemlos eingehalten werden könne. Auch die Einhaltung der Drei-WochenFrist für die Unzulässigkeitserklärung bzw. für die Ablehnung der Durchführung des Schlichtungsverfahrens
sei im Erprobungsjahr grundsätzlich gelungen. Nur in
ca. 1 % der Fälle habe man diese verfehlt. Dies sei
hauptsächlich auf Ausfallzeiten von Mitarbeitern wegen Urlaubs und Krankheit zurückzuführen, weshalb
inzwischen auch die Vertretungsregelungen entsprechend angepasst worden seien.
(sob)
„Wege in die Justiz“ – Veranstaltung am 15.6.2015 im LG Düsseldorf
Auf Initiative von NRW-Justizminister Thomas Kutschaty fand am 15.6.2015 eine gemeinsame Veranstaltung von Justiz und Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
im Landgericht Düsseldorf statt, in der Rechtsanwälte,
Richter und Staatsanwälte ihre Berufe präsentierten
und im Rahmen einer Podiumsdiskussion Fragen rund
um den Berufseinstieg beantworteten.
Der Einladung des Präsidenten des Landgerichts
Dr. Bernd Scheiff und des Kammerpräsidenten Herbert P. Schons waren über 250 junge Juristen, Referendare und Studierende gefolgt, die sich über die „klassischen“ Berufe in der Justiz informieren wollten.
In seinem Grußwort warb Justizminister Kutschaty in
Zeiten sinkender Absolventenzahlen um die richtigen
Köpfe für die Justiz. „Die Tätigkeit in der Justiz bietet
ständigen Kontakt mit Menschen, ist abwechslungsreich und mit einem hohen Maß an gesellschaftlicher
Verantwortung und Ansehen verbunden“, so Kutscha-
292
ty. Und weiter: „Die Berufsbilder lassen auch in der
heutigen Welt Beruf, Familie und Privatleben in Einklang bringen und gewährleisten ein hohes Maß an
Sicherheit und Planbarkeit“.
Nach der Podiumsdiskussion vertieften die Teilnehmer
ihre Fragen in einer Vielzahl von Einzelgesprächen, in
denen auch die fachlichen Fortbildungs- und persönlichen Entwicklungsmöglichkeiten zur Sprache kamen.
Die jungen Juristen zeigten sich von der Vielseitigkeit
der Berufe und der Unterstützung beim Berufseinstieg
beeindruckt.
Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf war außer durch
ihren Präsidenten Herbert P. Schons durch die Damen
und Herren Kolleginnen und Kollegen Leonora
Holling, Robert Hotstegs und Sven-Joachim Dr. Otto
vertreten.
(sob)
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
Bericht über die 86. JuMiKo-Konferenz
Am 17. und 18.6.2015 fand in Stuttgart die 86. Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister statt.
Es wurden u.a. folgende Beschlüsse gefasst:
TOP I.2 – Betreuungsrecht – Beistand unter Ehegatten und Lebenspartnern in Angelegenheiten der Gesundheitssorge und damit zusammenhängenden Bereichen
1. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen
die zunehmende Verbreitung von Vorsorgevollmachten in der Bevölkerung und sprechen sich für die weitere Förderung dieses wichtigen Instruments der
Selbstbestimmung auf allen Ebenen von Staat und Gesellschaft aus.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister befürworten daneben eine Stärkung der Beistandsmöglichkeiten des Ehegatten und Lebenspartners in erster Linie
auf dem Gebiet der Gesundheitssorge und in damit eng
zusammenhängenden Bereichen für den Fall, dass der
Betroffene weder etwas anderes bestimmt noch einen
entgegenstehenden Willen geäußert hat. Der Ehegatte
oder Lebenspartner sollte dabei denselben Bindungen
unterliegen wie ein Vorsorgebevollmächtigter. Dies
gilt insbesondere für die Bindungen an den Willen
und die Wünsche seines Partners.
3. Die Beistandsmöglichkeiten des Ehegatten oder Lebenspartners sollten sich nicht allein auf die Befugnis
zur Einwilligung oder Nichteinwilligung in ärztliche
Maßnahmen erstrecken. Erfasst sein sollte insbesondere auch die Befugnis zum Abschluss von im Rahmen
der Gesundheitssorge erforderlich werdenden Rechtsgeschäften und zur Geltendmachung von an den
Krankheitsfall, Unfall oder Pflegefall geknüpften Sozial-, Versicherungs- oder Beihilfeleistungen.
4. Die Justizministerinnen und Justizminister nehmen
das von der Arbeitsgruppe der Landesjustizverwaltungen Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Saarland vorgelegte Eckpunktepapier
zur Kenntnis und bitten die Arbeitsgruppe, ausgehend
von dieser Grundlage einen Regelungsvorschlag auszuarbeiten.
TOP I.3 – Örtliche Zuständigkeit in Ehe-, Kindschafts-, Abstammungs- und Kindesunterhaltssachen in Fällen mit Gewaltbefürchtung
1. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten das
Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz zu prüfen, ob im Hinblick auf Fälle mit erheblicher Gewaltbefürchtung eine Änderung der BestimKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
mungen im Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit veranlasst ist, welche bisher die ausschließliche örtliche Zuständigkeit des Familiengerichts
in Ehe-, Kindschafts-, Abstammungs- und Kindesunterhaltssachen an den gewöhnlichen Aufenthaltsort
des gemeinsamen minderjährigen Kindes knüpfen.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten
den Vorsitzenden der Justizministerkonferenz, diesen
Beschluss der Jugend- und Familienministerkonferenz,
der Gleichstellungs- und Frauenministerkonferenz und
der Innenministerkonferenz zur Kenntnis zu bringen.
TOP I.4 – Abschaffung des Güterrechtsregisters
1. Die geringe rechtliche und die schwindende praktische Bedeutung des Güterrechtsregisters rechtfertigen
nach Auffassung der Justizministerinnen und -minister
nicht mehr den mit der Führung des Registers verbundenen Aufwand. Die Justizministerinnen und Justizminister sprechen sich daher für eine Abschaffung des
Güterrechtsregisters aus.
2. Sie bitten das Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
TOP I.6 – Verbesserung des kollektiven Rechtsschutzes für Verbraucher
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sind der
Auffassung, dass die bestehenden Möglichkeiten des
kollektiven Rechtsschutzes für einen effektiven Verbraucherschutz ausgeweitet werden sollen. Sie halten es
daher für erforderlich, den kollektiven Rechtsschutz für
Verbraucherinnen und Verbraucher zeitnah zu stärken.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen
die aktive Befassung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz mit diesen Überlegungen und bitten es, die Landesjustizverwaltungen frühzeitig einzubeziehen.
TOP I.8 – Digitaler Neustart
1. Die Zahl der Verträge über digitale Daten nimmt
ebenso ständig zu wie der gesamte private und öffentliche Bestand an digitalen Daten. Die hierdurch begründeten Rechtsbeziehungen, wie etwa das Cloud
Computing, das Streaming oder die Mitgliedschaft in
einem sozialen Netzwerk, sind nicht ohne Schwierigkeiten (z.B. Notwendigkeit von Analogien) in das
existierende System von Vertragstypen einzuordnen.
2. Die ständige und oftmals auch unbegrenzte Abrufbarkeit digitaler Daten mit persönlichen Inhalten sowie
293
Berichte und Bekanntmachungen
deren stetige Verarbeitung durch IKT-Dienste stellen
neue Anforderungen an den grundrechtlich gewährleisteten Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts,
auf welche die derzeit geltenden Regelungen nicht
ausgerichtet sind.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich
darüber einig, dass den Bürgerinnen und Bürgern wie
auch den Unternehmen ein rechtssicherer und grundrechtskonformer Umgang mit digitalen Daten ermöglicht werden muss. Hierzu müssen verlässliche und berechenbare rechtliche Rahmenbedingungen bestehen.
Zugleich kann hierdurch den Gerichten die Beurteilung zivilrechtlicher Streitigkeiten über digitale Daten
erheblich erleichtert werden.
4. Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hält es für sinnvoll zu prüfen, ob neue Vertragstypen über digitale Inhalte in das Bürgerliche Gesetzbuch aufgenommen werden oder vorhandene
Vertragstypen um eine digitale Variante ergänzt werden sollten. Daneben sollte geprüft werden, ob die
Rechtsqualität von digitalen Daten gesetzlich zu bestimmen ist, etwa durch die Schaffung eines absoluten
Rechts (z.B. Dateneigentum).
5. Die Prüfung sollte sich auch darauf erstrecken, ob
als Teil der Persönlichkeit der dahinterstehenden Person eine „digitale“ Persönlichkeit existiert, die vom
Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts
erfasst und durch weitere gesetzgeberische Maßnahmen zu schützen ist (z.B. durch ein Recht auf einen
umfassenden „Digitalen Neustart“).
6. Die Justizministerinnen und Justizminister richten
unter der Federführung Nordrhein-Westfalens zur Aufarbeitung des Themas eine Arbeitsgruppe ein. Dabei
sind mögliche Auswirkungen auf das Urheberrecht,
das Datenschutzrecht und das Telekommunikationsund medienrecht zu berücksichtigen. Die Entwicklungen auch auf europäischer Ebene in diesen Rechtsgebieten sollen im Blick behalten werden.
7. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen, dass das Bundesministerium der Justiz und für
Verbraucherschutz sich an der Arbeitsgruppe beteiligen wird.
Umstand kann sich auf die Bereitschaft der Handwerker zur Mängelbeseitigung auswirken und damit auch
zu negativen Folgen für den Verbraucher führen.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten
deshalb das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz, sich dafür einzusetzen, dass im kaufund werkvertraglichen Gewährleistungsrecht im Bereich der Nacherfüllung der Unternehmer von seinem
Lieferanten Ersatz derjenigen Aufwendungen verlangen kann, die ihm im Verhältnis zum Verbraucher zur
Erfüllung seiner Nacherfüllungsverpflichtung entstanden sind, insbesondere die insoweit notwendigen Einund Ausbaukosten.
TOP I.12 – Geschlechtergerechte Beurteilungen
der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte
1. Die Justizministerinnen und Justizminister nehmen
den Beschluss der 24. Konferenz der Gleichstellungsund Frauenministerinnen und -minister, -senatorinnen
und -senatoren der Länder (GFMK) am 1./2. Oktober
2014 zu TOP 4.7 „Geschlechtergerechte Beurteilung
der Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und
Staatsanwälte“ zur Kenntnis.
2. Sie stellen fest, dass es Aktivitäten in einigen Ländern gab und gibt, um eine geschlechtergerechte Beurteilung von Richterinnen und Richtern sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten zu erreichen, die teilweise bereits zu methodischen Verbesserungen geführt
haben. Demgegenüber sind immer noch Frauen in
Führungspositionen der Justiz in vielen Bundesländern
unterrepräsentiert.
3. Um Erkenntnisse zu einer Geschlechterneutralität
von dienstlichen Beurteilungen zu gewinnen und zu bewerten, führt die Justizministerkonferenz einen Informations- und Erfahrungsaustausch aller Länder durch.
Im Ergebnis sollen Empfehlungen für eine geschlechtergerechte Beurteilung von Richterinnen und Richtern
sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälten ausgesprochen werden. Die Empfehlungen sollten sich auch
auf die weiteren Bediensteten in der Justiz erstrecken.
TOP I.14 – Reform der Bundesrichterwahl
TOP I.9 – Verbraucher schützen und Handwerksbetriebe nicht benachteiligen? für ein
verantwortungsgerechtes Sachmängelhaftungsrecht
1. Nach geltender Rechtslage sind Handwerker bzw.
Bauunternehmer verpflichtet, bei ihren Kunden verbautes fehlerhaftes Material aus und fehlerfreies wieder einzubauen. Es besteht aber regelmäßig keine
Möglichkeit, die ihnen dadurch entstandenen zusätzlichen Kosten gegenüber dem Verkäufer der fehlerbehafteten Werkmaterialien geltend zu machen. Dieser
294
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich
darüber einig, dass dem Verfahren der Bundesrichterwahl nicht nur in Bezug auf die Gewinnung der bestgeeigneten Kandidatinnen und Kandidaten, sondern
auch mit Blick auf die Gewährleistung der gesellschaftlichen Akzeptanz und des Vertrauens in die
höchstrichterliche Rechtsprechung besondere Bedeutung zukommt.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister stellen
fest, dass das gegenwärtige Verfahren der Bundesrichterwahl verstärkt öffentliche Aufmerksamkeit erfährt.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
Sie nehmen zur Kenntnis, dass in diesem Zusammenhang verschiedene Reformansätze zur Diskussion gestellt worden sind.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen
es daher, dass der Bundesminister der Justiz und für
Verbraucherschutz in die Prüfung dieser Reformansätze
eingetreten ist. Vor dem Hintergrund der auf Länderebene bestehenden Regelungen und Erfahrungen bitten
sie ihn, die Länder in geeigneter Weise zu beteiligen.
TOP I.15 – Bereinigung des Systems der Rechtswegzuweisungen
1. Die Justizministerinnen und Justizminister haben
sich erneut mit dem System der Rechtswegzuweisungen befasst. Sie stellen fest, dass zur Bereinigung des
Systems der Rechtswegzuweisungen bereits umfangreiche und wichtige Vorarbeiten geleistet worden sind.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister richten
daher unter dem Vorsitz Schleswig-Holsteins eine länderoffene Arbeitsgruppe ein mit dem Ziel, die bisherigen Vorschläge zur Bereinigung des Systems der
Rechtswegzuweisungen aufzugreifen und ggf. weiterzuentwickeln. Die Befassung soll sich auch auf eine
mögliche Bereinigung aktueller Zuweisungen neuerer
Rechtsmaterien erstrecken. Das Bundesministerium
der Justiz und für Verbraucherschutz ist eingeladen,
sich an dieser Arbeitsgruppe zu beteiligen.
TOP I.16 – Änderung des Asylverfahrensrechts
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sprechen
sich dafür aus, die speziellen verwaltungsprozessualen
Vorschriften des Asylverfahrensgesetzes einer Überprüfung zu unterziehen. Dabei soll untersucht werden,
ob sich die aus den 90er Jahren stammenden und im
Interesse der Verfahrensbeschleunigung eingeführten
Abweichungen vom allgemeinen Verwaltungsprozessrecht heute noch bewähren. Dabei soll auch geprüft
werden, ob die Erweiterung von Rechtsschutzmöglichkeiten im Asylverfahrensgesetz zu einer Vereinheitlichung der Rechtsprechung und damit einhergehend zu
einer Beschleunigung der Verfahren, einer Entlastung
der Justiz und einem effektiveren Rechtsschutz für
die Betroffenen beitragen kann.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister richten
unter dem Vorsitz von Niedersachsen und Baden-Württemberg eine länderoffene Arbeitsgruppe ein. Aufgabe
dieser Arbeitsgruppe ist es, die Zweckmäßigkeit der
im Asylverfahrensgesetz enthaltenen Abweichungen
vom allgemeinen Verwaltungsprozessrecht zu prüfen
und ggf. Vorschläge für Änderungen des Asylverfahrensgesetzes zu entwickeln.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister laden das
Bundesministerium der Justiz und für VerbraucherKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
schutz, das Bundesministerium des Innern sowie die
Mitglieder der Innenministerkonferenz ein, sich an
der Arbeitsgruppe zu beteiligen.
TOP I.18 – Ehe für alle
1. Die Justizministerinnen und Justizminister halten
die rechtliche Ungleichbehandlung von Eheleuten und
Lebenspartnerinnen bzw. -partnern für nicht länger
tragbar. Sie unterstützen deshalb alle Maßnahmen
zum Abbau gleichheitswidriger Diskriminierungen.
2. Im Sinne einer umfassenden Gleichstellung halten
sie die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare für angemessen und geboten.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister sind der
Auffassung, dass die Öffnung der Ehe für gleichgeschlechtliche Paare aufgrund des gewandelten Verfassungsverständnisses keiner Änderung des Grundgesetzes bedarf, sondern einfachgesetzlich umzusetzen ist.
TOP II.1 – Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg –
Fortsetzung der Ermittlungstätigkeit
und Bedeutung als Dokumentations-,
Forschungs- und Informationszentrum
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich
einig, dass die „Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen“ in Ludwigsburg in ihrer bisherigen Form
weitergeführt wird, solange Strafverfolgungsaufgaben
anfallen.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister sind der
Auffassung, dass die Zentrale Stelle und der Standort
Ludwigsburg nach einem derzeit nicht absehbaren
Ende der Ermittlungstätigkeit auch bei geänderter Nutzungskonzeption als Ort des Gedenkens, der Mahnung,
der Aufklärung und der Forschung etwa in Form eines
Dokumentations-, Forschungs- und Informationszentrums aufrechterhalten bleiben sollen.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister beauftragen das Justizministerium Baden-Württemberg, mit
den weiteren hierfür verantwortlichen Stellen die Planungen für die Zukunft der Zentralen Stelle mitzugestalten.
TOP II.2 – Stalking – Änderungsbedarf für
§ 238 StGB
Die Justizministerinnen und Justizminister unterstreichen die Bedeutung einer strafrechtlichen Regelung,
die es ermöglicht, effektiv gegen nachstellendes Verhalten vorzugehen. Sie sehen diesbezüglich weiterhin
gesetzgeberischen Handlungsbedarf.
295
Berichte und Bekanntmachungen
TOP II.5 – Strafbarkeit von Kartellverstößen
1. Die Justizministerinnen und Justizminister haben
sich vor dem Hintergrund mehrerer schwerwiegender
illegaler Kartellabsprachen in den vergangenen Jahren
mit verschiedenen Reformvorschlägen zur Sanktionierung von Kartellrechtsverstößen befasst.
Überwachung (EÜ) für weitere Anwendungsgebiete
zu öffnen. Insbesondere Einsatzmöglichkeiten zur weiteren Verbesserung des Opferschutzes sollten in den
Blick genommen werden.
2. Sie haben erörtert, ob besonders wettbewerbsschädliche Kartellabsprachen (sog. Hardcore-Kartelle) zukünftig in bestimmtem Umfang auch durch Straftatbestände
erfasst werden sollten und ob es einer spezifisch kartellrechtlichen Kronzeugenregelung im Strafrecht bedarf.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten den
Strafrechtsausschuss, auch unter Berücksichtigung der
zu erwartenden Ergebnisse der vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz in Auftrag gegebenen Evaluation der EAÜ weitere Einsatzmöglichkeiten der EÜ zu prüfen und sodann der Konferenz
der Justizministerinnen und Justizminister zu berichten.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten
den Strafrechtsausschuss, sich der Thematik anzunehmen und die Möglichkeiten für eine Fortentwicklung
des Sanktionsrechts bei Kartellabsprachen auszuloten.
TOP II.16 – Abschlussbericht der Arbeitsgruppe
„Zeitgemäße Neufassung des § 169
GVG“
TOP II.6 – Bekämpfung der Botnetz-Kriminalität
1. Die Justizministerinnen und Justizminister haben
sich mit der Gefährdung der Bürgerinnen und Bürger
sowie kritischer Infrastrukturen durch Botnetze, einer
Form der massenhaften unbefugten und heimlichen
Benutzung fremder Computer, befasst.
2. Sie sind der Auffassung, dass den damit einhergehenden Risiken und Bedrohungen mit allen rechtlichen Mitteln entgegenzutreten ist. Dabei sind auch
Aspekte des Daten- und Opferschutzes zu berücksichtigen.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister begrüßen,
dass das Land Hessen beabsichtigt, sich der Thematik
unter den verschiedenen rechtlichen Aspekten anzunehmen und insbesondere zu prüfen, ob die geltenden
Strafgesetze ausreichen, um der Botnetzkriminalität
wirksam begegnen zu können. Sie bitten Hessen, über
das Ergebnis der Prüfung zeitnah zu berichten.
TOP II.7 – Einsatzmöglichkeiten der Elektronischen Überwachung
1. Die Justizministerinnen und Justizminister sind sich
einig, dass sich der Einsatz der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung (EAÜ) als ein Element zur Überwachung besonders gefährlicher Straftäter im Rahmen
der Führungsaufsicht bewährt hat.
2. Sie sind der Auffassung, dass vor dem Hintergrund
der in Deutschland, aber auch in Österreich vorhandenen positiven Erfahrungen geprüft werden sollte, die
verschiedenen Möglichkeiten einer Elektronischen
296
1. Die Justizministerinnen und Justizminister nehmen
den Abschlussbericht der Arbeitsgruppe „Zeitgemäße
Neufassung des § 169 GVG“ zustimmend zur Kenntnis.
2. Die Justizministerinnen und Justizminister sind der
Auffassung, dass das umfassende Verbot des § 169
Satz 2 GVG dem Informationsbedürfnis der Bürgerinnen und Bürger an der Tätigkeit der Justiz mit Blick
auf die Veränderung der Medienlandschaft nicht mehr
vollständig Rechnung trägt. Deshalb befürworten sie
eine Lockerung mittels folgender Maßnahmen:
•
Entscheidungsverkündungen oberster Gerichtshöfe
des Bundes sollen grundsätzlich von Medien übertragen werden können.
•
Die Einrichtung von Arbeitsräumen für Medienvertreterinnen und -vertreter mit Tonübertragung soll
für Verfahren mit einem erheblichen Medieninteresse gesetzlich geregelt werden.
•
Eine audio-visuelle Dokumentation von Gerichtsverfahren von herausragender zeitgeschichtlicher
Bedeutung soll bei näherer Bestimmung der Voraussetzungen und der Festlegung von Regelungen über
eine begrenzte Verwendung ermöglicht werden.
3. Die Justizministerinnen und Justizminister bitten
den Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz, unter Einbeziehung der Bundesministerin für
Arbeit und Soziales und der Präsidentinnen und Präsidenten der obersten Gerichtshöfe des Bundes, einen
entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
(sob)
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
Wichtige berufsrechtliche Änderungen zum 1.7.2015 in Kraft getreten
Nach einigen „Turbulenzen“ (zunächst versagte, wie
berichtet, das BMJV dem neuen § 2 BORA die Genehmigung, um diese später dann doch zu erteilen) sind
Anfang Juli die Beschlüsse aus der Sitzung der Satzungsversammlung vom 10./11.11.2014 (vgl. hierzu
KammerMitteilungen 1/2015, S. 75, und 2/2015, S. 168 f.)
in Kraft getreten.
Die Bundesrechtsanwaltskammer fasst nochmals zusammen:
„Einer der Beschlüsse betrifft eine Änderung des § 2 BORA (Anwaltliche Verschwiegenheit) im Hinblick auf das so genannte NonLegal-Outsourcing, also die Auslagerung nicht anwaltlicher Dienstleistungen, beispielsweise IT-Dienstleistungen. Klargestellt wird,
dass kein Verstoß vorliegt, wenn das Verhalten des Rechtsanwalts
‚im Rahmen der Arbeitsabläufe der Kanzlei einschließlich der Inan-
spruchnahme von Leistungen Dritter erfolgt und objektiv einer üblichen, von der Allgemeinheit gebilligten Verhaltensweise im sozialen
Leben entspricht (Sozialadäquanz)‘. Außerdem ist jetzt im Berufsrecht niedergelegt, dass der Rechtsanwalt grundsätzlich auch die
Dienste kanzleiexterner Personen in Anspruch nehmen kann, diese
aber ebenso wie Kanzleimitarbeiter zur Verschwiegenheit verpflichten muss.
Die Satzungsversammlung hatte ferner eine Neufassung des § 11
BORA beschlossen. Nunmehr muss der Mandant nicht nur unverzüglich über alle für den Fortgang der Sache wesentlichen Vorgänge
und Maßnahmen unterrichtet werden, sondern es ist jetzt auch normativ festgelegt, dass das Mandat in angemessener Zeit zu bearbeiten ist. Diese Änderung beschränkt sich darauf, allein das Zeitmoment in die Norm aufzunehmen. Der Inhalt oder die Qualität der
anwaltlichen Mandatsbearbeitung wird hingegen nicht zum Gegenstand berufsrechtlicher Pflichten.“
(sob)
Beschlüsse der Satzungsversammlung vom 16.3.2015 treten am 1.11.2015 in Kraft
Am 1.11.2015 treten (nachdem das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz keine Bedenken erhoben und die Bundesrechtsanwaltskammer die
erforderliche Veröffentlichung in Heft 4/2015 der
BRAK-Mitteilungen vorgenommen hat) die Beschlüsse in Kraft, die die Fünfte Satzungsversammlung in ihrer achten und damit letzten Sitzung am 16.3.2015 gefasst hat.
Die Beschlüsse sind in den KammerMitteilungen 2/2015,
S. 167 f., abgedruckt und auch auf unserer Homepage
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, Rubrik „Institutionen/Die Satzungsversammlung/Aktuelle
Beschlüsse“ zu finden.
Ab dem 1.11.2015 kann insbesondere die Verleihung
des Titels „Fachanwalt für Vergaberecht“ erfolgen.
(sob)
Rechtsanwaltsaustausch China-Deutschland
Wie schon mehrfach berichtet, ist die Bundesrechtsanwaltskammer Partner im Deutsch-Chinesischen
Rechtsstaatsdialog. Aktuell entfaltet sie in diesem Zusammenhang folgende Aktivitäten:
Seminar vom 16. bis 20.11.2015 in Berlin
Gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (GIZ) veranstaltet
die BRAK ein Seminar für Rechtsanwälte, das von
der Robert-Bosch Stiftung GmbH finanziert wird.
Eine Woche lang sollen sich deutsche und chinesische
Kollegen zu den Themen „Zivil- und Zivilprozessrecht“ sowie „Anwaltliches Berufsrecht“ austauschen.
Das Seminar findet vom 16. bis 20. November 2015
in Berlin statt. Neben dem fachlichen Programm sind
Besuche relevanter Institutionen und Gespräche mit
deren Repräsentanten geplant.
Das Ziel des Deutsch-Chinesischen Rechtsanwaltsaustauschs, in den die Veranstaltung eingebettet ist, beKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
steht darin, durch einen regelmäßigen Fach- und Informationsaustausch und persönliche Begegnungen ein
nachhaltiges Netzwerk und die Grundlage für eine solide Kooperation zwischen den Anwaltschaften Chinas
und Deutschlands zu schaffen. Das Seminar fördert
das Verständnis für das jeweils andere Rechtssystem
und Berufsbild. Rechtsstaatliche Strukturen bedürfen
einer unabhängigen und starken Anwaltschaft, daher
trägt das Projekt auch zur Rechtsstaatsförderung bei.
Die BRAK hat in diesem Zusammenhang Teilnehmer
gesucht. Den entsprechenden Aufruf hatten wir wegen
der verhältnismäßig kurzen Fristsetzung (die Bewerbungsfrist endete am 11.9.2015) auf unserer Homepage veröffentlicht.
Presseerklärung der BRAK vom 21.7.2015
In Zusammenhang mit der neuen Verhaftungswelle zu
Lasten chinesischer Rechtsanwälte hat die BRAK am
21.7.2015 die nachfolgende Presseerklärung veröffent297
Berichte und Bekanntmachungen
licht, in der auch ein Schreiben in Bezug genommen
ist, das der Präsident der Bundesrechtsanwaltskammer
Axel C. Filges am 20.7.2015 an den Minister des
Rechtsamts des Staatsrats der Volksrepublik China,
Song Dahan, gerichtet hat.
zeigte sich der Präsident der BRAK Axel C. Filges von den jüngsten
Ereignissen besonders betroffen, waren sich China und Deutschland
doch auch diesmal darüber einig, dass Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte wesentliche Elemente einer funktionsfähigen Staatsstruktur sind. Deshalb sei das jetzige Vorgehen der chinesischen Regierung umso unverständlicher, so Filges.
„Die Bundesrechtsanwaltskammer (BRAK) hat in einem Schreiben
an den Minister des Rechtsamts des Staatsrates der Volksrepublik
China Song Dahan nachdrücklich die in der letzten Woche bekannt
gewordenen Verhaftungen zahlreicher Rechtsanwälte und ihrer Kanzleiangestellten in China kritisiert. Ihnen wird vorgeworfen, ‚kriminelle Vereinigungen‘ gebildet und die ‚öffentliche Ordnung gestört‘ zu
haben. Die Verhaftungen sollen aufgrund des am 1.7.2015 in Kraft
getretenen Gesetzes zum Schutz der nationalen Sicherheit erfolgt
sein.
Er forderte den chinesischen Minister auf, dafür zu sorgen, dass die
verhafteten Rechtsanwälte und ihre Mitarbeiter unverzüglich wieder
freigelassen werden und unbehelligt ihrer Tätigkeit nachgehen können. ‚Kernaufgabe der Advokatur ist es, den Zugang zum Recht zu
gewährleisten. Dies bedeutet, dass sie die Interessen des Mandanten
frei vertreten können muss, auch gegenüber dem Staat. Trotz der Unterschiede unserer Länder sollte immer im Fokus stehen, dass eine
funktionierende und leistungsfähige Justiz den Staat, die Gesellschaft und die Wirtschaft stärkt, und dass es dazu einer starken Anwaltschaft bedarf.‘“
Angesichts des erst vor zwei Wochen in Peking beendeten diesjährigen Symposiums des Deutsch-Chinesischen Rechtsstaatsdialoges
(sob)
FG Köln zu § 18a UStG und anwaltlicher Schweigepflicht
In einem aktuellen Urteil vom 15.4.2015 (2 K 3593/11)
legt das Finanzgericht Köln die Schweigepflicht des
Rechtsanwalts restriktiv aus. Es geht um einen Fall
mit Auslandsbezug, konkret um § 18a Abs. 1 S. 2
i.V.m. S. 1 UStG, wonach ein deutscher Unternehmer,
also auch ein Rechtsanwalt, der steuerpflichtige sonstige Leistungen „ausgeführt“ hat, für die der in einem
anderen Mitgliedstaat ansässige Leistungsempfänger
in diesem anderen Mitgliedstaat die Steuer schuldet,
dem Bundeszentralamt für Steuern eine Meldung zu
übermitteln hat. Diese sog. „Zusammenfassende Meldung“ muss Angaben zur Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Mandanten und die Summe der Bemessungsgrundlage der an ihn erbrachten steuerpflichtigen
Leistung enthalten. Das Finanzgericht Köln ist der
Auffassung, dass die anwaltliche Verschwiegenheitsverpflichtung der Meldepflicht nicht entgegenstehe.
In den Entscheidungsgründen heißt es zunächst: Ein
Mandant, der sich einem Anwalt anvertraue, habe
zwar ein Interesse daran, dass seine Informationen,
die häufig seinen persönlichen Lebensbereich betreffen dürften, nicht ohne seinen Willen offenbart würden. Dieses Interesse sei verfassungsrechtlich gewährleistet durch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 GG). Strafrechtlich werde dieses Recht durch § 203 Abs. 1 Nr. 3
StGB geschützt und berufsrechtlich durch § 43a Abs. 2
BRAO. Schutzgut der anwaltlichen Schweigepflicht
sei neben diesem Individualinteresse aber auch das allgemeine Vertrauen in die Verschwiegenheit der Anwälte, das unerlässlich für eine auf rechtsstaatlichen
Prinzipien gegründete Rechtspflege sei und das sich
in der durch Art. 12 GG gewährleisteten freien Ausübung des Anwaltsberufs konkretisiere. Dabei sei die
anwaltliche Schweigepflicht nicht auf ein bestehendes
Mandatsverhältnis begrenzt. Vielmehr würden auch
298
Beobachtungen erfasst, die der Anwalt bereits bei Anbahnung des Mandats mache oder wenn ein Mandat
gar nicht zustande komme.
Weiter führt das FG Köln dann allerdings aus: Auf der
anderen Seite sei tragender Zweck der Anforderungen
des § 18a UStG der Schutz des von der Rechtsordnung
anerkannten Gutes der Besteuerungsgleichheit, also
ein mit Verfassungsrang ausgestattetes öffentliches Interesse (Art. 3 Abs. 1 GG), und der Schutz des Rechtsstaatsprinzips. Die Frage, welche konkreten Angaben
von einem Rechtsanwalt gefordert werden könnten,
sei daher im Wege einer Güterabwägung zwischen
der anwaltlichen Schweigepflicht und der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unter Berücksichtigung des
Verhältnismäßigkeitsprinzips zu entscheiden.
Bei dieser gebotenen Güterabwägung zwischen anwaltlicher Schweigepflicht und Gleichmäßigkeit der Besteuerung könne der Schutz des Rechtsanwalts und seiner Mandanten durch das mit Strafe bewehrte Steuergeheimnis (§ 30 AO; § 355 StGB) nicht unberücksichtigt bleiben. Als Gegenstück zu den weitgehenden Offenbarungspflichten des Steuerrechts diene § 30 AO dem
privaten Geheimhaltungsinteresse des Steuerpflichtigen
und der anderen zur Auskunftserteilung verpflichteten
Personen. Zugleich bezwecke die Vorschrift aber auch,
durch besonderen Schutz des Vertrauens in die Amtsverschwiegenheit die Bereitschaft zur Offenlegung der
steuerlich erheblichen Sachverhalte zu fördern, um so
das Steuerverfahren zu erleichtern, die Steuerquellen
vollständig zu erfassen und eine gesetzmäßige insbesondere gleichmäßige Besteuerung sicherzustellen.
Diesen im Rechtsstaatsprinzip und im Gleichbehandlungsgebot verankerten öffentlichen Interessen, die
über das nur fiskalische Interesse an der Sicherung des
Steueraufkommens hinausgingen, komme jedenfalls in
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
Bezug auf die Offenbarungspflichten des § 18a UStG
Vorrang vor der anwaltlichen Schweigepflicht zu.
Denn die zu offenbarenden Sachverhalte (Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und Bemessungsgrundlage)
seien nicht derart gewichtig, dass sie dem Ziel der
Steuergerechtigkeit und Steuergleichheit vorgehen
würden. Es wäre angesichts dessen ungerechtfertigt,
wenn sich Angehörige bestimmter Berufsgruppen unter Berufung auf eine bestehende Verschwiegenheitspflicht generell der Überprüfungsmöglichkeiten des
Staates entziehen könnten.
Im Rahmen der Abwägung bestehe auch keine Möglichkeit, die Offenbarungspflicht dadurch zu minimieren,
dass bestimmte – für die Besteuerung entbehrliche – Daten „geschwärzt“ würden. Denn die von § 18a UStG geforderten Angaben in der zusammenfassenden Meldung
seien unabdingbar für die bezweckte Überprüfbarkeit
der Umsatzbesteuerung im Ausland. Ohne die Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und der
Bemessungsgrundlage wären die Angaben unbrauchbar.
Der Vorrang der Offenbarungspflichten des § 18a UStG
vor der anwaltlichen Schweigepflicht gelte auch umso
mehr, als keine Anhaltspunkte dafür bestünden, dass
die zusammenfassenden Meldungen im Gemeinschaftsgebiet nicht vertraulich und unter Wahrung des Steuergeheimnisses behandelt würden.
Für diese Wertung spreche schließlich auch der Umstand, dass sich der Rechtsanwalt nicht der Gefahr aus-
setze, eine Straftat gem. § 203 Abs. 1 Nr. 1 StGB zu
begehen, wenn er gegenüber dem Bundeszentralamt
für Steuern die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
des Mandanten und die jeweilige Bemessungsgrundlage benenne. Zwar könnte eine derartige Offenbarung
von Informationen aus dem Mandatsverhältnis möglicherweise eine Verletzung der anwaltlichen Schweigepflicht darstellen. Jedoch handele es sich nicht um eine
unbefugte Offenbarung i.S. des § 203 Abs. 1 Nr. 3
StGB, da in solchen Fällen eine konkludente Einwilligung des Mandanten angenommen werden könnte.
Der Mandant teile dem Rechtsanwalt nämlich die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer mit, weil er wisse,
dass sie zu steuerlichen Zwecken benötigt und verwendet werde. Mit der Mitteilung der Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erkläre der Mandant stillschweigend
sein Einverständnis dazu, dass der Rechtsanwalt die
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer zu steuerlichen
Zwecken einsetze und ggf. auch gemeinsam mit der
Bemessungsgrundlage im Rahmen einer zusammenfassenden Meldung angebe. Einer solchen konkludenten Einwilligung komme eine rechtfertigende Wirkung
zu, wenn sie nicht sogar schon zum Ausschluss des
Tatbestandes führe.
Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung finden Sie
auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer unter www.
rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, Rubrik „Berufsrecht/
Wichtige Entscheidungen“.
(sob)
AGH NRW untersagt Namensaufdruck auf Anwaltsrobe
Durch (noch nicht rechtskräftiges) Urteil vom
29.5.2015 (1 AGH 16/15) hat der Anwaltsgerichtshof
des Landes Nordrhein-Westfalen festgestellt, dass das
Tragen einer im Schulterbereich mit dem aus einer
Entfernung von acht Metern lesbaren Text „DR. …,
www…“ bestickten oder bedruckten Robe berufsrechtlich unzulässig und daher zu unterlassen ist.
Das Tragen einer solcherart gestalteten Robe vor Gericht verstoße, so der 1. Senat, gegen § 20 BORA.
Denn der Sinn des Robetragens durch Anwälte bestehe
darin, dass diese im Rahmen einer gerichtlichen Verhandlung aus dem Kreis der übrigen Teilnehmer herausgehoben würden; ihre Stellung als unabhängiges
Organ der Rechtspflege werde sichtbar gemacht. Allen
Beteiligten werde dadurch deutlich, dass Rechtsanwälten eine eigenständige Organstellung zukomme, die
besondere Rechte und Pflichten im Verfahren und in
der Verhandlung begründeten. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liege darin auch
ein zumindest mittelbarer Nutzen für die Rechts- und
Wahrheitsfindung im Prozess; denn die ÜbersichtlichKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
keit der Situation im Verhandlungsraum werde gefördert und zugleich ein Beitrag zur Schaffung jener
Atmosphäre der Ausgeglichenheit und Objektivität geleistet, in der allein Rechtsprechung sich in angemessener Form darstellen könne.
Soweit eine berufsrechtliche Pflicht zum Tragen einer
Robe im Hinblick auf fehlende Üblichkeit bzw. vor
Amtsgerichten in Zivilsachen nicht bestehe und ein
Rechtsanwalt deshalb vom Tragen einer Robe absehe,
stelle sich das im vorliegenden Fall aufgeworfene Problem nicht. Wolle ein Rechtsanwalt die Robe vor Gericht auch dort tragen, wo eine berufsrechtliche Pflicht
nicht bestehe, müsse ihre äußere Gestaltung aber dem
Sinn des Robetragens entsprechen.
Aus diesem Zweck des Robetragens folge zugleich
und unmittelbar, dass die Robe des Anwalts frei zu
sein habe von werbenden Zusätzen. Da das Tragen
der schwarzen Robe aus den Gründen der Rationalität,
Sachlichkeit und Verallgemeinerungsfähigkeit bei der
Rechtsanwendung erfolge und in der Organstellung
des Rechtsanwalts verankert sei, komme es für den
299
Berichte und Bekanntmachungen
Grundsatz der Werbefreiheit auf den Grundsatz der
sachlichen Werbung (§ 43b BRAO i.V.m. § 6 Abs. 1
BORA) nicht an. Jede Werbung auf der vor Gericht
getragenen Anwaltsrobe sei nach Sinn und Zweck des
Robetragens ausgeschlossen, auch die sachliche.
Die Anbringung eines aus acht Metern lesbaren Textes
auf dem Rückenbereich der Anwaltsrobe stelle einen
solchen werbenden Zusatz dar. Anders als der Kläger
es darstellen wolle, gehe es nicht um seine bloße
Kenntlichmachung, für die im Rahmen einer Gerichtsverhandlung schon deshalb kein Bedürfnis bestehe,
weil es sich um eine solche im Rückenbereich der Anwaltsrobe handele. Da Werbung jedes Verhalten sei,
das darauf angelegt sei, andere dafür zu gewinnen,
die Leistung desjenigen, für den geworben werde, in
Anspruch zu nehmen, verstehe es sich von selbst,
dass einem aus acht Meter Entfernung lesbaren Text
auf dem Rücken einer Anwaltsrobe unter Nennung
des Namens des sie tragenden Rechtsanwalts und seiner Internetadresse ein werbender Charakter zukomme.
Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Verpflichtung der Rechtsanwälte, vor Gericht die Amtstracht zu
tragen, bestünden nicht. Gleiches gelte auch für den
aus dem Sinn des Robetragens unmittelbar folgenden
und in § 1 BRAO verwurzelten Grundsatz der Werbefreiheit einer vor Gericht getragenen Anwaltsrobe, der
gleichermaßen mit sachgerechten und vernünftigen Erwägungen des Gemeinwohls gerechtfertigt sei.
Anmerkung der Redaktion: Die vorstehend wiedergegebene Entscheidung finden Sie auf unserer Homepage
(www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de) in der Rubrik
„Berufsrecht/Wichtige Entscheidungen“.
(sob)
Anwaltlicher Insolvenzverwalter unterliegt dem Berufsrecht
Durch Urteil vom 6.7.2015 (AnwZ [Brfg] 24/14) stellt
der Anwaltssenat des BGH fest, das Verbot, ohne die
Einwilligung des Rechtsanwalts eines anderen Beteiligten mit diesem unmittelbar Verbindung aufzunehmen
oder zu verhandeln, gelte auch für einen Rechtsanwalt,
der zum Insolvenzverwalter bestellt worden sei und für
die verwaltete Masse eine Forderung geltend mache.
Der im konkreten Fall mit einem belehrenden Hinweis
belegte Kläger sei „auch insofern Adressat des Verbotes
des § 12 BORA, als er in seiner Eigenschaft als Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der
Schuldnerin gehandelt hat“. Der Kläger habe zwar zum
Ausdruck gebracht, in seiner Eigenschaft als Verwalter
im Insolvenzverfahren über das Vermögen der Schuldnerin zu handeln. Damit habe er jedoch den Anwendungsbereich des § 12 BORA nicht verlassen. Ein Anwalt,
der zum Insolvenzverwalter bestellt worden sei und für
die verwaltete Masse Forderungen einziehe, habe sich
an das Umgehungsverbot des § 12 BORA zu halten.
Die Tätigkeit als Insolvenzverwalter (§ 56 InsO), als
Treuhänder im vereinfachten Insolvenzverfahren
(§ 313 InsO), als Treuhänder in der Wohlverhaltensperiode (§ 292 InsO) oder als Sachwalter im Rahmen
der Eigenverwaltung (§ 270 InsO) gehöre, so der Senat,
zum Berufsbild des Rechtsanwalts.
Allerdings unterscheide sich die Verwaltertätigkeit
vom Kernbereich der anwaltlichen Tätigkeit, die insbesondere in § 3 BRAO beschrieben werde. Als Insolvenzverwalter werde der Anwalt nicht oder jedenfalls
nicht in erster Linie rechtsberatend tätig. Er vertrete
den Schuldner nicht nur in Rechtsangelegenheiten,
sondern sei – weit darüber hinausgehend – von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens an befugt, dessen zur
300
Masse gehörendes Vermögen zu verwalten und über
dieses zu verfügen (§ 80 Abs. 1 InsO). Diese Befugnis
verdanke er nicht der freien Wahl des Schuldners, sondern einem Hoheitsakt, nämlich seiner Bestellung
durch das Insolvenzgericht (§ 56 InsO). Die Vorschrift
des § 45 Abs. 1 Nr. 3 BRAO, welche der Abgrenzung
des Berufs des Rechtsanwalts von nicht-anwaltlichen
Zweitberufen dienen solle, scheine zwischen der Tätigkeit des Rechtsanwalts und der Tätigkeit des Rechtsanwalts als Insolvenzverwalter unterscheiden zu wollen.
Auf der anderen Seite seien Rechtsanwälte jedoch seit
dem Inkrafttreten der Konkursordnung im Jahre 1879
zu Konkursverwaltern bestellt und seit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung am 1.1.1999 als Insolvenzverwalter tätig geworden. Konkurs- und Insolvenzverwalter müssten zwar nicht zur Rechtsanwaltschaft
zugelassen sein (bzw. hätten nicht zur Rechtsanwaltschaft zugelassen sein müssen). Doch habe nie im
Zweifel gestanden, dass Rechtsanwälte entsprechend
bestellt werden könnten. Die Tätigkeit als Insolvenzverwalter stelle für einen Rechtsanwalt keinen Zweitberuf im berufsrechtlichen Sinne dar, dessen Zulässigkeit bei der Zulassung zur Rechtsanwaltschaft gem.
§ 7 Nr. 8 BRAO oder später gem. § 14 Abs. 2 Nr. 8
BRAO eigens geprüft werden müsste. Auch die Fachanwaltsordnung verstehe die Insolvenzverwaltertätigkeit als Teil der Anwaltstätigkeit. Dies zeige insbesondere die Vorschrift des § 5 Abs. 1 lit. g FAO. Ein
Rechtsanwalt, der die Bezeichnung „Fachanwalt für
Insolvenzrecht“ führen wolle, müsse u.a. nachweisen,
„als Rechtsanwalt“ persönlich und weisungsfrei mindestens fünf eröffnete Insolvenzverfahren aus dem
Ersten bis Sechsten Teil der Insolvenzordnung bearbeitet zu haben. Das wäre nicht möglich, wenn es
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
sich bei der Insolvenzverwaltung nicht um eine anwaltliche Tätigkeit handelte.
Die bereichsspezifische Auslegung des § 12 BORA ergebe, dass sich der zum Insolvenzverwalter bestellte
Rechtsanwalt, der Forderungen der Masse gegen einen
anwaltlich vertretenen Gegner durchzusetzen versuche,
an das Umgehungsverbot des § 12 BORA zu halten habe.
Die außergerichtliche und gerichtliche Durchsetzung
einer Forderung sei eine typische Anwaltstätigkeit.
Insbesondere dann, wenn der Gegner nicht nur nicht
zahle, sondern Einwände gegen den Bestand und die
Durchsetzbarkeit erhebe, werde ein Anwalt beauftragt,
der diese Angelegenheit vom ersten Anspruchsschreiben über die gerichtliche Geltendmachung der Forderung bis zur Beitreibung des geschuldeten Betrags im
Wege der Zwangsvollstreckung bearbeiten könne. Die
Einziehung fremder Forderungen sei eine Rechtsdienstleistung i.S. des Rechtsdienstleistungsgesetzes,
wenn die Forderungseinziehung als eigenständiges Geschäft betrieben werde (§ 2 Abs. 2 S. 1 RDG). Inkassodienstleistungen erforderten gem. § 11 Abs. 1 RDG
besondere Sachkunde in den für die beantragte Inkassotätigkeit bedeutsamen Gebieten des Rechts.
Aus Sicht des Forderungsschuldners unterscheide sich
das Anspruchsschreiben eines Anwalts, der zugleich
Insolvenzverwalter sei, nicht von einem entsprechenden Schreiben eines Anwalts, der einen Mandanten
kraft eines ihm erteilten Auftrags vertrete. Schutzbedürftig sei er in beiden Fällen. In beiden Fällen
sehe er sich einem sachkundigen und ihm an Rechtskenntnissen überlegenen Gegner gegenüber. Er werde
in der Regel nicht unterscheiden können, ob ein zum
Insolvenzverwalter bestellter Anwalt, der den Briefkopf seiner Anwaltskanzlei verwende und sich bei der
Unterzeichnung des Schreibens durch einen anderen
Anwalt vertreten lasse, als Insolvenzverwalter oder
als Anwalt handele oder handeln wolle. Beauftrage er
seinerseits einen Anwalt mit der Wahrnehmung seiner
Interessen, befinde er sich in derjenigen Situation, die
§ 12 BORA voraussetze und in der er vor Überrumpe-
lung und Übervorteilung mangels eigener Rechtskenntnisse geschützt werden solle. In der berufsrechtlichen Kommentarliteratur werde folgerichtig danach
unterschieden, ob der Anwalt, der als Partei kraft Amtes oder in eigener Sache tätig werde, als Privatmann
oder als Rechtsanwalt auftrete. Werde etwa – wie im
vorliegenden Fall – das Briefpapier der Anwaltskanzlei verwandt, trete der Anwalt als solcher in Erscheinung und habe sich grundsätzlich an das Umgehungsverbot des § 12 BORA zu halten.
In der Kommentarliteratur werde die Anwendung des
§ 12 BORA auf den Umgang des zum Insolvenzverwalter bestellten Anwalts mit dem anwaltlich vertretenen Schuldner in Zweifel gezogen, soweit es um dessen Auskunfts- und Mitwirkungspflichten nach § 97
InsO gehe. Bei § 97 InsO handele es sich um eine zentrale, das Insolvenzverfahren prägende Vorschrift,
welche auf der Überlegung beruhe, dass das Insolvenzverfahren nur dann effektiv durchgeführt werden könne, wenn der Schuldner mitwirke. Der Schuldner habe
sich deshalb auf Anordnung des Insolvenzgerichts jederzeit zur Verfügung des Verwalters zu halten, um
die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Der Grundsatz der „Waffengleichheit“ und der mit § 12 BORA
beabsichtigte Schutz vor Überrumpelung trete hier zurück. Das Ziel einer effektiven Rechtspflege werde
durch die unmittelbare Befragung des Schuldners eher
verwirklicht als durch die Einschaltung eines rechtlichen Beraters, der nicht zur jederzeitigen Auskunftsbereitschaft angehalten werden könne.
Forderungen der Masse seien hingegen nach den allgemeinen Regeln geltend zu machen. Im Zivilprozess
gölten insoweit keine Besonderheiten. Dann spreche
auch nichts gegen die Einhaltung des Umgehungsverbotes des § 12 BORA.
Anmerkung der Redaktion: Die Entscheidung finden Sie
auf der Homepage der Rechtsanwaltskammer unter www.
rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, Rubrik „Berufsrecht/
Wichtige Entscheidungen“.
(sob)
Broschüre „Justiz auf einen Blick“ des Statistischen Bundesamtes
Das Statistische Bundesamt hat die neue Ausgabe seiner Broschüre „Justiz auf einen Blick“ vorgelegt. In
der Veröffentlichung werden auf Grundlage der von
den Statistischen Ämtern geführten Rechtspflegestatistiken verschiedene Kennzahlen erörtert, um die Arbeit
der Justiz in Deutschland zu beschreiben.
Die Bundesrechtsanwaltskammer weist zusammenfassend auf folgende Ergebnisse, die sich in der Rubrik
„Leistungskennzahlen zum Justizsystem“ finden, besonders hin:
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
„1. Verfahrensdauer
In den letzten Jahren entwickelte sich die Verfahrensdauer je Gerichtsbarkeit unterschiedlich. Teilweise lassen sich die Entwicklungen durch geänderte rechtliche Rahmenbedingungen oder gesellschaftliche Ereignisse erklären. Der leichte Rückgang der Verfahrensdauer bei den erstinstanzlichen Strafsachen wurde durch neue
und erweiterte Gesetzesmaßnahmen zur Durchführung beschleunigter Strafverfahren begünstigt. Dagegen ist bei den Zivilgerichten
– verbunden mit einer Ausweitung der vorgerichtlichen Streitschlichtung in zahlreichen Ländern – der Geschäftsanteil seit Mitte der 90er
Jahre rückläufig. Gleichzeitig erhöhte sich aber die Verfahrensdauer
kontinuierlich.
301
Berichte und Bekanntmachungen
2. Personalausstattung
5. Streitwerte
Die Personalentwicklung verlief in den einzelnen Gerichtsbarkeiten
unterschiedlich. Der auffällige Rückgang der Richterzahlen um
20 % an den Verwaltungsgerichten ist auf den geringeren Geschäftsanteil an Asylverfahren bis 2010 sowie auf geänderte Zuständigkeiten zurückzuführen. Wegen der zusätzlichen Zuständigkeit auch für
Rechtsstreitigkeiten um die Grundsicherung bei Arbeitslosigkeit sowie um Sozialhilfe wurden die Richterstellen bei den Sozialgerichten seit 2010 um rund 50 % ausgebaut. Gleichzeitig erfolgte der Abbau bei den Verwaltungsgerichten, die vor 2005 im Wesentlichen für
diese Streitigkeiten zuständig waren. Etwa 3/4 der Richterschaft sind
bei der ordentlichen Gerichtsbarkeit beschäftigt. Gegenüber 2000
wurden hier rund 3 % weniger Richter beschäftigt, die Eingangszahlen gingen im gleichen Zeitraum um 7 % zurück.
Der mittlere Streitwert liegt im amtsgerichtlichen Zivilprozess bei
1.078 Euro. Der Anteil der Bagatellverfahren mit einem Streitwert
von bis zu 300 Euro lag bei 18 %.
3. Anwaltliche Vertretungsquote
In 44 % der im Jahr 2012 in Deutschland erledigten Zivilprozesse
vor den Amtsgerichten waren beide Parteien durch einen Rechtsanwalt vertreten. In weiteren 46 % der Verfahren hatte mindestens
eine Partei (meist der Kläger) einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt. Nur 10 % der Parteien waren nicht
anwaltlich vertreten.
4. Prozesskostenhilfe
In jedem 15. Zivilprozess vor dem Amtsgericht wurde Prozesskostenhilfe beantragt. 72 % der dann getroffenen Entscheidungen waren
positiv für die Antragsteller. In Familiensachen wurde in 18 % aller
Verfahren vor dem Amtsgericht beiden Parteien Prozesskostenhilfe
gewährt. Mindestens eine Partei erhielt in insgesamt 46 % aller Verfahren Prozesskostenhilfe. Dabei schwankte diese Rate zwischen
34 % in Berlin und 56 % in Schleswig-Holstein und im Saarland.
6. Öffentliche Ausgaben für den Rechtsschutz
Im Jahr 2011 gaben Bund und Länder 13,7 Milliarden Euro für den
Rechtsschutz aus. Davon entfielen 0,4 Milliarden Euro auf den
Bund und rund 13,3 Milliarden Euro auf die Länder, in deren Zuständigkeitsbereich der Rechtsschutz überwiegend fällt. Die Ausgaben für die ordentlichen Gerichte und Staatsanwaltschaften betrugen 9,3 Milliarden Euro. Für die Arbeits- und Sozialgerichte wurden
etwa 0,8 Milliarden Euro ausgegeben, für die Verwaltungs- und
Finanzgerichte 0,4 Milliarden und für die Verfassungsgerichte
0,03 Milliarden Euro. Die Ausgaben für die Justizvollzugsanstalten
lagen 2011 bei 3 Milliarden Euro. Weitere gut 0,3 Milliarden Euro
entfielen auf sonstige Rechtsschutzausgaben. Dabei machen die Personalausgaben den größten Ausgabenanteil aus. Im Bundesdurchschnitt fielen 64 % aller Ausgaben für Personal an.
Die Ausgaben für den Rechtsschutz entsprechen 168 Euro pro Einwohner im Jahr 2011. In den Ländern sind die Ausgaben sehr unterschiedlich. Die höchsten Ausgaben hatten die Länder Berlin und
Hamburg mit 257 bzw. 213 Euro, die niedrigsten Baden-Württemberg mit 121 Euro pro Einwohner.“
Weitere Zahlen und Fakten finden Sie unter
https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/
GesellschaftStaat/Rechtspflege/Rechtspflege. html
(sob)
Elektronischer Rechtsverkehr in der Arbeitsgerichtsbarkeit Rheinland-Pfalz
Der Präsident des Landesarbeitsgerichts RheinlandPfalz bittet uns, alle Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte darüber zu informieren, dass die rheinlandpfälzische Arbeitsgerichtsbarkeit schon in den Jahren
2015 und 2016 den Elektronischen Rechtsverkehr eröffnen wird.
Im September 2015 sind das Landesarbeitsgericht
Rheinland-Pfalz und das Arbeitsgericht Koblenz ge-
startet. Ab dem 1.2.2016 folgen weitere Arbeitsgerichte
im Abstand von zwei bzw. drei Monaten.
Nähere Einzelheiten und den genauen Zeitplan finden
Sie unter
http://www.mjv.rlp.de/Gerichte/Fachgerichte/
Arbeitsgerichte/Elektronischer-Rechtsverkehr/
(sob)
Novellierte ReNoPat-Ausbildungsverordnung in Kraft getreten
Am 1.8.2015 ist die novellierte ReNoPat-Ausbildungsverordnung in Kraft getreten. Bitte lesen Sie hierzu
den Aufsatz von Stronczek in den KammerMitteilungen 4/2014, S. 356 ff.
In einer Presseerklärung vom 31.7.2015 schreibt die
BRAK:
„Die novellierte Fassung der ReNoPat-Ausbildungsverordnung, die
am 11.9.2014 im Bundesgesetzblatt verkündet wurde, tritt am
1.8.2015 mit Beginn des neuen Ausbildungsjahres in Kraft. Die
BRAK hatte bereits im Jahr 2007 dem Bundesministerium der Justiz
(BMJ) einen entsprechenden Gesetzgebungsvorschlag mit der Intention vorgelegt, die vier Ausbildungsberufe – Rechtsanwaltsfachange-
302
stellte, Notarfachangestellte, Rechtsanwalts- und Notarfachangestellte sowie Patentanwaltsfachangestellte – zu modernisieren und den
aktuellen Anforderungen der Berufswelt anzupassen.
Inhaltlich hervorzuheben ist insbesondere, dass jetzt im Rahmen der
betrieblichen Ausbildung mehr Wert auf die Mandanten- oder Beteiligtenbetreuung gelegt wird. Neu ist auch die Vermittlung von
Kenntnissen im elektronischen Rechtsverkehr sowie der Grundzüge
des Wirtschaftsrechts. Dem zunehmenden grenzüberschreitenden
Rechtsverkehr wird dadurch Rechnung getragen, dass den Auszubildenden Grundzüge des Europarechts und der englischen Sprache
vermittelt werden.
Wesentliche Neuerung für die Berufsschulen wird sein, dass ab dem
1.8.2015 nicht mehr wie gewohnt ‚Fächer‘ unterrichtet werden, son-
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Berichte und Bekanntmachungen
dern den Auszubildenden im Rahmen von Lernfeldern ein gesamter
Handlungsbereich vermittelt werden soll. Entsprechend ändern sich
die Prüfungsanforderungen. Die Zwischenprüfung wird am Anfang
des zweiten Ausbildungsjahres nur die Bereiche Kommunikation
und Büroorganisation sowie Rechtsanwendung zum Gegenstand haben. Die Abschlussprüfung erfolgt in den neuen Prüfungsbereichen
Geschäfts- und Leistungsprozesse, Mandantenbetreuung, Rechtsanwendung, Vergütung und Kosten sowie Wirtschafts- und Sozialkunde. Hierbei wird der Bereich Mandantenbetreuung in einem fallbezogenen Fachgespräch mit der Dauer von höchstens 15 Minuten
unter Berücksichtigung der Kenntnisse der englischen Sprache geprüft werden.
Der Präsident der BRAK Axel C. Filges appelliert daher an die Anwaltschaft: ‚Bildet aus! Denn nur exzellent ausgebildete Fachkräfte
garantieren eine sachgerechte und damit erfolgreiche Mandatsbearbeitung. Die Modernisierung der Ausbildungsverordnung trägt den
heutigen Anforderungen an eine moderne Kanzlei Rechnung; sie sichert gleichzeitig das Qualitätsniveau der Fachangestellten. Davon
können nur alle profitieren!‘“
(sob)
Ausbildungskonsens NRW wirbt für weitere Ausbildungsplätze
Guntram Schneider, Minister für Arbeit, Integration
und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen, hat gemeinsam mit der Regionaldirektion Nordrhein-Westfalen der Bundesagentur für Arbeit die Unternehmen
im Land erneut dazu aufgerufen, weitere betriebliche
Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. So sei es
im vergangenen Spitzengespräch des Ausbildungskonsens NRW gelungen zu verabreden, wie der Ausbildungsmarkt in NRW zukunftsweisend verbessert und
ausreichend Fachkräfte für das Bundesland gesichert
werden können. In diesem Zusammenhang sollen insgesamt rund 3.200 zusätzliche Ausbildungsstellen akquiriert und Jugendliche für Ausbildung und Studium
gewonnen werden. Auch wenn das geforderte Mehr
an betrieblicher Ausbildung häufig als zusätzliche Belastung verstanden werde und auch ohne Zweifel mit
Kosten, Zeit und Engagement verbunden sei, sei dies
doch eine wertvolle Investition in die Zukunft und sichere zudem den zukünftigen Fachkräftebedarf.
Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf kommt der Bitte
der Vertreter des Spitzengesprächs des Ausbildungskonsens NRW gerne nach und bittet auch seine Mitglieder, (weitere) Ausbildungsplätze zur Verfügung
zu stellen. Ausbildung lohnt sich – bitte bilden Sie aus!
(js)
Neues von heimischen Autoren
An dieser Stelle weisen wir auf neue juristische Fachbücher und Veröffentlichungen hin, die unter Beteiligung von Mitgliedern der Rechtsanwaltskammer
Düsseldorf (oder von der Kammer Düsseldorf nahestehenden Personen) verfasst wurden.
Wenn Sie selbst Autor/in eines solchen Werkes sind,
das dem Kammervorstand bzw. der Geschäftsstelle
vielleicht noch nicht bekannt ist, freuen wir uns auf Ihren Hinweis.
Graf von Bernstorff (Hrsg.)/Dwornig/Honisch,
Trainingshandbuch Incoterms 2010 der Internationalen Handelskammer (ICC), Praxisfälle zur
Fortbildung im Unternehmen, 1. Aufl., 2015
Die Verwendung der Incoterms 2010 ist internationaler Handelsbrauch. Auch im Binnenhandel und auf
nationaler Ebene werden sie zunehmend eingesetzt. In
erster Linie regeln die Incoterms -Klauseln als Kosten- und Gefahrtragungsregeln die Art und Weise der
Lieferung von Gütern. Sie beantworten jedoch weder
die Frage nach dem Zeitpunkt des Eigentumsübergangs noch die der Zahlungsbedingungen oder des Gerichtsstands. Hierzu müssen die Vertragsparteien ggf.
zusätzliche Vereinbarungen treffen.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Das Trainingshandbuch stellt die aktuellen Incoterms
2010 anhand typischer Fälle aus der Praxis dar. Es behandelt Standard-, Sonder- und Problemfälle aus Käufer- und Verkäufersicht und zeigt auf, was im Einzelfall zu beachten ist, wo Fallen lauern und ob Individualvereinbarungen ergänzt werden sollten. Besondere
Berücksichtigung finden auch die Aspekte Zoll, Exportkontrolle und Compliance. Checklisten und ein
Glossar erleichtern den Überblick.
Aus dem Inhalt:
•
Die wesentlichen Begriffe im internationalen Handel anhand von Beispielsfällen
•
Praxisbeispiele für alle Incoterms -Klauseln aus
Käufer- und Verkäufersicht
•
•
•
Checklisten
Glossar
Trainingshilfen
Einer der Autoren ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für
Handels- und Gesellschaftsrecht sowie für Transportund Speditionsrecht Jan Dwornig aus Düsseldorf.
Das Buch ist erschienen im Bundesanzeiger-Verlag,
Köln, umfasst 194 Seiten und kostet 52,00 Euro.
303
Berichte und Bekanntmachungen
Böttger (Hrsg.), Wirtschaftsstrafrecht in der Praxis,
2. Aufl. 2015
Der Gesetzgeber schafft im Jahresrhythmus neue Vorschriften, die Gerichte erweitern den Anwendungsbereich bestehender wirtschaftsstrafrechtlicher Normen, die Schwerpunktstaatsanwaltschaften haben in
den letzten Jahren aufgerüstet. Rechtsanwälte werden
außer mit den klassischen Wirtschaftsstraftaten, wie
z.B. Korruption oder Insolvenzdelikten, immer mehr
auch mit Bereichen wie Insiderstrafrecht, Produktund Markenpiraterie oder Datenschutzstrafrecht konfrontiert – aufgrund des Volumens und der Komplexität der Rechtsmaterie eine echte Herausforderung.
derschlag in einem vom Verfasser entworfenen Gesetzesvorschlag, der das „Niederlassungskonzept“ aus
§ 34 Abs. 2 StBerG neu fasst.
Der Autor Dr. Dennis Franke, LL.M., ist Rechtsanwalt
in Düsseldorf.
Die Dissertation ist im Nomos Verlag erschienen, umfasst 207 Seiten und kostet 54,00 Euro.
(sob)
Das neue Handbuch stellt die zentralen Bereiche des
Wirtschaftsstrafrechts einschließlich der Ordnungswidrigkeiten praxisorientiert und kompakt dar und verschafft damit einen schnellen Überblick über diese
komplexe Materie.
Neben der Darstellung der einschlägigen Tatbestände
erläutert es die prozessualen Besonderheiten, liefert
dabei viele Praxistipps und Hinweise von erfahrenen
Praktikern und geht auf Themen wie z.B. Insiderstrafrecht, Produkt- und Markenpiraterie oder das IT-Strafrecht ein.
Die 2. Auflage wurde um drei neue Kapitel zum Datenschutzstrafrecht, zur Geldwäsche und zur Vermögensbeschlagnahme/Vermögensabschöpfung erweitert.
Das Werk wird herausgegeben von Rechtsanwalt und
Fachanwalt für Strafrecht Dr. Marcus Böttger aus
Düsseldorf.
Es ist im ZAP-Verlag erschienen, umfasst 1.500 Seiten
und kostet 128,00 Euro.
Franke, Das Leitererfordernis des Steuerberatungsgesetzes aus § 34 Abs. 2 Satz 2 StBerG unter
besonderer Berücksichtigung des Nahbereichserfordernisses, 2015
Die vorliegende Dissertation beschäftigt sich mit der
in der Praxis äußerst relevanten Vorschrift aus § 34
Abs. 2 Satz 2 StBerG und dem darin enthaltenen „Leitererfordernis“. Hierbei handelt es sich um die berufsrechtliche Anforderung, dass Steuerberater bei Unterhaltung von weiteren Beratungsstellen einen anderen
Steuerberater als deren Leiter einsetzen müssen. Der
Leiter muss zugleich entweder am Ort der weiteren
Beratungsstelle oder zumindest in deren Nahbereich
beruflich niedergelassen sein.
In der Praxis führt dieses Regelungskonstrukt zu Widersprüchlichkeiten, die anhand von Beispielen veranschaulicht werden. Hierneben wird eine umfassende
Überprüfung des Leitererfordernisses unter unions- und
verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten vorgenommen.
Die daraus gewonnenen Ergebnisse finden ihren Nie304
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Die Kammer rät
Die digitale Kommunikation mit der Justiz
rückt näher (Teil 2) – Zur Funktionsweise,
Sicherheit und Einrichtung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs
Das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA)
wird die Bundesrechtsanwaltskammer gem. § 31a BRAO
zum 1.1.2016 für jede Rechtsanwältin und jeden Rechtsanwalt einrichten. In den letzten Kammermitteilungen
2/2015 wurden bereits die technischen Voraussetzungen
des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs erläutert. Der vorliegende Aufsatz beschäftigt sich mit der
Funktionsweise und der Sicherheit des beA. Schließlich
wird die Einrichtung des beA dargestellt.
I. Funktionsweise
1. Benutzerfreundlichkeit
Der Bundesrechtsanwaltskammer ist es besonders wichtig, dass das beA benutzerfreundlich ist. Das bedeutet,
dass der Zugang einfach sein und die Bedienung der
der herkömmlichen E-Mail-Systeme ähneln wird.
2. Zugang zum beA
Auf das Postfach kann entweder über einen gängigen
Internetbrowser oder über die Kanzleisoftware zugegriffen werden. Um das beA in die Kanzleisoftware
zu integrieren, erhalten die Hersteller eine sogenannte
Schnittstelle. Eine Bedienung des beA mit einer Kanzleisoftware ist aber nicht zwingend notwendig. Der
Zugriff kann alternativ über einen sogenannten WebClient erfolgen. Dabei gibt der Benutzer im Internetbrowser die entsprechende Internetadresse ein und gelangt auf die Zugangsseite des beA. Um eine hohe
Sicherheit zu gewährleisten, erfolgt die Anmeldung
sowohl beim Web-Client als auch bei einer Kanzleisoftware durch eine sogenannte Zwei-Faktor-Authentifizierung. Diese zeichnet sich durch zwei voneinander
unabhängige Sicherungsmittel z.B. eine Chipkarte und
eine PIN-Nummer aus.
3. Zugriffsrechte
Das beA kommt dem Aussehen der herkömmlichen
E-Mail-Systeme sehr nahe. Es bietet aber erweiterte,
an die Anwaltstätigkeit angepasste und sicherere
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Funktionen. Außerdem findet man neben den üblichen
Ordnern Posteingang, -ausgang, Entwürfe und Papierkorb auch eine Übersicht aller Postfächer, auf die der
jeweilige Nutzer Zugriff hat. Ein Vorteil des beA ist,
dass jeder Rechtsanwalt als Postfachinhaber seinen
Mitarbeitern und Kollegen Zugangsrechte einräumen
kann. Die Verteilung der Befugnisse bestimmt der
Postfachinhaber selbst. Es ist eine Liste von mehr als
30 Befugnissen vorgesehen – von Nur-Lese-Rechten
bis hin zum Recht, aus dem Postfach Nachrichten zu
versenden oder sogar das Recht, selbständig für das
Postfach weitere Befugnisse zu vergeben. Diese Rechte können allein oder kombiniert vergeben werden, sodass jede denkbare Arbeitsteilung möglich ist.
4. Nachrichtenempfang
Auch der Posteingang ähnelt äußerlich einem E-MailPostfach. Das besondere bei noch nicht geöffneten
Nachrichten ist allerdings, dass der Nachrichtenbetreff
nicht einsehbar ist. Bei ungelesenen Nachrichten sind
nur der Absender und das Datum sichtbar. Grund hierfür sind die hohen Sicherheitsanforderungen, die an
das beA gestellt werden. Die sichere Übermittlung
der Nachrichten wird dabei durch die sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährleistet. Das heißt,
eine Nachricht wird auf dem Ausgangscomputer verschlüsselt und bleibt solange verschlüsselt, bis sie
beim Empfänger ankommt. Das Öffnen der Nachricht
ist mit dem Entschlüsseln gleichzusetzen, wodurch
der Betreff sichtbar wird. Kommt es danach zu einem
Schließen der Nachricht, wird sie wieder verschlüsselt,
aber nicht als Gesamtheit. Dabei ist es möglich, den
Betreff in der Nachrichtenübersicht zukünftig anzuzeigen. Damit stellt das beA-System sicher, dass Nachrichten durch Unbefugte weder geöffnet noch manipuliert werden können.
Die Sortierung der eingegangenen Nachrichten ist beliebig, beispielsweise nach Absender, nach Eingangsdatum oder nach Aktenzeichen. Dadurch ist es möglich, dass alle eingegangenen Nachrichten zu einem
Verfahren auf einen Blick angezeigt werden.
Zur Frage eines elektronischen Empfangsbekenntnisses in Form eines maschinenlesbaren Datensatzes lässt
sich sagen, dass dieses nach dem Willen des Gesetzgebers erst ab Anfang 2018 abgegeben werden kann.
Bis dahin besteht die Möglichkeit, ein Empfangsbekenntnis einer Nachricht als normalen Anhang beizufügen. Dieses kann dann entweder ausgedruckt, aus305
Die Kammer rät
gefüllt und per Post oder Fax oder aber qualifiziert
elektronisch signiert per beA zurückgeschickt werden.
5. Kanzleipostfach
Der Nachteil des beA ist, dass es kein separates Kanzlei- oder Sozietätspostfach geben wird. Grund dafür
ist, dass laut Gesetzgeber eine eindeutige Adressierbarkeit des einzelnen Rechtsanwaltes gewährleistet
sein soll. Allerdings kann ein komfortables Arbeiten
für anwaltliche Organisationseinheiten durch sogenannte frei definierbare Sichten ermöglicht werden.
Die Sichten funktionieren in der Weise, dass z.B. postfachübergreifend die Ansicht aller ungelesenen Nachrichten einstellbar ist. Dadurch entsteht ein „virtuelles
Kanzleieingangspostfach“.
6. Weiterverarbeitung der Nachrichten
Die Antwortfunktion ermöglicht es, eingegangene
Nachrichten direkt zu beantworten und/oder zu einem
anderen beA-Postfach weiterzuleiten. Selbstverständlich ist ein Ausdrucken oder elektronisches Exportieren möglich. Bei der Bedienung mit einer Kanzleisoftware wird der Export der Nachrichten und Anhänge
voraussichtlich automatisch erfolgen.
Wichtig ist, dass das beA nicht als Nachrichtenarchiv
dient. Aus Kapazitäts- und Kostengründen ist es hierfür nicht vorgesehen. Deshalb ist es notwendig, dass
die Nachrichten in regelmäßigen Abständen in das
eigene Dateiablagesystem exportiert oder ausgedruckt
und gelöscht werden. Dabei wird die Bundesrechtsanwaltskammer voraussichtlich innerhalb des ersten
Jahres nach Inbetriebnahme des beA-Systems Fristen
festlegen, nach deren Ablauf der Postfachinhaber darüber informiert wird, dass Nachrichten automatisch in
den Papierkorb verschoben und später gelöscht werden.
7. Nachrichtenversand
Die Bundesrechtsanwaltskammer hat es sich zum Ziel
gemacht, den Versand der Nachrichten so einfach wie
möglich zu gestalten. Im Adressverzeichnis sind alle
Gerichte, Rechtsanwälte, Kammern und sonstige Empfänger aufgeführt, die über das beA erreichbar sind.
Über den Anschluss der Gerichte zum elektronischen
Rechtsverkehr erhalten Sie auf der Internetseite www.
egvp.de/gerichte Auskunft.
Das Ausfüllen der Absenderzeile erfolgt automatisch.
Außerdem ist auch die Angabe des eigenen Aktenzeichens, des Aktenzeichens der Gegenseite und des gerichtlichen Aktenzeichens möglich.
Um Anhänge zu einer Nachricht (wie z.B. Schriftsätze
und deren Anlagen) hochzuladen, ist ein entsprechender Button eingerichtet worden. Bezüglich der Maximalgröße der Nachrichten und der maximalen Zahl
306
der Anhänge werden die Vorgaben der Justiz als Orientierung herangezogen. Demnach dürfen Nachrichten
derzeit nicht größer als 30 MB sein und nicht mehr als
100 Anhänge umfassen. Allerdings ist bereits die Erweiterung auf 150 MB und 500 Anhänge beschlossen.
Die Rechtsverordnungen der Länder regeln die verwendbaren Dateiformate.
8. Qualifizierte elektronische Signatur
Bis zum 31.12.2017 ist es notwendig, dass Nachrichten, die über das beA verschickt werden, eine elektronische Signatur beinhalten. Falls diese Signatur fehlen
sollte, ist das beA so konstruiert, dass technisch ein
Versand nicht möglich ist. Die Signatur wird dabei der
Nachricht selbst oder aber einem Anhang beigefügt.
Mit Inkrafttreten des neuen § 130a ZPO am 1.1.2018
ist eine qualifizierte elektronische Signatur nicht mehr
notwendig, um Dokumente bei Gericht einzureichen.
Allerdings gilt diese Regelung nur, soweit die Dokumente vom Postfachinhaber selbst – also dem Rechtsanwalt – übersandt werden. Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter müssen die Dokumente auch über den
1.1.2018 weiterhin qualifiziert signieren.
II. Sicherheit
Die Sicherheit elektronischer Kommunikation wurde
in letzter Zeit durch verschiedene Ereignisse in Frage
gestellt. Zu nennen sind hier die Enthüllungen von Edward Snowden über die Aktivitäten verschiedener
Geheimdienste, Berichte über Computerspionage im
Deutschen Bundestag und auch die neuen Pläne zur
Einführung einer Vorratsdatenspeicherung. Im folgenden Abschnitt soll ein Überblick über die Sicherheitsarchitektur des beA gegeben werden.
1. Verschlüsselung
Maßgeblich für die Vertraulichkeit der Kommunikation ist, dass das beA den Vorteil einer durchgehenden
(„Ende-zu-Ende“) Verschlüsselung – vom Webbrowser
bzw. der Kanzleisoftware des Absenders bis zur Entschlüsselung durch den Empfänger –bietet.
Die Verschlüsselung wird durch die Kombination aus
einem symmetrischen und einem asymmetrischen Verschlüsselungsverfahren gewährleistet. Die symmetrische Verschlüsselung ist durch einen einheitlichen
Schlüssel für Ver- und Entschlüsselung gekennzeichnet. Dieser Schlüssel darf nicht öffentlich gemacht
werden und deshalb nicht ungeschützt dem Empfänger
übertragen werden. Im Unterschied dazu gibt es bei
der asymmetrischen Verschlüsselung einen öffentlichen und einen privaten Schlüssel. Ersterer wird für
die Verschlüsselung und zweiter für die Entschlüsselung verwendet.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Die Kammer rät
Beim beA wird die Nachricht selbst symmetrisch verschlüsselt und nur der dazu verwendete Nachrichtenschlüssel asymmetrisch chiffriert. Grund dafür ist,
dass das asymmetrische Verschlüsselungsverfahren erheblich mehr Rechenleistung benötigt und dadurch
deutlich langsamer ist.
Die Entschlüsselung der Nachrichten findet direkt auf
dem Computer des Empfängers statt. Ausnahmen von
der Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gibt es lediglich
bei einzelnen für den Nachrichtentransport erforderlichen Metadaten wie bei der Angabe des Absenderund Empfängerpostfachs. Allerdings sind auch diese
Daten nicht völlig ungeschützt. Sie unterliegen einer
Transportverschlüsselung und werden in verschlüsselten Datenbanken abgelegt.
2. Sicherheit innerhalb der Rechteverwaltung
Wie oben schon erwähnt, ermöglicht das beA dem
Postfachinhaber, anderen Personen Zugriff auf Nachrichten in seinem Postfach zu gewähren. Zur Gewährleistung der Sicherheit wird hier ein sogenanntes Hardware Security Modul (HSM) eingesetzt. Ein HSM
zeichnet sich dadurch aus, dass nur spezielle, vorab
definierte kryptographische Funktionen ausgeführt
werden können. Ferner ist es gegen jede Art der Manipulation sowie gegen Abhören geschützt.
Das HSM dient dazu, den verschlüsselten Nachrichtenschlüssel nach Prüfung der Berechtigung für einen
Leser – Mitarbeiter oder Postfachinhaber – „umzuschlüsseln“. Das bedeutet, dass der Leser danach in
der Lage ist, den Nachrichtenschlüssel mit seinem privaten Schlüssel zu entschlüsseln und die Nachricht mit
dem nun decodierten Nachrichtenschlüssel zu entschlüsseln. Der Vorteil des HSM ist, dass eine Nachricht mehreren Personen zum Lesen bereitgestellt werden kann, ohne dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt
unverschlüsselt im System vorliegt.
3. Das beA im Vergleich zu Post und Fax
Im Gegensatz zum beA liegt der Nachteil eines gewöhnlichen Telefaxes z.B. in der unverschlüsselten
Übertragung über die öffentlichen Telefonnetze. Daher
kann eine Kenntnisnahme Dritter nicht ausgeschlossen
werden. Auch der Papierbrief bietet keinen Schutz gegen unbefugtes Lesen, obwohl das Öffnen durch Dritte
Spuren hinterlässt. Gegenüber Telefax und Brief bietet
das beA deutlich mehr Sicherheit. Allerdings ist absolute Vertraulichkeit nur schwer zu erreichen, auch wenn
das beA einen enormen technischen Fortschritt darstellt.
4. Exklusivität des beA für Rechtsanwälte
Das beA ist ausschließlich für Rechtsanwälte vorgesehen. Deshalb muss jeder Rechtsanwalt und jede
Rechtsanwältin eine von der BundesrechtsanwaltsKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
kammer herausgegebene beA Karte erwerben. Um
eine sichere Zuordnung eines Postfachs zum jeweiligen Besitzer sicherzustellen, wird die Karte, die die
eindeutige Bezeichnung des Postfachs enthält, getrennt
von der dazugehörigen PIN übermittelt. So wird auch
das Risiko eines Missbrauchs von Zugangsinformationen ausgeschlossen.
Die Vergabe des beA-Postfachs erfolgt ausschließlich
an Rechtsanwälte, die im Verzeichnisdienst der Bundesrechtsanwaltskammer eingetragen sind. Dieser erhält die Informationen aus den elektronischen Registern der Rechtsanwaltskammern nach § 31 Abs. 1
BRAO. Für die Sicherheit bei der Übertragung von
den Rechtsanwaltskammern an die Bundesrechtsanwaltskammern sorgt eine elektronische Signatur der
Rechtsanwaltskammer.
Durch definierte und in die Verzeichnisse eingetragene
Postfächer wird sichergestellt, dass der Kommunikationspartner auch wirklich der ist, der er zu sein
scheint. Dies ist ein entscheidender Vorteil gegenüber
der E-Mail-Kommunikation, bei welcher die angezeigte E-Mail-Adresse sowie der Name frei bestimmt werden können.
5. Ununterbrochene Verfügbarkeit des beA-Systems
Für die anwaltliche Tätigkeit ist es notwendig, dass
das beA-System reibungslos funktioniert. Deshalb
müssen Systemausfälle gerade auch kurz vor Ablauf
eines Tages unbedingt verhindert werden. Um bei
technischen Störungen die Auswirkungen auf den Betrieb des beA zu verhindern, wurden zwei örtlich betriebene Rechenzentren eingerichtet. Eines ist für den
aktiven Betrieb zuständig, das andere dient der Ausfallsicherheit. Außerdem verteilen sich die Last und
das Ausfallrisiko auf die beiden Rechenzentren.
III. Einrichtung des beA
1. Die beA-Karte
Um mit dem beA arbeiten zu können, ist es notwendig,
dass der Rechtsanwalt sich einmalig an seinem Postfach registriert. Diese Erstregistrierung ist besonders
sicherheitssensibel, weshalb dafür eine besondere beAKarte, die auch die Postfach-Nummer (Safe-ID) enthält, erforderlich sein wird. Außerdem kann diese
beA-Karte dann zur täglichen Anmeldung im Postfach
genutzt werden und nach Wunsch mit einer Signierungsfunktion versehen werden. Eine Chipkarte mit
einer solchen Funktion bietet sich an, denn nur so ist
nicht nur der Zugriff auf das Postfach, sondern auch
der Versand der Nachrichten möglich. Die beA-Karte
Basis ohne Signatur wird voraussichtlich 29,90 Euro
kosten, die beA-Karte mit Signatur 49,90 Euro, jeweils
zzgl. Mehrwertsteuer. Kartenlesegeräte und weitere
307
Die Kammer rät
Chipkarten beispielsweise für Mitarbeiter können über
die Bundesnotarkammer erworben werden.
2. Bestellung der beA Karte
Für die Herstellung und Ausgabe der beA-Karte ist die
Bundesnotarkammer zuständig. Um die beA bestellen
zu können, ist eine eindeutige Identifikationsnummer
erforderlich, die die Bundesrechtsanwaltskammer jedem Rechtsanwalt in einem persönlichen Brief mitteilt. Daran schließt sich das weitere Bestellprocedere,
über das die Mitglieder informiert werden, an. Für die
Bestellung ist die Erteilung einer SEPA-Einzugsermächtigung erforderlich, außerdem muss für die
weitere Kommunikation eine gültige E-Mail-Adresse
angegeben werden.
3. Kartenversand und Erstregistrierung
Die Herstellung und der Versand der beA-Karten „Basis“ beginnen im Oktober 2015. Eine frühzeitige Bestellung ist von Vorteil, denn es gilt das „first come
first served“-Prinzip. Der Zugriff auf die beA-Postfächer und die damit verbundene erstmalige Registrierung am System wird ab Mitte November 2015 möglich sein. Für die Erstregistrierung sind ein internetfähiger Computer, die beA-Karte und ein entsprechen-
des Kartenlesegerät notwendig. Der Versand und
Empfang von Nachrichten über das beA wird ab dem
1.1.2016 möglich sein. In den ersten Monaten des
kommenden Jahres werden dann entsprechend den Bestellungen die qualifizierte elektronische Signatur zum
Nachladen auf die Karte sowie die Mitarbeiterkarten
und Softwarezertifikate zur Verfügung gestellt.
4. beA-Service
Bei Fragen zum Bestellverfahren und zu den beA-Karten hat die Bundesnotarkammer eine E-Mail-Adresse
(bea@bnotk. de) und für Eilfälle die Telefonnummer
0800–3550100 eingerichtet. Weitere aktuelle Informationen finden Sie auch im Internet unter www.bea.
brak.de.
Rechtsanwalt
Jörg Stronczek
Juristischer Referent der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
Stud. iur. Constanze Schwarzer
Verwaltungspraktikantin, 5. Semester
Anmerkung der Redaktion: Der vorstehende Beitrag steht
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de, „Podcast
– RAK info to go“ auch als Podcast zur Verfügung.
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1
Ein Unternehmen der
Verlagsgruppe
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Neues aus Gesetzgebung
und Berufspolitik
Gesetzentwurf zur Neuordnung des Rechts
der Syndikusanwälte auf gutem Weg
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung am 10.7.2015 beschlossen, gegen den Gesetzentwurf zur Neuordnung
des Rechts der Syndikusanwälte1 keine Einwendungen
zu erheben.
Zuvor hatte der Bundestagsrechtsausschuss am 1.7.2015
eine Sachverständigenanhörung zu dem Gesetzentwurf
durchgeführt.
Wie die Bundesrechtsanwaltskammer berichtet, stieß
der Gesetzentwurf dabei insgesamt auf Zustimmung,
allerdings hätten die Experten teilweise noch deutlichen Änderungsbedarf gesehen. Für die BRAK habe
deren Vizepräsident Ekkehart Schäfer an der Anhörung teilgenommen. Er habe noch einmal die Auffassung der BRAK betont, die sich bereits in ihrer schriftlichen Stellungnahme für eine uneingeschränkte
Fortgeltung des bisherigen, in allen gerichtlichen Verfahren und Schiedsgerichtsverfahren geltenden, prozessualen Vertretungsverbots ausgesprochen habe. Dieses
Vertretungsverbot müsse konsequenterweise auch auf
die Tätigkeit eines Syndikusrechtsanwalts als freier,
niedergelassener Rechtsanwalt erstreckt werden.
(sob)
Umsetzung der ADR-Richtlinie
In den KammerMitteilungen 1/2015, S. 96 f., haben
wir über die Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer zum „Referentenentwurf zur Umsetzung der
Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten“ berichtet.
Erste Lesung im Bundestag
Der Bundestag hat den inzwischen von den Fraktionen
der CDU/CSU und SPD eingebrachten Gesetzentwurf
1 Vgl. hierzu ausführlich die Aufsätze von Schafhausen, S. 266 ff., und
Offermann-Burckart, S. 270 ff.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
am 11.6.2015 in Erster Lesung beraten und in die betroffenen Ausschüsse überwiesen.
Die Bundesrechtsanwaltskammer berichtet hierzu wie
folgt:
„Dr. Patrick Sensburg (CDU/CSU) äußert u.a., dass Ziel der Umsetzung der Richtlinie nicht sein könne, dass ein aus Steuermitteln finanziertes Parallelsystem zu den Gerichten geschaffen werde. Vielmehr sollten bereits vorhandene Schlichtungsangebote erhalten und
an die Anforderungen der Richtlinie angepasst werden. Der dahinter
stehende Verbraucherschutz sei von allgemeinem Interesse und könne deshalb nicht einseitig von Unternehmen, Wirtschaftsverbänden
oder öffentlichen Einrichtungen der gewerblichen Wirtschaft getragen werden.
Elvira Drobinski-Weiß (SPD) kritisiert in ihrem Redeteil, dass ein
Großteil der Wirtschaft ‚mauern‘ würde. Die Wirtschaft solle sich
an den erfolgreichen Modellen der Banken, Versicherungen und
Verkehrsteilnehmer orientieren. Die Streitmittler müssten allerdings
über die nötige Unabhängigkeit und entsprechende Rechtskenntnisse
verfügen.
Dennis Rohde (SPD) sieht in dem Gesetzentwurf eine Möglichkeit
zur Förderung der Schlichtung in Deutschland und zur Entlastung
der Gerichte ohne Schaffung einer Parallelstruktur. Das Verfahren
müsse aber freiwillig und transparent bleiben.
Caren Ley (DIE LINKE) kritisiert hingegen die Freiwilligkeit des
Verfahrens. Es gebe keinen Anreiz für die Unternehmen, freiwillig
an einem Schlichtungsverfahren teilzunehmen.
Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) erklärt, dass die alternative
Verbraucherstreitbeilegung hohen Standards unterliegen müsse, um
zu einem Erfolgsmodell werden zu können, der Gesetzentwurf hier
aber noch erheblichen Nachholbedarf bei den Beteiligungsrechten,
der Transparenz, der Freiwilligkeit, der Qualifikation des Streitmittlers und bei den Universalschlichtungsstellen habe. Abschließend
warnt sie ausdrücklich vor einer ‚Schlichtung light‘.“
Stellungnahme des Bundesrats
Zwischenzeitlich hat auch der Bundesrat eine Stellungnahme abgegeben. Wie die BRAK berichtet, erteilen die Länder der Bundesregierung einen Prüfauftrag
dahingehend, ob der Streitmittler bzw. bei einem
mehrköpfigen Gremium zumindest ein Streitmittler
die Befähigung zum Richteramt besitzen sollte. Zur
Begründung werde, so die BRAK, ausgeführt, dass damit die Qualität und die Akzeptanz der Verbraucherschlichtung bei Unternehmern und Verbrauchern besser zu erreichen sei. Dies entspreche ja auch der in
der Stellungnahme der BRAK dargelegten Auffassung.
Ferner halte es der Bundesrat für zwingend geboten,
eine einheitlich auf Bundesebene angesiedelte Zuständigkeit sowohl für die Anerkennung von Verbraucherschlichtungsstellen als auch für die Universalschlichtung vorzusehen. Nur eine solche einheitliche, zentrale
Stelle des Bundes könne ein einheitliches Zulassungs309
Neues aus Gesetzgebung und Berufspolitik
verfahren gewährleisten, Fachwissen bündeln und für
die notwendige Unterstützung durch Wirtschaftsunternehmen und -verbände werben.
(sob)
Reform im Vergaberecht
Die Bundesregierung will das Vergaberecht ändern
und hat dazu einen Gesetzentwurf beschlossen.
Die Bundesrechtsanwaltskammer berichtet:
„Damit wird die größte Reform des Vergaberechts seit über zehn
Jahren eingeleitet. Sie dient der Umsetzung von drei EU-Vergaberichtlinien, mit denen die Vergabe öffentlicher Aufträge und
Konzessionen in Europa modernisiert wird. Dieses Modernisierungspaket umfasst die Richtlinie über die öffentliche Auftragsvergabe
(Richtlinie 2014/24/EU), die Richtlinie über die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung
sowie der Postdienste (Richtlinie 2014/25/EU) und die Richtlinie
über die Vergabe von Konzessionen (Richtlinie 2014/23/EU). Diese
Richtlinien sind bis zum 18.4.2016 in deutsches Recht umzusetzen.
Ziel des geplanten Gesetzes ist es, Struktur und Inhalt des Vergaberechts einfacher und anwenderfreundlicher zu gestalten. Dazu ist
Teil 4 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) überarbeitet und neu strukturiert worden. Dieser soll künftig die wesentlichen Vorgaben zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen umfassen. Neu ist, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens von
der Leistungsbeschreibung, über die Prüfung von Ausschlussgründen,
die Eignungsprüfung, den Zuschlag bis hin zu den Bedingungen für
die Ausführung des Auftrags im Gesetz vorgezeichnet ist.“
Bitte lesen Sie zu diesem Thema den Beitrag von
Dr. Otto, oben S. 285.
(sob)
Gesetz zum Internationalen Erbrecht
Im Bundesgesetzblatt (I 1042 ff.) vom 3.7.2015 wurde
das „Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften“ vom 29.6.2015 verkündet, das in seinen wesentlichen Teilen am 17.8.2015 in
Kraft getreten ist.
Das Gesetz dient der Durchführung der „Verordnung
(EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und
des Rates vom 4. Juli 2012 über die Zuständigkeit,
das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und
Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses (EU-ErbVO)“.
310
Die Bundesrechtsanwaltskammer berichtet hierzu:
„Zur vollständigen Umsetzung der sich aus der EU-ErbVO ergebenden Verpflichtung schafft das Gesetz die erforderlichen Zuständigkeits- und Verfahrensbestimmungen. Hinsichtlich der Anerkennung
und Vollstreckung von Entscheidungen folgt das Gesetz dabei der
Grundkonzeption des Auslandsunterhaltsgesetzes als dem jüngsten
Durchführungsgesetz der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, soweit auch dort noch ein Vollstreckbarerklärungsverfahren
erforderlich ist.
Für das Europäische Nachlasszeugnis, das mit der EU-ErbVO eingeführt wird, sind eigene Verfahrensregeln vorgesehen. Darüber hinaus
enthält das Gesetz Änderungen der Vorschriften des deutschen Erbscheinverfahrens, um dieses an den Erlass eines Europäischen Nachlasszeugnisses anzupassen. Auch soll die Zuständigkeit für die Ausstellung eines Europäischen Nachlasszeugnisses und die Erteilung
eines deutschen Erbscheins möglichst bei demselben Gericht angesiedelt werden. Anlässlich der notwendigen Anpassungen beim Erbscheinverfahren sollen diesbezügliche gegenwärtig im BGB enthaltene verfahrensrechtliche Regelungen aus systematischen Gründen
in das FamFG überführt sowie in beiden Gesetzen vorhandene nicht
notwendige Doppelregelungen bereinigt werden.
Ferner wird durch Änderung der Gebührenregelungen in Grundbuchsachen die Höhe der zu erhebenden Gebühren auf ein angemessenes
Maß begrenzt, wenn die Eintragung von Veränderungen eines Gesamtrechts bei verschiedenen Grundbuchämtern notwendig ist.“
(sob)
Kleinanlegerschutzgesetz
Im Bundesgesetzblatt (I 1114 ff.) vom 9.7.2015 wurde
das „Kleinanlegerschutzgesetz“ vom 3.7.2015 verkündet, das im Wesentlichen am 10.7.2015 in Kraft getreten ist.
Danach sind partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen
sowie bestimmte Direktinvestments Vermögensanlagen, deren Vertrieb eine Erlaubnis nach § 34f Nr. 3
GewO voraussetzt.
Zu den zentralen Vorschriften gehört auch der geänderte § 12 des Vermögensanlagengesetzes, der wie
folgt lautet:
§ 12
Werbung für Vermögensanlagen
(1) Der Anbieter hat dafür zu sorgen, dass in Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen, in der auf die wesentlichen Merkmale der Vermögensanlage hingewiesen wird, ein
Hinweis auf den Verkaufsprospekt und dessen Veröffentlichung aufgenommen wird.
(2) Der Anbieter hat dafür zu sorgen, dass in Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen der folgende deutlich
hervorgehobene Warnhinweis aufgenommen wird: „Der Erwerb dieser Vermögensanlage ist mit erheblichen Risiken
verbunden und kann zum vollständigen Verlust des eingesetzten Vermögens führen.“ Bei einer Werbung in elektronischen
Medien, in der ausschließlich Schriftzeichen verwendet werden, kann der Hinweis in einem separaten Dokument erfolgen, wenn die Werbung
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Neues aus Gesetzgebung und Berufspolitik
1. weniger als 210 Schriftzeichen umfasst und
2. einen deutlich hervorgehobenen Link auf dieses Dokument
enthält, der mit „Warnhinweis“ gekennzeichnet ist.
(3) Der Anbieter hat dafür zu sorgen, dass Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen, die eine Angabe zu einer
Rendite der Vermögensanlage enthält, die nicht lediglich eine
vertragliche feste Verzinsung der Vermögensanlage wiedergibt, der folgende deutlich hervorgehobene Hinweis aufgenommen wird: „Der in Aussicht gestellte Ertrag ist nicht
gewährleistet und kann auch niedriger ausfallen.“
(4) Eine Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen
darf keinen Hinweis auf die Befugnisse der Bundesanstalt
nach diesem Gesetz enthalten.
(5) In einer Werbung für öffentlich angebotene Vermögensanlagen darf weder der Begriff „Fonds“ noch ein Begriff, der diesen Begriff enthält, zur Bezeichnung des Emittenten oder der
Vermögensanlage verwendet werden.
(sob)
Tarifeinheitsgesetz in Kraft getreten
Im Bundesgesetzblatt (I 1130 f.) vom 9.7.2015 wurde
das „Gesetz zur Tarifeinheit (Tarifeinheitsgesetz)“
vom 3.7.2015 verkündet, das am 10.7.2015 in Kraft
getreten ist.
Die BRAK berichtet:
„Das Gesetz sieht vor, die Tarifeinheit in einem Betrieb im Falle von
Konflikten nach dem Mehrheitsprinzip zu ordnen. Können sich Gewerkschaften mit sich überschneidenden Tarifverträgen nicht einigen, soll künftig nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft gelten, die
im Betrieb die meisten Mitglieder hat.
Die BRAK hatte in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf erhebliche Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der geplanten Neuregelung. Das ergibt sich aus einer Stellungnahme der Kammer zum
Referentenentwurf. Die Kammer hatte vorgeschlagen, eine Tarifeinheit nicht betriebs-, sondern unternehmensbezogen zu gestalten sowie
Äußerungen zum Arbeitskampfrecht aus der Begründung zum Gesetzentwurf herauszunehmen. Außerdem enthält die Stellungnahme
eine Formulierung zur Gestaltung eines Arbeitskampfprozessrechts,
durch das die Tarifvertragsparteien im Rahmen des einstweiligen
Rechtsschutzes während der Dauer von Arbeitskampfmaßnahmen
höhere Rechtssicherheit erhalten hätten.“
Anmerkung der Redaktion: Sie finden die vorerwähnte
Stellungnahme auf der Homepage der Bundesrechtsanwaltskammer.
(sob)
Deutsches Institut für Menschenrechte
Im Bundesgesetzblatt (I 1194 ff.) vom 22.7.2015 wurde
das „Gesetz über die Rechtsstellung und Aufgaben des
Deutschen Instituts für Menschenrechte (DIMRG)“
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
vom 16.7.2015 verkündet, das im Wesentlichen am
23.7.2015 in Kraft getreten ist.
Die zentralen Vorschriften lauten:
§1
Rechtsstellung und Finanzierung
(1) Der eingetragene Verein Deutsches Institut für Menschrechte
ist die unabhängige nationale Institution der Bundesrepublik
Deutschland zur Information der Öffentlichkeit über die
Lage der Menschenrechte im In- und Ausland sowie zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte, wenn und solange der Verein die sich aus den Pariser Prinzipien der Vereinten Nationen aus dem Jahr 1993 (Anlage der Entschließung
der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 20. Dezember 1993, U.N.Doc. A/Res/48/134) ergebenden Aufgaben
des § 2 wahrnimmt und die Voraussetzungen der §§ 3 bis 7
erfüllt. Für die Finanzierung der Aufgaben gemäß § 2 Absatz 2, 4 und 5 stehen dem Deutschen Institut für Menschenrechte e.V. Mittel zur Verfügung, soweit sie im Haushaltsplan
des Deutschen Bundestages etatisiert sind und die in den §§ 2
bis 7 genannten Mindestvoraussetzungen in der jeweiligen
Satzung des Instituts erfüllt sind.
(2) Das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. hat zugleich
die Funktionen eines unabhängigen Mechanismus gemäß Artikel 33 Absatz 2 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen
mit Behinderungen (BGBl. 2008 II S. 1419, 1420).
§2
Aufgaben
(1) Das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. soll die Öffentlichkeit über die Lage der Menschen im In- und Ausland
informieren und zur Prävention von Menschenrechtsverletzungen sowie zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte beitragen. Das Deutsche Institut für Menschenrechte
e.V. handelt unabhängig von Vorgaben und Weisungen der
Bundesregierung oder anderen öffentlichen und privaten Stellen in eigener Initiative oder auf Ersuchen der Bundesregierung oder des Deutschen Bundestages unter eigenverantwortlichem Einsatz seiner Ressourcen.
(2) Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere folgende:
1. Information der Öffentlichkeit über die Lage der Menschenrechte im In- und Ausland, in geeigneten Fällen in
vergleichender Perspektive, sowie Einrichten und Betreiben einer fachspezifischen Bibliothek,
2. wissenschaftliche Forschung und Publikation,
3. Politikberatung,
4. Bildungsarbeit im Inland,
5. Förderung des Dialogs und der nationalen und internationalen Zusammenarbeit mit menschenrechtsrelevanten
Stellen und
6. Erstellen von Analysen zu weiterwirkenden menschenrechtlichen Folgen totalitärer Diktaturen sowie von
Kriegs- und Nachkriegsgeschehen in Ergänzung der Arbeit bestehender Institutionen.
(3) Das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. nimmt daneben die folgenden Aufgaben wahr, wenn und soweit zusätzliche Finanzmittel verfügbar sind:
1. Unterstützung der Bundesregierung bei der Erstellung von
Berichten über die Menschenrechte in Drittstaaten, bei der
Erstellung von Länderanalysen und Fragekatalogen zu
menschenrechtlichen Defiziten in Drittstaaten,
311
Neues aus Gesetzgebung und Berufspolitik
2. Erstellen von Analysen der Wirkung von europäischer
und deutscher Politik, insbesondere Entwicklungspolitik,
auf die Lage der Menschenrechte in Adressatenländern.
(4) Als unabhängiger Mechanismus gemäß Artikel 33 Absatz 2
des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen soll das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. die in
dem Übereinkommen beschriebenen Aufgaben wahrnehmen.
(5) Das Deutsche Institut für Menschenrechte e.V. legt dem
Deutschen Bundestag jährlich einen Bericht über die Arbeit
der Institution sowie die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland vor, zu dem der Deutsche Bundestag
Stellung nehmen soll.
(sob)
IT-Sicherheitsgesetz
Im Bundesgesetzblatt (I 1324 ff.) vom 24.7.2015 wurde das „Gesetz zur Erhöhung der Sicherheit informationstechnischer Systeme (IT-Sicherheitsgesetz)“ vom
17.7.2015 verkündet, das im Wesentlichen am
25.7.2015 in Kraft getreten ist.
Die Bundesrechtsanwaltskammer berichtet:
„Das Gesetz soll zu einer deutlichen Verbesserung der Sicherheit informationstechnischer Systeme führen. Um Defizite im Bereich der
IT-Sicherheit abzubauen, verpflichtet es insbesondere Betreiber kritischer Infrastrukturen – wie z.B. Einrichtungen der Energieversorgung oder des Gesundheitswesens – ein Mindestniveau an IT-Sicherheit einzuhalten. Dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sind Sicherheitsvorfälle künftig zu melden. Zudem
werden Hard- und Software-Hersteller zur Mitwirkung bei der Beseitigung von Sicherheitslücken verpflichtet. Das Gesetz verbessert
auch den Schutz der Bürgerinnen und Bürger im Internet.
Für Betreiber von Webservern wie z.B. Online-Shops gelten damit ab
sofort erhöhte Anforderungen an die technischen und organisatorischen Maßnahmen zum Schutz ihrer Kundendaten und der von ihnen
genutzten IT-Systeme. Telekommunikationsunternehmen sind verpflichtet, ihre Kunden zu warnen, wenn ihnen auffällt, dass der Anschluss des Kunden – etwa als Teil eines Bot-Netzes – für IT-Angriffe missbraucht wird. Gleichzeitig sollen sie ihre Kunden auf mögliche
Wege zur Beseitigung der Störung hinweisen. Erweitert werden mit
Inkrafttreten des IT-Sicherheitsgesetzes außerdem die Befugnisse
des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
zur Untersuchung der Sicherheit von IT-Produkten sowie seine
Kompetenzen im Bereich der IT-Sicherheit der Bundesverwaltung.
Das IT-Sicherheitsgesetz findet auf das beA keine Anwendung.“
(sob)
Stärkung des Rechts des Angeklagten auf
Vertretung in der Berufungsverhandlung
Im Bundesgesetzblatt (I 1332 ff.) vom 24.7.2015 wurde das „Gesetz zur Stärkung des Rechts des Angeklagten auf Vertretung in der Berufungsverhandlung und
312
über die Anerkennung von Abwesenheitsentscheidungen in der Rechtshilfe“ vom 17.7.2015 verkündet, das
am 25.7.2015 in Kraft getreten ist.
Problem, Ziel und Lösung
In der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 18/3562
vom 17.12.2014) heißt es hierzu:
„Nach § 329 Absatz 1 Satz 1 der Strafprozessordnung (StPO) ist eine
Berufung des Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen, wenn der Angeklagte zu Beginn der Berufungshauptverhandlung ohne genügende Entschuldigung nicht erscheint. Derzeit gilt
dies auch dann, wenn für ihn ein Verteidiger mit schriftlicher Vertretungsvollmacht erschienen ist, jedoch keiner der wenigen Ausnahmefälle vorliegt, in denen die Strafprozessordnung eine Vertretung
des Angeklagten im Hauptverhandlungstermin zulässt.
Mit Urteil vom 8. November 2012 hat der Europäische Gerichtshof
für Menschenrechte (EGMR) in der Rechtssache Neziraj ./. Bundesrepublik Deutschland (Nummer 30804/07/…) entschieden, dass die
Verwerfung einer Berufung nach § 329 Absatz 1 Satz 1 StPO im
Fall des Erscheinens eines Verteidigers als Vertreter des Angeklagten eine Verletzung des durch Artikel 6 Absatz 1 der Europäischen
Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK) garantierten Rechts auf ein faires Verfahren in Verbindung
mit dem durch Artikel 6 Absatz 3 Buchstabe c EMRK garantierten
Recht des Angeklagten, sich durch einen Verteidiger seiner Wahl
verteidigen zu lassen, darstelle.
Am 26. Februar 2009 hat der Rat der Europäischen Union ferner den
Rahmenbeschluss (Rb) 2009/299/JI (…) zur Änderung der Rahmenbeschlüsse 2002/584/JI/2005/214/JI, 2006/780/JI, 2008/909/JI und
2008/947/JI, zur Stärkung der Verfahrensrechte von Personen und
zur Förderung der Anwendung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung auf Entscheidungen, die im Anschluss an eine Verhandlung
ergangen sind, zu der die betroffene Person nicht erschienen ist, (ABl.
L 81 vom 27.3.2009, S. 24) verabschiedet. Der Rb Abwesenheitsentscheidungen hat zum Ziel, die Regelungen der gegenseitigen Anerkennung bzw. der Vollstreckung von Abwesenheitsentscheidungen, die
bereits in den Instrumenten zur gegenseitigen Anerkennung justizieller
Entscheidungen vorhanden sind, zu ergänzen und zu vereinheitlichen
und damit die Rechte der betroffenen Personen zu stärken.
…
§ 329 StPO soll im Hinblick auf das Urteil des EGMR dahingehend
geändert werden, dass eine Verwerfung der Berufung des Angeklagten nicht mehr erfolgen darf, wenn statt des Angeklagten ein entsprechend bevollmächtigter und vertretungsbereiter Verteidiger zu einem
Termin zur Berufungshauptverhandlung erschienen ist. Anstelle der
nicht mehr zulässigen Verwerfung soll in Anwesenheit des Verteidigers ohne den Angeklagten verhandelt werden, soweit nicht besondere Gründe dessen Anwesenheit erforderlich machen.
Der Rahmenbeschluss 2009/299/JI soll mit dem Gesetz in das nationale Recht umgesetzt werden, sofern die geänderten Rahmenbeschlüsse
2002/584/JI, 2005/214/JI, 2006/783/JI, 2008/909/JI und 2008/947/JI
bereits umgesetzt worden sind, was bezüglich der Rahmenbeschlüsse
2002/584/JI, 2005/214/JI und 2006/783/JI der Fall ist. Die Umsetzung soll durch Änderungen des Gesetzes über die internationale
Rechtshilfe in Strafsachen (IRG) erfolgen. Regelungen des Rahmenbeschlusses 2009/299/JI, die sich auf die zurzeit noch nicht umgesetzten Rahmenbeschlüsse 2008/909/JI und 2008/947/JI beziehen,
sollen zusammen mit diesen Rahmenbeschlüssen umgesetzt werden.“
Anpassung des RVG an die „Punktereform“
U.a. wurden durch das Gesetz auch einige Gebührentatbestände in Teil 5 VV RVG an die sog. „PunkteKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Neues aus Gesetzgebung und Berufspolitik
reform“, die am 1.5.2014 in Kraft getreten ist, angepasst. Mit der Reform waren auch die Bußgelder angehoben und damit einhergehend die Grenze für Eintragungen in das neue Fahreignungsregister (früher:
Verkehrszentralregister) von 40,00 Euro auf 60,00 Euro erhöht worden. Die Eintragungsgrenze war im RVG
bei der Vertretung in Bußgeldsachen Anlass für eine
niedrigere Gebührenhöhe, wenn die Höhe des Bußgeldes diese Eintragungsgrenze nicht überstieg. In den
Nummern 5101, 5103, 5107 und 5109 der Anlage 1
(Vergütungsverzeichnis) zum RVG wurde jetzt jeweils
im Gebührentatbestand die Angabe „40,00“ durch die
Angabe „60,00“ ersetzt.
Familie bunt bewegt
(sob)
Neues Bleiberecht
Im Bundesgesetzblatt (I 1386 ff.) vom 31.7.2015 wurde das „Gesetz zur Neubestimmung des Bleiberechts
und der Aufenthaltsbeendigung“ vom 27.7.2015 verkündet, das im Wesentlichen am 1.8.2015 in Kraft getreten ist.
Foto: Hans D. Beyer
Die BRAK berichtet:
„Das neue Gesetz reformiert das Bleibe-, Ausweisungs- und Abschiebungsrecht. Die Rechtsstellung derjenigen, die auch ohne einen
rechtmäßigen Aufenthalt anerkennenswerte Integrationsleistungen
erbracht haben oder schutzbedürftig sind, wird gestärkt. Andererseits
ist das Gesetz auch darauf ausgerichtet, verstärkt den Aufenthalt von
Personen, denen kein Aufenthaltsrecht in Deutschland zusteht, wieder zu beenden und deren vollziehbare Ausreisepflicht – ggf. auch
zwangsweise – durchzusetzen.
In einer begleitenden Entschließung kritisiert der Bundesrat jedoch,
dass der Bundestag einigen Forderungen des Bundesrates aus seiner
Stellungnahme von Februar nicht nachgekommen ist. So fehle im
Gesetz ein Aufenthaltsrecht für jugendliche oder heranwachsende
Geduldete, die in Deutschland eine Ausbildungsstelle gefunden haben.
Zudem halten die Länder die Abschaffung des Sprachnachweises vor
Einreise beim Ehegattennachzug für erforderlich. Es sei aus integrationspolitischer Sicht sinnvoll, die deutsche Sprache dort zu erlernen,
wo sie im Alltagsleben verwendet wird. Auch die Angebote für den
Erwerb von Sprachkenntnissen seien weiter auszubauen und die Integrationskurse für weitere Personengruppen zu öffnen.
Zu der Aufenthaltsbeendigung seien nicht nur Zwangsmaßnahmen in
den Blick zu nehmen, sondern das Instrument der freiwilligen Ausreise sowie die Ausreiseförderung und –beratung zu stärken. Die Anordnung von Abschiebungshaft müsse bereits nach europäischem
Recht letztes Mittel sein, betont der Bundesrat.“
(sob)
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KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
313
Meldungen
aus Brüssel
Kompromiss beim europäischen Verfahren
für geringfügige Forderungen
Weg frei für einheitlichen Patentschutz in
Europa
Ein wesentlicher Fortschritt konnte bei der Änderung
der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 zur Einführung
eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen und der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 zur
Einführung eines europäischen Mahnverfahrens durch
einen Kompromiss zwischen Rat und EU-Parlament
erzielt werden. Rat und EU-Parlament einigten sich darauf, den Schwellenwert von 2.000 Euro auf 5.000 Euro
anzuheben. Ursprünglich hatte sich das EU-Parlament
dafür ausgesprochen, bei Forderungen gegen juristische
Personen den Schwellenwert auf 10.000 Euro anzuheben. Als Kompromiss wurde nun ausgehandelt, spätestens nach 5 Jahren die Anwendung der neuen Vorschrift
zu überprüfen. Eine Überprüfung soll auch hinsichtlich
der Ausweitung der Verfahren für geringfügige Forderungen auf das Arbeitsrecht erfolgen. Nunmehr müssen
der Rechtsausschuss des EU-Parlaments, das EU-Parlament selbst sowie der Rat die Änderung noch formell beschließen.
Der EuGH hat in seiner Entscheidung vom 5.5.2015
(C-147/13) die Klage gegen das Gesetzgebungspaket
für einen einheitlichen EU-Patentschutz abgewiesen.
Der Präsident des Europäischen Patentamtes (EPO)
Battistelli äußerte sich erfreut: „Mit seinen Entscheidungen hat der Gerichtshof die notwendige Rechtssicherheit für die teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten
sowie für die Nutzer des europäischen Patentsystems
geschaffen und nach mehr als 40 Jahren den Weg für
einen wirklich einheitlichen Patentschutz in Europa
freigemacht.“
(tje)
Einen weiteren wichtigen Schritt ist das EPO mit der
Festlegung der Gebühren für das EU-Einheitspatent
gegangen. Die Gebühren richten sich nach der Gesamtsumme der Jahresgebühren für die vier Länder,
in denen am meisten europäische Patente angemeldet
werden (Deutschland, Frankreich, Vereinigtes Königreich und Niederlande). Die Kosten für ein Patent liegen somit in den ersten 10 Jahren unter 5.000 Euro
und für die vollen 20 Jahren bei ca. 35.500 Euro. Bei
einer Patentanmeldung in allen 25 Ländern beliefen
sich die Kosten im Vergleich hierzu auf knapp
159.000 Euro.
Kein automatischer Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung bei
Notar- und Rechtsanwaltsanderkonten
Das Bundesministerium der Finanzen hat aufgrund
einer gemeinsamen Anfrage des Präsidenten der Bundesnotarkammer, Dr. Jens Bormann, und des Präsidenten der BRAK, Axel C. Filges, bestätigt, dass in
Deutschland Notar- und Rechtsanwaltsanderkonten
nicht vom automatischen Austausch von Informationen
im Bereich der Besteuerung betroffen sind. Hintergrund der Nachfrage war das Inkrafttreten der Richtlinie 2014/107/EU des Rates vom 9.12.2014 zur Änderung der Richtlinie 2011/16/EU bezüglich der Verpflichtung zum automatischen Austausch von Informationen im Bereich der Besteuerung am 5.1.2015. Nach
der Richtlinie können vom automatischen Austausch
Konten ausgenommen werden, bei denen ein geringes
Risiko des Missbrauchs zur Steuerhinterziehung besteht.
(tje)
314
Nach den Entscheidungen des EuGH ist auch Italien
der Verstärkten Zusammenarbeit zur Schaffung des
einheitlichen Patents beigetreten, sodass lediglich noch
Spanien und Kroatien der Verstärkten Zusammenarbeit fern bleiben. Zu bemerken ist, dass das Abkommen zur Errichtung eines Europäischen Patentgerichts
erst von 7 Mitgliedstaaten ratifiziert wurde.
(tje)
Vertragsverletzungsverfahren gegen
deutsches Mindestlohngesetz
Mit Versendung des Aufforderungsschreibens am
19.5.2015 hat die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen des Mindestlohngesetzes eingeleitet. Grundsätzlich begrüßt
die EU-Kommission die Einführung eines Mindestlohnes. Kritisch sieht sie jedoch den Mindestlohn für alle
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Meldungen aus Brüssel
Verkehrsdienstleistungen, die deutsches Gebiet berühren. Hierin meint die EU-Kommission eine unverhältnismäßige Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit
und des freien Warenverkehrs zu sehen. Die EU-Kommission nennt insbesondere den Transitverkehr und
bestimmte grenzüberschreitende Beförderungsleistungen. Die Anwendung des Mindestlohnes auf diese
Verkehrsdienstleistungen lasse sich nicht rechtfertigen,
weil sie unangemessene Verwaltungshürden schaffe
und dadurch den Binnenmarkt behindert.
(tje)
Örtliche Zuständigkeit bei Klage auf
Schadensersatz wegen eines rechtswidrigen Kartells
Unternehmen können wegen eines rechtswidrigen Kartells auch vor dem Gericht des Ortes auf Schadenersatz
verklagt werden, an dem einer der Beklagten seinen
Sitz hat. Dies hat der EuGH in seinem Urteil vom
21.5.2015 (C-352/13) entschieden.
Das Brüsseler Büro der BRAK fasst die Entscheidung
wie folgt zusammen:
Vierte Anti-Geldwäscherichtlinie
Nach dem Rat hat auch das EU-Parlament am
20.5.2015 den aushandelten Kompromiss zur Vierten
Anti-Geldwäscherichtlinie angenommen. Die Mitgliedstaaten haben nach der Veröffentlichung im Amtsblatt
der EU am 1.7.2015 zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in
nationales Recht umzusetzen.
Auch zukünftig wird die Rechtsberatung der Geheimhaltung unterliegen. Insofern fallen Rechtsanwälte nur
unter die Vorschriften zur Geldwäschebekämpfung,
wenn sie im Rahmen einer Mandatsbearbeitung an
der Planung oder Durchführung von Finanz- oder Unternehmenstransaktionen beteiligt sind. Darüber hinaus
besteht eine Ausnahme von den Meldepflichten für
Informationen, die vor, während oder nach einem Gerichtsverfahren oder im Rahmen der Beurteilung der
Rechtslage für einen Mandanten erlangt wurden.
(tje)
EU-Parlament zieht Vorschlag für
Mutterschutzrichtlinie (vorerst) zurück
Zwischen EU-Parlament und Rat konnte keine Einigung über den Vorschlag für eine Mutterschutzrichtlinie erzielt werden. Damit ist auch ein letzter Versuch
des EU-Parlaments, das in einer Entschließung vom
20.5.2015 den Rat aufgefordert hat, die Beratungen
wieder aufzunehmen, gescheitert. Als Konsequenz hat
die EU-Kommission nunmehr am 1.7.2015 beschlossen, den bereits aus dem Jahr 2008 stammenden Vorschlag für eine Richtlinie über den Mutterschaftsurlaub zurückzuziehen. Ganz aufgeben möchte die
Kommission das Projekt jedoch nicht. Nach einer öffentlichen Konsultation ist geplant, das Vorhaben in
das Arbeitsprogramm der Kommission für das Jahr
2016 wieder aufzunehmen.
(tje)
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
„Im zugrunde liegenden Fall verklagt eine belgische Firma sechs
Gesellschaften vor dem Landgericht Dortmund, wobei nur eine der
Beklagten ihren Sitz in Deutschland hat. Mit dieser Beklagten
schloss die Klägerin nach Klageerhebung einen Vergleich und
nahm daraufhin ihre Klage gegen sie zurück. Das Verfahren gegen
die anderen Beklagten wurde vor dem Landgericht Dortmund weitergeführt. Der EuGH stellt in seinem Urteil fest, dass das Wahlrecht
der Klageerhebung dem Geschädigten obliegt. Nach Art. 6 Nr. 1 der
Brüssel-I-Verordnung konnte er Klage an dem Ort erheben, an dem
einer der Beklagten seinen Wohnsitz hat, sofern zwischen den Klagen eine enge Beziehung besteht und eine gemeinsame Entscheidung
geboten ist. Die Rücknahme der Klage gegen den einzigen im Zuständigkeitsbereich des angerufenen Gerichts ansässigen Mitbeklagten berührt die Zuständigkeit dieses Gerichts für die Klagen gegen
die anderen Beteiligten nicht. Allerdings darf diese Bestimmung der
Verordnung nicht missbräuchlich angewandt werden. Das wäre der
Fall gewesen, wenn die Parteien mit dem Abschluss des Vergleichs
absichtlich auf die Zeit nach der Klageerhebung gewartet hätten,
um eine gerichtliche Zuständigkeit in Deutschland gegenüber den
anderen Kartellbeteiligten zu begründen.“
(tje)
Europäische Einpersonengesellschaft
(SUP)
Der Rat der EU (Wettbewerbsfähigkeit) hat am
28.5.2015 eine allgemeine Ausrichtung zum Vorschlag
für eine Richtlinie über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter beschlossen.
Das Brüsseler Büro der BRAK berichtet Folgendes
über die Ausrichtung:
„Diese sieht, wie schon der Kommissionsvorschlag, eine Online-Registrierung der SUP nach Benutzung von Vorlagen vor. Die Ratsmitglieder schlagen darüber hinaus vor, eine Vorschrift einzuführen, die
es den Mitgliedstaaten ermöglichen soll, von dem Gründer einer
SUP zusätzliche Angaben sowie die Vorlage von Belegstücken zum
Nachweis dieser Angaben zu verlangen. Ferner sprechen sich die
Ratsmitglieder für den Kompromissvorschlag aus, wonach die Errichtung einer SUP mit einem symbolischen Mindestkapital von
1 Euro möglich sein soll. Um Missbrauch bei der Zahlungsfähigkeit
zu vermeiden, befürworten sie eine zusätzliche Regelung, die vorsieht, dass die Mitgliedstaaten im nationalen Recht Mechanismen
einführen, die garantieren, dass eine SUP ihre Schulden begleichen
kann. Solche Mechanismen könnten beispielsweise die Bildung von
315
Meldungen aus Brüssel
gesetzlichen Rücklagen, die Durchführung von Bilanztests oder die
Ausstellung einer Insolvenzbescheinigung sein. Gestrichen hat der
Rat eine Vorschrift zur Trennung der Sitze einer SUP. Diese soll
weiterhin durch das nationale Recht der Mitgliedstaaten geregelt
werden.“
(tje)
Europäische Insolvenzordnung im
Amtsblatt veröffentlicht
Die Verordnung (EU) 2015/848 über Insolvenzverfahren wurde am 5.6.2015 im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie tritt am 20. Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.
Durch die neue Verordnung wird die Definition des
Mittelpunktes als der Ort konkretisiert, an dem der
Schuldner gewöhnlich der Verwaltung seiner Interessen nachgeht und der für Dritte feststellbar ist. Zudem
wurde die Zuständigkeit der Gerichte erweitert. Sie
gilt jetzt auch für Klagen, die unmittelbar mit dem Insolvenzverfahren im Zusammenhang stehen.
(tje)
Staatliche Überwachung versus
Datenschutz
Bereits seit geraumer Zeit beschäftigt die nationalen
und europäischen Gesetzgebungsorgane sowie Gerichte die Reichweite der zulässigen staatlichen Überwachung im Verhältnis zum Datenschutz. In Deutschland ist hier vor allen Dingen die Debatte um die
Vorratsdatenspeicherung zu nennen.
In einer allgemeinen Ausrichtung hat sich der Rat der
Innen- und Justizminister auf EU-Ebene am 15.6.2015
im Hinblick auf die Datenschutzgrundverordnung positioniert. Anders als noch das EU-Parlament wurde
eine Forderung der BRAK für eine verstärkte Berücksichtigung der Besonderheiten bei Berufsgeheimnisträgern in die allgemeine Ausrichtung des Rates nicht
aufgenommen. Das Brüsseler Büro der BRAK sieht
hierin eine Schwächung des Schutzes der Mandanten
auf Vertraulichkeit. Die BRAK werde sich daher weiterhin dafür einsetzen, dass das Recht des Mandanten
auf absolute Vertraulichkeit ausdrücklich gewährleistet wird.
In diesem Zusammenhang ist auch die Verabschiedung
des Berichts zur europäischen Sicherheitsagenda durch
das EU-Parlament am 9.7.2015 zu sehen. Darin spricht
sich das EU-Parlament gegen Massenüberwachungsmaßnahmen aus. Zudem ruft es in Erinnerung, dass
316
alle Maßnahmen stets die Grundsätze der Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit sowie die Demokratie
und die Rechtsstaatlichkeit beachten müssen. Die Konsequenzen hieraus haben die EU-Parlamentarier in einem Bericht zur Richtlinie zur Speicherung von Fluggastdaten (PNR) vom 15.7.2015 gezogen. In diesem
Bericht wird ein hohes Maß an datenschutzrechtlicher
Sicherheit gefordert. Hierzu soll in jedem Mitgliedstaat ein geschulter Datenschutzbeauftragter benannt
werden, der für die Beachtung der bestehenden nationalen und europäischen Rechtsvorschriften zum Schutz
der Daten der Fluggäste verantwortlich ist. Beschränkt
werden soll sowohl die Anwendung der Richtlinie auf
internationale Flüge aus der EU raus oder in die EU
hinein sowie die Dauer der Aufbewahrung von Daten
auf vier (bei schwerer grenzüberschreitender Kriminalität) bzw. fünf Jahre (bei Terrorismus).
Auch die Gerichte in Frankreich, Großbritannien und
den Niederlanden hatten sich in jüngster Zeit mit Fragen der staatlichen Überwachung und des Datenschutzes zu befassen. Das französische Verfassungsgericht
hat das unter dem Eindruck der Anschläge auf das Magazin „Charlie Hebdo“ im Eilverfahren am 24.6.2015
verabschiedete neue Überwachungsgesetz in Frankreich grundsätzlich als verfassungskonform angesehen.
Geheimdienste werden durch das Gesetz ermächtigt,
Informationsbeschaffungsmaßnahmen
anzuordnen,
sobald dies der Verteidigung oder Unterstützung bestimmter nationaler Rechte dient.
Über die Entscheidung des französischen Verfassungsgerichts berichtet das Brüsseler Büro der BRAK Folgendes:
„In dem Verfahren vor dem Verfassungsgericht haben mehrere nationale und internationale Organisationen, wie beispielsweise die Anwaltskammer Paris, die Französische Anwaltskammer, der CCBE
und auch der Kommissar für Menschenrechte des Europarats Stellungnahmen zu dem Gesetz abgegeben.
Kritisiert wurde insbesondere die weite und unbestimmte Formulierung der öffentlichen Interessen, die eine Informationsbeschaffungsmaßnahme rechtfertigen. Kritisch ist zudem, dass der Zugang zu den
Informationen den Geheimdiensten direkt erlaubt und damit jeglicher
justizielle Kontrolle vorenthalten wird. Die Anweisung einer Überwachung kann vom Premierminister selbst angeordnet werden, nachdem ein neu eingerichtetes Organ – die Nationale Kommission zur
Kontrolle von Informationsbeschaffungstechniken (Committee nationale de contrôle des techniques de renseignement/CNTR) – eine
Stellungnahme, die jedoch für den Minister nicht bindend ist, hierzu
abgegeben hat.
Nach längeren Diskussionen wurde für Anwälte, Abgeordnete und
Richter die Ausnahme eingefügt, dass Überwachungen bei diesen
Berufsgruppen prinzipiell nicht möglich sein sollen. Anfragen für
Überwachungen dieser Berufsgruppen müssen zuvor der Kommission vorgelegt werden und dann in der Vollversammlung des Parlaments besprochen werden. Die Einschaltung eines unabhängigen
Gerichtes ist aber auch für diese Fälle nicht vorgesehen.
Das Verfassungsgericht hat nun entschieden, dass trotz all dieser Bedenken und der fehlenden justiziellen Kontrolle das Gesetz als ganzes verfassungskonform ist. Lediglich die Regelungen bezüglich Abhörmaßnahmen von internationalen Kommunikationen und bezüg-
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Meldungen aus Brüssel
lich der Notfallsituation wurden für nichtig erklärt. Vorgesehen war
die Möglichkeit aus- und eingehende internationale Gespräche abzuhören. Eine Notfallklausel sah zudem vor, dass in Notfallsituationen,
wobei auch hier eine genauere Definition fehlte, eine Abhörung sogar ohne vorherige Autorisation durch den Premierminister vorgenommen werden kann. Diese beiden Klauseln wurden vom Französischen Verfassungsgericht annulliert. Alle anderen wurden
jedoch als verfassungskonform angesehen.“
In Großbritannien wurde dagegen das Vorratsdatenspeicherungsgesetz wie in Deutschland für rechtswidrig erklärt. Das oberste Gericht Großbritanniens (High
Court) sah eine Verletzung des Art. 8 der Europäischen
Menschenrechtskonvention sowie der Art. 7 und 8 der
EU-Grundrechte-Charta, weil insbesondere die Nutzung der Kommunikationsdaten nicht auf schwere Kriminalität begrenzt sei und keine Ausnahmen für Berufsgeheimnisträger wie Rechtsanwälte vorgesehen
seien. Außerdem kritisierten die Richter das Fehlen
klarer und präziser Regeln für die Erhaltung und Nutzung von Daten. Der britischen Regierung wurde
durch das Gericht aufgegeben, bis Ende März 2016 ein
mit dem EU-Recht konformes Gesetz zu erlassen.
Letztlich wurde auch in den Niederlanden durch eine
Entscheidung des Amtsgerichts Den Haag die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen einem Anwalt
und seinem Mandanten gestärkt. Die derzeit durchgeführte staatliche Überwachung von Anwaltskanzleien in den Niederlanden sah das Gericht in seiner Entscheidung am 1.7.2015 als unrechtmäßig an. Das
Brüsseler Büro der BRAK berichtet hierzu:
„Im vorliegenden Fall hat die Anwaltskanzlei Prakken d’Oliviera die
Niederlande auf Unterlassung von Abhörmaßnahmen gegen ihre
Kanzlei verklagt. Der CCBE ist der Kanzlei als Streithelfer beigetreten und hat zusätzlich gefordert, dass das Gericht ein allgemeines
Urteil zur Unrechtmäßigkeit des Abhörens von Anwalt-MandantenKommunikation erlässt. Das Gericht bestätigt, dass die Vertraulichkeit der Anwalt-Mandanten-Kommunikation unbedingt gewährleistet sein muss und nur unter strengen Voraussetzungen gebrochen
werden darf.
Die derzeit ausgestalteten Voraussetzungen im niederländischen
Recht, nach denen der Minister eine Abhörung anordnen kann oder
ein spezielles Kontrollkomitee erst später eingeschaltet wird, reichen
nicht aus. Das Gericht hat dem Staat nun sechs Monate Zeit gegeben, die Gesetzeslage anzupassen. Es verlangt die Einschaltung einer
unabhängigen Stelle, die vor einer Abhörung einer Anwaltskanzlei
konsultiert werden muss. Außerdem dürfen Informationen, die durch
eine solche Abhörmaßnahme erlangt worden sind, erst nach einer
gründlichen Prüfung durch diese unabhängige Stelle an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden.“
(tje)
Dienstleistungsrichtlinie – Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland und
fünf weitere EU-Mitgliedstaaten
Am 18.6.2015 hat die Europäische Kommission gegen
Deutschland sowie Malta, Österreich, Polen, Spanien
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
und Zypern ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Die Kommission wirft den Ländern vor, durch
nationale Vorschriften unverhältnismäßige und nicht
gerechtfertigte Hindernisse im Bereich der freiberuflichen Dienstleistungen zu schaffen. Im Falle von
Deutschland betrifft dies die für Architekten, Ingenieure und Steuerberater bestehenden Bestimmungen über
verbindliche Mindestpreise.
Die für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmen und
KMU zuständige EU-Kommissarin Bienkowska sagte
hierzu:
„Die Dienstleistungsfreiheit gehört zu den Grundlagen des Binnenmarktes. In einigen Mitgliedstaaten gibt es immer noch Hindernisse
für Firmen und Einzelpersonen, die ihre Dienste frei in der ganzen
EU anbieten wollen. Dabei kann es sich um Einschränkungen hinsichtlich der Rechtsform und der Beteiligungsverhältnisse, der Anforderung an die berufliche Qualifikation oder feste Preise handeln.
Heute zeige ich nicht einfach nur die gelbe Karte. Ich will auch die
Chancen deutlich machen: Durch einen dynamischen Binnenmarkt
für freiberufliche Dienstleistungen wird die europäische Wirtschaft
wettbewerbsfähiger, und davon profitieren wir alle.“
Das Vertragsverletzungsverfahren ist vor dem Hintergrund der zunehmenden Deregulierungsbestrebungen
auf europäischer Ebene zu sehen, die sich auch in einem Arbeitsplan zur Evaluierung der aktuellen Berufszugangs- und Berufsausübungsregelungen des Handwerks und der freien Berufe (Transparenzinitiative)
manifestieren. Im Rahmen dieser Initiative prüft die
EU-Kommission, ob die Regulierungen nicht diskriminieren, erforderlich und angemessen sind oder gegen
europäisches Recht verstoßen. Die Ergebnisse der
Transparenzinitiative werden im nächsten Jahr erwartet.
Der Bundestag hat auf Antrag der Fraktionen der
CDU/CSU und SPD zu der Transparenzoffensive unter
der Überschrift „Bewährte Standards im Handwerk
und in den freien Berufen erhalten“ Stellung genommen. Angesichts der zunehmenden Deregulierungsbestrebungen auf EU-Ebene ist insbesondere auf die
Nummern 4,7 und 8 des Antrages hinzuweisen:
„Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung im Rahmen
der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel auf,
4. vor diesem Hintergrund die bewährte Selbstverwaltung und das
System der Kammern beizubehalten. Eine Aufhebung oder Absenkung dieser Standards würde nicht nur zu einem Qualitätsverlust
führen, sondern auch einen erheblichen organisatorischen und finanziellen Zusatzaufwand und eine Ausdehnung staatlicher Kontrolle
bedeuten;
7. mit den Regelungen zur Fremdkapitalbeteiligung sicherzustellen,
dass die Unabhängigkeit der Berufsausübung der freien Berufe nicht
durch wirtschaftliche und sachfremde Interessen gefährdet wird.
Dies bezieht sich vor dem Hintergrund einer zunehmenden Digitalisierung insbesondere auch auf den Schutz vor Missbrauch der Daten
von Mandanten, Klienten und Patienten;
8. mit dem System der Kosten- und Honorarordnungen der freien
Berufe zu gewährleisten, dass weiterhin eine am Gemeinwohl orientierte Leistungserbringung sichergestellt und ein Preiswettbewerb
auf Kosten der Qualität verhindert wird (…).“
(tje)
317
Meldungen aus Brüssel
TTIP-Entschließung des EU-Parlaments
Am 8.7.2015 hat das EU-Parlament eine Entschließung zum Transatlantic Trade Investment Partnership
(TTIP) verabschiedet. Die Abstimmung über die Entschließung war zunächst für den 10.6.2015 geplant gewesen. Aufgrund von über 115 Änderungsanträgen
wurde die Entscheidung jedoch vertagt. In dem nunmehr gefundenen Kompromiss fordert das EU-Parlament eine Sicherstellung, dass ausländische Investoren nicht diskriminiert werden. Allerdings dürften
diesen Investoren auch nicht mehr Rechte eingeräumt
werden als inländischen Investoren. Weiter wird gefordert, dass Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren
durch ein neues Verfahren ersetzt werden. Das EUParlament fordert hierfür die Einhaltung demokratischer Grundsätze, eine demokratische Kontrolle, die
transparente, öffentliche Beststellung unabhängiger
Berufsrichter sowie die Einführung einer Berufungsinstanz. Ferner setzt sich das EU-Parlament für eine
Kohärenz der Urteile sowie eine Achtung der Rechtsprechung der EU-Gerichte und der Gerichte der Mitgliedstaaten ein. Letztlich soll sichergestellt werden,
dass Ziele des Gemeinwohls nicht durch Privatinteressen untergraben werden.
Die nächste Verhandlungsrunde wird voraussichtlich
im Herbst in den USA stattfinden.
(tje)
Überarbeitung der Aktionärsrechterichtlinie
Das EU-Parlament und der Rat haben ihre Ansichten
zum Richtlinienentwurf zur Änderung der Richtlinie
2007/36/EG im Hinblick auf die Förderung der langfristigen Einbeziehung der Aktionäre sowie der Richtlinie 2013/34/EU in Bezug auf bestimmte Elemente
der Erklärung zur Unternehmensführung geäußert.
Das EU-Parlament nahm am 8.7.2015 einen entsprechenden Berichtsentwurf an.
Das Brüsseler Büro der BRAK berichtet hierüber und
über die Position des Rates wie folgt:
„Die Abgeordneten sprechen sich dafür aus, dass große Unternehmen
Informationen zu erzielten Gewinnen, entrichteten Steuern und erhaltenen staatlichen Beihilfen, aufgeschlüsselt nach Mitgliedstaaten,
offenlegen müssen. Damit sollen die Transparenz und das langfristige Engagement der Aktionäre in den Unternehmen verstärkt werden.
Gleiches soll auch für Unternehmen von öffentlichem Interesse, einschließlich börsennotierter Gesellschaften und Versicherungsunternehmen, sowie für Unternehmen, die von den Mitgliedstaaten als
Unternehmen von öffentlichem Interesse bestimmt werden, gelten.
Darüber hinaus fordern die Abgeordneten, dass Aktionäre alle drei
318
Jahre über die Vergütungspolitik für die Mitglieder der Unternehmensleitung einer börsennotierten Gesellschaft abstimmen können.
Hierbei soll es allerdings den Mitgliedstaaten im Rahmen ihrer Umsetzung überlassen werden, ob das Ergebnis einer solchen Abstimmung durch die Aktionärshauptversammlung verbindlichen oder beratenden Charakter hat. Schließlich sieht der Berichtsentwurf die
Verpflichtung für multinationale Unternehmen vor, ihre Steuererklärungen für jedes Land offenzulegen, in dem sie tätig sind (Countryby-Country-Reporting).
Der Rat hatte bereits im Mai 2015 seine Position für die anstehenden
Trilogverhandlungen veröffentlicht. Darin sprechen sich auch die
Ratsmitglieder für ein Abstimmungsrecht der Aktionäre über die Vergütungspolitik der Unternehmensleitung aus. Diese Abstimmungen
sollen nach Ansicht der Minister eine Beratungsfunktion haben und
nur für Großunternehmen mit einer durchschnittlichen Marktkapitalisierung von über 200 Millionen Euro innerhalb der letzten drei Jahre
verpflichtend sein. Kleinere Unternehmen könne anstelle der Abstimmungen den Vergütungsbericht im Rahmen der Tagesordnung auf
der Hauptversammlung der Aktionäre behandeln. Überdies befürworten die Minister eine umfassend diskutierte Regelung zum Schutz der
personenbezogenen Daten der Mitglieder der Unternehmensleitung.
Danach soll der Vergütungsbericht auf der Internetseite des Unternehmens veröffentlicht werden und dort für 10 Jahre zur Verfügung
stehen. Der Vorschlag des Rates sieht damit nicht mehr die Verpflichtung vor, den Vergütungsbericht in die Erklärung zur Unternehmensführung oder in den Geschäftsbericht aufzunehmen.“
Als Nächstes werden das EU-Parlament, der Rat und
die Europäische Kommission die Trilogverhandlungen
aufnehmen.
(tje)
Modernisierung des Urheberrechts
Das Europäische Parlament hat in einer Entschließung
vom 9.7.2015 den Bericht des Rechtsausschusses
(JURI) über die Umsetzung der Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und
der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft (2001/29/EG) angenommen.
Das Brüsseler Büro der BRAK berichtet hierzu:
„Die Europäische Kommission sieht in ihrem Arbeitsprogramm für
die digitale Agenda eine Überarbeitung des Urheberrechts vor. Im
verabschiedeten Bericht positioniert sich das Parlament zu diesem
Vorhaben und begrüßt eine Modernisierung des Urheberrechts, welches an die schnelle technische Entwicklung im digitalen Markt und
die davon ausgehenden Gefahren angepasst sein sollte. Es fordert die
Sicherstellung eines angemessenen Schutzes für Urheberrechte sowie einen angemessenen Ausgleich zwischen den verschiedenen
Gruppen von Rechteinhabern und Nutzern.
Die Abgeordneten fordern die Kommission zudem auf, Regelungen
zu schaffen, die die grenzübergreifende Zugänglichkeit von digitalen
Inhalten erleichtern. Eine komplette Abschaffung des ‚Geoblockings‘, wie noch in ihrem Berichtsentwurf gefordert, konnte MdEP
Reda schon im Rechtsausschuss nicht durchsetzen.
Eine weitere Forderung der Parlamentarier ist die Schutzdauer des
Urheberrechts weiter zu harmonisieren, ohne diese zu verlängern.
In ihrem Berichtsentwurf forderte Reda noch die Beschränkung einer
solchen Frist auf 50 Jahre.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Meldungen aus Brüssel
Zudem wird die Kommission aufgefordert, eine umfangreiche Folgenabschätzung zu den möglichen Auswirkungen auf die Produktion, die Finanzierung und den Vertrieb von Filmen und Fernsehinhalten sowie auf die kulturelle Vielfalt durchzuführen. Ebenso sollte
eine umfassende Ex-Ante-Folgenabschätzung über die Auswirkung
auf Wachstum und Beschäftigung sowie die Kosten und die möglichen Vorteile durchgeführt werden.“
(tje)
die sich ändernden Gegebenheiten angepasst werden.
Ein Rücktrittsrecht soll bei Preiserhöhungen von mehr
als 8 % oder bei Naturkatastrophen, Unruhen und ähnlichen schwerwiegenden Situationen am Bestimmungsort eingeräumt werden. Falls eine Rückkehr nach Hause nicht möglich ist, steht Reisenden eine Entschädigung für die Unterbringung für bis zu 3 Nächte gegen
den Reiseveranstalter zu.
(tje)
Spezifische Empfehlungen 2015 –
Rat fordert mehr Wettbewerb bei den
freien Berufen
Der Rat der Europäischen Union (Wirtschaft und Finanzen) hat am 14.7.2015 die Empfehlungen zum nationalen Reformprogramm Deutschlands 2015 mit einer
Stellungnahme zum Stabilitätsprogramm Deutschlands
2015 angenommen. Die Bewertung des Rates deckt
sich mit der, die die EU-Kommission bereits veröffentlicht hat. Es wird empfohlen, dass Deutschland
„ehrgeizigere Maßnahmen ergreift, um den Wettbewerb im Dienstleistungssektor, insbesondere bei den freiberuflichen Dienstleistungen, zu beleben, indem ungerechtfertigte Beschränkungen wie Vorgaben für die Rechtsform und die Beteiligung am Gesellschaftskapital sowie feste Tarife abgeschafft werden; zu diesem Zweck die gegenwärtig im Inland stattfindende Überprüfung dieser Hemmnisse
zum Abschluss bringt und Folgemaßnahmen ergreift; […].“
Diese Empfehlung stützt der Rat auf folgende Feststellung:
„Die politischen Maßnahmen zur Belebung des Wettbewerbs im
Dienstleistungssektor, insbesondere bei den freiberuflichen Dienstleistungen, waren begrenzt. Die Wachstumsraten der Arbeitsproduktivität liegen bei den freiberuflichen Dienstleistungen in Deutschland
seit über einem Jahrzehnt im Negativbereich oder nahe Null. Auch
zählt Deutschland zu den Mitgliedstaaten, in denen die Regulierung
dem Wettbewerb im Sektor der freiberuflichen Dienstleistungen am
wenigsten förderlich ist. Die Beschränkungen umfassen Anforderungen an die Berufsqualifikation sowie Vorgaben für die Rechtsform
und die Beteiligung am Gesellschaftskapital. In letztgenannter Hinsicht sind derzeit in einigen Bundesländern begrenzte Veränderungen zu verzeichnen, doch gibt es noch immer keine breit angelegte
Überprüfung deutscher Beschränkungen.“
(tje)
Einigung über Regelungen für Pauschalreisen
Der Rat der EU und das EU-Parlament konnten sich
auf einen Kompromiss über den Vorschlag für eine
Richtlinie über Pauschal- und Bausteinreisen einigen.
Durch die geplante Richtlinie soll den Entwicklungen
des Reisemarktes Rechnung getragen werden sowie
die Transparenz und der Verbraucherschutz verbessert
werden. Letztlich sollen die Gewährleistungsrechte an
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
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Rechtsprechungsübersicht
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Düsseldorf auch die BRAK-Mitteilungen erhält, werden
Entscheidungen, die dort erwähnt sind, nur ausnahmsweise aufgenommen.
Bitte beachten Sie, dass die Entscheidungen, die
wir ausführlich bereits an anderen Stellen des Heftes
(insbesondere in den Rubriken „Berichte und Bekanntmachungen“ oder „Meldungen aus Brüssel“) behandelt haben, in der folgenden Übersicht keine Erwähnung mehr finden. Die näher besprochenen
Entscheidungen sind sämtlich auf unserer Homepage
(www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de) in den
entsprechenden Fach-Rubriken abrufbar.
(sob)
Datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch versus
anwaltliche Schweigepflicht
BRAO § 43a Abs. 2, BORA § 2 Abs. 2 u. 3; BDSG
§ 34
Die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht gem. § 43a
Abs. 2 BRAO steht einem gegen den Rechtsanwalt gerichteten Auskunftsanspruch des Prozessgegners seines
Mandanten nach § 34 BDSG grundsätzlich entgegen.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
AG Köln, Urt. v. 4.2.2015 – 134 C 174/14
Fundstelle: NJW 2015, 1701.
Elektronischer Rechtsverkehr in Notarsachen
BGH/BPatGerVV Anlage zu § 1
Für den BGH ist der elektronische Rechtsverkehr in
notariellen Disziplinarsachen und verwaltungsrechtlichen Notarsachen nicht eröffnet.
BGH, Beschl. v. 16.3.2015 – NotSt (Brfg) 7/14
Fundstelle: MDR 2015, 676.
Anwaltsrecht/Berufsrecht
Arbeitsrecht
Kein Prüfungsrecht des Kammerpräsidenten für Anträge zur Tagesordnung der Kammerversammlung
BRAO §§ 85 Abs. 2, 89 Abs. 3
Der Präsident einer Rechtsanwaltskammer hat bei
einem qualifizierten Antrag zur Kammerversammlung
kein eigenes Prüfungsrecht und muss das Thema antragsgemäß auf die Tagesordnung nehmen.
(Leitsatz: NJW-RR-Redaktion)
BGH, Urt. v. 3.11.2014 – AnwZ (Brfg) 68/13
Fundstelle: NJW-RR 2015, 755 f.
Kündigung wegen häufiger Kurzerkrankungen und
betriebliches Eingliederungsmanagement
KSchG § 1 Abs. 1 u. 2; SGB IX §§ 14 Abs. 2, 26, 84
Abs. 2; ASiG §§ 1 S. 2, 3 Abs. 1 S. 1
1. Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur
Durchführung eines gesetzlich gebotenen betrieblichen Eingliederungsmanagements (bEM) zu ergreifen. Dazu gehört, dass er den Arbeitnehmer auf die
Ziele des bEM sowie die Art und den Umfang der
hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinweist.
2. Hat der Arbeitgeber die gebotene Initiative nicht ergriffen, muss er zur Darlegung der Verhältnismäßigkeit einer auf krankheitsbedingte Fehlzeiten
gestützten Kündigung nicht nur die objektive Nutzlosigkeit arbeitsplatzbezogener Maßnahmen i.S. von
§ 1 Abs. 2 KSchG aufzeigen. Er muss vielmehr
320
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
auch dartun, dass künftige Fehlzeiten ebenso wenig
durch gesetzlich vorgesehene Hilfen oder Leistungen der Rehabilitationsträger in relevantem Umfang
hätten vermieden werden können.
BAG, Urt. v. 20.11.2014 – 2 AZR 755/13
Fundstellen: NJW 2015, 1979 ff. = MDR 2015, 778.
Schmerzensgeld wegen Mobbings und Verwirkung
BGB §§ 195, 199, 242, 253 Abs. 2
1. Allgemeine, nicht fallbezogene Überlegungen zu
möglichen Beweisschwierigkeiten oder dem Interesse an einer „zeitnahen Klärung“ dürfen ohne normative oder vertragliche Grundlage nicht zu einer
Geltendmachungsfrist führen, die das Ausschöpfen
der kurzen gesetzlichen Verjährungsfrist nach
§ 195 BGB obsolet werden lässt.
2. „Verwirkung“ bedeutet die unzulässige Rechtsausübung im konkreten Einzelfall. Die generelle Einführung von Geltendmachungsfristen lässt sich mit
diesem Rechtsinstitut nicht durchsetzen.
Zur Gewichtung der Auswahlkriterien im Rahmen
der Sozialauswahl bei Änderungskündigung
KSchG §§ 1 Abs. 3 S. 1, 2 S. 1
Im Rahmen der Sozialauswahl ist eine um drei Jahre
längere Betriebszugehörigkeit nicht geeignet, drei Unterhaltspflichten aufzuwiegen, wenn der Unterhaltsverpflichtete seinerseits eine Betriebszugehörigkeit von
immerhin sechs Jahren aufzuweisen hat.
BAG, Urt. v. 29.1.2015 – 2 AZR 164/14
Fundstelle: MDR 2015, 662.
Abweichung von gesetzlicher Kündigungsfrist und
Günstigkeitsvergleich
KschG §§ 1 Abs. 2, 4 S. 1, 7; BetrVG § 26 Abs. 2 S. 2;
BGB §§ 140, 174 S. 1, 622 Abs. 2, Abs. 4 u. 5; ZPO
§ 286 Abs. 1
3. Die Geltendmachungsfrist des § 15 Abs. 4 AGG ist
eng auszulegen und daher grundsätzlich nicht analogiefähig.
Eine vertragliche Kündigungsfrist kann sich gegen die
maßgebliche gesetzliche Kündigungsfrist nur durchsetzen, wenn sie in jedem Fall zu einer späteren Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt. Es genügt nicht,
dass die vertragliche Regelung für die längere Zeit innerhalb eines Kalenderjahres den besseren Schutz gewährt.
BAG, Urt. v. 11.12.2014 – 8 AZR 838/13
BAG, Urt. v. 29.1.2015 – 2 AZR 280/14
Fundstelle: NJW 2015, 2061 ff.
Fundstelle: NJW 2015, 2205 ff. m. Anm. Feußner.
Zur Sittenwidrigkeit einer Vergütungsabrede mit
angestelltem Rechtsanwalt
Probezeitkündigung in der Berufsausbildung
GG Art. 72 Abs. 1, 74 Abs. 1; NRWVerf. Art. 24
Abs. 2 S. 1; BORA § 26; BGB §§ 134, 138 Abs. 1 u. 2,
421, 612 Abs. 2, 705; ZPO §§ 239, 246 Abs. 1 1. Hs.,
287 Abs. 1 S. 1 u. 2, 287 Abs. 2, 403
Ein auffälliges Missverhältnis zwischen dem Wert der
Arbeitsleistung und der Vergütungshöhe liegt vor,
wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel
der üblicherweise gezahlten Vergütung erreicht. Ein
Anlass, von dieser Richtgröße im Sinne einer Heraufsetzung der Zwei-Drittel-Grenze abzuweichen, besteht
weder wegen der Besonderheiten in der Beschäftigung
angestellter Rechtsanwälte noch der in § 26 BORA
enthaltenen Vorgabe, Rechtsanwälte nur zu angemessenen Bedingungen zu beschäftigen.
BBiG §§ 10 Abs. 2, 20 S. 1, 22 Abs. 1, 25; BGB § 307
Abs. 1 S. 1, 2 Nr. 1; ArbGG § 111 Abs. 2; ZPO § 256
Abs. 1
1. Die Vereinbarung einer Probezeit gem. § 20 S. 1
BBiG als solche unterliegt als zwingendes Recht
keiner Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff.
BGB.
2. Die Dauer der Probezeit ist bei Vereinbarung durch
Allgemeine Geschäftsbedingungen als normausfüllende Klausel der Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff.
BGB zu unterziehen.
BAG, Urt. v. 12.2.2015 – 6 AZR 831/13
Fundstelle: NJW 2015, 2284 ff.
BAG, Urt. v. 17.12.2014 – 5 AZR 663/13
Fundstelle: NJW 2015, 1709 ff.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
321
Rechtsprechungsübersicht
Bank- und Kapitalmarktrecht
Bau- und Architektenrecht
Aufklärung über das Haftungsrisiko des Anlegers
als GbR-Gesellschafter
Zum Einwand der Unverhältnismäßigkeit bei optischen Mängeln ohne Funktionsbeeinträchtigung
BGB § 675
BGB §§ 251 Abs. 2 S. 1, 634 Nr. 4, 635 Abs. 3
1. Zur Frage der ordnungsgemäßen Beratung eines
Anlegers im Zusammenhang mit der Zeichnung
einer Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (hier: Anlageziel; Fungibilität;
Haftungsrisiko als GbR-Gesellschafter).
1. Bei Mängeln, die das äußere Erscheinungsbild des
gelieferten Werkes betreffen (optische Mängel)
und mit denen keine Funktionsbeeinträchtigung einhergeht, ist im Rahmen der für den Unverhältnismäßigkeitseinwand nach § 635 Abs. 3 BGB erforderlichen Gesamtabwägung darauf abzustellen, ob
der Auftraggeber ein nachvollziehbares (nicht nur
unbedeutendes) Interesse an der (auch) optisch einwandfreien Herstellung des Werkes hat. Je höher
dieses Leistungsinteresse des Bestellers an einem
auch optisch makellosen Erscheinungsbild des bestellten Werkes ist, umso weniger kann der Werkunternehmer mit seinem Einwand aus § 635 Abs. 3
BGB gehört werden. Berührt der nur geringfügige
Schönheitsfehler nur leicht das ästhetische Empfinden des Bestellers, ohne dass in objektivierbarer
Form die „Wertschätzung“ gegenüber dem Werk
beeinträchtigt wird, kann bei erheblichen Mängelbeseitigungsaufwendungen von Unverhältnismäßigkeit ausgegangen werden.
2. Bei der Feststellung, ob eine Beratung anlegergerecht ist, muss geklärt werden, ob der Anleger damit eine Versorgungslücke im Alter schließen will
oder nur eine ergänzende Altersvorsorge wünscht.
3. Bei der Aufklärung über die eingeschränkte Fungibilität einer Beteiligung genügt es, wenn im Anlageprospekt darauf hingewiesen wird, dass deren Veräußerung praktisch schwierig ist und sie langfristig
ausgerichtet sein sollte.
4. Der Anleger muss auf das Risiko einer etwaigen
Haftung nach den Grundsätzen der Duldungs- und
Anscheinsvollmacht nicht ungefragt hingewiesen
werden.
(Leitsätze 2 bis 4: NJW-RR-Redaktion)
BGH, Urt. v. 11.12.2014 – III ZR 365/13
Fundstelle: NJW-RR 2015, 732 ff.
Gegenstandserweiterung bei KapMuG-Verfahren
KapMuG a.F. §§ 1 Abs. 3 Nr. 2, 4 Abs. 4, 5, 9 Abs. 1
S. 1, 13 Abs. 1, 14 Abs. 1, 15, 16; BGB § 705; EGZPO
§ 3 Abs. 1; ZPO § 567 Abs. 1 Nr. 2
2. Die Kriterien, unter denen der Auftragnehmer das
Nacherfüllungsbegehren des Auftraggebers unter
Berufung auf den Unverhältnismäßigkeitseinwand
gem. § 635 Abs. 3 BGB ablehnen kann, finden auf
einen mangelbedingten Schadensersatzanspruch
nach §§ 634 Nr. 4, 636 BGB, der auf Erstattung
der Beseitigungskosten gerichtet ist, Anwendung,
sowie dann, wenn bei der Bemessung eines mangelbedingten Minderungsbetrages (§§ 634 Nr. 3, 638
BGB) auf die Kosten zur Mängelbeseitigung zurückgegriffen wird.
BGH, Beschl. v. 20.1.2015 – II ZB 11/14
3. Zur Bedeutung des Verschuldens bei der Gesamtabwägung im Rahmen der Prüfung des Unverhältnismäßigkeitseinwandes; Vorsatz des Werkunternehmers schließt den Unverhältnismäßigkeitseinwand nicht generell aus.
Fundstelle: NJW 2015, 2188 f.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.11.2014 – I-21 U 23/14
Die Parteien können den Gegenstand eines Kapitalanleger-Musterverfahrens nur bis zum Schluss der
mündlichen Verhandlung vor dem OLG erweitern.
Fundstelle: NJW-RR 2015, 789 ff.
Vertragliche Einigung über Nachtrag durch positive Rechnungsprüfung und Zahlungszusage
VOB/B § 2 Abs. 3, 5 u. 6; BGB § 242
1. Ein kausales Schuldanerkenntnis zu einer baubezogenen Werklohnforderung kommt nicht allein dadurch zustande, dass der Auftraggeber die geprüfte
322
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
Schlussrechnung zurückschickt und deren Ausgleich zusagt.
2. Einwendungen gegen die Höhe einer Werklohnforderung werden nicht allein dadurch verwirkt, dass
sie spät – hier: etwa zwei Jahre nach Rechnungsprüfung – und nach wiederholten Zahlungszusagen
vorgebracht werden.
3. Der Auftragnehmer kann den beim Auftraggeber
angestellten Architekten als für Nachträge bevollmächtigt ansehen, wenn der Auftraggeber dem Architekten die Abwicklung des Bauvorhabens vollständig überlassen hat.
4. Eine vertragliche Einigung über die Höhe der Vergütung für eine Nachtragsposition oder über deren
Abrechnung nach Zeitaufwand kann dadurch zustande kommen, dass der Auftragnehmer die Position in die Schlussrechnung einstellt, der Auftraggeber die Schlussrechnung mit positivem Ergebnis
prüft und deren Ausgleich zusagt.
5. Nach positiver Prüfung der Schlussrechnung ist der
Auftraggeber zudem gehindert, die Übereinstimmung des Nachtrags mit dem Vertragspreisniveau
pauschal zu bestreiten.
6. Ein auf Mengenmehrungen gestütztes Preissenkungsverlangen des Auftraggebers ist nur dann erheblich, wenn es beziffert wird. Der Auftraggeber
muss den Auftragnehmer hierzu erforderlichenfalls
zur Offenlegung seiner Kalkulation auffordern oder
eine Schätzung abgeben.
(Leitsätze: NJW-RR-Redaktion)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.11.2014 – I-23 U 33/14
Fundstelle: NJW-RR 2015, 587 ff.
Verjährung der Mängelansprüche gegen Architekten
HOAI a.F. § 15 Abs. 2; BGB a.F. §§ 635, 638 Abs. 1
S. 2
1. Eine konkludente Abnahme des Architektenwerks
setzt grundsätzlich dessen abnahmefähige Vollendung voraus, einschließlich der geschuldeten
Leistungen gem. Leistungsphase 9.
lung des Vertrags nicht mehr in Betracht kommt,
z.B. hinsichtlich der Leistungen gem. Leistungsphase 9, wenn die Gewährleistungsfristen aller Bauunternehmer abgelaufen sind. Hierfür trägt der Architekt die Darlegungs- und Beweislast.
4. Der umfassend beauftragte Architekt schuldet die
objektive Klärung der Mängelursachen, selbst
wenn zu diesen eigene Planungs- und Aufsichtsfehler gehören. Eine Vertragsverletzung durch pflichtwidrige Unterlassung jeglicher Untersuchung und
Beratung, mit der der Architekt möglicherweise die
Verjährung der gegen ihn selbst bestehenden Ansprüche herbeiführt, begründet einen weiteren Schadenersatzanspruch dahin, dass die Verjährung der
gegen ihn gerichteten Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche als nicht eingetreten gilt.
(Leitsätze: NJW-Redaktion)
OLG Brandenburg, Urt. v. 3.12.2014 – 4 U 40/14
Fundstelle: NJW 2015, 1888 ff. m. Anm. Fuchs.
Minderung des Architektenhonorars wegen unwirtschaftlicher Planung
HOAI aF § 8 Abs. 1; BGB § 638
1. Der Auftraggeber ist schon vor der Abnahme des
Architektenwerks zur Minderung des Honorars berechtigt, wenn eine Erfüllung des Vertrags nicht
mehr in Betracht kommt, weil das Bauvorhaben
zwischenzeitlich nach einem anderen Planungskonzept ausgeführt worden ist.
2. Aus dem Umstand, dass es sich bei dem Auftraggeber um eine Gemeinde handelt, die einem besonderen Wirtschaftlichkeitsgebot unterliegt und die
bekanntermaßen für die Durchführung der zu planenden Maßnahmen auf Fördermittel angewiesen
ist, ergibt sich, dass der Architekt in besonderem
Maße die Finanzierbarkeit der zu planenden Maßnahmen für den Auftraggeber im Blick behalten,
dessen verschiedene, sich gegenseitig begrenzende
Planungsziele in ein ausgewogenes Verhältnis bringen und sich in Bezug auf die als Entwurf auszuarbeitende Lösung mit ihm abstimmen muss.
2. Eine Ausnahme vom Vollendungserfordernis ist
nicht allein aus einem längeren Zeitablauf herzuleiten. Es bedarf eines konkreten Anknüpfungspunkts
für die Annahme, der Auftraggeber habe das unvollendete Architektenwerk desungeachtet als im
Wesentlichen vertragsgemäß gebilligt.
3. Es kann deshalb einen Mangel des Architektenwerks aus Kostengesichtspunkten begründen, wenn
der Architekt seine Planung ohne hinreichende Abstimmung auf der Grundlage eines 100-jährigen Berechnungsregens erstellt, obwohl die anerkannten
Regeln der Technik nur an einen 20-jährigen Berechnungsregen anknüpfen.
3. Die Verjährung der Gewährleistungsansprüche aus
einem Architektenvertrag kann auch ohne Abnahme
beginnen, wenn nach den Umständen eine Erfül-
4. Einer Fristsetzung zur Nacherfüllung an den Architekten bedarf es nicht, wenn dessen Verhalten in der
Gesamtschau deutlich erkennen lässt, dass er seine
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
323
Rechtsprechungsübersicht
Planung für mangelfrei hält und zu deren erforderlichen grundlegenden Überarbeitung nicht bereit ist.
Erbrecht
(Leitsätze: NJW-Redaktion)
OLG Brandenburg, Urt. v. 14.1.2015 – 4 U 27/13
Fundstelle: NJW 2015, 1611 ff.
Fiktive Abrechnung von Begleitkosten der Schadensbeseitigung
BGB § 249 Abs. 2 S. 2
Im Rahmen des Schadensersatzes wegen eines beschädigten Parkettbodens geltend gemachte sog. Begleitkosten (wie z.B. Malerkosten) sind nur dann fiktiv
auf der Basis einer sachverständigen Schätzung ersatzfähig, wenn sie zwangsläufig mit der Schadensbeseitigung verbunden sind und ihr Ausmaß sicher geschätzt
werden kann.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.4.2015 – I-5 U 97/14
Fundstelle: MDR 2015, 763.
Auslegung eines Testaments
BGB §§ 2084, 2087 Abs. 2, 2247 Abs. 1, 2, 3 S. 1
Wendet der juristisch nicht vorgebildete Erblasser den
zwar gegenständlich aufgegliederten, hierbei aber erschöpften Nachlass durch Testament einer Person zu
(„…, ich vermache sämtliche Sachgüter in dieser
Wohnung … H. Mein gesamtes Bargeld ebenso. Sie
weiß, wo dieses zu finden ist. Die Summe beläuft sich
auf 49.000 E.“), so ist H als Alleinerbin anzusehen.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 27.3.2015 – I-3 Wx
197/14
Fundstelle: MDR 2015, 597.
Wert eines hälftigen Miteigentums an einem Hausgrundstück im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs
BGB §§ 2303 Abs. 1 S. 2, 2311 Abs. 1 S. 1
Schadensberechnung bei Baukostenüberschreitung
BGB § 249
Zur Berechnung des Schadens bei Überschreitung
einer mit dem Architekten vereinbarten Baukostenobergrenze.
BGH, Urt. v. 21.5.2015 – VII ZR 190/14
Fundstelle: MDR 2015, 824 f.
Der im Rahmen eines Pflichtteilsanspruchs zu bestimmende Wert einer nachlassgegenständlichen Miteigentumshälfte an einem Hausgrundstück entspricht dem
hälftigen Wert des Gesamtobjekts, wenn der Alleinerbe bereits Eigentümer der anderen ideellen Miteigentumshälfte ist.
BGH, Urt. v. 13.5.2015 – IV ZR 138/14
Fundstelle: MDR 2015, 775.
Kein Bereicherungsanspruch bei Verstoß gegen das
Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz
Familienrecht
SchwarzArbG § 1 Abs. 2 Nr. 2; BGB §§ 812 Abs. 1
S. 1 1. Alt., 817 S. 2 1. Hs.
Eidesstattliche Versicherung als Nachweis im Verfahren vor dem Standesamt
Ist ein Werkvertrag wegen Verstoßes gegen das Verbot des § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG vom 23.7.2004
nichtig, steht dem Besteller, der den Werklohn bereits
gezahlt hat, gegen den Unternehmer kein Rückzahlungsanspruch unter dem Gesichtspunkt einer ungerechtfertigten Bereicherung zu.
BGH, Urt. v. 11.6.2015 – VII ZR 216/14
Fundstelle: MDR 2015, 823 f.
324
PStG §§ 9 Abs. 2 S. 1 u. 2, 10 Abs. 1 u. 3, 12 Abs. 1
S. 1, Abs. 2
Haben Eheschließende die beantragte Eheschließung
beim zuständigen Standesamt anzumelden und hierzu
durch öffentliche Urkunde diejenigen Nachweise zu
erbringen, die das Standesamt ihm zugänglichen Registern nicht entnehmen kann, so kann von der Überbeglaubigung der vorgelegten Unterlagen (hier: Auszüge aus dem irakischen Geburtsregister und aus dem
Generalregister des Ministeriums des Inneren durch
das irakische Außenministerium) abgesehen und können notariell beurkundete eidesstattliche Versicherungen der Antragsteller herangezogen werden, wenn sie
zur Ausräumung von Zweifeln an der Echtheit der UrKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
kunden alles ihnen – auch wirtschaftlich – Zumutbare
(hier unzumutbar: offizielle Gebühr von mehreren
hundert US-Dollar, üblicherweise erhobenes Bestechungsgeld in namhafter Höhe sowie 1.500 US-Dollar
an Anwaltskosten) unternommen haben.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 10.2.2015 – I-3 Wx 87/14
Fundstelle: MDR 2015, 837 f.
Erforderlichkeit einer Betreuung bei Lücken in der
Vorsorgevollmacht
2. Dies gilt allerdings nicht, soweit der Unterhaltspflichtige über seinen Ehegatten nicht hinreichend
für das Alter abgesichert ist, was er darzulegen und
ggf. zu beweisen hat.
3. Eine unzureichende Altersversorgung ist gegeben,
wenn der Ehegatte selbst nicht über eine den
Maßstäben zum Elternunterhalt entsprechende Altersversorgung verfügt.
BGH, Beschl. v. 29.4.2015 – XII ZB 236/14
Fundstelle: NJW 2015, 1877 ff. m. Anm. Born.
BGB § 1896 Abs. 2 S. 1
Zur Erforderlichkeit einer Betreuung für das Eingehen
von Verbindlichkeiten und für die Vertretung gegenüber Gerichten, wenn diese Punkte aus der erteilten
Vorsorgevollmacht ausgenommen worden sind.
BGH, Beschl. v. 1.4.2015 – XII ZB 29/15
Fundstelle: MDR 2015, 711 f.
Gebührenrecht/Kostenrecht
Zugänglichmachung einer Kostenrechnung in Blindenschrift
GVG § 191a; ZMV §§ 4 ff.
Ausgleich des Anrechts beim Rechtsanwaltsversorgungswerk
VersAusglG §§ 10 Abs. 1, 11 Abs. 1 Nr. 3
1. Leistet der Versorgungsträger eines intern zu teilenden Anrechts dem Ausgleichsberechtigten zum
Ausgleich des nur eingeschränkt gewährten Risikoschutzes einen angemessenen prozentualen Zuschlag
in der Form, dass dieser nicht bereits bei der Berechnung der Rente berücksichtigt wird, liegt darin
weder eine Benachteiligung des Ausgleichsberechtigten noch ein Verstoß gegen § 11 Abs. 1 Nr. 3
VersAusglG.
2. Einer ausdrücklichen Benennung des gewährten
Zuschlags oder dessen betragsmäßiger Bezifferung
im Tenor der Entscheidung bedarf es dabei im Hinblick auf die erforderliche Aufnahme der dem Ausgleich des Anrechts zu Grunde liegenden Versorgungsregelung nicht.
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 2.4.2015 – 18 UF 70/14
Fundstelle: NJW 2015, 1971 f.
Zum Einsatz des Vermögens und der Altersvorsorge des zum Elternunterhalt verpflichteten Kindes
BGB § 1603 Abs. 1
1. Für den zur Zahlung von Elternunterhalt Verpflichteten, der verheiratet ist und kein eigenes Erwerbseinkommen erzielt, besteht grundsätzlich kein Bedürfnis für die Bildung eines eigenen Altersvorsorgevermögens.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Die Gerichtskostenrechnung muss einem blinden Kostenschuldner dann nicht in Blindenschrift übermittelt
werden, wenn dieser deren Sinngehalt bei einer nur
mündlichen Vermittlung durch den Prozessbevollmächtigten erfassen kann oder er sich die Kostenrechnung durch ihm zur Verfügung stehende technische
Mittel selbst zugänglich machen kann.
BGH, Beschl. v. 19.2.2014 – I ZB 70/12
Fundstelle: RVGreport 2015, 277 f.
Zu den Folgen der erheblichen Überschreitung des
Kostenvorschusses durch Sachverständigen
JVEG § 8a Abs. 4; ZPO § 407a Abs. 2 S. 2
1. Übersteigt die vom Sachverständigen geltend gemachte Vergütung den von den Parteien angeforderten Kostenvorschuss erheblich, d.h. um mehr als
20 % (hier: 2.000 Euro Vorschuss, später knapp
9.000 Euro geltend gemacht), und weist der Sachverständige darauf unter Verstoß gegen § 407a Abs. 3
S. 2 ZPO nicht rechtzeitig hin, ist seine Vergütung
nach dem eindeutigen Wortlaut von § 8a Abs. 4
JVEG und der eindeutigen Gesetzesbegründung
(vgl. BT-Drucks. 17/11471 [neu], S. 260 linke Spalte) auf den Betrag des Vorschusses zu kappen.
2. Angesichts dieser neuen gesetzlichen Regelung besteht kein Anlass dazu, den Vorschussbetrag – was
nach altem Recht teilweise gemacht wurde – zu erhöhen.
OLG Hamm, Beschl. v. 24.7.2014 – 24 U 220/12
Fundstelle: RVGreport 2015, 237 ff.
325
Rechtsprechungsübersicht
Zum Kostenerstattungsanspruch des neuen Rechtsanwalts im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7
VwGO
RVG §§ 15 Abs. 2, 16 Nr. 5; VwGO § 80 Abs. 5 u. 7
§ 15 Nr. 5 RVG i.V.m. § 15 Abs. 2 RVG lässt sich
nicht entnehmen, dass ein Kostenerstattungsanspruch
gegen den unterlegenen Teil im Verfahren nach § 80
Abs. 7 VwGO nicht besteht, wenn im vorausgegangenen Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, in dem der
Antragsteller von einem anderen Rechtsanwalt vertreten wurde, ein Gebührenanspruch dieses – anderen –
Rechtsanwalts entstanden sein kann.
VG Düsseldorf, Beschl. v. 5.8.2014 – 7 L 1224/14.A
Fundstelle: AGS 2015, 255 f.
Rechtsmittelausschluss nach § 80 AsylVfG; Kostenerstattung im Abänderungsverfahren nach § 80
Abs. 7 VwGO
AsylVfG § 80; VwGO § 80 Abs. 7
Gem. § 80 AsylVfG können Entscheidungen in
Rechtsstreitigkeiten nach dem Asylverfahrensgesetz
vorbehaltlich des § 133 Abs. 1 VwGO nicht mit der
Beschwerde angefochten werden. Dieser Rechtsmittelausschluss erfasst sämtliche unselbstständigen und
selbstständigen Nebenverfahren und deshalb auch die
in dem Asylverfahren des Antragstellers getroffene
Entscheidung des VG über die Erinnerung gegen die
Kostenfestsetzung nach dem RVG.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 15.9.2014 –
11 E 909/14.A
Fundstelle: AGS 2015, 256 f.
Kein Rechtsmittelausschluss im Erinnerungsverfahren; Gebühren im Abänderungsverfahren bei
innerprozessualem Anwaltswechsel
AsylVfG § 80; VwGO § 80 Abs. 5 u. 7; RVG § 15
Abs. 1, 16 Nr. 5; ZPO § 91 Abs. 2
1. § 80 AsylVfG bezieht sich nicht auf Erinnerungsverfahren gegen die nichtrichterliche Entscheidung
des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.
2. Wird im Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7
VwGO ein anderer Rechtsanwalt tätig als im Ausgangsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO, stehen
dessen Gebührenanspruch die §§ 15 Abs. 2, 16
Nr. 5 RVG nicht entgegen.
3. § 91 Abs. 2 S. 2 ZPO kann auch für den Fall der
Bejahung seiner entsprechenden Anwendung im
verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Geltendma326
chung der Gebühren des im Abänderungsverfahren
tätigen neuen Rechtsanwalts nicht entgegengehalten
werden; diese Vorschrift stellt die Erstattungsfähigkeit von Kosten mehrerer Anwälte nur bei einem innerprozessualen Anwaltswechsel in Frage.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 16.10.2014 –
11 B 789/14.A
Fundstellen: AGS 2015, 251 ff. = RVGreport 2015, 270 f.
Zur Erstattungsfähigkeit der Terminsreisekosten
des auswärtigen Spezialanwalts im Verwaltungsgerichtsprozess und der Kosten für die auszugsweise Übersetzung nur in fremder Sprache vorliegender Unterlagen
VwGO §§ 162 Abs. 1, 173 S. 1; ZPO § 91 Abs. 1 u. 2
S. 1
1. Die für den Zivilprozess in § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO
getroffene Regelung, nach der Reisekosten eines
nicht im Bezirk des Prozessgerichts niedergelassenen und nicht am Ort des Prozessgerichts wohnhaften Rechtsanwalts nur insoweit erstattungsfähig
sind, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war, findet über § 173 S. 1 VwGO im Verwaltungsgerichtsprozess keine Anwendung.
2. Stützt eine Partei ihr Vorbringen im Rechtsstreit auf
wissenschaftliches Erkenntnismaterial, das nur in
englischer Sprache vorliegt, so sind die Übersetzungskosten für die auszugsweise Übersetzung dieses Materials dann erstattungsfähig, wenn die Gegenpartei gerügt hatte, dass die Unterlagen nur in
englischer Sprache vorgelegt worden seien, und
das Gericht der Partei anheimgestellt hat, zumindest
die von ihr für entscheidungserheblich erachteten
Passagen in deutscher Übersetzung vorzulegen.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 10.12.2014 –
13 E 1115/14
Fundstelle: RVGreport 2015, 226 ff.
Kostenfestsetzung bei behauptetem Interessenkonflikt zwischen zwei Antragstellern
GG Art. 2 Abs. 1, 20 Abs. 3; StGB § 356; BRAO § 43
Abs. 4; BORA § 3 Abs. 1; BGB §§ 421, 426 Abs. 1
S. 1, Abs. 2; ZPO §§ 91 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 97
Abs. 1, 100 Abs. 1, 104 Abs. 3 S. 1, 567
Ist ein potenzieller Interessenkonflikt zwischen zwei
Antragstellern im gemeinsamen Prozess nicht glaubhaft
gemacht, stellt es sich als rechtsstaatlich missbräuchlich dar, wenn beide Antragsteller die Kostenfestsetzung für zwei Prozessbevollmächtigte beantragen.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
(Leitsätze: NJW-Redaktion)
OLG Karlsruhe, Beschl. v. 16.12.2014 – 15 W 77/14
Fundstelle: NJW 2015, 1698 ff.
Zur Anrechenbarkeit einer vereinbarten Vergütung auf gerichtliche Verfahrensgebühr
RVG § 15a; RVG VV Vorbem. 3 Abs. 4
Eine Anrechnung der vorgerichtlichen Kosten aus
einer Vergütungsvereinbarung auf die Verfahrensgebühr findet im Kostenfestsetzungsverfahren nicht
statt, wenn die erstattungsberechtigte Partei im Erkenntnisverfahren vorgetragen hat, dass sie mit ihrem
Prozessbevollmächtigten hinsichtlich der vorgerichtlichen Kosten eine Vergütungsvereinbarung getroffen
hat, und die erstattungspflichtige Partei diese Kosten
im Erkenntnisverfahren anerkannt hat.
OLG Hamburg, Beschl. v. 16.12.2014 – 8 W 131/14
Fundstelle: AGS 2015, 198 ff.
Zur Höhe der Verfahrensgebühr bei Untätigkeitsklage; kein angenommenes Anerkenntnis bei Erlass
des Bescheids
RVG § 14; RVG VV Nrn. 3102, 3106; SGG § 88
1. Für eine Untätigkeitsklage kommt wegen des eingeschränkten Streitgegenstandes und des unterdurchschnittlichen Arbeitsaufwandes nur eine unter der
Mittelgebühr angesiedelte Gebühr in Betracht. Gegenstand ist allein die Vornahme eines Verwaltungsaktes. Gerechtfertigt ist bei einer durchschnittlichen Untätigkeitsklage der Ansatz der doppelten
Mindestgebühr; das sind 80 Euro.
2. Die Beendigung einer Untätigkeitsklage durch den
Erlass des begehrten Verwaltungsaktes ist nicht als
angenommenes Anerkenntnis zu werten. Infolgedessen fällt eine Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1
Nr. 3 zu Nr. 3106 VV nicht an.
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 7.1.2015 – L 12
SO 302/14 B
Fundstelle: AGS 2015, 170 f.
Rechtsbehelfe gegen den Übergang von Ansprüchen auf die Staatskasse gem. § 59 RVG in sozialgerichtlichen Verfahren
RVG § 59 Abs. 2 S. 1; SGG § 197
Gegen die Geltendmachung von gem. § 59 Abs. 1
RVG auf die Staatskasse übergegangenen Ansprüchen
auf Kostenerstattung gegen den Prozessgegner ist leKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
diglich die Erinnerung nach § 197 Abs. 1 SGG gegeben; die Beschwerde ist hingegen ausgeschlossen.
LSG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 9.2.2015 – L 9
AL 321/14 B
Fundstelle: RVGreport 2015, 219 f.
Vergütung eines zum Verfahrenspfleger bestellen
Rechtsanwalts
RVG §§ 2, 23 Abs. 3 S. 1; KostO § 25 Abs. 1 S. 1;
BGB § 1835 Abs. 3; FamFG § 277 Abs. 2 S. 2
1. Kann in einer Betreuungssache ein Rechtsanwalt,
der zum Verfahrenspfleger bestellt worden ist,
nach anwaltlichem Gebührenrecht abrechnen, weil
die Erforderlichkeit anwaltsspezifischer Tätigkeiten
im Bestellungsbeschluss festgestellt wurde oder in
dem konkreten Einzelfall die Wahrnehmung anwaltstypischer Aufgaben erforderlich war, bestimmt
sich die Höhe seiner Vergütung nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
2. Ist in diesem Fall der Verfahrenspfleger damit beauftragt, einen vom Betreuer zur betreuungsgerichtlichen
Genehmigung vorgelegten Mietvertrag zu überprüfen,
bestimmt sich der Geschäftswert für die Berechnung
der anwaltlichen Gebühren nach § 23 Abs. 3 S. 1
RVG i.V.m. § 25 KostO (nunmehr § 99 GNotKG).
BGH, Beschl. v. 25.2.2015 – XII ZB 608/13
Fundstellen: NJW-RR 2015, 643 ff. = MDR 2015,
611 f. = AGS 2015, 214 ff. m. Anm. Mock.
Gegenstand bei Widerruf eines Darlehensvertrags
RVG § 23 Abs. 1 S. 3; GKG 48 Abs. 1; ZPO § 3
1. Wird der Anwalt außergerichtlich beauftragt, den
Widerruf einer auf Abschluss eines Darlehensvertrags gerichteten Erklärung abzugeben bzw. auf
den bereits erklärten Widerruf die Rückabwicklung
des Vertragsverhältnisses durchzusetzen, bestimmt
sich der Gegenstandswert lediglich nach der Höhe
der im widerrufenen Vertrag vereinbarten Zinsen.
Die Höhe der Darlehensvaluta ist unerheblich, da
im Falle des Widerrufs lediglich die Pflicht zur
Zinszahlung entfällt, nicht jedoch die Pflicht zur
Rückführung des Darlehensbetrags.
2. Wird der Anwalt insoweit von zwei Auftraggebern
beauftragt, die bei demselben Kreditinstitut für die
Finanzierung desselben Grundstückskaufs jeweils
eigene Darlehensverträge geschlossen haben, liegt
nur eine Angelegenheit i.S. des § 15 RVG vor.
AG Düsseldorf, Urt. v. 26.2.2015 – 51 C 16961/14
Fundstelle: AGS 2015, 181 ff. m. Anm. Humpe.
327
Rechtsprechungsübersicht
Verschiedene Angelegenheiten bei mehreren Beschwerden gegen erstinstanzliches Aussetzungsund Abänderungsverfahren
RVG §§ 16 Nr. 5, 18 Abs. 1 Nr. 3; VwGO § 80 Abs. 5, 7
Erstinstanzliche Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO und
nach § 80 Abs. 7 VwGO werden gem. § 16 Nr. 5 RVG
kostenrechtlich als dieselbe Angelegenheit behandelt.
Die jeweiligen Beschwerden sind dagegen – anders
als noch unter Geltung der BRAGO – nach § 18 Abs. 1
Nr. 3 RVG jeweils besondere Angelegenheiten.
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 5.3.2015 – 8 E
124/15
Fundstellen: AGS 2015, 168 f. m. Amn. N. Schneider =
RVGreport 2015, 301 f.
Zum Wert des Streits über das Bestehen der zweiten juristischen Staatsprüfung
GKG § 52 Abs. 1
Der Streitwert in einem Rechtsstreit um das Bestehen
einer berufseröffnenden Prüfung wie dem zweiten juristischen Staatsexamen bemisst sich nicht nach den
erwarteten Verdienstmöglichkeiten, sondern ist mit
15.000 Euro zu bewerten.
Ordnungsgemäße Abrechnung einer Beratungsgebühr
RVG §§ 10, 34 Abs. 1; BGB §§ 612, 675
Ist für die Beratung keine Gebührenvereinbarung getroffen worden, so gehört zur ordnungsgemäßen Abrechnung der Beratungsgebühr die Angabe der gesetzlichen Grundlage des § 34 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m.
§§ 675, 612 BGB.
AG Remscheid, Urt. v. 1.4.2015 – 8 C 359/14
Fundstellen: AGS 2015, 219 ff. = RVGreport 2015, 298 f.
Streitwert für Stufenklage
GKG §§ 40, 44; ZPO §§ 4, 254
Maßgeblich für die Wertberechnung bei einer Stufenklage nach § 254 ZPO ist gem. § 44 GKG der höhere
der verbundenen Ansprüche. Dies ist in der Regel der
noch zu beziffernde Zahlungsanspruch, während der
diesen vorbereitende Auskunftsanspruch nur mit einem
Bruchteil des zu erwartenden Leistungsanspruchs zu
bewerten ist. § 40 GKG stellt ebenso wie § 4 Abs. 1
ZPO auf den Zeitpunkt des den Streitgegenstand betreffenden Antrags ab.
OLG Koblenz, Beschl. v. 2.4.2015 – 10 W 171/15
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 11.3.2015 – 14
E 214/15
Fundstelle: NJW-RR 2015, 832.
Fundstelle: AGS 2015, 232 f.
Aktenversendungspauschale bei
durch privaten Kurierdienst
Vergütung des als Rechtsanwalt zugelassenen Sonderinsolvenzverwalters
GKG KostVerz. Nr. 9003
InsO § 63; InsVV § 5
1. Die Vergütung des Sonderinsolvenzverwalters ist
regelmäßig in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Vergütung des Insolvenzverwalters festzusetzen. Wird ihm nur eine einzelne Aufgabe übertragen und könnte diese Gegenstand der
Beauftragung eines Rechtsanwalts sein, ist die
Höhe der Vergütung aber durch den Vergütungsanspruch eines Rechtsanwalts nach dem RVG begrenzt.
2. Ist ein Sonderinsolvenzverwalter, der als Rechtsanwalt zugelassen ist, für eine Tätigkeit bestellt,
die ein nicht als Rechtsanwalt zugelassener Verwalter angemessenerweise einem Rechtsanwalt übertragen hätte, bemisst sich seine Vergütung unmittelbar
nach dem RVG.
BGH, Beschl. v. 26.3.2015 – IX ZB 62/13
Fundstelle: MDR 2015, 857 f.
328
Aktentransport
Jedenfalls dann, wenn der Aktentransport zwischen
zwei Gerichten durch einen privaten Kurierdienst erfolgt, ist der Ansatz der Aktenversendungspauschale
Nr. 9003 GKG KostVerz. berechtigt.
LG Kleve, Beschl. v. 28.4.2015 – 171 Ns-102 Js
229/13-6/14
Fundstelle: RVGreport 2015, 278.
Gewerblicher Rechtsschutz
Warenabholung und Rückgabemodalitäten beim
Widerruf von Fernabsatzverträgen
BGB §§ 312g, 355, 357; UWG § 4 Nr. 11
Die in einer Widerrufsbelehrung enthaltene Vorgabe,
wonach die Rückgabe hochwertiger Uhren und
Schmucks ausschließlich durch einen kostenlosen AbKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
holservice möglich ist und dabei vom Verbraucher
verschiedene Modalitäten einzuhalten sind, schränkt
weder das gesetzliche Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen ein noch führt sie zu einer unangemessenen
Benachteiligung des Verbrauchers.
(Leitsatz: NJW-RR-Redaktion)
OLG Düsseldorf, Urt. v. 13.11.2014 – I-15 U 46/14
Fundstelle: NJW-RR 2015, 877 ff.
Irreführende Bezeichnung einer Internet-Adresse
(hier: Ostsee-Resort)
UWG § 5
1. Das Publikum erwartet von einem „Resort“ eine Ferienanlage mit zusätzlichen Freizeitangeboten.
2. Eine Internet-Domain hat nicht nur eine reine
Adressfunktion, sondern dient gleichzeitig dazu,
den Inhaber der Domain bzw. den Anbieter der darunter beworbenen Leistung von anderen zu unterscheiden. Wird die Bezeichnung „Resort-B“ innerhalb einer Internet-Adresse für die Bewerbung
einer Ferienwohnung verwendet, in deren räumlicher Nähe sich eine von einer Mitbewerberin unter
der Bezeichnung „Resort-B“ im Aufbau befindliche
Ferienanlage befindet, so besteht die Gefahr, dass
der Verkehr das eigene Angebot mit dem Angebot
der Projektgesellschaft verwechselt.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 4.12.2014 – I-2 I 30/14
Fundstelle: NJW-RR 2015, 816 f.
Verkehrsbefragung zur wettbewerblichen Eigenart
UWG § 4 Nr. 9a
1. Den unter dem Gesichtspunkt des ergänzenden
wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutzes gem. § 4
Nr. 9a UWG in Anspruch genommenen Verfügungsbeklagten trifft die Darlegungs- und Glaubhaftmachungslast für Tatsachen, die die Entstehung
einer an sich gegebenen wettbewerblichen Eigenart
hindern oder deren Schwächung bzw. Wegfall begründen. Ein diesbezügliches non liquet geht daher
zu seinen Lasten.
2. Auch im einstweiligen Verfügungsverfahren dürfen
die Ergebnisse einer im Rahmen eines Privatgutachtens erstellten Verkehrsbefragung nicht „blind“
vom Gericht übernommen werden, sondern dieses
muss insbesondere die richtige Auswahl und Anzahl der Befragten, die Fragestellung, die Vorgabe
vollständiger Antwortalternativen bei geschlossener
Fragestellung und die Ergebnisbewertung sorgfältig
prüfen und eigenständig bewerten.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
3. Wird in der Eingangsfrage einer Verkehrsbefragung
der Gegenstand missverständlich bezeichnet (hier:
Bezeichnung einer „Leder-Nylon-Tasche“ als
„Stofftasche“) leidet darunter regelmäßig die Überzeugungskraft der gesamten Verkehrsbefragung,
weil anerkanntermaßen selbst geringfügige Eingangsfehler gravierende Auswirkungen auf die Ergebnisse haben können. Dies gilt selbst dann, wenn
durch die Eingangsfrage keine der befragten Personen herausgefiltert wird, und im Rahmen der weiteren Fragen zwar Abbildungen des Gegenstandes
gezeigt werden, jedoch in diesen Abbildungen nicht
alle typischen, den Verkehrskreisen begegnenden
Erscheinungsbilder des Gegenstandes enthalten
sind (hier: Tasche in gefaltetem Zustand).
4. Eine Verkehrsbefragung mit den unter Ziff. 3 genannten Mängeln vermag ferner nicht die aus sonstigen Umständen abgeleitete überwiegende Wahrscheinlichkeit für eine vermeidbare Herkunftstäuschung zu entkräften.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.12.2014 – I-15 U 92/14
Fundstelle: MDR 2015, 785.
Zur Zulässigkeit einer auf Studien gestützten Augenspray-Werbung
UWG § 4 Nr. 11; HWG § 3 Nr. 1; MPG § 4 Abs. 2 Nr. 1
Die – bei gesundheitsbezogener Werbung erforderliche
– gesicherte wissenschaftliche Erkenntnis für die Werbeaussage muss in dem Zeitpunkt vorliegen, in dem
sie aufgestellt wird; es genügt nicht, dass – etwa durch
Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens – erstmalig im Verfahren der entsprechende
Beweis geführt wird. Nur bei einer Beschränkung auf
im Zeitpunkt der Werbung bereits vorliegende und bekannte Erkenntnisse kann der Grundsatz zur Zulässigkeit nur hinreichend gesicherter gesundheitsbezogener
Werbeangaben umfassend verwirklicht werden.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.2.2015 – I-15 U 70/14
Fundstelle: MDR 2015, 848 f.
Handels- und Gesellschaftsrecht
Ansprüche bei Kündigung einer stillen Gesellschaft
HGB §§ 230 Abs. 1, 234 Abs. 1 S. 2, 235, 723; EStG
§§ 4 Abs. 4, 15, 18
Die Kündigung der stillen Gesellschaft führt zu deren
Auflösung und zur Auseinandersetzung zwischen dem
Inhaber des Handelsgeschäfts und dem stillen Gesell329
Rechtsprechungsübersicht
schafter, bei der die wechselseitigen Ansprüche grundsätzlich unselbstständige Rechnungsposten der Gesamtabrechnung werden und vor Beendigung der Auseinandersetzung nur ausnahmsweise geltend gemacht
werden können, wenn dadurch das Ergebnis der Auseinandersetzung (teilweise) in zulässiger Weise vorweggenommen wird und insbesondere die Gefahr von
Hin- und Herzahlungen nicht besteht.
BGH, Urt. v. 3.2.2015 – II ZR 335/13
Fundstelle: NJW 2015, 1956 ff.
Vorstandsunterschrift ohne Vertretungszusatz unter mit AG geschlossenem Mietvertrag
AktG §§ 76 Abs. 2, 78 Abs. 3; BGB § 550
Enthält das Rubrum eines mit einer Aktiengesellschaft
abgeschlossenen Mietvertrags oder eines Nachtrags
keine Angaben über die Vertretungsregelung der Gesellschaft, ist die Schriftform des Vertrags auch dann
gewahrt, wenn nur ein Vorstandsmitglied ohne Vertretungszusatz unterzeichnet hat.
BGH, Urt. v. 22.4.2015 – XII ZR 55/14
Fundstelle: NJW 2015, 2034 ff. m. Anm. Burbulla.
Rechtsfolgen der Löschung einer vermögenslosen
GmbH im Handelsregister
FamFG § 394 Abs. 1; ZPO § 50
Die Löschung einer vermögenslosen GmbH nach
§ 394 Abs. 1 FamFG hat zur Folge, dass die Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit verliert und damit nach
§ 50 Abs. 1 ZPO auch ihre Fähigkeit, Partei eines
Rechtsstreits zu sein. Nur wenn Anhaltspunkte dafür
bestehen, dass noch verwertbares Vermögen vorhanden ist, bleibt die Gesellschaft trotz der Löschung
rechts- und parteifähig.
Dabei sind wertlose Forderungen nicht als verwertbares Vermögen anzusehen.
BGH, Beschl. v. 20.5.2015 – VII ZB 53/13
Fundstelle: MDR 2015, 780.
Zur Liquidation einer GmbH bei laufendem Steuerverfahren
Insolvenzrecht
Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit als Beweisanzeichen für Gläubigerbenachteiligungsvorsatz
InsO § 133 Abs. 1
1. Kennt der Schuldner seine Zahlungsunfähigkeit,
kann das daraus folgende starke Beweisanzeichen
für seinen Gläubigerbenachteiligungsvorsatz bei
der Befriedigung eines Gläubigers entfallen, wenn
der mit diesem vorgenommene Leistungsaustausch
bargeschäftsähnlichen Charakter hat und zur Fortführung des Unternehmens notwendig ist.
2. Das aus der Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit
abgeleitete Beweisanzeichen für den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz entfällt trotz Belieferung des
Schuldners zu marktgerechten Preisen nicht, wenn
es wegen eines verlängerten und erweiterten Eigentumsvorbehalts des Geschäftspartners an dem erforderlichen unmittelbaren Austausch gleichwertiger
Leistungen fehlt oder der Schuldner weiß, dass mit
der Fortführung des Unternehmens weitere Verluste
anfallen, die für die Gläubiger auch auf längere
Sicht ohne Nutzen sind.
BGH, Urt. v. 12.2.2015 – IX ZR 180/12
Fundstelle: NJW 2015, 1756 ff.
Zu den Folgen einer irrtümlichen Zahlung auf ein
Schuldnerkonto nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens
InsO §§ 55 Abs. 1 Nr. 3, 63 Abs. 1 S. 2; InsVV § 1
Abs. 2 Nr. 4 S. 1; BGB §§ 812 Abs. 1 S. 1, 818 Abs. 3;
GKG § 58 Abs. 1 S. 1
1. Wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge einer Namensverwechslung irrtümlich eine
Überweisung auf ein Konto des Schuldners erbracht, mindert sich der Bereicherungsanspruch in
Höhe der durch die Zahlung zum Nachteil der Masse verursachten Kosten.
2. Der durch eine irrtümliche Überweisung erlangte
Auszahlungsanspruch des Schuldners gegen seine
Bank erhöht die Berechnungsgrundlage für die Kosten des Insolvenzverfahrens.
GmbHG § 74 Abs. 1
BGH, Urt. v. 5.3.2015 – IX ZR 164/14
Die Liquidation ist i.S. von § 74 Abs. 1 GmbHG noch
nicht beendet, wenn ein die Gesellschaft betreffendes
Steuerverfahren noch nicht abgeschlossen ist.
Fundstelle: NJW-RR 2015, 677 ff.
OLG Hamm, Beschl. v. 1.7.2015 – I-27 W 71/15
Fundstelle: MDR 2015, 843.
330
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
Anfechtung einer Grundschuldbestellung
InsO § 140
Ist zur Entstehung der Grundschuld – wie regelmäßig
– deren rechtsgeschäftliche Bestellung erforderlich,
bestimmt sich der Zeitpunkt, in dem die Anfechtungsvoraussetzungen vorliegen müssen, nicht nach § 140
Abs. 2 InsO, wenn die dingliche Einigung ausnahmsweise der Eintragung nachfolgt; vielmehr ist gem.
§ 140 Abs. 1 InsO auf den Zeitpunkt der Eintragung
abzustellen.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 23.4.2015 – I-12 U 39/14
Fundstelle: MDR 2015, 735.
Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Zur Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer
an Unterteilung und zum Gutglaubenserwerb nach
Grundbuchlage
WEG § 8; GBO § 53 Abs. 1; BGB § 892
1. Die ohne Mitwirkung der übrigen Wohnungseigentümer erfolgte Unterteilung eines Wohnungseigentums ist unzulässig, wenn Räume, die nach der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dienen, nach
der Unterteilungserklärung ein neues Wohnungseigentum bilden.
2. Grundbucheintragungen, die eine solche Unterteilung vollziehen, sind inhaltlich unzulässig und können nicht Grundlage für einen gutgläubigen Erwerb
sein.
BGH, Beschl. v. 4.12.2014 – V ZB 7/13
Fundstelle: NJW-RR 2015, 645 ff.
Rauchen auf Mietshausbalkon nur nach abgestimmtem Zeitplan
GG Art. 2, 14; BGB §§ 823, 858, 862, 906, 1004;
Nichtraucherschutzgesetze der Bundesländer
1. Die Störung eines Mieters in seinem Besitz durch
den Tabakrauch eines anderen Mieters, der auf
dem Balkon seiner Wohnung raucht, ist auch dann
eine verbotene Eigenmacht i.S. des § 858 Abs. 1
BGB, wenn dem anderen Mieter im Verhältnis zu
seinem Vermieter das Rauchen gestattet ist.
2. Nach dem auf den Besitzschutzanspruch (§ 862
Abs. 1 BGB) entsprechend anzuwendenden Maßstab des § 906 Abs. 1 S. 1 BGB kann der Mieter
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Einwirkungen durch das Rauchen eines anderen
Mieters nicht verbieten, wenn sie einen verständigen Nutzer in dem Gebrauch der Mietsache nicht
oder nur unwesentlich beeinträchtigen.
3. Der Unterlassungsanspruch nach § 862 Abs. 1 S. 2
BGB besteht auch gegenüber wesentlichen Beeinträchtigungen nicht uneingeschränkt, weil der durch
den Rauch gestörte Mieter auf das Recht des anderen Mieters Rücksicht nehmen muss, seine Wohnung vertragsgemäß zu nutzen, wozu grundsätzlich
auch das Rauchen in der eigenen Wohnung gehört.
4. Das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme führt
im Allgemeinen zu einer Gebrauchsregelung. Für
die Zeiten, in denen beide Mieter an einer Nutzung
ihrer Balkone interessiert sind, sind dem einen Mieter Zeiträume freizuhalten, in denen er seinen Balkon unbeeinträchtigt von Rauchbelästigungen nutzen kann, während dem anderen Mieter Zeiten
einzuräumen sind, in denen er auf dem Balkon rauchen darf.
5. Gesundheitsschädliche Immissionen durch Tabakrauch sind wesentliche Beeinträchtigungen, die
nicht geduldet werden müssen. Das gilt auch im
Verhältnis von Mietern untereinander.
6. Der Mieter, der unter Berufung auf die Gesundheitsschädlichkeit des Passivrauchens von einem
anderen Mieter verlangt, das Rauchen auf dem Balkon zu unterlassen, muss das sich aus den Nichtraucherschutzgesetzen ergebende Indiz erschüttern,
dass mit dem Rauchen im Freien keine solchen Gefahren einhergehen.
BGH, Urt. v. 16.1.2015 – V ZR 110/14
Fundstelle: NJW 2015, 2023 ff.
Keine Richtwerte für Wohnungsgröße bei Eigenbedarfskündigung
BGB §§ 242, 573 Abs. 2 Nr. 2
1. Die Gerichte haben grundsätzlich zu respektieren,
welchen Wohnbedarf der Vermieter für sich oder
seine Angehörigen als angemessen sieht. Sie sind
daher nicht berechtigt, ihre Vorstellungen von angemessenem Wohnen verbindlich an die Stelle der
Lebensplanung des Vermieters (oder seiner Angehörigen) zu setzen.
2. Der vom Vermieter geltend gemachte Wohnbedarf
ist nicht auf Angemessenheit, sondern nur auf
Rechtsmissbrauch zu überprüfen. Rechtsmissbräuchlich ist nicht schon der überhöhte, sondern
erst der weit überhöhte Wohnbedarf. Die Wertung,
ob der geltend gemachte Wohnbedarf weit überhöht
ist, haben die Gerichte unter Abwägung der beider331
Rechtsprechungsübersicht
seitigen Interessen anhand objektiver Kriterien unter konkreter Würdigung der Einzelfallumstände zu
treffen.
3. Es lassen sich keine Richtwerte (etwa Wohnfläche)
aufstellen, ab welcher Grenze bei einem Alleinstehenden von einem weit überhöhten Wohnbedarf
auszugehen ist. Denn diese Beurteilung hängt nicht
allein von der in Anspruch genommenen Wohnfläche oder der Anzahl der Räume ab, sondern von
einer umfassenden Würdigung der gesamten Umstände des Einzelfalls.
4. Macht sich der Vermieter den (ernsthaften) Wunsch
eines alleinstehenden volljährigen Familienangehörigen zu eigen, einen eigenen Hausstand zu gründen
und mit einem (langjährigen) Freund eine Wohngemeinschaft (keine Lebensgemeinschaft) zu bilden, und bemisst er auf dieser Grundlage den aus
seiner Sicht angemessenen Wohnbedarf, ist diese
Entscheidung von den Gerichten grundsätzlich anzuerkennen.
BGH, Urt. v. 4.3.2015 – VIII ZR 166/14
Fundstelle: MDR 2015, 637 f.
Zur Abwälzbarkeit von Schönheitsreparaturen
BGB §§ 133, 157, 242, 280 f., 307, 535 Abs. 1 S. 2
1. Die formularvertragliche Überwälzung der Verpflichtung zur Vornahme laufender Schönheitsreparaturen einer dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassenen Wohnung hält der
Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 Abs. 1 S. 1,
Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand, sofern der Vermieter
dem Mieter keinen angemessenen Ausgleich gewährt.
2. Unrenoviert oder renovierungsbedürftig ist eine
Wohnung nicht erst dann, wenn sie übermäßig stark
abgenutzt oder völlig abgewohnt ist. Maßgeblich
ist, ob die dem Mieter überlassene Wohnung Gebrauchsspuren aus dem vorvertraglichen Zeitraum
aufweist, wobei solche Gebrauchsspuren außer
Acht bleiben, die so unerheblich sind, dass sie bei
lebensnaher Betrachtung nicht ins Gewicht fallen.
Es kommt letztlich darauf an, ob die überlassenen
Mieträume den Gesamteindruck einer renovierten
Wohnung vermitteln.
3. Angesichts der Vielgestaltigkeit der Erscheinungsformen unterliegt die Beurteilung, ob eine Wohnung dem Mieter unrenoviert oder renovierungsbedürftig überlassen worden ist, einer in erster
Linie dem Tatrichter vorbehaltenen Gesamtschau
unter umfassender Würdigung aller für die Beurteilung des Einzelfalls maßgeblichen Umstände.
332
4. Beruft der Mieter sich auf die Unwirksamkeit der
Renovierungsklausel, obliegt es ihm, darzulegen
und im Bestreitensfall zu beweisen, dass die Wohnung bei Mietbeginn unrenoviert oder renovierungsbedürftig war. Die Darlegungs- und Beweislast für
die Gewährung einer angemessenen Ausgleichsleistung trifft den Vermieter.
BGH, Urt. v. 18.3.2015 – VIII ZR 185/14
Fundstelle: NJW 2015, 1594 ff. m. Anm. LehmannRichter.
Zur Verbrauchereigenschaft einer Wohnungseigentümergemeinschaft
WEG § 10 Abs. 6; BGB §§ 13, 14
1. Die Wohnungseigentümergemeinschaft ist im Interesse des Verbraucherschutzes der in ihr zusammengeschlossenen, nicht gewerblich handelnden
natürlichen Personen dann einem Verbraucher
gem. § 13 BGB gleichzustellen, wenn ihr wenigstens ein Verbraucher angehört und sie ein Rechtsgeschäft zu einem Zweck abschließt, der weder
einer gewerblichen noch einer selbstständigen beruflichen Tätigkeit dient.
2. Beim Abschluss von Rechtsgeschäften mit Dritten
– wie etwa einem Energielieferungsvertrag zur Deckung des eigenen Bedarfs – handelt die Wohnungseigentümergemeinschaft in der Regel zum
Zwecke der privaten Vermögensverwaltung ihrer
Mitglieder und damit nicht zu gewerblichen Zwecken.
BGH, Urt. v. 25.3.2015 – VIII ZR 243/13
Fundstelle: MDR 2015, 575 f.
Zu den Folgen einer Verletzung der Pflicht des
Mieters, Instandsetzungs- oder Modernisierungsarbeiten zu dulden
BGB §§ 543 Abs. 1, 573 Abs. 2 Nr. 1
1. Eine Kündigung des Vermieters wegen der Verletzung der Pflicht des Mieters, Instandsetzungs- oder
Modernisierungsarbeiten zu dulden, kommt nicht
erst dann in Betracht, wenn der Vermieter gegen
den Mieter vor Ausspruch der Kündigung einen
(rechtskräftig) titulierten Duldungstitel erstritten hat.
2. Dem Vermieter kann die Fortsetzung des Mietverhältnisses vielmehr auch schon vor Erhebung einer
Duldungsklage und Erwirkung eines Titels unzumutbar sein mit der Folge, dass eine fristlose Kündigung das Mietverhältnis beendet; gleichermaßen
kann die verweigerte Duldung eine derart schwere
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
Vertragsverletzung sein, dass (auch) eine ordentliche Kündigung gerechtfertigt ist.
jaht oder verneint werden, sondern beurteilt sich
anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls.
3. Ob das Mietverhältnis nach verweigerter Duldung
durch den Mieter aufgrund der ausgesprochenen
Kündigung sein Ende gefunden hat, hat der Tatrichter allein auf der Grundlage der in § 543 Abs. 1
BGB bzw. in § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB genannten
Voraussetzungen unter Abwägung aller im Einzelfall in Betracht kommenden Umstände zu prüfen.
BGH, Urt. v. 8.5.2015 – V ZR 163/14
BGH, Versäumnisurt. v. 15.4.2015 – VIII ZR 281/13
a) BGB § 555b Nr. 4 u. 5
Fundstelle: MDR 2015, 758 f.
Die Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern führt regelmäßig zu einer Verbesserung der Sicherheit, insbesondere dann, wenn ein Mehrfamilienhaus durch den Vermieter einheitlich mit solchen
Geräten ausgestattet wird. Dadurch, dass Einbau und
spätere Wartung der Rauchwarnmelder für das gesamte Gebäude „in einer Hand“ sind, wird ein hohes Maß
an Sicherheit gewährleistet, das zu einer nachhaltigen
Verbesserung i.S. von § 555b Nr. 4 u. 5 BGB führt.
Dies gilt auch im Vergleich zu einem Zustand, der bereits dadurch erreicht ist, dass der Mieter von ihm ausgewählte Rauchmelder eingebaut hat.
Lärm von nachträglich errichtetem Schulhof-Bolzplatz als Mietmangel
BGB §§ 133, 157, 242, 276, 535, 536, 906; BlmSchG
§ 22 Abs. 1a
1. Die bei einer Mietsache für eine konkludent getroffene Beschaffenheitsvereinbarung erforderliche Einigung kommt nicht schon dadurch zu Stande, dass
dem Vermieter eine bestimmte Beschaffenheitsvorstellung des Mieters bekannt ist. Erforderlich ist
vielmehr, dass der Vermieter darauf in irgendeiner
Form zustimmend reagiert.
2. Die in § 22 Abs. 1a BlmSchG vorgesehene Privilegierung von Kinderlärm ist auch bei einer Bewertung von Lärmeinwirkungen als Mangel einer gemieteten Wohnung zu berücksichtigen.
3. Nachträglich erhöhte Geräuschimmissionen, die
von einem Nachbargrundstück ausgehen, begründen
bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gem. § 536 Abs. 1
S. 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die
Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB als unwesentlich oder ortsüblich hinnehmen muss.
4. Insoweit hat der Wohnungsmieter an der jeweiligen
Situationsgebundenheit des Mietgrundstücks teil.
BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 197/14
Fundstellen: NJW 2015, 2177 ff. = MDR 2015, 819 ff.
Einschränkungen für Hundehaltung in WEG-Anlage
WEG § 15 Abs. 2
Ob die in einem Mehrheitsbeschluss enthaltene, nicht
gegen ein gesetzliches Verbot verstoßende Erlaubnis,
Hunde auch unangeleint auf einer Rasenfläche des Gemeinschaftseigentums spielen zu lassen, ordnungsmäßigem Gebrauch entspricht, kann nicht generell beKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Fundstelle: MDR 2015, 757 f.
Ausstattung einer Wohnung mit Rauchwarnmeldern
BGH, Urt. v. 17.6.2015 – VIII ZR 216/14
Fundstelle: MDR 2015, 819.
b) BGB § 555b Nr. 6
Den Einbau von Rauchwarnmeldern, die der Vermieter mit Rücksicht auf eine entsprechende bauordnungsrechtliche Verpflichtung – hier: § 47 Abs. 4 S. 4 der
Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt (BauO LSA)
– vornimmt, hat der Mieter auch dann zu dulden,
wenn er die Wohnung bereits mit von ihm ausgewählten Rauchwarnmeldern ausgestattet hat.
BGH, Urt. v. 17.6.2015 – VIII ZR 290/14
Fundstelle: MDR 2015, 818 f.
Öffentliches Recht
Kein presserechtlicher Auskunftsanspruch
Übersendung eines anonymisierten Urteils
auf
GG Art. 19 Abs. 4, 5 Abs. 1 S. 2; TPG § 4 Abs. 1 u. 2;
ThürlFG §§ 2 Abs. 7, 4 Abs. 1; VwGO §§ 123, 146
Dem presserechtlichen Auskunftsanspruch auf Übersendung eines Urteils durch die Behörden kann dann
nicht entsprochen werden, wenn trotz Anonymisierung
des Urteils die sachgemäße Durchführung eines noch
nicht rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens
gefährdet werden könnte. Zur Wahrung der Unbefangenheit der Verfahrensbeteiligten und zur Sicherung
eines fairen Verfahrens kann es zweckmäßig sein, das
333
Rechtsprechungsübersicht
Auskunftsbegehren lediglich auf Auszüge des die
Presse interessierenden Urteils zu konkretisieren.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
OVG Thüringen, Beschl. v. 13.3.2015 – 1 EO 128/15
Fundstelle: NJW 2015, 1836 ff.
Sozialrecht
Rechtsweg für Regressanspruch des Unfallversicherungsträgers bei Schwarzarbeit
SGB VII § 110
Für die gerichtliche Geltendmachung des einem Unfallversicherungsträger gegen einen Unternehmer im
Falle der Schwarzarbeit zustehenden Regressanspruchs nach § 10 Abs. 1a SGB VII ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten und nicht der Zivilrechtsweg eröffnet.
BGH, Beschl. v. 14.4.2015 – VI ZB 50/14
Fundstelle: MDR 2015, 587.
Steuerrecht
Zur Behandlung der durch einen Rechtsanwalt veruntreuten Fremdgelder in der Einnahmenüberschussrechnung
EStG §§ 4 Abs. 3 S. 2, 15 Abs. 2, 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 1;
StGB § 266 Abs. 1
1. Verwendet ein Rechtsanwalt Fremdgelder, die er in
fremdem Namen und für fremde Rechnung beigetrieben hat, für eigene Zwecke, verlieren diese
nicht die Eigenschaft als durchlaufende Posten und
sind im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung nicht in die Gewinnermittlung einzubeziehen.
2. Veruntreute Fremdgelder stellen auch dann keine
steuerbaren Einnahmen für die Tätigkeit des
Rechtsanwalts im Rahmen der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder der Einkünfte aus Gewerbebetrieb dar, wenn der Rechtsanwalt diese kontinuierlich und planmäßig über mehrere Jahre hinweg
einsetzt, um Betriebsausgaben oder Kosten der privaten Lebensführung zu bestreiten.
BFH, Urt. v. 16.12.2014 – VIII R 19/12
Fundstelle: DB 2015, 1441 ff.
334
Steuerschuldner bei Übergang des Anteils an einer
Gesellschaft
ErbStG §§ 7 Abs. 7 S. 1, 20 Abs. 1 S. 1
Vereinbaren die Gesellschafter einer GmbH, dass sie
beim Erreichen einer bestimmten Altersgrenze ihren
Geschäftsanteil zum Nominalwert an einen Treuhänder
verkaufen, der den Geschäftsanteil nach außen im eigenen Namen, im Innenverhältnis aber für die verbleibenden Gesellschafter erwirbt und hält und von diesen Gesellschaftern auch den Kaufpreis zur Verfügung gestellt
bekommt, so ist jedenfalls nicht die GmbH Erwerberin
i.S. der § 20 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 7 Abs. 7 S. 1 ErbStG.
BFH, Urt. v. 4.3.2015 – II R 51/13
Fundstelle: NJW 2015, 2287 f.
Strafrecht
Mordversuch vor dem Hintergrund eines isolierten
Eifersuchtswahns
StGB §§ 21, 22, 23 Abs. 1, 211
Wenn Tatmotiv und Tathandlung nicht in einer direkten Beziehung zum Wahnthema standen, ist allein aus
der Diagnose einer wahnhaften Störung (hier: isolierter Eifersuchtswahn) regelmäßig noch keine Beeinträchtigung der Schuldfähigkeit herzuleiten.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
BGH, Urt. v. 25.2.2015 – 2 StR 495/13
Fundstelle: NJW 2015, 2055 f.
Wegnahme der Kleidung und Videoüberwachung
im Strafvollzug
EMRK Art. 3; GG Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 1, 2 S. 1, 19
Abs. 4; StVollzG §§ 88 Abs. 1, 2 Nr. 5, Abs. 3, 109,
116 Abs. 1, 118 Abs. 2 S. 2, 119 Abs. 3
1. Die Unterbringung eines vollständig entkleideten
Strafgefangenen über mehr als einen Tag in einer
durchgängig videoüberwachten Zelle ist mit dessen
allgemeinem Persönlichkeitsrecht unvereinbar.
2. Besonders gesicherte Hafträume müssen, soweit der
Gefangene gezwungen ist, ohne Kleidung und Bettwäsche die Nacht zu verbringen, stärker beheizt
werden als reguläre Hafträume. Die Temperatur ist
dabei regelmäßig zu kontrollieren.
3. Zu den Anforderungen an die Sachverhaltsfeststellung bei der gerichtlichen Überprüfung von MaßKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
nahmen im Strafvollzug (hier: detailliertes Bestreiten der Sachverhaltsdarstellung der Justizvollzugsanstalt durch den Gefangenen).
4. Der Strafgefangene wird in seinem Grundrecht auf
effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, wenn das OLG seine Rechtsbeschwerde mit
dem bloßen Hinweis auf prozessuale Formerfordernisse als unzulässig verwirft, obwohl das LG einen
den Darstellungen der Justizvollzugsanstalt widersprechenden, nicht offensichtlich abwegigen Vortrag
des Gefangenen übergangen oder seiner Entscheidung ohne weitere Ermittlungen die Darstellung der
Justizvollzugsanstalt zu Grunde gelegt hat.
(Leitsätze: NJW-Redaktion)
BVerfG (2. Kammer des Zweiten Senats), Beschl. v.
18.3.2015 – 2 BvR 1111/13
Fundstelle: NJW 2015, 2100 ff.
Transport- und Speditionsrecht
Klageerweiterung durch den Berufungsbeklagten
in der Berufungsinstanz
Urheber- und Medienrecht
Berechnung des Schadensersatzes nach der Lizenzanalogie bei illegalem Filesharing
UrhG § 97 Abs. 2; UrhG a.F. § 97a Abs. 1; ZPO § 287
1. Schadensersatz wegen Verbreitung eines Werks
über ein Filesharing-Netzwerk kann nur dann nach
der Lizenzanalogie berechnet werden, wenn der
Verletzte selbst Inhaber ausschließlicher Internetrechte in einem Umfang ist, der mit dieser Form
der Verbreitung vergleichbar ist. Hierfür genügt
das Recht zum „On Demand View“.
2. Die hier gewählte Berechnungsmethode der Bestimmung der Höhe des lizenzanalogen Schadensersatzes, die an der Lizenzgebühr pro Download
und der Anzahl der zu erwartenden Downloads orientiert ist, führt dazu, dass bei längerer Verbindung
mit dem Filesharing-Netzwerk höhere Beträge zu
zahlen sind, die abschließend auf Billigkeit zu prüfen sind. Bei einer festgestellten Verbreitung über
neun Tage ist ein Schadensersatz von 293 Euro bei
einem Verkaufspreis des Filmwerks von 14,99 Euro
noch nicht unbillig.
AG Düsseldorf, Urt. v. 10.3.2015 – 57 C 8861/14
CMR Art. 17, 23 Abs. 3, 28 Abs. 1, 29, 32 Abs. 1 S. 1;
BGB § 213; ZPO § 524 Abs. 1 S. 2
1. Verfolgt der in erster Instanz erfolgreiche Kläger im
Berufungsrechtszug mit einem Hilfsantrag erstmals
einen Anspruch gegen den Hauptfrachtführer auf
Abtretung eines Schadensersatzanspruchs gegen
den Unterfrachtführer, stellt dies eine Klageerweiterung dar, die mit der Anschlussberufung geltend gemacht werden muss.
2. Die Vorschrift des § 213 BGB ist auf den Anspruch
auf Abtretung von Schadensersatzansprüchen des
Hauptfrachtführers gegen den Unterfrachtführer anwendbar, wenn ein Anspruch auf Schadensersatz
gegen den Hauptfrachtführer geltend gemacht worden ist.
BGH, Urt. v. 22.1.2015 – I ZR 127/13
Fundstelle: NJW 2015, 1608 ff.
Fundstelle: NJW-RR 2015, 882 ff.
Verkehrsrecht
Haftungsfreizeichnung im Gebrauchtwagenkauf
BGB §§ 207 Abs. 1 u. 2, 284, 305 Abs. 1, 309 Nr. 7 lit.
a u. b, 323 Abs. 1, 346 Abs. 1, 437 Nrn. 2 u. 3, 444
Eine umfassende Freizeichnung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (hier: eines Gebrauchtwagenkaufvertrags), nach der die Haftung des Klauselverwenders
auch für Körper- und Gesundheitsschäden sowie für
sonstige Schäden auch bei grobem Verschulden ausgeschlossen ist, hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab
des § 309 Nr. 7 lit. a und b BGB nicht stand.
BGH, Urt. v. 4.2.2015 – VIII ZR 26/14
Fundstelle: NJW-RR 2015, 738 f.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
335
Rechtsprechungsübersicht
Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem Punktsystem
StVG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3, Abs. 6
Das Tattagprinzip ist auch bei der Anwendung der Bonusregelung des § 4 Abs. 6 StVG zu Grunde zu legen.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
OVG Nordrhein-Westfalen, Beschl. v. 2.3.2015 – 16 B
104/15
Fundstelle: NJW 2015, 1772.
Gebrauchtwagenverkauf mit der Angabe „TÜV neu“
BGB §§ 123 Abs. 1, 434 Abs. 1 S. 1, 437 Nr. 2, 440
S. 1 3. Alt.
1. Den Gebrauchtwagenhändler trifft keine generelle,
anlassunabhängige Obliegenheit, das Fahrzeug vor
dem Verkauf umfassend zu untersuchen. Vielmehr
kann er zu einer Überprüfung des Fahrzeugs nur
aufgrund besonderer Umstände, die für ihn einen
konkreten Verdacht auf Mängel begründen, gehalten sein. Abgesehen von diesen Fällen ist der Händler grundsätzlich nur zu einer fachmännischen äußeren Besichtigung („Sichtprüfung“) verpflichtet.
2. Die im Kaufvertrag enthaltene Eintragung „HU
neu“ beinhaltet bei interessengerechter Auslegung
die stillschweigende Vereinbarung, dass sich das
verkaufte Fahrzeug im Zeitpunkt der Übergabe in
einem für die Hauptuntersuchung nach § 29 StVZO
geeigneten verkehrssicheren Zustand befinde und
die Hauptuntersuchung durchgeführt sei.
3. Für die Beurteilung, ob die Nacherfüllung für den
Käufer gem. § 440 S. 1 3. Alt. BGB unzumutbar ist,
sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen, insbesondere die Zuverlässigkeit des Verkäufers, diesem vorzuwerfende Nebenpflichtverletzungen oder der Umstand, dass der Verkäufer bereits
bei dem ersten Erfüllungsversuch, also bei der Übergabe, einen erheblichen Mangel an fachlicher Kompetenz hat erkennen lassen und das Vertrauensverhältnis zwischen den Parteien nachhaltig gestört ist.
BGH, Urt. v. 15.4.2015 – VIII ZR 80/14
Fundstelle: MDR 2015, 702 f.
Zur Zumutbarkeit der Verweisung auf eine Reparatur in freier Fachwerkstatt
BGB §§ 249 Abs. 2 S. 1, 254 Abs. 2 S. 1
keit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, wenn er
darlegt und beweist, dass eine Reparatur in dieser
Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur
in einer markengebundenen Werkstatt entspricht
und wenn er ggf. vom Geschädigten aufgezeigte
Umstände widerlegt, die diesem eine Reparatur außerhalb einer markengebundenen Werkstatt unzumutbar machen würden. Unzumutbar ist eine Reparatur in einer „freien Fachwerkstatt“ für den Geschädigten insbesondere dann, wenn sie nur deshalb
kostengünstiger ist, weil ihr nicht die (markt-)üblichen Preise dieser Werkstatt, sondern auf vertraglichen Vereinbarungen mit dem Haftpflichtversicherer des Schädigers beruhende Sonderkonditionen
zu Grunde liegen.
2. Der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer
hat darzulegen und zu beweisen, dass die von ihm
benannte „freie Fachwerkstatt“ für die Reparaturen
am Fahrzeug des Geschädigten ihre (markt-)üblichen, d.h. allen Kunden zugänglichen Preise zu
Grunde legt.
3. Allein der Umstand, dass die fragliche „freie Fachwerkstatt“ mit dem Haftpflichtversicherer in Bezug
auf Reparaturen von Kaskoschäden seiner Versicherungsnehmer vertraglich verbunden ist, lässt eine
Verweisung auf sie nicht unzumutbar erscheinen.
BGH, Urt. v. 28.4.2015 – VI ZR 267/14
Fundstelle: NJW 2015, 2110 f.
Verkürzung der Verjährungsfrist in AGB beim Gebrauchtwagenkauf
BGB §§ 280 Abs. 1, 281, 307 Abs. 1 S. 2, 433 Abs. 1
S. 2, 437 Nr. 3, 439 Abs. 1, 475 Abs. 1
1. Zu den Anforderungen an eine Verkürzung der Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche in Allgemeinen Geschäftsbedingungen beim Gebrauchtwagenkauf.
2. Eine Verjährungsregelung in AGB ist unwirksam,
wenn sich ihr für einen durchschnittlichen Kunden
nicht mit der gebotenen Klarheit entnehmen lässt,
dass die Verjährung eines Nachbesserungsanspruchs
dazu führen kann, dass ein Schadensersatzanspruch
wegen Verletzung der Nachbesserungspflicht nach
Ablauf eines Jahres ab Ablieferung der Kaufsache
nicht mehr geltend gemacht werden kann.
(Leitsatz 2: NJW-Redaktion)
BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 104/14
Fundstelle: NJW 2015, 2244 ff.
1. Der Schädiger kann den Geschädigten gem. § 254
Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglich336
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
Versicherungsrecht
Zu den Voraussetzungen für Feststellungsklage gegen den Rechtsschutzversicherer
ARB-RU 2007; ZPO §§ 256, 543, 552a
Eine – hier: auf Feststellung der Ersatzpflicht des
Rechtsschutzversicherers wegen verspäteter Erteilung
der Deckungszusage gerichtete – Feststellungsklage,
mit der die Ersatzpflicht für reine Vermögensschäden
festgestellt werden soll, ist nur zulässig, wenn eine
hinreichende Wahrscheinlichkeit eines auf die Verletzungshandlung zurückzuführenden Schadenseintritts
besteht. Ist der Eintritt irgendeines Schadens noch ungewiss, fehlt es hieran.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
BGH, Hinweisbeschl. v. 4.3.2015 – IV ZR 36/14
Fundstelle: NJW 2015, 1683 f.
eingang und einer dadurch bewirkten Beseitigung
der Mittellosigkeit seiner Partei rechnen kann, ist
gehalten, sein Büropersonal anzuweisen, ihm einen
entsprechenden, den Zahlungseingang im Parallelverfahren ausweisenden Kontoauszug unverzüglich
vorzulegen.
BGH, Beschl. v. 23.9.2014 – II ZB 14/13
Fundstelle: NJW-RR 2015, 753 f.
Pflicht des Rechtsanwalts zur Erkundigung nach
dem Ende der Frist zur Rechtsmittelbegründung
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233, 520 Abs. 2 S. 3
Geht auf einen Fristverlängerungsantrag keine gerichtliche Mitteilung ein, muss sich der Prozessbevollmächtigte rechtzeitig über das wirkliche Ende der Frist
– ggf. durch Rückfrage bei Gericht – Gewissheit verschaffen.
BGH, Beschl. v. 16.10.2014 – VII ZB 15/14
Fundstelle: NJW-RR 2015, 700 ff.
Inhalt einer Widerspruchsbelehrung
VVG § 5a Abs. 2 S. 1 a.F.
Der Begriff der „Textform“ in einer Widerspruchsbelehrung nach § 5a VVG a.F. ist nicht erläuterungsbedürftig.
BGH, Urt. v. 10.6.2015 – IV ZR 105/13
Fundstelle: MDR 2015, 830.
Zivilrecht
Zu den Pflichten des Rechtsanwalts bei objektivem
Wegfall der Bedürftigkeit für PKH
BGB §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2; ZPO §§ 85 Abs. 2,
222 Abs. 1, 234 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
1. Besteht das zur Fristversäumung führende Hindernis in der Mittellosigkeit der Partei, so fällt dieses
dann weg, wenn sich die Vermögensverhältnisse
der Partei in einer Weise ändern, dass sie objektiv
in die Lage versetzt wird, die Prozesskosten aus eigenen Mitteln aufzubringen, und sie dies auch erkennt oder jedenfalls bei Anwendung der gebotenen
Sorgfalt erkennen könnte.
2. Der Prozessbevollmächtigte, der eine Partei in zwei
Prozessen gegen denselben Prozessgegner vertritt
und aufgrund eines in einem der beiden Prozesse erwirkten rechtskräftigen Titels mit einem ZahlungsKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Widersprüchliche Klauseln und faktischer Gebührenerlass als notarielle Pflichtverletzungen
BNotO § 14 Abs. 1 u. 3; BeurkG § 17 Abs. 1 S. 1;
GNotKG §§ 21, 125; KostO §§ 16 Abs. 1, 36 Abs. 1,
140 S. 2
1. Zu den Amtspflichten des Notars bei der Beurkundung von Maklercourtageklauseln.
2. Zur Gebührenerhebungspflicht des Notars aus § 17
Abs. 1 S. 1 u. 2 BNotO.
3. Enthält eine Maklercourtageklausel in einem
Grundstückskaufvertrag sowohl eine Verpflichtung
des Erwerbers zur Zahlung als auch den Hinweis,
dass „hierdurch“ kein Vertrag zu Gunsten Dritter
bewirkt werde, so stellt diese Widersprüchlichkeit
einen Verstoß gegen die Amtspflicht zur Beurkundung rechtswirksamer Urkunden dar.
4. Eine Pflichtverletzung des Notars liegt dann vor,
wenn der Verzicht auf die Durchsetzung von Gebührenforderungen oder deren nur verzögerte Geltendmachung im tatsächlichen Ergebnis auf eine
Gebührenermäßigung oder sogar einen Gebührennachlass hinauslaufen.
(Leitsätze 3 und 4: NJW-Redaktion)
BGH, Urt. v. 24.11.2014 – NotSt (Brfg) 1/14
Fundstelle: NJW 2015, 1883 ff.
337
Rechtsprechungsübersicht
Ablehnung von ehrenamtlichem Richter bei Interessenkonflikt
FamFG § 6; ZPO §§ 42, 48
Ein Grund für die Besorgnis der Befangenheit ist zu
bejahen, wenn der Ausgang des Rechtsstreits die wirtschaftlichen Interessen einer Aktiengesellschaft betrifft, bei der der ehrenamtliche Richter Aufsichtsratsmitglied ist (mittelbares Interesse des Richters am
Ausgang des Rechtsstreits).
BGH, Beschl. v. 24.11.2014 – BLw 2/14
Fundstelle: MDR 2015, 608 f.
Besetzung des Schiedsgerichts mit abgelehntem
Richter
ZPO § 1059 Abs. 2 Nr. 1d
1. Die Bildung eines Schiedsgerichts hat i.S. von
§ 1059 Abs. 2 Nr. 1d ZPO nicht den Bestimmungen
des Zehnten Buches der Zivilprozessordnung entsprochen, wenn das Schiedsgericht mit einem erfolgreich abgelehnten Schiedsrichter besetzt gewesen
ist. Das gilt auch für den Fall, dass die gerichtliche
Entscheidung über den Ablehnungsantrag erst nach
Erlass des Schiedsspruchs ergangen ist.
2. Ein Verfahrensverstoß i.S. von § 1059 Abs. 2
Nr. 1d ZPO hat sich auf den Schiedsspruch ausgewirkt, wenn nur die Möglichkeit besteht, dass
das Schiedsgericht ohne den Verfahrensverstoß anders entschieden hätte.
3. Danach ist stets anzunehmen, dass sich die Besetzung eines Schiedsgerichts mit einem erfolgreich
abgelehnten Schiedsrichter i.S. von § 1059 Abs. 2
Nr. 1d ZPO auf den Schiedsspruch ausgewirkt hat.
Das gilt auch für den Fall, dass ein mit drei Schiedsrichtern besetztes Schiedsgericht den Schiedsspruch
einstimmig erlassen hat.
BGH, Beschl. v. 11.12.2014 – I ZB 23/14
Fundstelle: MDR 2015, 670 f.
Fehlender Verfügungsgrund gegen Redakteur bei
Veröffentlichung durch Arbeitgeber
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 6.1.2015 – I-16 W 92/14
Fundstelle: NJW 2015, 2050 f. m. Anm. Lampmann.
Rückabwicklung eines nichtigen Darlehensvertrags
im „Dreieck“
EGBGB Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1, 4 Abs. 1; BGB
§§ 171, 195, 199 Abs. 1 Nr. 2, 3 Abs. 1 Nr. 1, 204
Abs. 1 Nr. 1, 242, 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt.; ZPO §§ 68,
74 Abs. 3
Sieht sich eine Bank dem Bereicherungsanspruch
eines Darlehensnehmers aus einem nichtigen Darlehensvertrag ausgesetzt und besteht zugleich ein Bereicherungsanspruch der Bank gegen einen Dritten als
Zahlungsempfänger der Darlehensvaluta, ist der Bank
die Erhebung einer auf die Rückzahlung der Darlehensvaluta gerichteten Klage gegen den Zahlungsempfänger aus § 812 Abs. 1 S. 1 2. Alt. BGB erst dann zumutbar, wenn ihre Rückzahlungsverpflichtung gegenüber dem Darlehensnehmer feststeht.
BGH, Urt. v. 13.1.2015 – XI ZR 303/12
Fundstelle: NJW 2015, 1948 ff.
Vom Erstgericht übergangener Feststellungsantrag
ZPO § 321
Hat das Erstgericht über einen vom Kläger gestellten
Feststellungsantrag nicht entschieden und diesen Antrag auch nicht in den Tatbestand seines (unvollständigen) Urteils aufgenommen und hat der Kläger weder
Tatbestandsberichtigung noch Urteilsergänzung beantragt, ist die Rechtshängigkeit der Klage, soweit sie
Gegenstand des übergangenen Antrags gewesen ist,
mit dem Ablauf der Antragsfrist des § 321 Abs. 2
ZPO entfallen. Hat der Kläger den vom Erstgericht
übergangenen Feststellungsantrag in der Berufungsinstanz erneut gestellt und damit sein Feststellungsbegehren durch zulässige Klageerweiterung wieder in
den Prozess eingeführt, kann über diesen Antrag in
der Sache nur das Berufungsgericht selbst entscheiden.
BGH, Urt. v. 20.1.2015 – VI ZR 209/14
Fundstelle: MDR 2015, 607 f.
BGB §§ 823 Abs. 1, 1004
Wendet sich der durch eine Äußerung Betroffene zugleich gegen den Redakteur des Artikels und den diesen Artikel veröffentlichenden Arbeitgeber, so kann
es an einem Verfügungsgrund gegen den Redakteur
fehlen, weil die weitere Verbreitung der Äußerung bei
einem erfolgreichen Antrag gegen den Arbeitgeber bereits deshalb unterlassen wird.
338
Wirksamer Ausschluss von Verbraucherrechten
bei einvernehmlicher Umgehung
BGB §§ 14 Abs. 1, 474 ff.
Zielt ein „Rollenwechsel“ auf der Käuferseite (hier:
Einschaltung der als Unternehmerin tätigen LebensKammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
gefährtin) darauf ab, dem Verkäufer (Unternehmer)
einen rechtlich tolerierten Ausschluss der Sachmängelhaftung zu ermöglichen, so erlangt der private Käufer
den Schutz aus dem Gesichtspunkt einer Umgehung
der Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf (durch
Vortäuschen eines gewerblichen Geschäftszwecks)
nur, wenn ihm die Manipulation nicht zuzurechnen ist.
OLG Düsseldorf, Urt. v. 22.1.2015 – I-3 U 30/14
Fundstelle: NJW 2015, 2043 ff. m. Anm. Höpfner.
Erforderliche Notmaßnahmen des Rechtsanwalts
bei Ausfall des elektronischen Fristenkalenders
a) ZPO §§ 85 Abs. 2, 233
Ist der Zugriff auf einen ausschließlich elektronisch
geführten Fristenkalender wegen eines technischen
Defekts vorübergehend nicht störungsfrei gewährleistet, kann die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in
Fristensachen die Umstellung auf eine manuelle Fristenkontrolle gebieten.
BGH, Beschl. v. 27.1.2015 – II ZB 21/13
Fundstelle: NJW 2015, 2038 ff.
b) ZPO § 233
Ist der Zugriff auf einen ausschließlich elektronisch
geführten Fristenkalender wegen eines technischen
Defekts einen ganzen Arbeitstag lang nicht möglich,
kann es die Sorgfaltspflicht des Rechtsanwalts in Fristensachen verlangen, dass die dem Rechtsanwalt vorliegenden Handakten auf etwaige Fristabläufe hin kontrolliert werden.
BGH, Beschl. v. 27.1.2015 – II ZB 23/13
Fundstelle: NJW 2015, 2040 f.
Ersatzzustellung in Geschäftsraum bei „Nichtantreffen“ des Zustellungsadressaten
ZPO § 178 Abs. 1 Nr. 2
In der widerspruchslosen Entgegennahme des zuzustellenden Schriftstücks durch eine in den Geschäftsräumen beschäftigte Person (§ 178 Abs. 1 Nr. 2 ZPO)
liegt zugleich die (konkludente) Erklärung, dass der
Zustellungsadressat abwesend bzw. an der Entgegennahme der Zustellung verhindert ist. Weitere Nachforschungen des Zustellers sind dann regelmäßig nicht
veranlasst.
BGH, Beschl. v. 4.2.2015 – III ZR 513/13
Fundstelle: NJW-RR 2015, 702 f.
Zur Haftung eines anwaltlichen Treuhänders für
fehlerhaftes Einlagengeschäft
KWG §§ 1 Abs. 1 S. 2, 32; BGB §§ 674, 826
1. Zur Haftung eines Rechtsanwalts, der als Treuhänder
aufgrund eines Geschäftsbesorgungsvertrages Kapital in einem unzulässigen Einlagengeschäft anlegt.
2. Eine Haftung kommt sowohl unter dem Gesichtspunkt der sittenwidrigen Unterstützung eines objektiv unzulässigen Vertriebssystems als auch wegen
der Verletzung einer Vertragspflicht zur Offenlegung von Kenntnissen in Betracht.
BGH, Urt. v. 10.2.2015 – VI ZR 569/13
Fundstelle: NJW-RR 2015, 675 ff.
Keine Reisemängel bei morgendlichen Geräuschen
und Animationslärm
Streithilfewirkung nur gegen streitverkündete Partei
BGB §§ 651c Abs. 1, 651d Abs. 1
BGB § 833; ZPO §§ 68, 74
1. Die sich aus der Streitverkündung ergebende Streithilfewirkung tritt nach §§ 68, 74 Abs. 3 ZPO nur gegen den Dritten ein, nicht aber auch gegen die Partei,
die ihm im Vorprozess den Streit verkündet hat. Dies
gilt unabhängig davon, ob die Partei, die im Vorprozess dem Dritten den Streit verkündet hat, sich
im Folgeprozess auf die Bindungswirkung beruft.
1. Wird die Nachtruhe ab morgens 8 Uhr durch andere
Gäste und das Reinigungspersonal, die auf dem gefliesten Boden vor dem Zimmer mit rumpelnden
Koffern oder Reinigungswagen vorbeigehen, gestört, stellt dies eine Unannehmlichkeit dar, die
nicht das Ausmaß eines zur Minderung berechtigenden Mangels erreicht.
2. Für die Haftungsbegründung des Tierhalters muss
die von dem Tier ausgehende Gefahr nicht die einzige Ursache des eingetretenen Unfalls sein. Die
Mitverursachung oder bloß mittelbare Verursachung ist ausreichend.
2. Hoteleigenen, durch das Unterhaltungsprogramm
verursachten Lärm hat der Reisende grundsätzlich
hinzunehmen, wenn im Prospekt auf ein entsprechendes Animationsprogramm oder Abendveranstaltungen hingewiesen wird, solange sie nicht
über Mitternacht hinausgehen.
BGH, Urt. v. 27.1.2015 – VI ZR 467/13
OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.2.2015 – I-21 U 149/14
Fundstelle: NJW 2015, 1824 ff.
Fundstelle: MDR 2015, 635 f.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
339
Rechtsprechungsübersicht
Rechtsmittelfrist bei verkündetem, aber nicht zugestelltem Urteil
ZPO § 544 Abs. 1 S. 2 2. Alt.
durch das Berufungsgericht gem. § 139 ZPO erwarten,
wenn dieses eine andere Beweiswürdigung vornehmen
will oder bislang erhebliches Vorbringen abweichend
vom Erstgericht für erheblich erachtet.
Zur Einhaltung der im Fall der Nichtzulassungsbeschwerde sechsmonatigen Rechtsmittelfrist bei
einem verkündeten, aber nicht zugestellten Urteil.
BVerfG (2. Kammer des Ersten Senats), Beschl. v.
9.3.2015 – 1 BvR 2819/14
BGH, Beschl. v. 12.2.2015 – IX ZR 156/14
Fundstelle: NJW 2015, 1746 f.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
Fundstelle: MDR 2015, 789 f.
Unlesbarer Namenszug als Unterschrift bei bestimmendem Schriftsatz und Vertrauensschutz
ZPO §§ 85 Abs. 2, 130 Nr. 6, 519 Abs. 4
1. Ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug ist
als Unterschrift anzuerkennen, wenn der Schriftzug
individuelle und charakteristische Merkmale aufweist, die die Nachahmung erschweren, sich als
Wiedergabe eines Namens darstellt und die Absicht
einer vollen Unterschrift erkennen lässt.
2. Ist ein Schriftzug so oder geringfügig abweichend
allgemein von den Gerichten über längere Zeit als
in sehr verkürzter Weise geleistete Unterschrift unbeanstandet geblieben, darf der Rechtsanwalt darauf
vertrauen, dass die Unterschrift den in der Rechtsprechung anerkannten Anforderungen entspricht.
3. Will das Gericht die über längere Zeit nicht beanstandete Form der Unterschrift nicht mehr hinnehmen, gebietet der verfassungsrechtliche Vertrauensschutz über den Anspruch auf faire Verfahrensgestaltung hinaus gegenüber dem Rechtsanwalt
eine Vorwarnung.
BGH, Beschl. v. 3.3.2015 – VI ZB 71/14
Fundstellen: NJW-RR 2015, 699 f. = MDR 2015, 606 f.
Gehörsverletzung durch Nichtberücksichtigung
erstinstanzlichen Vorbringens
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 139, 277 Abs. 1, 296a,
521 Abs. 2 S. 1, 531 Abs. 2
Im Gegensatz zum Berufungskläger (vgl. § 520 Abs. 3
ZPO) obliegt es dem Berufungsbeklagten gem. § 521
Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 277 Abs. 1 ZPO, seine Verteidigungsmittel nur insoweit vorzubringen, als es nach
der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung
des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.
Danach darf er sich in erster Linie darauf beschränken,
die zu seinen Gunsten ergangene Entscheidung zu verteidigen und neue Angriffsmittel des Berufungsklägers
abzuwehren, und in verstärktem Maße einen Hinweis
340
Zu den Anforderungen an die Berufungsbegründung bei Klageabweisung wegen Anspruchsverjährung
GG Art. 2 Abs. 1; ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2
Wird die Klage allein aus dem Gesichtspunkt der Verjährung abgewiesen, reicht es grundsätzlich für eine
ordnungsgemäße Berufungsbegründung aus, dass der
Kläger vorträgt, die aus einem bestimmten Unfallereignis geltend gemachten Schadensersatzansprüche
seien nicht verjährt.
BGH, Urt. v. 10.3.2015 – VI ZR 215/14
Fundstelle: NJW 2015, 1684 f.
Gehörsverletzung bei unberücksichtigt gebliebenem
Sachvortrag
GG Art. 103 Abs. 1; BGB § 140; ZPO §§ 61, 66, 91a,
544 Abs. 7, 567
1. Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des
Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die
für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in
den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies
auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt
des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich
unsubstanziiert war.
2. In der Regel ist davon auszugehen, dass von einem
Streitgenossen geltend gemachte Angriffs- oder
Verteidigungsmittel für alle Streitgenossen vorgetragen sind, soweit sie alle angehen und die Übrigen nicht selbst eine Erklärung abgeben.
3. Eine Partei macht sich bei einer Beweisaufnahme
zu Tage tretende ihr günstige Umstände regelmäßig
zumindest hilfsweise zu eigen.
(Leitsätze: NJW-Redaktion)
BGH, Beschl. v. 24.3.2015 – VI ZR 179/13
Fundstelle: NJW 2015, 2125 f.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
Zurechenbarer Verfahrensstillstand bei Geltendmachung einer Teilforderung
Nichtberücksichtigung eines Beweisangebots; überspannte Anforderungen an Parteivortrag
BGB § 204 Abs. 2 S. 2
GG Art. 103 Abs. 1; ZPO §§ 138 Abs. 1, 287 Abs. 1
S. 2
Ein zur Unanwendbarkeit des § 204 Abs. 2 S. 2 BGB
führender triftiger Grund liegt jedenfalls nicht vor,
wenn der Gläubiger nach einer Bezifferung seiner
Schadensersatzansprüche im Mahnverfahren zur Reduzierung seines Prozessrisikos diese Ansprüche im
Streitverfahren nicht in voller Höhe geltend macht,
um das Ergebnis eines Sachverständigengutachtens abzuwarten.
BGH, Urt. v. 26.3.2015 – VII ZR 347/12
Fundstelle: NJW 2015, 1588 f.
Vollstreckung nach Rückgabe des Titels an den
Schuldner
BGB § 1191
Übergibt der Grundschuldgläubiger die vollstreckbare
Ausfertigung der Grundschuldbestellungsurkunde und
den Grundschuldbrief samt einer Löschungsbewilligung an den Schuldner, nachdem dieser die gesicherte Schuld getilgt hat, können sich die Parteien bei Fortbestehen der Grundschuld formlos darüber einigen,
dass die Vollstreckung aus dem Titel erneut möglich
sein soll. Hiervon ist in aller Regel auszugehen, wenn
die Parteien vereinbaren, dass die Grundschuld wiederum eine Darlehensverbindlichkeit sichern soll.
1. Bei der tatrichterlichen Annahme, eine Partei stelle
willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder
„ins Blaue hinein“ auf, ist grundsätzlich Zurückhaltung geboten; diese Annahme lässt sich in der Regel
nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte
rechtfertigen.
2. Für das Vorliegen eines hinreichend bestimmten
Beweisantrags ist es grundsätzlich nicht erforderlich, dass die Partei das Beweisergebnis im Sinne
einer vorweggenommenen Beweiswürdigung wahrscheinlich macht.
3. Eine Partei ist nicht gehindert, ihr Vorbringen im
Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu
präzisieren, zu ergänzen oder zu berichtigen. Darum
können für einen Klageantrag, sofern nicht eine bewusste Verletzung der Wahrheitspflicht (§ 138
Abs. 1 ZPO) gegeben ist, in tatsächlicher Hinsicht
widersprechende Begründungen gegeben werden,
wenn das Verhältnis dieser Begründungen zueinander klargestellt ist, sie also nicht als ein einheitliches Vorbringen geltend gemacht werden.
(Leitsätze: NJW-RR-Redaktion)
BGH, Beschl. v. 16.4.2015 – IX ZR 195/14
Fundstelle: NJW-RR 2015, 829 ff.
BGH, Versäumnisurt. v. 27.3.2015 – V ZR 296/13
Fundstelle: MDR 2015, 671 f.
Ausscheiden eines Richters nach Schriftsatzfristeinräumung
„Fristverlängerung“ um weniger als einen Monat
für die Berufungsbegründung
ZPO §§ 156 Abs. 2 Nr. 3, 283 S. 1, 309, 547 Nr. 1
ZPO § 520 Abs. 2 S. 2 u. 3
Beantragt der Prozessbevollmächtigte des Berufungsklägers, die Frist für die Berufungsbegründung „um
einen Monat bis zum 22.9.2014 zu verlängern“, obgleich die Monatsfrist nach § 520 Abs. 2 S. 3 ZPO bis
zum 29.9.2014 läuft, und verlängert der Vorsitzende
auf diesen Antrag hin die Frist für die Berufungsbegründung bis zum 22.9.2014, so ist diese Fristverlängerungsverfügung in aller Regel nach ihrem objektiven Inhalt dahin zu verstehen, dass damit die Frist
für die Berufungsbegründung – unter abschließender
Verbescheidung des Fristverlängerungsantrags – lediglich bis zum 22.9.2014 verlängert und ein etwa weitergehender Antrag stillschweigend abgelehnt worden ist.
BGH, Beschl. v. 8.4.2015 – VII ZB 62/14
Fundstelle: MDR 2015, 604 f.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Nach Einräumung einer Schriftsatzfrist (§ 283 S. 1 ZPO)
darf das Urteil nicht vor Ablauf der gesetzten Frist gefällt werden. Scheidet ein an der mündlichen Verhandlung beteiligter Richter vor Fristablauf aus, muss die
mündliche Verhandlung wieder eröffnet werden.
BGH, Urt. v. 21.4.2015 – II ZR 255/13
Fundstellen: NJW-RR 2015, 893 ff. = MDR 2015,
851 f.
Verjährungsbeginn bei Steuerschaden ab Vergütung des neuen Beraters
StBerG a.F. § 68; BGB § 214 Abs. 1; AO § 5
Weist ein neuer steuerlicher Berater den Mandanten
auf eine fehlerhafte steuerliche Gestaltungsberatung
des vormaligen Beraters hin und ergreift der Mandant
341
Rechtsprechungsübersicht
Maßnahmen, die ihm zur Beseitigung der Folgen der
fehlerhaften Beratung empfohlen worden sind, beginnt
die Verjährung des durch die weitere Beratung entstandenen Kostenschadens spätestens mit der Bezahlung der Leistungen des neuen Beraters; mit einem
späteren, auf Grund der fehlerhaften Gestaltungsberatung noch entstehenden Steuerschaden bildet der Kostenschaden eine Schadenseinheit.
BGH, Urt. v. 23.4.2015 – IX ZR 176/12
Fundstellen: NJW 2015, 2190 ff. = MDR 2015, 649 f.
Verjährungshemmung bei einem Wechsel zwischen
Gewährleistungsrechten
BGB § 213 1. Alt.
1. Für die Frage, ob ein von § 213 1. Alt. BGB erfasster Fall elektiver Konkurrenz mehrerer Ansprüche
vorliegt, ist allein maßgeblich, dass das Gesetz dem
Gläubiger generell mehrere, einander ausschließende Ansprüche zur Auswahl stellt. Daher werden
von der dort angeordneten Erstreckung der Wirkung
verjährungshemmender oder den Neubeginn der
Verjährung auslösender Maßnahmen sämtliche in
§ 437 BGB aufgeführten kaufrechtlichen Nacherfüllungs- und Gewährleistungsrechte erfasst, die
auf demselben Mangel beruhen.
2. Die in § 213 1. Alt. BGB angeordnete Wirkungserstreckung gilt auch dann, wenn die wahlweise bestehenden Ansprüche in ihrem Umfang über den mit
der Klage geltend gemachten Anspruch hinausgehen.
BGH, Urt. v. 29.4.2015 – VIII ZR 180/14
Fundstelle: NJW 2015, 2106 ff. m. Anm. Stamm.
Zu den Grenzen des Rechts auf Einsicht in gegnerische PKH-/VKH-Unterlagen
ZPO §§ 117 Abs. 2 S. 2, 299 Abs. 2; EGGVG §§ 23 ff.
1. § 117 Abs. 2 S. 2 ZPO gewährt dem Gegner eines
Antrags auf Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe
kein subjektives Recht auf Akteneinsicht in die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse des Antragstellers.
2. Das Einsichtsgesuch eines Verfahrensbeteiligten in
ein bereits abgeschlossenes Verfahren unterfällt der
Regelung des § 299 Abs. 2 ZPO. Über ein solches
Einsichtsgesuch entscheidet die Gerichtsverwaltung.
(Leitsatz 2: NJW-Redaktion)
BGH, Beschl. v. 29.4.2015 – XI ZB 214/14
Fundstellen: NJW 2015, 1827 ff. m. Anm. Zempel =
RVGreport 2015, 273 ff.
342
Verletzung der Rechtsschutzgleichheit durch Versagung von PKH trotz Revisionszulassung
GG Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3
1. a) Der Anspruch auf Rechtsschutzgleichheit (Art. 3
Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG) ist verletzt,
wenn schwierige und noch nicht geklärte Rechtsfragen im Prozesskostenhilfeverfahren „durchentschieden“ werden.
b) Ist das Gericht der Auffassung, dass die Sache
Fragen grundsätzlicher Bedeutung aufwirft, und
lässt es deshalb die Revision zu, so sind in aller
Regel die Voraussetzungen für eine (rückwirkende) Gewährung von Prozesskostenhilfe gegeben.
Das Gericht verhält sich widersprüchlich, wenn
es von der grundsätzlichen Bedeutung der Sache
ausgeht, gleichwohl aber Prozesskostenhilfe versagt.
2. Hier: Nach den dargelegten Maßstäben hätte das
FG im Ausgangsverfahren Prozesskostenhilfe nicht
mangels Erfolgsaussichten versagen dürfen, obschon es gem. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO die Revision
wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuließ.
BVerfG, Kammerbeschl. v. 4.5.2015 – 1 BvR 2096/13
Fundstelle: AGS 2015, 287 ff.
Fehler bei überobligatorischer Postausgangskontrolle
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 S. 1
1. Eine ordnungsgemäße Ausgangskontrolle bei rechtzeitiger postalischer Versendung fristgebundener
Schriftsätze setzt nicht generell die Einholung einer
Eingangsbestätigung vor Streichung der Frist voraus.
2. Ordnet ein Rechtsanwalt die Einholung einer Eingangsbestätigung an, obwohl er hierzu nicht verpflichtet gewesen wäre, können Fehler, die ihm
hierbei unterlaufen, die Versagung der Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen.
BGH, Beschl. v. 6.5.2015 – VII ZB 19/14
Fundstelle: NJW 2015, 2266 ff.
Zu den Sorgfaltspflichten eines Sozius bei der Fristnotierung im Hinblick auf Urlaub
ZPO §§ 85 Abs. 2, 233 S. 1
Ein Rechtsanwalt, der Mitglied einer aus mehreren
Rechtsanwälten bestehenden Sozietät ist, ist nicht verpflichtet, in Bezug auf die Berufungsbegründungsfrist
eine von der üblichen Vorfrist unabhängige weitere
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Rechtsprechungsübersicht
Frist zu notieren, um die Bearbeitung der Sache durch
ihn im Hinblick auf seinen anstehenden Jahresurlaub
sicherzustellen.
Unwirksame Bekanntgabe bei unterbliebener Zustellung
BGH, Beschl. v. 6.5.2015 – VII ZB 60/14
FamFG §§ 15 Abs. 2, 41 Abs. 1 S. 2, 63 Abs. 3; ZPO
§ 189
Fundstelle: MDR 2015, 786 f.
Zur Zulässigkeit der Streitverkündung
ZPO § 72 Abs. 1; BGB §§ 204 Abs. 1 Nr. 6, 426
Das Unterbleiben einer gem. § 41 Abs. 1 S. 2 FamFG
erforderlichen Zustellung führt zur Unwirksamkeit
der Bekanntgabe.
BGH, Beschl. v. 13.5.2015 – XII ZB 491/14
Fundstelle: MDR 2015, 849 f.
Ausgleichsansprüche unter Gesamtschuldnern sind
Ansprüche auf Schadloshaltung i.S. des § 72 Abs. 1
ZPO.
BGH, Urt. v. 7.5.2015 – VII ZR 104/14
Fundstelle: MDR 2015, 667 f.
Keine Pflicht des neuen Steuerberaters zum Hinweis auf Fehler eines Vorberaters
BGB § 675 Abs. 1
Ein Steuerberater, der mit der Vertretung im Verfahren
über einen Einspruch gegen einen Steuerbescheid beauftragt ist, ist nicht verpflichtet, seinen Mandanten
auf einen möglichen Regressanspruch gegen einen früheren Steuerberater und auf die drohende Verjährung
eines solchen Anspruchs hinzuweisen.
BGH, Urt. v. 7.5.2015 – IX ZR 186/14
Fundstelle: MDR 2015, 827 f.
Anerkenntnis der Revisionsbeklagten durch nicht
beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt
ZPO §§ 78 Abs.1, 307, 335 Abs. 1, 555 Abs. 1 u. 3
1. Nachdem die Revision begründet worden ist, kann
ein prozessual wirksames Anerkenntnis nur noch
von einem beim BGH zugelassenen Rechtsanwalt
abgegeben werden.
2. Besteht der Kläger nach Gewährung rechtlichen
Gehörs auf einer Entscheidung, ist sein Antrag auf
Erlass eines Anerkenntnisurteils wegen des Fehlens
eines wirksamen Anerkenntnisses im Beschlusswege entsprechend § 335 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
(Leitsatz: NJW-Redaktion)
BGH, Beschl. v. 12.5.2015 – XI ZR 397/14
Fundstelle: NJW 2015, 2193 f.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
343
Veranstaltungshinweise
Veranstaltungshinweise
Kammerveranstaltungen im 4. Quartal 2015
Tagungsort:
III. RVG-Seminar
Thema:
Die professionelle Vergütungsabrechnung unter Einbeziehung
der aktuellen Rechtsprechung,
des Rechts der Vergütungsvereinbarung und insbesondere unter
Berücksichtigung der Neuerungen
des 2. KostRMoG
Referent:
Herbert P. Schons, Rechtsanwalt und
Notar, Präsident der RAK Düsseldorf
Datum:
25.11.2015
Tagungsort:
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
Die Rechtsanwaltskammer Düsseldorf führt (z.T. in
Kooperation mit dem Deutschen Anwaltsinstitut e.V.
– DAI) im Zeitraum zwischen dem 1.10. und dem
31.12.2015 die folgenden Seminarveranstaltungen
durch.
Nähere Hinweise zu den hier vorgestellten und weiteren
Seminaren finden Sie im Veranstaltungskalender der
Rechtsanwaltskammer Düsseldorf 2015 oder im Internet unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de,
Rubrik „Veranstaltungen“.
Anmeldeformulare erhalten Sie in der Kammergeschäftsstelle (Frau Rößel – 0211/49 50 212). Es besteht auch die Möglichkeit, sich online unter
www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de/
Veranstaltungen
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
IV. Fortbildungsveranstaltungen der Rechtsanwaltskammer in Kooperation mit dem DAI
(nicht nur) für Fachanwälte
anzumelden. Sie erhalten möglichst umgehend eine
Anmeldebestätigung. Sollten mehr Anmeldungen eingehen, als Plätze zur Verfügung stehen, werden die
Anmeldungen in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Kolleginnen und Kollegen, deren Anmeldung nicht berücksichtigt werden kann, informieren
wir umgehend.
1. Arbeitsrecht
Thema:
Neueste Entwicklung im Kündigungsschutzrecht: Personen-,
verhaltens- und betriebsbedingte
Kündigung
Referent:
Prof. Dr. Reinhard Vossen, Vors.
Richter am LAG a.D., Düsseldorf
I. Seminar für Berufseinsteiger
Datum:
23.11.2015
Thema:
„Aller Anfang ist gar nicht schwer“
– Die typischen ersten Mandate
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
Referenten:
Jürgen Brinkamp, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Familienrecht,
Düsseldorf
Karen Spillner, Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht und für
Familienrecht, Düsseldorf
Datum:
4.11.2015
Tagungsort:
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
2. Arbeitsrecht und Sozialrecht
Thema:
Schnittstellen Arbeitsrecht und
Sozialrecht
Referentin:
Bettina Schmidt, Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Arbeitsrecht und für
Sozialrecht, Bonn
Datum:
22.10.2015
Tagungsort:
Dorint Parkhotel,
Hohenzollernstrasse 5,
41061 Mönchengladbach
II. ZPO-Seminar
Thema:
Referent:
Datum:
344
Der Zeugenbeweis – Vernehmungstaktik, Aussageanalyse, Wahrnehmungsirrtümer, Beweiswürdigung
Dr. Günter Prechtel, Vors. Richter
einer Kammer für Handelssachen am
LG München I, München
6.11.2015
3. Bau- und Architektenrecht
Thema:
Prozessuale Anforderungen an den
Bauprozess
Referent:
Dr. Wolfgang Koeble, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht, Reutlingen
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Veranstaltungshinweise
Datum:
24.11.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
8. Gewerblicher Rechtsschutz und Informationstechnologierecht
Thema:
Schnittstellen Gewerblicher Rechtsschutz und IT-Recht Zeichenverletzung im Internet – Störerhaftung –
Passivlegitimation
4. Erbrecht
Thema:
Der Erbrechtsprozess
Referent:
Referent:
Stephan Rißmann, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Erbrecht, Potsdam
Dr. Martin Hohlweck, Richter am
OLG Köln
Datum:
13.11.2015
Datum:
17.11.2015
Tagungsort:
Tagungsort:
Lindner Hotel Airport,
Unterrather Str. 108,
40468 Düsseldorf
Hotel Melia,
Inselstr. 2, 40479 Düsseldorf
5. Familienrecht
9. Gewerblicher Rechtsschutz, Informationstechnologierecht und Urheber- und Medienrecht
Thema:
Aktuelle Rechtsprechung Internetrecht
Referent:
Prof. Dr. Thomas Hoeren, Institut für
Informations-, Telekommunikationsund Medienrecht, Westfälische
Wilhelms-Universität, Münster
Thema:
Aktuelles Familienrecht im
OLG-Bezirk Düsseldorf
Referent:
Dr. Jürgen Soyka, Vors. Richter am
OLG Düsseldorf
Datum:
3.12.2015
Datum:
23.10.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
6. Familienrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht
und Steuerrecht
10. Handels- und Gesellschaftsrecht und Strafrecht
a) Thema:
Wirtschaftsstrafrecht aktuell
Thema:
Bewertung – Unternehmensbewertung im Familienrecht
Referenten:
Referenten:
Prof. Dr. Peter Knief, Dipl.-Kfm.,
Unternehmensberatung, Köln
Bernd Kuckenburg, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Familienrecht und
für Steuerrecht, vereidigter Buchprüfer, Mediator, gerichtlich bestellter
Sachverständiger für Unterhaltseinkommen und Unternehmensbewertung, Hannover
Dr. Wilhelm Krekeler, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Strafrecht, Dortmund
Elke Werner, Rechtsanwältin, Fachanwältin für Strafrecht, Dortmund
Datum:
26.10.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
b) Thema:
Aktuelles GmbH-Strafrecht –
Schwerpunkte: §§ 82 bis 85
GmbHG, § 15a InsO, §§ 266 und
283 ff. StGB
Referent:
Michael Beneke, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Strafrecht und für Steuerrecht, Kaarst
Datum:
27.10.2015
Tagungsort:
Lindner Hotel Airport,
Unterrather Str. 108, 40468 Düsseldorf
Datum:
19.10.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
7. Gewerblicher Rechtsschutz
Thema:
Update Marken- und Wettbewerbsrecht
Referent:
Dieter Kehl, Vors. Richter am LG Köln
11. Insolvenzrecht
Datum:
10.11.2015
Thema:
Tagungsort:
Lindner Hotel Airport,
Unterrather Str. 108,
40468 Düsseldorf
Gesellschaftsrecht für Insolvenzverwalter – Insolvenzrechtler
Referent:
Prof. Dr. Markus Gehrlein, Richter am
BGH, Karlsruhe
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
345
Veranstaltungshinweise
Datum:
4.12.2015
15. Steuerrecht
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
Thema:
Finanzgerichtliche Schwerpunkte
anwaltlicher Tätigkeit
Referent:
Bernd Rätke, Vors. Richter am
FG Berlin
Datum:
26.11.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
12. Medizinrecht
Thema:
Zivilrechtliche Arzthaftung –
Orthopädie und Unfallchirurgie
Referent:
Dr. med. Helge Hölzer, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Medizinrecht, Facharzt
für Chirurgie, Sindelfingen
16. Steuerrecht und Strafrecht
Datum:
11.12.2015
Thema:
Verteidigung in Steuerstrafsachen
Tagungsort:
Lindner Hotel Airport,
Unterrather Str. 108, 40468 Düsseldorf
Referent:
Dr. Karsten Randt, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Steuerrecht und für
Strafrecht, Bonn
Datum:
29.10.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
13. Miet- und Wohnungseigentumsrecht
a) Thema:
Betriebskostenabrechnungen effektiv prüfen und ausgewählte Probleme bei der Beendigung des Mietverhältnisses
Referent:
Michael Reinke, Vors. Richter am LG,
Berlin
Datum:
20.11.2015
Tagungsort:
Lindner Hotel Airport,
Unterrather Str. 108, 40468 Düsseldorf
b) Thema:
Aktuelle Brennpunkte des
Gewerberaummietrechts
Referent:
Kai-Jochen Neuhaus, Rechtsanwalt,
Fachanwalt für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und für Versicherungsrecht, Dortmund
Datum:
8.12.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
14. Sozialrecht und Steuerrecht
Thema:
Aktuelle Brennpunkte Betriebsprüfung und Prüfung durch Rentenversicherungsträger
Referenten:
Dr. Jürgen Brand, Rechtsanwalt,
Hagen
Prof. Dr. Christoph Uhländer,
Fachhochschule für Finanzen NRW,
Nordkirchen
Datum:
5.11.2015
Tagungsort:
Hilton Hotel Düsseldorf,
Georg-Glock-Straße 20,
40474 Düsseldorf
346
17. Transport- und Speditionsrecht
Thema:
Neuere Entwicklungen und Strategien im Transport- und Speditionsrecht – Teil 3
Referent:
Armin Walther, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Transport- und Speditionsrecht, Köln
Datum:
1.12.2015
Tagungsort:
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
18. Verkehrsrecht
Thema:
Aktuelle BGH-Rechtsprechung zum
Personen- und Sachschadensrecht
beim Verkehrsunfall
Referent:
Wolfgang Wellner, Richter am BGH,
Karlsruhe
Datum:
10.12.2015
Tagungsort:
Haus der Unternehmer GmbH,
Düsseldorfer Landstr. 7,
47249 Duisburg
19. Verkehrsrecht und Versicherungsrecht
Thema:
Der Abfindungsvergleich im Personenschaden
Referent:
Dr. Jan Luckey, LL.M., Richter am
LG Köln
Datum:
20.10.2015
Tagungsort:
Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Veranstaltungshinweise
20. Versicherungsrecht
Thema:
Aktuelle Rechtsprechung Kaskoversicherung und Rechtsschutzversicherung
Referent:
Prof. Dr. Karl Maier, Institut für Versicherungswesen, Fachhochschule
Köln
Datum:
3.11.2015
Tagungsort:
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
21. Verwaltungsrecht
Thema:
Update öffentliches Baurecht
Referent:
Prof. Dr. Rüdiger Rubel, Vors. Richter
am BVerwG, Leipzig
Datum:
12.11.2015
Tagungsort:
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
V. Basics-Seminare/Einführungsveranstaltungen
Strafverteidigung
Referentin:
Gesine Reisert, Rechtsanwältin,
Fachanwältin für Strafrecht und für
Verkehrsrecht, Berlin
Datum:
9.11.2015
Tagungsort:
Sitzungssaal der RAK Düsseldorf,
Freiligrathstr. 25, 40479 Düsseldorf
Infoveranstaltung zum besonderen elektronischen
Anwaltspostfach (beA)
Das Thema besonderes elektronisches Anwaltspostfach (beA), welches die Bundesrechtsanwaltskammer
ab dem 1.1.2016 für jeden Rechtsanwalt und jede
Rechtsanwältin einrichtet, ist in aller Munde. Sie finden aktuelle Informationen hierzu in dieser Ausgabe
der KammerMitteilungen, S. 305 ff., und auf unserer
Homepage.
Inzwischen bieten bereits verschiedene Veranstalter
Seminare zu der Thematik an, in denen u.a. die Funktionsweise des beA demonstriert werden soll.
Der Vorstand der Rechtsanwaltskammer Düsseldorf
hält solche Veranstaltungen für verfrüht, weil das beA
sich zurzeit noch im Entstehungsprozess befindet und
viele – insbesondere technische – Fragen wie auch
die Gestaltung der Benutzeroberfläche bislang nicht
abschließend geklärt sind.
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Da der Kammervorstand bestrebt ist, die Mitglieder
korrekt und vollständig über das beA zu informieren,
wird er hierzu eigene Informationsveranstaltungen
anbieten – dies allerdings erst im Herbst des Jahres,
wenn das beA feste Konturen erhalten hat.
Wir laden Sie deshalb schon heute herzlich zu einer
Informationsveranstaltung
am 30.11.2015, 14.00 Uhr bis 16.00 Uhr,
in den Industrie-Club Düsseldorf,
Elberfelder Str. 6, 40213 Düsseldorf,
ein.
Als Referentin wird die Schatzmeisterin der Kammer,
Frau Rechtsanwältin Leonora Holling, die zugleich
die „Sonderbeauftragte“ des Vorstands in Sachen beA
ist, fungieren. Frau Kollegin Holling nimmt seit längerem an „Workshops“ der Bundesrechtsanwaltskammer
und weiteren Veranstaltungen zu dem Thema teil und
ist mit ihrer eigenen Kanzlei in die Pilotphase des Projekts eingebunden. Wir können also sicherstellen, Sie
aus erster Hand und mit hoher fachlicher Expertise zu
informieren.
Die Veranstaltung ist selbstverständlich kostenlos.
Anmeldeformulare erhalten Sie in der Kammergeschäftsstelle (Frau Rößel – 0211/49 50 212). Es besteht auch die Möglichkeit, sich online unter
www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de/
Veranstaltungen
anzumelden. Sie erhalten möglichst umgehend eine
Anmeldebestätigung. Sollten mehr Anmeldungen eingehen, als Plätze zur Verfügung stehen, werden die Anmeldungen in der Reihenfolge ihres Eingangs berücksichtigt. Kolleginnen und Kollegen, deren Anmeldung
nicht berücksichtigt werden kann, informieren wir umgehend. Außerdem werden wir bei Bedarf weitere Termine einrichten.
Fachtagungen des Deutschen Anwaltsinstituts e.V.
Fachinstitut für Arbeitsrecht
Betriebliche Altersversorgung intensiv
16.10.2015, Bochum
Arbeitsrechtliche Schwerpunktthemen
– Sanierung und Umstrukturierung von Unternehmen
16. bis 17.10.2015, München
Aktuelle Entwicklungen im Tarifvertragsrecht
17.10.2015, Berlin
Arbeitsrecht im Arbeitgebermandat
9.10.2015, München
28.10.2015, Bochum
347
Veranstaltungshinweise
Fachinstitute für Arbeitsrecht und für Handelsund Gesellschaftsrecht
Vorstand der AG: Anstellungsvertrag, D&O-Versicherung, Managerhaftung
25.9.2015, Heusenstamm
Fachinstitute für Gewerblichen Rechtsschutz, für
Informationstechnologierecht und für Urheberund Medienrecht
IT-Compliance – Datenschutz – IT-Sicherheit –
Urheberrecht
13.10.2015, Berlin
Fachinstitute für Arbeitsrecht und für Sozialrecht
Schnittstellen Arbeitsrecht und Sozialrecht
9.10.2015, Zweibrücken
MiLoG: Beitragsrisiko in der Sozialversicherung –
Haftungsfragen
– Schwerpunkt: Praxisprobleme für Vereine
17.10.2015, Bochum
Fachinstitut für Bank- und Kapitalmarktrecht
Aktuelle Praxisprobleme im Leasingrecht
9.10.2015, Berlin
Fachinstitut für Erbrecht
Aktuelles zur Testamentsvollstreckung
10.10.2015, Heusenstamm
Auskunftsansprüche im Erbrecht effektiv
geltend machen
14.10.2015, Berlin
11.11.2015, München
Fachinstitut für Familienrecht
Rund ums Kind – Das Kind im Familienrecht
13.11.2015, Berlin
Einkommensermittlung im Unterhaltsrecht
8.10.2015, Berlin
Unterhalts- und Zugewinnberechnungen mit Excel
effektiv gestalten
16.10.2015, Heusenstamm
6.11.2015, Reutlingen
20.11.2015, München
Für Kinder und Eltern:
Das anwaltliche Mandat in Kindschaftssachen
30.10.2015, Heusenstamm
Fachinstitute für Familienrecht und für Außergerichtliche Konfliktbeilegung
Familienmediation in der anwaltlichen Praxis
7.10.2015, Bochum
Fachinstitut für Gewerblichen Rechtsschutz
Neueste Rechtsprechung des BGH zum Wettbewerbsund Markenrecht
16.10.2015, Bochum
348
Fachinstitut für Handels- und Gesellschaftsrecht
Corporate Litigation
9.10.2015, Heusenstamm
Aktueller Rechtsprechungsüberblick: Gesellschaftsrecht
30.10.2015, Ettlingen
4.12.2015, München
Praxis des Unternehmenskaufs
13. bis 14.11.2015, Frankfurt
Fachinstitute für Handels- und Gesellschaftsrecht
und für Strafrecht
Aktuelles GmbH-Strafrecht
14.10.2015, Berlin
Compliance für den Mittelstand
23.10.2015, Bochum
Fachinstitut für Insolvenzrecht
Restschuldbefreiung im Verbraucher- und
Regelinsolvenzverfahren
2.10.2015, Kiel
17.11.2015, Bochum
Moderne InsVV
Vergütungsanträge optimieren
Nachfragen vermeiden
gerichtliche Bearbeitungszeit verkürzen
14.10.2015, Heusenstamm
•
•
•
Massegenerierung: Insolvenzanfechtung und
Geschäftsführerhaftung
9.10.2015, Hamburg
4.11.2015, Bochum
Fachinstitute für Insolvenzrecht und für Handelsund Gesellschaftsrecht
Haftung von Geschäftsführern und Gesellschaftern in
der Krise und Insolvenz
9.10.2015, Berlin
Brennpunkte Insolvenzrecht:
• Anfechtungsrecht
• Schutzschirmverfahren, Eigenverwaltung
• Geschäftsführerhaftung
13.11.2015, München
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Veranstaltungshinweise
Fachinstitute für Insolvenzrecht und für Steuerrecht
Umsatzsteuer im Insolvenzverfahren und bei der
Kreditsicherung
21.10.2015, Bochum
Fachinstitut für Mediation und Außergerichtliche
Konfliktbeilegung
Herausforderungen in der Mediationspraxis
2.10.2015, Heusenstamm
Fachinstitut für Medizinrecht
Das Berufsrecht der Zahnärzte und Vertragszahnarztrecht
17.10.2015, Heusenstamm
Praxisschwerpunkte Steuerrecht
16. bis 17.10.2015, Berlin
Fachinstitute für Steuerrecht und für Handels- und
Gesellschaftsrecht
Haftungsfallen: Aktuelle Probleme der Grunderwerbsteuer bei gesellschaftsrechtlichen Vorgängen
30.10.2015, München
13.11.2015, Bochum
Bilanzkunde für Juristen
30. bis 31.10.2015, Heusenstamm
16. bis 17.11.2015, Berlin
Fachinstitute für Steuerrecht, für Internationales
Wirtschaftsrecht und für Europarecht
Psychotherapeutenrecht
– vertragsarzt- und berufsrechtliche Fragestellungen
21.10.2015, Bochum
Das anwaltliche Mandat im Internationalen Steuerrecht
2.10.2015, Berlin
Beratung von Krankenhäusern
30.10.2015, Hamburg
Fachinstitute für Strafrecht und für Verkehrsrecht
Fachinstitut für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Effektive Verteidigung im Fuhrpark: Fahrer, Halter
und Verkehrsleiter
10.10.2015, Berlin
Anwaltliche Strategien bei Kündigung und Räumung
9.10.2015, Reutlingen
Erfolgreiche Verteidigung bei standardisierten Messverfahren in Bußgeldsachen
16.10.2015, Heusenstamm
Prüfung von WEG-Jahresabrechnungen und ihre erfolgreiche Anfechtung
8.10.2015, Zweibrücken
24.10.2015, Berlin
Fachinstitut für Verwaltungsrecht
„Lärm“ in der verwaltungsrechtlichen Praxis
7.10.2015, Heusenstamm
AGB-Kontrolle im Mietrecht
24.10.2015, Heusenstamm
Vertiefungs- und Qualifizierungskurs Beamtenrecht
16. bis 17.10.2015, München
Fachinstitute für Miet- und Wohnungseigentumsrecht und für Steuerrecht
Angreifbarkeit von Verkehrswertgutachten für Immobilien in der anwaltlichen Praxis
7.10.2015, Berlin
Anfragen und Anmeldungen richten Sie bitte direkt an
Deutsches Anwaltsinstitut e.V.
Universitätsstraße 140
44799 Bochum
Telefon (+49) (234) 970 64-0
Telefax (+49) (234) 70 35 07
E-Mail: [email protected]
Fachinstitut für Sozialrecht
Aktuelle Entwicklungen SGB II und SGB XII
2.10.2015, Bochum
Effektive Prüfung von Rentenbescheiden
27.10.2015, Berlin
Fachinstitut für Steuerrecht
System des Umwandlungssteuerrechts
9.10.2015, Bochum
Das außergerichtliche Steuerstreitverfahren
9.10.2015, Heusenstamm
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
349
Personalnachrichten
Personalnachrichten
Zulassungen
Da es seit dem 1.6.2007 keine Zulassungen zu bestimmten Gerichten mehr gibt, nehmen wir im Folgenden nur
noch eine Unterteilung nach der Ansässigkeit in den
einzelnen Landgerichts-Bezirken vor.
Landgericht Düsseldorf
Dartsch, Alexander
Graf-Adolph-Platz 15
40213 Düsseldorf
Dickhäuser, Catharina
Stadttor 1
40219 Düsseldorf
Dörne, Stella
Virneburgstr. 4
40764
Langenfeld
Edel, Golo
Dreischeibenhaus 1
40211 Düsseldorf
Engelke, Robert
Kaiserstr. 30a
40479 Düsseldorf
Escher-Lehmann, Martina
Königsallee 1
40212 Düsseldorf
Flecke-Giammarco,
Gustav
Georg-Glock-Str. 4
40474 Düsseldorf
Flender, Christiane
Brachtstr. 2
40223 Düsseldorf
Frieling, Maximilian
Hammer Str. 19
40219 Düsseldorf
Gloge, Benjamin
Benrather Str. 15
40213 Düsseldorf
Hantke, Julia
Kaiserswerther Str. 253
40474 Düsseldorf
Hartmannsberger,
Dr. Roland
Stadttor 1
40219 Düsseldorf
Hauff, Rebecca
Speditionstr. 1
40221 Düsseldorf
Heinrichs, Christina
Moscauer Str. 19
40227 Düsseldorf
Helios, Dr. Marcus
Dreischeibenhaus 1
40211 Düsseldorf
Hellmig, Katharina
Speditionstr. 1
40221 Düsseldorf
Hernandez, Lopez
Pedro-Domingo
An der Münze 7
41460 Neuss
Hilderink, Dr. Berthold
Lerchenstr. 12
40547 Düsseldorf
Hillebrand, Sarah
Georg-Glock-Str. 4
40474 Düsseldorf
Alberts, Arne
Speditionsstr. 1
40221 Düsseldorf
Anger, Dr. Christoph
Moskauer Str. 19
40227 Düsseldorf
Asboe, Wiebke
Graf-Adolf-Platz 15
40213 Düsseldorf
Asgari, Nima
Lessingstr. 69
40227 Düsseldorf
Atakul, Sercan
Hellersbergstr. 2A
41460 Neuss
Banaschik, Mary
Elizabeth
Speditionssstr. 1
40221 Düsseldorf
Barski, Lilie
Steinstr. 20
40212 Düsseldorf
Behrendt, Sarah
Benrather Schlossallee 101
40597 Düsseldorf
Behrens, Elena
Kennedydamm 24
40476 Düsseldorf
Behrens, Lars
Am Südpark 14
41466 Neuss
Bendig, Arthur
Graf-Adolf-Platz 12
40213 Düsseldorf
Berger, Dr. Anastasia
Benrather Str. 18–20
40213 Düsseldorf
Bilen, Danyal
Georg-Glock-Str. 8
40474 Düsseldorf
Bock, Karsten
Degerstr. 38
40235 Düsseldorf
Bock, Detlef Frank
Königsallee 106
40215 Düsseldorf
Bonk, Sebastian
Stadttor 1
40219 Düsseldorf
Borchardt, Daniel
Willicher Str. 29
40670
Meerbusch
Kind, Dr. Hans Joachim
Berliner Allee 51–53
40212 Düsseldorf
Bordeaux, Jörn
Schwannstr. 6
40476 Düsseldorf
Knille, Dr. Stephanie
Zur alten Kaserne 52
40470 Düsseldorf
Botterbrod, Herbert
Kaistr. 13
40221 Düsseldorf
Knufinke, Hans Jürgen
Ellerstr. 10
40721 Hilden
Böttger, Dr. Lutz
Königsallee 31
40212 Düsseldorf
Koerfer, Philipp
Emanuel-Leutzer-Str. 20
40547 Düsseldorf
Bramorski, Sebastian
Georg-Glock-Str. 4
40474 Düsseldorf
König, Sarah
Feldmühleplatz 1
40545 Düsseldorf
Brand, Christoph Claas
Georg-Glock-Str. 4
40474 Düsseldorf
Kraus, Christopher
Hammerstr. 19
40219 Düsseldorf
Brecht, Igor
Mindener Str. 12
40227 Düsseldorf
Lafontaine, Christina
Königsallee 59
40215 Düsseldorf
Cahnbley, Ann-Kristin
Königsallee 59
40215 Düsseldorf
Latos, Katja
Weststr. 33
40597 Düsseldorf
Cromme, Jutta
Duisburger Str. 68
40479 Düsseldorf
Lennartz, Jürgen
Vennstr. 132
40627 Düsseldorf
350
Hömme, Dr. Timm Gerrit Stadttor 1
40219 Düsseldorf
Jäkel-Gottmann,
Dr. Florian
Stadttor 1
40219 Düsseldorf
Jencke,l Johanna
Hüttenstr. 4
40215 Düsseldorf
Kehrberg, Bernd
Bismarckstr. 6
40668 Meerbusch
Keilich, Dr. Jochen Alfred Peter-Müller-Str. 10
40468 Düsseldorf
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Personalnachrichten
Leuchter, Christian
Benrather Schlossallee 101
40597 Düsseldorf
Roszak Malgorzata,
Marta
Charlottenburger Str. 14
40789 Monheim
Lewis, Katharina
10 Upper Bank Street
London E14 5JJ
Rüffer, Patrick
Hofstr. 64 (Gebäude 1)
40723 Hilden
Liesenfeld, Andreas
Grabenstr. 5
40213 Düsseldorf
Sarburg, Marc
Breite Str. 29–31
40213 Düsseldorf
Lohse, Dr. Sven
Speditionsstr. 21
40221 Düsseldorf
Sassek, Danny
Georg-Clock-Str. 8
40474 Düsseldorf
Louven, Verena
Plange Mühle 1
40221 Düsseldorf
Sauter, Anna
Berliner Allee 22
40212 Düsseldorf
Luciano, Marius
Bismarckstr. 6
40668 Meerbusch
Schmitt, Asal
Königsallee 30
40212 Düsseldorf
Lüdtke, Alexander
Hansaallee 51
40549 Düsseldorf
Schneider, Dr. Annika
Carl-Theodor-Str. 6
40213 Düsseldorf
Ludwig, Christoph
Breite Straße 3
40213 Düsseldorf
Schröder, Andrea
Bülowstr. 2
40476 Düsseldorf
Lütsch, Verena
Astrid-Lindgren-Str. 67
40764 Langenfeld
Schröter, Philipp
Emanuel-Leutze-Str. 11
40547 Düsseldorf
Maesch, Dr. Marlene
Graf-Adolf-Platz 15
40213 Düsseldorf
Schulte, Alexandra
Benzstr. 15
40235 Düsseldorf
Maesch, Dr. Scott
Graf-Adolf-Platz 15
40213 Düsseldorf
Schulte-Domhof,
Susanne
Goltsteinstr. 31
40211 Düsseldorf
Maniera, André
Bankstr. 67
40476 Düsseldorf
Schürmann, Dr. Dominik
Luegallee 126
40545 Düsseldorf
Merzbach, Moritz
Alfred-Nobel-Str. 50
40789 Monheim
Sduntzig, Sarah
Düsselthaler Str. 47
40211 Düsseldorf
Messing, Michael
Burggrafenstr. 5a
40545 Düsseldorf
Seeger, Malte
Mozartstr. 24
40724 Hilden
Möllenkamp, Stefan
Graf-Adolf-Platz 15
40213 Düsseldorf
Seidensticker, Thomas
Speditionstr. 21
40221 Düsseldorf
Moßdorf, Philipp
Geistenstr. 16
40476 Düsseldorf
Selck, Dr. Bastian
Steinstr. 20
40212 Düsseldorf
Müller, Dr. Beate M.
Scheibenstr. 26
40479 Düsseldorf
Sell, Sascha
Graf-Adolf-Platz 15
40213 Düsseldorf
Müller, Dr. Hilmar
Trinkausstr. 7
40213 Düsseldorf
Sengers, Katharina
Breite Str. 3
40213 Düsseldorf
Neumann, Fabian
Kaiser-Wilhelm-Ring 29
40545 Düsseldorf
Siedenberg, André
Kaiserswerther Str. 199
40474 Düsseldorf
Neumann, Regine
Sternstr. 65
40479 Düsseldorf
Slusarek, Caroline
Königsallee 59
40215 Düsseldorf
Oerder, Dr. Lena
Grabenstr. 17
40213 Düsseldorf
Stroschein, Dr. Birka
Grafenberger Allee 357
40235 Düsseldorf
Oppel, Dr. Florian
Feldmühleplatz 1
40545 Düsseldorf
Sundermann, Dr. Stefan
Siegstr. 4
41464 Neuss
Ostermeyer, Volker
Speditionstr. 23
40221 Düsseldorf
Tenbrock, Christian
Cranachstr. 44
40235 Düsseldorf
Pertschy, Ulrike
An den Dieken 57
40885 Ratingen
Theißen, Dr. Michaela
Feldstr. 11a
40479 Düsseldorf
Poetsch, Joachim
Pfeifferstr. 6
40625 Düsseldorf
Thoma, Claudia
Promenadenstr. 1
41460 Neuss
Politz, Ingo
Kaiserstr. 8
40479 Düsseldorf
Timm, Barbara
Emil-Barth-Str. 117
40595 Düsseldorf
Pusch, Dr. Tobias
Peter-Müller-Str. 10
40468 Düsseldorf
Ullrich, Heiko
Pempelforter Str. 47
40211 Düsseldorf
Quast, Ingo
Monschauer Str. 7
40549 Düsseldorf
Velte, Dr. Gianna
Benrather Str. 18–20
40213 Düsseldorf
Rataj, Judith
Mindenerstr. 12
40227 Düsseldorf
Weber, Hanna
Friedenstr. 34
40219 Düsseldorf
Reinecke, Thiemo
Dreischeibenhaus 1
40211 Düsseldorf
Weinert, Lisa
Rue Joseph Stevens 7
Bruxelles
Retsch, Dr. Alexander
Kasernenstr. 69
40213 Düsseldorf
Wisbert, Jörg
Krefelder Str. 68
41460 Neuss
Rieper, Dr. Sibyl
Unterdorfstr. 8b
40489 Düsseldorf
Wreesmann,
Dr. Ann-Kathrin
Carl-Theodor-Str. 6
40213 Düsseldorf
Ristau, Jan
Leostr. 31
40545 Düsseldorf
Yankova, Silviya
Hoffeldstr. 6
40235 Düsseldorf
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
351
Personalnachrichten
Youn, Mi Nina
Breite Str. 31
40213 Düsseldorf
Dicks, Maria
Kalkarer Str. 81
47533 Kleve
Zahn, Katharina
Benrather Str. 15
40213 Düsseldorf
Henkel, Achim
Kalkarer Str. 81
47533 Kleve
Zerfowski, Kristina
Alexanderstr. 21
40210 Düsseldorf
Hennemann, Maik
Kesselstr. 21
47546 Kalkar
Zhuang, Tianyuan
Benrather Str. 18–20
40213 Düsseldorf
Lederer, Leonie
Oberwallstr. 40
47441 Moers
Ziga, Philipp Alexander
Moskauer Str. 19
40227 Düsseldorf
Osterkamp, Anna-Lena
Triftstr. 18
47533 Kleve
Stein, Dr. Andrea
Sonsbecker Str. 61
46509 Xanten
Williams, Inge
Kaiserstr. 247
47800 Krefeld
Landgericht Duisburg
Bäcker, Peter
Gutenbergstr. 5
46045 Oberhausen
Bethke, Jennifer
Lothringer Str. 60
46045 Oberhausen
Landgericht Krefeld
Kluge, Stephanie
Schifferstr. 210
47059 Duisburg
Lindemann, Miriam
Eupener Weg 12a
45481 Mülheim an der Ruhr
Kotzur, Julia
Brüner Str. 4–6
46499 Hamminkeln
Zimmermann, Anke
Dahlerdyk 51
47803 Krefeld
Levermann, Katharina
Auf dem Damm 9
47137 Duisburg
Liese, Christoph
Parkhofstr. 45
41836 Hückelhoven
Mörs, Rafaela
Marktstr. 110
46045 Oberhausen
Pracht, Pascal
Hansaring 54
46483 Wesel
Steffen, Christine
Dorfstr. 44
47239 Duisburg
Weimann, Wolfgang
Grüner Weg 6
47239 Duisburg
Landgericht Kleve
Angeli, Katharina
Hoffmannallee 55
47533 Kleve
Löschungen
Landgericht Düsseldorf
Adick, Dr. Markus
Althoff, Anneke
Baumüller, Till
Beesten, Fritz von
Brauers, Laura
Bröcher, Dr. Julia
Bruchwitz, Sebastian
Brüggemann, Dr. Sebastian
Busch, Nicole
Demers, Michael
Duhme, Anja
Dumont, Nicolas
Landgericht Wuppertal
Neufeld, Swetlana
Friedrichstr. 51
42105 Wuppertal
Petzold, Annette
Meistersingerstr. 2
42859 Remscheid
Pollert, Ira
Hasselkamp 22
40822 Mettmann
Saltenbrock, Stefan
Roonstr. 13
42855 Remscheid
Slupik, Edith
Ohligsmühle 11
42103 Wuppertal
Stalmann, Dörthe
Georg-Fischer-Str. 1
40822 Mettmann
Vogel, Gennadi
Turmhof 15
42103 Wuppertal
Glajcar, Dr. Jakob
Müller, Johannes-Michael
Götte, Martin Albert Heinrich
Patt, Dr. Hermann
Grotstück, Elena
Perzborn, Phillipp
Hanisch-Rampold, Birgit
Rehfeld, Lars
Heister, Christian
Reinartz, Ulrike
Henke, Paul-Gerd
Riedel, Frank
Hierl, Annette
Rohrwasser, Aglaia
Höring, Johannes
Rösgen, Marc
Huneke, Kathrin
Rötschke, Marc
Karakulak, Karin
Sam, Ersoy
Kedak, Freddy
Schäfer, Leonore
Keil, Jonas
Scherrer, Katharina
Klin, Janet
Schmeer, Alfred
Königshausen, Dr. Andreas
Schmidt-Busse, Michael
Kuhn, Stefan
Schumpelick, Moritz
Laoutoumai, Sebastian
Sengöz, Sinan
Durkowiak, Mareike
Lieske, Dr. Patrick
Siemeke, Carsten
Eimer, Eva
Lorenz-Wolf, Monika
Specht, Angela
Fink, Roland
Maier, Dr. Philipp
Steinhöfel, Patrick
Freijser, Marijke
Mainczyk, Andreas
Uhling, Hubert
Fritsch, Dr. Christa Frfr. von
Marseaut, Samuel Louis André
Voogd, Janina
Fritsche, Hans
Meessen, Prof. Dr. Karl
Wink, Michael
352
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
Personalnachrichten
Winkler, Ka Yee
Wedekind, Dr. Hasso
Lütgebaucks, Christian
Wolf, Rebecca
Weithaler, Andreas
Wingerden, Sören van
Wüstemann, Dr. Nadja Sue
Landgericht Duisburg
Bernschütz-Hörnchen, Monika
Drüner, Olaf
Landgericht Krefeld
Elkemann-Reusch, Dr. Ilva
Fischer, Hans-Jörg
Lange, Yvonne
Schings, Alexandra
Gronau, Rainer
Schumacher, Horst
Grüter, Helmut
Welter, Michaela
Klemisch, Matthias
Wilms, Wolfgang J.
Kuhlmeier, Corinne
Kühn, Bodo
Röttgen, Hans-Joachim
Landgericht
Mönchengladbach
Landgericht Wuppertal
Carls, Sonja
de Bruyn-Ouboter, Dr. Benedikt
de Vivie, Achill
Kilic, Ersan
Kirschbaum, Maritta
Kuck, Sascha
Kukorus, Reiner
Mengel, Dr. Friedrich-Wilhelm
Mücke, Ralf-Peter
Nowicki, Jacek
Sagunsky, Lando
Goertz, Dieter
Rügemer, Dr. Philipp
Thöne-Palik, Isabella
Horn, Volker
Segmüller, Klaus Josef
Ulke-Lampe, Gabriele
Kohlwes, Kerstin
Sprafke, Jan
KammerMitteilungen RAK Düsseldorf 3/2015
353
Langenfelds
Vermächtnis.
NEU
Langenfeld/Fröhler, Testamentsgestaltung. Begründet von Dr. Gerrit
Langenfeld †, Notar a.D. und Notariatsdirektor in Karlsruhe, Honorarprofessor
der Universität Heidelberg, ab der 5.
Auflage fortgeführt und neu bearbeitet
von Dr. Oliver Fröhler, Notar und Notariatsdirektor in Lörrach, Lehrbeauftragter an der Universität Freiburg i.Brsg.
5., neu bearbeitete und erweiterte Auflage 2015, 944 Seiten, Lexikonformat,
gbd. inkl. CD 89,80 €.
ISBN 978-3-504-45674-0
Gute Nachrichten für alle Testamentsgestalter: Das Standardwerk zum Thema wird unter Beibehaltung seines
erfolgreichen Grundkonzepts fortgeführt von Dr. Oliver Fröhler, Notar, Lehrbeauftragter für Erbrecht und erbrechtliche Gestaltung an der Universität Freiburg sowie an der Notarakademie Stuttgart und Nachlassrichter.
Kurzum, von einem ebenfalls sehr erfahrenen Praktiker, der die Darstellung erweitert, vertieft und rundum auf
den neuesten Stand gebracht hat.
Aufgebaut nach Fallgruppen und Gestaltungstypen werden die Möglichkeiten und Grenzen der Gestaltung letztwilliger Verfügungen dargestellt. Aus zivil- und steuerrechtlicher Sicht. Mit vielen anschaulichen
Anwendungsbeispielen. Anhand von über 300 anerkannten, detailliert erläuterten Mustern.
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Institut für Anwaltsrecht
an der Universität zu Köln
Prof. Dr. Martin Henssler
Prof. Dr. Hanns Prütting
4.12
Freitag, 4. Dezember 2015
Anwaltliche Fortbildung:
Zwischen Freiheit und Zwang
Universität zu Köln, Tagungsraum, Neues Seminargebäude
10.00–11.30 Uhr
Teil 1: Bestandsaufnahme
10.00–10.05 Uhr
10.05–10.30 Uhr
Begrüßung (Prof. Dr. Hanns Prütting, Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln)
Anwaltliche Fortbildung: Recht – Politik – Empirie
10.30–10.55 Uhr
Gründe für eine konkretisierte Fortbildungspflicht
(Prof. Dr. Matthias Kilian, Universität zu Köln)
(RA Prof. Dr. Wolfgang Ewer, Mitglied des Präsidiums des Deutschen Anwaltvereins, Kiel)
10.55–11.15 Uhr
Die Beratungen der Satzungsversammlung zur Fortbildungspflicht
11.15–11.30 Uhr
Aussprache
11.30–12.30 Uhr
Teil 2: Erfahrungen
11.30–11.55 Uhr
Anwaltliche Fortbildung: Erfahrungen in ausländischen Anwaltschaften
11.55–12.15 Uhr
Pflichtfortbildung in anderen freien Berufen: Das Beispiel der Ärzteschaft
(RA Dr. Thilo Wagner, Mitglied der Satzungsversammlung, Tübingen)
(Prof. Dr. Martin Henssler, Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln)
(Prof. Dr. med. Reinhard Griebenow, Vorstand der Ärztekammer Nordrhein und der
Nordrheinischen Akademie für ärztliche Fort- und Weiterbildung, Bergisch Gladbach)
12.15–12.30 Uhr
anschließend
Aussprache
13.15–15.30 Uhr
Teil 3: Herausforderungen
13.15–13.40 Uhr
Fortbildung und Berufsfreiheit: Verfassungsrechtliche Rahmenbedingungen einer
sanktionierten Fortbildungspflicht (Prof. Dr. Thomas Mann, Georg-August-Universität Göttingen)
Fortbildung und Unionsrecht: Vorgaben des europäischen Wettbewerbsrechts
13.40–14.00 Uhr
Mittagsimbiss
(RAin Dr. Daniela Seeliger, Linklaters, Düsseldorf)
14.00–15.15 Uhr
Die Umsetzung einer sanktionierten Fortbildungspflicht in der Praxis:
Inhalte, Formen, Umfang
Blickwinkel 1:
Blickwinkel 2:
Blickwinkel 3:
Blickwinkel 4:
Blickwinkel 5:
Der Kammerpräsident – RAuN Dr. Ulrich Wessels (Präsident der RAK Hamm)
Der Fortbildungsprofi – RA Philipp Wendt (Geschäftsführer der Deutschen
Anwaltakademie, Berlin)
Die Kammergeschäftsführerin - RAin Dr. Susanne Offermann-Burckart
(Hauptgeschäftsführerin der RAK Düsseldorf)
Die Rechtsanwältin – RAin Anette Maier (Meister Rechtsanwälte, München)
Der Mandant – RAin Dr. Sylvia Ruge (Geschäftsführerin der Schlichtungsstelle
der Anwaltschaft, Berlin)
15.15–15.30 Uhr
Aussprache
15.30–16.30 Uhr
Teil 4: Podiumsdiskussion und Generalaussprache
Moderation:
Teilnehmer:
16.30 Uhr
anschließend
Schlussworte
RA Prof. Dr. Bernd Hirtz (Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln)
RAuN Ulrich Schellenberg (Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Berlin)
MD Marie-Luise Graf-Schlicker (BMJV, Berlin)
RA Dr. Kai Greve (Mitglied der Satzungsversammlung, Hamburg)
RA Peter Blumenthal (Präsident der RAK Köln, Bonn)
Prof. Dr. Hanns Prütting (Institut für Anwaltsrecht an der Universität zu Köln)
Umtrunk
Ort: Universität zu Köln, Neues Seminargebäude,
Albertus-Magnus-Platz, 50923 Köln
Zeit: Freitag, 4. Dezember 2015, 10.00–16.30 Uhr
Die Veranstaltung ist kostenlos,
die Teilnehmerzahl begrenzt.
Die Tagung wird vom
Anwaltsblatt unterstützt.
Zu einem Mittagsimbiss und zu einem Umtrunk im
Anschluss wird eingeladen.
Eine Anmeldung ist erforderlich,
an: Institut für Anwaltsrecht,
Universität Köln,
Weyertal 115, 50931 Köln
Tel: 0221 / 470 – 5711
Fax 0221 / 470 – 4918
[email protected]
Seit acht Auflagen
ungeschlagen.
NEU
Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht. Das internationale Privatrecht
der Schuldverträge. Herausgegeben von
Notar a. D. Dr. Christoph Reithmann und
Prof. em. Dr. Dieter Martiny. Bearbeitet von
15 exzellenten Experten des internationalen
Vertragsrechts. 8., neu bearbeitete Auflage
2015, 2.384 Seiten Lexikonformat, gbd.
229,– €. ISBN 978-3-504-45155-4
Es gibt wohl kein zweites Buch auf dem deutschen Markt, das es im internationalen Vertragsrecht mit diesem außergewöhnlichen Standardwerk tatsächlich aufnehmen könnte. Ein Klassiker, der Ihnen zeigt, wie man Verträge mit Auslandsberührung rechtssicher gestaltet und beurteilt.
Mit detaillierter, praxisnaher Darstellung etwa 40 einzelner Vertragstypen und deren Besonderheiten, die das gesamte
Wirtschaftsleben abdecken: einheitlicher Aufbau und Zusammenfassungen am Ende eines jeden Kapitels mit Klauselbeispielen und konkreten Empfehlungen zur Vertragsgestaltung. Textauszüge einschlägiger Normen. Viele weiterführende
in- und ausländische Rechtsprechungs- und Literaturhinweise. Rundum auf dem allerneuesten Stand.
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Kanzlei- und Stellenbörse
Bitte nicht vergessen!
Anwaltssuche
Eintragen von „Teilbereichen der Berufstätigkeit“
(§ 7 BORA) und Sprachkenntnissen
unter www.rak-ddorf-suchdienst.de/backend
Suchen nach Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälten,
die auf bestimmten Rechtsgebieten tätig sind und/oder
über bestimmte Sprachkenntnisse verfügen,
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de,
Rubrik „Anwaltssuche“
Kanzlei- und Stellenbörse
Einstellen einer eigenen „Anzeige“ mit einem Angebot
oder Gesuch unter www.rechtsanwaltskammerduesseldorf-kanzleiboerse.de/backend
Suche nach „Anzeigen“
unter www.rechtsanwaltskammer-duesseldorf.de,
Rubrik „Kanzlei- und Stellenbörse“
Kammermitglieder, aber auch weitere Personen (Rechtsanwälte aus einem anderen Kammerbezirk, Assessoren,
Referendare, Studenten sowie Angehörige eines sozietätsfähigen Berufs) haben die Möglichkeit, über eine Anzeige in den Kammermitteilungen einen neuen Sozius
oder Angestellten, einen Job, einen Stagen- oder Praktikumsplatz, neue Kanzleiräume etc. zu suchen und zu finden.
Wir weisen darauf hin, dass alle Angaben und Daten
nach bestem Wissen erstellt werden. Es wird jedoch
keine Gewähr für deren Vollständigkeit und Richtigkeit
übernommen. Ein Korrekturabzug erfolgt nicht. Für die
Inhalte sind die jeweiligen Inserenten verantwortlich.
Anzeigenbuchungen richten Sie per E-Mail an:
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97898-0, Fax (0228) 97898-20; E-Mail: [email protected]
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Dr. h.c. Ulrich Preis, Prof. Dr. Christian Rolfs, Prof. Dr.
Markus Stoffels und RiFG Dr. Klaus Wagner. 5., neu
bearbeitete Auflage 2015, 1.952 Seiten Lexikonformat,
gbd. 149,– €. ISBN 978-3-504-42033-8
Leichter erben
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Ulf Bergquist, Domenico Damascelli, Richard Frimston,
Paul Lagarde, Felix Odersky, Barbara Reinhartz
EU-Erbrechtsverordnung Kommentar 2015, 424
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EU Regulation on Succession and Wills
Commentary 2015, 400 Seiten brosch., 74,80 €.
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der Verordnung gebildet wurde. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Nationalitäten spiegelt die Kommentierung den Blick auf die
EU-ErbVO aus sechs verschiedenen Rechtskulturen wider.
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• zur für die Gestaltungspraxis bedeutenden Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers im Zeitpunkt
des Todes
• zur Möglichkeit der Rechtswahl
• zur internationalen Zuständigkeit und zu Gerichtsstandsvereinbarungen
• zu Fragen zur Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen aus anderen Mitgliedsstaaten und zur Annahme
öffentlicher Urkunden
• zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses
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Ralf Kurpat, RA Norbert Monschau, Richter
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